River & Matt - Andy D. Thomas - E-Book

River & Matt E-Book

Andy D. Thomas

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Beschreibung

Obwohl sich der 32-jährige River McKenzie tief im Herzen nichts sehnlicher als eine ernsthafte Beziehung wünscht, holt er sich seine Befriedigung seit Jahren fast ausschließlich in One-Night-Stands. Da er alleine lebt, kann er tun und lassen, was er will, bis er seinen gleichaltrigen besten Freund Matthew Buck bei sich aufnimmt, dessen langjährige On-off-Freundin Amy ihn mal wieder vor die Tür gesetzt hat. Die beiden Männer verbindet seit Kindergartentagen eine tiefe Freundschaft, die sogar Rivers frühes Coming-out als Teenager schadlos überstanden hatte. Als River merkt, dass er mit der Zeit viel mehr für Matt empfindet, als ihm lieb ist, ist er drauf und dran, ihn schnellstmöglich wieder vor die Tür zu setzen. Doch Weihnachten steht vor der Tür und als Matt ihm auch noch gesteht, dass Amy ihm den Kontakt mit seinem 13-jährigen Sohn Joey verboten hat, bringt er es nicht übers Herz.

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Seitenzahl: 533

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River & Matt

Patchwork

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2021

http://www.deadsoft.de

© the author

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Coverbild: © Jeff Palmer

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-452-0

Inhalt

Mein Dank für die wie immer wundervolle Zusammenarbeit geht an Ines & Cleo

und natürlich wie immer auch an J.H.

One-Night-Stand

„Hey, River, bist du okay?“

River verdrehte die Augen, als Matt mit besorgtem Blick seine Schlafzimmertür öffnete. Gott sei Dank hatte er die Bettdecke noch schnell hochziehen können.

„Sorry, wenn ich dich nerve. Aber ich hab Stöhnen und komische Geräusche gehört. Geht’s dir gut?“

„Ich bin grad heimgekommen und muss erstmal abschalten.“

„Ähm, ja klar, aber …“

„Himmel, ich hab mir ’nen Porno reingezogen, okay?“ Er sah, wie Matt neugierig ums Eck zum Bildschirm linste. „’nen Gay-Porno, du Hirni. Also ab mit dir. Nix für dich.“

„Vielleicht kann ich ja noch was lernen?“, witzelte Matt und kam nun ganz ins Zimmer, doch River hatte genug und schaltete den Fernseher ab.

„Dann schau selbst im Netz nach was Geeignetem! Raus!“

„Schon gut.“ Matt hob die Hände und zog sich zurück.

„Und mach die verdammte Tür wieder zu!“, rief River, doch Matt ließ sie ein Stück angelehnt. Na toll!, dachte er und überlegte, ob er aufstehen und sie schließen sollte. Doch er hatte trotz der Unterbrechung immer noch einen stehen und wollte nicht, dass Matt ihn so sah.

Genervt lehnte er den Kopf an, während seine linke Hand automatisch unter die Bettdecke wanderte. Fuck! Er hatte Frühschicht gehabt und ein paar Überstunden geschoben und wenn er jetzt etwas dringend brauchte, war es, erst einmal seinen Druck loszuwerden. Danach eine lange Dusche und vielleicht noch ausgehen. Immerhin hatte er dieses Wochenende endlich mal frei, das sollte er nutzen.

Er sah wieder zur Tür, doch draußen war alles ruhig, also schaltete er den Fernseher wieder an und war froh, dass er den Clip, der direkt von seinem Laptop kam, gleich weiterlaufen lassen konnte. Den Ton stellte er etwas leiser, auch wenn ihn das sogleich ärgerte, denn immerhin war dies sein Haus. Matt war nur Gast und River hatte ihm lediglich wieder einmal spontan ein Dach über dem Kopf angeboten, als ihn seine langjährige Freundin vor ein paar Tagen Knall auf Fall vor die Tür gesetzt hatte. In den letzten zwei Jahren war das bestimmt schon ein dutzend Mal passiert, daher hatte Matt inzwischen auch einen Schlüssel. River war schließlich nicht immer zuhause und da Matt sein bester Freund war, war das für ihn eine Selbstverständlichkeit.

Aber wenn er so wie eben in seine Privatsphäre eindrang, war Schluss mit lustig.

Seufzend spulte er ein Stück zurück, lehnte sich wieder an und schob die Bettdecke nach unten. Komm schon, dachte er, zeig dem Kerl, wie heiß das ist.

Er hatte ein Abo für diese Gay-Pornoseite und gestern Nacht war ein neuer Film eingestellt worden, der vielversprechend schien. Zumindest hatte der Trailer das versprochen.

Schwuler verführt Hetero. Ha! Als würde das wirklich laufend passieren, dachte er und seine Gedanken wanderten kurz zu Matt.

Oh, bitte nicht jetzt an Matt und seine Probleme denken!, schalt er sich sogleich.

Okay, verführen ist vielleicht das falsche Wort, überlegte er und grinste, als er einen Schluck von seinem wohlverdienten Bier nahm.

Der Hetero im Film war an einen Pfahl gefesselt und man hatte ihm die Augen verbunden. Außerdem war der Typ im Moment geknebelt. River hoffte, dass es noch zu einer Kuss-Szene kommen würde, dafür müsste man dem Kerl aber den Knebel abnehmen. Dann erinnerte er sich an den Trailer, den er sich gerade noch einmal reingezogen hatte, und der dann auch prompt Matt auf den Plan gerufen hatte. Dort war unter anderem ein äußerst erotischer Kuss zu sehen gewesen, neben einem heißen Fick. Also mal abwarten.

Himmel, diese Kameraführung ist aber auch zu gut!, schwärmte River, als Knopf für Knopf des Hemds geöffnet wurde und nackte Haut zum Vorschein kam. Wo bekamen sie nur immer diese Models her? Der Typ hatte ein Piercing am rechten Nippel und ein Maori-Tattoo auf dem anderen Brustmuskel.

Er sah zu, wie eine behandschuhte Hand das weiße Hemd auf die Seite zog und den kompletten Oberkörper freilegte. Lecker, wirklich lecker!

Inzwischen war River richtig hart und freute sich, dass er wieder in diese kleine Phantasie abtauchen konnte.

Komm schon, oh ja, der Gürtel. Gute Idee, Junge!, kommentierte er im Kopf die nächste Szene und leckte sich die Lippen, als die Jeans aufreizend langsam geöffnet und nach unten geschoben wurde. Nun starrte River auf das ansehnliche Paket des gefesselten Mannes.

Pack ihn! Oh ja! River nahm einen Schluck und wünschte sich, er wäre derjenige, der jetzt an das leckere Paket fasste.

Matt? Oh, fuck off!, knurrte er den Teil seines Hirns an, das sich mal wieder einmischen wollte.

Der Kerl mit den Handschuhen war nun vor dem Gefesselten in die Hocke gegangen und drückte seinen Mund auf den ausgebeulten Stoff.

River grinste und musste ein leises Seufzen unterdrücken, als er sah, wie der Schwanz langsam zu reagieren begann. Ha! Jetzt hat er dich!, triumphierte er. Egal, ob du hetero oder schwul bist! Wär doch gelacht!

Irgendwann war kein Stoff mehr dazwischen und River keuchte, während er sich schneller wichste und dabei zusah, wie eine Zunge den mittlerweile harten Schwanz bearbeitete.

Geile Aufnahmen! Wirklich! Man konnte sogar einen Lusttropfen im Schlitz sehen. River merkte, dass es bei ihm ebenfalls schon so weit war, und schaltete wieder einen Gang herunter. Er wollte noch nicht kommen.

Doch bei einer der nächsten Szenen wurde er noch geiler, als er erst zwei steife Schwänze sah, die sich lasziv aneinander rieben, oder besser der Aggressor an seinem Opfer. Jetzt wurde dem Kerl endlich der Knebel abgenommen! Ja! Endlich!

Der Typ mit den Handschuhen brachte sein Gesicht ganz dicht an das des anderen und flüsterte: „Willst du immer noch leugnen, dass dich das geil macht?“

Dann folgte endlich der Kuss, den der Gefesselte mit einem Stöhnen erwiderte.

River konnte sich nicht helfen, wichste sich stärker und kam schließlich mit einem heiseren Knurren.

Er brauchte einen Moment, bis er wieder einen Durchblick hatte. War da ein Geräusch vor der Tür? Er sah hastig hin. Matt? Beobachtete er ihn etwa?

So ein Unsinn! Wozu auch?

Er starrte wieder zum Fernseher, wo die zwei Männer inzwischen eine Nummer schoben. Wow, da hatte er wohl den Schnitt zur nächsten Szene komplett verpasst, während er die Augen geschlossen und sich intensiv einen leidenschaftlichen Kuss vorgestellt hatte. Egal. Er schaltete ab. Die Bilder würden noch ein paar Mal ihre Wirkung tun, da war er sich sicher. Daher wollte er jetzt den Clip nicht zu Ende sehen.

Er zog ein Kleenex aus der Box, säuberte sich und stand dann auf.

Wieder meinte er, etwas vor der Tür zu hören, und gab dem Impuls nach, obwohl er splitternackt war. Leise näherte er sich der Tür, riss sie auf und: nichts. War ja klar. Er fing schon an zu spinnen.

