Liebe und Sexualität - Teil 1 - Omraam Mikhael Aivanhov - E-Book

Liebe und Sexualität - Teil 1 E-Book

Omraam Mikhaël Aïvanhov

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Beschreibung

Es scheint, als wäre über Liebe und Sexualität bereits alles gesagt. Unbeachtet jedoch blieb die Tatsache, dass die Kraft der Liebe, die sich in jedem Menschen äußert, zur höchsten Entfaltung des Geistes genutzt werden kann. Männer und Frauen wissen nicht, was sie eigentlich zueinander hinzieht: Sie folgen blind dieser Anziehungskraft. Und nehmen ihre Erlebnisse meist ein enttäuschendes, unwürdiges Ende, so liegt ihnen doch der Gedanke fern, dass sie ihre Auffassung von Liebe und Sexualität berichtigen sollten. Die Eingeweihten lehren, dass Mann und Frau die Repräsentanten der zwei Uraspekte Gottes sind: des Ewig-Männlichen und des Ewig-Weiblichen, woraus das ganze Universum erschaffen wurde – und dass sie dieselbe Schöpfermacht in sich tragen. So wie die Vereinigung von Geist und Materie kann auch die Vereinigung von Mann und Frau neue Welten erschaffen. Dazu bedarf es jedoch in der Liebe eines erweiterten Verstehens, einer vertieften Auffassung, besonderer Regeln und Verhaltensweisen, wie sie trotz des sich verbreitenden Schrifttums über tibetanische Tantrik noch nie gelehrt wurden. Darum mag auch der Inhalt dieses Bandes den Leser erstaunen, denn er wird seine bisherigen Ansichten und Meinungen erschüttern. Ist ihm jedoch ernsthaft an geistigem Wachstum gelegen, dann wird er daraus erfahren, wie er dank der Liebe zu seinem gottgewollten Endziel gelangt.

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Über den Autor

Omraam Mikhaël Aïvanhov war ein großer spiritueller Meister, ein lebendiges Vorbild, ein »Überbringer des Lichts« und ein warmherziger, humorvoller Lehrer, der durch sein selbstloses, zugängliches und brüderliches Verhalten überzeugte.

Er strebte an, alle Menschen bei ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten – so wie ein Bergführer seine Kameraden sicher bis auf den höchsten Gipfel führt.

Das Gedankengut, das Omraam Mikhaël Aïvanhov verbreitet hat, bietet zahlreiche Methoden und einen klaren, begehbaren Weg zu größerer Vollkommenheit und mehr Lebensglück.

In wohltuend einfacher Sprache erklärt er alle wichtigen Zusammenhänge des Lebens und ist gerade bei den Fragen unserer heutigen Zeit wegweisend. Ob es um die Bewältigung des Alltags geht, um das Thema der Liebe und Sexualität oder um tiefgründige philosophische Themen – stets sind seine Antworten überraschend klar und hilfreich.

 

 

Kurzbeschreibung

»Liebe und Sexualität«Reihe Gesamtwerke – Band 14

Aus dem Französischen übersetzt.Originaltitel: »L'amour et la sexualité«ISBN 978-2-85566-311-1

Es scheint, als wäre über Liebe und Sexualität bereits alles gesagt. Unbeachtet jedoch blieb die Tatsache, dass die Kraft der Liebe, die sich in jedem Menschen äußert, zur höchsten Entfaltung des Geistes genutzt werden kann. Männer und Frauen wissen nicht, was sie eigentlich zueinander hinzieht: Sie folgen blind dieser Anziehungskraft. Und nehmen ihre Erlebnisse meist ein enttäuschendes, unwürdiges Ende, so liegt ihnen doch der Gedanke fern, dass sie ihre Auffassung von Liebe und Sexualität berichtigen sollten.

Die Eingeweihten lehren, dass Mann und Frau die Repräsentanten der zwei Uraspekte Gottes sind: des Ewig-Männlichen und des Ewig-Weiblichen, woraus das ganze Universum erschaffen wurde – und dass sie dieselbe Schöpfermacht in sich tragen. So wie die Vereinigung von Geist und Materie kann auch die Vereinigung von Mann und Frau neue Welten erschaffen. Dazu bedarf es jedoch in der Liebe eines erweiterten Verstehens, einer vertieften Auffassung, besonderer Regeln und Verhaltensweisen, wie sie trotz des sich verbreitenden Schrifttums über tibetanische Tantrik noch nie gelehrt wurden. Darum mag auch der Inhalt dieses Bandes den Leser erstaunen, denn er wird seine bisherigen Ansichten und Meinungen erschüttern. Ist ihm jedoch ernsthaft an geistigem Wachstum gelegen, dann wird er daraus erfahren, wie er dank der Liebe zu seinem gottgewollten Endziel gelangt.

 

 

 

Da Omraam Mikhaël Aïvanhov seine Lehre ausschließlich mündlich überlieferte, wurden seine Bücher aus stenographischen Mitschriften, Tonband- und Videoaufnahmen seiner frei gehaltenen Vorträge erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Über den Autor

Kurzbeschreibung

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kapitel 1: Die beiden Prinzipien Männlich und Weiblich – die Liebe zu Gott, zum Nächsten und zu sich selbst

Kapitel 2: Den Stier bei den Hörnern packen – Der Hermesstab

Kapitel 3: Die Schlange, die entschleierte Isis

Kapitel 4: Die Kraft des Drachens

Kapitel 5: Geist und Materie, die Sexualorgane

Kapitel 6: Ausdrucksformen des männlichen und des weiblichen Prinzips

Kapitel 7: Die Eifersucht

Kapitel 8: Die zwölf Tore von Mann und Frau

Kapitel 9: Von Jesod zu Kether: Die Vergeistigung der Sexualkraft

Kapitel 10: Der geistige Filter

Kapitel 11: Lernt richtig zu essen, um lieben zu lernen

Kapitel 12: Die Rolle der Frau in der neuen Kultur

Kapitel 13: Die Bedeutung der Nacktheit in der Einweihung

Kapitel 14: Das männliche und das weibliche Prinzip: Wechselbeziehungen zwischen Mann und Frau

Kapitel 15: Leere und Fülle – Poros und Penia

Kapitel 16: Die Lehre von der Liebe in der Einweihung

Kapitel 17: Liebe ist im ganzen Weltall vorhanden

Kapitel 18: Wie kann man den Begriff der Ehe erweitern?

Kapitel 19: Die Schwesterseele

Kapitel 20: Alles liegt in der Betrachtungsweise

Kapitel 21: Analyse und Synthese

Kapitel 22: Die Liebe organisiert – Wie die Sonne – Das Leben

Kapitel 23: Die Mutterliebe

Kapitel 24: Leere und Fülle, vom Sinn des Entsagens

Kapitel 25: Die Frage der Bindungen

Kapitel 26: Die Jugend und die Liebe

Vom selben Autor – Reihe Gesamtwerke

Vom selben Autor – Reihe Izvor

Vom selben Autor – Reihe Broschüren

Copyright

Vorwort

Der Leser sei darauf hingewiesen, dass der vorliegende Band sich vor allem an jene richtet, die eine wirkliche Hilfe zur geistigen Höherentwicklung suchen.

