4,99 €
„Geschützt sind die künstlerische Betätigung und die Darbietung und Verbreitung des Kunstwerks; der so genannte Werkbereich und der Wirkbereich. Die Kunstfreiheit enthält das Verbot, auf Methoden, Inhalte und Tendenzen der künstlerischen Tätigkeiten einzuwirken, insbesondere den künstlerischen Gestaltungsraum einzuengen oder allgemein verbindliche Regelungen für diesen Schaffungsprozess vorzuschreiben.
Dabei wird heute von der Rechtsprechung und der Rechtswissenschaft ein „offener“ Kunstbegriff vertreten. Kunst ist, als unmittelbarster Ausdruck der Persönlichkeit des Künstlers, also nicht nur in den traditionellen Formen wie Literatur, Malerei, Musik etc. existent, sondern ist gekennzeichnet durch einen subjektiven schöpferischen Prozess, dessen Ergebnis vielfältige Interpretationsmöglichkeiten zulässt. Verständlicher: Kunst ist das, was der Künstler als Kunst bezeichnet, wenn auch andere möglicherweise darüber streiten, ob es Kunst ist. Dies ist auch deshalb notwendig geworden, da vor allem die avantgardistische Kunst darauf angelegt ist, die Grenzen dessen, was als Kunst gilt, beständig zu weiten. In der Literatur wird allerdings auch der materielle und der formelle Kunstbegriff vertreten…Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vertritt hierbei die Theorie von der Wechselwirkung, d. h. Gesetze, die die Kunstfreiheit beschränken, sind wiederum ihrerseits im Lichte der Kunstfreiheit (kunstfreundlich) auszulegen.“ Quelle Wikipedia
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Über Geschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten.
Ein Beispiel – „Die Geschichte der O“. Über den Film urteilte Der Spiegel Mitte der 1970er Jahre, dass er nicht in Schmuddelkinos, sondern in Kinopaläste gehöre. Das verhinderte nicht, dass der Film, nicht das Buch, auf dem Index landete.
Unbenommen des Inhaltes handelt es sich um eine SM-Geschichte. Eine junge Frau steht im Mittelpunkt der Handlungen männlicher Fantasien als Ursprung. Es änderte auch nichts, als die Autorin des Buches in „Die O hat mir erzählt“ erklärte, dass der Roman eine Liebeserklärung sei. Der Film blieb in Deutschland auf dem Index, in Österreich und anderen Ländern kam er nicht auf den Index. Gleichwohl avancierte die Geschichte zum Klassiker des SM-Genres.
Weniger bekannt ist, dass es einen gleichen Klassiker mit einem männlichen Protagonisten gibt, „Venus im Pelz“ von Sacher-Masoch, dem Namensgeber der Masochisten.
Beide Vorlagen haben über die Jahrzehnte Nachahmer und abgewandelte Veröffentlichungen erfahren und ebenso ihre Leser. Jüngster Abklatsch „Shades of Grey“, eine eher harmlose Geschichte im Vergleich zu den beiden eingangs erwähnten Veröffentlichungen.
Früher oder später werden die jüngeren Geschichten veröffentlicht und spätestens dann stellt sich die Frage, wie oder mit wem kann man den Inhalt objektiv diskutieren?
Für Sadomasochisten gelten andere Geschmackswahrnehmungen als allgemein für Leser/innen der Belletristik. Während die Erstgenannten den Geschichten etwas abgewinnen können, reichen die Reaktionen der Allgemeinheit von widerlich, pervers bis unmöglich und gehört verboten.
Was aber ist mit der künstlerischen Freiheit?
SM ist nicht sonderlich verboten, aber auch nicht die bevorzugte Orientierung der Gesellschaft. Gleichwohl hat es wenig Aussicht auf Erfolg, einem Blinden Farben zu erklären. Autoren dieser Art von Geschichten werden nicht unbegründet für sich Anspruch annehmen, dass der Einäugige unter den Blinden ein Sehender ist.
