Liebe & Respekt - Emerson Eggerichs - E-Book

Liebe & Respekt E-Book

Emerson Eggerichs

4,0

Beschreibung

Eine Frau möchte von ihrem Mann bedingungslos geliebt werden. Ein Mann möchte von seiner Frau bedingungslos respektiert werden. Dies ist das größte Geheimnis einer gelingenden Ehe. Die biblisch fundierten Prinzipien dieses Buches werden Ihnen helfen, Ihren Partner besser zu verstehen und die verborgenen Bedürfnisse des anderen wahrzunehmen. Zeigen Sie Ihrer Frau die Liebe im Alltag, nach der sie sich sehnt. Und lernen Sie, wie Sie Ihrem Mann Tag für Tag die Anerkennung und den Respekt entgegenbringen, die für ihn lebensnotwendig sind. Sie werden Ihren Partner mit völlig anderen Augen sehen - und Ihre Partnerschaft wird ungeahnte Tiefe und Vertrautheit bekommen.

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Dr. Emerson Eggerichs

Liebe und Respekt

Über den Autor

Emerson Eggerichs ist Theologe und promovierter Familientherapeut. Er war lange Jahre Pastor einer großen Gemeinde, bevor er sich ganz auf seine Arbeit als Ehetherapeut konzentrierte. Mit seiner Frau Sarah lebt er in Grand Rapids, Michigan; gemeinsam leiten sie die Organisation Love and Respect Ministries und sprechen auf vielen Konferenzen. In dieses Buch lässt der Autor mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Beratung von Paaren sowie die Ergebnisse einer Umfrage von 7.000 Frauen und Männern einfließen.

© der deutschen Ausgabe 2011 Gerth Medien GmbH, Dillerberg 1, 35614  Asslar

Übersetzt von Ulrike Becker

Die Bibelzitate wurden den folgenden Bibelübersetzungen entnommen:

Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehene Ausgabe

in neuer Rechtschreibung,

© 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart (LU)

Revidierte Elberfelder Bibel, © 1985, 1992 R. Brockhaus Verlag, Witten (ELB)

Zürcher Übersetzung, © 2007, TVC Theologischer Verlag, auf Quadro Bibel,

SCM R. Brockhaus, Witten.

3. Auflage Mai 2012

4. Auflage Dezember 2012

Bestell-Nr. 816492

ISBN 978-3-96122-038-0

Umschlaggestaltung: Michael Wenserit

Umschlagfotos: Shutterstock

Lektorat und Satz: Mirjam Kocherscheidt

Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln

›› Inhalt

Einleitung:

Liebe allein genügt nicht

Teil 1

Der Teufelskreis des Ehewahnsinns

1 Das schlichte Geheimnis einer gelungenen Ehe

2 Wer kommunizieren will, muss den Code entschlüsseln

3 Warum sie keine Achtung und er keine Liebe zeigt

4 Was Männer am meisten fürchten, kann den Teufelskreis aufrechterhalten

5 Sie hat Angst, zum Fußabtreter zu werden; er ist es leid, ständig „nichts zu kapieren“

6 Sie hat Sorge, eine Heuchlerin zu sein; er klagt: „Ich werde nicht respektiert!“

7 Sie glaubt, ihm nicht vergeben zu können; er sagt sich: „Wer soll diese Frau lieben können?“

Teil 2

Der Segenskreis einer kraftvollen Ehe

8 So buchstabieren Sie Ihrer Frau das Wort „Liebe“

9 Nähe – Ihre Frau sucht Ihre Nähe

10 Offenheit – Sie möchte, dass Sie sich für sie öffnen

11 Verständnis – Versuchen Sie nicht, Ihre Frau zu verändern, hören Sie einfach nur zu

12 Versöhnungsbereitschaft – Sie möchte, dass Sie sagen: „Es tut mir leid“

13 Loyalität – Sie muss wissen, dass Sie zu Ihrer Verbindlichkeit stehen

14 Wertschätzung – Sie wünscht sich, dass Sie sie achten und schätzen

15 So buchstabieren Sie Ihrem Mann das Wort „Respekt“

16 Eroberungswille – Achten Sie seine Sehnsucht, zu arbeiten und etwas zu erreichen

17 Leiterschaft – Achten Sie seinen Wunsch, Sie zu schützen und zu versorgen

18 Autorität – Achten Sie seinen Wunsch, zu dienen und zu leiten

19 Erkenntnis – Achten Sie seinen Wunsch, analytisch zu denken und Ihr Ratgeber zu sein

20 Beziehung – Achten Sie seinen Wunsch nach einer Freundschaft, in der Sie Seite an Seite gehen

21 Sexualität – Achten Sie seinen Wunsch nach sexueller Intimität

22 Der Segenskreislauf einer kraftvollen Ehe wird funktionieren – wenn Sie mitmachen

Teil 3

Der Ultimative Segenskreis

23 Der wahre Grund für Liebe und Respekt

24 Die Wahrheit macht tatsächlich frei

Nachwort:

Aus Rosa und Blau kann Gottes Purpur werden

Ein Gebet, mit dem Sie Ihren Entschluss festmachen können

Anhang 1:

Eine persönliche Inventurliste für Mann und Frau

Anhang 2:

Wenn das Bedürfnismuster von Liebe und Respekt nicht zutrifft

Anhang 3:

Was können Sie tun, wenn Ihr Mann arbeitssüchtig ist?

Anmerkungen

›› Einleitung

Liebe allein genügt nicht

Vielleicht erinnern Sie sich noch an den Beatles-Song All You NeedIs Love (Alles, was du brauchst, ist Liebe). Dieser Aussage kann ich absolut nicht zustimmen. Fünf von zehn Ehen enden heute in einer Scheidung, weil Liebe allein eben nicht ausreicht. Ja natürlich, in einer Ehe ist die Liebe zwingend notwendig, insbesondere für die Frau, doch was darüber viel zu oft vernachlässigt wird, ist das Bedürfnis des Mannes nach Achtung. In diesem Buch geht es darum, wie Frauen ihr Bedürfnis nach Liebe erfüllen können, indem sie ihrem Mann das geben, was er braucht, nämlich Respekt. Hier die Geschichte eines Ehepaares, das gerade noch rechtzeitig von der Unverzichtbarkeit von Liebe und Respekt innerhalb einer Beziehung erfahren hat:

Mein Mann und ich nahmen vor einiger Zeit an einer Ihrer Konferenzen zum Thema „Liebe und Respekt“ teil. Noch einige Tage zuvor hatte sich bei uns der „Teufelskreis des Ehewahnsinns“ so richtig heftig gedreht, und wir waren daraufhin zu dem Schluss gekommen, dass es reichte und wir unsere Ehe beenden sollten. Wir waren beide verletzt, traurig, wütend und niedergeschlagen. Übrigens sind wir beide Christen und Mitarbeiter einer großen Gemeinde. Zwar hatten wir zu diesem Zeitpunkt bereits über einige Zeit hinweg eine christliche Eheberatung in Anspruch genommen, doch es war diese Konferenz, die nicht nur unsere Ehe gerettet, sondern uns auch neue Einsichten und Strategien an die Hand gegeben hat. Die Teilnahme an dieser Konferenz war sozusagen unser „letzter Versuch“, unsere Ehe zu retten, obwohl mein Mann beinahe nicht mitgekommen wäre, weil er nicht mehr daran glaubte, dass uns noch etwas helfen könnte. Die Einsichten, die Gott uns geschenkt hat, sind einfach und tief greifend. … Sie haben einen Heilungsprozess in Gang gesetzt und unsere Ehe vollkommen umgekrempelt. Wenn wir dieses Wissen doch nur schon vor 30 Jahren mit auf den Weg bekommen hätten! Wie viel Kopfschmerzen und Leid hätte uns das erspart. Eins kann ich Ihnen sagen: Am Abend des Samstags, an dem die Konferenz geendet hat, haben wir den schönsten Abend seit Jahren miteinander verbracht.

