Kyle & Jason: Together - Andy D. Thomas - E-Book

Kyle & Jason: Together E-Book

Andy D. Thomas

0,0
7,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Während sich Kyle Montgomerys letzte Kinderkurse einen Tag vor Weihnachten im Fit-to-Fight Studio mit einer lustigen Prüfung jeweils ihrem Ende zuneigen, steigt seine innere Unruhe und auch Verärgerung, da sich sein Mann Jason seit Tagen äußerst merkwürdig verhält. Sie haben immer noch keine Pläne für die kommenden Feiertage und Jason ist plötzlich nicht zu erreichen. Kyles Ärger verfliegt erst, als er von Jasons Überraschungsplänen erfährt, die Feiertage in ihrem Feriendomizil in Big Sur zu verbringen. Obwohl sie vereinbart haben, sich nichts zu schenken, erfüllt Jason dort Kyle einen sehnlichen Wunsch. Zu diesem Zeitpunkt ahnt noch niemand, wie wichtig Jasons Geschenk eines Tages für ihr gemeinsames Leben wird. Als sich die Ereignisse zuspitzen, können sie die dramatischen Auswirkungen nur mit der Hilfe ihrer Freunde bewältigen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 474

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Andy D. Thomas

Kyle & Jason

Together

Impressum:

© dead soft verlag, Mettingen 2023

http://www.deadsoft.de

© the author

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte: © Jeff Palmer

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-617-3

Inhalt:

Während sich Kyle Montgomerys letzte Kinderkurse einen Tag vor Weihnachten im Fit-to-Fight Studio mit einer lustigen Prüfung jeweils ihrem Ende zuneigen, steigt seine innere Unruhe und auch Verärgerung, da sich sein Mann Jason seit Tagen äußerst merkwürdig verhält. Sie haben immer noch keine Pläne für die kommenden Feiertage und Jason ist plötzlich nicht zu erreichen. Kyles Ärger verfliegt erst, als er von Jasons Überraschungsplänen erfährt, die Feiertage in ihrem Feriendomizil in Big Sur

Mein Dank für die wie immer wundervolle Zusammenarbeit geht an Ines & Cleo und natürlich auch an J.H.

Ein herzliches Dankeschön auch an all diejenigen Leser, die auch noch beim mehrmaligen Lesen meiner Bücher der Protagonisten nicht überdrüssig werden.

Dunkle Wolken vor Weihnachten

Im großen Übungssaal im Souterrain des Fit-to-Fight Studios ging es hoch her und die finale Abschlussprüfung des dritten Kurses war in vollem Gange. Die Teilnehmer zwischen neun und elf Jahren waren mit ganzem Eifer dabei.

Zusammen mit Daniel, Kevin und Benny hatte Kyle einen interessanten Aufbau für das nicht ganz ernst gemeinte Weihnachtsturnier ausgetüftelt. In der ersten Station mussten sich die kleinen Kämpfer in einem Fall von Pöbelei richtig verhalten. Daniel, der lange als Polizist gearbeitet hatte, spielte hier den Bösewicht.

Danach kamen ein paar Geschicklichkeitsübungen, die Schnelligkeit und Wendigkeit verlangten und eher aus dem Team-Sport-Training kamen. Das war der Beitrag von Daniels Freund Kevin gewesen, mit dem Kyle ebenfalls schon lange befreundet war. Außerdem behielt Kevin mit seinem Tablet auch alle Spielstände im Blick.

Daniel hatte ferner Benny, einen der Schützlinge aus seiner Stiftung, der Rainbow Foundation, mit ins Boot gebracht, der den Kindern über die letzten drei Tage ein paar coole Free-Runner-Moves beigebracht hatte. Dabei waren sogar einige schlummernde Talente ans Tageslicht gekommen und über die Hälfte der Teilnehmer konnte am Ende einen nahezu perfekten Salto aus dem Lauf oder Stand. Alle schafften es nun auch über die zwei Meter hohe Kletterwand.

Kyle musste bei allen Kindern lachen, wenn sie bei der letzten Aufgabe an eine mannshohe Pappfigur kamen und diese mit maximal drei Karatekicks in Stücke zerlegten. Daran hatten sowohl alle Akteure als auch die Zuseher gleichermaßen Spaß.

Nun blickte Kyle zufrieden lächelnd auf seine Schützlinge, die alle in der Mitte zusammengekommen waren und gerade einen grandiosen Teamjubel anstimmten, herumhüpften und durcheinanderriefen. Benny und Kevin hoben lachend den zehnjährigen Sammy und die neunjährige Liza, die in diesem dritten und somit letzten Kurs vor Weihnachten gewonnen hatten, auf ihre Schultern. Als sie schließlich die Pokale hochreckten, klatschten die anderen Kinder, die alle eine Medaille um den Hals hatten, begeistert Beifall.

Kyle war richtig stolz auf seine Truppe und freute sich bereits, es Jason zu erzählen, auch wenn sich sogleich ein leichtes Ziehen in seinem Magen bemerkbar machte. Aber er verscheuchte den Gedanken wieder.

Du wirst doch sicher heute Abend endlich von deiner dämlichen Geschäftsreise nachhause kommen, dachte er etwas zerknirscht, aber dennoch hoffnungsvoll.

„So, dann wünsch ich euch allen schöne Weihnachten“, rief Kyle einige Zeit später in die Runde, als sich der ganze Trubel langsam legte, und wurde von allen nochmal persönlich abgeklatscht.

Benny kam zu Kyle. „Richtig gut gelaufen, oder?“, sagte er mit einem zufriedenen Lächeln, als sich die Kids gerade von seinem Schäferhund Yoda verabschiedeten, der mit seinem coolen schwarz-weiß gestreiften Football-Schiedsrichter T-Shirt auf einem kleinen Podium saß, von wo aus er das Ganze gut im Blick hatte.

„Haha, super. Er gibt jedem noch ein High Five.“ Kyle grinste, als Yoda auch noch beim letzten Kind begeistert die Pfote hob. „Wie du ihm immer wieder neue Tricks beibringst, ist echt toll und auch, dass ihm der ganze Trubel hier nix ausmacht.“

„Er liebt es einfach, zuzusehen, und ist am liebsten mittendrin. Er hat seine Schiedsrichternummer super gespielt.“

„Find ich auch. Und was ist aus dem anderen Hund geworden, den sie dir vor ein paar Wochen anvertraut haben? Den, den sie aus dem aktiven Polizeidienst ausgemustert haben?“, erkundigte sich Kyle. „Hast du ihn noch?“

„Den mit der Hals-OP?“

„Genau den, das war schon ein älterer, oder?“

Benny nickte. „Er ist acht, ja. Der is’ inzwischen adoptiert worden.“

„Schade.“ Kyle seufzte, doch dann lächelte er. „Nein, Blödsinn. Das is’ wirklich gut.“

„Die Tierärzte haben den Tumor restlos entfernen können. Allerdings kann er nun nicht mehr bellen, aber wen stört das schon. Er muss noch Medikamente nehmen, die er auch ganz brav schluckt. So hat er vielleicht noch ein paar gute Jahre. Der hat es dir angetan, nicht wahr?“

„Sehr ja, aber Jay ist da alles andere als begeistert. Leider.“

„Na ja, er hat einen guten Platz bekommen, denke ich.“

„Wenn du das sagst, glaub ich dir.“

„Is’ es okay, wenn ich schon abhaue? Ich fahr heute noch mit Marty und seinen Eltern in die Berge und sollte vorher eine Runde mit Yoda gehen.“

„Klar, wir räumen ohne dich zusammen. Danke für deine Hilfe. Dann wünsch ich euch viel Spaß.“

„Danke, dir auch. Und frohe Weihnachten. Wenn du ’nen neuen Kurs zusammenstellst, mach ich gern wieder mit. Ruf mich an.“

„Gerne doch. Da sollten wir dranbleiben.“

„Würd mich freuen. Komm Yoda, Feierabend. Jetzt gehen wir erstmal ’ne Runde Gassi, was meinst du?“

Yoda kam begeistert schwanzwedelnd zu ihm, wobei er Kyle noch einmal mit seiner feuchten Hundenase anstupste, als wolle er sich ebenfalls verabschieden. Lächelnd strich ihm Kyle über den schönen Kopf.

„Pass auf Benny auf, okay?“

„Wuff!“

Sie lachten.

„Tschau ihr zwei.“

Dann räumte er mit Daniel und Kevin den Raum auf.

„Benny hat’s ganz gut gefallen, glaub ich“, sagte Kyle, als sie fertig waren.

Daniel nickte. „Und ob. Ich glaube, es ist dir gelungen, ihn ganz schön weit aus seinem Schneckenhaus zu locken. Immerhin war er drei Tage in diesem Raum! Dachte immer, sowas is’ undenkbar bei ihm.“

„Er hat sich auch voll reingehängt, finde ich“, bemerkte Kevin.

„Stimmt.“

„Er will öfter vorbeikommen, was ich echt super finde. Yoda wird noch zum Studio-Maskottchen.“ Kyle grinste und zeigte zur Pinnwand, wo sich bereits ein paar Yoda-Zeichnungen befanden, die einige der Kinder mitgebracht hatten. Auf den meisten trug der Hund sein T-Shirt, das er für den Kurs bekommen hatte.

