Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Mit den spannenden Arztromanen um die "Kurfürstenklinik" präsentiert sich eine neue Serie der Extraklasse! Diese Romane sind erfrischend modern geschrieben, abwechslungsreich gehalten und dabei warmherzig und ergreifend erzählt. Die "Kurfürstenklinik" ist eine Arztromanserie, die das gewisse Etwas hat und medizinisch in jeder Hinsicht seriös recherchiert ist. "Mein letzter Tag bei Ihnen, Herr Dr. Winter!" sagte Miriam Fechner und sah den jungen Notaufnahmechef der Kurfürsten-Klinik in Berlin-Charlottenburg betrübt an. "Ich wäre gern noch länger geblieben, das wissen Sie ja – aber als nächstes werde ich in Ihrer Neurochirurgie eingesetzt. Ich soll das ganze Haus kennenlernen." "Sie waren uns eine große Hilfe, Schwester Miriam", erwiderte Dr. Adrian Winter lächelnd. "Wir sind froh, daß Sie wenigstens eine Zeitlang unser Team verstärkt haben."
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 111
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
»Ich glaub’ wirklich, daß es für heute genug ist«, meinte Dr. Adrian Winter und streckte den schmerzenden Rücken. »Seit mehr als zwölf Stunden stehen wir jetzt schon hier, ohne Pause.«
»Soll ich Ihnen einen Kaffee holen, Herr Doktor?« Schwester Bea, die auch schon reichlich erschöpft wirkte, sah ihn fragend an.
»Lieb von Ihnen.« Adrian lächelte seiner jungen Mitarbeiterin dankbar zu. »Das belebt wenigstens für ein paar Minuten.«
»Und ist ja auch so gesund«, spöttelte Dr. Werner Roloff. Genau wie die Kollegen hatte man auch den Anästhesisten vor mehr als zwölf Stunden aus dem Bett geklingelt, weil es auf dem Autobahnzubringer zu einer Massenkarambolage gekommen war. Ein Tanklaster war umgestürzt – eine Tatsache, die an sich schon schlimm genug war. Doch es waren noch mehr als zehn Wagen in die Unfallstelle hineingefahren.
Zwei Tote galt es zu beklagen, drei Schwerstverletzte waren von Dr. Adrian Winter und seinem Team bereits versorgt worden, und nun wollte der Chef der Unfallambulanz noch nach den leichter Verletzten schauen, die seine Kollegen versorgt hatten.
Schwester Walli, die Oberschwester, hatte ihn vor allem auf ein kleines Mädchen aufmerksam gemacht, das zwar außer ein paar Hautabschürfungen keinerlei Verletzungen davongetragen hatte, aber sichtlich unter Schock stand. »Die Eltern haben sich bislang noch nicht gemeldet«, hatte Walli gesagt. »Papiere haben wir keine gefunden. Das Mädchen sagt, daß es Katrin Burgstaller heißt und aus der Nähe von München kommt. Weiter ist leider nichts aus ihr herauszubekommen.«
»Na, wenigstens etwas«, hatte Adrian gesagt. »Gönnt mir eine kleine Pause, dann komme ich hoch auf die Station.«
Als Schwester Bea ihm jetzt den Kaffee brachte, schaute er sie dankbar an und hob gleich die Tasse an die Lippen. Und obwohl er schon mindestens fünf Tassen im Laufe des Tages getrunken hatte, belebte ihn das schwarze Gebräu auch jetzt wieder.
»Ich hab’ ein paar Kekse organisiert«, meinte Bea. »Essen Sie die wenigstens dazu, das ist bekömmlicher.«
»Sie sind ein Engel. Und eine sehr gute Krankenschwester«, lobte Adrian.
Dr. Roloff grinste. »Er ist bestechlich, Bea, merken Sie das?«
Bea, gerade sechzehn, blond und sehr hübsch, lächelte ebenfalls. Sie war an sich recht vorlaut, doch angesichts der vielen Patienten, die sie heute hatten versorgen müssen, hatte sie keine Veranlassung für freche Sprüche gesehen, sondern geholfen, soweit sie es schon konnte.
Nachdem er den Kaffee getrunken und ein paar Schokokekse gegessen hatte, erhob sich Adrian Winter. »Ich fahre kurz hoch zur Intensivstation, dann bin ich auf der Chirurgie. Werner, kommt du mit?«
»Sicher doch.« Der Anästhesist erhob sich, und auch er legte sich für einen Moment die Hand in den Rücken. Das stundenlange Stehen oder gebeugte Sitzen im OP hinterließ Spuren, die merkte er mit seinen 57 Jahren besonders.