Was haben diese Frau und ihr Mann auf der Konferenz gehört? Was hat ihre Ehe so revolutioniert? Was hat dazu geführt, dass ein Ehepaar, das sich am Freitag noch scheiden lassen wollte, schon am nächsten Tag wie frisch verliebt daherkam? Das Buch, das Sie gerade in Händen halten, enthält dieselbe Botschaft von Liebe und Respekt, die dieses Ehepaar gehört hat. Ihr Bericht ist nur einer von Tausenden, die ich im Laufe der letzten Jahre bekommen habe. Sie alle bestätigen, was geschehen kann, wenn Mann und Frau ihre Ehe in einem neuen Licht sehen.

Sehnen Sie sich nach ein wenig Frieden? Wollen Sie Ihrem Ehepartner nahe sein? Wollen Sie sich verstanden fühlen? Wollen Sie Ehe so erleben, wie Gott sie sich gedacht hat? Dann versuchen Sie es mit Liebe und Respekt!

Dieses Buch ist für Menschen in Ehekrisen, für Eheleute, die kurz vor der Scheidung stehen, für Männer und Frauen, die bereits zum zweiten Mal verheiratet sind, für Paare, die glücklich verheiratet bleiben wollen, für einsame Ehefrauen, für eingeschüchterte Ehemänner, für Ehepartner, die eine Affäre haben, für die Opfer solcher Affären, für Verlobte sowie für Pastoren oder Berater, die nach Material suchen, das Ehen retten kann.

Ich weiß, ich verspreche viel. Ich würde nicht einmal im Traum daran denken, so viel zu versprechen, wenn ich nicht davon überzeugt wäre, dass das, was ich Ihnen erzählen werde, hilft. Hören Sie noch weitere Beispiele, wie sich durch die Botschaft von Liebe und Respekt Ehen zum Guten wenden:

Vor ein paar Tagen beschloss ich, meinem Mann zu sagen, dass ich ihn respektiere. Es fühlte sich komisch an, diese Worte zu sagen, aber ich rang mich trotzdem dazu durch. Die Reaktion war unglaublich. Er fragte mich, warum ich ihn respektiere, also zählte ich einige Gründe auf, und anschließend konnte ich geradezu sehen, wie sich seine Haltung sichtlich veränderte.

~

Ich bin so traurig darüber, dass wir bereits 22 Jahre verheiratet sind und ich die Sache mit dem Respekt erst jetzt begriffen habe. Ich schrieb meinem Mann zwei Briefe, in denen ich ihm mitteilte, warum ich ihn respektiere. Ich kann nur darüber staunen, wie viel zärtlicher er jetzt mir gegenüber ist. Jahrelang habe ich darum gebetet, dass mein Mann mich lieben und mir seine Liebe in meiner Sprache zeigen möge. Doch seit dem Moment, in dem ich angefangen habe, seine Sprache der Liebe zu sprechen, gibt er mir, wonach ich mich gesehnt habe.

Diese Briefe stehen stellvertretend für viele, die mich beinahe täglich erreichen – von Menschen, die durch den einen Schlüsselvers der Bibel, der diesem Buch als Grundlage dient, klug geworden sind. Kein Mann hegt zärtliche Gedanken für seine Frau, wenn er glaubt, dass sie ihn verachtet, und interessanterweise untergräbt gerade die Missachtung einer Frau gegenüber ihrem Mann genau das, was sie am meisten braucht: seine Liebesbezeugungen.

Sie sollten jedoch nicht denken, dass das, was ich Ihnen in diesem Buch erläutern werde, ein wundersames Heilungsmittel ist. Manchmal verblasst der Glanz, den Ehepaare während einer unserer Konferenzen erleben, sehr schnell, wenn sie sich anschließend wieder den gleichen alten Problemen beugen – dem „Teufelskreis des Ehewahnsinns“. Ich rate allen Paaren, die die Wirksamkeit des Prinzips von Liebe und Respekt erlebt haben, dem Ganzen mindestens sechs Wochen Probezeit zu geben. Nach einem solchen Zeitraum können sie abschätzen, was sie bereits erreicht haben und was noch vor ihnen liegt.

Die Reise zu einer ausgeglichenen Ehe ist niemals zu Ende, doch in den Jahrzehnten meiner Seelsorge bei Ehepaaren habe ich etwas entdeckt, das jede Beziehung verändern, stärken und verbessern kann. Ich nenne es das Zusammenspiel von Liebe und Respekt. Meine Frau Sarah und ich halten viele Vorträge zu diesem Thema, und wir staunen über das Handeln Gottes überall da, wo Männer und Frauen sich diesem biblischen Eheentwurf beugen. Wir erleben aber auch in unserer eigenen Ehe, dass es funktioniert. Dort erfahren wir immer wieder neuen Segen, weil wir uns von dem Zusammenspiel von Liebe und Respekt berühren lassen.

Bei vielen Ehepaaren ist in der Tat der Respekt das fehlende Puzzleteil. Lesen Sie weiter, und ich werde deutlich machen, was ich damit meine.

Teil 1Der Teufelskreis des Ehewahnsinns

›› 1 Das schlichte Geheimnis einer gelungenen Ehe

„Wie kann ich meinen Mann dazu bringen, mich genau so zu lieben, wie ich ihn liebe?“ Diese Frage stellten mir unzählige Frauen, die während meiner fast 20-jährigen Tätigkeit als Pastor einer wachsenden Gemeinde in meine Beratung kamen. Mir brach das Herz, wenn diese Frauen mir unter Tränen ihre Geschichten erzählten. Frauen sind so zartfühlend. Oft saß ich selbst mit Tränen in den Augen da. Gleichzeitig ärgerte ich mich über die Männer. Warum merkten sie denn nicht, was sie ihren Frauen antaten? Und wie konnte ich den Frauen helfen, ihre Männer zu mehr Liebe zu motivieren?

Da ich selbst in einem unglücklichen Elternhaus aufgewachsen war, fühlte ich umso tiefer mit. Meine Eltern hatten sich scheiden lassen, als ich ein Jahr alt war. Später heirateten sie erneut. Doch als ich fünf war, kam es wieder zur Scheidung. Als ich in der dritten Klasse war, zogen sie wieder zusammen, doch meine Kindheit war bestimmt von lautstarken Streits und unguten Spannungen. Ich sah und hörte Dinge, die sich für immer in meiner Seele eingebrannt haben. Oft weinte ich mich nachts in den Schlaf. Ich erinnere mich noch an diese tiefe Traurigkeit, die mich erfasst hatte. Bis ins Alter von elf Jahren nässte ich ein. Mit 13 wurde ich auf eine Militärakademie geschickt. Dort blieb ich bis zu meinem Abschluss.

Wenn ich auf die Ehe meiner Eltern zurückblicke, die von ständigen Konflikten beherrscht war, kann ich die Ursache für ihr Unglück klar erkennen: Meine Mutter schrie förmlich nach Liebe und mein Vater sehnte sich verzweifelt nach Achtung, nach Respekt.

Meine Mutter gab Kurse in Akrobatik, Stepptanz und Schwimmen, was ihr ein gutes Einkommen verschaffte und sie finanziell unabhängig machte. Mein Vater bekam zunehmend das Gefühl, dass meine Mutter auch gut ohne ihn zurechtkäme – und diese Botschaft vermittelte sie ihm auch immer wieder. Sie traf finanzielle Entscheidungen, ohne ihn zu fragen, und das gab ihm ein Gefühl von Bedeutungslosigkeit, so als wäre völlig egal, was er über die jeweiligen Anschaffungen dachte. Weil er gekränkt war, reagierte er lieblos. Er war überzeugt, dass meine Mutter ihn nicht respektierte. Vater regte sich über vieles auf – ich weiß gar nicht mehr, was es im Einzelnen alles war. Mutter war dann immer völlig am Boden zerstört und verließ einfach den Raum. Diese Dynamik zwischen meinen Eltern beherrschte meine Kindheit und Jugend.

Als Jugendlicher hörte ich dann das Evangelium: Gott liebt mich, er hat einen Plan für mein Leben, und wenn ich meine Sünden bekenne und Christus in mein Herz einlade, werde ich das ewige Leben finden. Das tat ich, und mit diesem Schritt veränderte sich mein ganzes Leben.

