Liebe und Sexualität - Teil 2 - Omraam Mikhael Aivanhov - E-Book

Liebe und Sexualität - Teil 2 E-Book

Omraam Mikhaël Aïvanhov

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Beschreibung

Es scheint, als wäre über Liebe und Sexualität bereits alles gesagt. Unbeachtet jedoch blieb die Tatsache, dass die Kraft der Liebe, die sich in jedem Menschen äußert, zur höchsten Entfaltung des Geistes genutzt werden kann. Männer und Frauen wissen nicht, was sie eigentlich zueinander hinzieht: Sie folgen blind dieser Anziehungskraft. Und nehmen ihre Erlebnisse meist ein enttäuschendes, unwürdiges Ende, so liegt ihnen doch der Gedanke fern, dass sie ihre Auffassung von Liebe und Sexualität berichtigen sollten. Die Eingeweihten lehren, dass Mann und Frau die Repräsentanten der zwei Uraspekte Gottes sind: des Ewig-Männlichen und des Ewig-Weiblichen, woraus das ganze Universum erschaffen wurde – und dass sie dieselbe Schöpfermacht in sich tragen. So wie die Vereinigung von Geist und Materie kann auch die Vereinigung von Mann und Frau neue Welten erschaffen. Dazu bedarf es jedoch in der Liebe eines erweiterten Verstehens, einer vertieften Auffassung, besonderer Regeln und Verhaltensweisen, wie sie trotz des sich verbreitenden Schrifttums über tibetanische Tantrik noch nie gelehrt wurden. Darum mag auch der Inhalt dieses Bandes den Leser erstaunen, denn er wird seine bisherigen Ansichten und Meinungen erschüttern. Ist ihm jedoch ernsthaft an geistigem Wachstum gelegen, dann wird er daraus erfahren, wie er dank der Liebe zu seinem gottgewollten Endziel gelangt.

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Über den Autor

Omraam Mikhaël Aïvanhov war ein großer spiritueller Meister, ein lebendiges Vorbild, ein »Überbringer des Lichts« und ein warmherziger, humorvoller Lehrer, der durch sein selbstloses, zugängliches und brüderliches Verhalten überzeugte.

Er strebte an, alle Menschen bei ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten – so wie ein Bergführer seine Kameraden sicher bis auf den höchsten Gipfel führt.

Das Gedankengut, das Omraam Mikhaël Aïvanhov verbreitet hat, bietet zahlreiche Methoden und einen klaren, begehbaren Weg zu größerer Vollkommenheit und mehr Lebensglück.

In wohltuend einfacher Sprache erklärt er alle wichtigen Zusammenhänge des Lebens und ist gerade bei den Fragen unserer heutigen Zeit wegweisend. Ob es um die Bewältigung des Alltags geht, um das Thema der Liebe und Sexualität oder um tiefgründige philosophische Themen – stets sind seine Antworten überraschend klar und hilfreich.

 

 

Kurzbeschreibung

»Liebe und Sexualität«Reihe Gesamtwerke – Band 15

Aus dem Französischen übersetzt.Originaltitel: »L'amour et la sexualité - Tome 15«ISBN 978-2-85566-078-3

Es scheint, als wäre über Liebe und Sexualität bereits alles gesagt. Unbeachtet jedoch blieb die Tatsache, dass die Kraft der Liebe, die sich in jedem Menschen äußert, zur höchsten Entfaltung des Geistes genutzt werden kann. Männer und Frauen wissen nicht, was sie eigentlich zueinander hinzieht: Sie folgen blind dieser Anziehungskraft. Und nehmen ihre Erlebnisse meist ein enttäuschendes, unwürdiges Ende, so liegt ihnen doch der Gedanke fern, dass sie ihre Auffassung von Liebe und Sexualität berichtigen sollten.

Die Eingeweihten lehren, dass Mann und Frau die Repräsentanten der zwei Uraspekte Gottes sind: des Ewig-Männlichen und des Ewig-Weiblichen, woraus das ganze Universum erschaffen wurde – und dass sie dieselbe Schöpfermacht in sich tragen. So wie die Vereinigung von Geist und Materie kann auch die Vereinigung von Mann und Frau neue Welten erschaffen. Dazu bedarf es jedoch in der Liebe eines erweiterten Verstehens, einer vertieften Auffassung, besonderer Regeln und Verhaltensweisen, wie sie trotz des sich verbreitenden Schrifttums über tibetanische Tantrik noch nie gelehrt wurden. Darum mag auch der Inhalt dieses Bandes den Leser erstaunen, denn er wird seine bisherigen Ansichten und Meinungen erschüttern. Ist ihm jedoch ernsthaft an geistigem Wachstum gelegen, dann wird er daraus erfahren, wie er dank der Liebe zu seinem gottgewollten Endziel gelangt.

 

 

 

Da Omraam Mikhaël Aïvanhov seine Lehre ausschließlich mündlich überlieferte, wurden seine Bücher aus stenographischen Mitschriften, Tonband- und Videoaufnahmen seiner frei gehaltenen Vorträge erstellt.

Inhaltsverzeichnis

Über den Autor

Kurzbeschreibung

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1: Eine ehrfürchtige Haltung

Kapitel 2: Die wahre Ehe: Geist und Materie

Kapitel 3: Die Sonne, die Quelle der Liebe

Kapitel 4: Das Ziel der Liebe ist das Licht

Kapitel 5: Das männliche und das weibliche Prinzip und ihre Erscheinungsformen

Kapitel 6: Ein Meister... eine Meisterin...

Kapitel 7: Die Vestalinnen oder die neue Eva

Kapitel 8: Materialismus, Idealismus und Sexualität - »Wie im Himmel so auf Erden«

Kapitel 9: Herz und Intellekt, die Universelle Weiße Bruderschaft

Kapitel 10: Strebt nach Seele und Geist

Kapitel 11: Gebt der Liebe ihre Reinheit zurück

Kapitel 12: Die Liebe verwandelt die Materie

Kapitel 13: Liebe und Identifikation

Kapitel 14: Die Aufgabe eines Schülers

Kapitel 15: Öffnet euch, und man wird euch lieben

Kapitel 16: Tantra-Yoga

Kapitel 17: Leere und Fülle: Der Gral

Kapitel 18: Die Liebe ist überall im Universum verbreitet

Kapitel 19: Sucht die Liebe an ihrer Quelle

Kapitel 20: Nutzt die Kräfte der Liebe in rechter Weise

Kapitel 21: Eine erweiterte Auffassung der Ehe

Kapitel 22: Es steigt von der Erde herauf und vom Himmel herab...

