Kyle & Jason: The Power of Love - Andy D. Thomas - E-Book

Kyle & Jason: The Power of Love E-Book

Andy D. Thomas

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Beschreibung

Immer wieder quälen Jason Alpträume vom Angriff auf Kyle, der von seinem Vater wegen seiner Homosexualität verprügelt und fast umgebracht wurde. Doch kaum schlägt Kyle die Augen wieder auf, nagen Zweifel an ihm, ob ihre Liebe diesen Schicksalsschlag überstehen kann. Und so dauert es über drei Monate, bis Jason endlich begreift, dass seine Bedenken nicht nur völlig unbegründet sind, sondern ihr Leben und auch der intensive Sex, der sie von Anfang an verbindet, sogar noch erfüllter und spannender wird. Kyles Ideen in dieser Hinsicht überraschen Jason anfangs, aber wie schon viele Male zuvor ist er gerne bereit, mit Kyle Neuland zu betreten. Am Ende wird klar, dass die Macht der Liebe in jeder Beziehung stärker ist, als jeglicher Hass. Bisher von Andy D. Thomas erschienen: Kyle & Jason – The Beginning Kyle & Jason – Threesome Dave & Jessie – Healing

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Andy D. Thomas

Kyle & Jason

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2017

http://www.deadsoft.de

© the author

Lektorat: Jennifer Trapp

Cover: Irene Repp

http://www.daylinart.webnode.com

Bildrechte:

Jeff Palmer

1. Auflage

Danksagung:

Mein Dank geht an Jürgen, der mir immer wieder Mut gibt und dessen Lob mir unendlich gut tut. Lieben Dank für deine unermüdliche Inspiration und diese tolle Titelidee, die es in der Tat auf den Punkt bringt.

Und natürlich an J. H., der wie immer an meiner Seite ist und mich mit seiner Liebe unterstützt.

Inhalt:

Immer wieder quälen Jason Alpträume vom Angriff auf Kyle, der von seinem Vater wegen seiner Homosexualität verprügelt und fast umgebracht wurde. Doch kaum schlägt Kyle die Augen wieder auf, nagen Zweifel an ihm, ob ihre Liebe diesen Schicksalsschlag überstehen kann. Und so dauert es über drei Monate, bis Jason endlich begreift, dass seine Bedenken nicht nur völlig unbegründet sind, sondern ihr Leben und auch der intensive Sex, der sie von Anfang an verbindet, sogar noch erfüllter und spannender wird. Kyles Ideen in dieser Hinsicht überraschen Jason anfangs, aber wie schon viele Male zuvor ist er gerne bereit, mit Kyle Neuland zu betreten. Am Ende wird klar, dass die Macht der Liebe in jeder Beziehung stärker ist, als jeglicher Hass.

Bisher von Andy D. Thomas erschienen:

Kyle & Jason – The Beginning

Kyle & Jason – Threesome

Dave & Jessie – Healing

Durchgedreht

Jason lag in seinem Bett und genoss es, Kyle so dicht bei sich zu spüren, während er verliebt in dessen braune Augen mit den winzigen goldenen Punkten in der Iris blickte.

„Morgen, Süßer!“

„Morgen, Jay!“

Jason küsste ihn, wie jeden Morgen, wenn sie zusammen aufwachten, und ließ seine freie Hand über Kyles jugendlich, weiche Haut gleiten. Er hörte Kyle seufzen, als er seinen Goatee einsetzte und mit diesem langsam seinen Hals entlang fuhr. Wie üblich reagierte Kyles Körper mit einer stetig wachsenden Gänsehaut.

Jason hielt sich kurz damit auf, an seinen hart gewordenen Brustwarzen zu saugen, bevor er schließlich von diesen abließ und sich tiefer nach unten vorarbeitete. Er küsste seinen Nabel und sah dann kurz auf, um zu sehen, wie Kyle seine kleine Morgenaktion gefiel. Der hatte die Augen geschlossen und die Finger in seinen Haaren vergraben. Er spürte, wie Kyle ihn mit leichtem Druck dazu aufforderte, weiterzumachen. Jason lächelte und küsste Kyles Bauch.

Doch der war plötzlich feucht und klebrig und Jason schrak zurück. Blut… Plötzlich war überall Blut.

Dann veränderte sich das Bild der süßen Erinnerungen und Jason sah wie Kyle sich von ihm entfernte, immer weiter verschwand er in der Dunkelheit.

Jason rannte hinter ihm her, einen endlos langen, dunklen Gang entlang.

Am Ende des Ganges brauchte jemand seine Hilfe, soviel wusste er, doch er kam nicht voran. Es war, als versuche er durch zähen, klebrigen, hüfthohen Morast zu laufen, der ihn mit aller Macht zurückhielt.

Es dauerte eine Ewigkeit, bis er näherkam. Schließlich sah er dieses Arschloch über Kyle knien, das Messer hoch über dem Kopf. Es blitzte kurz auf, bevor er es in Kyles Körper rammte.

Dann ein markerschütternder Schrei.

„NEEEIN!“, brüllte Jason aus Leibeskräften und saß mit einem Ruck senkrecht im Bett. Er rang keuchend nach Atem, so als wäre er wirklich und wahrhaftig gerannt. Schweiß stand auf seiner Stirn, als er mit einem rasenden Puls zurück in die Kissen sank. Mit beiden Händen fuhr er sich durchs Gesicht und versuchte das Brennen in seinen Augen wegzublinzeln.

Wann er – abgesehen von gestern – zum letzten Mal geweint hatte, wusste er nicht mehr. Vielleicht vor Glück, als seine Tochter Ellie geboren wurde, aber das war über zwanzig Jahre her und sein Leben hatte sich seitdem drastisch verändert.

Er schloss die Augen wieder und sah Kyles Gesicht vor sich. Dieses junge, dynamische Gesicht mit den Grübchen und dem umwerfenden Grinsen des jungen Mannes, den er liebte und den er an seiner Seite wollte. Für immer.

16 Stunden zuvor

Jason Montgomery und David Hanks waren die Inhaber dreier Kampfsportstudios, die jeweils Karate, Taekwondo und Jiu Jitsu anboten. Außerdem gab es in jedem Studio zusätzlich ein Physiotherapie-Angebot, was das Konzept noch attraktiver machte. Jason war ferner der alleinige Inhaber einer landesweiten Kette von fast achtzig regulären Fitness-Studios und somit ein ziemlich wohlhabender Mann.

Anfang nächsten Jahres planten er und Dave ein viertes Studio zu eröffnen, das sich rein auf Selbstverteidigungskurse spezialisierte, ohne dabei auf eine bestimmte Kampfsportart fixiert zu sein. Deshalb trafen sie sich heute mit zwei befreundeten Polizisten, Daniel Peters und Mario Leonardo, die ihren Dienst zum Herbst quittieren und bei ihnen als Teilhaber einsteigen würden.

Nach dem Treffen, das ganz in der Nähe von Kyles Zuhause stattfand, würde er Kyle mit zu sich nach Hause nehmen, wie jedes Wochenende, und Dave würde seinerseits seinen Freund Jessie abholen.

An diesem Freitagabend, kurz nach sechs Uhr abends, saßen sie also mit Daniel und Mario in einem Café und besprachen Strategien bezüglich des neuen vierten Studios. Brainstorming. Und nachdem sie bereits zwei Stunden diskutiert hatten, waren sie eigentlich soweit fertig. Sie hatten gerade gezahlt, als Jasons Handy klingelte.

Er grinste, als er Kyles Lächeln auf dem Display sah, das längst sein erstes Foto von seinen nackten Bauchmuskeln ersetzt hatte. „Der Junge kann wirklich Hellsehen“, sagte er und ging ran. „Hey, Süßer, wir …“

„Jay! Er bringt mich um!“, stieß Kyle mit vor Panik bebender Stimme hervor. „Bitte hilf mir! Er weiß es!“

Jason erstarrte. „WAS?“ Er war aufgesprungen, während die anderen drei mit besorgten Mienen zu ihm aufsahen. Dann hörte er eine Männerstimme Was zum Teufel? rufen.

Klick. Die Verbindung wurde unterbrochen.

Jason rief sofort zurück. Zweimal wurde er weggedrückt. Beim dritten Mal kam er durch.

„KYLE!“, schrie er außer sich.

„Damit wird gleich ein für alle Mal Schluss sein!“, hörte er eine wütende Stimme in sein Ohr brüllen. „Denn ich werde jetzt zu Ende bringen, was ich angefangen habe! Hör genau zu!“

Dann hörte Jason Kyles Schrei.

„Gnade dir Gott!“, schrie Jason ins Telefon und erntete nur ein hämisches Lachen, bevor die Verbindung erneut unterbrochen wurde.

„Brennon versucht Kyle umzubringen!“ Jason war kreidebleich und sah gehetzt von einem zum anderen. Alle drei waren inzwischen ebenfalls aufgesprungen.

„Wo? Schnell! Kommt!“, rief Mario und rannte voraus zum Wagen.

„Nicht weit von hier, drei Blöcke die Straße runter!“, presste Jason hervor. „Wir müssen uns beeilen! Ruf den Notarzt!“

„Und Verstärkung!“, ordnete Mario an, während sein Freund und Kollege das Blaulicht aufs Dach knallte und einen Notruf absetzte. Gleichzeitig schoss der Wagen davon.

Sie kamen mit quietschenden Reifen vor Kyles Haus zum Stehen. In der Ferne konnten sie bereits Blaulichter sehen. Der Notarzt würde ebenfalls gleich hier sein.