Es scheint, als wäre über Liebe und Sexualität bereits alles gesagt. Dichter und Schriftsteller beschrieben Freud und Leid derer, die sich lieben; Philosophen fragten nach der Herkunft jener Kraft, die Menschen unwiderstehlich zueinander treibt; Biologen und Psychologen erforschten die physischen sowie psychischen Vorgänge des Sexuallebens, Ärzte und Psychiater die pathologischen. Verhaltensforscher, Gläubige sowie Laien versuchten durch mancherlei Verbote das gewaltige Drängen der Triebe und Gefühle einzudämmen. Andere wiederum fordern die Menschen auf, sich von ihnen treiben zu lassen, und viel Geschriebenes gibt Anleitungen zu immer größerem Genuss dieser Gefühle.

Es hat wirklich den Anschein, als sei dieses Thema erschöpft... Unbeachtet jedoch blieb die Tatsache, dass die Kraft der Liebe, die sich in jedem Menschen kundtut, zur höchsten Entfaltung des Geistes genutzt werden kann. Männer und Frauen wissen nicht, was sie eigentlich zueinander hinzieht: Sie folgen blind dieser Anziehungskraft, ja suchen nach ihr, da sie die Zufriedenstellung ihres Sexualverlangens als eine der Hauptquellen körperlicher Lust empfinden. Und nehmen ihre Erlebnisse auch ein enttäuschendes, unwürdiges Ende, so liegt ihnen doch der Gedanke fern, dass sie ihre Auffassung von Liebe und Sexualität berichtigen sollten.

Man könnte meinen, die Menschen nehmen es seit Jahrtausenden als ein unabänderliches Schicksal hin, dass Liebe stets mit den schönsten Träumen von Glück beginnt und in bitteren Enttäuschungen, wenn nicht gar in seelischem und körperlichem Zusammenbruch endet.

Dennoch irren sie nicht, wenn sie glauben und hoffen, denn allein die Liebe bringt wahres Glück. Ihre Liebe scheitert nur deshalb immer wieder, weil sie die Regeln spiritueller Weisheit nicht beachten.

Die Eingeweihten lehren, dass Mann und Frau die Repräsentanten der zwei Uraspekte Gottes sind: des Ewig-Männlichen und des Ewig-Weiblichen, woraus das ganze Universum erschaffen wurde – und dass sie im Besitz derselben Schöpfermacht sind.

So wie die Vereinigung von Geist und Materie, vermag auch die Vereinigung von Mann und Frau neue Welten zu schaffen. Dazu jedoch bedarf es in der Liebe eines erweiterten Verstehens, einer vertieften Auffassung, besonderer Regeln und Verhaltensweisen, wie sie trotz des sich verbreitenden Schrifttums über tibetanisches Tantra noch nie gelehrt wurden.

Darum können auch der Inhalt dieses Bandes und die darin aufgezeigten neuen Richtungen den Leser erstaunen, denn sie werden seine bisherigen Ansichten und Meinungen in Frage stellen. Ist ihm jedoch wirklich an geistigem Wachstum gelegen, dann wird er daraus erfahren, wie er dank der Liebe leichter zu seinem gottgewollten Endziel gelangt.

Kapitel 1: Die beiden Prinzipien Männlich und Weiblich – die Liebe zu Gott, zum Nächsten und zu sich selbst

Zwei grundlegende Prinzipien des Universums spiegeln sich in allen Erscheinungsformen des Lebens und in der gesamten Natur wider. Die ganze Schöpfung ist das Werk dieser beiden Prinzipien, die der Einfachheit halber männliches und weibliches Prinzip genannt werden. Sie sind das Abbild, die Wiederholung der beiden hohen göttlichen Prinzipien, die alles erschufen, des Himmlischen Vaters und der Göttlichen Mutter, die man als Polarisation eines einzigen Urprinzips verstehen muss, des Absoluten, Nicht-Offenbarten, welches die Kabbala Ain Soph Aur nennt.

Es steht geschrieben, dass der Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen wurde, d. h. nach dem Bilde der beiden Prinzipien, und er enthält in seinem Wesen einen männlichen sowie einen weiblichen Teil, der eine ist sichtbar, der andere verborgen, man sieht ihn nicht, dennoch ist er vorhanden. Jede Frau ist in ihrem Äußeren weiblich, hat jedoch innerlich das männliche Prinzip. Auch jeder Mann ist äußerlich betrachtet männlich, besitzt in seinem Innern aber das weibliche Prinzip. Seid ihr mit diesem Polaritätsgesetz vertraut und versteht es, beide Prinzipien, Männlich und Weiblich, aussendend und aufnehmend, positiv und negativ, richtig anzuwenden, wie viele Probleme könnt ihr dann lösen!

Diese beiden Prinzipien haben wir alle in uns, und sie sind dem Gesicht, dem Körper, den Händen aufgeprägt, der Natur, den Blumen, Tieren, Früchten, Bergen, den Flüssen, Höhlen und Sternen... Überall sieht man nur diese Prinzipien in mannigfaltiger Form und Größe. Betrachtet ihr die Erdoberfläche oder das Erdinnere, begebt ihr euch auf den Grund der Weltmeere oder hinauf in die Lüfte, immer seht ihr nur diese beiden Prinzipien wirken.

Bewusst oder unbewusst reagieren ihnen gegenüber alle Geschöpfe in derselben Weise, alle messen ihnen höchste Bedeutung zu, nichts zählt für sie, als nur diese beiden Prinzipien.

Ein Mann ist bereit, für eine Frau, die er heiraten möchte, alles aufzugeben. Selbst wenn er ein König ist, ist er bereit, sein Königreich mitsamt seinen Untertanen, seinem Heer und allen seinen Schätzen aufzugeben für eine einzige Frau... Doch was besitzt diese Frau, dass ein ganzes Volk von Millionen von Menschen ihretwegen verblasst?

In Wahrheit ist es nicht die Frau, nach der er sucht, sondern das Prinzip; denn es gibt nichts Höheres. Ihr seht, dieser Mann ist treu, er sucht das Prinzip und wendet sich von allem anderen ab. Ebenso verhält sich die Frau. Sie widersetzt sich ihrer Familie, trotzt der ganzen Welt um des Mannes willen, den sie liebt. Und weshalb? Hat sie etwa Unrecht? Keineswegs. Der Herr und die Mutter Natur haben es ins Herz jedes Menschen eingeprägt: »Du wirst Vater und Mutter verlassen und deiner Frau (deinem Manne) nachfolgen.« Tief im Seelengrunde jedes Geschöpfes ist eingegraben, dass das erste Prinzip nur nach dem zweiten und das zweite Prinzip nur nach dem ersten sucht. Die Menschen sind sich dieser Tatsache nicht immer bewusst, weil diese Suche die unterschiedlichsten Formen annimmt, je nachdem in welchem Bereich sie sich abspielt, ob in Wissenschaft, Philosophie, Kunst oder Religion.

Die Mystiker sagen, sie suchen nach Gott. Was sie Gott nennen, ist im Grunde genommen aber nichts anderes als der sie ergänzende Gegenpol, mit dem sie sich vereinen, mit dem sie verschmelzen möchten, um zu einem vollkommenen, ganzheitlichen Wesen zu werden. Bis sie dies erreicht haben, fühlen sie sich zwiegespalten, verstümmelt. Jeder sucht nur nach der ihn ergänzenden Hälfte, die man in der Einweihungswissenschaft die Schwesterseele nennt, um endlich zu Fülle, Frieden, Allwissenheit und Allmacht zu gelangen und Gott gleich zu werden. Nur die Form, in der sie es suchen, ist unterschiedlich.