Kopfschüttelnd schloss er sie dieses Mal und ging dann in sein angrenzendes Bad, um zu duschen.

Danach wählte er seine Klamotten sorgfältig aus und zog sich an. Cowboystiefel, schwarze Jeans, Gürtel mit großer Schnalle, ein enganliegendes schwarzes T-Shirt, türkis-schwarz-kariertes Holzfällerhemd drüber, offen getragen natürlich. Dann schnappte er sich noch seinen schwarzen Statson und betrachtete sich kritisch im Spiegel. Auch seinen Hintern. Er grinste. Na, da würde doch sicher einer Appetit bekommen. Er nahm den Hut noch einmal ab und prüfte sein Kinn, doch er war perfekt rasiert. Er zwinkerte seinem Spiegelbild zu, setzte den Hut wieder auf und steckte seinen Geldbeutel ein, dazu Handy und zwei Kondome. Das sollte reichen und war hoffentlich nicht zu optimistisch.

Er angelte nach seiner Bierflasche auf dem Nachttisch, trank sie aus und öffnete dann die Schlafzimmertür.

Als er Matt am Kühlschrank sah, verzog er das Gesicht. Es wäre ihm lieber gewesen, er hätte ungesehen verschwinden können.

„Schönen Abend noch“, rief er ihm zu und griff nach seinem Autoschlüssel.

„Du gehst noch aus?“, fragte Matt, ohne den Blick vom Kühlschrank abzuwenden.

„Klar. Ich war seit Wochen nicht weg und hab endlich mal ein paar Tage am Stück frei. Mach dir keine Sorgen, falls ich heute Nacht nicht heimkomme. Du hast also sturmfreie Bude.“

„Heilige Scheiße, willst du was aufreißen?“, stieß Matt hervor, als er aufsah, und kam näher.

River machte eine unzüchtige Geste mit der Zunge. „Ich hab Druck, also hoffe ich, was Passendes zu finden.“

„In ’ner Country Bar?“, fragte Matt und sah ihn skeptisch an.

„Ja, aber in meiner gibt’s ’nen Gay-Bereich. Also dann …“

„Du willst was abschleppen?“

„Vielleicht.“

„Wieso willst du dann nicht heimkommen? Is’ doch deine Bude.“

„Weil ich mir nicht laufend drüber Gedanken machen will, ob du hörst, dass ich Sex habe. Ich bin nicht grad der leise Typ.“ River grinste und fragte sich, wann Matt genug davon hatte.

„Kann ich mitkommen? Schließlich sind wir beide Country Musik-Fans.“

„Oh, bitte, such dir deinen eigenen Club, okay?“, bat River. „Ich geh mit dir überall hin, das weißt du. Aber nicht in ’nen Gay-Club. Bye.“ Er zwinkerte ihm zu und atmete auf, als er die Tür hinter sich zuzog.

Kurz darauf stieg er in seinen Pickup-Truck und fuhr die paar Meilen hinüber zum Club Steel Guitar. Das eine Bier, das er schon intus hatte, war fast alkoholfrei gewesen, daher machte er sich keine Sorgen. Wenn er wirklich etwas trinken würde, könnte er den Wagen einfach stehen lassen und ihn morgen abholen.

„Hey, River, was geht?“, begrüßte ihn der Türsteher.

„Hi, Bud.“ Sie klatschten sich ab, gefolgt von einem Fistbump. Dann war River drin und sah sich um.

Er ließ seinen Blick über die Tanzfläche gleiten, auf der gerade Paare im Twostep unterwegs waren, und entschied sich dann, gleich nach oben zu gehen, wo der Gay-Bereich war. Dies war definitiv sein Lieblingsclub, den es in Alabama, wo er geboren war, so vermutlich nie gegeben hätte. Aber deshalb lebte er ja auch in Kalifornien, wo keiner was dagegen hatte, dass er schwul war. Er hatte sich sogar seinen Südstaatenakzent abgewöhnt, obwohl er schon festgestellt hatte, dass manche beim Sex richtig darauf abfuhren, wenn er wie Elvis redete.

Als er die üblichen Verdächtigen erblickte, begrüßte er einen nach dem anderen grinsend.

Während sich seine Kumpels über das anstehende Football-Spiel der Los Angeles Rams gegen die San Francisco 49ers unterhielten, checkte er die Kerle auf der Tanzfläche ab, die dort bereits beim Linedancing waren. Sein Grinsen wurde breiter, als sich die ihm zugewandte Reihe drehte und ihm ein Hintern nach dem anderen zur Betrachtung präsentiert wurde. Showtime!, dachte er und zahlte sein erstes Corona.

Zwei Stunden später hatte er einen jungen Kerl entdeckt, der garantiert zum ersten Mal in diesem Club war. Er stand alleine an einem Stehtisch und checkte einen nach dem anderen ab. Statt einem Hut trug er eine Baseballkappe der Panthers.

River verzog das Gesicht. Falsches Team, Junge, tadelte er und musterte ihn dennoch interessiert. Kräftig, aber nicht so durchtrainiert wie Matt… Fuck, nicht schon wieder an Matt denken! Er kickte sich gleich selber und wünschte sich augenblicklich, Matt würde bald wieder ausziehen. Er hasste es, dass er laufend seine Gedanken kreuzte. Aber Matt hatte einfach eine klasse Figur, da er bei seiner Arbeit als Landschaftsgärtner viel draußen war und mit körperlicher Arbeit sein Geld verdiente. Und das sah man. Außerdem wusste River einen gut trainierten Körper zu schätzen, egal ob der andere hetero oder schwul war.

River riss sich von seinen Gedanken über Matt los und kam zurück zum Panthers-Fan.

Er war wohl so Mitte zwanzig, also vermutlich gut fünf Jahre jünger als er, aber wenigstens nicht komplett grün hinter den Ohren. Dennoch schien der Kerl unsicher. Eigentlich hatte River vorgehabt, sich einen Typen zu suchen, der ihn heute Nacht mal so richtig rannahm, aber wenn sich so eine Gelegenheit ergab, würde er auch nicht nein sagen, mal der Aktive zu sein.

Er gab sich einen Ruck, nahm sein Bier und ging hinüber.

„Zum ersten Mal hier, Kumpel?“

„Jep. Hi.“

„Ich heiß River und du?“

„River? Oh Mann, was’n Klischee. Und wie heißt du wirklich?“

Ah, doch nicht so schüchtern, wie du wirkst, folgerte River und es gefiel ihm augenblicklich. Vielleicht fickst du ja doch mich und nicht ich dich?, überlegte er so für sich.

„Bin ’n Redneck, kann aber nix dafür, sorry. Meine Mum meinte, River wär ’n cooler Name.“

„’n schwuler Redneck?“

River zuckte mit den Achseln. „Kommt angeblich in den besten Familien vor.“

Sein Gegenüber lachte. „Stimmt. Ich bin ursprünglich aus South Carolina.“

„Uuuuh“, machte River und grinste. „Ich aus Alabama.“

„Oh je.“

„Was?“

„Ich bin Seth.“

„Das auch noch.“

Sie lachten und prosteten sich zu.

Dann tauchten sie ein in ein Gespräch über den Club und die Leute und das entspannte Leben hier in Los Angeles und Umgebung.

„Ich bin grad erst vor ein paar Wochen hergezogen. Hatte die Schnauze voll und musste einfach weg. Hier is’ es cool, hab auch sofort einen Job gefunden.“

„Was machst du?“, fragte River.

„Bin in der IT-Branche. Und du?“

„Bulle.“

„Bitte?“

„Po-li-zist.“

„Du machst Witze!“

„Wieso?“

„Äh.“

River zog seinen Geldbeutel heraus und zeigte ihm seine Marke, die er auch jetzt mit sich trug. Sein Gegenüber riss die Augen auf und schien beeindruckt.

„Okay, ziemlich cool.“

River grinste. „Bin auf der Suche und du?“

„Nach der großen Liebe?“

River lachte auf. „Nein, nach ’nem geilen One-Night-Stand.“

„Aha.“

„Oh ha … du also eher nicht? Ich wollte dir nicht zu nahetreten.“

Seth grinste und checkte ihn ab. „Lecker biste alle mal.“

River beugte sich vor. „Willste probieren?“, raunte er, doch Seth zögerte und er lachte wieder. Dann nahm River seine Flasche und trank einen Schluck, den er allerdings sofort wieder ausspuckte.

Entsetzt starrte er zu einem anderen Stehtisch, an dem – und er konnte es nicht glauben, also zwickte er sich selbst, was scheißweh tat – Matt stand. Hier im Schwulenbereich! Hatte er einen Knall? Und dann quatschte er auch noch mit Big John, der neben ihm stand. Und so, wie sie sich unterhielten, war Matt nicht erst seit fünf Minuten da.

„Oh, fuck!“

„Stimmt was nicht?“

„Sorry, aber ich muss grad mal was klären. Bin gleich wieder da.“ River ließ sein Bier stehen und stiefelte zügig hinüber zu Matt, der zusammenzuckte, als er sich auf einmal neben ihm aufbaute.