Nach meinem Abschluss an der Militärakademie bewarb ich mich am Wheaton College, weil ich glaubte, von Gott in den Dienst als Pastor berufen zu sein. Während ich im Grundstudium war, fanden meine Mutter, mein Vater, meine Schwester und ihr Mann zum Glauben. Unsere Familie begann sich zu verändern, doch die Narben verschwanden nicht einfach. Mutter und Vater sind inzwischen im Himmel und ich bin Gott für ihre ewige Erlösung dankbar. Ich hege keine Bitterkeit in meinem Herzen, doch ich empfinde Schmerz und Traurigkeit. Was ich als Kind bereits spürte und was ich heute weiß, ist, dass meine Eltern sich jeweils gegenüber dem anderen verteidigten. Ihr Problem war, dass sie einander sehr leicht verletzen konnten, aber nicht die Werkzeuge besaßen, die ihnen geholfen hätten, die Regler an ihren Feuerwerfern zu justieren und ihre Ehe so zum Besseren zu verändern.

Während ich am Wheaton College studierte, lernte ich schließlich ein wunderbares Mädchen kennen, das jeden Raum erhellte, den es betrat. Sarah war der positivste, liebevollste und offenherzigste Mensch, der mir jemals begegnet war. Sie liebte den Herrn und wollte ihm allein dienen. Eigentlich hätte sie eine tonnenschwere Last mit sich herumschleppen müssen, da ihre Familie durch die Scheidung der Eltern zerbrochen war. Doch davon ließ sie sich ihr Gemüt nicht schwer machen. Sie hatte sich vielmehr entschlossen, nach vorne zu blicken. Sie war nicht nur attraktiv, ich wusste auch, mit ihr an meiner Seite würde ich jeden Tag meines Lebens neben einer wahren Freundin aufwachen.

Der Streit um die Jeansjacke

Ich hielt um Sarahs Hand an, während wir beide noch aufs College gingen, und sie sagte Ja.

In unserer Verlobungszeit bekamen wir eine Ahnung davon, wie Mann und Frau über nichtige Anlässe in Streit geraten können. Zu unserem ersten gemeinsamen Weihnachtsfest nähte Sarah mir eine Jeansjacke. Ich öffnete das Geschenk, hielt die Jacke in die Höhe und bedankte mich bei ihr.

„Sie gefällt dir nicht“, meinte Sarah.

Ich schaute sie verdutzt an und antwortete: „Doch, sie gefällt mir.“

Aber sie bestand darauf: „Nein, das tut sie nicht. Du freust dich nicht.“

Erstaunt erwiderte ich: „Doch, sie gefällt mir.“

Sie fuhr mich an: „Nein, das tut sie nicht. Wenn sie dir gefallen würde, würdest du dich richtig freuen und dich überschwänglich bei mir bedanken. In meiner Familie sagt man so etwas wie: ‚Oh, seht nur, das ist genau das, was ich mir gewünscht habe!‘ Da spürt man die Begeisterung. Weihnachten ist toll, und das zeigen wir einander auch.“

So erfuhren wir, wie unterschiedlich wir beide auf Geschenke reagieren. Sarah bedankt sich hundert Mal, wenn sie sich über ein Geschenk freut, und weil ich ihr nicht so überbordend dankte, nahm sie an, ich sei zwar höflich, könne es aber kaum erwarten, die Jacke der Heilsarmee zu spenden. Sie war überzeugt, dass mir ihr Werk nichts bedeutete und ich ihr dafür nicht dankbar sei. Und ich wiederum fühlte mich abgelehnt, weil ich nicht in einer bestimmten Weise reagiert hatte. Ich kam mir irgendwie unmöglich vor. Das ganze Jackenszenario traf mich völlig unerwartet.

Keiner von uns beiden erkannte es damals, aber Sarah fühlte sich während der Episode mit der Jeansjacke ungeliebt und ich fühlte mich nicht respektiert. Ich wusste, dass Sarah mich liebt, doch sie begann sich zu fragen, ob ich für sie genauso empfand wie sie für mich. Zugleich empfand ich ihre Reaktion auf meine „wenig enthusiastische“ Antwort auf ihr Geschenk so, als würde sie mich, so wie ich war, nicht wirklich mögen. Wir sprachen das alles nicht aus, aber die Gefühle des Ungeliebt- und Nicht-geachtet-Seins waren innerlich bereits vorhanden.

Wir heirateten 1973, als ich gerade meinen Abschluss an der Wheaton Graduate School machte. Von dort aus gingen wir nach Iowa, wo ich in einer Gemeinde arbeitete, während ich mein Theologiestudium am Dubuque Seminary abschloss. In Iowa eröffnete ich zusammen mit einem anderen Pastor ein Seelsorgezentrum. In dieser Zeit begann ich, mir ernsthaft Gedanken über die Unterschiede zwischen Mann und Frau zu machen. Ich konnte mit meinen Klienten mitfühlen, da auch Sarah und ich die Spannung erlebten, die es zwischen Mann und Frau oft gibt.

„Was du sagst, mag stimmen, aber dein Tonfall ist nicht der richtige“

Sarah und ich sind sehr unterschiedlich, wenn es um soziale Kontakte geht. Sarah ist sehr fürsorglich, sucht persönliche Kontakte und unterhält sich gerne mit Menschen. Begegnungen geben ihr neue Energie. Ich bin eher analytisch und verarbeite die Dinge mehr oder weniger emotionslos. Ich gewinne neue Energie, wenn ich mehrere Stunden alleine in meinem Arbeitszimmer verbringen kann. Wenn ich soziale Kontakte pflege, bin ich zwar herzlich, aber weit weniger beziehungsorientiert als Sarah.

Eines Abends, als wir von unserem Hauskreis nach Hause fuhren, äußerte Sarah ein Empfinden, das sich bei ihr in den letzten Wochen aufgebaut hatte.

„Du warst heute ziemlich ruhig im Hauskreis“, sagte sie beinahe ärgerlich. „Du schüchterst die Menschen durch dein Schweigen ein. Und wenn du etwas sagst, kommt es häufig sehr unsensibel rüber. Was du zu dem neuen Ehepaar gesagt hast, war wirklich unangebracht.“

Ich war wie vor den Kopf gestoßen, versuchte jedoch, mich zu rechtfertigen. „Was meinst du damit? Ich habe einfach versucht, zuzuhören und zu verstehen, was die anderen sagen wollten.“

Bei ihrer Antwort hob sich Sarahs Stimme um ein paar Dezibel. „Du musst den anderen das Gefühl vermitteln, dass sie sich im Hauskreis innerlich entspannen und wohlfühlen dürfen.“ Die Stimme stieg um weitere Dezibel. „Du musst sie aus der Reserve locken.“ Nun schrie Sarah schon beinahe. „Stattdessen bist du immer so in dich selbst versunken!“

Ich konnte ein paar Sekunden lang nicht antworten, weil ich mich schlicht und einfach herabgesetzt fühlte, und zwar nicht nur durch das, was sie sagte, sondern auch durch ihre Haltung und ihren Tonfall. Darum antwortete ich: „Sarah, was du sagst, mag stimmen, aber dein Tonfall ist nicht der richtige.“

Sarah erinnert sich noch heute daran, wie sehr dieses Gespräch im Auto ihr Leben verändert hat. Sie mag in ihrer Beurteilung meines Umgangs mit anderen Menschen recht gehabt haben, doch die Art und Weise, wie sie mir das beibrachte, war nicht angemessen. Aufgrund dieses Gespräches arbeiteten wir beide an unseren Problemen, Sarah vielleicht mehr als ich. Erst letzte Woche musste sie mich wieder einmal darauf aufmerksam machen, dass ich mich einer bestimmten Person gegenüber feinfühliger verhalten sollte.