Jason rannte, drei Stufen auf einmal nehmend, voraus in den dritten Stock; Dave und die beiden Polizisten folgten ihm.

Sie klingelten Sturm.

„Geh zur Seite, wir treten sie ein!“, befahl Daniel, doch in diesem Moment öffnete Kyles Mutter die Tür.

„Was wollen …“, begann sie, doch schon ertönte ein verzweifelter Schrei und ein Brüllen.

Jason rammte sich seinen Weg frei, gefolgt von den anderen. Er ahnte, wo er hinmusste, doch Kyles Zimmertür war verschlossen.

„Machen Sie auf, Polizei!“, brüllte Mario, doch Jason konnte nicht warten und trat die Tür selbst mit einem gezielten Tritt auf.

„NEIN!“ Seine Stimme überschlug sich.

Brennon kniete über Kyle und Jason sah das Messer blitzen.

Kyles Schrei ging ihm durch Mark und Bein, als Brennon es ihm in den Körper rammte. Sekundenbruchteile später traf ihn Jason mit einem gezielten Tritt gegen die Schulter und Brennon flog seitlich von Kyle weg. Das Messer jedoch blieb grotesk in Kyles Oberkörper stecken.

Mario und Daniel waren sofort bei Brennon und hatten ihn in Sekundenschnelle unter Kontrolle.

Zeitgleich stürzten Dave und Jason zu Kyle, der entsetzlich zugerichtet war.

Kurz darauf rannten noch drei Polizisten herein, gefolgt von zwei Notärzten.

„Nehmt die Frau fest!“, rief Mario, als sie Brennon Handschellen anlegten.

„Keine Sorge, schon geschehen, sie wollte gerade abhauen!“

„Sie sind verhaftet wegen versuchten Mordes an Kyle Brennon.“

„Er verdient diesen Namen nicht!“ Brennons Stimme überschlug sich.

„Sie haben das Recht zu schweigen, alles was Sie von jetzt an sagen, kann und wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden! Sie haben das Recht auf einen Anwalt, wenn Sie sich keinen Anwalt leisten können, wird Ihnen einer vom Staat gestellt.“

„Ich brauch keinen Scheiß-Anwalt!“, schrie Brennon. „Ich brauchʼ mehr Zeit, um das zu Ende zu bringen, was ich angefangen habe!“

„Jay“, murmelte Kyle mit blutüberströmtem Gesicht.

„Ich bin hier!“ Jason war neben ihm auf die Knie gefallen. „Es wird alles gut! Nicht bewegen, bleib ganz ruhig!“ Doch der letzte Satz war eher überflüssig, denn Kyle war in keiner Verfassung, sich auch nur ein klein wenig zu rühren.

Kyle röchelte und drohte immer wieder, das Bewusstsein zu verlieren. Seine Hände, Arme sowie seine Schulter und sein Oberkörper waren mit mehreren Schnittwunden verletzt. Sein Gesicht war geschwollen und blutig. Platzwunden am Haaransatz, an der Lippe. Blutergüsse.

„Er hatte bereits zwei gebrochene und eine angebrochene Rippe von einem Unfall!“, sagte Jason hastig und gepresst in Richtung der Sanitäter.

„Daher die Manschette?“, fragte einer und meinte damit eine den unteren Brustkorb umspannende Neoprenmanschette.

„Ja!“

„Vielleicht hat ihm das das Leben gerettet“, murmelte der andere und fixierte das Messer, das noch in Kyle steckte. Dann kümmerte er sich zusammen mit seinem Kollegen darum, die verschiedenen Blutungen unter Kontrolle zu bekommen.

„Hat er dich getreten? Sieh mich an Kyle! KYLE!“, schrie Jason, doch Kyle antwortete nicht mehr.

„Hören Sie!“, fauchte Brennon in Richtung der Sanitäter. „Dieser elendige Wichser hat mir den Arm gebrochen! Können Sie sich den gefälligst mal ansehen?“

Jason sprang auf und ging Brennon an, noch bevor irgendjemand eingreifen konnte. „Dein Sohn stirbt vielleicht und du Drecksau …“

Einer der Beamten konnte gerade noch verhindern, dass Jason zuschlug.

„Das ist nicht mehr mein Sohn!“, schrie ihn Brennon an.

„Sag wenigstens, ob du ihn getreten hast!“, mischte sich Dave ein.

Doch Brennon grinste nur mit Genugtuung. „Nicht nur einmal! Und wenn ihr mich noch zwei Minuten mit ihm allein lassen würdet, dann könnte ich zu Ende bringen, was ich angefangen habe!“

Jason sprang ihn erneut an. Ein Schlag. Ein einziger Schlag und dieses widerwärtige Dreckschwein war tot!

Zwei Polizisten und Dave waren nötig, um ihn von Kyles Vater wegzureißen, sodass nur Brennons Hemd zerriss.

Dave packte Jason energisch an den Schultern und knallte ihn gegen die Wand. „Zwing mich nicht, dir wehzutun!“

Jasons Augen irrten wild umher, als Kyle von den Notärzten auf die Trage verladen wurde.

„Du verstehst das nicht!“

„Ach, ich versteh das nicht?“

„Er … er wollte ihn umbringen!“

Dave drückte ihn erneut gegen die Wand. Sein Gesicht nur wenige Zentimeter von Jasons entfernt. „Du wirst keine Selbstjustiz üben, wie mein Vater!“, sagte er eindringlich. „Du wirst dich nicht ins Gefängnis davonstehlen! Du wirst für Kyle da sein! Sie werden alles tun, um ihn durchzubringen!“

Er spürte, wie Jason aufgab, und sah stattdessen Tränen der Verzweiflung in seine Augen treten.

„… das heißt also, dass Sie zugeben, dass Sie Ihren Sohn angegriffen haben?“, hörte er einen der Polizisten sagen.

„Angegriffen?“, höhnte Brennon. „Ich wollte ihn verdammt noch mal umbringen!“, schrie er. „Mein Sohn, eine Gott verdammte Drecks-Schwuchtel! Abschaum! Und dieser Wichser da ist an allem schuld!“ Das ging in Jasons Richtung und Dave musste ihn schon ziemlich grob anpacken, damit er sich nicht losriss.

Dave löste sich von Jason und kam dicht zu Brennon. „Du bist die Drecksau! Der Abschaum! Die Mutter des Jungen vor seiner Zimmertür zu ficken ist wohl moralisch, was?“

„Das hat er getan?“, fragte einer der Polizisten mit einem Kopfschütteln.

„Ja, und vermutlich nicht nur einmal!“

Dave konnte sich gerade noch wegducken, als Brennon versuchte, ihm ins Gesicht zu spucken.

„Sobald ich wieder draußen bin, bring ich ihn um!“, fauchte Brennon.

Diesmal war es Jason der Dave zurückhielt.

Währenddessen zeterte Brennon weiter, dass er einen Arzt brauchte und Kyles Mutter, die inzwischen ebenfalls in Handschellen dastand, hing an seinen Lippen, als würde er das Evangelium verkünden. Ihren Sohn, der zwischen Leben und Tod schwebte, würdigte sie keines Blickes.

Die Beamten lasen ihr ebenfalls ihre Rechte vor und verhafteten sie wegen unterlassener Hilfeleistung und somit Beihilfe zum versuchten Mord.

„Wir müssen los!“, hörte Jason einen der Sanitäter sagen.

„Können wir mitkommen?“, fragte Dave hastig.

„Memorial Hospital, Notaufnahme. Sie können folgen! Los! Los! Los!“

Dave nickte und nahm Jason am Arm, der vor Schock erstarrt war.

„Los komm! Vergiss dieses Dreckschwein für den Moment!“, zischte Dave, da unschwer an Jasons Gesicht zu erkennen war, was er Brennon im Geiste antat und zerrte ihn hinter den Sanitätern aus dem Haus.

Mario hatte Dave und Jason nach unten begleitet und setzte sie in einen Streifenwagen. „Joe, sei so gut und folge dem Krankenwagen und bring die beiden heil dort hin!“, bat er seinen Kollegen. Der nickte und nahm umgehend die Verfolgung auf.

Jason war wie versteinert.

Er hoffte aufzuwachen und zu bemerken, einen ekligen Albtraum gehabt zu haben, doch er wachte nicht auf. Immer wieder hörte er Kyles gequälten Schrei, als das Messer in ihn fuhr. Er hatte keine Ahnung, wie oft dieses Schwein zuvor schon auf ihn eingestochen hatte. Kyles Körper sprach Bände. Aber das Herz ist links! Immerzu schoss ihm dieser Satz durch den Kopf und wenn er über eines in diesem Moment froh war – sofern man das überhaupt sagen konnte –, so war es, dass Brennon offenbar Linkshänder war.

„Danke“, murmelte Jason.

„Schon gut. Da wir rein zufällig ganz in der Nähe in einem Café beisammen saßen, waren wir schneller, als die Polizei jemals gewesen wäre. Kyle wird das überleben! Er wird überleben!“

Jason schossen Tränen in die Augen und er starrte aus dem Fenster. Er hatte keine Ahnung, was er machen würde, wenn nicht.

Dave hatte noch nie Tränen bei Jason gesehen und in diesem Moment wurde ihm klar, dass Kyle für Jason alles bedeutete. Einfach alles. Gott sei Dank hatte Kyle Jason angerufen und nicht den Notruf. Vielleicht würde ihm das das Leben retten.

Dave schmeckte Blut und merkte, wie sehr er sich auf die Lippe biss. Er wollte Schreien vor Wut auf diesen Wichser und er wusste, dass es Jason nicht anders ging.