„Was zum Teufel tust du hier?“, knurrte er. „Das ist ein Gay-Club! Wenn deiner Tussi das zu Ohren kommt, ist der Ofen ein für alle Mal aus!“

„Ich will nix mehr mit ihr zu tun haben. Das hab ich dir doch schon tausend Mal gesagt“, antwortete Matt ungerührt. „Und hier ist es ziemlich cool. Kein Wunder, dass das dein Lieblingsschuppen ist.“

„Ich hoffe, du weißt, was du tust?“

„Ich komm schon klar.“

River beugte sich dicht zu ihm und flüsterte ihm warnend ins Ohr. „Und der hier“, er zeigte auf Big John, „fickt alles, was bei drei nicht auf den Bäumen ist. Also pass verdammt noch mal auf!“

Doch Matt lachte nur. „Vielleicht brauch ich ja mal ’ne andere Perspektive?“

River schnaubte, sah zu Big John und hob warnend den Finger, auch wenn der einen Kopf größer war als er. „Lass die Finger von meinem Freund, klar?“

„Och, komm schon, er is’ so ein Hübscher“, erwiderte der grinsend.

„Ja, eben!“ River rollte mit den Augen und machte dann auf dem Absatz kehrt, um zu Seth zurückzukehren. Doch er merkte sofort, dass er sich nicht mehr konzentrieren konnte.

Was zum Teufel macht Matt hier?

Seth fragte ihn noch zweimal etwas und als er nicht antwortete, nahm der sein Bier und verschwand, was River erst auffiel, als er etwas zu Seth sagen wollte.

Er seufzte, trank sein Bier aus und reihte sich zur Ablenkung erstmal beim Linedancing ein. Dabei hatte er zumindest Matt im Auge. Big John war immer noch an ihm dran und irgendwann reichte es River.

Am Ende des dritten Liedes sah er, dass Matt kurz zu den Toiletten ging. Also verließ er die Tanzfläche und steuerte direkt auf Big John zu.

„Ich warn dich, Kumpel. Wenn du ihm was in den Drink kippst, bist du fällig! Und dieses Mal kommst du nicht ungeschoren davon, kapiert?!“, fauchte er wütend.

„Schon gut, schon gut. Is’ dein Freund. Würd ich nie tun!“, beteuerte der.

„Du meinst das besser so!“

River ließ ihn stehen und sah sich um. Er erblickte Seth, der gerade mit einem anderen Typen in ein vertrautes Gespräch vertieft war. So viel zu schüchtern, schnaubte er. Falsch eingeschätzt. Was solls. Er landete wieder auf der Tanzfläche und sah erleichtert, dass Matt sich von Big John fernhielt. Stattdessen reihte er sich ebenfalls zum Linedancing ein, allerdings weit weg von River.

Jedenfalls beschäftigte es River viel zu sehr, warum Matt ausgerechnet hier aufgetaucht war, dass er auch nach zwei weiteren Stunden keinen Aufriss gemacht hatte. Matt war nirgends mehr zu sehen und es war ihm inzwischen auch egal.

Frustriert stellte er sich schließlich an die Bar, legte seinen Statson auf den Barhocker neben sich und bestellte sich einen doppelten Whiskey.

Fuck! Er ging wohl leer aus heute Nacht.

Seufzend zog er sein Handy aus der Hosentasche und scrollte durch sein Adressbuch auf der Suche nach einem geeigneten Fick für die Nacht.

Er stoppte bei Spicy Angel, einem umwerfenden Latino, dessen richtigen Namen er gar nicht kannte. Ein zum Sterben schöner Kerl, aber leider nicht besonders gut bestückt und wenn er sich schon vögeln lassen wollte, dann sollte der andere wenigstens was zu bieten haben.

Er verwarf die Idee und überlegte, welcher seiner Kollegen heute Nachtdienst und vielleicht Bock auf eine Nummer hatte. Banton? Hook? Er scrollte weiter.

Plötzlich schlang jemand die Arme von hinten um ihn. Einen um seine Brust und einen tiefer, wobei eine Hand ungeniert in seinem Schritt landete.

„Hey, River, du hast einfach den geilsten Arsch in der Hose“, brummte ihm ein tiefer Bass ins Ohr. „Und wenn du um die Zeit noch hier bist, dann könnt ich Glück haben.“ Dabei verstärkte sich der Griff in seinem Schritt.

Fuck! Darron! Barkeeper vom Erdgeschoss. Bi. Oh Mann. Geiler Schwanz, leider ziemlich groß und er steht definitiv aufs Arschversohlen. River überlegte. Es war erst Freitagabend und bis Montag würde er schon wieder gehen können, sollte er sich darauf einlassen, denn er hasste es, wenn ihn seine Kollegen aufzogen, weil man ihm ein geiles Wochenende noch am Gang ansah.

„Ja oder nein“, raunte Darron und rieb sich von hinten an ihm. „Mary ist grad heimgefahren und hat sich einen jungen Kerl mitgenommen. Ich hab also freie Bahn.“

River spürte eine Zunge im Ohr und dann Bartstoppeln. Er bekam eine Gänsehaut und merkte, wie er langsam hart wurde. Wenn es nach seinem Schwanz ging, hatte er schon verloren, denn der hatte sich schon entschieden. Na, was überlegte er überhaupt noch? Da hatte er doch, was er sich gewünscht hatte. Einen Partner für einen harten Fick.

„Mhmm. Klingt nicht schlecht“, murmelte er und Darrons Griff wurde noch stärker.

Der kicherte. „Ich spür’s! Wie lange hast du schon keinen mehr gehabt?“

„Paar Wochen.“

„Dann sind wir schon zwei.“

Fuck! Das hieß, Darron wollte es die ganze Nacht.

„Lass uns zu dir fahren.“

„Geht nicht.“

„Wieso?“

„Matt wohnt zurzeit bei mir.“

„Verstehe. Dann halt ein Motel. Meine Alte hat den Wagen genommen, also musst du fahren.“

River hob seinen Whiskey an und trank aus. Noch immer hatte er sich nicht umgedreht. „Ich fahr sicher nicht mehr. Du kannst aber meinen Truck fahren.“

„Auch recht. Ich kann es kaum erwarten, dir deinen süßen Bullenarsch zu versohlen, bevor ich dich vernasche. Und wenn ich das richtig deute, was ich in der Hand habe, dann geht es dir genauso!“

River merkte, dass Darron genauso hart war. Was soll’s, dachte er, nahm seinen Statson, setzte ihn auf und drehte sich um.

„Arschversohlen geht nur, wenn ich einen Kuss bekomme.“

„Vergiss es. Und du weißt das. Keine Küsse. Nur vögeln. Komm.“

„Dann auch kein Arschversohlen“, beharrte River.

„Von mir aus. Gehen wir.“ Darron nahm seine Hand und zog ihn hinter sich her.

Eine halbe Stunde später waren sie bereits voll dabei.

River kniete auf allen vieren auf dem Bett und Darron hielt ihm mit seiner Pranke den Mund zu, während er sich Zugang verschaffte. River stöhnte schmerzerfüllt auf, was durch die Hand keiner hörte und Darron grunzte nur zufrieden.

„Du bist so schön eng, wenn du mal ein paar Wochen keinen hattest.“

River begann Sternchen zu sehen, doch dann war Darron komplett in ihn eingedrungen, und gab seinen Mund frei.

„Fuck!“

„Gleich. Einen Moment sollst du schon haben, um dich an mich zu gewöhnen.“

River konnte Darron dabei fast grinsen sehen, dann stieß er auch schon zu.

„AAAAH!“

Die erste Nummer dauerte bei beiden – Gott sei’s gepriesen und gepfiffen, dachte River – keine fünf Minuten, dann kamen sie bereits. River war jedes Mal wieder überrascht, wie schnell er bei Darron kam, selbst wenn das erste Mal scheißweh tat.

Er spürte, wie sich Darron aus ihm zurückzog und dabei das Kondom festhielt. Danach wurde er auf den Rücken gedreht und Darron spreizte Rivers Beine.

„Mann, du bist immer so geil rasiert. So süß!“

Dann landeten seine Lippen an Rivers Eiern und Schwanz, wobei es ihn fast vom Bett hob. Darron vernaschte ihn jedes Mal so, wenn sie die erste Nummer geschoben hatten, und es machte ihn wahnsinnig!

Das Einzige, was ihn wirklich störte, war, dass Darron ihn nicht küssen wollte. Küssen gehörte für River einfach dazu, aber die meisten Männer, mit denen er Sex hatte, standen nicht darauf. Sie waren auf schnellen Sex aus und Küsse waren viel zu intim, wie er schon viel zu oft gehört hatte.

Genau! Als wäre das, was gerade passiert, nicht intim.

Er wand sich stöhnend, als Darrons Lippen höher wanderten und seine harten Nippel bearbeiteten. Keine Viertelstunde später waren sie beide wieder hart und Darron drehte ihn zurück auf den Bauch, denn Darron wollte es immer nur doggy-style.

River hörte, wie er das zweite Kondom aufriss, und dann ging es auch schon los.

Er schrie auf, als Darrons Hand dabei hart auf seiner rechten Pobacke landete.

Dieser Mistkerl! Das war nicht abgemacht! Er wollte sich entziehen, doch er hatte gegen diesen Hünen keine Chance und im Prinzip war ihm klar gewesen, dass es doch darauf hinauslaufen würde.