Diese frühe Episode aus unserer Ehe war ein Same für Dinge, die ich erst später artikulieren konnte. Ich wusste, dass Sarah mich liebte und dass ihr Gefühlsausbruch dem Wunsch entsprang, mir zu helfen. Doch unterm Strich fühlte ich mich angegriffen und nicht respektiert und hatte das Gefühl, mich verteidigen zu müssen. Wir hatten in den Folgejahren immer wieder mit diesem Problem zu kämpfen. Sie äußerte ihre Sorge über etwas, das ich nicht im Blick hatte („Hast du Soundso angerufen?“); ich wiederum tat zwar mein Bestes, doch manchmal kamen alte Verhaltensweisen wieder durch, was ihr wiederum das Gefühl gab, ich würde ihre Hinweise nicht schätzen.

Und dann vergaß ich ihren Geburtstag

Einige Jahre zogen ins Land und Sarahs Geburtstag rückte wieder einmal näher. Sie fragte sich, ob ich daran denken würde. Sie selbst vergaß nie einen Geburtstag, doch ich hatte solche Dinge oft nicht auf meinem Radar. Sie wusste, sie würde meinen Geburtstag nie vergessen, weil sie mich so sehr liebte. Sie war sich jedoch nicht sicher, ob ich an ihren Geburtstag denken würde. Habe ich in seinem Herzen den gleichen Platz wie er in meinem?, so fragte sie sich.

Was sie dann tat, tat sie also nicht aus Boshaftigkeit. Sie wollte es einfach nur wissen. Meine Vergesslichkeit war häufig ein Problem, und darum wollte sie ein Experiment machen. Sie versteckte vor ihrem Geburtstag sämtliche Glückwunschkarten, die sie bereits erhalten hatte. Es gab keinen Hinweis auf ihren großen Tag und ich war wie üblich in Gedanken ganz bei meinen Studien und Überlegungen. An ihrem Geburtstag traf ich mich mit einem Freund zum Mittagessen. Als Sarah und ich dann beim Abendessen zusammensaßen, fragte sie mit sanfter Stimme: „Und – hast du heute mit Ray meinen Geburtstag gefeiert?“

Ich kann gar nicht beschreiben, was in diesem Augenblick in meinem Körper vor sich ging. Ich druckste herum, aber ich fand keine Entschuldigung dafür, dass ich nicht an Sarahs Geburtstag gedacht hatte. Meine Vergesslichkeit war lieblos gewesen, und ich sah, wie verletzt sie war. Doch zugleich beschlich mich ein merkwürdiges Gefühl: Ja, es war falsch gewesen, dass ich nicht daran gedacht hatte, aber ich hatte es ja nicht absichtlich getan. Ich fühlte mich verurteilt und kleingemacht – und das zu Recht. Damals konnte ich meine Gefühle nicht mit einem Begriff wie „mangelnder Respekt“ auf den Punkt bringen. Der Feminismus war in jenen Jahren auf seinem Höhepunkt, und Männer sprachen nicht darüber, wenn sie sich von ihren Frauen nicht respektiert fühlten. Das wäre arrogant erschienen und in Kirchenkreisen hätte man es als einen ungeheuren Mangel an Demut betrachtet.

Liebe mit Runzeln und Flecken

Die Jahre vergingen. Sarah und ich wuchsen in unserer Beziehung zueinander. Wir erlebten viel Schönes miteinander, doch die Liebe hatte ihre hässlichen Flecken. Keine dauerhaften – fast immer beteten wir anschließend und baten Gott und einander um Vergebung. Doch was hatte all das zu bedeuten? Wohin ging die Reise unserer Ehe? Schließlich war ich Pastor. Man bezahlte mich dafür, ein guter Mensch zu sein. Wie konnte ich all meine Ausrutscher rechtfertigen, die für niemanden gut waren?

Fast täglich verärgerten wir uns gegenseitig mit schlechten Gewohnheiten, die wir nicht ablegen konnten. Bei mir war es die Angewohnheit, nasse Handtücher im Bad herumliegen zu lassen. Sarah explodierte mindestens einmal im Monat wegen dieser nassen Handtücher. Und spätestens nach drei Monaten war ich wieder so sehr mit anderen Dingen beschäftigt, dass ich bestimmte Pflichten vernachlässigte und gewisse Bitten meiner Frau vergaß. Wenn sie mich daraufhin kritisierte, wuchs die Spannung zwischen uns, und dann schien es ihr, als würde ich ihr die Schuld geben oder meine Fehler beschönigen.

Salomon spricht

von den kleinen Füchsen, die in den Weinbergen wühlen (Hohelied 2,15) – das sind die alltäglichen Konflikte, mit denen jedes Ehepaar umzugehen lernen muss.

Spannungen können unser Selbstbild zerfetzen. Nach jeder Auseinandersetzung hatte ich das Gefühl, niemals gut genug zu sein. Und nach Auseinandersetzungen innerhalb der Familie hatte Sarah stets das Gefühl, als Ehefrau und Mutter völlig zu versagen. Und wie in jeder Ehe belasteten die Ursachen dieser Spannungen unsere Beziehung sehr. Ja, das Leben entscheidet sich oft im Alltäglichen.

Sarah begibt sich gar nicht gerne auf Vortragsreisen, weil das nicht ihrer Begabung entspricht. Sie tut es jedoch um unseres gemeinsamen Dienstes willen. Ich hingegen kann es nicht ausstehen, zu Hause irgendwelche Reparaturen durchzuführen. Das entspricht nicht meinen Gaben. Und darum klage ich oft über Dinge, die sich beim besten Willen nicht von mir reparieren lassen wollen. (Was auch der Grund dafür ist, weshalb ich am liebsten gleich die Finger davon lasse).

Ich plaudere all diese kleinen „Geheimnisse“ aus, damit Sie wissen, dass wir nicht auf dem Podest ehelicher Vollendung stehen. Wir haben an vielen Fronten zu kämpfen – und das wird auch so bleiben. Doch heute kämpfen wir in der Gewissheit, dass wir siegen können, denn über die Jahre haben wir das „Geheimnis“ entdeckt, das unsere Situation völlig verändert hat (ebenso wie die vieler anderer Ehepaare).

Das „Geheimnis“ hinter Epheser 5,33

Über 20 Jahre lang hatte ich durch meinen Kanzeldienst das Privileg, 30 Stunden pro Woche in der Bibel zu lesen. Ich erwarb darüber hinaus einen Doktortitel im Fach Familienarbeit und einen Master im Fachbereich Kommunikation. Ich habe eine fundierte Ausbildung genossen, doch als diese biblische Erleuchtung mich 1998 mitten ins Herzen traf, haute sie mich schlichtweg um. Was ich da in der Schrift entdeckte, erklärte, warum Sarah und ich immer wieder in Streit gerieten. Ich erkannte deutlich, warum meine Worte und mein Verhalten Sarah ebenso niederschmetterten wie damals die Worte und Taten meines Vaters meine Mutter. Und Sarah konnte Dinge zu mir sagen, die mich geradewegs durch die Decke gehen ließen, so wie meine Mutter es mit meinem Vater getan hatte.

Worin lag das Geheimnis? Nun, eigentlich war es gar kein Geheimnis. Diese Bibelstelle gibt es schon seit 2000 Jahren. In Epheser 5,33 schreibt Paulus: „Jeder von euch muss seine Frau so lieben wie sich selbst. Die Frau aber soll ihren Mann achten.“

Selbstverständlich hatte ich diesen Vers schon oft gelesen. Ich hatte bei Trauungen sogar schon über diesen Vers gepredigt. Doch aus irgendeinem Grund war mir der Zusammenhang zwischen Liebe und Achtung bisher entgangen. Paulus sagt ganz klar, dass Frauen Liebe und Männer Achtung, also Respekt, brauchen. Ich fing an, meine Entdeckung zunächst in Predigten, später auch bei Seminaren und Konferenzen mit anderen zu teilen. Oft traf ich dabei auf Menschen, die mir sagten: „Die ganze Sache mit dem Zusammenspiel von Liebe und Respekt klingt ja echt gut, Emerson, aber ist das alles nicht sehr theoretisch – ganz im Gegensatz zu unseren sehr realen Problemen?“

In diesem Buch werde ich zeigen, dass sich jedes Eheproblem auf ein Problem im Zusammenspiel von Liebe und Respekt zurückführen lässt. Das ist nicht nur eine nette Theorie, die ich mit ein paar Bibelversen gewürzt habe. Was für eine Art Ehe Sie führen, hängt davon ab, wie die Bedürfnisse nach Liebe und Respekt ineinandergreifen.

