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Eine spannende Reise durch die Samuelbücher des Alten Testaments. Diesmal nicht auf den Spuren namhafter männlicher Protagonisten wie Samuel, Saul David oder Salomo, sondern der vielen dort erwähnten Frauen. Ob mit Namen oder unbekannt, sie ergeben ein schillerndes Bild aus den Tagen des alten Israels.
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Seitenzahl: 179
Veröffentlichungsjahr: 2022
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gewidmet: Anna Jansen r.i.F.
Die Bibelzitate stammen zum Teil aus der "revidierten Einheitsübersetzung“ zum Teil aus der „Bibel in gerechter Sprache“
Einführung
Ein (verflixter) erster Vers
Hanna und Peninna
Dienst am Gottesschrein
Tod und Geburt
Versklavung durch den König
Die Mädchen von Rama
Bann - vollkommene Vernichtung
Göttinnen
Die Familie Sauls
Ahinoam
Die Frauen Davids
Die Frauen Davids
Die Frauen Davids
Die Frauen Davids
Die Frauen Davids
Die Frauen Davids
Die Frauen Davids
Nob
Davids Mutter in Moab
Die Söhne der Zeruja
Davids Raubzüge - viele Tote
Die Totenbeschwörerin von En-Dor
Merib-Baals Amme
Eine nicht vorhandeneTürwächterin
Ein Schaf wie eine Tochter
Die „zehn“ Nebenfrauen Davids
Die Vergewaltigung Tamars
Eine Frau aus Tekoa
Namensgleicheit
Eine Dienerin/Sklavin als Botin
Die Retterin
Die Mutter von Amasa
Die Mutter von Barsilai
Sängerinnen
Eine weise Frau aus Abel-Bet-Maacha
Hoffentlich keine Frau vergessen …
„Aller Anfang ist schwer“
„lasst UNS Menschen machen ...."
Es ist schwierig, ein Buch über Frauen zu beginnen, wenn die Hauptpersonen in den Büchern des Alten Testaments, die als Vorlage dienen, größtenteils Männer sind.
Das 1. und 2. Buch Samuel erzählen von einer epochalen Veränderung im Alten Israel; sie erzählen von einem politischen Umbruch.
Die Zeit der sogenannten "Richter" endet mit Samuel als dem Letzten in diesem Amt und das Königtum beginnt mit seinen beiden ersten Vertretern Saul und natürlich David.
Vielleicht ist der Hinweis ein guter Anfang, dass die beiden Samuelbücher ausgerechnet von zwei außergewöhnlichen Frauen gerahmt werden:
Hanna, die Mutter Samuels, steht zu Beginn des 1. Samuelbuches. Fast am Ende des 2. Samuelbuches lesen wir dann von Rizpa, einer Nebenfrau von König Saul, und dem tragischen Ende ihrer Söhne.
So bewegen sich diese beiden Bücher, wie das richtige Leben, zwischen Geburt und Tod.
Aber das Ende im 2. Samuelbuch ist nur ein Zwischenstand.
Die beiden Samuelbücher und die Bücher der Könige gehörten wohl irgendwann einmal zusammen. Es war insgesamt eine Sammlung unabhängiger Geschichten.
In den Kapitel 1-3 des 1. Samuelbuches lesen wir den Beginn der Geschichte des Propheten und Richters Samuel und seine Berufung.
Der Verlust und die Rückkehr der Bundeslade ist Inhalt von 1 Sam 4,1-7,1.
Samuels glückliche Hand beim Kampf gegen die Philister wird uns in 1 Sam 7,2-17 geschildert. Um die Berufung eines Königs geht es in 1 Sam 8,1-22.
Drei Traditionsgeschichten erzählen von Sauls Erwählung zum ersten König von Israel. Zunächst die Erzählung von der heimlichen Salbung durch Samuel (1 Sam 9,1-10,1).
Seine öffentliche Ausrufung zum König erzählt 1 Sam 10,17-27 und sein Auftreten bei der Befreiung der Stadt Jabesch-Gilead (1 Sam 11,1-15) ist dann die 3. und wahrscheinlichste Geschichte darüber, wie Saul zum ersten König von Israel wurde.
