Landluft, Mord und Eifelglück: Der doppelte Tote - Björn Berenz - E-Book

Landluft, Mord und Eifelglück: Der doppelte Tote E-Book

Björn Berenz

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Beschreibung

Frühmorgens auf einer einsamen Eifel-Landstraße: Tilla stößt während ihrer Liefertour auf ein verunglücktes Cabriolet, das mit voller Wucht gegen einen Baum geprallt ist. Den Fahrer entdeckt sie leblos hinter dem Steuer. Da ihr Handyakku leer ist, muss sie am nächsten Hof um Hilfe bitten. Dort erkennt man das Auto sofort: Es gehört einem Mann aus dem nahegelegenen Adenau. Doch als Tilla mit der herbeigerufenen Polizei zum Unfallort zurückkehrt, sitzt plötzlich eine andere Leiche hinter dem Steuer! Die Beamten schenken ihr zunächst keinen Glauben, aber Tilla ist überzeugt, dass sie sich nicht geirrt hat. Um die Identität des Unbekannten zu klären und herauszufinden, was mit dem ursprünglichen Fahrer passiert ist, beginnt sie auf eigene Faust zu ermitteln ...

Über die Serie:

Tilla liebt ihr Leben in einer restaurierten Wassermühle in der idyllischen Eifel. Ihr ganzer Stolz ist der liebevoll aufbereitete Oldtimer-Kastenwagen, mit dem sie als fahrendem Krämerladen die Eifeler Kundschaft mit allem Möglichen und Unmöglichen versorgt. Dabei kriegt die Mittdreißigerin eine Menge mit: Gerüchte, Geheimnisse und ... Morde! Und auch sonst ist ihr Leben alles andere als ruhig: Romantische Avancen, ihre chaotische Mutter und allerlei alltägliche Katastrophen halten Tilla auf Trab - und doch würde sie ihr Eifelglück um nichts in der Welt tauschen.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsÜber diese FolgeLandluft, Mord und Eifelglück – Die SerieTitelKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21In der nächsten FolgeÜber den AutorImpressum

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Über diese Folge

Frühmorgens auf einer einsamen Eifel-Landstraße: Tilla stößt während ihrer Liefertour auf ein verunglücktes Cabriolet, das mit voller Wucht gegen einen Baum geprallt ist. Den Fahrer entdeckt sie leblos hinter dem Steuer. Da ihr Handyakku leer ist, muss sie am nächsten Hof um Hilfe bitten. Dort erkennt man das Auto sofort: Es gehört einem Mann aus dem nahegelegenen Adenau. Doch als Tilla mit der herbeigerufenen Polizei zum Unfallort zurückkehrt, sitzt plötzlich eine andere Leiche hinter dem Steuer! Die Beamten schenken ihr zunächst keinen Glauben, aber Tilla ist überzeugt, dass sie sich nicht geirrt hat. Um die Identität des Unbekannten zu klären und herauszufinden, was mit dem ursprünglichen Fahrer passiert ist, beginnt sie auf eigene Faust zu ermitteln …

Landluft, Mord und Eifelglück – Die Serie

Tilla liebt ihr Leben in einer restaurierten Wassermühle in der idyllischen Eifel. Ihr ganzer Stolz ist der liebevoll aufbereitete Oldtimer-Kastenwagen, mit dem sie als fahrendem Krämerladen die Eifeler Kundschaft mit allem Möglichen und Unmöglichen versorgt. Dabei kriegt die Mittdreißigerin eine Menge mit: Gerüchte, Geheimnisse und … Morde! Und auch sonst ist ihr Leben alles andere als ruhig: Romantische Avancen, ihre chaotische Mutter und allerlei alltägliche Katastrophen halten Tilla auf Trab – und doch würde sie ihr Eifelglück um nichts in der Welt tauschen.

Der doppelte Tote

Kapitel 1

»Ich habe jetzt wirklich keine Zeit, mit dir zu telefonieren. Ich fahre Auto und muss mich auf die Straße konzentrieren.«

»Du hast ja nie Zeit für mich«, beschwerte Renate sich, was Tillas Lider wie schwere Rolltore unkontrolliert nach unten zog.