Ich sollte mehr Ausgleichssport betreiben, sagte er sich, während er Adrian zum Lift folgte. Aber wann, bitteschön, hätte ich dafür wohl Zeit?
Auf der Intensivstation herrschte Hochbetrieb, alle Kabinen waren belegt, und vor einigen Stunden war Alarm ausgelöst worden. Ein alter Mann, der vor drei Tagen mit Herzinfarkt eingeliefert worden war, hatte einen weiteren Infarkt erlitten. Und diesmal, so stand zu befürchten, würde jede Hilfe zu spät kommen. Die beiden Ärzte sahen kurz zu ihren Kollegen, die mit aller Macht versuchten, den Patienten zu retten. Doch schon ertönte der Signalton, der anzeigte, daß das Herz jegliche Arbeit aufgegeben hatte.
Noch einmal wurde der Defibrillator eingeschaltet – der Körper des Mannes bäumte sich steil auf, doch sein altes, verbrauchtes Herz reagierte nicht mehr.
Adrian Winter und Werner Roloff wandten sich den neuen Patienten zu. Vor allem eine dreißigjährige Frau machte den Ärzten Sorgen. Sie hatte einen Milzriß erlitten und drohte nun zu kollabieren.
Dr. Winter untersuchte die dunkelhaarige Frau gründlich, besprach sich mit Dr. Roloff und änderte die Dosierung der Medikamente. So hoffte er, weitere Komplikationen abwenden zu können.
Der zweite Unfallpatient, ein Mann um die Vierzig, war besser dran. Er hatte einen Trümmerbruch des linken Beins erlitten und eine schwere Gehirnerschütterung, die jedoch in einigen Tagen nicht mehr gravierende Beschwerden verursachen würde. Auch die Brüche hatte Adrian Winter gerichtet und war sicher, daß der Mann in einigen Wochen wieder perfekt und ohne Schwierigkeiten würde laufen können.
Seine Herz- und Kreislaufwerte waren ausgezeichnet, und so gingen die beiden Ärzte beruhigt auf die Unfallstation zurück. »So, ich fahre jetzt heim und versuche ein bißchen Schlaf zu finden«, meinte Dr. Roloff. »Morgen früh muß ich fit sein, da steht eine große Herzoperation an.«
»Zum Glück bin ich da nicht beteiligt«, meinte Adrian. »Aber du hast recht, wir sollten heimfahren und uns Ruhe gönnen.« Er hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, als draußen die Polizeisirene ertönte. Etwas indigniert sahen die Ärzte sich an. »Was soll das denn?« fragte Dr. Winter. »Seit wann kommen die Polizeibeamten mit Blaulicht und Sirene hier vorgefahren?«
Dr. Roloff zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Und, ehrlich gesagt, ich will es auch gar nicht wissen. Ich bin total geschlaucht und will nur noch ins Bett. Bis dann, Adrian.«
»Tschüss, Werner, bis morgen.« Dr. Winter sah dem Freund nach, als er über den kargen Flur der Ambulanz ging. Im nächsten Moment öffneten sich die hohen Flügeltüren, und zwei uniformierte Beamte stürmten herein.
»Schnell, Doktor, wir brauchen Hilfe!« rief der ältere der Beamten.
Adrian nickte und griff schon nach einer Trage, die zufällig an der Wand stand. »Schwester Walli! Ein Notfall!« rief er.
Doch der Polizist schüttelte den Kopf. »Nicht nötig«, erklärte er. »Mein Kollege hier ist der Patient.« Adrian Winter stellte etwas irritiert fest, daß der Mann sich kaum ein Grinsen verkneifen konnte. Was sollte das? Wollten die beiden ihn auf die Schippe nehmen? Nun, dann hatten sie sich einen denkbar ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht!
»Bitte, ich hab’ keine Zeit für Rätselspiele«, sagte er. »Was ist passiert?«
Schwester Walli war aus einer Kabine gekommen und sah fragend von einem zum anderen »Kann ich helfen?«
»Ja…« Der jüngere Polizist streckte den rechten Arm vor. »Ich bin verletzt.«
»Kommen Sie mit«, bestimmte Walli und dirigierte den jungen Mann in einen leerstehenden Raum. Adrian Winter folgte gemeinsam mit dem älteren Polizeibeamten.