Als ich nach Lösungen für meine Ehe und für die Ehen anderer Paare suchte, suchte ich zunächst nicht nach einer „Theorie über das Zusammenspiel von Liebe und Respekt“.1 Doch dieser Zusammenhang zeigte sich, als ich über die Bedeutung von Epheser 5,33 nachdachte. Mein Gedankengang damals verlief ungefähr folgendermaßen: „Der Ehemann soll dem Gebot gehorsam sein, seine Frau zu lieben, selbst wenn sie das Gebot, ihn zu respektieren, nicht achtet. Und die Ehefrau soll dem Gebot gehorsam sein, ihren Mann zu achten, selbst wenn er das Gebot, sie zu lieben, nicht achtet.“

So weit, so gut. Dann folgerte ich: „Der Mann ist also aufgerufen, seine Frau selbst dann noch zu lieben, wenn sie sich ihm gegenüber respektlos verhält, und die Ehefrau soll ihren Mann selbst dann noch achten, wenn er lieblos ist. Das heißt: Es gibt weder eine Rechtfertigung für den Mann zu sagen: ‚Ich werde meine Frau erst lieben, wenn sie mich respektiert‘ noch für die Frau zu sagen: ‚Wenn mein Mann mich liebt, dann werde ich ihn achten.‘

Bis zu diesem Punkt war mir der Zusammenhang zwischen Liebe und Respekt immer noch nicht ganz klar. Meine Theorie trat erst dann zum Vorschein, als Gott mir die starke Verbindung von Liebe und Respekt in der Ehe aufschloss. Ich erkannte, warum es so schwer ist, den anderen zu lieben oder zu achten. Wenn ein Ehemann sich nicht respektiert fühlt, fällt es ihm besonders schwer, seine Frau zu lieben. Und wenn eine Frau sich ungeliebt fühlt, fällt es ihr besonders schwer, ihren Mann zu respektieren.

An diesem Punkt traf mich die Erleuchtung, die seitdem für mich und viele andere einen Sinn ergibt. Wenn ein Mann sich nicht respektiert fühlt, reagiert er darauf also tendenziell mit einem Verhalten, das seine Frau als lieblos empfindet. (Vielleicht wurde ihm das Gebot, seine Frau zu lieben, aus ebendiesem Grund gegeben!) Und wenn eine Frau sich nicht geliebt fühlt, reagiert sie tendenziell mit einem Verhalten, das ihr Mann als respektlos empfindet. (Vielleicht wurde der Frau das Gebot, ihren Mann zu achten, aus ebendiesem Grund gegeben!)

Der Teufelskreis des Ehewahnsinns zeigt in der Tat, dass „Bosheit etwas mit fehlender Einsicht zu tun hat und Unverstand mit Unverbesserlichkeit“ (Prediger 7,25).

Die Bedeutung des Zusammenspiels von Liebe und Respekt wird in der Bibel sehr deutlich gemacht, ebenso wie die Gefahr, dass die Verbindung zwischen beiden aufs Äußerste gespannt oder gar zerrissen wird. An dieser Stelle hatte ich das Aha-Erlebnis: Der Auslöser für das alles steckt in der Sache selbst. Ohne Liebe reagiert sie respektlos; ohne Respekt reagiert er lieblos. Auf seine Lieblosigkeit reagiert sie wieder repektlos und so weiter und so weiter. So entsteht der Teufelskreis des Ehewahnsinns! (siehe dazu eine Abbildung.)

Wo immer ich in der Vergangenheit von meiner Theorie berichtete, verstanden mich die Ehepaare im Publikum sofort. Sie erkannten, dass der Teufelskreis des Ehewahnsinns sich weiter und weiter drehen wird, wenn sie nicht lernten, ihn zu unterbrechen. Um das Ziel dieses Buches kurz zu umreißen: Ich will Ehepaaren helfen,

den Wahnsinn zu stoppen (siehe „Teufelskreis des Ehewahnsinns“),sich gegenseitig durch Liebe und Respekt zu beflügeln (siehe „Segenskreis einer kraftvollen Ehe“) unddie Früchte einer gottgemäßen Ehe zu genießen (der „Ultimative Segenskreis“).

Warum Liebe und Respekt zu unseren Grundbedürfnissen gehören

Nur allzu leicht gerät man in den Teufelskreis des Ehewahnsinns. Doch Ehepaare können den Teufelskreis erkennen und unterbrechen, wenn beide lernen, wie sie das Bedürfnis des jeweils anderen nach Liebe beziehungsweise Respekt stillen können. Oft schon wurde ich gefragt: „Wie können Sie sich so sicher sein, dass Frauen vor allem das Bedürfnis nach Liebe haben und Männer vor allem das Bedürfnis nach Achtung?“ Meine Antwort gliedert sich in zwei Teile.

Zunächst bestätigen meine Erfahrungen als Seelsorger und als Ehemann diese Tatsache. Es sind in der Regel die Frauen, die fragen: „Liebt mein Mann mich ebenso sehr wie ich ihn?“ Sie weiß, dass sie ihn liebt, aber sie fragt sich manchmal, ob er sie auch nur annähernd so sehr liebt. Wenn er ihr lieblos erscheint, reagiert sie negativ darauf. In ihren Augen muss er sensibler und fürsorglicher werden. Leider versuchen Frauen oft, ihre Männer durch Klagen und Kritik zu mehr Liebe zu bewegen. Doch das erweist sich als völlig fruchtlos.

Auf der anderen Seite stellen Männer in der Regel nicht die Frage: „Liebt meine Frau mich ebenso wie ich sie?“ Warum nicht? Weil sie sich ihrer Liebe sicher sind. Häufig frage ich Ehemänner: „Liebt Ihre Frau Sie?“ Und sie antworten: „Ja, natürlich.“ Doch wenn ich sie dann frage: „Und mag sie Sie auch als guten Freund?“, bekomme ich meist die Antwort: „Nö.“

In vielen Fällen interpretiert der Mann das als Respektlosigkeit oder gar als Verachtung. Seiner Meinung nach ist sie nicht mehr die Frau, die sie in der Zeit des Werbens war – die Frau, die alles an ihrem Geliebten bewunderte und toll fand. Nun findet sie nichts mehr toll, und das lässt sie ihn auch spüren. Und so beschließt der Mann, seine Frau zu mehr Achtung zu bewegen, indem er sich lieblos verhält. Doch das erweist sich als völlig fruchtlos.

Noch überzeugender ist die Aussage, die Epheser 5,33 über das Grundbedürfnis der Frau nach Liebe und das Grundbedürfnis des Mannes nach Achtung macht. Es ist ein Muss, dass der Mann seine Frau liebt wie sich selbst und dass die Frau ihren Mann achtet. Könnte man es eindeutiger ausdrücken? Paulus macht hier keinen Vorschlag; er spricht ein Gebot Gottes aus. Außerdem lautet das griechische Wort, das Paulus hier für „Liebe“ benutzt, agape, und das bedeutet bedingungslose Liebe. Und die Wortwahl im weiteren Textverlauf deutet sehr stark darauf hin, dass dem Mann bedingungslose Achtung erwiesen werden soll. Christen sollten diesen Vers nicht so verstehen: „Jeder von euch muss seine Frau so lieben wie sich selbst. Die Frau aber soll ihren Mann achten, falls er es verdient hat.“ In diesem Vers besitzt die Achtung für den Mann die gleiche absolute Bedeutung wie die Liebe für die Frau.