Kapitel 23: Das Glück liegt in der Erweiterung des Bewusstseins

Kapitel 24: »Was ihr auf Erden bindet, wird auch im Himmel gebunden sein«

Kapitel 25: Liebt Gott, und ihr werdet auch euren Nächsten besser lieben

Kapitel 26: Lebt mit Liebe

Kapitel 27: Die wahren Waffen: Liebe und Licht

Kapitel 28: Lasst eure Liebe niemals erkalten

Kapitel 29: Auf dem Weg zur großen Familie

Vom selben Autor – Reihe Gesamtwerke

Vom selben Autor – Reihe Izvor

Vom selben Autor – Reihe Broschüren

Copyright

Kapitel 1: Eine ehrfürchtige Haltung

Teil 1

Freier Vortrag

Viele Tausend Dinge haben die Menschen zu lernen, doch gibt es darunter insbesondere eines, das sie völlig vernachlässigt haben: die innere Einstellung, die sie der Natur, den Wesen und dem Herrn gegenüber einnehmen sollten. Ja, vor allem dem Herrn gegenüber! Unsere Einstellung ist das Wesentliche, denn sie bestimmt unser inneres und unser äußeres Leben. Die meisten Menschen haben eine bedauernswerte Lebenseinstellung. Anstatt sich dem Herrn zuzuwenden so wie eine Kompassnadel, die sich immer auf den Polarstern ausrichtet, kehren sie Ihm den Rücken zu. Darum müssen sie so viele Schwierigkeiten und Prüfungen durchmachen. Niemand hat ihnen jemals gezeigt, wie sie die beste innere Haltung finden können.

Vor vielen Jahren in meiner Jugendzeit in Bulgarien, hatte ich mir einen Detektorempfänger gebastelt, da ich mir ein Radiogerät nicht leisten konnte. Um eine Sendung zu empfangen, musste man eine kleine Nadel auf dem Bleiglanzkristall hin- und herschieben, bis die Verbindung hergestellt war. Berührte die Nadel bestimmte Punkte, waren sogleich Worte und Musik zu hören, während man auf anderen Punkten nichts hörte. Über dieses Phänomen habe ich viel nachgedacht. Ich habe erkannt, dass es an unserem inneren Empfänger liegt, der noch nicht richtig eingestellt ist, wenn es uns nicht gelingt, die unzähligen Botschaften und Ströme aufzufangen, die den Raum durchqueren. In gleicher Weise müssen wir uns jeden Tag erneut bemühen, eine rechte Haltung diesem Polarstern, den wir Gott nennen, gegenüber einzunehmen, um Seine Segnungen zu empfangen: Licht, Liebe, Freude, Gesundheit usw...

Solange die Menschen eine grobe und respektlose Haltung bewahren, werden sie keinerlei Fortschritte machen. In den intellektuellen, industriellen und technischen Bereichen, in denen sie sich üben, werden sie wohl zu einigen Ergebnissen kommen, doch für alles andere bleibt nur Leere, Mittelmaß und Dummheit. Die innere Haltung ist wesentlich, liebe Brüder und Schwestern, und zwar nicht nur die Haltung dem Herrn gegenüber, sondern auch die Haltung der Natur und den Geschöpfen gegenüber, die das Universum bevölkern.

Die Menschen denken nie daran, die Gesetze, die sie in der physischen Welt entdeckt haben, auch im spirituellen Bereich anzuwenden. Wie oft habe ich schon über das Resonanzgesetz gesprochen! Nehmt zum Beispiel zwei perfekt gestimmte Klaviere. Wenn ihr eine Taste anschlagt, klingt die entsprechende Saite des anderen Klaviers mit, ohne dass sie berührt wurde. Und von dem rechten Verständnis dieses Gesetzes hängt unsere gesamte Entwicklung ab. Unablässig sage ich zu euch, dass ihr euch dem schönsten, größten und mächtigsten Wesen zuwenden müsst, und zwar um mit Ihm in Einklang zu schwingen, um die Eigenschaften und Fähigkeiten von diesem Wesen, von diesem Prinzip, das alles besitzt, zu erlangen. Solange man diese Haltung nicht anstrebt, wird man von den schädlichsten Strömungen, auf die man sich unbewusst eingestimmt hat, hin- und hergeworfen.

Diesem höchsten Wesen gegenüber, das alles lenkt, das alle Dinge austeilt, müsst ihr eine Haltung einnehmen, die von Achtung, von Bewunderung und von Entzücken geprägt ist. Nun mögt ihr einwenden, dass ihr dieses Wesen nicht seht. Und doch, ihr seht es. Ihr seht die Schönheit der Natur, die Harmonie der Schöpfung. Ihr seht um euch herum Männer und Frauen, doch denkt ihr nie daran, bis zum Urheber all dessen, was ihr seht, aufzusteigen. Der Urheber existiert für euch nicht! Nirgendwo wird ein Gefühl für das Heilige gepflegt; man bemüht sich sogar darum, sich dessen zu entledigen, weil man es für unnütz hält. Und dann wird alles mit Füßen getreten und zuschanden gemacht.

Nein, meine lieben Brüder und Schwestern, ihr müsst nun die rechte Haltung dem Herrn gegenüber finden, immer voller Achtung, Bewunderung und Liebe an Ihn denken. Denn dann schwingt ihr in Harmonie mit Ihm, und alles, was Ihm angehört, Schönheit, Licht und Liebe, kommt mehr und mehr auf euch zu. Dann fühlt ihr die gleiche Freude, das gleiche Glück und ihr lebt in der gleichen Freiheit.1 Diejenigen, die sich lieben, verspüren die gleichen Empfindungen, denn sie haben die gleiche Wellenlänge. Das sind physikalische Gesetze.

Bewahrt ein heiliges Empfinden diesem Wesen gegenüber, das alles mit so großer Intelligenz erschaffen hat, ebenso wie ihr für Musik, für Blumen, für den Gesang eines Vogels oder für die Schönheit einer Frau voll bewundernden Staunens seid. Angesichts eines Steines und eines Schmetterlings seid ihr voller Bewunderung. Wie könnt ihr da ohne Bewunderung für den sein, der diese Dinge erschaffen hat? Er allein verdient eure Bewunderung, doch Er wird gestrichen, verbannt. Und darin liegt der Grund, warum ihr unglücklich, schwach und verletzlich seid. Nun werdet ihr sagen: »Oh, ich werde Bücher lesen, mich bei diesem oder jenem unterrichten, und so werde ich zum Erfolg kommen.« Nein, das wird euch nicht gelingen, denn das, was euch die Bücher und Menschen bringen können, ist nichts neben dem, was euch die Quintessenz der kosmischen Intelligenz bringen kann.