„Ich konnte Kevin gerade noch davon abhalten, Buddha mitzubringen.“

„Wär aber nicht fair gewesen, denn der hätte Yoda die Schau gestohlen.“ Kevin hob die Hände. „Ich hab’s ja eingesehen.“

„Ein dreibeiniger Ex-Polizeihund würde in der Tat jedem Hund die Schau stehlen.“

Kevin nickte. „Vor allem der.“ Dabei glänzten seine Augen regelrecht.

Daniel seufzte. „Manchmal werd ich fast eifersüchtig, wenn Kevin ihn so verliebt ansieht oder sie zusammen auf der Couch kuscheln, glaubst du das?“

Kyle lachte. „Vermutlich will Jason deshalb keinen.“

„Ach, nimm’s nicht so tragisch.“ Daniel klopfte ihm auf die Schulter.

„Was macht ihr eigentlich Weihnachten?“, fragte Kyle ablenkend.

„Wir fahren nach Lake Tahoe zum Skifahren.“

„Oh, wow, cool. Dann viel Spaß, falls wir uns nicht mehr sehen.“

„Ja, ich muss los, während Daniel noch zwei Stunden gibt. Ich mach’s wie Benny und geh derweilen mit Buddha spazieren“, sagte Kevin. „Euch zwei auch ein schönes Fest.“

„Danke. Wir sehen uns.“

Gegen 18 Uhr saß Kyle missmutig zuhause auf der Terrasse und sah hoch, als der Butler auftauchte.

„Sir, Mr. Montgomery für Sie.“ Mel hielt ihm das Tablett mit dem Telefon entgegen.

„Das is’ jetzt nicht Ihr Ernst“, knurrte Kyle, obwohl ihm sonnenklar war, dass Mel am allerwenigstens für seine schlechte Laune verantwortlich war. Schließlich konnte der rein gar nichts dafür, dass er heute noch nicht mit Jason gesprochen hatte.

Mels Augenbraue bewegte sich nur minimal. „Sir?“

Kyle seufzte. „Danke, Mel.“ Er nahm das Telefon und wartete, bis der Butler wieder im Haus verschwunden war.

„Ja?“, meldete er sich knapp.

„Hi, Süßer“, begann Jason, und obwohl diese tiefe, raue Stimme immer noch einen wohligen Schauer durch seine Knochen schickte, schob Kyle dieses Gefühl schweren Herzens beiseite.

„Wo bist du? Warum rufst du mich erst jetzt an und dann auch noch am Festnetz? Ich starr schon ’ne Stunde auf mein Handy!“, platzte es aus ihm heraus. „Keine meiner heutigen Nachrichten hast du gelesen oder, Gott bewahre, vielleicht mal netterweise beantwortet!“

„Sorry, mein Akku is’ leer und deshalb ruf ich dich vom Hotel aus an.“

„Dein Akku is’ leer? Hast du kein Ladegerät dabei? Powerbank?“

„Vergessen. Egal. Hör zu: Ich schaffe es heute leider nicht mehr zurück nach Hause.“

Kyle hatte das Gefühl, als würde sein Magen einen Meter tiefer rutschen und es verschlug ihm erst einmal die Sprache. Erst den ganzen Tag kein Kontakt und dann sowas? Wollte Jay ihn verarschen?

„Bist du noch dran?“, hörte er dessen Stimme wie durch Watte.

Er sprang auf und lief bis zum Rand der Terrasse. „Wo bist du, Jay? Du bist seit Tagen unterwegs und irgendwie weiß ich nicht mehr genau, was ich davon halten soll. Ich durfte dich nicht begleiten, ich weiß nicht genau, was du machst, wo auch immer du bist … Du erzählst doch sonst immer alles …“ Er brach ab. „Und du warst schon vor deiner Abreise so komisch.“

„Aber du hast doch diese Kurse für die Kids gegeben. Sogar mit einem Weihnachtsturnier. Ich meine, wie hätte ich da von dir verlangen können, dass du mich begleitest?“

Kyle fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. „Ja, okay, stimmt.“

„War’s wenigstens ein Erfolg?“

„War cool ja. Wenn du meine Nachrichten gelesen hättest, wüsstest du das alles schon. Und alle Kids haben sich für die Kurse im Januar eingeschrieben.“

„Klasse! Gratuliere. Das nenn ich mal erfolgreich. So soll’s sein.“

Kyle schwieg, da er fand, dass Jason vom Thema ablenkte.

„Was geht dir im Kopf um? Raus damit.“

„Verdammt. Du bist drei Tage weg und ich vermiss dich so sehr, dass es wehtut“, sagte er endlich mit belegter Stimme. „Auch wenn wir seit über einem Jahr verheiratet und daher sowieso jeden Tag zusammen sind.“

„Hey.“ Jasons Stimme wurde noch einen Tick sanfter und Kyle fluchte innerlich, als er das Kribbeln in der Lendengegend spürte. Wie machte Jason das? Sie kannten sich doch nicht erst seit gestern! „Es tut mir leid. Das war so nicht geplant. Wirklich.“

Kyle wollte ihm so gerne glauben. Aber du verhältst dich schon seit längerem seltsam. Heckst du nur was aus oder … ja was ODER?

Er seufzte. „Das heißt also, ich muss schon wieder alleine zu Abend essen und alleine schlafen.“

„Mir schmeckts auch nicht besonders ohne dich an meiner Seite. Glaub mir.“

„Jay, morgen is’ Weihnachten und wir haben noch keinen Plan. Nix. Keinen Baum, keinen Plan fürs Essen. Mel meinte, du hättest ihm und Louis freigegeben? Sollen wir etwa Pizza bestellen? Oder kommst du erst an New Year’s Eve zurück? Ach, Scheiße.“

„Ich dachte, es ist mal schön, wenn wir an Weihnachten ganz alleine sind. Nur du und ich. Findest du nicht?“

„Schön wär’s, ja, aber du bist dort – wo auch immer das ist – und ich bin hier.“

„Ich verspreche, wir sehen uns morgen.“

„Wo bist du?“

„Ist das wirklich wichtig?“

Kyle ärgerte sich sogleich, dass Jason ihm nach wie vor auswich. „Weißt du was? Vielleicht sollte ich einfach mit Kevin und Daniel nach Lake Tahoe zum Skifahren fahren. Ich glaub, das mach ich auch. Ich hab nämlich langsam die Schnauze voll von deiner Hinhaltetaktik.“

„Kyle, bitte …“

„Ach verdammt. Lass es gut sein.“

Kyle legte wutentbrannt auf und hätte am liebsten dem nächsten Stuhl einen Tritt verpasst, doch das würde nur höllisch wehtun, da er barfuß war, also besann er sich gerade noch rechtzeitig.

Er biss die Zähne zusammen, bis es schmerzte, und lief dann die Treppen hinab zu seiner Wohnung über dem privaten Trainingsstudio.

Unterwegs spürte er sein Handy in der Hosentasche vibrieren und als er es herauszog, sah er eine unterdrückte Nummer. Da er vermutete, dass es Jason war, lehnte er den Anruf ab.

In seiner Wohnung angekommen, knallte er wütend die Tür hinter sich zu und starrte auf sein Handy. Nach dem dritten Versuch gab Jason auf.

Du lässt mir keine andere Wahl, dachte er und tat etwas, was er noch nie getan hatte. Er sah sich das GPS-Tracking an und versuchte somit herauszufinden, wo Jason steckte. Aber entweder hatte Jason die Wahrheit gesagt und sein Akku war tatsächlich leer, oder aber er hatte die Ortungsmöglichkeit oder das Handy selbst schlicht und einfach abgeschaltet.

Ich kann einfach nicht glauben, dass du kein Ladekabel dabeihast. Hast du sowas nicht auch immer in deinem Wagen? Außerdem kann man sowas kaufen, Himmel nochmal! Verarschen kann ich mich selber.

Er ging in seinen Arbeitsbereich und loggte sich in den Terminkalender der vier Kampfsportstudios. Da er selber inzwischen im Fit-to-Fight Studio arbeitete, hatte er die gleichen Berechtigungen wie die anderen Trainer.

Er sah sich Jasons Termine an und fand lediglich drei freie Tage vor Weihnachten. Ab morgen waren die Studios sowieso bis Anfang Januar geschlossen. Allerdings gab der Kalender keine weitere Auskunft über Jasons Verbleib.

Kyle versuchte, sich an Jasons Worte zu erinnern. Er hatte von ein paar wichtigen geschäftlichen Meetings gesprochen, doch nichts Konkretes, was auf der anderen Seite auch weiter nicht verwunderlich war. Zugegebenermaßen interessierte er sich normalerweise auch überhaupt nicht dafür.

Er prüfte Daves Terminkalender. Dave war Jasons bester Freund und sein Geschäftspartner. Und geschäftlich und dann auch noch wichtig hieß meistens, dass Dave dabei war, doch nein, Dave hatte heute Kurse im Karatestudio gegeben. Seit drei Uhr hatte er frei.