„Hiergeblieben!“ Und schon klatschte es wieder. „Oh ja, so mag ich das!“

River ächzte und verfluchte seinen Schwanz, der die Sache auch noch toll fand.

Planänderung

Bam, bam, bam.

River schreckte hoch und merkte, dass er alleine in einem völlig zerwühlten Bett lag. Er blinzelte, orientierte sich und rief dann mit krächzender Stimme: „Zimmerreinigung?“

„Ja, Sir.“

„Später. Geben Sie mir ein paar Minuten.“

„In Ordnung, dann mach ich erstmal nebenan.“

„Danke.“

Oh Mann!

Er fuhr sich mit beiden Händen durchs Gesicht und horchte in sich hinein.

Kein Kopfweh. Das ist schon mal gut.

Er setzte sich auf und fiel gleich wieder um.

Fuck! Er krümmte sich stöhnend zusammen.

Nach einer Minute versuchte er es erneut und schaffte es nur mit knirschenden Zähnen.

Am Boden lagen vier benutzte Kondome.

Na klasse! Fuck you, Darron! Er stand mühsam auf, fuhr sich über seinen Hintern und merkte, dass der sehr empfindlich war.

Nochmal fuck you! Arschloch!

Seufzend sammelte er die Kondome auf und warf sie ins Klo. Dann spülte er.

Den Blick in den Spiegel ersparte er sich und suchte stattdessen seine Klamotten. Mit einigen Schwierigkeiten zog er sich an, durchsuchte noch einmal das Bett, um sicherzugehen, dass er nichts vergessen hatte, und ging schließlich zur Tür.

Ein kurzer Blick hinaus zeigte ihm, dass die Sonne bereits hoch am Himmel stand, und er kniff die Augen zusammen.

Das Zimmermädchen war nebenan beschäftigt, so entriegelte er seinen Truck, der genau vor seinem Zimmer stand und stieg ein. Sein Statson lag auf dem Beifahrersitz.

Er seufzte, horchte noch einmal in sich hinein, um sicherzugehen, dass er schon wieder fahren konnte, und legte den Rückwärtsgang ein. Dann machte er sich auf den Heimweg.

Trotzdem er Darron schon lange kannte und immer wieder – notgedrungen oder vielleicht besser gesagt notgeil – Sex mit ihm hatte, fühlte er sich schmutzig und benutzt.

Er wollte nur noch heim und lange duschen. Sehr lange.

Vorher würde er noch nicht einmal einen Kaffee oder Tomatensaft herunterbekommen.

Keine zwanzig Minuten später erreichte er sein schönes Haus im Craftsman-Stil in Rancho Cucamonga und parkte seinen Wagen in der Garage neben seinem Streifenwagen. Als er den Motor abgestellt hatte, verzog er beim Gedanken, aussteigen zu müssen, das Gesicht.

Fuck you, Darron! Ihm tat alles weh.

Fluchend quälte er sich aus dem Wagen und ging ins Haus.

Seinen Statson warf er zur Garderobe, verfehlte den Haken und der Hut landete auf dem Boden, doch er war zu k. o., um ihn aufzuheben. Bücken? Fuck!

Während er die Stiefel abstreifte, knöpfte er sein Hemd auf und öffnete fast automatisch die Tür zur Dusche. Nur, da duschte schon jemand!

Als er Matts nackten, durchtrainierten Körper durch die Glasscheibe der begehbaren Dusche sah, erstarrte er. Sein Blick fiel auf dessen knackigen Hintern und sein breites Kreuz. Prompt machte sein Schwanz Anstalten, aufzumucken. Fuck! Hast du sie noch alle?, schalt er seinen kleinen Freund sofort.

Hastig zog er sich zurück und stolperte zu seinem Schlafzimmer. Er hatte völlig vergessen, dass Matt da war.

Und wieso duscht der erst jetzt? Es ist schon Mittag! Hat er letzte Nacht auch jemanden flachgelegt? Oder besser eine?

Er schwitzte, als er sich gegen seine Schlafzimmertür lehnte. Himmel, hatte Matt einen geilen Körper. Er drehte bald durch, wenn sein bester Kumpel noch länger hier wohnte. River hatte gehofft, eine Nacht mit ausreichend Sex würde ihn davon ablenken, aber weit gefehlt, wie ihm sein vermaledeiter Schwanz immer noch mitteilte.

Ächzend öffnete er seine enge Jeans und zog sich aus, ließ alles am Boden liegen und schleppte sich in sein Bad.

Dort ließ er sich eine gefühlte Ewigkeit mit heißem Wasser berieseln. Dann reinigte er sich gründlich und stand danach noch lange unbeweglich da.

Du musst dringend einen Partner fürs Leben finden!, riet ihm das Engelchen. So kann es doch nicht weitergehen. Du sehnst dich nach Liebe, nicht nach hartem Sex.

„Ach, halt die Klappe!“, knurrte er, kam versehentlich ans kalte Wasser und schnappte nach Luft. Fuck!

Im Ernst, überleg doch mal. Wieder das Engelchen. Du sehnst dich nach zärtlichen, intimen Küssen. Deshalb guckst du auch nur solche Videos, wo sowas zu sehen ist.

River knirschte mit den Zähnen. Kein Mensch will ’ne Beziehung mit ’nem Cop. Unregelmäßige Arbeitszeiten, gefährlicher Job. Blabla. Er rollte mit den Augen.

Hör doch mal in dich rein, wie fühlst du dich?

SCHEISSE! Fast hätte River es laut rausgebrüllt.

Dann drehte er das Wasser ab, rubbelte sich trocken und fiel bäuchlings aufs Bett, wobei er die Arme um sein Kissen schlang und das Gesicht darin vergrub.

Er hatte keine Ahnung, wie lange er so dagelegen hatte, doch als es klopfte, fuhr er herum und schlüpfte hastig unter die Decke.

„Bist du angezogen?“

„Nein.“

„Egal.“

Fuck!

Erst erschien sein Statson, dann ein besorgt dreinblickender Matt. Angezogen. Gott sei Dank!

„Hast du versucht, dich zu ertränken? Du warst über eine Stunde unter der Dusche!“

„Hat nicht funktioniert“, brummte er.

„Du siehst scheiße aus.“

„Danke.“

Matt hob den Statson hoch und zauberte einen Becher Kaffee hervor. „Ich glaub, du brauchst jetzt erstmal sowas. Darf ich reinkommen?“

River setzte sich auf und achtete penibel darauf, dass die Bettdecke alles Kompromittierende verdeckte. „Klar.“ Er räusperte sich. „Mann, du bist meine Rettung. Danke!“

„Du hattest noch keinen?“

Er schüttelte den Kopf und schnupperte. Matt hatte sogar an seine heißgeliebte Prise Zimt gedacht. Er nahm einen Schluck und es war himmlisch, doch bevor er einen weiteren Schluck nehmen konnte, feuerte Matt bereits die nächste Frage ab: „Hast du schon gefrühstückt?“

Wieder schüttelte er den Kopf.

„Kater?“

River überlegte und schüttelte noch einmal den Kopf.

„Willst du allein sein?“

„Nein!“, sagte er hastig und schneller, als es ihm lieb war. Er hob den Becher und trank. „Danke.“

„Weißt du was? Ich mach dir erstmal Frühstück. Toast, Speck und Ei. Danach reden wir weiter, hm?“ Matt ging zur Tür.

„Tomatensaft?“, fragte River kleinlaut.

Matt grinste. „Doch ’nen Kater. Mach ich.“

Speck und Ei, wie lange er wohl dafür braucht?, überlegte River und stand auf. Gott sei Dank hatte Matt die Tür geschlossen. Er ging ins Bad und starrte an sich herab.

„Du Penner!“, knurrte er seinen Schwanz an. Er war wieder hart geworden. Wie ist das überhaupt möglich nach dieser Scheißnacht?

Dieses Mal schloss er die Badezimmertür ab und befriedigte sich dann selbst. Da er laufend lauschte, dauerte es länger, als ihm lieb war. Genuss fühlte sich jedenfalls anders an. Aber jetzt konnte er wenigstens mit Matt frühstücken, ohne dass er dabei ein Rohr bekam. Hoffte er.

Er öffnete die Tür einen Spalt und lugte hinaus, doch das Zimmer war leer. Hastig zog er sich eine Sporthose und ein T-Shirt an, nahm seinen halbleeren Kaffee und ging aus dem Schlafzimmer.

„Wo bist du?“

„Terrasse.“

River seufzte. Viel zu hell nach so einer Nacht, aber was solls. Matt meinte es sicher nur gut. Dennoch musste er lächeln, als er hinaustrat. Matt hatte den überdachten Teil gewählt und ihm bereits einen frischen Kaffee hingestellt. Hastig trank er seinen aus und stellte den Becher in die Küche.

„Eier sind gleich fertig. Setz dich ruhig schon raus. Du siehst so aus, als könntest du ein bisschen Pampern vertragen.“

River war froh, dass er es schaffte, sich zu setzen, ohne dass Matt es sah. Er verzog das Gesicht und wartete, bis der Schmerz wieder verging.

Fuck you, Darron!

Er griff nach seinem Kaffeebecher und stutzte, als dieses Mal ein Zimtherz darauf schwamm. Zufall? Er kniff die Augen zusammen und verdrängte den Gedanken, der sich näherte.