Die kriegerischen Erfolge Sauls, die uns in 1 Sam 14,1-52 geschildert werden, werden getrübt von der Verwerfung als König durch seinen väterlichen Mentor Samuel, was eingehend in 1 Sam 13,7-15 und 1 Sam 15,1-35 Thema ist.
Wie Saul als König dramatisch scheitert erzählt 1 Sam 28,3-25 und 1 Sam 31,1-13.
Sein Aufstieg und sein Fall liest sich wie eine der griechischen Tragödien.
Noch während Saul um sein Königtum kämpft, beginnt der unaufhaltsame Aufstieg Davids, der ebenfalls von Samuel (1 Sam 16,1-13) gesalbt wird.
Davids Karriere beginnt als einfacher Hirte. Er wird Musiktherapeut bei Saul und ein furchtloser Krieger im Kampf Sauls gegen die Erzfeinde Israels, die Philister. Legendär ist sein Sieg über Goliath (1 Sam 17).
Durch seine Erfolge wird David zum Liebling aller, was eigentlich schon in seinem Namen begründet liegt, da der Name "David" im Hebräischen mit anderen Vokalen gelesen "Dod" heißt und übersetzt so viel wie "Liebling" bedeutet.
Saul aber misstraut diesem „Sunnyboy“ David und beginnt ihn quer durch das ganze Land zu verfolgen (1 Sam 19-26). Schließlich muss David, der sich zwischenzeitlich eine eigene Truppe aufgestellt hat aus Männern, die - wie es heißt - unter Druck standen, die Schulden hatten oder verbittert waren (1 Sam 22,2), sogar bei den Erzfeinden, den Philistern, einen Unterschlupf zu suchen.
Nach seinem Banditendasein in der judäischen Wüste und Vasallentum bei Achisch von Gat wird David, als Saul tot ist, König von Judäa in Hebron (2 Sam 2,4).
Als auch der Nachfolger Sauls in Israel, Ischbaal, als König von Israel ermordet wird, ist für David der Weg frei. Er wird König von ganz Israel (2 Sam 5,3), erobert Jerusalem (2 Sam 5,6-8) und überführt die Bundeslade in die Stadt.
Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wird David von dem Propheten Natan eine beständige Dynastie verheißen (2 Sam 7,1-17). Dieser Höhepunkt seiner Macht drückt sich auch darin aus, dass er Erfolge hat im Kampf gegen seine Feinde ringsum.
Doch wie es in einem alten Schlager heißt: "Von nun an ging's bergab", so beginnt der Niedergang Davids mit dem Ehebruch mit Batseba (2 Sam 11,2-12,25) und dem Mordauftrag gegen ihren Mann Urija, einer seiner 30 Helden.
Sein "Haus", sprich seine "Familie" - speziell seine Kinder - hat David nicht unter seiner königlicher Kontrolle.Der älteste Sohn Amnon vergewaltigt seine Schwester Tamar und wird aus Rache von deren Bruder Abschalom ermordet (2 Sam 13).
Derselbe Abschalom zettelt Jahre später einen Aufstand gegen seinen Vater David an, der aber nach anfänglichem Erfolg kläglich mit seinem tragischen Tod scheitert (2 Sam 15,1-19,44).
Dem Tod Abschaloms folgt ein weiterer Aufstand, der niedergeschlagen werden muss (2 Sam 20,1-22).
Dann schließen zwar die beiden Bücher Samuel mit kurzen Erzählungen, Listen und poetischen Texten, aber die Geschichte Davids geht noch weiter.
Im 1. Buch der Könige treffen wir auf einen altersschwachen, bettlägerigen König, der gepflegt werden muss (1 Kön 1).
Nach der Einsetzung Salomos und dem Tod seines letzten Sohnes aus Hebron, Adonija, stirbt auch David, nicht ohne noch den einen oder anderen mit in die Unterwelt zu reißen.