Denkt darüber nach. Alles befindet sich in der Liebe, außerhalb von ihr herrscht Leere, das Nichts. Strenggläubige, Puritaner, Heuchler wollen es zwar nicht wahrhaben, aber auch sie suchen in Wirklichkeit nur nach Liebe. Sie lassen es sich nicht anmerken, weil sie den alten Traditionsvorstellungen von Reinheit und Keuschheit gehorchen wollen, aber die Natur weiß nichts von diesen menschlichen Erfindungen; sie wirkt in jedem Lebewesen, und es kocht, glüht und brennt! Die Frage ist, wie man zu jener wahren Liebe findet, wie sie von Gott verstanden wird und wie man sie in gottgefälliger Weise ausübt, damit diese Begegnung, diese vollkommene Vereinigung stattfinden kann.

Überall um euch her seht ihr nur die beiden Prinzipien. Ob ihr esst, trinkt, schaut, zuhört, arbeitet, ja selbst beim Singen hier im Chor... Ja, ihr ahnt nicht, was sich ereignet, wenn ihr singt. Die hohen, glockenhellen Stimmen der Schwestern und die tiefen Bass-Stimmen der Brüder, meint ihr, sie verklingen einfach so im Raum? Oh nein, sie verschmelzen ohne euer Wissen irgendwo über euren Köpfen und schenken sich gegenseitig viel Wundervolles, Göttliches. Eure Stimme ist durchdrungen von eurem Magnetismus, eurer Lebenskraft, eurem Duft. Ihr seid mit eurer Stimme verbunden, als wäre sie ein kleiner Papierdrachen, den ihr am Ende einer langen Schnur haltet. Eure Stimme verlässt euch und schwebt über euch im Raum, wo sie den anderen Stimmen begegnet, und sich mit ihnen vereint, und kommt sodann verstärkt zu euch zurück, um all das bereichert, was sie in dieser Vereinigung empfangen hat. Durch den Gesang findet ein feinstofflicher, göttlicher Austausch zwischen den Brüdern und Schwestern statt, die auf diese Weise ätherische Teilchen aufnehmen können, was auf andere, grobstofflichere Weise nicht möglich wäre. Über diesen feinstofflichen Austausch der Stimmen nähren sich Seele und Geist von dem, was sie aufgenommen haben und lassen auch dem physischen Körper etwas davon zukommen, damit er nicht zu sehr hungern und dürsten muss.

Während wir also singen, leisten das männliche und das weibliche Prinzip zunächst im höheren Bereich eine Arbeit; dann kehrt das, was sie erschufen zu uns zurück, und uns allen kommt dieser reine, himmlische Austausch zugute. Niemand kann uns dabei zum Vorwurf machen, dass wir die Gesetze der Reinheit übertreten, wir fühlen uns gesättigt, mit neuer Kraft erfüllt. Das ist der eigentliche Grund, weshalb es gemeinsames Singen schon seit der Erschaffung der Welt gibt. In der Gegenwart ging die Einsicht in diese verborgenen Tatsachen verloren. Es blieb nur die Praxis, dass Männer und Frauen weiterhin im Duett, im Trio, im Chor singen, ja selbst die Bauersleute auf dem Land singen beim Tanzen und sind glücklich. Ohne dass sie es merken, kommunizieren durch Gesang und Musik ihre Seele und ihr Geist mit Seele und Geist der anderen, und sie nehmen dabei etwas auf, das sie für eine Weile glücklich und weit macht.

Es gibt Hunderte und Tausende von Möglichkeiten, die die Natur ersann, um den Menschen feinstofflichen Austausch zu erlauben, wenn das im Körperlichen nicht möglich ist. Zum Beispiel in Schwimmbädern, an Stränden, in Tanzlokalen, ja selbst in den Kirchen!... Bei letzteren ist es natürlich fraglich, ob es dann auch wirklich so fromm zugeht... Ein junger Mann läuft auf der Straße hinter einem appetitlichen, herausgeputzten Mädchen her, und siehe da, sie geht in eine Kirche... »Wie schade«, sagt er sich, »wäre es ein Tanzlokal, würde ich es leicht wagen!« Trotzdem folgt er ihr in die Kirche, und da sie ihn bemerkt, legt sie ein manierliches Verhalten an den Tag, nimmt Posen an... und er nähert sich ihr mehr und mehr, und anstatt zum Priester zu sehen und der Messe zuzuhören, hat er nur Augen für sie. Ihr seht, Austausch findet selbst in Kirchen statt; feiner ätherischer Austausch!... Was aber im Kopf jener beiden vorgeht, ist wie gesagt, nicht unbedingt so fromm!...

Sprechen wir aber noch ein wenig über das Singen. Hättet ihr keinen Mund, d. h. eine Zunge und zwei Lippen, so könntet ihr weder sprechen noch singen. Demnach sind also das Sprechen und auch das Singen von diesen beiden Prinzipien, Männlich und Weiblich, das heißt von der Zunge und den Lippen abhängig.1 Ihr meint, ich spreche über anstößige Dinge... Keineswegs, ich stelle lediglich fest – die Natur hat den Mund geschaffen, nicht ich. Um nur ein paar Worte hervorzubringen, bedarf es der Zunge und der Lippen, sonst entsteht kein Wort, kein Lied. Gesang und Sprache sind ein Ergebnis. Sie sind das Kind eines Vaters und einer Mutter, die auf einer höheren Stufe der Entwicklung stehen, geistiger sind, da Gott sie in den Kopf verlegte. Zunge und Lippen haben dieselbe Aufgabe wie die Sexualorgane, denn gemeinsam vermögen sie ebenfalls zu zeugen, jedoch auf feinstofflicher Ebene, nämlich das Wort. »Am Anfang war das Wort.« Wenn wir ernsthaft diese beiden Prinzipien finden wollen, müssen wir sie oben suchen, nicht unten, denn unten sind die Organe von Mann und Frau lediglich eine Wiederholung, eine vergröberte Widerspiegelung der beiden Prinzipien oben, die genauso schöpferisch sind und Leben geben können wie die beiden unteren.

Daraus mögt ihr ersehen, meine lieben Brüder und Schwestern, welch wesentliche Rolle dem Singen zukommt, vor allem den spirituellen, mystischen Liedern, die wir hier in der Bruderschaft singen. Bislang war das Singen für euch nur ein Zeitvertreib, eine Zerstreuung; von nun an soll es euch bewusst werden, dass es eine Nahrung ist, eine Notwendigkeit, ein geistiges Bedürfnis.

Wenn ihr es nicht versteht, euch von Musik und Gesang zu nähren, so wird der weniger feinstoffliche Austausch, den ihr pflegt, euch nur Bedauern und Bitternis einbringen.

Die Frage des Austauschs wird aber noch immer falsch verstanden. Einige Mystiker, manche Einsiedler oder Asketen waren derart unwissend und engstirnig, dass sie ihr seelisches Gleichgewicht, ihre Gesundheit, ihr Lebensglück zerstörten, indem sie jeglichen Austausch ablehnten; sie vertrockneten, wurden zu Leichen ohne Leben, ohne Früchte, ohne alles. Natürlich waren sie der Auffassung, den Willen des Herrn auszuführen! Als ob der Herr Tod und Leichen bevorzugt! Er ist für das Leben, das Schöpferische, denn Er beschäftigt sich mit nichts anderem als dem Erschaffen. Doch die Menschen haben alles verdreht, bilden sich ein, der Herr sei gegen die Liebe, gegen Ehe und Kinder... Ihrer Meinung nach ist das Religiosität. Welch eigenartige Glaubensbrüder!