„Kopfschmerzen?“

River zuckte zusammen.

„Nein. Das is’ wirklich lieb von dir. Tausend Dank.“

Matt nickte. „Ich weiß.“ Dann stellte er den Teller und einen Tomatensaft vor ihn auf den Tisch.

„Womit hab ich das verdient?“

„Halt die Klappe und iss.“

Dann setzte sich Matt in die bequeme, große Schaukelbank, nahm die Beine hoch und sah ihm beim Essen zu.

Schließlich lehnte sich River zurück und nahm seinen Kaffeebecher. „Willst du mir was sagen?“, fragte er und deutete aufs Zimtherz.

„Ja, dass du mein Ein und Alles bist“, witzelte Matt und zwinkerte.

River rollte mit den Augen. Mach nur so weiter, dachte er und schalt sich gleich wieder. Nichtsdestotrotz fühlte er sich langsam besser. „Warum zum Teufel bist du gestern da oben aufgetaucht? Ich hoffe, man hat dich in Ruhe gelassen? Irgendwann hab ich dich nicht mehr gesehen.“

„War alles okay. Ich wurde zwar ein paar Mal angequatscht, als ich aber klargemacht hab, dass ich keinen One-Night-Stand suche, hat man das anstandslos akzeptiert. Mit einigen hab ich mich richtig nett und lang unterhalten. Klasse Club. Ich hätt schon längst mal mitgehen sollen.“

River wusste, dass Matt gegen nichts und niemanden etwas hatte, ansonsten wären sie auch nicht schon seit dem Kindergarten engstens befreundet. Er war ihm sogar von Alabama nach Kalifornien gefolgt und hatte hier Amy kennengelernt, mit der er bis vor kurzem auch eine turbulente On-off-Beziehung gehabt hatte. „Es war trotzdem riskant. Wenn Amy das mitkriegt und dir einen Strick draus dreht, dass du in ’nem Gay-Club warst …“

Matt starrte lange auf seine eigene Kaffeetasse. „Is’ eh schon egal“, murmelte er dann.

River runzelte die Stirn. Selbst das tat weh, aber er ignorierte es. „Was soll das heißen?“

„Ich war heute um halb neun am Baseballplatz. Joey hat heute ein Spiel gehabt, doch sie hat mich abgepasst, als ich aussteigen wollte.“ Er stockte.

„Und?“

„Sie hat mir gesagt, wenn ich jetzt aussteige und zu ihm gehe, zeigt sie mich an.“

„Bitte? Und wegen was?“

„Sexueller Belästigung.“

River kroch eine Gänsehaut über den Körper. „Was?“

Matt zog sein Handy heraus und suchte nach etwas. „Ich hatte den ganzen Tag hart gearbeitet und Joey hatte lange trainiert. Wir wollten eigentlich einen Film schauen, sind aber auf der Couch eingeschlafen.“

River nahm das Handy und blickte auf ein Foto. Es zeigte Matt und Joey auf der Couch, als sie eng aneinander gekuschelt eingenickt waren. „Süß, echt süß, ihr zwei“, rutschte es ihm raus, dann sah er auf. „Daraus will sie dir einen Strick drehen?“, fragte er ungläubig.

„Sie hat gesagt, ein 13-Jähriger kuschelt nicht ohne Hintergedanken mit seinem Dad.“ Er schnaubte. „Sie hat gesagt, ich müsste ja wohl selber schwul sein, wenn ich laufend mit … mit …“

„… mit mir rumhäng?“, half ihm River spöttisch.

„Ja. Und jetzt wohn ich schon wieder bei dir. Als hätte ich das nicht jedes Mal getan, wenn sie mich rausgeschmissen hat. Sie weiß, dass wir seit Ewigkeiten beste Freunde sind. Dann hat sie noch behauptet, ich hätte Joey bestimmt schon öfter angefasst. Klar. Alle Männer fassen gern kleine Jungs an. Noch nicht gewusst?“ Er schnaubte und River sah Tränen in seinen Augen. „Ich würde sowas nie tun! Lieber würde ich meine Hand abhacken!“

River biss mit aller Macht die Zähne zusammen, stand auf und setzte sich neben Matt auf die sich mittlerweile nicht mehr bewegende Schaukel. Doch Matt starrte wieder auf seinen Kaffeebecher und bemerkte seinen Schmerz Gott sei Dank nicht. Außerdem sorgte das Adrenalin in Rivers Adern dafür, dass er kaum Zeit hatte, Schmerz zu empfinden.

„Und wieso bringst du Idiot mir erst einen Kaffee und machst mir Frühstück, bevor du mir sowas erzählst?“, fauchte er wütend. „Dafür sollte ich dir eine knallen!“

„Ja, mach nur. Dann muss ich mich wenigstens nicht schämen, dass ich gleich heule“, murmelte Matt. „Das mit dem Foto hat sie übrigens zum Anlass genommen, mich rauszuwerfen.“

„Und wieso hast du mir nicht gleich davon erzählt?“

„Ich konnte einfach nicht. Dachte, es geht wieder vorbei. Jetzt eskaliert es.“

„Himmel, das muss dir das Herz brechen!“

Matt nickte.

Und ich geh los und such mir was fürs Bett, knurrte er sich im Geiste selber an. Für ’nen Scheißfick! Ich hätte merken müssen, dass was nicht stimmt!

Matt sah auf. „Du bist der Einzige, mit dem ich über alles, wirklich alles, reden kann. Und ohne einen Kaffee und ein Frühstück bist du nach so einer Nacht, wie wohl die letzte war, überhaupt nicht ansprechbar. Dass du dich fast eine Stunde lang versucht hast zu ertränken, sagt alles und gibt mir recht!“

River verzog das Gesicht. Er kannte ihn wirklich in- und auswendig.

„Wir sitzen jetzt hier und reden. Das bedeutet mir alles.“

„Wieso macht sie sowas? Das würd mich jetzt schon mal interessieren. Du bist der beste Dad, der rumläuft. Du und Joey, ihr seid Zucker, wenn ihr zusammen seid. Das ist doch absoluter Schwachsinn!“

Matt sagte nichts und presste die Lippen aufeinander.

„Geh gerichtlich gegen sie vor. Ich kenn ein paar gute Anwälte. Klag das Sorgerecht ein.“

„Nein! Auf keinen Fall!“

„Wieso?“

„Ich will es nicht noch schlimmer machen.“

„Das ist Blödsinn!“

„Was, wenn sie bei ihren Drohungen bleibt? Wenn sie mich anzeigt?“

„Aufgrund welcher Beweise?“

„Keine Ahnung! Heutzutage kann es mir passieren, dass Joey im Heim landet. Das wäre eine Katastrophe! Nein. Auf keinen Fall.“

River merkte, wie sich nun doch Kopfschmerzen ankündigten. Dann sah er, wie Matts Tasse bedrohlich in seinen Händen zitterte, und nahm sie ihm ab.

„Komm her“, murmelte er und nahm ihn spontan in den Arm, als Matt das Gesicht in den Händen vergrub.

„Nicht, bitte“, hörte er ihn mit erstickter Stimme murmeln.

Er sah dicke Tränen auf Matts Knie tropfen und der Kloß in seinem Hals wurde immer größer.

„Bitte nimm den Arm weg, River. Ich konnte mich bis jetzt zusammenreißen, aber … aber …“, krächzte er.

„Den Teufel werd ich!“ River zog ihn an sich und Matt verlor die Kontrolle. Während herzzerreißende Schluchzer Matt schüttelten, hielt River ihn einfach nur fest. Der Anfall dauerte lange und fast war River ein wenig traurig, als es ihm besser ging. Und schon trat er sich wieder selbst gegen das Schienbein.

Matt fühlte sich gut an, so gut, wie er aussah, mit seinen dunkelblonden Wuschelhaaren, die er so gerne versuchte zu zähmen. Noch nie hatte er ihn so im Arm gehalten und so sehr er mit seinem Freund mitfühlte, so unnachgiebig muckte es in seinem Schritt wieder auf. Er verdrehte im Geiste die Augen. Himmel noch mal!

„Bitte schick mich nicht weg“, kam es tonlos von Matt.

„Was?“

„Ich weiß nicht, wo ich hinsoll. Es ist alles so sinnlos geworden.“

„Du gehst nirgendwo hin. Das Haus ist groß genug für uns und auch für Joey. Wir stehen das gemeinsam durch“, hörte er sich sagen und schluckte. Hatte er Matt nicht vorhin noch vor die Tür setzen wollen, weil er langsam am Rad drehte, wenn er ihn jeden Tag sah? Fuck! Egal.

„Ja genau.“ Matt seufzte. „Vermutlich sterb ich sowieso bald an gebrochenem Herzen.“

„Red keinen Unsinn. Wenn Joey nur halbwegs nach dir kommt, dann wird er sich das nicht gefallen lassen! Er wird rebellieren. Man kann heutzutage keinem 13-Jährigen mehr verbieten, seinen Vater zu sehen. Das weiß deine liebe Amy anscheinend nicht.“

„Sie ist nicht meine liebe Amy.“

„Ich wünschte, du würdest sie endlich in den Wind schießen!“

„Glaubst du im Ernst, ich geh noch einmal zu ihr zurück?“, fauchte Matt.

