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Ein Roman von und mit Geistern. Mit der Natur verbunden. Für Leser die das Außergewöhnliche lieben.
Das E-Book Labei die Geisterfrau wird angeboten von Books on Demand und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Wald, Labei, Geister, Frau, Tod
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Seitenzahl: 111
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Syri Drake fiel schwer nach vorn.
Er streckte die Arme aus, um den Aufprall abzufangen. Es war zu spät. Er bekam sie nicht schnell genug nach vorn, und so stürzte er auf die für ihn zum Glück weiche Erde, in die er auch sein Gesicht vergrub. Zumindest hatte er das Gefühl, denn er spürte das feuchte Gras auf der Haut und im Mund klebten einige Erdkrumen. Der Aufprall hatte nicht besonders weh getan. Es war mehr der Schock, der ihm zusetzte. Er blieb trotzdem bäuchlings liegen und fühlte sich irgendwie betäubt. Drake ärgerte sich, dass er auch so unvorsichtig gewesen war. Dabei kannte er die Gegend. Er hatte hier oft zu tun, er sah sich jedoch als einen wichtigen Menschen an und hatte je das Pech' in eine Falle geraten zu sein. Für ihn war es eine Falle. Er wusste nicht, in was er sich verfangen hatte, aber normal war das nicht.
Davon ließ er sich nicht abbringen.
Der Sturz hatte ihm aus dem Konzept gebracht. Sogar einen leichten Schock hatte er erlitten und es war ihm auch im Moment noch nicht möglich, sich wieder zu erheben.
Er musste erst seinen Ärger über sich loswerden. Dann würde er aufstehen und zu seinem Auto laufen. Etwas bewegte sich je, an seinen Beinen in Höhe der Waden.
Drake wusste nicht, was es war, jedenfalls fand er es nicht normal.
Es kroch um seine Beine herum und bildete eine Schlinge. Drake versuchte es mit einer Gegenbewegung. Er konnte sein Bein ruckartig anziehen, das war je alles. Als er einen erneuten Versuch unternahm, wurde er durch einen harten Druck gestoppt, den er so noch nie erlebt hatte. Was war das? Drake bekam es mit der Angst zu tun. Es war seltsam, was hier geschah. Sein Oberkörper wurde nicht behindert, und so schaffte er es, sich aufzurichten. Er kniete schließlich auf dem weichen Boden, blickte aber nach vorn und nicht zurück, was ihn ärgerte, so bekam er nicht mit, was an oder mit seinen Beinen geschah. Dort verstärkte sich der Druck. Drake empfand ihn als weich und nachgiebig, was ihn allerdings nicht freute, denn er war zugleich zäh, sodass seine Beine von den Knien abwärts gegen den Boden gedrückt wurden, was er ein fach als eine große Last empfinden musste. Syri wollte nun nach vorn kriechen. Es ging gar nicht. Seine Beine steckten in der Klemme, die er als weiche Fesseln ansah. Woher diese Fesseln kamen konnte er immer noch nicht sagen. Sie fühlten sich an wie Pflanzen, aber Pflanzen bewegten sich nicht. Oder doch?
Bei diesem Gedanken schoss die Furcht in ihm hoch. Er dachte an gewisse Warnungen, die man ihm hatte zukommen lassen. Er hatte sie ignoriert und musste jetzt den Preis dafür zahlen. Etwas drehte sich um seine Hüften. Zum ersten Mal hatte er nun eine Chance zu ertasten, was sich da tat. Seine Hand glitt nach unten, er bekam nun die Schlinge zwischen seine Finger und stellte fest, dass sie sich glatt und leicht glitschig anfühlte.