Wenige Minuten später hielt der Wagen vor dem Memorial Hospital. Zusammen mit Jason sprang er aus dem Streifenwagen und lief hinein.

Sie sahen Kyle mit den Notärzten im Laufschritt verschwinden und landeten schließlich in der Notaufnahme, zu deren Behandlungsräume sie keinen Zutritt bekamen.

Jason ging solange auf und ab, bis Dave ihn wieder gegen eine Wand knallte. Jason war sonst derjenige, der immer ruhig blieb, immer einen kühlen Kopf behielt. Diesmal war es anders herum.

„Komm runter! Du musst unbedingt runter kommen! Sie tun alles! Hörst du! Alles!“

„Wenn er das nicht überlebt, dann bring ich dieses Schwein um … und wenn es das Letzte ist, was ich tue!“, sagte er mit vor Zorn bebender Stimme.

„Und ich werde dir dabei helfen!“

Er sah, wie Jason die Augen schloss.

„Ich mein das ernst, Jay! Nur: Kyle wird das überleben!“

Während er weiter auf Jason einredete, brach ein Höllenspektakel los.

Die Presse stürmte das Krankenhaus. Vermutlich hatte jemand den Polizeifunk abgehört. Mordversuch an einem homosexuellen 18-Jährigen. Ein gefundenes Fressen für die Boulevardpresse.

Die Polizei kam wenig später dazu und sorgte nach einiger Zeit wieder für Ordnung. Währenddessen waren Jason und Dave längst fotografiert worden. Jegliche Versuche sie zu interviewen, schlugen allerdings fehl.

Derweilen wurde Kyle notoperiert.

Jason hatte mehrere Telefonate geführt, unter anderem mit seinem Freund und Arzt Sid Becker, der schon auf dem Weg zu ihnen war.

Um halb acht meldete sich Daves Handy in seiner Hemdtasche. Er zog es hervor und sah, dass er eine Nachricht von seinem Freund Jessie DeMozza mit dem Text kannst du schon absehen, wie lange es noch dauern wird? hatte.

Verdammt, in der Hektik und seiner Sorge um Kyle und Jason, hatte er völlig vergessen, dass er Jessie ja abholen wollte.

„Kann ich dich ein paar Minuten allein lassen?“

Jason nickte. Sid war eingetroffen und sprach mit den Kollegen. Nachdem Jason keinerlei Auskunft bekam, hoffte er, dass Sid hier weiterkam, vor allem weil er Kyle bereits wegen seiner Rippenbrüche behandelt hatte.

Dave ging nach draußen, um mit Jessie zu telefonieren.

Egal was Jason in den nächsten Stunden versuchte, man ließ ihn nicht zu Kyle, da er nicht mit ihm verwandt war. Er kam fast um den Verstand, dass er ihm so nah und doch so fern war. Als Kyle schließlich gegen elf Uhr auf die Intensivstation verlegt wurde, hatte Dave erneut alle Hände voll zu tun, ihn im Zaum zu halten.

„Es ist mir scheißegal, Dave!“ Jason machte erneut Anstalten aufzustehen. „Dann prügelʼ ich mich eben zu Kyle durch!“

Dave packte ihn wütend am Arm. „Du riskierst, dass man uns Hausverbot erteilt!“, fauchte er. „Reiß dich, verdammt noch mal, endlich zusammen!“

Jason gab schließlich nach und schloss die Augen.

„Atme mal durch, zum Teufel!“, herrschte Dave ihn an und lockerte seinen Griff. Er war sich nicht sicher, ob Jason wirklich vernünftig sein würde. „Bitte, ich flehe dich an!“

Jason lehnte seinen Kopf an die kühle Wand und Dave sah, wie seine Kiefer mahlten.

Eine Stunde später kam ein reichlich aufgelöster Arzt bei ihnen an und fragte: „Heißt jemand von Ihnen Jay?“

Jasons Kopf ruckte herum. „Ja, ich, wieso?“

„Können Sie bitte sofort mitkommen?“

Jason sah Dave verwirrt an.

„Geh, verdammt!“

Jason folgte dem Arzt und bemerkte dabei, dass seine Knie butterweich waren.

„Der junge Mann murmelt immer wieder den Namen Jay!“, sagte der Arzt, während er ihn zügig zu dem Raum führte, in dem Kyle nunmehr lag.

Jason spürte wie sein Herz zu hämmern anfing und seine Augen brannten. Er musste sich jetzt unbedingt zusammenreißen! Hastig betrat er den Intensivbereich.

Er sah, wie ein Arzt und eine Schwester offenbar versuchten, Kyle zu beschwichtigen, der sichtlich unruhig war. Unruhiger als er vermutlich nach der schweren Not-OP sein sollte.

„Schnell, kommen Sie!“ Der Arzt schob Jason an Kyles Bett.

Kyle sah schlecht aus. Sehr schlecht. Sein Gesicht kreidebleich, geschwollen, blutunterlaufene Lippen, tiefe Augenringe, geschwollene Augen, mehrere genähte Platzwunden.

Jason stöhnte innerlich und wünschte, er hätte ein paar Minuten mit seinem Vater alleine. Er würde ihn nicht mit einem Schlag töten, er würde ihn quälen. Langsam und elend.

„Jay … will Jay …“, hörte er Kyle murmeln.

„Süßer! Ich bin hier!“ Jason beugte sich über ihn. „Hey!“

„Jay?“ Kyles Augen waren so geschwollen, dass es ihm kaum möglich schien, sie zu öffnen.

„Ja, ich bin hier!“

„Jay!“ Tränen liefen aus Kyles Augenwinkeln und Jason schnürte es die Kehle zu. Mit zitternden Fingern strich er ihm durch die Haare.

„Ich bin hier! Ich geh nirgendwohin, hörst du? Nirgendwo! Versuch zu schlafen! Ich werde hier sein wenn du aufwachst!“

„Versprochen?“ Kaum hörbar.

„Ich schwöre es dir!“ Jason wagte es nicht, ihm die Tränen abzuwischen, da sein Gesicht so geschunden war. Er hatte Angst, ihm mit jeder Berührung wehzutun, möge sie noch so sanft sein. „Ich liebe dich!“

„Dito“, nuschelte Kyle offenbar mit letzter Kraft.

Jason küsste ihn auf die Stirn und fuhr sich mit beiden Händen durchs Gesicht.

„Gott sei Dank!“, stieß der Arzt hervor, der Jason geholt hatte. „Er war extrem unruhig!“

Am liebsten hätte Jason ihn angeschrien, dass er ihn einfach schon vor einer Stunde, als Kyle aus dem OP gekommen war, zu ihm hätte lassen sollen, doch er war plötzlich zu erschöpft und ersparte sich jegliche weitere Diskussion. Wie ein geprügelter Hund schlich er zurück zu Dave, der ihm sorgenvoll entgegensah.

Jason sank auf die Bank, stützte seine Ellenbogen auf den Knien ab und vergrub das Gesicht in den Händen.

„Hey.“ Dave legte die Hand auf seinen Rücken.

„Er sieht schrecklich aus“, presste Jason hervor, ohne hochzusehen.

„War er ansprechbar?“

„Ja …“

„Red, verdammt noch mal!“, fauchte Dave wütend unterdrückt. Er machte sich nicht weniger Sorgen um Kyle, als um Jason.

„Ich hab ihm versichert, dass ich hier bin, wenn er aufwacht.“ Jason sah auf. „Und dass ich ihn liebe.“

„Gut. Hat er was sagen können?“

„Ja, dito.“ Jason schien kein weiteres Wort mehr hervorzubringen und Dave sah, wie er den Kopf wieder hängen ließ.

„Komm her!“, sagte er und zog Jason in seinen Arm.

Wenig später trat Sid zu ihnen und legte seine Hand auf Jasons Schulter.

Jason sah auf.

„Die OP ist gut verlaufen. Ich bin endlich zu ihnen durchgekommen und hab ein paar Infos. Wegen der Lungenpunktion mussten sie die Rippenbrüche operieren, da es zwei weitere Rippen betraf, neben den schon gebrochenen. Die angebrochene ist natürlich nun auch gebrochen. Also fünf. Eine OP war unausweichlich. Aber es ist gut gegangen. Eine Sehne im Schulterbereich wurde wieder angenäht. Das Messer hatte sie durchtrennt, eine Ader Gott sei Dank verfehlt. Die Blutungen konnten alle gestoppt werden und wie durch ein Wunder, wurde keine lebenswichtige Arterie durchtrennt oder Organe getroffen. Außer den Abwehrverletzungen an Händen und Armen wurden alle Stiche praktisch von der Manschette abgebremst. Die Klinge steckte rechts in einer Rippe. Das hat ihm vermutlich das Leben gerettet! Und du natürlich!“

Jason stöhnte und lehnte seinen Kopf an die Wand. Er schloss die Augen und sah prompt wieder die Klinge auf Kyle niedersausen. Er hörte Kyles Schrei. Mühsam öffnete er die Augen.

„Ich möchte, dass er in deine Klinik kommt! Weg aus diesem Irrenhaus! Könnt ihr einen Schwerverletzten wie ihn versorgen?“

„Bei dir hätte die Presse auch keine Chance, oder?“, mischte sich Dave ein. „Deine Klinik ist ziemlich gut gesichert.“

Sid nickte. „Ja, selbstverständlich. Ich würde das auch befürworten, aber ohne Kyles Einverständnis bekommen wir ihn hier nicht raus! Die Presse käme bis vors Tor, aber nicht weiter.“

Jason schluckte. „Vielleicht wenn er in ein paar Stunden wieder aufwacht?“

„Vielleicht. Künstlicher Tiefschlaf wäre bei der Schwere seiner Verletzungen vermutlich auch angesagt. Ich geh mal telefonieren und bereite alles vor. Inklusive Helikopter, in Ordnung?“

Jason nickte. „Bitte tu das. Danke Sid.“

Vier Stunden später, es war inzwischen vier Uhr morgens, wurde Jason wieder an Kyles Bett gerufen. Der war wieder wach und murmelte erneut Jasons Namen. Bevor er sich wieder aufregte, holten ihn diesmal die Ärzte sofort.