Ganz so einfach ist das nicht.
Wie kann man innerhalb eines Buches das Wesen eines Masochisten schildern und innerhalb einer Geschichte in eine Handlung einbetten?
In der „Geschichte der O“ wird, neben anderen sexuellen Handlungen, eine Frau ausgepeitscht. In „Venus im Pelz“ wird ein Mann ausgepeitscht.
Keinesfalls der Erwartung der Gleichberechtigung folgend, trifft es in der einen Geschichte eine Frau, dann in der anderen eben den Mann. Beide Werke entstanden zeitlich getrennt voneinander.
Aus Sicht einer Frau kann es eine Unmöglichkeit sein, eine Frau darzustellen, die Lust beim Auspeitschen empfindet, die Schmerzen genießt, die ihr von Fremden zugefügt werden. In „Venus im Pelz“ ist es eine Frau, die einen Mann, ihren Verehrer, auspeitscht und dieser es genießt, er verlangt gar nach mehr derartiger Behandlung.
Der Aspekt ist, mit wem kann nun diskutiert werden, ob die Grenzen des guten Geschmacks verletzt werden oder ob es im Umfang der künstlerischen Freiheit möglich ist, sich dieser Art der Darstellungen hinzugeben? Denn früher oder später gelangen die Werke an das Licht der Öffentlichkeit und werden Gegenstand der Betrachtung.
Ist es Aufgabe des Staates, derartige Werke zu bewerten und notfalls zu verbieten, sie gleichfalls als Kulturgut zu entziehen?
Das nicht allein, heute gibt es diverse Möglichkeiten, einzelne Texte oder ganze Geschichten im Internet zu veröffentlichen. Hier kommt den Plattformbetreibern die Aufgabe des Zensors zu, ohne dass die Autoren die Möglichkeit der Verteidigung ihres Werkes haben.
Es werden zahlreiche Werke gesperrt, gar nicht erst veröffentlicht, Autoren, ohne es zu sein, zu möglichen Straftätern erklärt. Straftäter haben Anspruch auf einen Rechtsanwalt und eine ordentliche Gerichtsverhandlung.
Nach welchen Kriterien die Administratoren Werk und Autor sperren, bleibt im Unklaren, eine Diskussion findet nicht statt, sowenig wie eine objektive Bewertung.
Ein Autor kann nicht vorher einen Staatsanwalt befragen und dieser prüfte sein Werk vorher. Die Staatsanwaltschaften würden sich sicher bedanken und derartige Ansinnen ablehnen.
Das Problem stellt sich nicht allein für Werke des Sadomasochismus, auch Psychothriller können vor der gleichen Problematik stehen.
Bis hin zu wahrlichen Albernheiten.
Ernsthaft wird über Kulturgremien eine Debatte geführt, ob in jahrzehntealten oder -neuen Werken Begriffe wie Zigeuner nicht etwa durch Landfahrer ersetzt gehörten. Oder Neger als Begriff gleich ganz getilgt wird. Wie ändert man zahlreiche Märchen, in denen Hexen vorkommen, ein wahrlich Frauen diskriminierender Begriff.
Dieser Diskurs widmet sich diesem Thema mit verschiedenen Aspekten von verschiedenen Autoren und Autorinnen verschiedener Genres: Was ist künstlerische Freiheit und, wegen dieser, zulässig in der Veröffentlichung?
Es ist nicht die Absicht, ein Standardwerk herauszugeben als Leitfaden zur Beurteilung dieser oder jener Geschichte oder eines Buches. Die beteiligten Autoren wollen anregen, darüber nachzudenken, ob wir als Gesellschaft, als Öffentlichkeit zur Objektivität in der Lage sind, statt Inquisition zu üben.