Um zu zeigen, wie fähig und wie intelligent sie sind, stellen die Menschen ihre Diplome, ihre Orden und Medaillen zur Schau. Doch das sind noch keine Beweise für Intelligenz. Ich habe andere Maßstäbe, um zu erkennen, ob jemand intelligent ist oder nicht. Ich habe kürzlich einen Brief von einem hochgebildeten Menschen erhalten, von einem Akademiker, und unter anderem hat er mir geschrieben: »Oft denke ich daran, was Sie uns vor einigen Jahren erzählt haben, als Sie aus der Türkei zurückkehrten. Eines Tages schauten Sie aus dem Fenster Ihres Hotelzimmers in Istanbul, und Sie sahen, wie ein kleiner Mann, ein Türke, der wie ein Bettler aussah, den Nachbargarten betrat. Er hatte einen Teppich bei sich, auf dem er niederkniete, um sein Gebet zu verrichten. Weiter erzählten Sie uns, dass Sie von seiner Haltung, die von Achtung und Anbetung zeugte, derart beeindruckt waren, dass Sie rasch hinabgingen, um ihm Geld zu geben. Doch als Sie dort ankamen, war er bereits fortgegangen, und Sie waren sehr traurig.« Schaut nur, wie unscheinbar kleine Dinge manchem im Gedächtnis bleiben!... »Ich schreibe Ihnen dies«, sagte mir dieser Mensch in dem Brief, »weil es mir nicht gelingt zu beten, ich kann einfach nicht, es ist die Leere.« Und dabei dachte er an den Türken, der sein Gebet auf seinem kleinen Teppich verrichtete. Und ich werde ihm nun antworten: »Mache dir keine Sorgen, eines Tages wirst du zu beten anfangen. Wenn du diesen Türken liebst, wirst auch du beten können.« Selbst wenn man den Eindruck hat, nichts zu empfangen, soll man doch beten, denn das Gebet erweckt geistige Zentren im Menschen. Die Chakras, die Energiezentren, die als Lotusblüten dargestellt werden, geraten in Schwingung, und deren Tätigkeit ruft große Veränderungen in ihm hervor.

Gesegnet seien diejenigen, die meine Worte annehmen und die sich von heute an um eine rechte Haltung bemühen. Ich weiß, dass es nicht leicht ist, diese zu finden. Man muss lange danach streben, und doch tut sich nichts, man empfängt nichts, wie bei dem Bleiglanzdetektor. Und dann, eines Tages, sprudelt etwas hervor, man ist fündig geworden! Darum müsst ihr weitermachen, darauf dringen, ja sogar dem Himmel drohen, doch mit Liebe! Und eines Tages wird etwas ausgelöst, für das es keine Worte gibt, um es zu beschreiben. Es ist so wie bei diesem Türken, der inbrünstig auf seinem kleinen Teppich betete, während ich ihn vom Fenster aus beobachtete. Auch wenn wir beten, ist ständig jemand da, der uns beobachtet und der uns helfen will. Wenn ihr betet oder wenn ihr irgendetwas benötigt, dann wisst ihr gar nicht, wie viele Wesen euch zuschauen und Mitleid mit euch haben. Der Herr selbst ist unendlich weit entfernt und sehr beschäftigt. Doch sind immer Wesen da, die herbeieilen, um euch zu helfen. Und ihr fühlt euch getröstet, besänftigt und glücklich. Ich bin damals zwar nicht schnell genug hinabgekommen, um dem Bettler sein Geld zu geben, was ihm geholfen hätte, doch die Wesen der unsichtbaren Welt kommen niemals zu spät an, und sie irren sich auch nie. Ihr bekommt augenblicklich das, was sie euch geben wollen.

Wisst ihr übrigens, dass es im Urwald am Amazonas ein Tier gibt, das, bevor es sich zum Schlafen niederlegt, sich mehrfach verbeugt und dabei seine Vorderpfoten dem Himmel entgegenstreckt? Diejenigen, die das gefilmt haben, haben gesagt, wenn man das sieht, müsse man unwillkürlich denken, es verrichte sein Gebet. Das ist ein kleines Pelztier, das wie ein Bärenbaby aussieht, allerdings mit einem buschigen Schwanz. Soweit ich mich entsinne, wird es Myrmidon genannt. Gewöhnlich bewegt es sich auf seinen vier Pfoten, doch am Abend, bevor es sich zum Schlafen niederlegt, stellt es sich auf seine Hinterbeine, erhebt die Vorderbeine zum Himmel, verneigt sich mehrmals bis zur Erde und schließt dabei die Augen. Dann legt es sich mit einem Ausdruck von Arglosigkeit und Unschuld mit der Schnauze auf einer Pfote nieder und schläft so ein. Das ist doch außergewöhnlich, nicht wahr? Nun ja, es gibt noch so viel Unbekanntes auf der Erde, das man noch nicht kennt und sicher noch entdecken wird.

Das waren also einige Worte zur inneren Haltung... Ich bitte euch, diese Dinge ernst zu nehmen und euch zur Gewohnheit zu machen, jeden Tag zumindest einige Minuten zu dieser ehrfurchtsvollen Haltung zu finden, um die Verbindung mit dem Herrn wiederherzustellen.

Le Bonfin, den 4. August 1974

Teil 2

Freier Vortrag

Gestern, meine lieben Brüder und Schwestern, habe ich einige Worte über die Ehrfurcht und über die Haltung, die man dem Herrn und der gesamten Schöpfung, allem Leben gegenüber einnehmen soll, an euch gerichtet. Doch war alles, was ich gesagt habe, sehr allgemein. Nun können wir uns mit besonderen Fällen des täglichen Lebens befassen, denn all die Wahrheiten, die ich euch darlege, können im Leben praktische Anwendung finden.

Gestern habe ich euch gesagt, wie wichtig es ist, diese Einstellung dem höchsten Wesen gegenüber einzunehmen, damit Es so, über die Harmonie der Schwingungen, in uns Einzug halten kann und wir Seine Ausstrahlung, Sein Licht, Seine Freude, Seine Kraft und Seine Vollkommenheit in uns empfangen. Wie und in welchem Bereich können wir nun diese Haltung der Achtung, der Liebe und der Bewunderung für Seine Intelligenz, für Seine Schöpfung und für die Schönheit, die allem innewohnt, zum Ausdruck bringen?