Während also die Bücher 1 und 2 Samuel sowie die ersten beiden Kapitel des 1. Buches der Könige bis zum Tod Davids entlang den Biographien großer Männergestalten wie eben Samuel, Saul und David strukturiert sind, ist die Darstellung von Frauengestalten eher bruchstückhaft. Von ihrer Biographie wird kaum etwas erzählt. Es scheint so, als wären die Autoren dieser Bücher eher an ihren Funktionen und Rollen als Mütter, Töchter, Ehefrauen oder als weise Frauen und Prophetinnen interessiert.
Deshalb stellte ich mir die spannende Frage: Wie würden die Samuelbücher und die beiden ersten Kapitel des 1. Buches der Könige wohl aussehen, wenn ich die Frauen in den Mittelpunkt stellen würde? Welche Schicksale verbergen sich hinter den Frauen, die zwar in den Gang der Dinge eingreifen, die aber ohne Namen und ohne Eigenleben wieder verschwinden?
Ich bin da doch, glaube ich, auf das ein oder andere sehr Interessante gestoßen.
Ach ja, noch etwas. Das, was Sie hier lesen soll keine wissenschaftliche Abhandlung sein, aber es war eine Menge an Recherche notwendig, um die Geschichten der Frauen aus den Samuelbücher herauszuholen in ein Rampenlicht, das sie verdienen.
Manchmal habe ich ganz auf eigene Worte verzichtet und die Quelle übernommen, schriftstellerische Freiheit nenne ich das.
Manchmal habe ich auch ganz eigene Schlussfolgerungen aufgestellt, die ich so nicht in der einschlägigen Literatur gefunden habe. Und da steh ich zu, wenn sie vielleicht auch etwas gewagt erscheinen mögen.
Das 1. Kapitel des 1. Samuelbuches beginnt mit einer Menge an Highlights.
Am Anfang der Samuelbücher wird es beim Verständnis von biblischen Texten gleich schon heikel mit dem ersten Vers.
Und der liest sich so (revEÜ):
1 Sam 1,1Einst lebte ein Mann aus Ramatajim, ein Zufiter vom Gebirge Efraim.
Er hieß Elkana und war ein Sohn Jerohams, des Sohnes Elihus, des Sohnes Tohus, des Sohnes Zuf, ein Efraimiter",
Und ehe man sich versieht, hat man ihn auch schon wieder vergessen, weil er unbedeutend und keineswegs interessant zu sein scheint.
Doch wenn man sich näher mit diesem ersten Vers befasst, stößt man auf die ein oder andere Schwierigkeit oder Ungereimtheit.
Das beginnt schon mit dem Ort: Ramatajim, der in der Bibel einmalig ist und nur hier vorkommt.
Im Lexikon zur Bibel (herausgegeben von Fritz Rienecker, Gerhard Maier, Alexander Schick und Ulrich Wendel) gibt es nur einen Verweis auf den Ort „Rama".
„Rama" taucht allerdings mehrfach in den gesamten Samuelbüchern auf.
Die Interlinear-Übersetzung des Alten Testaments von Rita Maria Steurer übersetzt „Ramatajim" mit „den beiden Ramas", wohl voraussetzend, dass „Ramatajim" der männliche Plural von „Rama" sein könnte.
Aber wie kann jemand aus zwei Orten gleichzeitig kommen?
Während die revidierte Einheitsübersetzung nur „aus Ramatajim" schreibt, zieht die Bibel in gerechter Sprache „Ramatajim" mit dem Folgewort „Zofim“ zusammen, sodass der Ort plötzlich „Ramatajim-Zofim" heißt.
Vielleicht haben die Übersetzer hier an einen unbekannten Vorort von Rama gedacht und ihn sich vorgestellt wie wir heute Köln-Deutz oder Düsseldorf-Bilk kennen.
Aber auch das Wort „Zofim" oder „Zufim" ist einmalig im Alten Testament, weshalb im Handwörterbuch von Wilhelm Gesenius eine Übersetzung mit „Zufiter" vorgeschlagen wird, ohne allerdings eine Begründung, wo das Wort eventuell herkommt.
Im Verlaufe des Verses wurde ein Stammbaum (zumindest ein Teil) des Mannes Elkana genannt. An letzter Stelle steht hier: „des Sohnes Zufs".