Inzwischen hatte Sid alles vorbereitet und auch die Klinikleitung des Memorial Hospitals war mit der Verlegung einverstanden, sofern Kyle sie wünschte und nicht allein deshalb, weil sie froh waren, die Presse lieber früher als später loszuwerden.

Der Flug würde nur zwanzig Minuten dauern, inklusive Start und Landung. Es war riskant, aber Sid hatte die besten Leute und Jason vertraute ihm blind.

Kyle wurde augenblicklich ruhiger, als Jason an seinem Bett auftauchte.

„Hey, Süßer!“

„Jay!“

„Süßer, ich will dich in Sids Klinik verlegen. Da bist du zehn Minuten von mir weg und in guten Händen!“

Kyle nickte unmerklich.

„Gibst du mir die Erlaubnis? Vertraust du mir?“

Wieder ein unmerkliches Nicken.

„Das heißt, warte. Doc?“ Jason sah Kyle wieder an. „Verlegen oder nicht verlegen?“

„Verlegen.“

Jason sah zum Arzt auf, der nickte.

„Wir sehen uns bei Sid!“ Jason lächelte ihn aufmunternd an.

Kyle nickte mit den Augen und Jason küsste ihn erneut auf die Stirn, die als einzige Stelle in seinem Gesicht nicht verletzt schien.

Sid kam herein und dann wurde Kyle für den Transport medikamentös vorbereitet.

„Es tut mir leid, dass nicht genug Platz ist, damit du mitfliegen kannst“, sagte Sid zu Jason.

„Egal! Du bist wichtiger! Wir sehen uns dort.“

Sid nickte und sie verabschiedeten sich mit einer Umarmung.

Dave nahm Jason an den Schultern, als er wieder aus der Intensivstation kam.

„Alles klar?“

Jason nickte. Er war kreidebleich.

„Sie verlegen ihn?“

„Ja, Sid und das Team bereiten alles vor.“

„Gut! Komm mit, Daniel fährt uns. Pressetechnisch ist gerade alles ruhig und Mario bringt uns auf die Hinterseite, dort wartet Daniel.“

Als Dave und Jason über eine Stunde später endlich auf den Parkplatz der Privatklinik Dr. Becker & Partner ankamen, war Kyle schon eine halbe Stunde vor Ort.

Er hatte den Transport gut überstanden und erwachte gerade langsam aus der genau dosierten Sedierung.

Als er ansprechbar war, erklärte ihm Sid was sie vorhatten, nämlich ihn für einige Zeit in einen künstlichen Tiefschlaf zu versetzen, damit er sich zum einen nicht durch Atmung und Bewegung selbst verletzte und zum anderen, um die Heilung zu beschleunigen.

Kyle hatte starke Schmerzen je wacher er wurde. Schmerzen beim Atmen, Schmerzen im Kopf, Schmerzen im Unterleib, durch die Tritte und Hiebe, die ihm sein Vater verpasst hatte, Schmerzen am ganzen Körper.

„… will Jay sehen …“, flüsterte er, nachdem er Sids Vorschlag zugestimmt hatte.

Sid nickte. „Er sollte bald hier sein. Bis dahin warten wir auf jeden Fall, okay?“

Kyle nickte und schloss die Augen.

Wenig später tauchte Jason an seinem Bett auf und beugte sich zu ihm hinunter. „Hey Süßer!“

Kyle brauchte eine Weile, um sich aus der Dämmerung zu kämpfen. Doch schließlich gelang es ihm, die Augen ein klein wenig zu öffnen. „Jay!“

„Sid hat mir gesagt, dass du einverstanden bist, dich in einen Tiefschlaf versetzen zu lassen?“

Kyle nickte kaum merklich. „Tut … so … weh!“

„Ich weiß, Süßer! Ich würdʼ es dir liebend gern abnehmen!“

Kyle hätte ihn so gerne berührt, aber er konnte nicht. Sein rechter Arm war nach der OP fixiert und der linke war mit Kanülen bespickt und festgebunden.

„Ich werde hier sein! Jeden Tag! Bis wir dich wieder wecken, okay?“, versprach ihm Jason.

Kyle versuchte etwas zu sagen, doch Jason schien ihn nicht zu verstehen.

„Was?“ Jason brachte sein Ohr dichter an seinen Mund.

„Jay, ich … bereuʼ … absolut …. nix!“, sagte er leise aber nachdrücklich.

Jason hatte Mühe, nicht auf Kyles Bett zu kollabieren. „Ich liebe dich!“ Seine Kehle war wie zugeschnürt und er küsste Kyle ein weiteres Mal auf die Stirn. Dann nickte er Sid und seinem Team zu.

Wenig später war Kyle eingeschlafen.

Irgendwie schaffte es Jason nach draußen, wo Dave schon auf ihn wartete. Offenbar hatte er sich absichtlich im Hintergrund gehalten, da Kyle kaum ansprechbar war.

Er sank neben Dave auf die Bank, vergrub sein Gesicht in den Händen und kurz darauf schüttelte ihn ein lautloses Schluchzen.

Wieder war Dave über Jasons Tränen geschockt und er nahm ihn in den Arm. „Hey, was is’n passiert?“

Es dauerte einige Zeit bis Jason sich wieder soweit im Griff hatte, um sprechen zu können. Nur mühsam gelang es ihm, sich zu beruhigen.

„Isʼ was schiefgegangen?“

„Nein.“ Jason zog die Nase hoch und sah auf. Er sah schrecklich aus. „Es isʼ nur …“ Er brach ab und sein Blick glitt in die Ferne. „Kyle weiß, dass … dass ich mir Vorwürfe mache.“

„Vorwürfe?“, wiederholte Dave verwirrt.

„… und … und das Letzte, was er zu mir grad gesagt hat, war …“ Jasons Stimme schwankte wieder bedrohlich. „… dass … dass er absolut nix bereut!“

„Vorwürfe … dass du … was?“ Dave kam immer noch nicht ganz mit.

„… ihn angesprochen hab. Ihn … ihn …“ Jason sah auf und sein Blick irrte durch den Raum. „… mit seinem Schwulsein überhaupt erst konfrontiert habe!“ Jason biss sich hart auf die Lippe und Dave zog ihn in seinen Arm.

„Hör auf, dich fertig zu machen!“, sagte er eindringlich. „Du hast ihn nicht angegriffen! Das war dieser Dreckskerl, der sich sein Vater schimpft!“

Sid kam zu ihnen. „Fahrt nach Hause! Er schläft! In ein paar Tagen sieht alles schon viel besser aus! – Und ja, Jason, du kannst jeden Tag kommen. Sooft du willst!“, fügte er hinzu, als Jason ihn unterbrechen wollte.

„Das werde ich, Sid! Der Kerl bedeutet mir mehr als mein Leben!“

Sid sah ihn lange an und sagte dann: „Das ist mir inzwischen auch mehr als klar, Jason! Wir werden gut auf ihn aufpassen!“

Es war sechs Uhr morgens durch.

Nach einem heißen Kaffee sanken Dave und Jason erschöpft auf die Couch.

„Ich muss ein paar Telefonate führen, Dave.“

„Du musst ein paar Stunden schlafen!“

„Ich muss Marie noch mal anrufen und den Schuldirektor. Der soll es nicht aus der Zeitung erfahren!“, fuhr Jason unbeeindruckt fort und meinte mit Marie seine wichtigste Angestellte, die für alles Organisatorische, was die Kampfsportstudios betraf, zuständig war. Den Schuldirektor wollte er natürlich persönlich informieren, da jeglicher sexueller Kontakt zwischen Schülern und Lehrern natürlich strengstens untersagt war und Kyle und Jason ihre Beziehung in der Schule bislang verständlicherweise geheim gehalten hatten.

„Und ich muss unbedingt Jessie anrufen!“

„Frag ihn, ob er herkommen will. Ich … ich lass dich für den Rest des Wochenendes hier nicht mehr weg, wenn das okay ist?“ Jason sah ihn verunsichert an.

„Ich geh nirgendwohin! Es wär okay, wenn er herkommt?“

„Klar! Sag ihm, ich kann ihm einen Wagen schicken.“ Jessie war nach einem Kreuzbandriss selbst gehandicapt und konnte derzeit noch nicht selbst fahren. „Ruf ihn an und ich mach derweilen meine Telefonate.“

Danach trafen sie sich wieder im Wohnzimmer. Jason sah noch schlechter aus als zuvor.

„Du musst dich unbedingt hinlegen!“, sagte Dave eindringlich und nahm ihn energisch an den Schultern. Doch er sah es sofort in Jasons Augen aufblitzen.