Ich will nun ein Thema anschneiden, das mancher gewiss als schlüpfrig ansehen wird, und zwar die Sexualität. Heutzutage wird dies von jedermann eingehend studiert, und unter dem Vorwand, sich zu befreien, ist man Tag und Nacht damit beschäftigt. Dazu muss ich allerdings sagen, dass weiterhin in gleichem Maße Verwirrung und Anomalien bestehen werden, da diese angebliche Befreiung ohne Licht und ohne Einweihungswissen von Leuten durchgeführt wird, die nicht wissen, wie der Mensch aufgebaut ist, und die seine Entsprechungen mit dem Universum nicht kennen. Sie tasten sich voran, und so gelingt es ihnen nicht, die Wahrheit genau zu erkennen. Vielleicht werden sie diese eines Tages finden, zur Zeit jedoch erforsche, beobachte und sehe ich, dass die Leute Erfahrungen machen, die auch nicht besser sind als die früheren. Denn solange man die Einweihungslehre nicht kennt, kann man nur klägliche Erfahrungen machen.

Damit ihr nun verstehen könnt, was ich euch heute sagen will, werde ich zuerst einmal ein Beispiel anführen, an dem ihr erkennen werdet, wie ich die Dinge in diesem Bereich sehe. Vor einigen Jahren kam eines Tages ein sympathisches, gut gekleidetes, wohlerzogenes junges Mädchen nach Izgrev. Man hatte sie zu mir geschickt, da es keinem Psychoanalytiker gelungen war, sie zu heilen. Sie war davon besessen, überall männliche Geschlechtsteile zu sehen, auf Gegenständen, Früchten, Blumen, selbst an der Zimmerdecke. Sie versuchte, gegen diese Zwangsvorstellungen anzukämpfen, doch war ihr das unmöglich. Überall sah sie nur diese Bilder, und das quälte sie, da sie sich schuldig, ja verdammt glaubte. So hatte man ihr empfohlen, zu mir zu gehen.

Sie fing an, mir ihre Geschichte zu erzählen, und während sie sprach, fing ich an zu lachen. Das verwunderte sie natürlich, und sie fragte mich, warum ich lachte. Ich sagte ihr darauf: »Das, was Sie da erleben, ist so natürlich und einfach! Sie sind nicht die Einzige, der solche Bilder begegnen. Sie können sich davon sehr schnell frei machen, jedoch nicht indem Sie dagegen ankämpfen, wie Sie es machen. Die Natur ist sehr stark. Seit Millionen von Jahren hat sie die Dinge so eingerichtet, dass Mann und Frau sich gegenseitig anziehen, das werden Sie nun nicht alles ändern können. Die Natur hat die Dinge gut geregelt, nur die Menschen begreifen nicht. Alle Männer und Frauen werden von solchen Bildern heimgesucht. Der Unterschied besteht lediglich darin, dass manche nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen, während andere dies wissen. Hören Sie mir gut zu. Wenn diese Bilder vor Ihnen auftauchen, dann betrachten Sie diese in aller Ruhe, anstatt sich zu ängstigen, sich krank machen zu lassen und gegen sie anzukämpfen. Doch ändern Sie Ihren eigenen Standpunkt. Denken Sie, dass dieses Organ etwas Schönes, Kraftvolles und Göttliches ist, denn es dient dazu, Leben weiterzugeben. Dann werden Sie derart voller Bewunderung sein für die Intelligenz und die Weisheit des Schöpfers, dass Sie darüber alles andere vergessen. Es hat Ihnen lediglich als Ausgangspunkt gedient, um sich dem Schöpfer zuzuwenden.«

Um so zu handeln, muss man natürlich einen anderen Standpunkt einnehmen als die Kirchenleute und die Moralisten, für die das Geschlechtsleben immer etwas Schändliches ist, von dem man nur ja nicht sprechen und mit dem man sich nicht beschäftigen darf. Aber warum ist es dann eines der wesentlichen Dinge, mit denen sich die Menschheit beschäftigt? Diese Leute sollen doch logisch denken. Da es nun einmal offensichtlich ist, dass die Menschen weder die Sexualorgane noch das Bedürfnis, diese zu benutzen, jemals loswerden können, muss man die Einstellung ihnen gegenüber ändern und begreifen, dass es geheiligte Organe sind, die man immer mit Achtung und Bewunderung betrachten und sich dabei mit dem Schöpfer verbinden muss. Doch welcher Mann oder welche Frau betrachtet schon diese Organe als etwas Geheiligtes, das man nicht missbrauchen, sondern nur für hohe Zwecke benutzen darf? Und doch, liebe Brüder und Schwestern, dies ist die beste Art und Weise, die Dinge zu verstehen, und so schreitet man voran. Man wird göttlich durch ein heiliges Gefühl.

In einem anderen Vortrag stellte ich die Frage: Warum sind weder das Gehirn noch die Lungen, die Leber oder der Magen in der Lage, Leben zu zeugen? Wenn allein die beiden bekannten Organe dazu in der Lage sind, so sind sie heilig, sie sind göttlich. Warum sie also immer schmähen? Welche Scheinheiligkeit! Wenn davon gesprochen wird, macht man sich darüber lustig, man macht Witze und tut völlig gleichgültig. Doch was wird dann insgeheim gemacht? Wenn man diese Organe verachtet, sollte man sich nicht damit befassen. Da man sich jedoch damit beschäftigt, muss man ein heiliges Gefühl für sie haben. Nun werdet ihr sagen: »Aber was Sie uns da erzählen, ist doch sehr weit hergeholt!« Ja, für die Tiere ist das weit hergeholt, doch für diejenigen, die sich weiterentwickeln wollen, ist das nicht weit hergeholt. Für Schwächlinge und für primitive Leute wäre es vielleicht besser gewesen, nicht hierher zu kommen. Denn es wird sie quälen zu erkennen, wie sehr sie von ihren niederen Begierden abhängig sind; und ich will die Menschen nicht verwirren und unglücklich machen. Doch all diejenigen, die schon weiterentwickelt sind, werden begeistert sein, weil sie entdecken, wie sehr sich ihr Horizont erweitert! Für sie bin ich verpflichtet zu sprechen, um ihnen zu erklären, dass es Mittel und Möglichkeiten gibt, und dass sie mit Geduld und Beharrlichkeit zum Erfolg kommen. Viele haben mir übrigens schon gesagt: »Meister, wir haben das Gefühl, all das, was Sie uns offenbaren, wann auch immer, schon erfahren zu haben. Wir spüren, dass es wahr ist, denn wenn Sie sprechen, findet man in sich etwas wieder, wie ein Echo.« Doch bevor man diese großen Wahrheiten gehört hat, kann man sie nicht entdecken.