»Nichts für ungut«, meinte dieser, »aber… ich muß lachen, obwohl die Situation alles andere als angenehm für meinen Kollegen ist. Er ist gebissen worden – von einer Dame.«
Adrian Winter runzelte die Stirn. »Was sagen Sie da?«
»Glauben Sie’s ruhig. Jürgen ist gebissen worden. In den Unterarm.«
»Na, wenn das stimmt, dann kann’s keine Dame gewesen sein«, kommentierte Walli, und auch sie mußte leicht lächeln, als sie zuschaute, wie der junge Beamte sich Jacke und Hemd auszog.
Im nächsten Moment wurde ihre Miene ernst, denn es war deutlich zu sehen, daß die »Dame« dem jungen Polizisten ein ganzes Stück Fleisch aus dem Arm gebissen hatte. »Das gibt’s doch nicht«, murmelte sie. »Diese Frau war ja wohl von allen guten Geistern verlassen.«
Adrian Winter kam hinzu und sah kopfschüttelnd auf die ungewöhnliche Wunde. »Das muß sorgfältig desinfiziert werden. Außerdem werde ich versuchen, so zu klammern, daß später keine allzu große Narbe zurückbleibt. Und dann bekommen Sie noch eine Tetanusspritze. Oder – sind Sie ausreichend geimpft?«
Der junge Polizist zuckte die Schultern. »Das weiß ich nicht so genau. Aber ich denke schon.«
»Wenn Sie’s nicht genau wissen, sollten wir kein Risiko eingehen«, meinte der Arzt. »Ich werde Ihnen vorsichtshalber eine Spritze geben.«
Oberschwester Walli machte sich schon daran, alles zurechtzulegen, was der Arzt gleich brauchen würde. Der ältere Beamte nickte seinem Kollegen zu.
»Mich brauchst du ja jetzt nicht mehr«, meinte er. »Ich warte draußen.« Dabei sah er ausgesprochen skeptisch auf die Instrumente in Wallis Hand.
Die dunkelhaarige Pflegerin schmunzelte. »Helden«, murmelte sie vor sich hin. »Legen sich mit schweren Jungs an, haben aber Angst vor einem kleinen Piekser.«
Dr. Winter hatte unterdessen die Wunde versorgt und legte einen Verband an. Dabei fragte er: »Diese Frau… wie kam sie dazu, sich so zu benehmen?«
Der junge Polizist zuckte kurz die Schultern. »Ich war zum Teil selbst schuld. Immer wieder sagt man uns, daß wir bestimmte Bezirke – und darin gewisse Etablissements – nur zu zweit kontrollieren sollen. Aber ich hatte einen heißen Tip bekommen und war entschlossen, dem nachzugehen. Na ja, mein Lehrgeld habe ich bezahlt. Als ich das Lokal betrat und die Damen am Tresen auch nur bat, mit ihre Ausweise zu zeigen, war’s schon passiert. Die sogenannte Chefin flippte total aus, und als ich sie beruhigend am Arm nehmen wollte, da biß sie auch schon zu.«
»Sie hat wohl gedacht, sie sollte verhaftet werden«, warf Walli ein.
»Na, jetzt sitzt sie erst mal auf der Wache. Ich bin froh, daß mein Kollege mir gefolgt ist. Er hat wohl mitbekommen, daß ich aus falschem Ehrgeiz leichtsinnig war. Na…« Er machte ein etwas unglückliches Gesicht, »ich hab’ wirklich viel gelernt heute. Und Obermeister Schneidhusen hat was bei mir gut.«
Dr. Winter nickte. »Das hätte eventuell ganz übel für Sie ausgehen können. Glauben Sie mir, ich hab’ hier schon so einiges erlebt. Und Frauen, die völlig ausrasten, sind total unberechenbar.«
»Nicht nur Frauen«, wandte Walli ein, die ihre Geschlechtsgenossinnen in Schutz nehmen wollte.
»Stimmt auch wieder«, nickte der Arzt, dann verabschiedete er sich von dem Beamten. »Sie sollten in zwei Tagen zu Ihrem Hausarzt gehen und die Wunde kontrollieren lassen«, sagte er abschließend zu seinem Patienten.
»Mache ich auf jeden Fall, Herr Doktor. Und – danke für Ihre Hilfe.«
Als der Polizist mit seinem Kollegen gegangen war, sagte Adrian Winter entschlossen: »So, und jetzt bin ich endgültig hier weg. Bis morgen dann, Walli.«
»Bis morgen, Chef«, erwiderte die Oberschwester. »Mach’s gut – und schlaf dich aus.«
»Mit Sicherheit.«
Ein letztes kleines müdes Lächeln, dann verließ Dr. Winter seine Station.
*
Wolf Kahn legte eine Platte auf und hörte konzentriert dem Big-Band-Sound zu. Er seufzte unterdrückt auf. Einmal so viel Erfolg haben wie Glenn Miller vor mehr als 50 Jahren… und so gut arrangieren können!