„Ich steh unter Strom!“

„Ja, und du bist von einem Kurzschluss nicht mehr weit entfernt!“

„Du müsstest am besten wissen, wie das ist!“

Dave schwieg ein paar Sekunden und wechselte erstmal das Thema. „Hast du was erreicht?“

Jason nickte, setzte sich und Dave sah, wie er sich mit beiden Händen erschöpft durchs Gesicht fuhr. „Marie kommt am Nachmittag her. Sie war vollkommen geschockt. Ich hab für die nächste Woche alle Termine und alle Stunden abgesagt. Ich hab deine für dieses Wochenende gestrichen. Ich wollte nicht über dich bestimmen, aber ich hab keine Ahnung, ob du arbeiten kannst? Ich versteh es vollkommen wenn nicht.“ Ihre Blicke trafen sich. „Ich meine … du warst genauso mit ihm im Bett … hast mit ihm …“

„Hör auf!“, zischte Dave und schluckte. „Jessie ist auf dem Weg hierher und ich wäre dir äußerst dankbar, wenn das unter uns bleibt! Es geht keinen was an! Es ist Vergangenheit. Ich bin immer dafür, mit offenen Karten zu spielen, aber das muss er wirklich nicht wissen! Es ist vorbei und daher bin ich ihm, was das betrifft, wohl keine Rechenschaft schuldig.“

Er sah, wie Jason den Blick wieder senkte. „Es tut mir leid! Du hast recht.“

Dave packte ihn am Arm. „Das heißt nicht, dass es mir nicht genauso nahe geht, verdammt noch mal! Ich hab Kyle sowas von in mein Herz geschlossen! Sieh mich an! Er ist schuld, dass ich Gefühle zulassen kann! Er allein! Er ist der erste Mann mit dem ich jemals geschlafen habe! Glaubst du etwa, das bedeutet mir nichts?“

„Ich sagte doch, es tut mir leid! Ich weiß sehr wohl, was dir das bedeutet! Und keine Sorge, das was zwischen uns Dreien passiert ist, geht auch meiner Meinung nach keinen was an!“

„Danke!“ Dave atmete hörbar aus. „Und nein, ich glaube nicht, dass ich nächste Woche arbeiten kann. Ich … ich kann dir darauf noch keine Antwort geben.“ Er ließ den Kopf hängen. Dann sah er wieder ruckartig auf. „Hast du den Direktor erreicht?“

Jason nickte. „Ich hab ihn aufgeweckt, aber ich wollte nicht, dass er es aus den Nachrichten erfährt. Dieser Dreckskerl von Kyles Vater wird sicher sein Maul nicht halten und rumposaunen, wer seinem Sohn die Unschuld geraubt hat. Es ist mir egal. Ich wollte nur, dass er es von mir erfährt!“

„Wie hat er reagiert?“

„Er war froh, dass ich es ihm persönlich gesagt habe. Ich habe ihm auch gesagt, dass ich jede Disziplinarstrafe akzeptieren, mich aber hundertprozentig nicht von Kyle fernhalten werde!“ Er sah auf. „Lieber höre ich auf, an der Schule zu unterrichten. Ich hab ihm gesagt, dass es keine Affäre ist. Dass es ernst ist.“ Jason legte den Kopf in den Nacken und Dave sah wieder Tränen in seinem Gesicht. „Gott, ich würde ihm die Schmerzen so gerne abnehmen!“

„Jay, er hat im Moment keine Schmerzen! Er liegt in einem künstlichen Tiefschlaf und spürt überhaupt nichts“, redete Dave eindringlich auf ihn ein.

„Du weißt genau, was ich meine!“, presste Jason zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

„Ja, ich weiß! Wie hat er reagiert?“

Jason ignorierte die Tränen auf seinem Gesicht und sah auf. „Er war erstaunlicher Weise sehr verständnisvoll. Vielleicht auch weil er gemerkt hat, wie schockiert ich bin.“ Er schluckte. „Ich habe ihm gesagt, dass wir uns außerhalb der Schule kennengelernt haben und Kyle nie einen unserer Kurse besucht hat. Es ist einfach passiert. Es geht ihn auch nichts an! Von mir aus kann er mich rausschmeißen.“

„Das wird er nicht tun, und du weißt das.“

„Es ist mir egal!“

„Okay … du musst das mit der Schule auch nicht machen … das weißt du auch.“

Jason nickte. „Würdest du ohne mich weitermachen?“

Dave zuckte mit den Achseln. „Darüber will ich mir im Moment keine Gedanken machen. Wie seid ihr verblieben?“

„Ich soll Montag zu ihm kommen und wir besprechen alles in Ruhe.“

„Klingt vernünftig.“

Jason nickte. „Jessie ist auf dem Weg hierher?“, fragte er und lenkte das Thema weg von der Schule.

„Ja, er müsste schon unterwegs sein. Denke mal so eine halbe Stunde noch, wieso?“

„Ich muss runter in den Fitnessraum.“

„Jason …“

„Du weißt wie das ist!“

„Du hast nicht geschlafen, du stehst tierisch unter Strom.“

„Und ich werde keinen Schlaf finden, bevor ich nicht diesen Drecks-Sandsack bearbeitet habe!“

Dave sah auf die Uhr. „Sobald Jessie da ist, hol ich dich da raus, okay?“

„Okay.“

„Und dann legst du dich hin!“

Jason nickte. „Versprochen!“

Beistand

„Sir?“

Dave sah zu Jasons Butler, auf. „Ja, Mel?“

„Jessie DeMozza ist gerade durchs Tor gefahren!“

„Oh, danke, Mel!“

Dave stand auf und ging mit klopfendem Herzen zur Tür. Kurz darauf hielt Jessie auch schon mit einem schwarzen Thunderbird direkt vorm Haus.

„Mann, bin ich froh, dass du da bist!“, stieß er hervor, als Jessie ausgestiegen war.

Sie umarmten sich wortlos und Dave musste sich schwer zusammenreißen, nicht augenblicklich die Beherrschung zu verlieren. Nicht hier. Erst hinter verschlossen Türen würde er es sich vielleicht erlauben, sich eine Blöße zu geben. Seine Nerven lagen blank. Er spürte, wie ihm Jessie über den Rücken strich.

„Du siehst schrecklich aus!“, bemerkte Jessie, was Dave nicht bezweifelte.

„Warte mal, bis du Jason gesehen hast!“, brummte er und räusperte sich.

„Kann ich mir vorstellen.“

Sie waren am Haus angekommen und Mel begrüßte Jessie freundlich.

„Hast du dir ein paar Sachen mitgebracht?“, fragte Dave.

„Ja, sie sind im Kofferraum. Soll ich sie holen?“

Dave nickte und er kehrte zum Wagen zurück, um die Tasche herauszuholen.

„Isʼ es okay, wenn Mel den Wagen im Carport parkt?“

„Klar!“ Jessie gab Mel den Schlüssel und trat dann hinter Dave in Jasons Reich.

Dave seufzte. „Unser nächstes Treffen hatten wir uns beide anders vorgestellt, was?“

„Trotzdem bin ich froh, hier sein zu können! Vielleicht kann ich ja was tun?“

„Ich fühl mich jetzt schon besser!“, antwortete Dave, zog ihn an sich und umarmte ihn gleich noch einmal. „Danke, dass du gekommen bist!“

„Das war doch selbstverständlich, Honey!“

Dave musste bei dieser Anrede trotz des Ernstes der Situation schwach lächeln. Wie er ihn doch vermisst hatte!

„Wo ist Jason? Hat er sich schon hingelegt?“

„Nein, er ist sich am Sandsack abreagieren gegangen!“

„Autsch.“

„Wir sollten runter gehen und ihn davon abhalten, einen Herzinfarkt zu bekommen!“

Jessie schüttelte den Kopf. „Du solltest alleine gehen! Ich weiß nicht, ob er von mir so gesehen werden will!“

Dave zögerte. „Ich weiß nicht, ob ich ihm alleine Herr werde! Ich fühl mich nicht besonders stark.“

„Versuch es! Das Studio ist dort unten?“ Sie waren inzwischen auf der Terrasse angekommen und Jessie zeigte zum etwas tiefer gelegenen Gebäude.

„Mhmm.“

„Geh! Wenn du Hilfe brauchst, kannst du mich immer noch rufen! Ich kann den Eingang ja von hier sehen. Ich setz mich inzwischen auf die Terrasse.“

„Also gut! Mel, bringen Sie Jessie was zu trinken? Was möchtest du?“

„Ein Espresso wäre klasse und ein Aschenbecher!“ Jessie holte seine Zigarillos aus der Hemdtasche.

„Kommt sofort!“, verkündete Mel.

„Ich nehm deine Tasche mit runter, okay? Vielleicht können wir uns bald für ein paar Stunden hinlegen, was denkst du? Mit dir an meiner Seite kann ich vielleicht sogar schlafen.“

„Alles was du willst!“

„Bis gleich!“

Und schon lief Dave die Treppen zum Gästehaus hinunter. Als er kurz darauf den Fitnessraum betrat, wusste er sofort, dass es richtig gewesen war, alleine zu kommen.

Jason war bereits schweißgebadet und trat und hieb wie von Sinnen, mit extrem präzisen Kicks und Schlägen, auf den Sandsack ein.

„Hey! Jason es reicht!“

Keine Reaktion. Jason machte einfach weiter.

Dave wartete einen geeigneten Moment ab und packte Jason dann energisch von hinten, allerdings nicht, ohne ihn vorher noch einmal anzusprechen.

„Verdammt, hör auf, Jason!“, beschwor er ihn eindringlich.

„Lass mich los!“, fauchte Jason, doch Dave ließ sich nicht abschütteln.

„Es ist genug!“

„Es wird nie genug sein!“, schrie Jason und schaffte es fast, sich von ihm loszureißen.