Dann könnte die Bezeichnung „Zufiter" vielleicht daher rühren, dass der Mann aus der Zufiter-Sippe stammte, was hier besonders erwähnenswert schien.
Ein Nachforschen im bereits genannten Lexikon zur Bibel verwirrt dann aber zusehends, denn dort ist aufgeführt, dass es auch eine Landschaft „Zuf" gibt; denn in 1 Samuel 9,6 heißt es von Saul und seinem Sklaven, sie wären auf der Suche nach den entlaufenen Eseln in das Gebiet von „Zuf" gekommen.
Sei es wie es sei.
Elkana war ein Zufiter, weil er aus der Sippe seines Ururgroßvaters Zuf stammte und/oder in der Landschaft Zuf wohnte.
Oben haben wir den Ort „Ramatajim" gleichgesetzt mit dem Ort „Rama". Und auch das ist nicht so eindeutig.
Laut Lexikon zur Bibel gibt es den Ort zweimal - sogar mit Koordinaten.
Das erste Rama liegt vermutet 8 Kilometer nördlich von Jerusalem im Stammesgebiet von Benjamin.
Seine Existenz wollen folgende Bibelstellen bezeugen:
Jos 18,25;
Ri 19,12f;
1 Kön 15,17f;
Jer 40,1;
Esr 2,26;
und Neh 7,30.
Ein zweiter Ort mit Namen Rama liegt zirka 14 Kilometer nordöstlich von Lod und hat als Grundlage folgende Bibelstellen:
1 Sam 2,11;
1 Sam 7,17;
1 Sam 8,4;
1 Sam 15,34;
1 Sam 19,18;
1 Sam 25,1;
und eben 1 Sam 1,1.
Erleichtert könnte man jetzt feststellen:
„Aha, der 2. Ort ist der Ort unseres Mannes Elkana.
Bevor wir jedoch auf die Idee kommen und wir uns die Mühe machen, die einzelnen Stellen auf ihre Aussagefähigkeit zu überprüfen, ein kurzer Hinweis: Im Lexikon zur Bibel heißt es am Schluss zu dem Eintrag „Rama“:„Vielleicht ist der 2. Ort auch identisch mit dem 1."
Puh!
Wer bis hierher durchgehalten hat, ist demnach genauso schlau wie zu Anfang.
Aber dem Ganzen fehlt noch das i-Tüpfelchen.
Im zweiten Versteil folgt hinter der Aufzählung der Väter noch eine Herkunftsangabe der Begriff: ein Efraimiter.
Gut, kann man denken, das bleibt nicht aus, schließlich liegt das „Ramatajim" oder „Rama" im Gebirge Efraim.
Diese Zuordnung zu den Efraimitern, also zum Stamm Josef (Efraim war ein Sohn von ihm), kommt aus der Septuaginta.
„Langsam", werden Sie denken:
„Was ist "Septuaginta"?
Die Septuaginta ist eine Übersetzung des Alten Testaments aus dem Hebräischen ins Griechische, damit die Juden in der ägyptischen Diaspora in Alexandria, die nur Griechisch sprachen, das Alte Testament lesen konnten. Diese Übersetzung stammt aus dem 3. Jahrhundert vor Christus.
Und in ihr - der Septuaginta - steht im 1. Vers des 1. Kapitel des 1. Samuelbuches: ein Efraimiter. Und diesen Text hat hier die deutsche Übersetzung übernommen.
Der Hebräische Urtext aber, der uns vorliegt, hat hier ein anderes Wort stehen, nämlich: Ephratiter.
Dasselbe Wort „Ephratiter" finden wir unter anderem in 1 Sam 17,12 für den Vater Davids.
„Ephratiter" sind Bewohner aus „Ephrata" und das ist eine alte Bezeichnung oder frühere Form für den Ort „Betlehem".
Das unser Mann Elkana aber Ephratiter, demnach aus Betlehem und damit aus dem Stamm Juda stammen sollte, ist was ganz Neues und eigentlich nicht gerade hilfreich und erst recht nicht sinnvoll, wie wir noch sehen werden.