River sah ihn fragend an. „Wär nicht das erste Mal.“

„Sie hat mir bislang noch nie sexuelle Belästigung vorgeworfen! Sie hat gesagt, sie ruft die Bullen, wenn ich beim Spiel auftauche. Ich bin wieder gefahren. Joey wird zu Tode enttäuscht sein, dass ich nicht da war.“ Wieder hatte er Tränen der Wut in den Augen.

„Schick ihm ’ne Nachricht.“

„Sie hat behauptet, er hätte ein neues Handy und meine Nummer wäre gesperrt. Sie hat mir auch verboten, ihn anzurufen. Sollte ich es tun, droht sie wieder mit den Cops.“

„Ich bin ein Cop, verdammt!“

„Dich wird sie sicher nicht anrufen“, knurrte Matt.

Sie schwiegen eine Weile und River dachte angestrengt nach.

Matt seufzte. „Eigentlich wollte Joey bei mir anfangen, sobald er die Schule beendet hat. Er liebt meinen Job.“

River sah auf und ließ den Blick über seinen unfassbar schön gestalteten Garten mit der überdachten Grillecke im hinteren Teil gleiten. Matt hatte das alles mit seiner Mannschaft – und natürlich auch Joeys Hilfe – geschaffen. „Du bist auch der beste Landschaftsgärtner, den ich kenne. Sieh dir an, was du aus diesem Loch gemacht hast, hier war nur verdorrtes Gras! Es ist einfach phantastisch! Auch der Vorgarten.“

„Und Joey hatte so viel Spaß dabei, mitzuhelfen.“

„Er kann schon richtig gut mit anpacken.“

„Er hat auch immer gut mitgehalten, wenn wir drei wandern oder angeln oder was weiß ich waren.“

River nickte. Er mochte Joey und Joey mochte ihn, auch wenn er ihn immer Onkel River nannte und er sich dann ungefähr doppelt so alt fühlte.

Matt sah auf seine Hand, die immer noch zitterte. „Ich weiß jetzt, was du meinst, wenn du immer sagst: Jeder kann in deinen Augen zum Mörder werden. Kommt nur auf die Umstände an.“

„Und das aus deinem Munde. Dem Kerl, der noch Grashüpfer aus dem Haus rettet“, schnaubte River. „Ja, jeder kann zum Mörder werden. Leider schon alles erlebt. Aber du wirst nicht zum Mörder! Joey braucht dich!“

„Ja genau! Wann? Wenn er 18 ist? Jetzt ist die kritische Zeit. Was, wenn er abrutscht?“

Sie schwiegen wieder eine Weile.

„Hast du eigentlich alles rausbekommen? Ich meine deine persönlichen Sachen?“

„Nein.“

„Willst du, dass ich ein paar Kollegen bitte, dich dorthin zu begleiten? Ich sollte mich da jedenfalls raushalten.“

„Solltest du, ja. Nein, auf keinen Fall. Ich würde sie vermutlich umbringen. Vor den Augen der Polizei wäre das ein glatter Selbstläufer.“

„Verstehe …“

„Es ist alles ersetzbar. Im Moment fühle ich mich so, als wäre alles von dort kontaminiert. Ich hab mir schon gestern einen ganzen Satz neuer Klamotten gekauft.“ Er seufzte. „Kann gut sein, dass sie mich auf Unterhalt verklagt.“

„Sie hat dich nie als Vater angegeben! Das will ich sehen, wie sie das macht.“

„Und ich weiß, dass ich der Vater bin.“

„Ja, weil du einen heimlichen Test hast machen lassen.“

„Genau. Sieht so aus, als müsste ich an mein Erspartes ran. Eigentlich hab ich das meiste für Joeys Ausbildung auf die Seite gelegt. Wenn ich mir jetzt auch noch ’ne Bude suchen muss, bleibt mir wohl nix anderes übrig, als da ranzugehen. Ich kann dir ja nicht ewig auf den Senkel gehen.“

River gab sich einen Ruck und stand auf.

„Wo gehst du hin?“

„Bin gleich wieder da.“

Er ging ins Haus, starrte zur Treppe und biss dann die Zähne zusammen, als er sie erklomm. Selbst Treppensteigen tat weh. Fuck you, Darron!

Oben angekommen öffnete er die Tür und tastete nach dem Lichtschalter.

Der Raum, der sich vor ihm auftat, war groß. Jedenfalls groß genug für Joey und Matt. Und es gab eine Tür. Das Dachgeschoss musste nur ausgebaut werden. Wenn sie ranklotzten und Matt ein paar seiner Männer mobilisieren könnte, dann würden sie in ein paar Wochen daraus ein bewohnbares Obergeschoss mit zumindest zwei Zimmern und einem Bad machen können.

„Matt?“

Doch der hörte ihn nicht. Mist. Also musste er wieder runter.

„Kommst du mal?“

„Is’ was passiert?“ Matt stand mit einem besorgten Blick auf.

„Nein, ich will dir was zeigen.“

Gemeinsam kletterten sie wieder die schmale Treppe nach oben.

Matt sah ihn verständnislos an.

„Das sind ungefähr siebzig Quadratmeter. Nicht viel, okay. Aber überleg mal. Wenn wir alle zusammen helfen und das hier ausbauen. Zwei Zimmer und ein Bad. Wäre das ’ne Alternative zum Ausziehen?“

Matt starrte ihn mit offenem Mund an.

„Platz genug für dich und eventuell auch Joey, sollte alles doch anders kommen.“

„Du meinst das ernst!“

„Rhetorische Frage?“, konterte River. „Wie lange, denkst du, brauchen wir, wenn wir alle anpacken? Ein paar deiner Kollegen, ich kann vielleicht auch zwei oder drei mobilisieren.“

„Keine Ahnung, vielleicht zwei Wochen, aber vergiss nicht, in ein paar Tagen ist Weihnachten.“

River verzog das Gesicht. „Stimmt. Na klasse.“

„Musst du arbeiten?“

„Ja. Gott sei Dank. Du?“

Matt nickte. „Ich werde mir jedenfalls Arbeit suchen und wenn ich deinen Gartenzaun streiche. Dreimal, wenn’s sein muss. Hauptsache, ich muss nicht an Weihnachten denken. Ohne Joey.“ Er fuhr sich durch die Haare.

River ging tiefer in den offenen Raum. „Weißt du noch, wie wir uns früher, als wir so alt waren wie Joey, in solchen Dachstühlen versteckt haben?“

Matt sah auf und lächelte. „Mhmm. Klar. Wir haben noch ganz andere Dinge gemacht.“

„Gespannt?“, half ihm River.

„Mädchenkabine Mittelschule.“

River grinste. „Richtig. Und du warst so nett, auch die Umkleide der Jungs für mich auszuloten.“

„War mir eine Ehre.“ Sie lachten. „Oder als wir die Andersons beim Sex in der Küche gesehen haben.“

„Oh ja, die gingen ganz schön ab und hatten keine Ahnung, dass wir alles gesehen haben. Mein lieber Herr Gesangsverein! Denen haben wir doch auch mal Enteneier in den Hühnerstall geschmuggelt?“

Matt nickte. „Und die haben nie verstanden, wie das gehen kann. War lustig. Wir waren ganz schön umtriebig.“

„Und wenn Joey auch nur einen Funken von dir hat, wird ihm was einfallen. Du wirst sehen. Er lässt dich nicht fallen. Dafür leg ich meine Hand ins Feuer.“

„Hoffentlich hast du recht.“

„Hol mal Papier und Bleistift und wir sehen mal, was wir hier alles brauchen. Ja?“

Matt nickte und lief nach unten.

River war froh, dass er nicht noch einmal die vermaledeiten Stufen gehen musste, da seine Eingeweide immer noch rebellierten. Erneut verfluchte er Darron und die letzte Nacht.

„Die Treppe sollten wir auch verbreitern“, sagte Matt, als er wiederkam, und maß sie aus.

„Kannst du das selber machen?“

„Klar. Kein Problem.“

„Cool.“

River war froh, dass der Plan, das Dachgeschoss umzubauen, sie beide derart ablenkte, dass sie für lange Zeit nur noch am Diskutieren und Planen waren. Die Zeit verflog nur so und irgendwann knurrte Matts Magen.

„Wollen wir was essen?“, fragte River. „Mir hängt der Magen auch in den Kniekehlen.“

Matt kratzte sich am Kopf. „Keine Ahnung, ob ich was runterbekomme.“

„Dein Bauch hat grad ja gesagt. Komm, wir fahren rüber zu Subways, hm?“

Und so machten sie es.

Danach fuhren sie noch kurz bei Matts Firma vorbei, um abzuklären, was sie alles nicht kaufen mussten. Er hatte eine Menge Baustoffe auf Lager und sie konnten sich einen guten Überblick verschaffen.

Auf dem Heimweg stoppten sie noch an einem 7/11 und deckten sich mit Bier ein. Als sie wieder in Matts Wagen steigen wollten, hörten sie eine junge, angespannte Stimme „Dad!“ rufen.

Matt wirbelte herum.

River sah Amy und Joey auf dem Parkplatz gegenüber.

„Steig verdammt noch mal ein!“, herrschte Amy ihren Sohn an.

„Ich will zu Dad!“

„Steig ein oder es setzt was!“, schrie sie.