Dave musste ihn regelrecht niederringen und er spürte, dass ihn selbst langsam seine Kräfte verließen. Seit dem Angriff auf Kyle, hatte er keine Minute gehabt, darüber nachzudenken, was alles passiert war. Er hatte sich nur um Jason gekümmert und das ging ihm nun mehr und mehr an die Substanz. Wenn Jason nicht von selber zur Vernunft kam, würde er bald nicht mehr wissen, was er tun sollte. Auf der anderen Seite wusste er, dass Jason völlig am Ende sein musste, auch wenn der sich das in diesem Moment noch nicht eingestehen konnte.

Wider Erwarten sank Jason dann doch relativ schnell, wie ein Häufchen Elend, in sich zusammen und blieb am Boden knien. Als er einen verzweifelt klingenden Schrei ausstieß, wusste Dave, dass Jason dasselbe fühlte, wie er selbst damals, als sie vom Krankenhaus zurückgekommen waren, nachdem sie Kyle nach dem Rippendesaster eingeliefert hatten. Schließlich war er höchstpersönlich für diese Verletzungen verantwortlich gewesen, als er Kyle in einem Anfall von Panik bei Sexspielen vom Bett getreten hatte.

Dave, der hinter ihm auf der Matte kniete, schlang die Arme um ihn. „Es ist gut!“ Er war erneut froh, dass er Jessie oben auf der Terrasse gelassen hatte. Jessie hatte so etwas geahnt und richtig reagiert. Jessies Hirn funktionierte offensichtlich besser, als sein eigenes. Langsam aber sicher schien Jason unter seiner Berührung ruhiger zu werden.

„Ich will Desmond anrufen und einen dieser Sadomaso-Subs haben!“, fauchte er und meinte damit einen von Daves Geschäftspartnern, die einem, was das betraf, alles besorgen konnten was man wollte. Dave hatte nach dem Unfall mit Kyle, genau auf diese Expertise zurückgegriffen und sich dementsprechend abreagiert. Nur Dave war ein geübter Master und daher widersprach er ihm sofort.

„Nein, das wäre keine gute Idee!“

„Warum?“, fragte Jason und ließ seinen Kopf hängen.

„Weil das kein Sub im Moment überleben würde, was du ihm antun würdest!“

Jason knurrte und Dave umarmte ihn nur noch enger.

„Dave?“, fragte Jason nach einer endlos erscheinenden Minute mit heiserer Stimme.

„Hm?“

„Wie, zum Teufel, kannst du mit diesem Schmerz leben, den man dir angetan hat?“, fragte Jason tonlos, während er sich zu Dave umdrehte, um ihn anzusehen. „Ich dreh schon durch, obwohl es Kyle ist, dem man das angetan hat!“ Dave war im Alter von elf Jahren vom besten Freund seines Vaters zum ersten Mal missbraucht worden, und Dave hatte dies zwei volle Jahre erdulden müssen, bis sein Vater durch Zufall dahintergekommen war. Er hatte seinen Peiniger erschossen und sich danach selbst gerichtet. Doch was zwei lange Jahre Folter in einem Menschen, noch dazu in einem Kind anrichten mochten, wollte und konnte sich Jason kaum vorstellen.

Dave hielt seinem Blick nur schwer stand. „Das weißt du ganz genau. Nur sehr, sehr schwer. Du weißt, durch wie viele dunkle Täler ich gegangen bin! Ich habe den Schmerz ausgeblendet, sonst hätte ich nicht überlebt!“ Seine Lippen zitterten, als er dies so direkt aussprach und er wehrte sich nicht, als es diesmal Jason war, der ihn umarmte.

„Es tut mir so unendlich leid, dass du das alles alleine durchstehen hast müssen!“, flüsterte er und dann kamen beiden die Tränen.

„Du spürst den Schmerz wie deinen eigenen, weil du Kyle liebst!“

„Ich weiß“, murmelte Jason mit brüchiger Stimme.

Es dauerte einige Zeit, bis sie sich wieder ansehen konnten.

„Ich wollte, dass Jessie mit runterkommt und mir mit dir hilft, doch er hielt es für besser, dass ich alleine gehe“, gestand Dave.

Jason nickte. „Er ist ein sehr intelligenter und feinfühliger Kerl! Sei gut zu ihm!“

Dave nickte nur.

„Danke, dass du mich aufgehalten hast!“

„Bitte versuch zu schlafen!“

Jason seufzte. „Ich würd’ mich lieber gleich hier zusammenrollen.“

„Nein, du gehst in dein Bett!“

Jason stöhnte und Dave war sofort klar, dass der Gedanke, er könnte dort um diese Uhrzeit eigentlich mit Kyle liegen, ihn augenblicklich quälte.

„Kyle schläft friedlich! Tu es ihm gleich, damit du ihn später noch besuchen kannst!“, konterte Dave seinen unausgesprochenen Gedanken. Er kannte Jason einfach zu gut.

Jason wischte sich die Tränen ab, nickte und dann halfen sie sich gegenseitig auf. Kurz darauf stiegen sie gemeinsam die Stufen zum Haus hinauf.

Jessie erhob sich mit zutiefst besorgtem Gesicht, als sie auf der Terrasse angekommen waren. „Hi, Jason! Es tut mir so leid, was mit Kyle passiert ist!“

Jason nahm ihn am Arm. „Danke, dass du gekommen bist!“

„Es war selbstverständlich! Es war mir wichtig! Kyle ist mir wahnsinnig ans Herz gewachsen!“

Sie umarmten sich spontan, und Dave bemerkte, dass es Jessie vollkommen egal war, wie verschwitzt Jason dabei war.

„Ich leg mich hin.“

„Jason?“

„Hm?“ Er blieb an der Terrassentür stehen.

„Bitte versprich mir, dass du keine Dummheiten machst!“, beschwor ihn Dave.

„Ich schwöre! Ich werdʼ versuchen, ein wenig Schlaf zu finden … Wir sehen uns später!“

„Bis dann!“

Als Jason in Richtung der Treppe zum Souterrain verschwand, wo sein Schlafzimmer lag, sagte Dave eindringlich zum Butler: „Mel, lassen Sie ihn um Gottes willen nicht aus dem Haus! Wenn Sie nicht klarkommen, wecken Sie mich!“

„Geht in Ordnung!“ Der Butler nickte mit ernster Miene. „Keine Sorge, ich passe auf!“

Dave nahm Jessies Hand und zusammen gingen sie schließlich zum Gästehaus, das sie über eine Außentreppe, die zum ersten Stock führte, erreichten.

Nur langsam gelang es Jason, sich zu beruhigen, während er sein tränennasses Gesicht ins Kissen drückte.

Brennons Hass-Parolen klingelten ihm noch in den Ohren.

Diese Schwuchtel mach ich fertig! Er ist nicht mehr mein Sohn! Er hat den Namen Brennon nicht verdient! Lassen Sie mich das zu Ende bringen, was ich angefangen habe!

Doch dann hörte er Kyles letzte Worte, bevor die Ärzte ihn in einen Tiefschlaf versetzt hatten: Jay, ich bereu absolut nix!

Anscheinend kannte Kyle ihn inzwischen gut genug, dass er sich denken konnte, was in seinem Kopf vorging. Er musste geahnt haben, dass er sich Vorwürfe machen würde.

Vorwürfe Kyle überhaupt angesprochen zu haben.

Vorwürfe Kyle mit seinem Schwulsein konfrontiert zu haben.

Vorwürfe ihn verführt zu haben.

Vorwürfe über Vorwürfe.

Inzwischen saß er auf der Bettkante, die Ellenbogen auf die Knie gestützt, das Gesicht in den Händen vergraben. Tränen tropften durch seine Finger und er konnte nichts dagegen tun.

Was er für Kyle empfand, konnte er überhaupt nicht in Worte fassen. Inzwischen war es wesentlich mehr als nur Sex, was sie verband. Er konnte sich ein Leben ohne diesen jungen Kerl nicht mehr vorstellen und er würde alles daransetzen, Kyles restliches Leben besser zu machen, als sein bisheriges.

Er quälte sich ins Bad, wo er sich auszog und seine Kleidung, die er seit gestern immer noch trug, in den Wäschekorb warf. Bevor er den Deckel wieder schloss, stutzte er. Er öffnete ihn weiter, wühlte etwas herum und zog schließlich eines von Kyles T-Shirts heraus. Er schluckte, als er es gegen seine Wange drückte und einen tiefen Atemzug nahm. Er konnte noch schwach Kyles Deodorant riechen, gemischt mit dem ihm so eigenen Duft, der ihn vom ersten Augenblick, als er Kyle zum ersten Mal begegnet war, faszinierte. Er brachte es nicht übers Herz, das T-Shirt wieder in den Wäschekorb zu werfen und nahm es stattdessen mit ins Schlafzimmer, wo er es, nachdem er noch einmal daran geschnuppert hatte, unter sein Kopfkissen legte.

Dann erst fand er den Weg unter die Dusche. Er schloss die Duschkabine, öffnete einen der vier Duschköpfe und stand schließlich für eine sehr lange Zeit nur reglos da und ließ heißes Wasser über seinen erschöpften Körper rieseln.

Als er endlich angezogen war und die Schlafzimmertür öffnete, hörte er eine Frauenstimme.

„Dad?“

Er sah auf und bemerkte eine großgewachsene junge Frau mit langen dunklen Haaren, die gerade die Treppe zum Souterrain heruntereilte. Es war seine Tochter. „Ellie?“, brachte er ungläubig hervor, doch da fiel sie ihm schon um den Hals.

Er schluckte schwer und drückte sie ganz fest an sich. Dabei musste er all seine Willenskraft aufbringen, um nicht wieder in Tränen auszubrechen. Er konnte gar nicht sagen, wie dankbar er war, dass sie jetzt hier war.