Ein anderer biblischer Autor stimmt mit Paulus in diesem Punkt überein. Der Apostel Petrus schreibt Frauen, deren Ehemänner Gottes Wort nicht gehorsam sind: „Ihr müsst euch euren Männern unterordnen, damit die von ihnen, die das Wort der Guten Nachricht nicht hören wollen, durch eure Lebensführung auch ohne Wort für den Glauben gewonnen werden. Das kann geschehen, wenn sie sehen, dass ihr ihnen Respekt erweist und ein vorbildliches Leben führt“ (1. Petrus 3,1–2; Hervorhebung d. d. Autor). Petrus spricht hier ohne Zweifel von bedingungsloser Achtung. Die Männer, von denen er hier spricht, sind entweder fleischlich gesinnte Christen oder Ungläubige, die dem Wort Gottes – Jesus Christus – nicht gehorchen. Gott gefällt ein solches Verhalten nicht und diese Männer haben den Respekt ihrer Ehefrauen nicht „verdient“, doch Petrus appelliert nicht an die respektvollen Gefühle der Frau. Er gebietet ihnen, ihren Männern durch ihr Verhalten Respekt zu erweisen. Es geht also nicht darum, ob der Mann den Respekt verdient, sondern um die Bereitschaft der Frau, ihrem Mann respektvoll zu begegnen, ohne Bedingungen zu stellen.

Etwas zu tun, wonach einem nicht zumute ist, widerspricht, gelinde gesagt, völlig unserer menschlichen Intuition. Daher muss dieses Bibelwort aus dem Glauben heraus in die Tat umgesetzt werden. Gott hat es so gewollt, dass Frauen ihre Männer achten, um auf diese Weise die Männer für ihn zu gewinnen. Wenn ein Mann sich für Gott öffnet, öffnet er sich auch ganz neu für seine Frau. Kein Mann wird zärtliche Gefühle für eine Frau hegen, wenn sie ihn als Person zu verachten scheint. Frauen können in ihren Männern liebevolle Gefühle wecken, wenn sie ihnen bedingungslosen Respekt erweisen.

Das Thema „Respekt“ ist das, was dieses Buch von anderen unterscheidet

Es gibt viele Ehebücher, die herausheben, wie wichtig es ist, dass Männer ihre Frauen lieben. Der besondere Aspekt dieses Buches ist der Gedanke, dass Frauen ihren Männern bedingungslose Achtung erweisen sollen. Dieses Buch wird ihnen zeigen, welche Kraft in bedingungsloser Liebe und bedingungslosem Respekt verborgen liegt. Wenn Sie und Ihr Ehepartner diese Instrumente nutzen, können Sie eine kriselnde Ehe vor der Scheidung oder eine mittelmäßige Ehe vor Langeweile und verdeckter Bitterkeit bewahren. Und wenn Sie eine gute Ehe führen, kann sie auf diese Weise noch besser werden. Sarah und ich führten eine gute Ehe, bevor wir das schlichte Geheimnis entdeckten, das ich Ihnen in diesem Buch aufschließen möchte. Heute ist unsere Ehe noch viel besser.

Sie möchten wissen, wie viel besser sie ist? Haben wir eine Art eheliches Nirwana der Vollkommenheit erreicht? Wohl kaum. Wir empfinden einander manchmal immer noch als lieblos oder respektlos. Wir drehen uns wie jedes andere Paar hin und wieder im Teufelskreis des Ehewahnsinns. Und doch haben wir eine Entscheidung getroffen, die den Kurs unserer Ehe zum Guten gewendet hat. Sarah und ich haben gelernt, wie man die Anzahl der Umdrehungen im Teufelskreis begrenzen kann. Oft können wir ihn stoppen, bevor er zu rotieren beginnt.

Was für eine lebensverändernde Entscheidung war das?

Ich habe mich entschieden zu glauben, dass Sarah nicht respektlos sein will. Sie kann sich zwar eklig verhalten, aber das entspricht nicht ihren tiefsten Gefühlen. Ich weiß, dass sie mich zutiefst achtet. Und Sarah hat sich entschieden zu glauben, dass ich nicht lieblos sein will, obwohl meine Kommentare und mein Verhalten sie manchmal sehr verletzen. Sie weiß, dass ich sie aus der Tiefe meines Herzens heraus liebe und sogar für sie in den Tod gehen würde. Und wie wirkt sich das praktisch aus? Lassen Sie es mich an Spiegeleiern und Handtüchern demonstrieren …

Sarah kann es einfach nicht lassen!

Sarah liebt ihr Spiegelei mit viel Pfeffer. Ich nicht. Im Verlauf unserer Ehe hat Sarah mir unzählige Spiegeleier gemacht, und jedes Mal hat sie Pfeffer darübergestreut, obwohl sie weiß, dass ich das nicht mag. Doch ich habe beschlossen zu sehen, dass Sarah das nicht tut, um mich zu ärgern oder weil ich ihr nichts bedeuten würde. Dafür kenne ich sie zu gut. Sie hat sogar schon verzweifelt vor sich hingemurmelt: „Sie taugen einfach nichts ohne Pfeffer“ (nachdem sie sie gepfeffert hatte, wohlgemerkt).

Sowenig ich verstehen kann, was es mit diesem ständigen Pfeffern auf sich hat, ich glaube nicht, dass Sarah vorhat, mich damit von gepfefferten Spiegeleiern zu überzeugen oder mich zu verärgern. Ich weiß, dass sie ganz andere Dinge im Kopf hat. Sie befindet sich sozusagen im Autopiloten, während sie meine Eier pfeffert. Ich habe sie schon hundertmal gebeten: „Keinen Pfeffer auf meine Spiegeleier!“ Würde sie nicht auf mich hören, wenn sie mich wirklich respektierte? Wäre es nicht verständlich, wenn ich vor Wut explodiere – zumal ja vorhersehbar ist, dass sie es wieder tun wird? Hätte ich nicht allen Grund, infrage zu stellen, ob sie mich wirklich achtet? Ihr Verhalten deutet doch darauf hin, dass ich ihr unwichtig bin, oder?

Nein, weil ich beschlossen habe, davon auszugehen, dass ihr Verhalten nicht das Ziel hat, respektlos zu sein, kann ich es wesentlich weniger negativ beurteilen.

Emerson kann einfach keine Ordnung halten

Ich lasse ständig nasse Handtücher herumliegen. Ich lasse das Brot stets auf dem Küchentresen und die Türen zu den Schränken stehen offen, nachdem ich das Geschirr herausgeholt habe. Auf dem Wohnzimmerboden stapeln sich Bücher. Natürlich habe ich eine Entschuldigung für all das: Ich bin einfach geistig abwesend. Wie sagt Sarah? „Er ist ständig in Gedanken.“ Manchmal wundere ich mich selbst und über das, was ich gerade mal wieder getan oder nicht getan habe. Wenn ich einen Blick zurück auf die Küchenschränke werfe und sie wie meistens offen stehen, frage ich mich: Warum um alles in der Welt habe ich die Tür nicht zugemacht? Ich lasse feuchte Handtücher herumliegen, statt sie im Bad aufzuhängen. (Daran haben wir übrigens gelernt, die Dinge leichter zu nehmen und so die Spannungen abzubauen. Wenn Sarah mir mit dem Handtuch vor der Nase herumwedelt, sage ich lächelnd: „Was für ein Zufall! Das wollte ich doch gerade aufhängen!“)

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch – ich bin kein kommpletter Chaot; aber ich habe nun mal Sarah geheiratet, und sie ist der Inbegriff von Ordnung und Sauberkeit. Ihrem hohen Maßstab werde ich einfach nicht gerecht, obwohl sie keine Perfektionistin ist. Sie denkt einfach nur logisch. Warum sollte man ein Handtuch auf dem Bett herumliegen lassen, wenn es dafür im Bad einen Haken gibt?

Doch Sarah schließt daraus nicht, dass ich sie ignorieren oder ärgern will. Sie weiß, dass ich mit meinen Gedanken oft woanders bin. Trotzdem hat sie mir schon tausend Mal gesagt: „Räum doch bitte deine Sachen auf!“ Wäre es da nicht leicht zu sagen: „Wenn du mich wirklich liebtest, würdest du auf mich hören“? Hätte sie nicht allen Grund, meinen besten Intentionen zu misstrauen? Schließlich zeigt mein Verhalten doch, dass sie mir völlig egal ist, oder?