Also, meine lieben Brüder und Schwestern, ihr müsst euch angewöhnen, die Dinge unter einem anderen Licht zu sehen, so wie Gott sie sieht.2

Die meisten Ordensleute der Vergangenheit, die Asketen und Eremiten, haben eine fatale Lebensanschauung hinterlassen. Sie zogen sich in die Wälder und Gebirge zurück, um den Frauen zu entfliehen, denn ihrer Ansicht nach ist die Frau ein Geschöpf des Teufels. Doch die Ärmsten wurden dann von anderen Frauen, denen der Astralebene, bis in ihre Höhlen hinein verfolgt, und sie konnten ihnen nicht entkommen. Denkt nur an die Versuchungen des heiligen Antonius... Man hätte den Frauen nicht entfliehen und sie als Inkarnation des Teufels ansehen dürfen. Unsere Philosophie hingegen sagt, dass man die Frauen betrachten, bewundern, durch sie die Göttliche Mutter suchen und sich dabei sagen soll: »O Göttliche Mutter, wie ist es Dir nur gelungen, so viele hübsche Mädchen und Frauen zu erschaffen? Alle sind verschieden, es gibt nicht zwei darunter, die sich gleichen, welch eine Fülle!« Und ihr seid voll bewundernden Staunens über diese Intelligenz und diese Pracht.

Wenn der Mann gegen die Frau ankämpft, beraubt er sich des Lebendigen, des Poetischen, hat keinen Antrieb und keine Inspiration mehr, er wird zu einem Eunuchen, er ist tot und begraben. Wie ich diese Asketen und Eremiten bedauere! Mit ihrer irrigen Philosophie haben sie nur Unausgeglichenheit und Tod gefunden. Manche konnten dank ihrer Tugenden und ihrer Willenskraft diesen Anomalien widerstehen, doch ist das keine Philosophie, die man verbreiten sollte. Man muss lernen, die Dinge richtig zu sehen. Wenn Gott Mann und Frau erschaffen hat, dann nicht zu dem Zweck, dass sie einander fliehen. Diejenigen, die das taten, kritisierten damit die Werke des Herrn, als wüssten sie besser als Er, was man tun und lassen sollte. Es war versteckter Hochmut dahinter, ja Hochmut, Unwissenheit, Dummheit! Und so gerieten sie aus dem Gleichgewicht.

Die neue Erziehung der Menschheit muss mit der Betrachtungsweise beginnen. Die Frauen müssen die Männer als eine Manifestation des Himmlischen Vaters ansehen und diese als Ausgangspunkt nehmen, um zum Vater zu gehen, der sie erschaffen hat. Sie sollen sich auch fragen, warum Er sie erschaffen hat und was Er ihnen durch sie geben will. Es gibt noch so viele Dinge zu entdecken! Mit dieser neuen Art und Weise die Männer zu betrachten, werden die Frauen sich inspiriert und von etwas Neuem erfüllt fühlen. Und die Männer, das habe ich bereits gesagt, müssen ebenso die Frauen als Ausgangspunkt nehmen, um zur Göttlichen Mutter zu gehen, und sich dabei fragen: »Wer ist diese Göttliche Mutter, der es gelungen ist, Zauberinnen zu erschaffen, die so entzückend sind mit ihrem Blick, ihrem Lächeln und ihrer Stimme?« Das ist die beste Methode, ansonsten ist man genötigt, entweder die Frauen zu fliehen oder sich auf sie zu stürzen. Und beide Verhaltensweisen sind bedauerlich. Die dritte jedoch ist die der großen Eingeweihten, die es verstehen, alles nützlich einzusetzen. Sie sind der Ansicht, dass alles, was Gott erschaffen hat, dazu dienen soll, dass sie sich weiterentwickeln, dass sie voranschreiten und Gutes tun. Und diejenigen, die diese Verhaltensweise nicht annehmen können, werden früher oder später von Kummer, Enttäuschungen und Gewissensbissen geplagt sein. Gewiss, wenn man außerhalb der Lehre der Universellen Weißen Bruderschaft lebt und die Wahrheit nicht kennt, leidet man nicht allzu sehr, da man meint, man habe die beste Lebensweise gefunden, und man ist beinahe stolz auf sie. Doch im Licht der Lehre betrachtet, bietet sich ein anderes Bild. Darum ist es vorzuziehen, sich nach den neuen Regeln zu richten, denn sie sind die besseren.

Ihr müsst die Männer und Frauen stets als ein Mittel betrachten, euch dem Göttlichen anzunähern. Und wenn ihr spürt, dass ihr es geschafft habt, dann seid nicht ich-bezogen und egoistisch, gebt die Freude, das Glück und die innere Weite an die Person weiter, die euch als Ausgangspunkt gedient hat, bis in diese Höhe zu gelangen. Überschüttet sie mit Licht. So müsst ihr euch nicht zum Vorwurf machen, andere Geschöpfe nur zu eurer eigenen Weiterentwicklung zu benutzen. Wenn ihr die Fülle von oben empfangt, müsst ihr sie dem Menschen zuströmen lassen, der es euch ermöglicht hat, so weit zu kommen. Dann ist alles rein, göttlich und wunderbar.

Die Einweihungswissenschaft bringt uns Schätze und Reichtümer, die die Menschen nicht zu schätzen wissen. Ihre Art Liebe bringt ihnen Leid und wirft sie zu Boden, und dann sagt man, Gott ist Liebe! Aber ist es denn Gott, der die Menschen unglücklich macht? Nein, es sind die Menschen selbst, die noch nicht erkannt haben, was wahre Liebe bedeutet, und so machen sie sich unglücklich. Es ist ihre Art von Liebe, die sie unglücklich macht.

Le Bonfin, den 5. August 1974

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Anmerkungen

1 Siehe Band 12 der Reihe Gesamtwerke »Die Gesetze der kosmischen Moral«, Kapitel 6: »Das Gesetz der Affinität und die wahre Religion«.

2 Siehe Band 239 der Reihe Izvor »Die Liebe ist größer als der Glaube«, Kapitel 5: »Dir geschehe nach deiner Einstellung«.

Kapitel 2: Die wahre Ehe: Geist und Materie

Freier Vortrag

Lesung des Tagesgedankens:

»Wenn gesagt wird reiner Geist, so ist das nur eine Redensart, denn ein reiner Geist kann im Bereich der manifestierten Dinge, in der Polarisierung, nicht bestehen. Er kehrt in den kosmischen Ozean zurück, mit dem er verschmilzt. Um sich manifestieren zu können, braucht er einen Körper, das heißt einen Träger oder auch, wenn ihr so wollt, eine Frau. Unser physischer Körper ist also unsere Frau, mittels derer wir, das heißt unser Geist, in Kommunikation mit der äußeren Welt treten, darin wirken, sich manifestieren und sich in mannigfaltiger Art und Weise ausdrücken kann. Je erhabener der Geist ist, der sich manifestiert, umso feiner, subtiler und lichtvoller ist sein Körper, also der Träger, die Materie, die ihn umhüllt. Das geht so weit, dass beide beinahe verschmelzen. Doch bleiben Geist und Materie immer zwei unterschiedliche Pole, denn sonst wäre jegliche Manifestation unmöglich.«

Das ist wieder so ein Abschnitt, der euch sonderbar und unverständlich erscheint. Erzählt nur einmal den Menschen, dass wir Geist sind und unser physischer Körper unsere Frau ist! Das ist eine Vorstellung, die sie niemals akzeptieren wollen. Und doch stelle ich die Frage: Wisst ihr, warum in Ehe und Partnerschaft nichts funktioniert? Das liegt daran, dass in Wirklichkeit jede Ehe, die geschlossen wird, ein Ehebruch ist. Denn man heiratet jemanden, der sich außerhalb von einem selbst befindet und der eigentlich nicht passt, da die wahre, die einzig legitime Ehe die Vereinigung von Geist und Körper ist.