„Mein Gott, Dad, es tut mir so leid! Du siehst furchtbar aus!“

„So fühl ich mich auch. Woher weißt du, was passiert ist?“

„Marie hat mich angerufen.“

„Hätt ich mir eigentlich denken können.“

„Dad, ich bleib hier, solange du mich in deiner Nähe haben möchtest!“

Jason nahm sie an den Schultern und sah ihr in die blauen Augen, die sie von ihm geerbt hatte. Er brachte kein Wort heraus und hatte Angst, dass ihm seine Stimme den Gehorsam verwehrte.

„Dad, ich mein’s todernst! Du warst immer für mich da! Jetzt bin ich mal dran!“

Jason umarmte sie gleich noch einmal und erst als er sicher war, ihr auch antworten zu können, ließ er sie los.

„Danke, Süße.“

„Wie geht es Kyle?“

„Wir haben ihn sechs Stunden nach der OP zu Sid ins Krankenhaus geflogen. Dort haben sie ihn in einen künstlichen Tiefschlaf versetzt.“

„Das heißt, er ist außer Lebensgefahr?“

Jason nickte.

„Oh Gott sei Dank! Er ist so ein … netter Kerl!“

Jason küsste sie auf die Stirn.

„Komm, Dad, lass uns hochgehen. Du brauchst einen Kaffee und ich möchte auch einen!“

„Gute Idee. Gehen wir rauf und ich erzähl dir alles.“

Eine halbe Stunde später hatte Jason Ellie auf den aktuellen Stand der Dinge gebracht und sie schwiegen ein paar Augenblicke.

„Es tut unglaublich gut, mit dir darüber zu reden, Honey, weißt du das eigentlich? Dass du mir einfach nur zuhörst, bedeutet mir alles!“

Ellie nahm seine Hand und drückte sie an ihre Wange. „Daddy, du hast doch immer das Gleiche für mich getan!“, entrüstete sie sich, wenn auch mit einem Lächeln. „Jedes Mal wenn ich mich …“ Sie rollte mit den Augen. „… unsterblich verliebt habe, dann hast du mir zugehört. Selbst als ich mich mit achtzehn in diesen DJ verknallt habe, der auch noch zehn Jahre älter war als ich – und ich kann mir denken, dass das alles andere als einfach für dich war – hast du mir zugehört. Und als ich ihn dann zwei Wochen später mit einer anderen erwischt habe und dir was vorgeheult hab, hast du mir wieder zugehört. Du hast nie versucht, mir was auszureden …“ Sie drückte seine Hand und er erwiderte die Geste dankbar.

„Und du hast nach meinem Coming-out nie ein verletzendes Wort darüber verloren“, ergänzte er und nickte wissend. „Wir sind ein gutes Team!“

„Wieso sollte ich? Ich liebe dich! Ich hab dich noch nie glücklicher erlebt, als mit Kyle. Ich weiß, dass du ihn wirklich liebst.“

Das Bild von Kyles geschwollenem Gesicht tauchte vor ihm auf und er biss sich auf die Lippen. „Das tu ich, Honey.“

„Er wird wieder gesund werden! Dad, du hast ihn gerettet! Du bist rechtzeitig an Ort und Stelle gewesen. Das muss einen Grund haben! Nichts passiert ohne Grund!“

Jason sah auf. „Seit unserer Trennung habe ich mir unzählige Male gewünscht, dass ich deine Mutter nie getroffen hätte. Aber jedes Mal, wenn ich dich sehe oder an dich denke, ändere ich meine Meinung.“

„Danke!“

„Weiß sie es?“, fragte er dennoch mit zusammengebissenen Zähnen.

„Keine Ahnung, Dad. Sie ist in Paris und darüber solltest du dir im Moment wirklich keine Gedanken machen!“

Innerhalb der nächsten Stunde kamen immer mehr Leute. Freunde von Jason, die ihm Beistand leisten wollten und auch die Polizei kam noch einmal vorbei. Allerdings auf Ankündigung durch Daniel. Da sich die Presse erfreut auf dieses Thema gestürzt hatte, war Jason froh, dass zwei von Daniels Kollegen seine Aussage in seinen eigenen vier Wänden aufnehmen wollten.

„Dazu gehen wir am besten nach oben in mein Büro“, sagte Jason zu den Beamten in Zivil und deutete zu einer Treppe.

„Ich geh inzwischen in den Wintergarten, okay?“, sagte Daniel.

„Kommst du nicht mit hoch?“, fragte Jason und zog die Augenbrauen hoch.

Daniel schüttelte den Kopf. „Ich bin raus.“

„Nanu?“

„Erzähl ich dir später, okay? Mach erst einmal deine Aussage.“

„Freiwillig raus?“

Daniel nickte.

„Okay.“ Jason drehte sich um und ging voraus in sein Loft.

Eine halbe Stunde später tauchten auch Dave und Jessie im Haupthaus auf und trafen dort als erstes auf Daniel.

Dave und er begrüßten sich mit einer herzlichen Umarmung.

„Wie geht es dir?“, erkundigte sich Daniel sofort bei ihm.

„Hab grad ein paar Stunden Schlaf gefunden, geht so … Ihr beide kennt euch schon, richtig?“, fragte er und sah Jessie an.

Der nickte und begrüßte Daniel mit einem kräftigen Händedruck.

„Ja, wir kennen uns von Jasons Party!“, sagte nun auch Daniel.

Dave sah ihn fragend an. „Bist du dienstlich hier?“

Daniel hob die Hände und schüttelte den Kopf. „Nein, ich bin raus!“

„Zu voreingenommen?“

Daniel nickte.

Dave bemerkte, dass Jessie etwas ratlos dreinsah und verständigte sich mit Daniel durch einen Blick. Der nickte.

„Daniel ist ebenfalls schwul. Er war zwar dabei, als wir Kyle zu Hilfe kamen, ist aber deshalb wohl …“

„… ah, verstehe! Sie haben dich abgezogen?“, fragte Jessie.

Daniel schüttelte den Kopf. „Nein, ich hab mich selbst abgezogen. Mario hat mich überzeugt, dass es besser so ist, weil ich einen unsachlichen Turboanfall wegen diesem Superarschloch bekommen habe, als wir ihn in den Polizeiwagen verfrachtet haben. Am liebsten hätte ich ihm höchstpersönlich den Kragen umgedreht, so wie Jason es fast versucht hätte, wenn du ihn nicht aufgehalten hättest“, knurrte er. „Ich hab zwei Kollegen mitgebracht, die gerade Jasons Aussage in seinem Büro aufnehmen. Deine werden sie auch noch wollen, wenn du dich gut genug fühlst. Es sei denn, du willst lieber dazu aufs Präsidium kommen?“ Daniel sah ihn mit einem fragenden Blick an.

Er seufzte. „Nein, bloß nicht, besser gleich.“

„Dave!“

Dave fuhr herum. „Ellie!“, stieß er verblüfft hervor und dann umarmte sie ihn auch schon ungeniert. Er nahm sie an den Schultern. „Verdammt Ellie! Das ist gut, dass du da bist! Jason braucht dich!“

„Ich weiß, es ist … so furchtbar!“ Sie schluckte.

„Jessie das ist Jasons Tochter, Ellie!“, stellte Dave die beiden vor. „Ellie, Jessie, mein Freund.“

Auch die beiden schüttelten sich die Hände.

Dave sah, dass Ellie nur ganz kurz blinzelte, bevor sie sagte: „Dave, das ist … cool!“ Sie umarmte ihn gleich noch einmal, immerhin kannten sie sich schon Ellies ganzes Leben lang.

„Woher hast du das mit Kyle erfahren?“, fragte Dave. „Das wär eigentlich mein Job gewesen“, stellte er etwas zerknirscht fest.

„Lass gut sein, Dave. Du hast dich um Dad gekümmert! Und ich bin dir unendlich dankbar, dass er nicht allein war!“, wiegelte sie ab. „Marie hat mich angerufen! Gott sei Dank! Ich … mein Gott, Dave, Dad sieht einfach … furchtbar aus!“

„Weißt du, ob er geschlafen hat?“

Ellie nickte. „Ich bin vor etwa einer Stunde gekommen und als ich runter zum Schlafzimmer ging, ist er mir auf der Treppe entgegengekommen. Ich glaub, er ist wirklich froh, dass ich da bin!“

„Da bin ich mir sicher!“

„Ich bleib auch hier, bei ihm. Ich muss noch ein paar Sachen regeln, aber das sollte nicht lange dauern. Ich bleib hier, solange er möchte.“

„Du bist ein Engel!“ Dave nahm sie noch einmal in den Arm und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Weißt du … anfangs hab ich geglaubt, das mit Kyle … wie soll ich sagen, uhm …“ Sie sah zu Boden. „Ich sollte mir kein Urteil bilden, aber …“

„… du hast nicht geglaubt, dass es was Ernstes sein kann“, half ihr Dave.

Ellie nickte. „Versteh mich nicht falsch! Ich mein Kyle ist so jung. Aber als ich ihn näher kennengelernt habe … du weißt ich hab ihn ein paar Mal mit dem Jeep abgeholt. Der ist im Kopf viel weiter!“

Dave dachte still für sich nicht nur im Kopf und verdrängte den Gedanken schnell wieder.

„Ich hab das anfangs auch nicht geglaubt, Ellie, und Jason selbst vermutlich auch nicht … aber umso schöner wenn es so ist, oder?“

„Ich will nur, dass er glücklich ist!“

„Kyle macht ihn sehr glücklich, Ellie!“

Er sah wie sie sich auf die Lippe biss und nickte.