Die Sünde des Galilei Galileo war, seine Ketzerei, dass die Erde rund sei und die Sonne im Mittelpunkt unseres Systems steht, gar schriftlich zu veröffentlichen. Er wurde durch die Inquisition angeklagt und verurteilt. 400 Jahre brauchte die katholische Kirche, Galilei Galileo seligzusprechen, ihn vom Vorwurf der Ketzerei zu befreien.
Nostradamus kodierte seine Verse aus Angst vor der Inquisition.
Sind wir heute weiter in der Betrachtung und Bewertung von Werken, unabhängig von Qualität oder Realitätsbezug?
Beginnen wir mit einer Lockerungsübung und nageln Jesus ans Kreuz.
Er war bei Weitem nicht der Einzige, der diese Tortur erfahren musste. Kreuzigung war gängige Praxis des alten römischen Rechts.
Nun hängt Jesus dort oben am Kreuz und pfeift zum Zeitvertreib vor sich hin.
Bis von irgendwoher eine Stimme ertönt und sagt, „Jesus, Achtung, Touristen“ und Jesus schweigend sein Haupt neigt und leidend am Kreuz hängt.
Was ist das, Blasphemie, Ketzerei, gar eine Verunglimpfung religiöser Gefühle? Oder ein harmloser Scherz eines Atheisten?
Bevor der Aufschrei beginnt, sei an Monty Pythons „Das Leben des Brian“ erinnert.
Ein Buch zu schreiben gehört zur schreibenden Kunst. Die Geschichte beginnt im Kopf, deren Fortgang wird im Kopf zuerst stattfinden.
Sind wir tatsächlich in der Lage, Denkverbote zu erteilen?
Vorbild DDR, dort erschien kein Buch ohne staatliche Erlaubnis. Autoren, die es schafften, gar im Westen zu veröffentlichen wie Rudolf Bahro „Die Alternative“, sahen sich Sanktionen und existenzbedrohender Drangsal ausgesetzt. Rudolf Bahro verließ die DDR und ging in die BRD.
Ist das unsere Empfehlung an Autoren - „dann geh doch“, damit sie hier in ihrem Land nicht veröffentlichen?
Franz von Soisses
Begeistert verfolge ich Veröffentlichungen in Ausstellungen und genieße es abzutauchen in die Vielfalt der Ausdrucksformen in Emotionen und Farbenwelt der kreativen Künstler in Malerei und Bildhauerei.
Bilder und Fotos verführen mich zu träumen, doch niemals hätte ich es annähernd erreicht, so eine Verführung mittels Farbe, Pinsel oder Kamera gestalten zu können. Leider!
Als eine meiner Freundinnen bereits in jungen Jahren herausfand, dass Nadel und Faden ihr Metier sind, begann sie anfangs mit einfachen Schnitten, bis sie vor einigen Jahren ihre erste Modenschau mit Kindern erfolgreich umgesetzt und durchgeführt hat.
Es ist mir seit jeher eine Wonne, ihre bunten Farb- und Stoffkombinationen zu erblicken. Eine Meisterin der Stoffe, dass jedes kleine Mädchen gerne für sie über den Laufsteg läuft, um sich, wie eine Prinzessin gekleidet, der Menge zu präsentieren.
Wahnsinn, was diese Zauberin der Stoffe mit Ausdauer und Geduld an abwechslungsreicher Vielfalt gestaltet. Beneidenswert!
Ich hingegen freue mich, wenn gerissene Jungenjeans von mir ansatzweise so genäht werden können, dass der Riss nicht offensichtlich zu erkennen ist und ich meine Rabauken damit wieder unter die Leute schicken kann.
Meine Tochter ist die Künstlerin der Gummibänder und loomt von einer Stunde auf die andere diverse Figuren, die sie sich selbst ausgedacht hat, mit solch einer Fingerfertigkeit und Vorstellungskraft, dass ich vor Neid jedes Mal erblasse und mich andererseits für sie freue, wenn ihr wieder einmal solch ein Geniestreich gelungen ist.