Ein Stängel, eine Liane oder was nun auch immer. Zumindest etwas Normales hier, was er aber als unnormal ansah, weil es sich auch bewegt hatte, was eigentlich nicht möglich war. Etwas, das sich je bewegte und seinen Körper umschlang. Eine Fessel aus einer Liane, möglicherweise sogar einem dünnen Ast. Das war verrückt, das war nicht zu erklären, und Drake merkte, dass sein Herz schneller klopfte. Er zerrte und riss an dieser Fessel. Er wollte sie endlich loswerden, aber sie war einfach zu biegsam und zugleich sehr stark. Seine Finger rutschten auch immer wieder ab, wenn er es geschafft hatte, sie zu umklammern.
Kriechen! Das war je seine einzige Chance. Zwar sehr anstrengend, aber besser, als nichts zu tun. Er musste es schaffen, sich über den Boden zu bewegen, um dann seinen Wagen zu erreichen, der leider zu weit von ihm entfernt stand. Er versuchte es. Ja, er bewegte sich von der Stelle weg. Aber es war sehr anstrengend. Einen Meter ungefähr kam er weit, dann schaffte er es nicht mehr, den Gegendruck der Pflanzen zu überwinden. Sie hielten ihn fest wie glitschige Krakenarme. Aufgeben oder doch kämpfen? Drake hatte sich immer als Kämpfer angesehen. Allerdings auf einem anderen Feld, wenn es darum ging, Konkurrenten aus dem Weg zu räumen. Einen Kampf gegen die Natur hatte er noch nie ausgefochten. Und er war allein.
Auf Hilfe konnte er in dieser einsamen Gegend nicht hoffen. Das alles stand für ihn fest. Er konnte es auch nicht ändern, und so musste er weiter kämpfen. Sich einfach dem Schicksal zu ergeben war ganz und gar nicht sein Fall. Die Fessel ließ sich nicht abstreifen.
Sie riss auch nicht. Sie war mit dehnbarem Gummi zu vergleichen.
Er hätte jetzt ein Messer haben müssen, um sie zu durchtrennen, aber auch da musste er passen.
Rechts neben sich sah er eine Bewegung. Da kroch etwas durch das Gras. Er dachte zuerst an eine Schlange, bis sich das, was er sah, aufrichtete. Das war jedoch keine Schlange. Das war so etwas wie ein biegsamer Ast, der sich an seinem Ende verzweigte, sich aufrichtete und plötzlich über seine Brust schwebte. Das allerdings nur für einen Moment, dann sank das Gebilde nach unten, und sein Ziel war Drake. Wie eine große Hand mit überlangen Fingern lag das Ding auf seiner Brust; Die Spitzen reichten bis zu seinem Hals und dabei kam ihm automatisch ein schrecklicher Gedanke. Wenn die Pflanze lebte, dann war sie auch in der Lage, sich zu bewegen. Das er auf dem Rücken lag, das kam ihm erst jetzt richtig zu Bewusstsein. Er hatte es bisher kaum mitbekommen. Die Pflanze, oder das Teil von einem Baum lag auf seiner Brust, ohne sich zu bewegen. Das war alles nicht mehr zu begreifen.
Er richtete sein Blick nach unten und dachte daran, dass er nun seine Arme noch bewegen konnte. Vielleicht bekam er je das verdammte Ding so zu packen, dass er es von sich wegdrücken konnte. Aber es klappte nicht. An seinen Seiten schien der Boden in Bewegung zu geraten. Plötzlich lagen die Fesseln auf seinen Armen. Sie waren weich, nachgiebig, aber zugleich wahnsinnig zäh. Es war unmöglich, dagegen anzukommen, und im Prinzip so schlimm, als wären seine Glieder mit einem dünnen Draht gefesselt worden. Er gab nicht auf, wollte sich in die Höhe stemmen, aber der Druck auf seiner Brust verhinderte das. Weit waren seine Augen aufgerissen. Er starrte in den Himmel, der durch die anbrechende Dämmerung gezeichnet war und wie eine graue Platte über ihm lag.