Als Jason mit seiner Aussage fertig war, ging Dave nach oben zu den beiden Beamten. Danach verabschiedeten sich die beiden Polizisten wieder und somit saßen sie alle zusammen im Wintergarten, wo eine Kleinigkeit zu essen auf sie wartete. Louis, Jasons Koch, hatte mit Sandwichs gezaubert und wenn auch keiner wirklich Appetit hatte, so griffen nacheinander doch alle zu.

Irgendwann klingelte Jasons Handy in seiner Hemdtasche, das er seit er zuhause war nicht wie üblich beiseitegelegt hatte. Er zog es heraus und sah, dass es Mario war.

„Ja?“, meldete er sich knapp.

„Hi Jason, ich bin’s.“

„Hi Mario.“

„Du weißt … dass ich …“

„Warte mal kurz!“ Jason stand auf und verließ den Wintergarten, um ungestört mit ihm telefonieren zu können. „Jetzt … wir sitzen grad alle zusammen … war ziemlich laut. Red weiter.“

„Du weißt, dass ich dich nicht irgendwie, wie soll ich sagen, bevormunden will, oder dir sagen will, was du tun solltest, aber …“

Jason seufzte. „Bitte spuck’s aus, egal was es ist. Dein Hirn funktioniert im Moment sicher besser als meines!“

„Okay … hör zu, ich hab mich grad mit Phil getroffen, eigentlich um einen Fall zu besprechen und dabei sind wir auf den Mordversuch an Kyle gekommen.“

„Phil wer?“, fragte Jason verwirrt.

„Oh, sorry, Dr. Philip Meyers.”

„Ah, der Trauma-Psychologe.“

„Genau und ich will dir das Thema wirklich nicht aufdrängen, aber … ich hab dich noch nie so geschockt gesehen.“

„Ich war noch nie so geschockt.“

„Phil wäre bereit zusammen mit mir auf einen Sprung bei dir vorbeizukommen, wenn du möchtest.“

„Meine erste, spontane Reaktion ist, dass das nicht nötig ist … doch mein Verstand sagt mir, dass es eine gute Idee ist!“ Jason seufzte. „Gerne! Dave ist auch hier … er …“

„Ich weiß. Phil hat gesagt, dass Dave Kontakt aufgenommen hat. Mehr hat er nicht gesagt. Wir sind in einer halben Stunde da!“

„Danke! Bis dann.“

Sie legten auf.

Jason hatte nach dem Unfall mit Kyle auf Daves Bitte, seine Beziehungen spielen lassen und den Kontakt zu Dr. Meyers hergestellt. Inzwischen sah Dave den Psychologen regelmäßig.

Er atmete tief durch und ging zurück in den Wintergarten. Dort angekommen legte er Dave die Hand auf die Schulter und beugte sich zu ihm hinunter. „Mario ist mit Dr. Meyers auf dem Weg hierher.“

„Äh … Dr. Philip Meyers?“

Jason sah, wie Dave schluckte. „Ich weiß, war auch meine erste Reaktion … nicht nötig. Aber vielleicht schadet es nicht, hm?“

Dave atmete hörbar aus und nickte.

Eine halbe Stunde später meldete Mel, dass Besuch im Anmarsch war und Jason stand auf, um diesen selbst an der Tür in Empfang zu nehmen.

Er bemerkte sofort, was Dave gemeint hatte, als er zum ersten Mal von Dr. Meyers erzählte. Er strahlte eine angenehme Ruhe aus und Jason wusste in diesem Augenblick, dass sein Kommen gut war.

„Ich weiß Ihren Besuch wirklich zu schätzen!“, sagte Jason, als er ihm die Hand schüttelte.

„Ich hab Mario gebeten, vorher anzurufen. Es freut mich, Sie persönlich kennenzulernen, auch wenn die Umstände weniger schön sind. Bislang hatten wir ja nur am Telefon das Vergnügen.“ Sein Lächeln war freundlich und alles andere als aufdringlich. „Ich möchte auch nur meine Dienste anbieten. Wie Sie wissen, arbeite ich nur noch sehr bedingt, aber in diesem Fall war es jetzt eher Zufall und nachdem Mario und ich ganz zwangsläufig über diesen aktuellen Fall gesprochen haben, hat sich ziemlich schnell die Verbindung ergeben.“

„Verstehe.“

„Und als Mario gesagt hat, dass David Hanks ebenfalls mit dabei war …“

„Stimmt. Er ist auch hier. Er hat sich bislang nur um mich gekümmert. Vielleicht ist es ganz gut, wenn er mit Ihnen auch kurz sprechen kann.“

Dr. Meyers nickte. „Es ist schon mal gut, dass Sie nicht alleine sind.“

„Darüber bin ich auch wirklich froh. Vermutlich werden noch mehr Leute vorbeisehen. Einige meiner engeren Freunde arbeiten noch, haben aber schon angekündigt, dass sie später noch kommen werden. Meine Tochter ist hier. Was das betrifft, ist soweit alles okay.“

„Darüber zu reden ist das Allerwichtigste!“

„Haben wir schon ausgiebig getan.“

„Ich will mich nicht aufdrängen, aber … wir können uns gerne auf ein Gespräch treffen. Ich wohne nicht weit von hier, halbe Stunde. Es liegt an Ihnen.“

Jason sah kurz zu Boden und dann wieder hoch. „Das ist ein Angebot, dass ich … nicht ausschlagen sollte.“

Dr. Meyers lächelte. „Sie wollten eigentlich was anderes sagen, nicht wahr?“

„Stimmt. Aber ich hab gesehen, wie gelöst Dave von seinem ersten Treffen mit Ihnen wiedergekommen ist. Und an Dave ranzukommen, ist wirklich nicht einfach.“

„Danke, ich nehm das als Kompliment!“

„War auch so gemeint. Ich würd mich freuen, wenn wir uns zusammensetzen könnten. Ich … ich war noch nie in so einer Situation und ich … wünsch das auch niemanden!“

„Haben Sie geschlafen?“

„Ein paar Stunden.“

„Gut.“

Sie unterhielten sich noch einige Minuten und machten schließlich einen Termin.

Dr. Meyers sprach auch kurz mit Dave und wurde danach von Jason eingeladen wenigstens noch eine Tasse Kaffee mit ihnen zu trinken, bevor er und Mario wieder gingen.

„Was ist los?“, fragte Dave, nachdem Jason Mario und Dr. Meyers selbst zur Tür gebracht hatte und nun zurückkam. Während er sich mit Dr. Meyers unterhalten hatte, hatte Jason etwas abseits mit Mario gesprochen. Er sah, dass Jason aschfahl im Gesicht war.

„Ich denke wir wissen jetzt, wieso er Kyle angegriffen hat“, sagte Jason mit zusammengebissenen Zähnen.

Daves Augen wurden schmal. Er konnte sehen, wie es in Jason arbeitete. Wut kochte wieder in ihm hoch. „Weiß Mario mehr?“

Jason nickte und schien sich regelrecht dazu zwingen zu müssen, ruhiger zu werden. „Dieses Arschloch hat sich anscheinend Zugriff zu Kyles Rechner verschafft. Online über das Heimnetzwerk. Er muss Kyle beim Pornoschauen erwischt haben. Gay-Pornos natürlich.“

„Lag da nicht ein Monitor am Boden?“ Er erinnerte sich nur vage, aber irgendetwas in dieser Richtung meinte er gesehen zu haben.

Jason nickte. „Er hat ihn wohl vom Tisch gefegt. Sie haben den Rechner überprüft, der noch eingeschaltet gewesen war. Nichts war gelöscht und somit konnten sie die letzten Seiten wieder aufrufen. Es waren bestimmt die Links, die ich Kyle … geschickt …“ Jason brach ab und Dave sah, dass er wieder mit der Fassung kämpfte. „Sie haben auch Brennons Rechner überprüft. Es bestand eine direkte Online-Verbindung zu Kyles Rechner. Er war noch eingeloggt. Vermutlich hat er auch unsere E-Mails gelesen. Scheiße.“ Nun füllten sich Jasons Augen doch mit Tränen und Dave legte den Arm um seine Schultern.

„Komm mit, dich muss keiner so sehen!“ Er führte Jason in sein Lesezimmer und setzte sich mit ihm auf die Couch.

„Ich kann verstehen, dass dein Vater dieses Schwein umgebracht hat, das dir das angetan hat!“, sagte Jason mit tonloser Stimme, als er sich wieder im Griff hat.

„Ja, ich auch. Trotzdem wünschte ich, er hätte es nicht getan oder zumindest, dass er sich danach nicht selbst gerichtet hätte.“

Jason fuhr sich mit beiden Händen durchs Gesicht. „Ich hoffe, er macht die Hölle durch im Knast!“

Dave sah, dass seine Hände zitterten.

„Hätte ich Kyle doch nur nicht …“, presste er hervor, doch Dave unterbrach ihn sofort.

„Bitte hör auf, dich fertigzumachen!“

Jason ließ den Kopf hängen.

„Damit konnte niemand rechnen! Bislang hat es seine Eltern einen Scheißdreck interessiert, was Kyle gemacht hat!“

„Ich weiß!“, pflichtete Jason ihm bei.

Die nächsten drei Stunden vergingen in ähnlichem Muster.

Maries Mann Sven, und zwei Angestellte und Freunde, Ben und Pete, waren noch vorbeigekommen und sogar Sid tauchte auf bevor er seinen Dienst antrat. Selbst er schien sich nicht gerade unberechtigte Sorgen um Jason zu machen.

Um vier Uhr löste sich die Gesellschaft auf und Jason fuhr mit Sid zum Krankenhaus.

„Soll ich dich später abholen?“, fragte Dave.