River sah, wie Matt die Fäuste ballte.

„Ich liebe dich, Dad!“, rief Joey noch mit belegter Stimme, bevor ihn seine Mutter fast gewaltsam ins Auto schubste, die Tür zuknallte und dann mit quietschenden Reifen davonraste.

River schluckte. „Wieso hast du das nicht erwidert?“, fragte er verwirrt.

„Damit sie mir ’nen Strick draus dreht, wenn ich ihm zurufe, dass ich ihn auch liebe?“, fauchte Matt.

River musste zugeben, dass da angesichts der Drohungen was dran war. „Fuck“, murmelte er, nahm ihm den Schlüssel aus der Hand und sagte: „Ich fahr. Steig ein.“

Matt tat es fluchend und starrte wie versteinert aus dem Fenster.

„Siehst du! Er nimmt es dir nicht krumm, dass du nicht beim Spiel warst“, sagte River sanft, als er an einer Ampel hielt.

Matt schnaubte. „Wenigstens etwas.“

Sie fuhren schweigend weiter, bis River Matts Wagen in der Einfahrt parkte, dann sah er seinen Freund an. „Ich hab dich gar nicht gefragt: Wäre es dir lieber, wenn sich unsere Wege ’ne Weile trennen würden, bis sich die Wogen geglättet haben?“

Matt starrte lange auf seine Finger. „Dann hätte sie gewonnen. Nein. Du bist mein einziger Halt. Mein bester Freund. Du kennst mich als einziger Mensch auf der Welt in- und auswendig.“

„Wie du mich.“

Matt nickte. „Ich darf bleiben?“

River schnaubte. „Was für eine Frage. Haben wir grade ’ne Tonne Baumaterial aufgeladen?“ Er deutete auf die Ladefläche.

„Sorry, war ’ne Scheißfrage.“

„Verziehen.“

Immer noch saßen sie im Wagen.

„Gehst du wieder aus?“, fragte Matt und es klang fast ein wenig ängstlich.

„Nein. Mir reicht’s noch von gestern“, erwiderte River und es war sogar die Wahrheit.

„Bereit abzuladen?“, fragte Matt und hörte sich schon besser an.

„Klar.“

Weihnachten in der Wüste

Am nächsten Tag fühlte sich River um einiges besser. Sein Körper hatte sich weitgehend beruhigt, sodass er sich wieder, ohne das Gesicht zu verziehen, bewegen konnte.

Er streckte sich und merkte, dass er hart war. Prompt landete seine Hand an seinem Schwanz und während er die Augen schloss, sah er wieder Matt unter der Dusche. Dann seinen Hintern. Er stöhnte und nahm sich vor, seinen Kopf gegen den nächsten Balken zu knallen, den er finden konnte, sobald er aufgestanden war. Er musste dieses Bild unbedingt wieder aus dem Schädel bekommen! Und er würde sich auf keinen Fall befriedigen und dabei an Matt denken.

Er startete seinen Laptop und klickte den letzten Link in seiner Chronik an. Das musste der Clip mit dem gefesselten Hetero Typ sein, den er gar nicht ganz bis zum Ende gesehen hatte, weil er schon beim intimen Kuss gekommen war.

Als ein ganz anderer Film auf seinem Fernseher erschien, stutzte er. Wieder sah er in der Chronik nach und stellte fest, dass der besagte Film viel weiter unten zu finden war. War Matt an seinem Computer gewesen? Okay, er war nicht passwortgeschützt, da er ja eh eigentlich alleine wohnte. Also wieso passwortschützen? Der Laptop verließ nie sein Schlafzimmer. Aber wieso sollte Matt sich Gay-Pornos anschauen?

Und wieso sollte er in einen Gay-Club gehen?, äffte das Engelchen auf seiner Schulter und rollte mit den Augen. Jetzt überleg mal scharf.

„Was weiß denn ich?“, knurrte River es an. Irgendwie hatte er jetzt keine Lust mehr auf einen Film, stand auf und ging unter die Dusche. Während er im warmen Regen stand und sich wusch, dachte er erneut an Matt. Er schenkte es sich, den Gedanken erneut zu verdrängen, waren sie doch frei. Kurz darauf kam er auch schon.

Ich dreh noch durch!, dachte er. Gott sei Dank darf ich morgen wieder arbeiten.

Am Abend, als er mit Matt Football schaute, klingelte das Telefon.

„Oh, oh, mein Chef“, brummte River, nahm die Füße vom Tisch und ging aus dem Zimmer.

„Officer McKenzie? Schön, dass ich Sie erwische.“

„Was is’ passiert Chef?“

„Ich habe gute Nachrichten. Das SWAT Team hat heute Nachmittag die Wohnung von unserem Verdächtigen Wood gestürmt. Die beiden Jungs konnten unversehrt befreit werden. Er hatte sie in den Keller gesperrt. Aber ohne Ihre Beharrlichkeit wäre sicher wer weiß was passiert.“

„Oh Mann, das sind wirklich gute Nachrichten, Sir.“

„Daher wollte ich Ihnen auch sagen, dass Sie nun Ihre Überstunden nehmen können.“

„Aber …“

„Nehmen sollen. Das ist ein Befehl, McKenzie. Sie haben sich den Arsch aufgerissen! Ich weiß das zu schätzen. Sie haben zwei Wochen Zwangsurlaub. Danach haben Sie leider immer noch genug Überstunden! Also diskutieren Sie bloß nicht mit mir! Ich wünsche Ihnen frohe Weihnachten.“

„Äh.“ Fuck! Er schluckte. „Danke Chef.“

„Lassen Sie sich ja nicht hier blicken.“ Sein Boss lachte. „Wir sehen uns im neuen Jahr.“

„Ja, Sir. Ihnen auch frohe Weihnachten.“

Er ließ das Telefon sinken und sah sich nach dem Balken um, gegen den er sein Hirn knallen konnte.

„Was machst du denn für ein Gesicht? Schlechte Nachrichten?“, fragte Matt mit erstaunt hochgezogenen Augenbrauen.

„Mein Chef hat mich in den Zwangsurlaub geschickt“, sagte River und seufzte.

„Wie lange?“

„Zwei verdammte Wochen lang! Ich könnte kotzen!“

„Wie das?“

River erzählte es ihm.

„Na, dann können wir ja in null Komma nix den Dachboden ausbauen. In zwei Wochen sind wir locker fertig.“

River horchte auf. Na, das würde ihn wenigstens ablenken. Hoffte er.

„Oh, Mann, hast du was Größeres vor?“, fragte Matt, als er am Nachmittag vor Weihnachten einen Blick in den Kühlschrank warf und stapelweise Bierdosen sah.

River saß am Küchentisch und starrte missmutig vor sich hin. „Ja, mich ertränken. Ich versuch’s mal mit Bier, unter der Dusche hat es ja letzthin nicht funktioniert“, sagte er sarkastisch und nahm einen großen Schluck. „Ich hasse Weihnachten!“

Matt hatte es sich nicht nehmen lassen, trotz allem zumindest den Vorgarten weihnachtlich zu dekorieren. Aber in Weihnachtsstimmung war auch er garantiert nicht.

Matt setzte sich zu ihm und sah ihn lange an. „Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten.“

„Ach ja?“ River nahm wieder einen Schluck.

„Entweder, ich mach mit und ertränk mich auch. Seit diesem Jahr kann ich dich nämlich endlich verstehen. Ohne Joey macht Weihnachten absolut keinen Sinn.“

„Oder?“, knurrte River.

„Oder wir beide machen was Vernünftiges.“

River schnaubte und leerte die Dose. Als er zur nächsten greifen wollte, die schon neben ihm auf dem Tisch stand, hielt ihn Matt zurück.

„Weißt du, was wir früher immer gemacht haben, wenn es einem von uns scheiße ging?“

„Gesoffen?“, schlug River vor.

„Mann, streng mal dein Hirn an. Nein, du lässt das jetzt.“ Matt nahm ihm die Dose weg.

„Lass mich!“

„Yucca Valley.“

„Hä?“ River sah ihn verständnislos an, dann riss er die Augen auf. „Wir sind in die Wüste gefahren!“

„Oder die Berge. Lake Arrowhead. Big Bear.“

„Da oben schneits vermutlich.“

„Aber nicht in Yucca Valley.“

„Fuck! Das ist die Idee!“ River sprang auf.

Matt lächelte. „Im Ernst?“

„Lass uns den Wagen packen und dann nichts wie weg hier.“

„Jetzt?“

„Ja, jetzt. Sonst dreh ich hier durch!“

„Denkst du, wir finden unseren Lagerplatz?“

„Wenn wir uns beeilen und in der nächste halben Stunde losfahren, dann finden wir ihn, bevor es dunkel wird.“

Sie schafften es in zwanzig Minuten, da sie ihre Wanderausrüstung immer parat hatten – und sie das Einzige war, was Matt immer bei ihm ließ. Die paar Extras waren schnell auf Rivers Pickup gezurrt. Genug Wasser, warme Schlafsäcke, zur Not zwei Zelte – wenn sie auch lieber unter freiem Himmel schliefen – Brennholz, genug zu essen und nicht zu vergessen, die Bierdosen. Zu guter Letzt verstauten sie noch ihren Koffer mit den Jagdgewehren hinter den Sitzen, dann brausten sie los.