Die wahre Ehe, liebe Brüder und Schwestern, wird zwischen dem Geist und der Materie geschlossen. Wenn die Ehe auch in der physischen Ebene existiert, wenn sich die Menschen auch durch eine Art Instinkt dazu getrieben fühlen, sich ein anderes Geschöpf zu suchen, um sich mit diesem zu vereinigen, so muss man doch wissen, dass diese Vereinigung nur die Darstellung, das Abbild, ein Symbol einer anderen Ehe ist, die auf einer höheren Ebene zwischen Geist und Materie zelebriert wird. Geist und Materie sind dem Anschein nach völlig unterschiedlich, doch in Wirklichkeit sind sie ein und dieselbe Sache. Lediglich durch das Phänomen Polarisierung sind sie scheinbar unterschiedlicher, ja entgegengesetzter Natur. Diese einzigartige Realität – nennen wir sie Gott, wenn ihr wollt – ist gezwungen, sich zu polarisieren, wenn sie sich manifestieren will, denn sonst ist keinerlei Manifestation möglich. Andererseits ist jegliche Manifestation, sei sie positiv oder negativ, ausstrahlend oder empfangend, spirituell oder materiell, immer eine Ausdrucksform des Herrn. Nichts existiert außerhalb des Herrn, selbst die Materie ist ein Teil von Ihm. Das ist die wahre Philosophie. Es mag sein, dass sie eure persönlichen Vorstellungen über den Haufen wirft, doch bin ich verpflichtet, sie euch zu offenbaren. Nichts existiert außerhalb des Herrn, weder Geist noch Materie. Es gibt nur Gott, der frei und allmächtig ist, und durch das Universum manifestiert Er sich auf wunderbare Weise.

Was Gott eigentlich genau ist, weiß niemand. Er ist das Absolute, das Nicht-Manifestierte. Er hat weder einen Körper noch eine sonstige Erscheinungsform. Doch als Er sich manifestieren und in der gegenständlichen Welt ausdrücken wollte, hat Er sich polarisiert. Dank dieser Polarisierung konnte Er erschaffen. Die beiden Pole haben dann aufeinander eingewirkt, und aus diesem Wirken ist die Welt, ist das gesamte Universum hervorgegangen. Die Manifestation dieser beiden Pole, Geist und Materie, das ist also der Herr. Und wir, wir sind etwas in Seinem Kopf. Der Herr denkt, Er erschafft, und wir sind etwas in Seinem Kopf, so wie Gedanken. Wenn ihr das verstehen könnt, dann habt ihr alles verstanden, denn dieser Grundgedanke ist der Schlüssel zu allem.

Gott, dieses Absolute, kann als Leere oder als das Nichts definiert werden, denn Er entzieht sich jeglicher Definition. Was ihr auch immer von Gott sagen mögt, Er ist es niemals. Ihr könnt über Ihn noch so wortgewandte und großartige Reden führen, alles nur erdenkliche Gute oder Schlechte über Ihn sagen, Er ist immer etwas anderes. Und wenn ihr einem Eingeweihten die Frage stellt, was Gott ist, wird er schweigen, denn allein die Stille kann ausdrücken, was Er ist.

In der Kabbala wird das Absolute Ain Soph Aur genannt, das Licht ohne Ende, das unergründliche Licht. Wenn Er sich manifestiert, so geschieht dies durch die zweifache Polarität von Geist (der Gemahl) und Materie (die Gemahlin). Denn Gott hat eine Gemahlin. Die Christen sind die einzigen, die glauben, der Himmlische Vater sei nicht verheiratet. Ihrer Meinung nach hat Er einen Sohn und ist doch Junggeselle! Woher käme demnach der Brauch zu heiraten bei den Menschen, wäre er nicht ein Abbild dessen, was in der höheren Welt geschieht? »Das, was unten ist, ist wie das, was oben ist.« All unsere Lebensäußerungen haben ihr Vorbild in der göttlichen Welt. Die Kabbala sagt, dass Gott eine Gemahlin hat, die Schekina heißt, und dass beide in ihre ewige Liebe versunken die Welten erschaffen. Daher suchen die Menschen, die nach dem Bild Gottes geschaffen sind, alle ein anderes Wesen, um sich mit diesem zu vereinen.1

Der Geist ist ein feinstoffliches, unfassbares Prinzip ohne Form und Dimension. Man kann ihn mit einem Parfüm vergleichen, das so flüchtig ist, dass es entweicht und verdunstet, wenn es nicht in einem Fläschchen eingeschlossen ist. Der Geist ist so feinstofflich, dass ein Gefäß nötig ist, um ihn zu halten. Und eben der physische Körper spielt die Rolle dieses Gefäßes, denn die Materie hat die Eigenschaft, den Geist zu verschlingen und festzuhalten. Wäre dem nicht so, dann entstünde nichts Manifestiertes, der Geist würde zu seinem Ursprung zurückkehren, und die Materie bliebe als lebloser Staub zurück. Wenn beide vereint sind, ist der Geist begrenzt, doch belebt er immerhin die Materie, die durch ihn an Leben gewinnt. Doch wenn beide sich im Augenblick des Todes trennen, bleibt die Materie reglos zurück und der Geist entweicht. Selbstverständlich fordert die Ehe von Geist und Materie ein Opfer. Der Geist akzeptiert es, sich zu begrenzen, um die Materie zu beleben, und die Materie akzeptiert es, sich ihm unterzuordnen, um ihm Kinder zu schenken. Alles, was existiert, die gesamte Schöpfung ist ihr Kind.