Der Hinweis aus dem Hebräisch-Handwörterbuch von Wilhem Gesenius ist somit durchaus nachvollziehbar, wenn er behauptet, dass die Übersetzung der Septuaginta gegenüber den Hebräischen Bibel hier den ursprünglicheren Text bewahrt hat.
Deshalb bleiben wir auch bei der Angabe: Efraimiter.
Elkana ist ein Efraimiter, also aus dem Stamm Josef, und wohnt in der Landschaft Zuf auf dem Gebirge Efraim.
Jetzt lehnen wir uns entspannt zurück, weil wir den 1. Vers des 1. Kapitels des 1. Samuelbuches erfolgreich auseinandergenommen, hinterfragt haben und zu einer befriedigenden Lösung gekommen sind.
Nur…..
Wäre da nicht noch der verflixte Hinweis im Lexikon zur Bibel, dass Elkana ein Levit war, also aus dem Stamm Levi stammte und mitnichten aus dem Stamm Josef.
Es wird hier auf das 1. Buch der Chronik Kapitel 6, die Verse 18-23 verwiesen; und da taucht der komplette Stammbaum Elkanas auf, der tatsächlich bis zu seinem Stammvater Levi zurückgeht.
Und dieser Stammbaum steht so da:
Samuel war der Sohn von Elkana
Elkana war der Sohn von Jeroham
Jeroham war der Sohn von Eliab
Eliab war der Sohn von Nahat,
Nahat war der Sohn von Zuf
(soweit waren wir schon im 1 Sam 1,1)
Zuf war der Sohn von Elkana
(und jetzt wird es in der Chronik total unübersichtlich)
Elkana war der Sohn von Elkana?
usw.
Es folgen Söhne auf Söhne und zwar so, dass im Lexikon der Bibel zu „Elkana“ steht: „Im gleichen Stammbaum finden wir den Namen Elkana noch dreimal, wobei die Angaben nicht immer eindeutig zuzuordnen sind.“
Das ist alles mehr als verwirrend!
Warum aus dem Levit später unbedingt ein Efraimiter werden musste oder umgekehrt, weiß der Himmel.
Abgesehen von den Worten, die tatsächlich im Text stehen, sollte man der Einfachheit halber unseren 1. Vers des 1. Kapitels des 1. Samuelbuches damit vielleicht so lesen:
1 Sam 1,1"Elkana war ein Zufiter, weil er aus Rama in der Landschaft Zuf stammte, die im Gebirge Efraim liegt.
Deshalb wurde er, der Levit, dann auch als Efraimiter bezeichnet, obwohl er, der Sohn von ..... , also ausdrücklich aus dem Stamm Levi stammte.
Ich finde biblische Übersetzung und Auslegung so herrlich kompliziert einfach, wie die Beschäftigung mit diesem ersten Vers eindrucksvoll zeigt und Manches macht überhaupt keinen Sinn.
Jetzt haben wir so viel Zeit schon mit dem 1. Vers des Samuelbuches verbracht, ohne viel erreicht zu haben, weil der Vers weiterhin rätselhaft bleibt.
Aber ich verspreche, dass wir jetzt zu den Frauen der Samuelbücher weitergehen. Und ich verspreche auch, dass wir so kleinkariert keinen Vers mehr angehen werden.
Das 1. Kapitel des 1. Samuelbuches beginnt mit einer Menge an Höhenpunkten.
Wenn man den 1. Vers mit Namen, Stammbaum und Herkunft von Elkana einfach einmal überliest, beginnen wir unsere Recherche sogar mit zwei Frauen. Mit Hanna (hebräisch: "Anmut)" und mit Peninna (hebräisch: "Koralle").
Der Vers lautet so:
1 Sam 1,2Er hatte zwei Frauen.
Die eine hieß Hanna, die andere Peninna.
Peninna hatte Kinder,
Hanna aber hatte keine Kinder.
Dass ein Mann mehrere Frauen hat, war damals durchaus üblich, sodass diese Praxis an keiner Stelle im Alten Testament diskutiert oder gar kritisiert wird. Es wird direkt ein Unterschied zwischen beiden Frauen angeführt: Peninna hatte Kinder, Hanna nicht.