Ihr wendet ein: »Viele hohe Meister und Eingeweihte waren nicht verheiratet; waren sie denn auch wie diese Fanatiker?« Nein, die großen Meister und Eingeweihten haben ein weitumfassendes Verständnis, sie begreifen Gottes Schöpfung, sehen die Dinge klar, und führen einen keuschen, reinen Lebenswandel, weil sie auf den feinstofflichen Ebenen unendlich reiche, wunderbare Austausche erleben, so dass sie nicht das Bedürfnis haben, zu tief in die Materie hinabzusteigen, wo sie sich beschränken und überlasten würden. Sie leben ehelos und keusch, nicht etwa, weil sie gegen die Liebe sind, ganz im Gegenteil, sie laben und nähren sich an Quellen und in Bereichen, die der Menge unbekannt sind und worin sich die Austausche in strahlendstem Licht und in vollkommener Reinheit vollziehen. Engel kommen zu ihnen, Erzengel besuchen sie, Sonne und Sterne senden ihnen Blicke und ihr Lächeln; selbst die Menschen schenken ihnen Liebe und Vertrauen. Und so werden sie von allen Seiten reich beschenkt! Was brauchen sie denn noch? Wozu sollten sie auf solch unschätzbare Reichtümer verzichten und sich in Sümpfe begeben, wo ihrer nur Enttäuschungen warten? Noch versteht ihr mich nicht, aber später wird es so weit sein.

Es heißt in den Evangelien: »Du sollst Gott deinen Herrn lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, aus ganzem Gemüte und mit allen deinen Kräften« und »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.«2Seht ihr, den Herrn und seinen Nächsten soll man lieben; nirgendwo ist davon die Rede, man solle sich nur selber lieben! Und dennoch, wie sieht es in Wirklichkeit aus? Die Menschen lieben vor allem zunächst sich selbst. Danach erst, falls noch etwas auf dem Teller übrig bleibt, geben sie es dem Nächsten; und was den Herrn betrifft, so gehen sie einmal im Jahr in die Kirche und zünden eine Kerze an. Wie kommt das? Nirgendwo heißt es: »Liebt euch selbst« und doch tut jeder nur das! Für die beiden anderen Gebote, die noch genannt sind, hat man keine Zeit. Die Eingeweihten sagten niemals, man solle sich selbst lieben, denn sie wussten, dass die natürlichste, am tiefsten verankerte, hartnäckigste Neigung die ist, sich selbst zu lieben, sich zufrieden zu stellen, zu essen und zu trinken, ja sogar das dem Nachbarn wegzunehmen, was ihm gehört... Die Liebe zu sich selbst, nur darauf stößt man Tag und Nacht. Und dennoch meinten die Eingeweihten, indem sie zu den Menschen sagten, dass sie den Herrn und ihren Nächsten lieben sollen, nichts anderes als: »Liebt euch selbst.« Sie sprachen es zwar nicht aus, denn sie wussten, dass man sie nicht verstehen würde; aber genau das wollten sie sagen.

Die Liebe zu sich selbst, die Liebe zum Nächsten und die Liebe zu Gott, diese drei Arten der Liebe entsprechen den Lebensabschnitten des Menschen. Das Kind liebt sich selbst, denkt nur an sich; später beginnt es seinen Vater, seine Mutter, seine Geschwister und seine Freunde zu lieben... und dann seine Frau und seine Kinder. Hat der Mensch viele andere geliebt, die ihn oft betrogen und enttäuscht haben, dann wendet er sich endlich dem Herrn zu und schenkt Ihm seine ganze Liebe, sucht nur noch nach Ihm. In Wirklichkeit, ich kann es euch beweisen, sind die höheren Grade der Liebe in der Eigenliebe mit einbegriffen, denn indem man die anderen und Gott liebt, liebt man eigentlich immer sich selbst. Es ist zwar eine verfeinerte, viel lichtvollere, geistigere Liebe, aber man liebt doch immer sich selbst. Warum liebt ihr nicht alle Frauen, sondern nur eine? Weil sie etwas von euch selbst widerspiegelt, und dieses etwas ist die andere Seite eurer selbst. Der Mensch hat zwei Pole und diese Polarisierung treibt ihn dazu, seine andere Hälfte jeweils in Frauen oder in Männern zu suchen, ja selbst im Schöpfer. Immerzu sucht und liebt er nur sich selbst. Nicht sein Äußeres, das ihm im Spiegel entgegenblickt, nein, er sucht das andere Prinzip, den anderen Pol. Seid ihr ein Mann, ist der andere Pol das weibliche Prinzip, seid ihr eine Frau, ist es das männliche Prinzip.

Der Mensch, so wie die Eingeweihten ihn sehen, ist ein Ganzes. Die beiden Pole positiv und negativ sind die zwei Hälften einer Einheit, die sich im Laufe der Evolution teilte. Ursprünglich war der Mensch gleichzeitig Mann und Frau, das nennt man androgyn. Zu dem Zeitpunkt, da die Geschlechtertrennung stattfand, ging jedes Prinzip in seine eigene Richtung, trägt aber in sich, tief in seine Seele eingeprägt, den Abdruck, das Bild des anderen. Deshalb ist ein Mann, wenn er unter Hunderten, Tausenden von Frauengesichtern eines entdeckt, das jenem, das er in sich trägt, ähnelt, so glücklich und setzt alles daran, es ständig in seiner Nähe zu haben. Leider merkt er aber häufig nach einiger Zeit, dass das Bild mit dem in seiner Seele nicht ganz übereinstimmt; und dann verlässt er die Frau, um sich nach einer anderen umzusehen, in der er aufs Neue seine andere Hälfte zu finden hofft, seine Schwesterseele. Dies trifft für Frauen ebenso zu wie für Männer, niemand macht eine Ausnahme. Eines Tages jedoch wird diese Begegnung der beiden Prinzipien wirklich stattfinden; denn die sie verbindende Liebe ist stärker als alles andere.

In Wirklichkeit sind wir selbst unsere Schwesterseele, unser anderer Pol. Sind wir unten, ist der andere Pol oben und kommuniziert mit dem Himmel, den Engeln und Gott, in Vollkommenheit und Fülle. Darum unterweisen alle Einweihungslehren ihre Schüler darin, mit dem anderen Pol eins zu werden. Der indische Jnani-Yoga vermittelt Methoden, dank derer sich der Yogi mit seinem höheren Ich vereinigen kann, denn durch dieses Einswerden vereint er sich mit Gott selbst. In Griechenland ist derselbe Gedanke in den Giebel des Apollotempels von Delphi eingemeißelt: »Erkenne dich selbst.« Mit diesem Sich-Erkennen ist hier nicht das Erkennen der eigenen guten oder schlechten Charaktereigenschaften gemeint, das wäre zu einfach. Im ersten Buch Moses heißt es: »Und Adam erkannte sein Weib Eva« und: »Abraham aber erkannte Sarah.« Wahres Erkennen ist ein Verschmelzen beider Prinzipien. »Erkenne dich selbst« ist die Aufforderung: »Forsche in dir selbst nach dem anderen Pol, so wirst du eine Gottheit werden!« Für den Mann ist der andere Pol eine Frau, und er erkennt sie wie ein Liebender seine Geliebte. Nicht genau auf dieselbe Weise natürlich, denn diese Vereinigung, dieses Erkennen, vollzieht sich in den hohen Sphären des Lichts. Wenn ihr in dieses Licht eingeht, dann werdet ihr eins mit euch selbst.