Die wahre Ehe ist also in Wirklichkeit die Vereinigung unseres Geistes mit unserem physischen Körper, der unsere Frau darstellt. Und die wahre Scheidung, das ist der Tod, der Augenblick, in dem Geist und Materie sich trennen. Ich würde euch gerne die ganze Tragweite und die Subtilität dieses Problems aufzeigen, doch werdet ihr mir dabei folgen können? Die erste Ehe, die mit dem Körper, bedeutet für den Geist bereits eine große Begrenzung. Wenn man sich nun dazu entschließt, im Äußeren noch einen Ehemann oder eine Ehefrau hinzuzunehmen, so schränkt diese zweite Ehe die Freiheit des Geistes noch mehr ein, weil man dem Ehepartner alles recht machen muss, um ihm zu gefallen und ihn zufrieden zu stellen. Durch diese Willfährigkeit wird der Geist geschwächt. Außerdem protestiert die erste Frau (der physische Körper), er lehnt sich dagegen auf und sagt: »Du begehst Ehebruch, du bist untreu!« Und daraus ergeben sich dann vielfältige Störungen und Anomalien, deren Ernsthaftigkeit bisher noch niemand erkannt hat.

Alle, die dieses Problem kennen, ziehen es vor, nicht zu heiraten, denn sie sind sich bewusst, bereits verheiratet zu sein. Ihr Geist ist schon durch ihre erste Frau begrenzt, und sie haben keine Lust, sich noch eine weitere Last aufzubürden. Sie wissen, dass sie mit einer zweiten Ehe genötigt sein werden, viele Gesetze zu übertreten und untreu zu werden, das heißt, ihrer zweiten Frau all die Energien zu geben, die sie für die erste hätten bewahren sollen. So wird es nun mit dieser bergab gehen, sie wird geschwächt werden, sich auflehnen und den Dienst verweigern. Aus diesem Grund haben alle großen Geister, die eine einzigartige und immense Arbeit leisten und frei sein wollten, um Tausenden von Menschen Gutes zu tun, anstatt nur einem einzigen (der im übrigen niemals dankbar ist, denn ihr mögt noch so viel tun für jemanden, er wird immer nörgeln und Gründe finden, euch zu kritisieren), sich immer dafür entschieden, ihre Zeit, ihre Kräfte und ihre guten Eigenschaften für ihre eigentliche Frau zu bewahren, die dadurch gesünder, schöner, aktiver, geschmeidiger, lebhafter, ausdrucksvoller und intelligenter wird.

Das ist nun allerdings kein Grund, euch eurer zweiten Frau gegenüber boshaft zu zeigen, sie zu schlagen oder mit den Worten fortzujagen: »Hörst du, was der Meister gesagt hat, schau, dass du fortkommst!« Nein, wenn ihr bereits verheiratet seid, dann habt ihr Ja gesagt, ihr habt ein Versprechen abgegeben, das ihr nun bis zum Ende einhalten müsst. Ohne triftigen Grund darf man sich nicht einfach von seiner Frau oder seinem Mann trennen, denn sonst trifft man sie oder ihn in der folgenden Inkarnation wieder, und das ist weitaus schlimmer. Man muss sich zwar befreien, doch auf kluge Art und Weise.

Der letzte Satz dieses Tagesgedankens: »Doch bleiben Geist und Materie immer zwei unterschiedliche Pole, denn sonst wäre jegliche Manifestation unmöglich«, hat eine sehr tiefe Bedeutung. Das ist etwas, was den meisten unbekannt ist, dass es nämlich ohne die beiden Pole nichts Manifestiertes geben kann. Ich habe euch oft gesagt: »Man hat mir einen Schlüssel gegeben, der alle Türen des Universums öffnet. Dieser Schlüssel ist der Mensch.« Die griechischen Eingeweihten sagten: »Erkenne dich selbst, und du wirst das Universum und die Götter erkennen.« Viele ägyptische Fresken stellen Personen dar, die einen symbolischen Gegenstand in der Hand halten, der aus einem Kreuz besteht, über dem ein Kreis angebracht ist. Dieses Symbol, das Gelehrte und Archäologen bisher nicht entschlüsseln konnten, ist in der Astrologie das Zeichen von Venus, doch stellt es ebenfalls den Menschen mit geschlossenen Füßen und ausgebreiteten Armen dar. Diese Personen waren niemand andere als Eingeweihte, die den Schlüssel besaßen, mit dem sie alle Türen öffnen und die Mysterien zugänglich machen konnten.

Dieser Schlüssel stellt auch die beiden Prinzipien dar. Der Kreis (für den manchmal auch ein Dreieck genommen wird) steht für die göttliche Welt, das Absolute, den Geist oder auch für die göttliche Dreifaltigkeit, dargestellt durch die drei Seiten des Dreiecks. Das Kreuz steht für die vier Zustände der Materie, der physischen Welt. Dieser Schlüssel, das ist der Mensch, die Vereinigung von Geist und Materie, des männlichen und des weiblichen Prinzips. Nun, das ist genau die Bedeutung des Schlüssels, wie ihn Melchisedek Abraham offenbarte, als er ihm die beiden Prinzipien in Form von Brot und Wein brachte, denn das Brot stellt das männliche und der Wein das weibliche Prinzip dar.

Diese beiden Symbole finden sich überall im Universum wieder, so auch im menschlichen Körper und insbesondere im Mund, wo die Speicheldrüsen wie Weintrauben und die Geschmackspapillen wie Weizenähren aufgebaut sind. Ihr könnt das in dem Vortrag nachlesen: »Von der Liebe kündet der Mund.«2 Die Worte Jesu: »Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt...« sind ein Hinweis auf die beiden Prinzipien: Essen und Trinken, Brot und Wein, Getreide und Trauben.

Der Mund selbst stellt einen bedeutenden Schlüssel dar, denn auch er enthält die beiden Prinzipien, da er von der Zunge und dem Lippenpaar gebildet wird, von dem männlichen Prinzip, das immer eins ist, und dem weiblichen Prinzip, das immer zweifach ist. Beide zusammen erschaffen das Kind: das Wort.3 Ich selbst bin noch weitergegangen. Ich habe mir Getreide und Trauben angesehen und herausgefunden, dass das Korn des Getreides dem weiblichen Geschlechtsorgan ähnelt und dass die Weinbeere Kerne hat, die dem männlichen Geschlechtsorgan ähneln. Jeder hat schon einmal Getreide oder Weintrauben gegessen, doch ohne daran zu denken, Beobachtungen anzustellen oder sich zu fragen, warum die beiden Prinzipien dort auf diese Weise dargestellt sind. Und wenn Mann und Frau ein Kind zeugen, gibt der Mann die weiße Farbe, dieselbe Farbe wie die des Brotes oder des Mehles und die Frau gibt die rote Farbe, die Farbe des Weines. Auch da wieder sind die beiden Prinzipien nötig, um ein Kind zu zeugen.