Doch Sarah kann mich in einem positiveren Licht sehen, weil sie sich entschlossen hat, mir zu glauben, dass ich nicht absichtlich lieblos handle.

Ja, Sarah und ich haben beide unsere Macken. Der Teufelskreis des Ehewahnsinns ist jederzeit bereit, aufs Neue zu rotieren. Doch wir können ihn kontrollieren, wenn wir uns an das Zusammenspiel von Liebe und Respekt erinnern. Wir wissen, dass es wirkt, und wir möchten anderen davon erzählen, wie und warum es wirkt. Der erste Schritt besteht darin, zu verstehen, wie unterschiedlich Mann und Frau kommunizieren.

›› 2 Wer kommunizieren will, muss den Code entschlüsseln

Männer und Frauen, die das Zusammenspiel von Liebe und Respekt verstehen wollen, müssen begreifen, dass sie mithilfe bestimmter Codes miteinander kommunizieren. Das Problem besteht darin, dass sie nicht wissen, wie sie die Botschaften des anderen entschlüsseln können.

Ein Ehepaar stand kurz vor seinem zehnten Hochzeitstag. Die Frau fragte sich, ob ihr Mann wohl daran denken würde. Es war in der Vergangenheit schon oft vorgekommen, dass er den Hochzeitstag vergessen hatte. Da half es auch nichts, wenn sie ihm kleine oder große Hinweise gab – er merkte nichts. Doch an diesen zehnten Hochzeitstag denkt er ohne eine einzige Andeutung von ihr! Er fährt zu einem Schreibwarenladen und lässt seinen Blick über die Reihen mit den vielen Grußkarten gleiten. Eine farbenfrohe Karte fällt ihm ins Auge. Er überfliegt den Text – perfekt! Das ist genau die richtige Karte, denkt er. Er zieht sie aus dem Ständer, bezahlt und fährt fröhlich nach Hause. Endlich hat er einmal an den Hochzeitstag gedacht und diesmal wird es etwas ganz Besonderes werden.

Sie ist zu Hause, als er ankommt, und so schleicht er sich an ihr vorbei, unterschreibt die Karte und schreibt ihren Namen auf den Umschlag. Er fügt ihrem Namenszug sogar noch ein paar kleine Herzen hinzu. Dann geht er zu seiner Frau und überreicht ihr die Karte. Sie strahlt bis über beide Ohren. Sie ist überglücklich – endlich hat er einmal daran gedacht! Sie reißt den Umschlag auf und fängt zu lesen an … plötzlich verschwindet das Lachen aus ihrem Gesicht. Ihre vor Liebe sprühenden Augen bekommen einen kalten Ausdruck. Ihr Strahlen verwandelt sich in schlechte Laune.

„Was ist los?“, fragt ihr Mann. (Er ist sensibel und bemerkt solche Dinge sehr schnell.)

„Nichts.“

„Doch – ich sehe es dir an. Was ist los?“

„Na schön … das ist eine nette … Geburtstagskarte.“

Sie können sich denken, wie sich das Gespräch zum Schlechten wendet. „Was? Das ist doch nicht möglich!“, ruft der Ehemann aus und reißt ihr die Karte aus der Hand. „Unmöglich!“

„Ja, du bist unmöglich!“

Der Mann zuckt angesichts der sehr realen Wut seiner Frau zusammen. Er weiß, er hat es nur gut gemeint. Er hat an ihren zehnten Hochzeitstag gedacht. Er hat ihr ein Geschenk und eine Karte mitgebracht. „Schatz, das war doch nur ein Irrtum. Nun sei doch nicht so.“

„Ich soll nicht so sein? Weißt du, warum es zu diesem ‚Irrtum‘ kam? – Weil es dir völlig egal ist. Wenn du deinen Wagen in die Werkstatt brächtest und man würde dort die Zierleiste auch nur einen Millimeter zu weit unten anbringen – das würdest du sofort bemerken. Und warum? Weil dir das wichtig ist. Aber unser Hochzeitstag ist dir egal. Ich bin dir egal!“

Der Ehemann kann es nicht fassen. Seine Schuldgefühle weichen und Wut steigt in ihm auf. Was er sich als schöne Feier ihres zehnten Hochzeitstages gedacht hat, verwandelt sich in einen rasch eskalierenden Konflikt. Bis jetzt hat er sich verteidigt, doch nun steigt sein Puls. Er hat versucht, liebevoll zu sein, aber seine Frau wirft ihm nur hässliche Worte an den Kopf.

„Weißt du was? So wie du redest, bin ich froh, dass ich dir eine Geburtstagskarte geschenkt habe!“ Mit diesen Worten stürmt er aus dem Raum und schlägt die Tür hinter sich zu. Es sind etwa zwei Minuten vergangen, seit er ihr die Karte überreicht hat. Diese beiden Menschen, die einander wirklich lieben, hatten sich auf einen wunderbar romantischen Abend gefreut. Stattdessen geht jeder in ein anderes Zimmer, beide starren aus dem Fenster hinaus in die Dunkelheit, fragen sich, wie es so weit kommen konnte, und denken: Das ist doch verrückt!

In der Eheberatung frage ich die Paare oft: „Woher kommen denn die Kämpfe und Streitigkeiten zwischen euch?“ (Jakobus 4,1).

Diese Geschichte beruht auf einer tatsächlichen Begebenheit, und ich habe viele ähnliche Geschichten von Ehepaaren gehört, die zu Sarah und mir in die Beratung kamen. So ein wütender Schlagabtausch entsteht, wenn der Mann gleichgültig erscheint und seiner Frau nicht die Liebe zu geben scheint, die sie bräuchte, und wenn die Frau mit Kritik und Anschuldigungen reagiert, die so heftig sind, dass der Mann sich nicht mehr geachtet fühlt. Warum sollte sie ihm auch Respekt erweisen? Dieses Rindvieh hat keinen Respekt verdient!

„Du interessierst dich doch nur für Sex!“

Ein weiteres Beispiel: Der Ehemann war eine Woche lang auf Geschäftsreise. Während die Maschine landet, stellt er sich vor, wie er mit seiner Frau einen romantischen, sexuell erfüllenden Abend erlebt. Und so beeilt er sich, nach Hause zu kommen. Als er zur Tür hereinkommt, lauten die ersten Worte seiner Frau: „Du bist früh dran. Na ja, wenn du schon mal da bist, könntest du die Kinder von der Schule abholen. Und vergiss bitte den Elternabend heute nicht. Ach ja, und du musst unbedingt mit Billy reden. Der Lehrer hat gesagt, er lenke seine Freunde vom Unterricht ab. Und könntest du auf dem Weg zur Schule schnell meine Kleider von der Reinigung abholen? … Ach, fast hätte ich es vergessen: Wir werden heute erst später zu Abend essen. Meine Schwester kommt noch auf einen Kaffee vorbei.“

So viel zu dem romantischen Abend, den unser Ritter der Geschäftswelt sich ausgemalt hatte. Stattdessen spielt er die zweite Geige – nach den Kindern, der Reinigung und der Schwägerin. Während er zur Tür hinaustrottet, ruft er noch über die Schulter: „Schön, dich nach einer Woche wiederzusehen!“

Seine Frau wundert sich zwar über seinen sarkastischen Tonfall, doch in dem Moment klingelt das Telefon, und sie kommt nicht dazu, ihm nachzulaufen und zu fragen, was er damit meint. Später, während des Elternabends, spürt sie, dass er immer noch ärgerlich ist, doch auf dem Heimweg sagt sie nichts. Sie ist vom Trubel der vergangenen Woche erschöpft. Außerdem ist sie ärgerlich darüber, dass er überhaupt nicht fragt, wie es ihr ergangen ist. Sie fragt sich, welches Recht er hat, sauer zu sein, wenn er es doch ist, der sich wie ein Kind aufführt.