Kyle loggte sich aus und fuhr seinen Laptop herunter.

Nachdem er eine ganze Weile missmutig vor sich hingestarrt hatte, stand er schließlich auf, nahm seine Autoschlüssel und verließ das Haus.

„Ja, ja, is’ ja schon gut! Himmel!“, hörte Kyle von drinnen Dave poltern, als er Sturm klingelte. „Ich hab dir ja grade das Tor geöffnet“, knurrte der. „Hey! Warte mal …“

Kyle war an ihm vorbei ins Haus gestürmt.

„Wowow, was zum Henker ist denn los?“ Dave joggte ihm hinterher.

„Is’ Jason bei dir?“

„Was?“ Daves Gesichtsausdruck war ehrlich perplex. „Nein. Wieso? Ich dachte, er ist gar nicht in der Stadt.“

Kyle schnaubte. „Ich habe keine Ahnung, wo er ist, und er lässt auch nix raus.“

„Jetzt beruhig dich doch erstmal.“

„Ich reg mich ja gar nicht auf!“, fauchte Kyle und Dave fing prompt an zu lachen.

„Ja, klar.“ Dave nahm ihn beruhigend an beiden Schultern. „Erde an Kyle. Ommm.“

Kyle wollte ihn am liebsten anschreien, konnte es aber nicht, da Daves Mundwinkel immer noch höchst amüsiert zuckten. Außerdem hatte er Dave noch nie böse sein können.

Schließlich besann er sich eines Besseren, da Dave nun auch nichts für seine schlechte Laune konnte, und atmete tief durch.

„Sehr gut“, kommentierte Dave.

„Du weißt also, wo er ist?“, versuchte er es trotzdem noch einmal.

„Was? Nein! Tu ich nicht. Wieso auch?“

„Geschäftliches Meeting?“, konterte Kyle.

„Nicht, dass ich wüsste. Und überhaupt: Seit wann interessieren dich Jasons Meetings?“, fragte Dave und klang ehrlich verwirrt.

„Gar nicht. Aber er … erst hieß es, nur eine Nacht. Jetzt ist es die dritte. Und dann hat er heute keine meiner Nachrichten beantwortet. Sein Handy is’ angeblich leer. Kein Ladekabel. Ich bitte dich.“

„Woher weißt du das?“

„Er hat mich vorhin am Festnetz angerufen. Aber wir haben uns gestritten und ich hab aufgelegt“, gestand Kyle und sank auf die Couch. „Okay, ich hab mich mit ihm gestritten, weil ich seine Geheimnistuerei langsam, aber sicher höchst seltsam und ausgesprochen dämlich finde. Er war so wie immer, aber ich hab trotzdem aufgelegt.“ Er ließ den Kopf hängen. „Das is’ so untypisch für ihn.“

„Ich weiß nur, dass er sein Meeting extra so gelegt hat, wenn du eh den ganzen Tag mit deinen Kiddies-Kursen beschäftigt bist. Immerhin hattest du drei verschiedene Altersklassen und das ging jetzt drei Tage hintereinander.“

Kyle nickte. „Hat er mir auch gesagt.“

„Wo is’ dann das Problem?“

„Ich hab versucht, ihn zu orten, aber ohne Erfolg.“

Dave zog die Augenbrauen hoch. „Du hast was?“

Kyle schluckte schwer. „Ich hab sowas noch nie gemacht. Und ich schäm mich ja auch schon dafür. Aber er hat in letzter Zeit auch öfter mal telefoniert und dann aufgelegt, wenn ich dazukam. Das hat mich irgendwie hellhörig gemacht. Kannst du das verstehen?“

Dave stand auf und kam kurz darauf mit seinem Handy zurück.

Kyle sah ihn mit großen Augen an, dann schüttelte Dave den Kopf. „Es ist aus oder leer. Oder kaputt?“ Er zuckte mit den Achseln. Dann setzte er sich neben ihn. „Ich glaube, du siehst Gespenster.“

Kyle biss sich auf die Lippe. „Und was, wenn nicht?“, fragte er tonlos. „Was, wenn er, wenn er, uhm, einen anderen hat?“

„Bitte? Du hast doch ’nen Knall!“

„Und: Er hat absolut keine Pläne für Weihnachten und das ist morgen! MORGEN! Mel und Louis hat er frei gegeben, glaubst du’s denn?“ Kyle hob die Hände. „Ich kapier es nicht. Und glaub bloß nicht, dass er das mit mir abgesprochen hat.“

„Vielleicht plant er ’ne Überraschung?“

Kyle schnaubte verächtlich. „Ja, genau.“

„Du glaubst echt, er könnte ’nen anderen haben?“

„Würde für mich einiges erklären.“ Kyle konnte nicht verhindern, dass seine Augen zu brennen anfingen, und er hasste sich sogleich dafür. „Aber solang ich nicht weiß, wer ihm den Kopf verdreht, kann ich auch schlecht was dagegen unternehmen.“ Er vergrub das Gesicht in den Händen.

Dave legte ihm die Hand auf den Rücken. „Hey. Hey, nicht doch. Das is’ jetzt nicht dein Ernst!“ Dave ging noch einen Schritt weiter und zog die Hand von Kyles Gesicht. „Sieh mich an. Ich leg nicht für viele Freunde die Hand ins Feuer, aber für den guten alten Jason allemal. Und wenn ich eines weiß, dann, dass er dich über alles liebt. Er hat mir das erst wieder kürzlich unter vier Augen gesagt.“

Kyle schnaubte wieder. „Ach ja?“

„Ja. Er meinte, dass ihr jetzt schon über ein Jahr verheiratet seid und er immer noch so glücklich ist wie am ersten Tag. Und dabei hat er von einem Ohr zum anderen gestrahlt.“

„Ich würd dir so gerne glauben, Dave.“

„Hallo: Jason hat gestrahlt. Verstanden? Gestrahlt!“

„Er könnte trotzdem in den letzten Tagen jemanden kennengelernt haben.“

„Er lernt jeden Tag jemanden kennen, wenn er Kurse gibt. Himmel noch mal.“ Dave schien langsam die Geduld zu verlieren.

„Oh, Mann.“ Kyle fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht. „Ich weiß doch auch nicht, was mit mir los ist. Er ist ein paar Tage nicht da und ich dreh völlig am Rad! Spionier ihm hinterher, versuch ihn zu orten, check seine Trainingspläne …“

„Du hast was?“

„Steht nix drin“, brummte Kyle. „Und wenn ich dich so reden hör, dann fühl ich mich erst recht so richtig scheiße.“

„Ich seh das so: Jason is’ ein paar Tage nicht da und du merkst einfach, wie sehr du seine Gegenwart schätzt. Und an Weihnachten interpretiert jeder immer viel zu viel emotionalen Scheiß in Kleinigkeiten. Wie hört sich das an, hm?“

„Mein Bett is’ scheißleer und ich hab langsam echt Druck“, knurrte Kyle.

Dave grinste. „Du hast zwei gesunde Hände.“

„Den Teufel werd ich tun.“

„Dann schwitz es raus.“

„Haha.“

„Hey, Kyle, schön, dich zu sehen.“

Kyle sah ruckartig auf, als Jessie ins Wohnzimmer kam.

„Hab dich gar nicht klingeln hören.“

„Er hat Sturm geklingelt!“, entrüstete sich Dave. „Und du hast das nicht gehört?“

„Sorry, hab nix gehört, aber ich hab auch grad mit Mum telefoniert.“ Er lächelte entschuldigend, als würde das alles erklären. „Und du weißt, wie sie ist. Sie redet und redet …“

„Können wir nicht einfach mit euch Weihnachten feiern?“, fragte Kyle. „Ich muss langsam selber Pläne machen, wenn Jason schon auf stur stellt.“

Dave und Jessie wechselten einen Blick.

„Oh, das wäre in der Tat schön, geht aber leider nicht“, sagte Jessie nach einem kurzen Räuspern. „Wir sind dieses Jahr bei meiner Schwester eingeladen.“

Kyle verdrehte die Augen. „Daniel und Kevin fahren nach Lake Tahoe zum Skifahren. Vielleicht kann ich da mitfahren. Ich sollte sie einfach fragen.“

„Du kannst doch gar nicht Ski fahren“, konterte Dave.

„Na und? Dann lern ich es halt. Wie schwer kann das sein?“, erwiderte Kyle achselzuckend. „Was solls. Ich kann natürlich auch allein ins Kino gehen.“ Er schlug sich gefrustet auf die Oberschenkel und stand auf. „Was soll’s. Sorry für die Störung, ich pack’s dann mal wieder.“

„Hey, hey, nicht so schnell“, sagte Dave und stand ebenfalls auf. „Bleib zum Essen. Jessie hat Lasagne gemacht, die sollte gleich fertig sein, was meinst du?“

„Ich hab keinen Hunger.“

„Och, komm schon.“ Jessie schlang einen Arm um seine Schultern und schob ihn in die Küche, wo der Duft immer verlockender wurde. „Sieh mal.“ Er deutete auf das Sichtfenster des Ofens.