In den Evangelien wird dieses Gebot in etwas anderer Weise ausgedrückt: »Du sollst Gott deinen Herrn lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit ganzem Gemüt und deiner ganzen Kraft.« Womit ausgesagt wird, dass die Vereinigung mit Gott nur durch das höhere Ich möglich ist. Das meinte auch Christus, als er sagte: »Niemand kommt zum Vater, denn durch mich.« Christus versinnbildlicht die Gottheit, das Wort, den Gottessohn, der in der Seele jedes Menschen als Lichtfunke verborgen, verschüttet liegt.3 Indem sich der Mensch nun mit seiner höheren Seele verbindet, verbindet er sich zugleich mit dem überall, in allen Seelen, gegenwärtigen Christusprinzip und ist dadurch mit Gott verbunden. Ihr kommt nur zu Gott über euer Höheres Ich, weil nur dieses Ich alles enthält, das Höchste und Reinste in euch beinhaltet. Darum empfehlen auch alle Anleitungen zur Meditation, das Denken zu schulen, damit man sich so weit wie möglich von der irdisch-materiellen Welt entfernt und sich erhebt bis in die lichtreichsten Welten, um die Gottheit zu erreichen, das Prinzip unserer höheren Seele. Und da es immer eine Polarisierung geben wird, entsteht eine Wesensverwandtschaft, eine Übereinstimmung, ein inneres Band mit dem ergänzenden Prinzip; denn das Männliche wird immer vom Weiblichen und das Weibliche vom Männlichen angezogen.

Jeder Mensch trägt in seinem Innern das andere Prinzip und kann nur durch das andere Prinzip zu Gott finden. Darum findet die Frau durch den Mann zu Gott, denn er repräsentiert das andere Prinzip und verbindet sie mit dem Himmlischen Vater. Und der Mann kann das Göttliche nur durch das weibliche Prinzip finden, sei dies eine Frau oder die Natur selbst (die ein weibliches Prinzip ist) oder die Göttliche Mutter. Ohne dieses weibliche Prinzip ist nichts vorhanden, weder Auftrieb noch Inspiration noch Schöpferwille. Und ohne die Gegenwart des männlichen Prinzips bleibt das Weibliche ungestaltet, träge, unfruchtbar. Forscht nach, wie die Natur die Dinge eingerichtet hat, und ihr werdet sehen, wie die Sonne, das männliche Prinzip, Licht ausstrahlt und Wärme und damit alles belebt! So sollen auch wir in unserem Innenleben vom göttlichen Prinzip der Sonne befruchtet, beseelt und belebt werden. Für Frauen ist dies leichter, denn sie sind von Natur aus aufnehmend; die Männer dagegen, deren ganzes Wesen aussendend und positiv ist, müssen sich umpolen, um ebenfalls aufnehmend zu werden.

Kommen wir nun auf die drei Stufen der Liebe zu sprechen, die ich eingangs erwähnte. Denkt man einmal darüber nach, so muss man feststellen, dass die Menschen sich selbst im Grunde genommen überhaupt nicht lieben, sich vielmehr selbst zugrunde richten! Ist etwa wahlloses Essen und Trinken, Rauchen und ein ausschweifendes Leben Liebe zu sich selbst? Oder meint ihr, man tue sich damit etwas Gutes, wenn man seiner Wut, seinem Hass freien Lauf lässt? Im Gegenteil, man vergiftet sich! Ihr entgegnet: »Aber ich will den oder jenen vergiften!« Nun gut, aber dieses Gift muss zunächst durch dich hindurch, bevor es hinaus geht und den anderen vergiftet. Also bist du vor ihm vergiftet! Seht ihr, welche Unwissenheit, welcher Unverstand! Man weiß nicht, was Liebe eigentlich ist und muss lernen, sich richtig zu lieben!

Nehmen wir nun an, ihr wollt nichts Unreines in euch einlassen... ja, dann beweist ihr Liebe zu euch selbst. Denn dank eurer Reinheit schafft ihr die herrlichsten Vorbedingungen, damit die Engel sich in euch niederlassen. Achtet ihr sorgsam darauf, niemanden mit euren Gedanken, euren Gefühlen, euren Worten zu verletzen, dann schafft ihr innerlich schon die Bedingungen dafür, dass der Herr in euch einzieht. So eine Liebe zu sich selbst ist göttlich und die rechte Art sich zu lieben. Wer sich nicht in dieser Weise liebt, hat auch für Gott keine Liebe und ebenso wenig für seine Mitmenschen. Die Liebe zu Gott beginnt bei der Liebe zu sich selbst, denn sie muss zunächst durch uns hindurch, um das geistige Ich oben zu erreichen. Dann wollt ihr nur noch in Reinheit und Licht bleiben, euch selbst, eurem höheren Selbst, das über euch wacht, zu Gefallen. Die richtige Eigenliebe ist, sein Herz, sein Gemüt in unversehrtem, reinem Zustand zu bewahren!

Es ist völlig natürlich und normal, dass man sich selbst liebt, die Natur selbst hat ihren Kindern diese Liebe gegeben. Nur müssen sie lernen, auf welche Art und Weise sie sich lieben sollen, indem sie auf Ordnung und Harmonie in ihrem Innenleben achten, sich ihrer Würde, ihrer Gottähnlichkeit bewusst werden. Die meisten Menschen verstehen unter Liebe ein Zufriedenstellen ihrer Begierden, ein Jagen nach Vergnügungen, wo sie doch in Wirklichkeit Aufopferung, Einfühlungsvermögen, Reinheit, Selbstverleugnung und Entsagung ist. Von einer richtigen Auffassung der Liebe hängen unser Glück und unser geistiges Wachstum ab.

Die Erfahrungen jedoch, die die Leute allgemein auf dem Gebiet der Liebe haben, lassen sie in dieser Hinsicht nie klar sehen. Liebt z. B. ein Mann eine Frau, wird er, anstatt zu erkennen, dass sich ihm da eine wunderbare Gelegenheit zu hohen geistigen Leistungen bietet, nur von dem einen Wunsch besessen sein, seinem Verlangen nachzugeben und damit alles verderben und zunichte machen. Warum konnte er nicht warten und sich dieses Empfinden, diese Liebe zunutze machen? Fühlt ihr Liebe zu einem Menschen, so zeigt es nicht, sagt es nicht, sondern dankt dem Himmel für diese Liebe, denn durch sie ist euch eine außergewöhnliche Möglichkeit gegeben, euch zu erheben, euch mit Mut, Begeisterung und Inspiration zu erfüllen und den Sieg davonzutragen. Zerstört diese kostbaren Bedingungen nicht, indem ihr euch sogleich an die Frau heranmacht, sie küsst und mit ihr schlafen wollt, denn danach ist es vorbei, es gibt Streitigkeiten und Vorwürfe: »Du versprachst mir dies... du hast mir das angetan...« Und aus ist es mit der Freude, dem Glück, der Inspiration.