Die Muse ist etwas, das mir fehlt, um eine Inspiration für künstlerisches Schaffen dieser Art zu bekommen. Gummibänder nutze ich haushaltstechnisch einzig für den Verschluss von Tüten oder Papierrollen.
Nein, ich bin keine Künstlerin. Noch nie gewesen, dass ich etwas produziert oder gestaltet hätte, bei der andere in Ehrfurcht verweilen und mich dementsprechend bezahlen würden.
Aber werden Künstler überhaupt für ihr kreatives Tun bezahlt?
Mir fehlt häufig Geduld und Ausdauer, aber auch Kreativität und Fingerfertigkeit, um den Titel „Künstler“ zu tragen. Zumindest nehme ich mich nicht so wahr.
Die Zeit schafft die Erwartung an die Kunst und an diese Definition, aber was das ist, kann von Epoche zu Epoche wechseln.
Welche Werke oder Künstler am Kunstmarkt begehrt sind, hängt von vielen Faktoren ab. Es sind nicht unbedingt messbare Qualitäten ausschlaggebend.
Der Künstler macht ein Angebot und der Rezipient entscheidet über Kunst oder Nichtkunst. Ein frustrierender Weg für viele „Kreative“, wenn ihre Werke zu Lebzeiten keine Beachtung finden.
Deswegen zeichnet den Schöpfer dieses Metiers vor allem Wagemut aus, etwas Neues und Kreatives zu gestalten und auch andere als vorgegebene Wege zu gehen. Mut, Kraft und Ausdauer sind dabei erforderliches Muss.
Natürlich können die Medien diese Wertschätzung stark beeinflussen – vor allem auch beschleunigen.
Das heißt, ein Bestseller muss nicht unbedingt eine besondere künstlerische Herausforderung sein, sondern kann schlicht von diversen Medien nach oben gepuscht sein, dass der Run nach diesem Buch oder Film so groß ist, dass er in aller Munde liegt.
Die Nachfrage bestimmt den angeblichen Wert und den Preis, der dabei rasant steigen oder purzeln kann.
Der Markt entscheidet, wie groß der Wert des „Kunstwerks“ ist. Persönliche Einschätzungen des Erschaffers bleiben ungeachtet.
Kunst ist heute leider oft nur noch Kommerz und wird gern zu einem Statussymbol hochstilisiert.
Diese finanzielle Wertschätzung erleben Künstler leider selbst häufig nicht. Viele weltberühmte Bilder wechselten erst nach deren Tod in gigantischen Summen den Eigentümer.
Finanziell betrachtet leben nur die Erben vom Gewinn und der verbliebenen Ehre – wie auch immer diese aussehen mag.
Künstler bekommen selten genügend für einen alleinigen Broterwerb bezahlt und so verkommt dieses Schaffen sehr oft – auch heute – zu einem Zweitjob. Leider!
Würden alle Gedanken, Vorbereitungen und jahrelange Erfahrungen bezahlt werden müssen, dann wäre es eine kunstlose Welt, da unbezahlbar für Otto Normalverbraucher.
Also genießen wir die hoch engagierte Arbeit der Kreativen dieser Welt, die mit ihren Beiträgen der verschiedensten Art die Welt abwechslungsreicher, interessanter und vielseitiger machen, um uns ihre Sicht der Dinge zu zeigen.
Wem welche Kunstart/Ausdrucksform gefällt, ist so bunt wie das Leben.
Kunst als Lebenskunst
In der deutschen Geistesgeschichte ist das Künstlertum aber nicht nur ein Beruf, sondern vor allem auch eine menschliche Daseinsform …
Die allgemeine Reduzierung des umfassenden Begriffs fand aber erst im letzten Jahrhundert statt.
Das Spektrum an Vorstellungen hierüber reicht von unbeschwertem Lebensgenuss, dem französischen Savoir-vivre, über den gelassenen Umgang mit allen Anforderungen und Verwicklungen, die das Leben mit sich bringt, bis hin zu dem Anspruch, das eigene Leben als Kunstwerk zu gestalten.