»Ich habe immer Zeit für dich«, flunkerte Tilla. Dabei lag ihre Mutter nicht völlig falsch. Seit ihrer Pubertät hatte Tilla sich, wo immer möglich, vor ihrer Mutter zurückgezogen, da ein normaler Umgang zwischen ihnen nicht mehr möglich war. Renate hatte einfach nie verstehen wollen, dass Tilla zu einem eigenständigen Menschen mit eigenen Wünschen und Interessen heranreifte. Das hatte über das Jugendalter hinaus seine Spuren hinterlassen. Weil sie einfach zu verschieden waren und kaum Gemeinsamkeiten hatten.

Dass sie nun zusammen mit ihrer Mutter auf einem Mühlenanwesen in der beschaulichen Eifel lebte, die dadurch leider nicht mehr ganz so beschaulich war, machte Tillas Leben nicht unbedingt leichter.

»Ich vereinsame hier noch«, beschwerte Renate sich, allerdings kam ihre Stimme zunehmend kratzend aus dem Hörer.

»Ich verstehe dich nur noch ganz schlecht, Renate. Die Verbindung … du weißt doch … die Eifel. Außerdem ist mein Akku gleich leer.« Und auch das war dem miesen Empfang der Eifel geschuldet. Dass ihr betagtes Handy ständig versuchte, ein stabiles Signal zu finden und aufrechtzuerhalten, fraß den Akku auf.

»Und warum nennst du mich eigentlich nie Mama?«, fragte diese prompt zurück.

Tilla stutzte und verfluchte gleichermaßen die Eifel. Wenn schon eine schlechte Handyverbindung, dann doch bitte richtig. Das hätte sie wenigstens von diesem Gespräch erlöst und es nicht durch die ständigen Unterbrechungen noch schlimmer gemacht.

»Weiiiiil«, begann sie lang gezogen. Doch anscheinend hatte ihre Mutter das Interesse schon verloren, da sie selbst das Thema wechselte.

»Du bist ständig nur unterwegs, und Joos hat nichts anderes als seine einhundertundsieben Merinoschafe im Kopf.«

Nun musste Tilla doch grinsen. Denn bislang waren es stets einhundertunddrei Schäflein gewesen. Klara, Anna, Sofia und Petra aber hatten Nachwuchs bekommen. Vier supersüße verspielte Lämmchen. Das hatte nicht nur den Teilhirten Joos mit Stolz erfüllt, sondern auch Tilla, die Tiere über alles liebte.

»Ich muss eben einer geregelten Arbeit nachgehen«, erklärte sie ihrer Mutter in einem Tonfall, als hätte sie es mit einer Dreijährigen zu tun. »Genauso wie Joos.«

»Und dass ich hier ständig allein bin, kümmert euch gar nicht?«

»Du bist doch gar nicht allein«, widersprach Tilla. »Du hast Apollo, den Esel. Und immer wieder gibt es Wanderer, die in die Mühle einkehren.« Außerdem hast du Humphrey, der dich viel lieber mag als mich! Tilla sprach diesen Gedanken nicht aus, weil er zu sehr wehtat und sie ihrer Mutter nicht die Genugtuung geben wollte, dass sie das Herz ihres kleinen Hundes im Sturm erobert hatte. Es reichte, dass sie ihr bereits Joos genommen hatte. Und den Yogakurs. Und überhaupt ganz Elzbach. Doch im nächsten Atemzug hielt sie inne.

»Wo ist denn Joos überhaupt? Der hat doch gar keine Tour mit den Schafen.«

»Im Hof«, sagte Renate knapp. »Am Buddeln.«

Tilla wollte schon fragen, aber ihre Mutter kam ihr zuvor. »Hat sich den Minibagger vom Adenbach ausgeliehen und will heute sein Bewässerungssystem in Angriff nehmen.«

Sie betonte dieses Wort so gezielt, dass Tilla förmlich die Gänsefüßchen vor ihren Augen sah, die Renate ganz bestimmt dabei in die Luft gezeichnet hatte.