Die Liebe ist ein Segen, darum behütet und bewahrt sie so lange wie möglich, denn sowie ihr sie ausleben wollt, schlagt ihr ein Kapitel auf, das nur Schwierigkeiten, Leid und Unglück enthält! Die Liebe ist Gott selbst. Sie schenkt euch alles: Lebensfreude, Glück, Inspiration, inneren Reichtum... Warum habt ihr es so eilig, sie loszuwerden, anstatt das ewige Leben, das göttliche Leben zu kosten? Ihr könnt Tag und Nacht in der Liebe leben, unter der Bedingung, dass ihr Austausch pflegt mit den erhabensten Bereichen und Geschöpfen und diese Liebe nicht vergeudet auf niedere, grobe Weise und nichts als ein Häufchen Asche in euch übrig bleibt. Liebt also euch selbst, aber den göttlichen Teil eurer selbst, und tut für ihn, was in euren Kräften steht. Kein Opfer darf euch zu groß erscheinen, wenn es darum geht, dass ihr diese Geliebte erobert und in die Arme schließt und dass die ganze Natur anhebt zu singen...

All unser Erfolg, unser ganzes Glück ist von jener Mitte, jenem Kernpunkt, genannt Gott, abhängig.4 Ihr seht, ich habe hier einen Füllfederhalter, in den ich ein Symbol eingravieren ließ, welches das gesamte initiatische Wissensgut beinhaltet: einen Kreis mit einem Punkt in der Mitte. Was sagt es aus? Ihr wisst sicher alle, wie es in Schulklassen zugeht: Ist der Lehrer nicht da, toben die Schüler, schreien lauthals, verhauen sich... Das ist normal, der Lehrer ist abwesend, man kann seinen Spaß treiben. Aber nun erscheint der Lehrer, und jeder Schüler kehrt schleunigst an seinen Platz zurück. Genauso ist es in einem Kriegsheer. Solange der Heerführer nicht da ist, laufen die Soldaten in alle Richtungen, es herrscht ein Durcheinander, sie sind zum Rückzug gezwungen, die Schlacht ist verloren. Sobald er jedoch zugegen ist, warten alle darauf, seine Befehle auszuführen, und der Sieg ist gewiss.

Ich könnte euch noch viele andere Beispiele aufzählen, das Wesentliche aber ist, dass ihr versteht, dass dieselben Gesetze auch unser Innenleben bestimmen. Gott ist das Oberhaupt, der Befehlshaber, das Zentrum. Ist Er nicht da... nun, ihr kennt ja das Sprichwort: Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse... und fressen den Käse auf! Wenn also jemand behauptet: »Ich brauche keinen Gott, ich schaffe es auch ohne ihn«, dann erwidere ich ihm, er werde sicherlich auch ohne Ihn durchkommen, aber in seinem Inneren tanzen die Ratten und Mäuse, weil der Kopf fehlt. Der Kopf, der Herr, führt Ordnung in unsere Zellen ein; ist Er zugegen, wirken alle in Übereinstimmung, in Frieden zusammen, und das Leben kreist.

Fehlt der Kopf, so macht der Mensch zwar wohl noch eine Weile weiter, geht seinen Geschäften nach, aber in seinem Innern herrscht heilloses Durcheinander, und es folgt der Zerfall. Die Menschen verstehen nicht, weshalb es so wesentlich ist, den Herrn als Mittelpunkt in sich einzuführen, daher sage ich es euch hiermit: Wollt ihr, dass Ordnung und Harmonie in euch walten, dann müsst ihr den Kopf finden, das Zentrum des Kreises, denn dieser Punkt in der Mitte bestimmt und ordnet das Ganze. Keine andere Wahrheit ist dieser überlegen.

Gott sollen wir lieben, aber nicht Seinetwegen, sondern für uns selbst. Er bedarf unser nicht; Sein Reichtum ist unermesslich. Ihr habt sicherlich den Film: »Gott braucht die Menschen« gesehen. Nun ja, das mag wahr sein; aber glaubt mir, Gott kann sehr wohl ohne sie sein. Um was würden wir Ihn denn bereichern? Um unseren Hochmut? Unsere Eitelkeit? Unsere Boshaftigkeit und Erbärmlichkeit?... Welch großartige Errungenschaften für den Herrn! In Wirklichkeit sind wir es, die Ihn brauchen. Sich von Gott frei zu machen, ist anscheinend der Beweis höchster Intelligenz, größten Fortschritts. Wenn es so wäre, wie kommt es dann aber, dass all die hochgebildeten, fortschrittlichen Menschen dauernd unzufrieden, krank, seelisch gestört sind? Nun, weil sie den Kopf abgeschafft haben!

Befasst ihr euch eingehend mit der Kabbala, dann stellt ihr fest, dass dort alles auf das Studium eines ehrwürdigen Hauptes gegründet ist, man erforscht dessen Haare, weiß wie Schnee, seinen Bart, die Ohren usw. Der Ausgangspunkt der ganzen Kabbala ist das ehrwürdige Haupt Gottes, und nun sollte man ein paar armseligen Tröpfen folgen, ein paar Dummköpfen, die anraten, dieses Haupt abzuschaffen!

Versteht mich ein für alle Mal richtig: Ich spreche von einer Tatsache, die ich selbst erfahren habe. Für mich ist es keine Theorie, ich habe mein ganzes Leben auf diesen Kreis mit dem Mittelpunkt gegründet. Nach diesem Zentrum, das sich in uns selbst befindet, müssen wir suchen! Es ist irgendwo in uns vorhanden, allerdings nicht in der Mitte, und darum müssen wir es finden und an seinen ursprünglichen Platz setzen. Es gibt keinen Menschen, der dieses Zentrum in sich nicht besitzt. Es treibt irgendwo am Rande als etwas Unwichtiges, und man räumt den ersten Platz dem Beruf, einem Freund, einem Verhältnis, einem Auto ein. Macht es euch nunmehr zur Aufgabe, den Herrn zu suchen und stellt ihn als Mittelpunkt in euer Dasein, dann wendet sich in euch alles zum Besten: Ihr fühlt euch gesundheitlich wohler, euer Denken wird klarer... Selbst eure Mitmenschen beginnen euch zu lieben, denn sie bemerken in euch eine strahlende, sprudelnde Mitte, eine Quelle. Gleicht ihr nicht einer Quelle, sprudelt kein Leben aus euch, wie wollt ihr da erwarten, dass man euch liebt? Niemand liebt Friedhöfe, dunkle Löcher und Abgründe, jeder liebt das Lebendige.

Schreitet hinfort mit unerschütterlichem Glauben auf diesem lichten Weg, der das ganze initiatische Wissen in sich zusammenfasst, die Weisheit aller Zeiten. Die Jahre werden vorüberziehen, und die Ereignisse eures Lebens werden die Wahrhaftigkeit dessen bestätigen, was ich hier sage. Man kann Gott nicht lieben, wenn man nicht weiß, wie man sich selber lieben soll. Denn die Liebe muss durch unser Höheres Ich hindurchfließen, um zu Gott zu gelangen. Es ist ein genau festgelegter Weg.