Heiraten und Kinder zu bekommen, gehörte zur normalen Biographie von Frauen im damaligen Israel. Dass eine Frau unfruchtbar ist und damit in Konkurrenz tritt zu einer Frau, die schon Kinder bekommen hat, kennen wir bereits aus so manchen Erzählungen des Buches Genesis.
Bei der Abrahamgeschichte ist es Sara (hebräisch: "Prinzessin"), die zunächst keine Kinder bekommen kann.
In der Jakoberzählung streiten die Schwestern Lea (hebräisch: "Kuh") und Rahel (hebräisch: "Schaf") um die Liebe ihres Mannes, die durch reichen Kindersegen zum Ausdruck gebracht werden soll.
Mutterschaft wurde als ein Geschenk Gottes verstanden und reicher Kindersegen zeigte an, dass man besonders in Gottes Gunst stand. Anders herum war Kinderlosigkeit zwar ein schweres Schicksal, aber wurde nicht als Strafe Gottes angesehen. Hinter dem Ganzen stand auch die Vorstellung, dass Gott für Fruchtbarkeit und Kinderlosigkeit verantwortlich war.
Zurück zum Vers.
Wir haben hier also zwei namentlich genannte Frauen des Mannes Elkana, die sich nur dadurch unterscheiden, dass die eine, Hanna, unfruchtbar ist und die andere, Peninna, mehrere Kinder hat.
Mehr sagt dieser 2. Vers bisher nicht aus.
Der 3. Vers schildert dann, dass dieser Mann aus seiner Stadt hinaufzieht, um dem JHWH der Heere in Schilo anzubeten und zu opfern.
1 Sam 1,3Dieser Mann zog Jahr für Jahr von seiner Stadt hinauf, um den HERRN der Heerscharen in Schilo anzubeten und ihm zu opfern. Dort waren Hofni und Pinhas, die beiden Söhne Elis, Priester des HERRN.
Weiter wird dort also gesagt, zwei Söhne Eli's, die auch namentlich benannt werden, sind dort in Schilo als Priester tätig.
Für jemanden wie mich, der immer nur vom Tempel in Jerusalem ausgegangen war, ist es zunächst einmal eine völlig neue Erkenntnis, dass in dem Ort Schilo ein JHWH-Tempel gestanden haben soll.
Dazu kommt in Kapitel 3 Vers 3 auch noch die Information, hier im Tempel zu Schilo habe die Bundeslade gestanden. Und anscheinend nicht in einem Zelt, denn ein Zelt in einem Gebäude wäre doch unsinnig und wird auch nicht erwähnt.
Dass hier in Schilo die Bundeslade stand, weist auf eine hohe Bedeutung dieses Heiligtums hin.
Die Bundeslade war ein rechteckiger Kasten, in dem Mose u.a. die Gesetzestafeln aus Stein vom Sinai hineingelegt hatte. Die Bundeslade zog mit den Israeliten vom Sinai 40 Jahre durch die Wüste und wurde als Zeichen der Gegenwart JHWH's dem Volk vorangetragen.
Laut Lexikon zur Bibel lag der Ort Schilo ungefähr 30 Kilometer nördlich von Jerusalem im Gebiet des Stammes Efraim.
Vielleicht lag das JHWH-Heiligtum in Schilo ja auf einer Anhöhe, denn nicht umsonst heißt es im Text, wie es später auch zum Tempel von Jerusalem hieß, dass man zum Heiligtum hinaufzog.
Zum ersten Mal in den Büchern des Alten Testaments begegnet uns hier auch der "JHWH-Zebaoth", der Gott der Heere. Was damit genau gemeint ist, lässt sich nur vermuten. Der Begriff kann auf das Militärische bezogen sein, dann wäre es JHWH der Heere, des Heerbanns Israel.
Zwei weitere Bedeutungen bieten sich noch an, zum einen, dass er JHWH Herr der Himmelskörper ist oder JHWH Herr der Himmelsgötter. Eindeutig ist nur, dass der Begriff auf eine besondere Macht JHWH's hindeuten soll.