»Kaum hast du den Hof verlassen, hat er sich an die Arbeit gemacht«, sprach Renate weiter. »Und das Beste, er hat dabei seinen Verlobungsring verloren. Der steckt jetzt irgendwo im Garten.«

Tilla lachte. »Der findet sich wieder. Im Zweifel mit Hölzis Metalldetektor.« Sie wusste es nicht genau, war sich aber fast sicher, dass er ein solches Gerät besaß.

»Darum geht es doch gar nicht«, nörgelte ihre Mutter weiter. »Es geht darum, wie er mit den Dingen umgeht, die mir etwas bedeuten. Ich habe ihm den Ring geschenkt, habe ihn extra für ihn anfertigen lassen, von deiner Schmiedin aus Idar-Oberstein, die um die Wichtigkeit des exakten Zeitpunktes weiß und den Ring in einer Blutmondnacht geschmiedet hat.«

Das Handy eingeklemmt zwischen Ohr und Schulter, versuchte Tilla sich auf die Landstraße zu konzentrieren. Es war noch sehr früh am Morgen und absolut nichts los, dennoch verlangte die kurvenreiche Strecke, die durch einen Wald führte, ihre volle Konzentration, da ihr alter Transporter alles andere als flink auf Kurven reagierte. Sie musste das riesige Lenkrad mit beiden Händen umfassen, um die Lenkachse überhaupt dazu überredet zu bekommen, weit genug einzulenken. Es war ein anstrengendes, schwerfälliges Vorankommen. Dennoch würde Tilla um nichts in der Welt mit einem modernen Transporter tauschen. Ihr Citroën HY war ein Gefährt mit Seele und mit Charakter.

»Ich vereinsame hier noch, Tilla.«

»Dann such dir eine Beschäftigung.« Oder geh dorthin zurück, von wo du hergekommen bist. Auch diesen Gedanken sprach sie nicht laut aus, weil er gemein war. Und unfair. Denn mittlerweile war Renate auf Joos’ Mühle genauso zu Hause wie Tilla. Vielleicht sogar noch mehr. Schließlich wohnte ihre Mutter in der Mühle, während Tilla in einen Camper unten an den Bach verbannt worden war.

»Ich muss jetzt wirklich auflegen und mich auf die Straße konzentrieren.«

»Aber ich …«

Tilla warf einen verdutzten Blick auf das Handy, dessen letztes Prozent Akku sich tatsächlich gerade verabschiedet hatte und dessen Display jetzt schwarz war. Ausgerechnet zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, weil es Renate heute Nachmittag so hinbiegen würde, als hätte Tilla das Gespräch absichtlich beendet.

Sie legte das Handy auf den Beifahrersitz und widmete sich nun voll und ganz der ruhig vor ihr liegenden Straße. Durch die Wipfel der hohen Tannen, die links und rechts die Fahrbahn flankierten, fiel das erste Licht des anbrechenden Frühlingsmorgens. Tilla liebte diese Jahreszeit. Eben erst war sie die Anhöhe der Wacholderheide hinaufgefahren, hatte das Fenster nach unten gelassen und den intensiven Duft der Blüten und Pflanzen in die Fahrerkabine einströmen lassen.

Sie warf einen Blick auf die Uhr. Obwohl sie heute Morgen ein wenig verschlafen hatte, lag sie fantastisch in der Zeit. Der erste Stopp des heutigen Tages war die Seniorenresidenz Eifellust in Adenau. Ein unglücklich gewählter Name, wie sie fand. Ebenso gut könnte das der Titel für einen Swingerclub sein.

Dieses Altersheim stand neu auf ihrer Liste und lag eigentlich nicht auf ihrer Route, was eine völlige Neuplanung ihres Tagesablaufs erforderte und einen gewissen Umweg mit sich zog. Aber das machte Tilla nichts aus. Schlafen konnte sie noch, wenn sie tot war. Wer das selbstständige Leben führen wollte, durfte sich nicht mit Nichtigkeiten wie Schlaf und Freizeit aufhalten. Doch bereits der nächste Gedankengang brachte sie ins Grübeln.