Wenn ihr über das Radio eine Botschaft hinaussenden wollt, dann begebt ihr euch in den Raum, wo die Apparate stehen und gebt eure Mitteilung durch. Es würde nichts nützen, einfach so in die Luft zu schreien, damit man euch Hunderte und Tausende Kilometer weit hört... Man braucht dazu Übertragungsgeräte. Auch wir haben in uns solche Übertragungsgeräte: unser Höheres Ich, die Universalseele, die in uns wohnt... Für die Frauen ist es das männliche Prinzip, für die Männer das weibliche. Solange die Botschaft dem anderen Pol nicht übermittelt wird, kann sie auch nicht empfangen werden. Wenn Mystiker und Eingeweihte beten, geben sie sich ihrem Gebet so sehr hin, dass nicht mehr sie selbst es sind, sondern ihre Seele, ihr Geist, die beten und übermitteln, und ihr Gebet wird im Himmel empfangen. Solange euer Gebet nicht so inbrünstig ist, dass es vom anderen Pol eures Wesens, eurem Geist, weitergeleitet wird, wird es auch nicht erhört werden. Nennt diesen anderen Pol Christus, Geist oder Seele, oder auch Geliebte, darauf kommt es nicht an.

In der Einweihungswissenschaft wird gelehrt, dass man außen nicht findet, was man innen nicht schon besitzt; denn sogar was ihr in der Außenwelt antrefft, wenn es in eurem Innern nicht bereits vorhanden ist, geht ihr daran vorüber, ohne es zu sehen. Je mehr ihr innerlich die Schönheit wahrnehmt, umso mehr nehmt ihr sie auch im Irdisch-Materiellen wahr. Ihr denkt vielleicht, dass ihr sie zuvor nicht sehen konntet, weil es sie nicht gab... Doch, sie war da, aber ihr habt sie nicht wahrgenommen, weil ihr innerlich nicht reif dafür wart. Nun aber, da ihr sie mit eurem inneren Auge gesehen habt, seht ihr sie auch außen, denn die äußere Welt ist nichts anderes als eine Widerspiegelung der inneren. Sucht nie etwas außen, wenn ihr euch nicht zunächst darum bemüht habt, es in eurem Inneren zu finden. Wenn ihr durch Meditation und Kontemplation erst einmal im Inneren euer Höheres Ich, eure Schwesterseele gefunden habt, dann findet ihr sie überall auf der ganzen Welt, sei es im Antlitz eines Menschen, in Seen, Bergen, Pflanzen, Vögeln, und ihr hört ihre Stimme. Dies ist eine wichtige Erkenntnis für alle Liebenden, sonst endet ihre Bindung, ihre Ehe in Zerrüttung. Hat der Mann das weibliche Prinzip und die Frau das männliche in sich gefunden und beschließen sie, ihm zu dienen und es zu fördern, wird ihre Liebe, ihre Ehe ihnen eine segensreiche Quelle sein!

Darum habe ich euch erklärt, dass die Frau den Himmlischen Vater in dem geliebten Mann sehen soll, denn er ist ein Stellvertreter Gottes auf Erden. Und auch er soll in der von ihm geliebten Frau die Göttliche Mutter erblicken und lieben, sie achten und bewundern, ihr dienen. Dann werden sich alle Schätze vor ihnen auftun und sie werden fortwährend in Entzückung, Begeisterung und Schönheit leben.

Andernfalls werden sie enttäuscht sein, leiden und vom andern voller Abscheu sprechen. Denn was sie von ihm sahen und erlebten, war weder seine Seele noch sein Geist, sondern seine verschlissene, schadhafte Kleidung voller Krankheitskeime. Das erwartet diejenigen, die in diesem Wissen nicht unterrichtet sind, sich weigerten, der Einweihungslehre zu folgen, nichts annehmen wollten; sie brechen sich das Genick. Der Mensch bestraft sich selbst, wenn er das Licht ablehnt, das ihm die Augen öffnen und ihm den Weg weisen soll.

Was die heiligen Bücher seit eh und je lehren, dessen wahrer, tiefer Sinn wird euch heute offenbar. Wozu noch lange zögern? Geht zuversichtlich voran, lasst euch von nichts aufhalten und möge Gott immer bei euch sein!

Vidélinata (Schweiz), 8. April 1962

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Anmerkungen

1 Siehe Band 8 der Reihe Gesamtwerke »Sprache der Symbole, Sprache der Natur«, Kapitel 10: »Wie die beiden Prinzipien im Mund enthalten sind«.

2 Siehe Synopsis Band 4, Kapitel 1, Teil 1. Noch nicht ins Deutsche übersetzt.

3 Siehe Synopsis Band 2, Kapitel 2, Teil 1. Noch nicht ins Deutsche übersetzt.

4 Siehe Band 218 der Reihe Izvor »Die geometrischen Figuren und ihre Sprache«, Kapitel 2: »Der Kreis«.

Kapitel 2: Den Stier bei den Hörnern packen – Der Hermesstab

Teil 1

 

In den Lehrbüchern der Alchimie heißt es: Wer in den Besitz des Steins der Weisen gelangen will – symbolisch dargestellt durch Merkur – muss seine Arbeit beginnen, wenn die Sonne in das Sternbild Widder und der Mond in das Sternbild Stier eintritt, weil die Sonne im Widder und der Mond im Stier erhöht ist.1 Die Zwillinge, das nächstfolgende Sternbild, sind das Domizil Merkurs. Ihr seht also: Widder (die Sonne), Stier (der Mond) und Zwillinge (Merkur) folgen aufeinander und zeigen damit, dass aus der Vereinigung von Sonne und Mond das Kind, Merkur, hervorgeht. Die Dreiheit Sonne, Mond, Merkur ist im Tierkreis auch noch an anderer Stelle vertreten, aber wir wollen uns heute nur mit den drei Zeichen Widder, Stier und Zwillinge befassen, die äußerst bedeutsam sind.

Das Merkursymbol besteht aus Sonnenscheibe und Halbmond und, die Vereinigung beider andeutend, aus dem bei der Addition verwendeten Zeichen +. Das Symbol von Merkur veranschaulicht nichts anderes als die Vereinigung von Sonne und Mond.

Sonne und Mond erschaffen zusammen das Kind Merkur, den Stein der Weisen. Aber der Stein der Weisen, nach dem die Alchimisten suchen, ist in Wahrheit ein Symbol für die Verwandlung des Menschen.2 Die Alchimisten arbeiten mit der Sonne und dem Mond, d. h. mit den beiden Prinzipien Wille und Vorstellungskraft. Dank ihres Zusammenwirkens gelingt es ihnen, ihre eigene Materie zu verwandeln und symbolisch gesprochen wie Sonne und Mond zu werden, das heißt strahlend und rein. Nicht von ungefähr sind Mars im Widder und Venus im Stier beheimatet... Denn arbeitet der Alchimist mit Sonne und Mond, d. h. mit den Prinzipien Männlich und Weiblich, indem er die Sexualenergie (Venus) sowie die dynamische und aktive Kraft des Willens (Mars) sublimiert, dann wird ihm die Fülle geistiger Macht zuteil, versinnbildlicht durch Merkur, das magische Prinzip.

Bei den Templern wurde diese magische Kraft durch den Baphomet, ein widerliches Ungeheuer dargestellt, weshalb denn auch viele glaubten, dass die Tempelritter dem Teufel huldigten. Andere gaben dieser magischen Kraft den Namen AZOT. Dieses Wort ist zusammengesetzt aus A, dem ersten Buchstaben der drei Alphabete, des lateinischen A, des griechischen Alpha, und des hebräischen Aleph und den letzten Buchstaben dieser drei Alphabete: Z (lateinisch), O (Griechisch), T (Hebräisch). Das Wort AZOT sagt aus, dass die magische Kraft das Alpha und Omega ist, Anfang und Ende.