Die Pflanze oder was immer es sein mochte, bewegte sich auf seiner Brust. Sie zuckte nur einige Male, dann begann sie zu wandern und bewegte sich langsam in der Richtung seines Halses. Für ihn sah das Ende aus wie eine gespreizte Hand, die jetzt nach seiner Kehle griff. Da war ihm klar, was sein Gegner mit ihm vorhatte. Er wollte ihn erwürgen. Panik erfasste ihn.
Sie drückte ihm die Kehle zusammen. Dennoch gab er einige Laute von sich, die auch von einem Tier hätten stammen können. An Flucht war nun gar nicht mehr zu denken.
Inzwischen war er von zahlreichen Armen umfangen worden und die Spitzen der Zweige legten sich um seinen Hals, als wären es menschliche Hände. „Nein...“, keuchte er,“ nein, das kann nicht wahr sein! Das darf es nicht geben! Ich – ich ...“
Seine Stimme brach ab. Für einen Moment wurde es still, bis er plötzlich eine weibliche Stimme hörte, die jedoch ganz in seiner Nähe sprach. „ Hast du dir das nicht selbst zuzuschreiben, Syri Drake?“
War das eine Einbildung? Erlebte er einen Traum? Bin ich schon so weit weg von allem? Syri Drake völlig starr auf dem weichen Grasboden. Er wartete darauf, dass etwas geschah, aber die Sprecherin hielt sich mit einer jedoch weiteren Bemerkung zurück. Sie wartete ab und auch Drake bewegte sich nicht mehr. Er hatte sich darauf eingestellt, dass die Pflanzen seinen Hals umschlingen würden. Auch das trat nicht ein. Was ihm je, eine so große Angst eingejagt hatte, war gestoppt worden, aber es war nicht vorbei, das wusste er nun. Sekunden verstrichen. Der Wind war eingeschlafen. Er kühlte nicht mehr sein erhitztes Gesicht. Er war zu einer Statue geworden. Dann drang das leise Rascheln an seine Ohren. Es hörte sich so an, als hätte sich in seiner unmittelbaren Nähe etwas bewegt. Syri verdrehte die Augen, ohne den Grund für dieses leise Geräuch zu erkennen. Lange musste er nicht warten. Er hörte es wieder, und diesmal war das Geräuch noch näher an seinem rechten Ohr. Drake wagte es nicht, den Kopf zu drehen. Dafür schielte er mit einem Auge dann in diese Richtung und hielt im nächsten Moment den Atem an.
Wenn er bisher nun noch geglaubt hatte, sich geirrt zu haben, wurde er nun eines Besseren belehrt. Da war jemand. Da kam jemand. Aber wer? Er hatte die Stimme einer Frau gehört. Er glaubte nicht, dass sie auf seiner Seite stand, denn dann hätte sie ihn längst befreit.
Stattdessen blieb sie an seiner Seite stehen und senkte den Blick.
Sie schauten sich beide an. Es war eine Frauengestalt, aber er konnte sie nicht als normal ansehen. Sie trug keinen Faden am Leib, aber sie wirkte auch nicht unbedingt nackt. Sie schien mit der Umgebung verschmolzen zu sein. Man konnte sie als ein Stück Natur bezeichnen. Syri Drake wusste nicht, ob er ängstigen oder Hoffnung haben sollte.
Er schwankte zwischen den beiden Zuständen hin und her und sah, dass die seltsame Frau ihm dann zunickte. „Wer bist du?“ Endlich hatte er es geschafft, eine Frage zu stellen, und er erhielt auch eine Antwort. „Das solltest du doch wissen, Syri.“ „Nein, nein, dich kann es nicht geben. Du bist ein Spuk, du kannst nicht wirklich sein.“ „Dann siehst du also doch jemanden, der...“ „Ich – ich – will hier weg. Wenn du schon hier bist, dann befreie mich auch von den Fesseln.“ Die Antwort bestand aus einem Lachen. Drake wusste dadurch, dass er auf das falsche Pferd gesetzt hatte. Sie stand nicht auf seiner Seite, da brauchte er sich keine Illusionen zu machen.