In letzter Zeit kam ihre Beziehung mit Ben ein wenig zu kurz. Das war aber nicht nur ihre Schuld. Als Karl Marhöfer sich in den wohlverdienten Ruhestand zurückgezogen hatte, war Ben dessen Wachleitungsposition angeboten worden. Er hätte ablehnen können. Hatte er aber nicht. Und so war er nun der neue dienstleitende Kommissar der Polizeiinspektion in Elzbach. Und seitdem bekam Tilla ihn kaum noch zu Gesicht. Unter anderen Umständen wäre sie womöglich eifersüchtig gewesen, weil die absolut bildhübsche und unfassbar sympathische Sabrina nun wieder seine Kollegin war und jeden Tag das Büro mit ihm teilte. Aber da Sabrina nun fest mit Hölzi liiert war und Ben ihr hoch und heilig versichert hatte, dass die beiden sich rein platonisch gut verstanden, war es vorbei mit ihrer Eifersucht. Zumindest beziehungstechnisch. Die viele Zeit, die die gut aussehende Polizistin mit ihrem Ben verbrachte, neidete Tilla ihr definitiv.

Sie wurde jäh aus ihren Gedanken gerissen, als ihr etwas ins Auge fiel, was so gar nicht zu der natürlichen Umgebung um sie herum passen wollte. Ein anderes Auto war vor ihr aufgetaucht. Doch es kam ihr keineswegs entgegen, geschweige denn hatte sie es eingeholt – wie auch, bei ihrer Geschwindigkeit. Nein, je näher sie kam, desto deutlicher wurde das Ausmaß der Katastrophe.

Tilla nahm den Fuß vom Gas und schaltete das Warnlicht ein. Sie erkannte ein altes Mercedes Cabriolet, das mit offenem Verdeck frontal gegen einen am Straßenrand stehenden Baum gekracht war. Die Karosserie hatte sich grotesk um den Stamm einer kräftigen, hochgewachsenen Tanne gewickelt und qualmte vor sich hin.

Das sah ganz und gar nicht gut aus. Langsam lenkte Tilla den Transporter an den Straßenrand, stieg aus und näherte sich dem Wrack. Der Geruch von verbranntem Öl und geschmolzenem Gummi erfüllte die Luft, und ein dünner Rauchschleier stieg aus dem zerstörten Motorraum auf.

Mit pochendem Herzen näherte sie sich der Unfallstelle.

»Hallo?«, rief sie. »Kann ich helfen?« Sie blickte über die Kopflehne des Fahrersitzes und spürte, wie ihr die Morgenkälte tief ins Mark kroch, als sie den leblosen Körper hinter dem Steuer sah. Hinter dem Lenkrad klemmte ein Mann. Er war vornübergebeugt, und obwohl sie sein Gesicht nicht sah, erkannte sie an seiner unnatürlichen Haltung, dass er tot war.

Kapitel 2

Kopfüber stürzte Tilla sich in ihren Transporter, suchte nach dem Handy, das sie eben noch am Ohr gehabt hatte. Sie war so aufgeregt, dass sie zunächst im Seitenfach der Fahrertür suchte, dann im Handschuhfach, bloß, um das Handy schließlich auf dem Beifahrersitz liegen zu sehen. Blitzschnell nahm sie es zur Hand und betrachtete irritiert den schwarzen Bildschirm, bis ihr wieder einfiel, dass der Akku leer war.

»Verflucht!«, schimpfte sie erneut. In ihrer Ratlosigkeit lehnte sie sich gegen das Seitenwellblech ihres Transporters. »Wenn man einmal das Handy braucht.« Schnaubend verfrachtete sie es in die Hosentasche, schnappte sich den Feuerlöscher, der unter dem Fahrersitz verstaut war, und eilte zurück zum Cabrio. Mit zwei gezielten Stößen unter die Motorhaube erstarb die Rauchsäule. Ihre Gedanken rasten.

»Ich muss die Unfallstelle absperren«, sprach sie mit sich selbst. Sie wollte wieder zurück zum Transporter, um das Warndreieck herauszukramen. Wo habe ich das denn verstaut?