Die Wintermonate waren die einzigen, in denen es im Yucca Valley einigermaßen erträglich war, auch wenn die Nachttemperaturen auf unter null fallen konnten. Tagsüber erreichten sie allerdings selten über dreißig Grad, im Gegensatz zum Sommer, wo vierzig oder mehr normal waren.

Sie fuhren vom Highway ab, als die Sonne schon sehr tief stand, und mussten dann noch fast eine Stunde offroad fahren, um an ihren angestammten Lagerplatz zu kommen, eine natürliche Formation aus Felsen, die im Halbkreis angeordnet waren. Hier kamen sie schon seit Jahren immer wieder her, allerdings noch nie an Weihnachten.

Kaum hatten die Reifen die asphaltierte Straße verlassen, hatte sich River besser gefühlt. Hier draußen war alles okay und er hätte Matts Füße küssen können für diesen genialen Vorschlag. Wieso war er da nicht selber draufgekommen? Sie hatten oft ihre Sachen gepackt und waren spontan wandern gegangen, wenn sich einer von ihnen schlecht gefühlt hatte. Jedenfalls früher, als sie noch mehr Zeit miteinander verbracht hatten.

Ihr Camp war schnell aufgebaut und kaum war es dunkel, brannte auch schon ein Lagerfeuer. Die Schlafsäcke breiteten sie direkt an den Felsen aus, während der Truck wie ein Schutzwall etwa zehn Meter entfernt auf der anderen Seite des Feuers parkte. Sie brieten Steaks am Stock und schmorten Kartoffeln und Zwiebeln in Alufolie in der Glut.

„Wenn wir ein paar Dosen schaffen, haben wir morgen tolle Ziele für unser Weihnachtsduell“, sagte River und grinste. Denn das gehörte auch immer dazu. Ein Schießwettbewerb zwischen ihnen. „Wir hatten noch nie ein Weihnachtsduell.“

„Dann wird es aber höchste Zeit. Sieh mal, was ich hier habe.“ Matt zog eine Tüte aus seinem Rucksack.

„Oh, Nachos … und Dips. Du bist der Beste!“

Sie machten es sich bequem, lehnten am Felsen und philosophierten. Es war ein perfekter Abend. Gegen Mitternacht ließen sie das Feuer langsam herunterbrennen und wurden mit einem phänomenalen Sternenhimmel belohnt, den man nur hier in der Wüste zu sehen bekam.

River konnte sich nicht helfen, er wurde melancholisch. Für den absolut perfekten Abend fehlte eigentlich nur eins. Aber er war hier mit seinem allerbesten Freund, was wollte er also mehr? Das Leben ist gut! Hör auf, dich zu beschweren.

„Kommst du an die Kühlbox?“, fragte Matt, der neben ihm saß.

„Glaub schon“, brummte er und lehnte sich nach links. Er musste sich arg strecken, schaffte es aber, ohne aufstehen zu müssen, und angelte eine neue gekühlte Dose Bier aus der Box. „Hier …“ Er kam wieder hoch und erschrak erst einmal fürchterlich, denn plötzlich war Matt verdammt nah.

War er das vorher auch schon?

Er wollte zurückweichen, um Matt mehr Raum zu geben, nicht weil es ihm selbst unangenehm war, doch er konnte nicht. Da war der Fels!

Als er Matt in die Augen sah, schluckte er. So nah hatte er ihn noch nie vor sich gehabt. Er konnte das Lagerfeuer in seinem Hemd und seinen Haaren riechen.

River öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Matt lehnte sich vor und überwand die letzten Zentimeter. Ihre Lippen trafen sich und River hatte das Gefühl, als würde der Blitz einschlagen. Er bekam keine Luft und hatte Angst, er würde augenblicklich ohnmächtig werden.

Fuck! Was war das? Eine Bierlaune? Scheißidee!

Der Kuss war sanft, züchtig mit der Option auf mehr. River wollte sich entziehen und konnte nicht.

Schließlich beendete Matt den vorsichtigen Kuss, doch er zog sich nur um Millimeter zurück.

„Wieso tust du das?“, hauchte River.

Matt schien nach Worten zu suchen. Sein Blick war hungrig. Hungrig?Ich träum wohl.

Wieder berührten Matts Lippen seine. River merkte, wie er unweigerlich hart wurde, als Matt zärtlich an seiner Unterlippe saugte und wieder den Drei-Millimeter-Abstand herstellte.

River überlegte, ob er aufspringen sollte. Ihm eine knallen sollte. Ihn anschreien sollte.

„Dir ist schon klar, dass das scheißweh tut, was du da grad machst?“, keuchte er heiser, um nicht zu sagen, fast komplett tonlos. „Warum?“

„Weil ich zum ersten Mal in fünfzehn Jahren die Eier habe, es endlich zu tun“, murmelte Matt.

River riss die Augen auf, dem folgte seine Kinnlade, die ihm gerade bis auf den Boden fiel. Jedenfalls fühlte es sich so an. Was zum Teufel?

Wieder küsste ihn Matt hauchzart. „Ich war 32 Jahre der Junge, den meine Mutter haben wollte. Als ich sie mal gefragt habe, ob sie mich auch noch lieben würde, wenn ich wie du keine Frauen mag, hat sie gesagt, dann wäre ich nicht mehr ihr Sohn.“

Matts Fingerspitzen zitterten über seine unrasierte Wange.

„Ich hab sogar einen Sohn gezeugt und ihr einen Enkel geschenkt. Aber als diese Schlampe von Amy mir an den Kopf geknallt hat, ich soll doch wie üblich zu meiner Schwuchtel gehen, hab ich endlich kapiert, dass ich so nicht mehr leben will. Ich hab mir seit meiner frühen Jugend etwas vorgemacht und mir eingeredet, ich kann mit Frauen. Dabei wollte ich immer nur dich. Nur dich. Hörst du?“

Als Matt ihn erneut küsste, gingen bei River die Lichter aus. Er keuchte, als Matts zärtliche Zunge nach seiner tastete.

„Ich hab die Schnauze gestrichen voll, andere glücklich zu machen und selbst todunglücklich zu sein“, flüsterte Matt. „Und ich hab mein ganzes lausiges Leben auf den richtigen Moment gewartet, dir genau das zu sagen.“

River war so fassungslos, dass er kein Wort herausbrachte. Stattdessen war er es dieses Mal selbst, der die drei Millimeter überwand und Matt küsste.

Der Kuss dauerte ewig, schmeckte nach Sex und mehr.

Schließlich sahen sie sich atemlos in die Augen. „Und ich habe ein Leben lang auf jemanden gewartet, der genau so küsst“, murmelte River.

„Ich weiß.“

„Du weißt?“

„Nicht umsonst drehen sich all deine sogenannten Pornos ums Küssen. Es sind geile Küsse. Aber es sind halt einfach nur Pornos.“

„Dann warst du doch an meinem Rechner?“

„War ich. Ja. Aber das hier, Babe, ist das richtige Leben.“

Beim nächsten Kuss stießen ihre Zähne zusammen und vermutlich hätten sie sich augenblicklich gegenseitig die Klamotten vom Leib gerissen, wenn es nicht inzwischen nur noch um die Null Grad gehabt hätte.

„Lass uns das Feuer wieder anmachen. Ich will dich die ganze Nacht ansehen“, flüsterte River.

„Wieso das denn? Du weißt doch, wie ich aussehe.“

„Ich will nicht schlafen, aus Angst, es war alles ein Traum, wenn ich aufwache.“

„Kein Traum.“ Matt küsste ihn wieder. „Aber ich bin auch für ein neues Feuer, obwohl mir wirklich gerade mächtig warm ist.“

„Ich will dich nicht aufstehen lassen.“ River hielt ihn fest und sah ihn an, als sähe er ihn heute zum ersten Mal.

„Wenn du ein Feuer willst, muss ich aufstehen.“

Widerwillig ließ River ihn los und beobachtete, wie er Scheite nachlegte und sicherstellte, dass das Feuer neu aufloderte. Dann kam er zu ihm zurück und River packte ihn an den Jackenaufschlägen, doch ihm fehlten wieder die Worte.

„Gehe ich recht in der Annahme, dass ich keinen Fehler gemacht habe?“

River schüttelte stumm den Kopf und ihre Lippen trafen sich erneut.

„Frohe Weihnachten, Babe“, murmelte Matt. „Es ist Viertel nach zwölf. Ich hoffe, das Geschenk ist okay, obwohl unverpackt?“

River krächzte nur etwas Unverständliches und umarmte ihn dann haltsuchend. Oh Gott, riecht Matt gut! River merkte, dass er kurz vorm Durchdrehen war. Ausnahmsweise mal im positiven Sinne.

„Lass uns unsere Schlafsäcke herrichten. Aus zwei mach einen“, bat er schließlich.

„Du zitterst ja.“

River nickte.

Sie standen auf und verbanden dann die Reißverschlüsse ihrer beiden identischen Schlafsäcke, um daraus zum allerersten Mal einen einzigen zu machen. Dann zogen sie die Stiefel aus und schlüpften hinein, Gesichter einander zugewandt.

Schon küssten sie sich wieder und nun berührten sich auch ihre Körper zum ersten Mal von Kopf bis Fuß.