Kyle seufzte und lächelte schief. „Oh Mann, ihr seid echt doof.“

„Danke für das entzückende Kompliment“, knurrte Jessie.

„Lass ihn, er hat Liebeskummer.“

„Bitte?“ Jessie stemmte die Hände in die Seiten. „Hast du sie noch alle?“

„Nee, Druck“, kommentierte Dave.

„Ach halt doch die Klappe“, fauchte Kyle und seufzte dann.

Jessie öffnete den Ofen, zog Handschuhe an und nahm die Lasagne heraus. Dabei wedelte er den hinreißenden Duft in Kyles Richtung. „Na?“

„Also gut. Überredet.“

„Na geht doch“, brummte Dave und holte drei Teller aus dem Schrank.

„Passt da nicht Rotwein dazu?“, fragte Kyle unschuldig.

„Kein Alkohol für dich.“

„Wieso?“, protestierte Kyle.

„Weil das in deiner Verfassung ziemlich kontraproduktiv wäre und ich keinen Bock habe, dich später sturzbesoffen nach Hause zu fahren.“

„Ich könnte im Gästezimmer schlafen?“, versuchte es Kyle erneut.

„Schluss jetzt. Iss.“

Kyle verbrachte nichtsdestotrotz einen recht angenehmen Abend bei Dave und Jessie und er schätzte es einmal mehr, dass er einfach so hereinplatzen konnte, ohne dass man es ihm übelnahm. Inzwischen hatte er sich einigermaßen beruhigt und sah nicht mehr so schwarz.

Erst gegen Mitternacht verabschiedete er sich und fuhr nach Hause.

Nach dem Durchqueren des großen schmiedeeisernen Haupttors fuhr er die Serpentinen hoch und entschloss sich kurzerhand, nicht zur Wohnung über dem Trainingsstudio abzubiegen, sondern stattdessen ganz hinauf zum Haupthaus zu fahren. Er ließ den Wagen unterm Vordach stehen, stieg aus und ging zur Tür.

Als sein Klingeln unbeantwortet blieb, ließ er sich selbst mit einem Iris-Scan ein, der gleichzeitig die Alarmanlage entschärfte. Alles war still. Offenbar war Mel gegangen.

„Hallo?“, rief er, doch niemand antwortete. Also stellte er das System wieder scharf.

Er durchquerte die großen, offenen Räume, hielt kurz an der Bar und goss sich einen doppelten Whiskey ein. Während er ihn hinunterkippte, überlegte er fieberhaft, wo er schlafen sollte.

Doch wenn er ehrlich war, wollte er einfach hierbleiben, daher löschte er das Licht und ging die Treppen hinab ins Souterrain zum Schlafzimmer. Das Bett würde wenigstens nach Jason riechen, dachte er.

Kaum betrat er das Schlafzimmer, bemerkte er zerknirscht, dass Mel es neu bezogen hatte.

„Oh Mann. Ausgerechnet heute“, brummte er. Doch er war zu faul, jetzt noch das Haus zu verlassen. Er zog sein Handy aus der Hosentasche und schaltete es ein. Doch der Funke Hoffnung erlosch sofort wieder.

Du Mistkerl hast einfach aufgegeben?, entrüstete er sich, da er keine weiteren Nachrichten oder Anrufe verpasst hatte. Na, vielen Dank auch!

Angewidert schaltete er es wieder ab und ging ins Bad.

Doch es wurde eine unruhige Nacht für Kyle. Er wachte immer wieder auf und fand es dann noch deprimierender, alleine in diesem riesigen Bett zu liegen. Da halfen auch keine sexy Schwarz-Weiß-Fotos über dem Bett, die sie als Liebespaar zeigten.

Als er frühmorgens auch noch von Jason träumte, der gerade einen jungen, attraktiven Mann umgarnte, reichte es ihm.

Wie gerädert quälte er sich aus dem Bett und zog seine Laufsachen an.

Er ging nach oben, wo er beinahe die Terrassentür öffnete, ohne vorher die Alarmanlage zu entschärfen. Er bemerkte es in allerletzter Sekunde und fluchte.

Jetzt beruhig dich erstmal, schalt er sich selber und holte tief Luft, wobei er die Stirn ans kühle Glas der Tür lehnte. Geh laufen, dann duschen. Dann geht’s dir hoffentlich besser.

Jamie

Wenig später joggte er über das riesige Grundstück, das seit über einem Jahr sein Zuhause war. Während er lief, versuchte er sich zu erinnern, wie sie letztes Jahr Weihnachten gefeiert hatten. Dann fiel ihm ein, dass sie in Australien gewesen waren und dieses Fest mit Kyles Großeltern verbracht hatten. Er musste lächeln, als er daran dachte. Ich muss die beiden unbedingt heute oder morgen noch anrufen!

Vielleicht hat Jason ja sonst nie Weihnachten gefeiert?, überlegte er. Immerhin hatten sie sich vor zwei Jahren noch nicht gekannt.

Inzwischen war die Sonne aufgegangen, doch Kyle legte eine zweite Runde ein. Er wusste, er würde sich erst wohler fühlen, wenn er völlig durchgeschwitzt war.

Schließlich stoppte er nach über einer Stunde an der Außentreppe und musste erst Atem schöpfen, bevor er sie erklomm.

Mit einem erneuten Iris-Scan öffnete er seine Wohnungstür, trat ein und löschte seinen Durst mit Wasser aus der Küche, bevor er weiter ins Bad ging, wo er sich eine gefühlte halbe Stunde von heißem Wasser berieseln ließ.

Nach dem Zähneputzen und einer Rasur starrte er missmutig in sein Spiegelbild. „Frohe Weihnachten, Kumpel“, brummte er augenrollend. „Genau so hast du’s dir doch vorgestellt, was?“ Er verzog das Gesicht.

Seufzend trocknete er sich ab und hängte das Handtuch weg. Dann trat er in sein angrenzendes Schlafzimmer und stutzte. Dort lag ein silbernes Tablett auf dem Bett.

„Mel?“, rief er und riss die Schlafzimmertür auf. Dass er dabei splitternackt war, war ihm reichlich egal. Doch alles war ruhig. Is’ das vorhin auch schon da gewesen?, fragte er sich und kratzte sich am Kopf. Unschlüssig blieb er vorm Bett stehen. Auf dem Tablett lag ein Umschlag und auf diesem war eine Notiz geschrieben.

Sir, dieses Fax ist heute Abend noch für Sie gekommen. Ich habe Sie nicht mehr angetroffen, daher übermittle ich es Ihnen auf diesem Weg.

Ich wünsche Ihnen frohe Weihnachten.

Mel.

Ein Fax? Vielleicht von Granny?

Er riss den Umschlag auf und begann zu lesen.

Kyle, ich gebe zu, ich bin ein lausiger Schauspieler …, stand da in der ersten Zeile.

Kyles Herz begann schneller zu klopfen. Kyle? Nicht Süßer?

Soll heißen: Ich war schon mal viel gerissener, Pläne vor dir geheim zu halten, und du hast jeden Grund, stinksauer auf mich zu sein. Seit wir richtig zusammenleben, ist es umso schwerer, etwas hinter deinem Rücken zu tun. Trotzdem hab ich es versucht und du bist natürlich misstrauisch geworden. Ich vermute, ich hab es nicht besonders schlau angestellt.

Kyle schob das Kinn vor und nickte zustimmend.

Da du nicht mehr ans Telefon gehst, schreib ich dir diese Zeilen und hoffe, dass Mel sie dir noch rechtzeitig überbringt, damit du gut schlafen kannst.

Kyle seufzte. „Fehlanzeige.“

Hör zu, ich hab Mel und Louis freigegeben, weil ich dich an Weihnachten gerne ganz für mich alleine hätte. Aber nicht bei uns zuhause, sondern da, wo wir beide liebend gerne unsere Wochenenden verbringen.

Ach, du meine Güte! Er redet von Big Sur! Unserem Wochenendhaus!, schoss es Kyle durch den Kopf und zum ersten Mal an diesem Tag kroch ein schwaches Lächeln über sein Gesicht. Ich bin vielleicht ein Idiot! Da hätte ich doch locker selber was planen können. Er schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn.

Bitte setz dich morgen früh ins Auto und fahr hin. Wir treffen uns dort.

Es tut mir leid, wenn ich dich verärgert haben sollte, und ich verspreche, ich mach es wieder gut.

Ich liebe dich.

Jay.

Kyle war so perplex, dass er sich erst einmal setzen musste und Jasons Nachricht noch einmal las.

Wär ich gestern gleich hierhergekommen, wovon du wohl ausgegangen bist, hätt ich mir die letzte unruhige Nacht ersparen können.

Er schüttelte den Kopf und ließ sich rücklings aufs Bett fallen.

Wenn ich’s mir recht überlege, is’ Weihnachten in Big Sur eine super Idee. Wir können ein Feuer im Kamin machen und es uns dort richtig gemütlich machen. Ich versprech dir, ich fahr so schnell wie möglich los, aber vorher brauch ich erstmal einen Kaffee.

Also stand er auf, ging in seine kleine Küche und schaltete den Vollautomaten ein. Während ein köstlicher Kaffee in seinen Becher lief, zog er sich an.