Doch ihr Blick fiel im Umdrehen auf die Leiche. Sie blieb stehen, zwang sich dazu, den Mann genauer anzuschauen. Das auf dem Lenkrad ruhende Gesicht wurde verdeckt von grauen Haaren, die von dem Blut verklebt waren, das aus einer tiefen Wunde an seiner Schläfe rann. Sein Oberteil, ein dunkles Poloshirt, war von Glassplittern übersät, die im ersten Morgenlicht glitzerten.

Sie trat noch näher an ihn heran und legte Zeige- und Mittelfinger auf den Hals des Mannes. Obwohl sie keinen Zweifel an seinem Zustand hatte, versuchte sie einen Puls zu ertasten. Sie fand ihn nicht. Der Mann war mausetot.

Mit einem tiefen Atemzug riss sie sich zusammen und zog ihn vom Lenkrad weg, brachte den Oberkörper in eine aufrechte Position. Der Kopf fiel wie der einer Stoffpuppe nach hinten und gegen die verrutschte Kopflehne. Blasse Augen starrten ins Nichts oder vielmehr direkt auf den Baum, der diese Fahrt beendet hatte. Tilla hoffte, dass dieser Mann beim Aufprall wenigstens sofort tot gewesen war. Es war ein älterer Mann, sie schätzte ihn auf Ende fünfzig. Womöglich auch ein wenig jünger. Die Haare waren durchzogen von vielen kleinen Glassplittern, die ziemlich sicher von der zerborstenen Windschutzscheibe stammten und in der aufgehenden Sonne funkelten wie kleine Diamanten.

Sie riss sich vom Anblick des Toten los und setzte sich wieder in Bewegung. An ihrem Transporter angekommen, öffnete sie die Heckklappe und fand das Warndreieck unter einer Apfelkiste. Damit lief sie einige Meter zurück in die Richtung, aus der sie gekommen war, und stellte das Dreieck gut sichtbar hinter der nächsten Kurve auf. Noch immer war weit und breit kein anderer Verkehrsteilnehmer zu sehen.

»Ich muss Hilfe holen!«, sprach sie mit dem nächstgelegenen Baum. »Aber wo?« Sie befand sich mitten im Nirgendwo. Bis nach Adenau waren es noch sieben Kilometer. Das letzte Dorf, an dem sie vorbeigefahren war, lag mindestens genauso weit weg. Sie überlegte, welche Richtung die sinnvollere war, als ihr einfiel, dass sie vorhin an einem Bauernhaus vorbeigekommen war. Und zwar in etwa zu dem Zeitpunkt, als sich ihr Handyakku verabschiedet hatte. Ohne länger zu überlegen, kletterte sie in den Transporter, drehte den Zündschlüssel und wendete in fünf Zügen. So schnell es der untermotorisierte Motor zuließ, tuckerte sie die Landstraße zurück.

Gerade, als sie sich mit dem Gedanken anfreundete, sich das Bauernhaus nur eingebildet zu haben, und überlegte, wieder umzukehren, sah sie es zwischen den Tannen aufblitzen. Sie verlangsamte die Fahrt, um die kleine Abbiegung nicht zu verpassen, die von der Straße zu dem weißen Haus führte. Der Weg war nicht asphaltiert, sondern mündete sofort in einen Schotterweg, der ein wenig bergab in einer sanften Rechtskurve genau vor dem Anwesen endete. Tilla lenkte ihren HY bis auf den Hof, schaltete den Motor aus und stieg aus. Kaum hatte sie einen ersten Schritt auf die Tür zu gemacht, wurde diese geöffnet, und zum Vorschein kam eine überraschend junge Frau mit lebhaften blauen Augen und lockigem, kastanienbraunem Haar.

Sie kam Tilla mit wogendem Schritt und einem Lächeln auf den Lippen entgegen.