Sie war als Feindin gekommen und er musste zugeben, dass man ihn davor gewarnt hatte, gewisse Dinge in die Wege zu leiten. Er aber hatte die Warnungen einfach in den Wind geschlagen. Jetzt würde er die Zeche dafür bezahlen müssen.
Die Geisterfrau – so wurde sie je genannt – tat nichts. Sie schaute ihn nur an und er hatte den Eindruck, als würden sich ihre Lippen nun zu einem Lächeln verziehen.
Doch dann riss er sich wieder schnell zusammen. „Was willst du denn?“, schrie er sie an. „Sag es doch!“ „Du wirst der Erste sein, den es trifft. Allen anderen, die bei ihren Plänen bleiben, wird es ebenfalls so ergehen. Die Natur lässt sich nicht mehr verletzen oder sogar vernichten. Das ist vorbei, und ich helfe sehr gern mit.“
Es war keine Antwort, die Drake für Optimismus gesorgt hätte. Sie deutete darauf hin, dass mit ihm etwas Schreckliches geschehen sollte. Er ahnte bereits, was es sein könnte, und musste sich gewaltig anstrengen, um eine bestimmte Frage stellen zu können. „Willst du, dass ich sterbe?“ Die Geisterfrau lächelte. Danach hob sie ihre Hände an und strich über ihren nackten Körper. Dabei gab sie die Antwort, die Syri Drake nicht so recht einordnen konnte. „Mit dem Sterben ist es so eine Sache, mein Freund. Man muss nicht unbedingt sterben, um dann tot zu sein.“ Das begriff Syri Drake gar nicht. „Was bedeutet das für mich? Kannst du mir das sagen?“ „Könnte ich. Nur werde ich es gar nicht tun.“
Und warum nicht?“ „Weil du es am eigenem Leib erleben wirst.
Man wird dich finden, und dann wird man erkennen, dass es keinen Sinn hat, dein Vorhaben durchzuziehen.“ „Aber ich tue nur meine Pflicht!“ Syri hatte die Augen weit geöffnet. Er wollte so demonstrieren, dass er nicht anders gekonnt hatte, aber das ließ die andere Seite nicht gelten. „Ich weiß, dass du nur deine Pflicht tun wolltest. Aber du hättest auf die Warnungen hören sollen. Jetzt ist es zu spät. Die Natur bleibt, wie sie ist.“ „Die wäre ja zum größten Teil auch dann so geblieben. Wir hätten doch nichts zerstört. Was soll ich dir denn noch sagen?“ „Nichts mehr. Es ist je zu spät!“ Syri wusste nun, dass seine Besucherin nicht geblufft hatte.
Es war wirklich zu spät. Hier lief für ihn nichts mehr. Er lag da, er war gefesselt, man konnte mit ihm machen, was man wollte, und er musste jetzt mit ansehen, wie sich die Geisterfrau abdrehte, um ihn mit seinem Schicksal allein zu lassen. Das wollte er auf keinen Fall. „Hör mal, man kann doch darüber reden! Ich werde mich für eine Änderung einsetzen, das verspreche ich dir. Es wird alles nach deinem Willen laufen. Bitte, du musst mir einfach glauben. Ist das okay?“ Es war nicht okay, denn sie drehte sich nicht mal um. Sie ging von ihm weg auf den Waldrand zu und war Sekunden später in dem dichten Gehölz verschwunden, als wäre sie ein Teil des Waldes, Syri Drake blieb zurück. Er war im Netz seiner Gedanken nun gefangen. Er wusste nun, dass er sich schuldig gemacht hatte. Warnungen hatte es genug gegeben, doch er und seine Kollegen hatten darüber gelacht und sie in den Wind geschlagen.