Er war selbst ein guter Jazz-Musiker, das wurde ihm immer wieder bestätigt, und die letzten Engagements durch einen bekannten Musikverleger waren recht einträglich gewesen. Aber – es genügte ihm eben nicht!
Als sich der Schlüssel in der Wohnungstür bewegte, glitt ein ganz kleines Lächeln über das hagere Gesicht des blonden Mannes.
»Hallo, Schatz, bist du’s?«
»Sicher. Hast du eine andere schöne Frau erwartet?« Walli kam herein und begrüßte ihn mit einem zärtlichen Kuß.
»Klar doch«, neckte sie Rolf. »Veronika Ferres wollte kurz vorbeisehen, aber leider machst du uns jetzt einen Strich durch die Rechnung.«
»Tut mir ja so leid!« Walli zog sich den Mantel aus und ging in die Küche. »Wird nicht wieder vorkommen, ehrlich. Ab morgen mache ich noch ein paar Überstunden mehr.«
»Nur das nicht!« Rolf war hinter sie getreten und legte beide Arme fest um sie. »Du fehlst mir doch, das weißt du ganz genau. Wenn ich hier allein bin und auf dich warten muß, werde ich völlig verrückt.«
»Wer’s glaubt, wird selig.« Walli strich ihm über das Haar. »Ich weiß doch, daß du gern mit dir und irgendwelchen neuen Kompositionen oder Arrangements allein bist.«
»Aber nicht drei Abende hintereinander!«
Sie zuckte die Schultern. »Tja, gegen Spätdienst ist nichts zu machen, da müssen wir durch, mein Schatz. Was gibt’s zum Abendbrot?«
Rolf wies stolz auf zwei Pfannen, die auf dem Herd standen. »Bratkartoffeln und Leberkäs’. Der Metzger hat mir versichert, daß er frisch und von bester Qualität ist.«
»Mir läuft das Wasser im Mund zusammen.« Walli begann die Pfannen zu erhitzen, und schon eine Viertelstunde später saßen sie am Tisch und nahmen ihre späte Mahlzeit ein.
»Wie war’s in der Klinik?« fragte Rolf und sah seine Freundin forschend an. Walli wirkte heute ausgesprochen müde und abgespannt, und er fragte sich, ob sie sich bei ihrem Dienst nicht übernahm. Aber er wußte, daß er sie in dieser Hinsicht nicht beeinflussen konnte. Walli liebte ihre Arbeit, und sie wurde nicht müde, sich um ihre Patienten zu kümmern.
Doch Rolf nahm sich vor, in Zukunft noch besser darauf zu achten, daß sie ein wenig ausspannte und sich von ihrem Dienst ausgiebiger erholen konnte.
»Vielleicht machen wir bald mit der Band eine kleine Tournee«, berichtete Rolf. »Wir haben da höchst Interessantes in Aussicht. Aber bevor die Verträge unter Dach und Fach sind, muß ich noch ein paar neue Arrangements schreiben.«
Walli lächelte. »Aha, daher Glenn Miller. Meinst du nicht, daß ein Unterschied zwischen eurer Band und dem großen Orchester von damals besteht.«
»Sicher, aber der Sound war trotzdem gut. Und vielleicht kann ich ein paar Ideen anlehnen.«
»Meinetwegen.« Walli gähnte verstohlen. »Sei mir nicht böse, Schatz, aber heute muß ich früh ins Bett. Ich bin total groggy.«
»Ich komme nach.« Rolf stellte das Geschirr zusammen. »Ich räume hier nur noch kurz auf.«
»Danke. Als Hausmann bist du mindestens so gut wie als Musiker.«
Er drohte ihr spielerisch. »Du, werd’ nur nicht frech.«
»Und wenn doch?«
»Dann küsse ich dich zur Strafe so lange, bis du deine Müdigkeit vollkommen vergessen hast.«
»Du, reiz mich nicht!« Walli schmiegte sich an ihn, und schon wenig später waren sowohl die Müdigkeit als auch das schmutzige Geschirr vergessen.
*
Jeanette Uhlenbruck wischte sich zum wiederholten Mal übers Gesicht. Das Tennismatch war nicht besonders schwierig gewesen, doch es hatte ihre letzten Kräfte aufgezehrt.
Die schöne blonde Frau war froh, als sie sich vor dem Clubhaus auf eine Bank fallen lassen konnte. Keine Sekunde zu früh – die Beine hätten sie nicht länger getragen, das war ihr klar.