Er öffnete den Kühlschrank, um Milch herauszunehmen, und stutzte. Dort stand ein Teller mit Sandwiches von ihrem Koch Louis und er musste lächeln.

Besser als Cornflakes, freute er sich und holte ihn heraus. Was wohl als Abendessen gedacht war, schmeckte auch jetzt noch hervorragend.

Jason und er hatten ausgemacht, sich nichts zu Weihnachten zu schenken, da sie sowieso wunschlos glücklich waren. Stattdessen wollten sie lieber Quality Time verbringen. Bis vor Kurzem hatte Kyle noch daran gezweifelt, ob es überhaupt dazu kommen würde, aber Jason würde ihn nicht bis nach Big Sur fahren lassen, wenn sie sich dort nicht auch tatsächlich ein paar schöne Tage machen würden.

Langsam fielen die Last und die dummen Gedanken der letzten Tage von ihm ab und er begann, seine Weihnachtsgrüße per Handy zu verschicken, während er frühstückte.

Von Jason war immer noch nichts gekommen, aber das hatte ja seine Gründe. Zumindest gab es im Wochenendhaus Ladegeräte und er würde auf jeden Fall eine Powerbank mitnehmen. Mit Australien konnte er von dort auch telefonieren.

Mitnehmen musste er nichts, weil sie inzwischen alles, was sie brauchten, dort hatten.

Er füllte sich noch einen zweiten Kaffee in einen Thermobecher, verdrückte das letzte Sandwich und machte sich dann auf den Weg nach Big Sur.

Unterwegs dachte er amüsiert daran, wie Jason und er anfangs die ersten Gehversuche in ihrem Wochenenddomizil gemacht hatten. Hier waren sie auf sich alleine gestellt und obwohl es natürlich auch dort Lieferservice gab, zogen sie es vor, endlich mal selber zu kochen. Anfangs war das ein paar Mal schiefgegangen, aber mit der Zeit waren sie immer besser geworden. Hier gab es keinen Mel oder Louis, die sie umsorgten. Und genau das war gewollt.

Sie konnten sich ja später gemeinsam ein tolles Menü für heute Abend ausdenken. Dann gingen sie halt noch einkaufen. Wenn Jason auch erst dorthin fuhr, hatte er logischerweise keine Zeit gehabt, etwas vorzubereiten, aber das war auch zweitrangig.

Kyle überlegte, ob er Jason wirklich schon für sein seltsames Vorweihnachtsverhalten vergeben konnte. Oder würde alles wieder hochkochen, wenn sie sich endlich sahen?

Und ärger dich bloß nicht gleich wieder, wenn er noch nicht da sein sollte, schalt er sich selber, als er bereits über zwei Drittel der Fahrt hinter sich hatte. Wenn er sagt, er kommt, dann kommt er auch.

Als er durch eine Ortschaft fuhr, verließ er spontan den Highway One und fuhr zu einem Supermarkt. Er konnte auch genauso gut jetzt schon etwas für die kommenden Tage einkaufen.

Eine halbe Stunde später kam er beladen mit zwei großen Tüten wieder heraus und verstaute alles vorsichtig auf dem Beifahrersitz. Er hatte alles bekommen, was ihm so spontan eingefallen war. Milch, Eier, Rinderfilet, Pilze, Kartoffeln, frisches Gemüse, fertigen Plätzchenteig und nicht zu vergessen Eggnog. Der gehörte für ihn einfach dazu. Zumindest mussten sie dann heute das Haus nicht mehr verlassen.

Gegen halb elf fuhr er vom Highway ab und nach zweimaligem Abbiegen fand er die kleine versteckte Schotterstraße, die zu ihrem Domizil führte. Sein Puls beschleunigte sich um ein paar Schläge, als sich das kleine Wäldchen lichtete. Er ließ den Wagen ausrollen, um für einen Moment den wunderbaren Blick die wilde Küste entlang zu genießen. Was für eine Traum-Location!

Er blickte zum Haus, das an den Hang gebaut war und mit seinem Holz und den Glasfronten von überall einen wunderbaren Blick aufs Meer hatte.

Lächelnd fuhr er wieder an und suchte dann im Handschuhfach nach der Fernbedienung für die Garage.

Das Tor öffnete sich und Kyle spürte einen überraschten Stich in der Magengrube, als er den schwarzen SUV sah. Erstaunt zog er die Augenbrauen hoch, denn er war davon ausgegangen, dass Jason natürlich mit seinem Aston Martin unterwegs war. Aber in der Garage hatte er zuhause auch nicht nachgesehen, da sein eigener Wagen meist vor seiner separaten Wohnung parkte und gestern Abend hatte er ihn ja einfach vor der Tür stehen lassen.

Aber die Tatsache, dass der Wagen in der Garage stand, hieß noch etwas ganz anderes: Nämlich, dass Jason schon da war!

Er parkte neben dem SUV und lud dann seine beiden Einkaufstaschen aus. Es gab keinen direkten Zugang von der Garage zum Haus, daher schloss er das Garagentor und ging zur Haustür.

Einem Impuls folgend, öffnete er die Haustür mit dem Iris-Scan, statt zu klingeln. Auch hier hatten sie das ausgetüftelte Sicherheitssystem der McLean Security inzwischen installieren lassen und er war froh, keine Zahlen tippen zu müssen.

Da er die Einkaufstüten dafür nicht abstellen musste, drückte er die Tür, die automatisch einen Spalt aufgegangen war, mit der Schulter ein Stück weiter auf und prallte sogleich mit Jason zusammen.

„Hoppla, einen wunderschönen guten Morgen.“

Kyles Herz machte einen Satz. Jason sah gut und vor allem entspannt aus! Er trug schwarze Jeans, ein schwarzes T-Shirt und ein rotes Hemd, das er offen darüber trug.

„Hey! Du bist schon da? Moment, lass mich das schnell abstellen.“

„Du warst einkaufen? Warte, ich helf dir …“

„Schon gut.“ Kyle hatte sich bereits an ihm vorbeigeschoben und wuchtete die Tüten auf die Küchenanrichte. „Puh. Ich glaub, ich hab den ganzen Laden aufgekauft.“ Er fuhr sich durch die Haare und lächelte Jason, der ihm gefolgt war, an.

Doch dann glitt sein Blick an Jason vorbei, weiter in den Raum hinein und ihm blieb der Mund offen stehen. Dort, vor einem der Panoramafenster, stand ein riesiger Weihnachtsbaum und er war von oben bis unten geschmückt.

„Moment.“ Jason zog eine kleine Fernbedienung aus der Hosentasche, drückte einen Knopf und schon leuchtete der Baum auf. „Ich wollte nicht, dass du es schon von draußen siehst“, entschuldigte er sich mit einem Schmunzeln.

„Oh, Mann, das sieht klasse aus. Hast du den so gekauft?“ Etwas Besseres fiel ihm im Moment nicht ein.

„Könnte man meinen, was? Nein. Geh hin. Der ist echt.“

„Der is’ echt?“

Kyle umrundete die Kücheninsel und ging zum Baum. Sofort erkannte er die Weihnachtskugeln, die Granny ihnen letztes Jahr geschenkt hatte und sein Herz machte einen erneuten freudigen Hüpfer.

„Frag nicht, wie lange ich gebraucht habe, dass der so aussieht“, hörte er Jason hinter sich sagen. „Müssen Stunden gewesen sein!“

„Da liegen Geschenke drunter!“, entrüstete er sich und zeigte auf einige schön verpackte Pakete. „Ich dachte, wir schenken uns nix?“

Jason zuckte nur mit den Achseln.

„Das is’ total unfair!“ Er kniff die Augen zusammen. „Wie lange bist du schon hier?“

„Sagen wir mal so: Lange genug, dass ich es rechtzeitig geschafft habe.“ Jason trat näher an ihn heran. „Bist du immer noch angepisst?“, fragte er mit leiser Stimme.

„Ich weiß noch nicht genau“, gestand Kyle ehrlich und kam sofort ordentlich ins Schwanken, als er in Jasons blaue Augen blickte.

„Seit ich mich vor Jahren hab scheiden lassen, hatte ich keinen Weihnachtsbaum mehr und es war mir auch nie mehr nach Weihnachten.“

Da haben wir es schon, dachte Kyle automatisch.

Jason strich ihm sachte über die Wange. „Bis ich dich kennengelernt habe. Willkommen zuhause.“

Jasons Lippen berührten hauchzart seine. Er wollte ein Aber einwerfen, doch es gelang ihm einfach nicht.

„Bitte sei nicht mehr sauer“, flüsterte Jason und küsste ihn.

Kyle konnte nicht anders und genoss diesen ersten süßen Kuss seit Tagen. Als sich ihre Zungen endlich trafen, zog Jason ihn ganz in seine Arme.

„Himmel, ich hab dich vermisst“, murmelte Jason.

„Ich dich auch.“

Irgendetwas rumpelte im hinteren Teil des Hauses und Kyles Kopf ruckte herum. „Was war das?“

„Was?“

„Hast du das nicht gehört?“

„Ich weiß nicht, von was du redest. Holz arbeitet halt gerne mal.“

Kyle fuhr sich durch die Haare und war immer noch unentschlossen, was er von der ganzen Aktion halten sollte. „Seit wann bist du hier?“

Jason zögerte.