Der Satz über Eli und seine Söhne, die Priester sind, steht ziemlich zusammenhanglos im Text. Man muss hier einfach auf nähere Informationen in den folgenden Versen hoffen. Die kommen dann auch.
Aber die beiden Sätze dieses 3. Verses räumen bei mir noch mit einem anderen Vorurteil auf. Bisher war ich davon ausgegangen, dass am Tempel (hier zum Beispiel in Schilo) generell nur Priester opfern durften. Aber hier heißt es ausdrücklich, dass Elkana nach Schilo hinaufzog, um JHWH anzubeten und zu opfern. Noch deutlicher wird das in 1 Sam 1,21, wo Elkana mit seiner ganzen Familie hinaufsteigt, um das jährliche Opfer darzubringen.
1 Sam 1,21Als dann Elkana mit seiner ganzen Familie wieder hinaufzog, um dem HERRN das jährliche Opfer und die Gaben, die er gelobt hatte, darzubringen, .....
Ja, Vers 1 Sam 1,25a lässt vermuten, dass Hanna, eine Frau, im oder beim Tempel von Schilo sogar zusammen mit ihrem Mann schlachtete und das Opfer (einen dreijährigen Stier) mitopferte.
1 Sam 1,25aAls sie den Stier geschlachtet hatten,....
All diese Stellen zeigen an, dass die Familie Elkanas ein Schlachtfest feierte, indem sie einen Teil opferte und anschließend das Fleisch verzehrte. Genau davon erzählen die Verse 1 Sam 1,4 und 5. Dabei kommt es zwischen den Frauen immer wieder zu Kränkungen, die von Peninna ausgehen.
Während Elkana Hanna bevorzugt, indem er ihr einen besonderen Anteil am Festessen zukommen lässt. Er betont, dass er sie liebt und sie besser für ihn ist als zehn Söhne. (Es fällt eine Parallelität zum Buch Rut auf. Auch dort wird Rut von den Frauen gepriesen, weil sie für die Noomi mehr wert ist als sieben Söhne.) Doch Hanna weint nur, weil sie wegen ihrer Kinderlosigkeit immer wieder Kränkungen erfahren muss.
Bis zu dieser Stelle wird man Hanna als bedauernswerte Frau sehen, Peninna dagegen als eine Frau, die zwar wegen ihrer vielen Kinder (=Gottessegen) eigentlich zufrieden und glücklich sein sollte, aber aufgrund des mangelnden Einfühlungsvermögens ihres Mannes oder auch der mangelnden Zuneigung, zu einem zänkischen Drachen mutiert ist.
Und dann nimmt diese Hanna ihr Schicksal selbst in die Hand.
Nachdem sie in Schilo gegessen und getrunken hat, geht sie in den JHWH-Tempel. Dort bricht ihre ganze Verbitterung in einem heftigen Weinen aus ihr heraus.
Übrigens taucht ab hier ihre Rivalin Peninna nicht mehr auf. Sie hat ihre Rolle als Gegenspielerin erfüllt und verlässt die Geschichte mit einem wenig erfreulichen Nachgeschmack.
Hanna bittet JHWH um einen Sohn. JHWH soll sich an sie erinnern, an sie denken.
Sich an JHWH zu erinnern, gehört zu den wichtigsten Aufgaben Israels. Auf der anderen Seite soll auch JHWH an Israel denken, sowohl an das Volk als auch an jeden Einzelnen und sie nicht im Stich lassen.
Hanna verspricht ihren Sohn, den JHWH ihr schenken soll, der Gottheit zu weihen. Das Gelübde, das Hanna hier leistet, ist ein sogenanntes Nasiräergelübde (Num 6). Für den Sohn würde das bedeuten, eine vollkommene Hingabe an Gott. Äußeres Zeichen dafür sind: Haare und Bart nicht zu schneiden und keinen Wein und kein Bier zu sich zu nehmen.
Dass Hanna allein in das Tempelheiligtum gehen kann und dort ein Nasiräergelübde ablegt, zeugt von einer enormen kultischen Selbstständigkeit dieser Frau. Und das in einer rein patriarchalischen Gesellschaft.