Die Alchimisten gaben sich große Mühe, diese magische Kraft zu erlangen, aber ihre Bemühungen blieben oft erfolglos, weil sie nicht wussten, dass mit den beiden Prinzipien Männlich und Weiblich nicht allein auf der physischen Ebene gearbeitet werden muss, sondern auf der spirituellen Ebene, mit den beiden Prinzipien Wille und Vorstellungskraft, einer Arbeit, die man auch symbolisch ausdrücken kann mit dem Ausspruch: »Den Stier bei den Hörnern packen.« »Den Stier bei den Hörnern zu packen« bedeutet für den Schüler, mit einer inneren Arbeit an sich selbst zu beginnen, um alles Rohe, Gewalttätige und Anarchistische in seinem Inneren zu beherrschen. Gegenwärtig packen die Menschen den Stier leider nicht bei den Hörnern, sondern lassen ihm die Freiheit, alles niederzustampfen. Ihr werdet sehen, was er hauptsächlich unter den Jugendlichen anrichten wird!

Den Stier bei den Hörnern packen steht für die Arbeit des Willens an der Vorstellungskraft. Die Vorstellungskraft ist stets eng mit der Sinnlichkeit verbunden. Wer über eine ungezügelte Vorstellungskraft verfügt, neigt zu Trägheit und Sinnlichkeit; Mond und Venus sind stets zusammen. Schaltet sich jedoch die Sonne ein mit ihrem Licht und leitet die Vorstellungskraft in ideale Bahnen, wird der Mond von überaus großem Nutzen sein, denn er hat die Kraft, alle Dinge zu verdichten. Ich sprach bereits einmal über die verschiedenen Zeitabschnitte, welche die Erde durchlief: die Saturn-, die Sonnen-, die Mondepoche und erklärte euch, dass die Sonnenepoche eine Zeit der Entfaltung und Ausdehnung war, während die Mondepoche einen Prozess der Erstarrung und Verdichtung kennzeichnete. So stehen also Sonne und Mond symbolhaft auch für die beiden alchimistischen Vorgänge ›solve‹ und ›coagula‹, Auflösen und Verdichten.

Im Symbol von Merkur ist die Sonne dargestellt durch einen Kreis und der Mond durch einen Kreisausschnitt, gleichsam einer Rippe der Sonne (woraus ersichtlich wird, weshalb im 1. Buch Mose steht, Gott habe Eva aus einer Rippe Adams erschaffen). Um zu veranschaulichen, dass die sinnvolle Vereinigung beider Prinzipien Merkur hervorbrachte, zeichneten die Weisen ihn als eine Sonne mit einer Mondsichel darüber, vervollständigt mit dem Symbol der Erde, dem arithmetischen Zeichen + darunter. Schon allein dieses Merkursymbol liefert einen Beweis für das tiefgründige Wissen der Eingeweihten, die es erdacht haben! Eine der zahlreichen Abwandlungen davon ist der Hermes-Stab, der bis heute das Kennzeichen der Apotheker und Ärzte geblieben ist.

 

 

 

In neuerer Zeit taucht dieses Symbol in der anerkannten Wissenschaft in Form des Lasers auf.

 

Ein Rubinkristall ist von einer Blitzröhre umgeben, die ihm die erforderliche Energie für den »Laser-Effekt« vermittelt. Wird der Laser in Betrieb gesetzt, tritt an der halbverspiegelten Seite ein rotes Strahlenbündel mit hoher Energiedichte aus. Dieses heraustretende Strahlenbündel ist Merkur, der aus dem Zusammenwirken der beiden Prinzipien hervorgeht. Das Wesentliche für den Menschen ist nun, diesen Laser in sich selbst ausfindig zu machen. Dann vermag er wahrhaft Überragendes zu leisten!3

Tatsächlich haben die Eingeweihten seit jeher in sich selbst verwirklicht, was die offizielle Wissenschaft erst in der jetzigen Zeit entdeckte: Radio, Telefon, Fernsehen... Die Forscher von heute sind nichts weiter als Arbeitskräfte, welche die in der geistigen Welt existierenden Gesetze auf der physischen Ebene anwenden sollen. Alles muss sich auch im Stofflichen realisieren. Und so sind es denn ehemalige Eingeweihte, Alchimisten, Magier und Kabbalisten, die nun im Materiellen alles verwirklichen, was im geistigen Bereich längst erkannt und verwirklicht war! Gäbe es nämlich all diese Phänomene nicht bereits auf geistiger Ebene, bestünde nicht die geringste Möglichkeit, jemals im Stofflichen etwas zu entdecken. Alles was unten ist, ist wie das, was oben ist, weshalb alles, was oben auf der psychischen Ebene ist, auch unten auf der physischen in Erscheinung treten soll.

Durch die Schaffung des Merkur-Symbols wollten die Eingeweihten die kommenden Generationen lehren, mit dem Willen und der Vorstellungskraft am Sexualtrieb zu arbeiten, um magische Kräfte zu entfalten. Denn die »starke Kraft aller Kräfte«, von der Hermes Trismegistos spricht, ist die Liebe. Sie allein schenkt Leben, und nichts ist kostbarer als das Leben. Es ist der Ursprung aller Dinge. Gott gab uns die Liebe, damit wir sie in Leben umwandeln, in intensives Leben, um magische Kräfte und die Allmacht zu erwerben. Ich sagte vorhin, das Merkursymbol bestehe aus Sonne, Mond und Erde. Aber entfernt man den Mond, so ergibt sich das Symbol für Venus, die Liebe. All diese, im Symbol von Merkur enthaltenen Aspekte, finden wir wieder im Wirken des Gottes Hermes, dessen Zauberstab, der Hermes-Stab, das Symbol der Kräfte ist, die er auf allen Gebieten besaß.

Im Merkur-Symbol gleicht der Mond, das Sinnbild der Vorstellungskraft, einer mit Wasser gefüllten Schale; denn der Mond, das weibliche Prinzip, ist mit dem Wasser verbunden. Unterhalb des Mondes ist die Sonne zu sehen, deren Feuer die Vorstellungskraft anregt und ihr eine bestimmte Richtung gibt. Darunter folgt die Erde, als Symbol für die Verwirklichung auf der materiellen Ebene. Hat der Eingeweihte den eigentlichen Sinn dieses Symbols erfasst, ist er fähig zu erschaffen, anderen zu helfen, sie zu erleuchten, zu beleben, zu beschützen; er verfügt über alle Kräfte. Ja, er kann sogar die Erde in ihren Grundfesten erschüttern, wenn man ihm die Bedingungen dazu gibt. Denn er hat das Wesentliche erkannt: die Arbeit mit dem Willen an der Vorstellungskraft. Ebenso wie die Frau die Möglichkeit hat, Leben in ihrem Schoß zu verdichten, besitzt der Mond die Kraft, den Dingen Gestalt zu geben, sie zu materialisieren, in Erde zu verwandeln, d. h. sie auf der physischen Ebene zu verwirklichen.

Ihr seht, man muss die Symbole zum Sprechen bringen, sie an der Kehle packen und ihnen drohen: »Geld oder Leben!« und sie enthüllen all ihre Geheimnisse. Aber es heißt fest zupacken!