„Die Wahrheit Jay.“ Kyle funkelte ihn an.

„Seit drei Tagen.“

„Seit drei verdammten Tagen? Und dein Meeting?“

„Nun, ich hatte ein Meeting, aber …“

„Du tust es schon wieder!“

„Was denn?“

„Mich verarschen!“, fauchte Kyle.

Jetzt rumpelte es erneut, dieses Mal um einiges lauter, so als würde jemand gegen eine Tür hämmern. Kyle glaubte nicht mehr an Jasons Erklärung mit dem arbeitenden Holz.

„Du hörst das nicht? Ich bitte dich! Hast du ’nen Kerl versteckt, der jetzt nicht weiß, wie er abhauen soll?“

Er kniff die Augen noch ein Stück weiter zusammen, da Jason sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte.

„Ich geh jetzt nachschauen!“, knurrte Kyle, doch Jason hielt ihn am Arm fest.

„Warte!“

„Was?“, zischte Kyle und merkte, wie die Eifersucht wieder in ihm hochkochte, obwohl er dieses Gefühl eigentlich gar nicht kannte.

„Hör zu.“ Jason räusperte sich. „Ich hab in der Tat gedacht, es ist vielleicht an der Zeit, dass wir uns Gesellschaft holen, hm?“ Er zog eine Augenbraue hoch.

„Wir hatten schon mal ’nen Dreier mit Dave. War cool, ja. Aber nicht auf Dauer! Vergiss es! Ich schmeiß den Kerl jetzt raus!“

Dann stürmte er los, bog in den Gang ab, der hinter dem offenen Wohn-Essbereich entlanglief und orientierte sich an den Geräuschen.

Da war es wieder! Es war die Tür zu einem der Gästezimmer.

Tja, Pech für dich Kumpel, nach hinten raus gibt’s nur kleine Fenster, da kannste nicht abhauen. Ich hau dir sowas von aufs Maul!, grollte Kyle und riss die Tür auf.

Augenblicklich bekam er einen wuchtigen Schlag gegen die Brust, stolperte zurück und ging zu Boden, wo er den Sturz gerade noch abfangen konnte.

„AAAAH!“ Etwas traf seinen Bauch und seine Beine.

Dann spürte er etwas Nasses in seinem Gesicht und riss die Arme hoch.

„Oh, verdammt! Himmel, nicht so stürmisch!“, hörte er Jasons Stimme wie aus weiter Ferne.

Kyle setzte sich mühsam auf und traute seinen Augen nicht. „Oh mein Gott, es is’ Jamie!“, stieß er schließlich fassungslos hervor und sah zu Jason auf, der den großen, wie wild wedelnden Deutschen Schäferhund immer noch am Brustgeschirr festhielt.

„Bereit?“, fragte Jason schmunzelnd.

Kyle starrte ihn immer noch fassungslos an, doch ihm gelang ein Nicken.

Dann ließ Jason den Hund los, der sich sogleich erneut auf Kyle stürzte, um ihn überschwänglich zu begrüßen.

„Alles gut, alter Junge, alles gut. Oh Mann, ist das toll!.“ Kyle freute sich und knuddelte den Hund. „Beruhig dich mal wieder.“ Kyle schob ihn von sich herunter, da er auch jetzt auf ihm herumtrampelte. „Jay! Ich … ich … ich dachte echt bald, du hast ’nen anderen.“

Jason lachte und ging neben ihm in die Hocke. „Klar doch. Hab ich ja auch irgendwie, oder?“ Er zeigte auf Jamie.

„Ja, so isses gut“, lobte Kyle, als sich der Hund endlich hechelnd neben ihn setzte, und strich ihm über seinen schönen Kopf. „Benny sagte, er ist adoptiert worden.“

„Mhmm.“

„Heißt das, was ich denke? Bitte sprich es aus, sonst kann ich es einfach nicht glauben.“

Jason räusperte sich. „Na ja, du hast mal erzählt, dass dir deine Eltern nie ein Haustier erlaubt haben, obwohl du dir eins gewünscht hast. Und als wir bei deinen Großeltern waren, die zwei Hunde und mehrere Katzen haben, wurde es noch klarer, wie tierlieb du bist.“

Kyle nickte.

„Und ich hab gesehen, wie du und Jamie euch drüben bei Daniel und Kevin angefreundet habt, als sie ihn aufgenommen haben und Benny sich dann um ihn gekümmert hat. Du warst immer ganz geknickt, als du nachhause kamst, und es ist mir auch nicht entgangen, wie oft du von ihm gesprochen hast, weil du Angst hattest, er wird doch noch eingeschläfert.“

„Ich weiß auch nicht. Er hat einfach mein Herz erobert. Hat sich immer zu mir gesetzt, wenn ich Kevin besucht habe, und mich so treuherzig angeschaut.“

„Und du warst oft dort in letzter Zeit.“

Kyle lächelte entschuldigend.

„Und ich war schon richtig eifersüchtig.“

„So wie ich auf den unbekannten Kerl?“

Sie mussten beide lachen.

„Genau, Süßer.“ Jason kraulte Jamie hinter den Ohren, der inzwischen seinen Kopf auf Kyles Beine gelegt hatte. „Ich bin seit drei Tagen hier, weil ich wollte, dass Jamie sich schon ein wenig zuhause fühlt, bis du kommst, und ich ein bisschen abschätzen kann, wie sein Tagesablauf ist. Die Fäden sind auch schon gezogen.“ Er zeigte auf die OP-Wunde am Hals. „Das Fell wird bald wieder nachwachsen.“

Kyle legte den Kopf in den Nacken. „Oh Mann, auf sowas wäre ich nie gekommen.“ Er seufzte. „Es tut mir wirklich leid, Jay, dass ich so einen Aufstand gemacht hab.“

Jason lächelte. „Ich glaube, ich wär an deiner Stelle genauso sauer gewesen. Wie ich schon geschrieben habe, ich bin ein schlechter Schauspieler. Nur dachte ich nicht, dass Jamie dich sofort durch die Tür wittern würde. Er kann ja nicht bellen, daher dachte ich, ich könnte dich damit überraschen. Da hat er mir ja einen ordentlichen Strich durch die Rechnung gemacht.“

Kyle schüttelte den Kopf und kraulte Jamie ebenfalls hinter den Ohren, wo er auch auf Jasons Hand traf. Ihre Finger berührten sich zärtlich.

„Ist diese Dreierbeziehung für dich dann okay?“

Kyle ließ die Stirn gegen Jasons sinken. „Die is’ perfekt, Jay. Danke.“

„Frohe Weihnachten, Süßer.“

„Frohe Weihnachten.“

Sie küssten sich lange.

Danach sah Kyle zu Jamie. „Er scheint nicht eifersüchtig zu sein. Das is’ toll, oder?“

„Das is’ klasse, da war ich mir nämlich auch nicht sicher.“ Jason stand auf und reichte Kyle die Hand, um ihm hochzuhelfen. „Jamie wird uns beiden guttun. Und ich bin heilfroh, dass du dich nicht in einen kleinen Welpen verguckt hast. Immerhin ist er wohlerzogen und stubenrein.“

Kyle grinste.

„Und jetzt solltest du vielleicht die Geschenke auspacken, was? Ich mach uns derweilen mal ’nen Kaffee.“

„Jay, das mit den Geschenken ist echt unfair von dir.“

„Jetzt warte doch mal ab. Komm.“

Sie gingen zurück zum Weihnachtsbaum und Kyle kniete sich neben die Pakete. „Du bist unmöglich!“

Jason grinste und ging in die Küche.

Seufzend nahm sich Kyle das größte Paket und öffnete es. Zum Vorschein kam ein riesiges Hundebett und er lachte erleichtert auf. „Oh, wow, das Geschenk ist voll in Ordnung, Jay. Wo hat er denn bislang geschlafen?“

„Oh, keine Sorge, ich hab noch ein zweites, das liegt im Schlafzimmer am Kamin.“

„Ah, dann is’ das für hier?“

„Zum Beispiel.“

„Gefällt es dir?“, fragte Kyle und legte es auf den Boden. Jamie tat ihm den Gefallen und setzte sich sofort mit einem erwartungsvollen Blick hinein. „Guter Junge. Genau, das is’ für dich.“

Und so ging es weiter. In jedem der Päckchen war etwas für Jamie. Ein weiteres Brustgeschirr aus Nylon mit der Aufschrift K9-Hero, da er im Moment kein Halsband tragen konnte und eine passende Leine. Im anderen waren sein Lieblingsfutter und ein paar Leckereien.

Kyles Groll war längst verflogen.

Jason kam gerade aus der Speisekammer wieder, wo er derweilen offenbar die beiden Näpfe versteckt hatte, die er die letzten Tage benutzt hatte. „Wo denkst du, wäre ein guter Platz? Ich hab ihn jetzt immer hier gefüttert.“

„Dann behalten wir das bei. Da stört es nicht.“

Kyle stand auf und kam zu Jason, der gerade den letzten seiner Einkäufe wegräumte.