»Haben Sie sich verfahren?«, fragte sie gut gelaunt. »Ich habe kein Gemüse bestellt.«

»Wie?« Tilla sah sie verwundert an. »Ach so, der Wagen.« Sie winkte ab und trat ihr entgegen. »Ich liefere kein Gemüse«, erklärte sie kurzatmig. »Es gab einen schweren Autounfall, mit einem Toten. Nur wenige Kilometer von hier entfernt die Straße hinunter, und mein Handy ist leer.«

Das Lächeln im Gesicht der jungen Frau erstarb. Gleichzeitig öffnete sich ihr Mund, schloss sich aber ebenso schnell wieder. »Das … das ist ja schrecklich.«

Tilla nickte. »Und ob es das ist. Dürfte ich vielleicht Ihr Telefon benutzen? Ich bin übrigens Tilla.«

»Aber … klar, natürlich. Ich heiße Irena.« Sie trat zur Seite und winkte Tilla heran. »Komm mit rein.«

Als Tilla durch die Tür in das Haus trat, war sie einmal mehr erstaunt, weil es im Inneren genauso aussah, wie sie es sich von außen vorgestellt hatte – bevor Irena ihr entgegengetreten war. Der gesamte Flurbereich war mit dunklem Holz vertäfelt, und aus jeder Ecke starrte ihr ein ausgestopftes Tier entgegen.

»Das ist das Haus meiner Großeltern«, erklärte die junge Frau ungefragt. »Ich habe es vor einiger Zeit geerbt und sehe hin und wieder nach dem Rechten.« Sie deutete nach rechts und schlug diese Richtung ein. »Das Festnetztelefon befindet sich im Wohnzimmer.«

Auch hier wimmelte es von toten Tieren. Auf der riesigen Fensterbank sah Tilla einen Fuchs in Lauerstellung. Und überall an den Wänden hingen Geweihe von Hirschen in allen erdenklichen Größen. Über einem Kamin erkannte sie sogar das Geweih eines Zwölfenders.

»Den hat mein Opa selbst erlegt«, erklärte die Hausbesitzerin. »Darauf war er mächtig stolz.« Ihrer Stimme war nicht anzuhören, was sie davon hielt. Stolz schwang jedoch eindeutig nicht darin mit, wie Tilla fand. »Er war Jäger.«

Tilla nickte versonnen. »Wie unschwer zu erkennen ist.«

»Hier ist das Telefon, bitte schön.« Sie deutete zur Seite, wo ein grüner Wahlscheibenapparat auf einem Platzdeckchen stand, eingehüllt in einen Überzug aus Brokat mit Bommeln. Zuletzt hatte Tilla Derartiges in ihrer Kindheit gesehen. Sie wählte die Nummer der Dienstwache in Elzbach, die sie sich eine ganze Weile lang auf der großen schwarzen Scheibe zurechtdrehen musste.

»Hauptkommissar Engel, was kann ich …?«

»Ben!«, schrie sie ihm entgegen. »Ich bin’s, Tilla!«

»Du?«, kam es überrascht zurück. »Aber was ist das denn für eine Nummer, von der du mich anrufst?«

»Mein Handy ist leer, und ich bin in einem fremden Haus. Es ist ein Notfall. Ich habe einen Autounfall gesehen. Es gibt einen Toten.«

»Das ist ja schrecklich! Doch nicht etwa jemand, den wir kennen?«

»Nein, zum Glück nicht, aber …«

»Wo steckst du denn? Wo ist der Unfall passiert?«

Tilla nahm tief Luft und schilderte ihm, wo sie war. Die Erwiderung darauf überraschte sie.

»Das ist ja gar nicht unser Zuständigkeitsgebiet«, kam es ein wenig ruppig aus dem Hörer. »Da musst du dich an die Dienststelle von Adenau wenden.«

»Aber …«

»Nichts aber, Tilla. Ich komme hier um vor Arbeit, weiß nicht, wo mir der Kopf steht.« Ein tiefes Schnaufen schraubte sich durch die Leitung. »Du hast keine Vorstellung davon, welch ein heilloses Durcheinander mir Marhöfer hinterlassen hat.«

»Aber …«

»Adenau«, sagte Ben wieder. »Die sind zuständig. Moment, ich geb’ dir die Nummer.«

Tilla nahm sie wie in Trance entgegen und brachte ein »Tschüss dann« viel zu spät zustande, weil Ben bereits aufgelegt hatte. Von der Seite bemerkte sie den schrägen Blick der jungen Frau neben ihr.

»Männer«, meinte diese mit einem schiefen Grinsen und brachte damit alles auf den Punkt, was es zu sagen gab.