Als sie später zu Bett gehen, beschließt der Ehemann alles „wiedergutzumachen“ – und zwar auf die für ihn naheliegendste und natürlichste Art. Doch als er sich zu ihr hinüberbeugt, um ihr den Rücken zu streicheln – normalerweise ein guter Einstieg –, sagt sie nur: „Lass das! Ich bin müde.“

Wütend und ohne ein weiteres Wort dreht er sich auf die andere Seite, worauf sie, von seinem Ärger verletzt, meint: „Du bist so was von unsensibel!“

Ungläubig gibt er zurück: „Das ist ja wohl nicht zu glauben. Ich bin eine Woche weg, dann komme ich heim, und statt mich zu begrüßen, redest du nur von den Kindern und deiner Schwester – und du nennst mich unsensibel? Ich bin wohl nur dein Brötchenverdiener?“

Inzwischen ist die Ehefrau zutiefst verletzt und antwortet: „Du hast nicht einmal danach gefragt, wie es mir gegangen ist. Du interessierst dich doch nur für Sex!“

„Ich war eine Woche weg! Wenn ich früher auf Geschäftsreisen war, konntest du es gar nicht erwarten, dass ich nach Hause kam. Da hast du mich an der Tür mit einem Lächeln und einem Kuss begrüßt. Jetzt schaust du kaum auf und sagst nur: ‚Du bist früh dran.‘ Vielen Dank. Ich hab die Schnauze voll.“

Der blanke Wahnsinn

Geschichten wie diese sind keine Ausnahme. Jedes Ehepaar kennt seine eigene Version dieser Geschichten. Das ist es, was ich den Teufelskreis des Ehewahnsinns nenne. Und er dreht sich immer und immer weiter. Es ist, als käme jemand in einen Raum und entdeckte, dass das Licht nicht angeht, wenn man den Schalter betätigt. Wenn er den Schalter ein- oder zweimal betätigt, ohne dass sich etwas tut, können wir das ja noch verstehen. Er wird irgendwann herausfinden, dass etwas nicht stimmt – dass es einen Kurzschluss gab oder dass die Birne kaputt ist. Aber wenn er eine geschlagene halbe Stunde dasteht und ein ums andere Mal den Schalter drückt, dann fragen wir uns allmählich, ob der Typ noch ganz dicht ist.

Was ich damit sagen will, ist: Verrückt wird es dann, wenn wir immer wieder dasselbe tun, obwohl es zu nichts führt. Die Ehe scheint ein fruchtbarer Boden für solche Verrücktheiten zu sein. Ironischerweise werden heute mehr Bücher zum Thema „Ehe“ veröffentlicht als jemals zuvor. Doch trotz all unserer Erkenntnisse geht der Wahnsinn weiter. Und es scheint keinen Unterschied zu machen, ob die Paare an Christus glauben oder nicht. Warum? Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir, die wir einer Kirche angehören und glauben, die Wahrheit gefunden zu haben, nicht die ganze Wahrheit nutzen. Ein wesentlicher Teil des Wortes Gottes wird völlig ignoriert oder übersehen, obwohl er direkt vor unserer Nase liegt.

Viele christliche Ehepaare kennen Epheser 5,33 und können die Bibelstelle zumindest dem Sinn nach wiedergeben. Der Apostel Paulus fordert die Männer auf, ihre Frauen zu lieben wie sich selbst, und die Frauen, ihre Männer zu respektieren. Doch hört irgendjemand darauf? Vielleicht wäre es ein erster Schritt zu einer besseren Kommunikation, wenn Männer und Frauen wirklich hören würden, was Gottes Wort so überdeutlich ausspricht.

Warum kommunizieren Ehepaare mithilfe von Codes?

Das Thema „Kommunikation in der Ehe“ wurde schon in Hunderten, wenn nicht gar Tausenden von Büchern beschrieben, diskutiert und auseinandergenommen. Warum stellt die Kommunikation zwischen Mann und Frau ein derartiges Problem dar? Das lässt sich auf die Tatsache zurückführen, dass wir, ohne es zu beabsichtigen, unsere Botschaften in einem geschlechtsspezifischen „Code“ senden. Was ich sage, ist nicht das Gleiche wie das, was Sie hören. Und was Sie zu hören glauben, entspricht nicht dem, was ich gemeint habe. Verdeutlichen wir uns dies an einem Beispiel:

Ein Ehepaar macht sich morgens fertig.

Sie sagt: „Ich habe nichts anzuziehen.“ (Sie meint damit, sie habe keine neuen Kleidungsstücke.)

Er sagt: „Ich habe nichts anzuziehen.“ (Er meint, er habe keine sauberen Kleidungsstücke.)

In diesem Beispiel besteht nicht die Gefahr eines ernsthaften Konflikts, doch dieses „Nichts anzuziehen“ illustriert, dass jeder die Dinge aus seinen Bedürfnissen und seiner Perspektive heraus betrachtet.

Neulich erst arbeitete ich am Computer, während Sarah im Nebenraum das Radio laufen ließ. Es war irgendeine Talkshow, gerade laut genug, um mich von meinen Gedanken abzulenken. Ich rief ihr zu: „Hörst du dir das gerade an?“ Keine Antwort. Noch einmal rief ich: „Hörst du dir das an?“ Wieder keine Antwort. Schließlich rief ich noch lauter: „Hörst du Radio?!“ Da rief sie mir zu: „Ich versuche, Radio zu hören, aber du störst mich ständig dabei!“

Der darauf folgende zweiminütige Wortwechsel wuchs sich beinahe zu einem echten Streit aus. Sarah war sauer auf mich, weil sie eigentlich mit anderen Dingen beschäftigt gewesen war und das Radio gar nicht bewusst wahrgenommen hatte. Als ich jedoch gefragt hatte, ob sie sich das anhört, dachte sie, es gäbe etwas im Radio, das sie meiner Meinung nach unbedingt hören sollte. Meine Frage hatte aber natürlich darauf abgezielt, dass sie das Radio ausschaltet, wenn sie ohnehin nicht zuhört. Und daher war ich ärgerlich, weil sie mich offensichtlich nicht verstanden hatte.

Schließlich wurde mir bewusst, dass ich meine Absicht nicht sehr klar ausgedrückt hatte und dass es nicht sehr liebevoll gewesen war, sie dreimal anzuschreien. Also entschuldigte ich mich. Ich erzähle von diesem kleinen Missverständnis, weil es zeigt, wie schnell solche Situationen eskalieren können. Ab einem gewissen Punkt geht es dann nicht mehr um das Radio oder irgendeine andere fehlgelaufene Kommunikation. Dann ist die Frau vielleicht beleidigt, weil der Mann so unsensibel ist (eine Befürchtung, die viele Frauen hegen). Und in weniger als einer Minute fühlt sie sich ungeliebt und bezichtigt ihren Mann der Lieblosigkeit. Inzwischen ist der Mann bereits verärgert darüber, dass seine Frau mit ihm redet, als wäre er ein unsensibler Holzklotz, und knallt ihr den Satz an den Kopf, der für viele Männer fast schon ein Mantra ist: „Dir kann ich es doch nie recht machen!“ Der Mann fühlt sich respektlos behandelt oder zumindest zu Unrecht kritisiert – zum hunderttausendsten Mal. So kann ein kleiner Funke schnell ein Feuer entfachen. Und wenn das Ehepaar nicht weiß, wie ein solches Feuer zu löschen ist, kann daraus eine wahre Feuersbrunst werden.

Wenn das Thema nicht das eigentliche Thema ist

Fast immer ist das Thema, das den Wahnsinn ins Rollen zu bringen scheint, nicht der eigentliche Punkt. Hatten Sie schon einmal Krach mit Ihrem Ehepartner, ohne recht zu wissen, warum? Sie nehmen wahr, wie Ihr Ehepartner verletzt, abwehrend oder kalt reagiert, und Sie fragen sich: Was ist denn nur los? Was ist passiert? In der Regel werden Sie die Sache abtun und sich sagen: Wäre sie doch nur nicht so empfindlich, oder: Würde er sich doch weniger kindisch benehmen. Wenn Sie die Person sind, der Unrecht geschehen ist, sieht die Sache natürlich anders aus. Ihr Ehepartner ist Ihnen mal wieder auf die Füße getreten.