„Hat Benny gewusst, wer ihn adoptiert hat?“, wollte er wissen.

Jason presste die Lippen aufeinander und sah ihn mit einem schuldbewussten Blick an.

„Das is’ jetzt nicht dein Ernst! Der Mistkerl hat so getan, als wüsste er es nicht!“, entrüstete sich Kyle sogleich. Seine Augen verengten sich. „Und Daniel und Kevin haben es wohl auch gewusst, oder?“

„Zu ihrer Verteidigung muss ich gestehen, dass ich ihnen sehr schmerzhafte Folter angedroht habe, sollten sie auch nur ein Sterbenswörtchen rauslassen“, sagte Jason todernst und Kyle musste lachen. „Und Jamies Vorbesitzer, Officer McKnowlen, hat angeboten, dass wir uns nach Weihnachten mit ihm in Verbindung setzen können, damit er uns ein wenig mehr über Jamie erzählen kann. Immerhin war er sein Hundeführer. Er kann ihm nur leider keinen Rentnerplatz geben und ist heilfroh, dass wir ihn genommen haben.“

Kyle nickte. „Gute Idee. Benny hat erzählt, dass er auch bei ihm ein paar Mal vorbeigeschaut hat, um zu sehen, wie es Jamie geht.“

„Jamie wird noch schnell müde. Hab ich gemerkt, als ich mit ihm spazieren war. Ich sag’s nur, damit du dich nicht wunderst.“ Jason sah ihn mit einem verwirrten Blick an. „Was?“

Kyle schüttelte immer noch ungläubig den Kopf. „Tz, ich kann nicht glauben, dass wir jetzt ’nen Hund haben und du redest von ihm, als wär’s immer so gewesen.“

„Er ist ein Herzensbrecher.“

„Deshalb hast du also den SUV genommen?“, folgerte Kyle.

„Der Kandidat hat hundert Punkte.“ Jason nahm einen Schluck Kaffee.

„Scheiß auf den Kaffee“, knurrte Kyle und nahm ihm den Becher aus der Hand.

„Hey, was … hmpf.“

Kyle schlang die Arme um ihn und küsste ihn stürmisch.

„Mmmmh. Das is’ was anderes“, murmelte Jason und stieg sofort drauf ein.

„Couch, Bett, Fußboden. Deine Wahl“, erwiderte Kyle und küsste ihn sofort wieder.

„Küche?“, schlug Jason vor. „Weckt Erinnerungen.“

„Zu unromantisch.“ Kyle streifte Jason das Hemd über die Schultern.

„Ach, und ein Fußboden wäre romantisch?“, fragte Jason sichtlich belustigt.

„Oh ja, genau das will ich spüren.“ Kyle seufzte, als er Jason ungeniert in den Schritt griff und dort auf harte Tatsachen stieß.

Wenige Minuten später zog sich eine Spur von Kleidungsstücken bis zum Hauptschlafzimmer, wo Jason nun rücklings und splitternackt in das riesige Kingsize Bett kippte.

Kyle zog die Schublade des Nachttischs auf, nahm die Tube mit Gleitmittel heraus und wedelte damit herum.

„Alles, was du willst, ich hab dich so vermisst“, gestand Jason und stellte seine Beine auf.

„Fehlanzeige.“ Kyle schüttelte den Kopf und benetzte Jasons großen, steifen Schwanz. „Ich will dich endlich spüren!“ Dann schob er sich entschlossen über ihn und brachte sich in Position.

„AAAAH!“ Jason setzte sich auf und schlang die Arme um Kyle. Ihre Lippen trafen sich, während sie langsam eins wurden.

„Oh ja, genau so“, murmelte Kyle und stöhnte, während er sich immer tiefer auf Jasons steifen Schwanz senkte.

„Verdammt, mach langsam …“, hörte er Jason flehen.

„Ich denk ja gar nicht dran!“

Der Ritt, der folgte, war kurz und heftig, dann explodierten sie beide auch schon.

Mit einem leisen Ächzen sank Jason zurück ins Bett und breitete die Arme aus.

„Neuer Minusrekord, aber trotzdem geil“, kommentierte Kyle schnaufend den Quickie. „Ich verstehe langsam, was Kevin damit meint.“

Jason hob den Kopf und sah ihn fragend an.

Kyle zuckte mit den Achseln. „Die beiden stehen auf sowas.“

„Was?“

„Quickies.“

Jason ließ den Kopf wieder sinken und griff sich ans Herz. „Ich glaub, ich werd alt.“

Kyle musste lachen und beugte sich über ihn. „Hui, da hatte ich ja richtig Druck.“ Er wischte eine Spermaspur aus Jasons extravagantem Goatie, doch Jason war schneller, hielt seine Hand fest und lutschte es von seinem Zeigefinger.

Kyle küsste ihn zärtlich. „Ich liebe dich, Jay. Sorry dass ich mich so angestellt hab.“

„Kein Problem, Süßer.“

„Bist du müde?“

„Mhmm. Hab drei Nächte wirklich mistig geschlafen.“

„Hab nix dagegen. Ging mir genauso.“

Kurz darauf kuschelten sie sich unter der Decke zusammen, und obwohl viel Licht durch die großen Panoramafenster fiel, schliefen sie fast augenblicklich ein.

Erst nach ein paar Stunden wachten sie wieder auf, liebten sich erneut und dösten wieder ein.

Irgendwann drang das Geräusch von Hundekrallen auf Holzfußboden zu ihnen durch und kurz darauf legte Jamie eine Vorderpfote aufs Bett. In der Schnauze seine Leine.

Kyle öffnete die Augen und lächelte: „Hey, Kumpel. Das heißt wohl, du musst raus, was?“

Jason setzte sich auf. „Oh, wow, die Sonne geht schon bald unter. Sieh doch nur.“ Er zeigte aufs Meer, das man praktisch von jedem Fenster aus sehen konnte.

„Es ist gleich halb fünf. Oh Mann, da hat es uns ja ordentlich weggebeamt.“

„Kein Wunder, dass Jamie rausmuss. Ich war zuletzt um neun mit ihm draußen. Aber eins kann ich dir sagen: Die letzten Tage hab ich nicht annähernd so gut geschlafen wie die letzten paar Stunden.“ Jason küsste ihn auf die nackte Schulter und stand dann auf. „Du kannst noch liegen bleiben, ich geh schnell mit ihm.“

„Nein, ich komme mit. Ist doch Ehrensache.“ Kyle stand ebenfalls auf und gemeinsam suchten sie sich ihre verstreuten Kleidungsstücke zusammen. Sie fanden alles, bis auf ihre T-Shirts. „Haha, klasse, Jay, guck mal. Ich hab sie gefunden“, rief Kyle und Jason kam aus dem Schlafzimmer zurück, wo er zwei frische geholt hatte.

Er zeigte auf Jamies Hundebett, in dem zwei zerknüllte T-Shirts lagen.

Jason nickte. „Schlauer Hund. Er macht das so wie ich, wenn du nicht da bist.“

„Ja, ich hab gestern Nacht im Haupthaus geschlafen und mich tierisch geärgert, dass Mel das Bett frisch überzogen hatte.“

Jason lachte.

Nach einem kleinen Spaziergang duschten sie erst einmal ausgiebig zusammen. Die Dusche war zwar nicht so geräumig wie zuhause, aber sie standen sowieso engumschlungen darunter und küssten sich im warmen Regen. Es kam, was kommen musste, und beide wurden prompt wieder hart.

„Ich glaube, du bist nochmal fällig“, brummte Jason in Kyles Ohr und rieb sich aufreizend an ihm, während er mit kräftigen Fingern seinen Hintern packte. „Was meinst du?“

„Nur zu gerne.“ Kyle drehte sich um und stützte sich an der bis zur Decke mit Naturstein gefliesten Duschwand ab.

„Aaaaaaah!“ Er begann Sternchen zu sehen, als Jason sich fordernd in ihn bohrte.

„Es is’ immer noch so geil mit dir wie beim allerersten Mal“, flüsterte Jason und seine Barthaare am Ohr machten Kyle noch verrückter. Auch daran hatte sich in all der Zeit nichts geändert.

Und bei diesem dritten Mal hielten sie beide sogar eine ganze Weile durch, bis Kyle seine Ladung dann mit einem Aufschrei gegen die dunklen Fliesen schoss, während Jason tief in ihm kam.

Leise keuchend kamen sie wieder zur Ruhe. Kyle legte seine Stirn an die kühlen Fliesen, während Jason ihn immer noch in den Armen hielt. Als sich ihre Körper wieder trennten, drehte Jason ihn mit dem Gesicht zu sich und so standen sie noch eine ganze Weile regungslos da und genossen die Nähe des anderen im warmen Regen.

„Können wir nicht einfach wieder ins Bett gehen?“, nuschelte Kyle irgendwann.

„Also ich für meinen Teil würde gerne mal was essen und Jamie sicher auch.“

„Oh, da is’ was dran.“ Kyle öffnete die Augen und grinste schwach.

„Ups.“ Jason stoppte, als er wenig später die Dusche verlassen wollte, und Kyle lugte über seine Schulter. Vor der Dusche saß Jamie und hatte den Kopf schiefgelegt. „Wie lange der da wohl schon sitzt?“

„Hm, gute Frage. Aber egal, Jay, ich denke, er wird es für sich behalten.“

Sie lachten.

Partytime

Wenig später gingen sie in die Küche und fütterten als erstes Jamie.

„Sollen wir das Filet für uns beide machen? Oder hast du was anderes geplant?“, fragte Kyle.

„Hm, lass mich mal überlegen.“

Kyle sah, dass Jasons Blick zur Uhr wanderte.

Er zuckte die Achseln, als nichts weiter kam. „Ich seh mal in der Speisekammer nach.“

Jasons Kopf ruckte hoch und er machte einen Schritt zur Seite, um ihm den Weg abzuschneiden.

Kyle runzelte die Stirn. „Was soll’n das jetzt wieder?“

„Da is’ …“ Jason räusperte sich. „… noch ’ne Überraschung drin.“

„In der Speisekammer?“

„Mhmm.“

„Und warum darf ich dann da nicht rein?“

Dieses Mal blieb ihm Jason die Antwort schuldig.

„Na gut.“ Kyle ging zum Kühlschrank und dieses Mal war Jason nicht schnell genug. „Oh Mann, was geht’n ab?“, fragte er verwirrt, als er fast nur kühlgestellte Getränke sah, die er und Jason niemals an einem Abend trinken konnten. Davon allein fünf Eggnog-Flaschen.

„Ähm …“

„Wuff!“

Kyle starrte zu Jamie, der erneut den Kopf schiefgelegt hatte. Konnte er doch Laut geben?

Dann hörte er erneut ein Bellen, doch es kam von draußen!

Kyle sah zu Jason, der erleichtert lächelte. „Na, geh schon und mach die Tür auf.“

In diesem Moment klingelte es auch schon und Jamie rannte wedelnd voraus zur Tür.

Als Kyle die Tür öffnete, wurde er fast von einem anderen großen Hund überrannt, der an ihm vorbeischoss, um als Erstes Jamie zu begrüßen.

„Frohe Weihnachten!“, tönte es vielstimmig von draußen und ihm blieb der Mund offen stehen, denn draußen standen Dave, Jessie, Daniel und Kevin.

„Ich dachte, ihr seid nach Lake Tahoe gefahren?“, platzte es aus Kyle in Richtung Daniel und Kevin heraus.

„Ich kann überhaupt nicht Ski fahren, Kumpel“, sagte Kevin lachend. „War ’ne Notlüge.“

Kyle kniff die Augen zusammen. „Und deine Schwester?“, fragte er Jessie.

„Is’ nach Irland geflogen, ganz überraschend. Ehrlich.“

„Oh, du Mistkerl! Na, warte!“ Kyle stürzte sich auf ihn und boxte ihn freundschaftlich in den Bauch.

„Aua, aufhören!“, flehte Jessie lachend. „So hilf mir doch mal, Honey.“

Dave zog Kyle von Jessie weg, schlang von hinten die Arme um ihn und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Frohe Weihnachten.“

Kyle versuchte, sich zu befreien. „Und du hast den total Ahnungslosen gespielt!“, beschwerte er sich, doch Dave ließ ihn nicht los.

„Jason hat uns Folter angedroht, hallo?“

Kyle musste lachen und boxte Dave trotzdem in die Seite, als er endlich freikam, nur um ihn danach herzlich zu umarmen.

„Sorry, wir konnten ihm die Show doch nicht verderben, oder?“

Kyle seufzte. „Alles klar.“

Bis endlich alle im Haus waren, dauerte es etwas. Endlich hatte auch jeder Jason gedrückt und Jamie begrüßt.

„Ihr kommt gerade rechtzeitig, denn wir standen kurz vor ’ner neuen Ehekrise.“ Jason deutete auf die Speisekammer. „Kyle wollte da rein, aber dann hätte er gewusst, dass noch was im Busch ist.“

„Darf ich jetzt endlich gucken?“, fragte er mit vorgeschobenem Kinn.

„Bitte.“

Als er die Tür öffnete, sah er diverse Platten mit Antipasti und anderen Köstlichkeiten in den Regalen, die alle auf eine Party hindeuteten. Er stemmte die Hände in die Seiten. „Also wirklich!“, entrüstete er sich. „Ihr steckt doch alle unter einer Decke!“

„Ja, du kannst das schon fast so gut wie Lou“, kommentierte Jessie. „Ein wenig musst du noch üben. Der Hüftschwung könnte noch ein bisschen ausgeprägter sein.“ Er kicherte. „Na, auf was wartest du noch? Wir haben Hunger! Auf den Tisch damit!“

„Wann kommen die warmen Speisen?“, fragte Dave.

Jason sah auf die Uhr. „Sollte alles so in der nächsten Viertelstunde geliefert werden. Genug Zeit, erstmal in Ruhe anzustoßen.“

„Mit Eggnog, ja?“

„Mit was denn sonst!“, entrüstete sich Jessie und half Jason beim Einschenken.

Kyle sah strahlend von einem zum anderen und hob die Hände, als alle etwas zu trinken hatten. „Darf ich kurz was sagen?“ Es wurde still und alle sahen ihn an. „Ich hab mich tierisch gefreut, mit Jason allein zu zweit Weihnachten zu verbringen. Aber das hier ist noch einen Ticken besser! Superschön, dass ihr alle da seid. Auch wenn ihr mich alle ganz ordentlich an der Nase herumgeführt habt. Es ist dennoch das beste Weihnachten ever!“

„Darauf sollten wir trinken!“, rief Dave und hob sein Glas. Sie stießen gutgelaunt an.

„Und weißt du, was das Beste ist?“, fragte Jason.

„Alles?“, schlug Kyle grinsend vor.

„Ja, auch, aber die Jungs hier fahren erst morgen wieder, und dann haben wir immer noch ein paar Tage ganz für uns.“

„Ihr bleibt über Nacht? Klasse!“

„Hallo?“, beschwerte sich Jason.

„Egal, Jay, sie können auch länger bleiben, jetzt, wo zwischen uns wieder alles in Butter ist.“

„Reizvoll“, kommentierte Jessie und sie lachten.

Dann halfen sie alle zusammen und holten die Platten aus der Speisekammer.

Es klingelte.

„Das muss die Lieferung sein!“, rief Jason. „Kyle, gehst du mal?“

Kyle ging grinsend zur Tür und öffnete sie.

„Hallooo, hallooo, der Weihnachtsmann is’ da“, trällerte es ihm hochvertraut entgegen. Er riss die Augen auf, als er Lou mit Nikolausmütze und einem unmöglichen Weihnachtspulli mit dem Grinch drauf erblickte, dahinter seinen Mann Peter, bepackt mit einer riesigen Styroporkiste.

„Dürfen wir reinkommen, das is’ sauschwer!“, hörte er Peter ächzen.

„Aber … aber …“, stammelte er, während die beiden an ihm vorbei ins Haus gingen, wo sie von den anderen herzlich begrüßt wurden.

Kyle sah Jason verwirrt an, doch der zuckte nur mit den Schultern. „War Daves Idee, jetzt, wo wir keinen Butler haben. Die beiden waren eh in Monterrey bei Peters Eltern und haben sich für die Party ein paar Stunden freigenommen.“

Kyle sah vorsichtshalber noch einmal zur Tür hinaus.

Lou hatte es wohl bemerkt und winkte ab. „Oooh, keine Sorge, Schätzchen, unsere Hunde haben wir bei Peters Eltern gelassen. Mach die Tür zu, es wird kühl. Wir wollten doch nicht, dass sie denen da zum Fraß vorgeworfen werden.“ Er zeigte auf die beiden Schäferhunde und rollte mit den Augen.

Kyle grinste, da er wusste, dass die beiden zwei Möpse hatten.

„Und nein, wir haben nicht selbst gekocht, sondern nur den Lieferservice übernommen, Dummerchen.“ Lou gab ihm einen Nasenstüber. „Nö, nö, keine Sorge, wir fahren auch später wieder zurück nach Monterrey. Und jetzt setzt euch mal alle.“

Die anderen hatten bereits geholfen, den Inhalt der Styroporkiste auf dem mittlerweile gedeckten Tisch zu verteilen. Köstlich gegrilltes Fleisch, Kartoffelbrei und Soße.

„Aber ihr esst doch mit, oder?“, fragte Kyle. „Das reicht ja locker für alle.“

„Da kannste Gift drauf nehmen. Wir haben Kohldampf“, ließ sich Peter vernehmen. „Es riecht wunderbar.“

Mit acht Personen war der große Esstisch dann auch komplett ausgeschöpft und sie begannen zusammen zu Abend zu essen.

Lou kümmerte sich dabei perfekt um sie und schenkte ihnen nach oder versorgte sie mit Häppchen vom Tresen. Dabei gelang es ihm durchaus, auch selbst genug zu essen.

Nach über einer Stunde war der erste Hunger gestillt und sie stießen alle mit einem Glas Portwein an.