Man muss versuchen zu begreifen, wie die beiden Pole aufeinander einwirken. Nehmen wir einen Magneten als Beispiel, seine beiden Seiten sind polarisiert. Um einen anderen Magneten anzuziehen, muss man die Nordseite des einen der Südseite des anderen zuwenden, sonst stoßen sich die beiden gleichartigen Pole ab. Auch der Mensch ist polarisiert. Die Füße und der Kopf sind zwei unterschiedliche Pole, so wie auch die rechte und die linke Seite, die Vorderseite des Körpers und der Rücken usw. Stellt euch mit dem Rücken zueinander, so ist das eine Sache, schaut ihr einander an, so ist es eine andere. Wenn man diese Nuancen kennt, kann man sie praktisch nutzen, sogar um Kranke zu heilen. Je nachdem ob man es versteht oder nicht, sich mit den Menschen, mit der Erde oder auch mit der gesamten Natur zu polarisieren, ergeben sich Anziehung oder Abstoßung, Wohltaten oder Anomalien.

Liebespaare zum Beispiel wissen nicht, dass sie in dieser oder jener Stellung diese oder jene wohltuende oder schädliche Kraft anziehen. Und da es Leute gibt, die sich ein Vergnügen daraus machen, die unglaublichsten Stellungen zu praktizieren, ziehen sie jedes Mal eine bestimmte Kraft an und stoßen eine andere ab. Die Eingeweihten können euch von jeder Stellung sagen, ob sie wohltuend oder schädlich wirkt. Doch will ich mich nicht bei diesem Thema aufhalten, das ist eine zu heikle Angelegenheit. Ich will die Menschen lediglich warnen, weil sie Unglück und Krankheit anziehen, wenn sie sich, ohne wahre Kenntnisse zu besitzen, all diesen Praktiken hingeben. Man darf nichts praktizieren, ohne dessen Auswirkungen zu kennen. Im übrigen ziehen es die meisten Eingeweihten vor, die viele Kenntnisse in diesem Bereich besitzen, nichts zu praktizieren.

Es ist sogar besser, gar nichts davon zu kennen, ohne sich vorher geläutert zu haben und edler und vollkommener geworden zu sein. Viele Leute wollen Kenntnisse erwerben, um sich dann nur umso besser zu beschmutzen, zu erniedrigen und um die Gesetze zu übertreten. Auf diese Weise laden sie viel Schuld auf sich und haben ein schlimmes Karma. Wenn man die großen Mysterien kennen lernen will, muss man für dieses Wissen bereit sein. Dann setzt man es immer ein, um Gutes zu tun, anstatt versucht zu sein, damit Übles anzurichten und sich oder anderen den Hals zu brechen.

In Bezug auf die beiden Prinzipien möchte ich noch hinzufügen, dass man sie überall antreffen kann, überall im Universum, in der Natur, den Bergen, den Sternen, im physischen Körper, im Blutkreislauf, in der Atmung und sogar in Kunst und Technik, überall dort, wo ein Ding in ein anderes eindringt und es ausfüllt. Wenn ihr in der Lage seid, überall die beiden Prinzipien zu erkennen, dann besitzt ihr das wahre Wissen. »Erkenne dich selbst, und du wirst das Universum und die Götter erkennen.« Der Mensch spiegelt das Universum wider; alles, was existiert, findet sich im Kleinen bei ihm wieder. Nur hat er sich noch nicht erkannt. Manch einer wird nun sagen: »Oh doch, ich kenne mich! – Aber nein, du kennst nur deinen physischen Körper, dein Niederes Ich. Doch das Höhere Ich, kennst du das? – Aber was ist denn das Höhere Ich? – Was für eine Frage! Dein Höheres Ich ist das Zentrum, der Geist, und dein Niederes Ich ist die Materie, das Kreuz. Zur Zeit kennst du nur die Materie, das heißt deinen Bauch, deinen Magen, deine Bedürfnisse, deine Begierden, deine Sorgen und deine Fehler. Du kennst den Geist nicht, der wirkt und erschafft. Und diesen sollst du nun kennen lernen. Im Augenblick kennst du lediglich die Materie.« Selbst die Wissenschaftler denken an nichts anderes, als in der Materie herumzuwühlen. Sie wissen nicht, dass die Materie nur darum so viele Reichtümer bietet, weil sie der Geist hineingelegt hat.4

Nun, es erschüttert wohl eure Vorstellungen zu erfahren, dass ihr bereits verheiratet seid? Sogar die Junggesellen!... Wir alle haben Pflichten unserer eigentlichen Frau, unserem physischen Körper gegenüber. Wir müssen ihn pflegen, ernähren, erziehen und dafür sorgen, dass er immer sauber und bei guter Gesundheit ist, denn wenn man ihn vernachlässigt, zieht das unangenehme Auswirkungen nach sich. Ich bin völlig sicher, dass dies neu für euch ist und dass ihr die Dinge noch niemals von dieser Seite betrachtet habt. Ein Raucher, denkt er wohl an seine Frau, die darunter leidet? Sie ruft euch zu, dass sie unglücklich ist, doch ihr quält sie weiterhin mit eurer Raucherei. Und wenn sich die Leute betrinken, denken sie dann daran, dass sie ihre eigene Frau damit zugrunde richten?

Nun, es scheint mir, je mehr ihr mir zuhört, umso mehr spürt ihr, wie etwas in euch sich abklärt, Form annimmt, klarer wird. Intellektuell seid ihr vielleicht verwirrt, wie im Nebel, ihr begreift nicht alles, doch spürt ihr, wie etwas Wesentliches in eurem tiefsten Innern Gestalt annimmt, etwas das euch nicht täuscht. Vielleicht gelingt es mir nicht, euren Intellekt zu befriedigen, doch spürt ihr, dass ihr auf dem Weg zur Wahrheit seid. Und nun müsst ihr nur noch voranschreiten und arbeiten. Meine Aufgabe besteht nicht so sehr darin, eurem Gehirn Wissen einzugeben, sondern eher darin, es euch zu ermöglichen, einige wesentliche Wahrheiten zu spüren, sie zu leben und zu erleben. Denn nicht euer Verstand interessiert mich, sondern euer Herz, eure Seele und euer Geist. Eines Tages werdet ihr in euch selbst einen sicheren Maßstab besitzen, einen unfehlbaren Führer, der euch den Weg weisen und euch in der richtigen Richtung vorantreiben wird. Dann wird euch niemand mehr vom Weg abbringen, noch euch für üble Zwecke benutzen können.

Le Bonfin, den 20. September 1974

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Anmerkungen

1 Siehe Band 236 der Reihe Izvor »Weisheit aus der Kabbala«, Kapitel 10: »Die kosmische Familie und das Mysterium der Heiligen Dreifaltigkeit«.

2 Siehe Band 1 der Reihe Gesamtwerke »Das geistige Erwachen«, Kapitel 5: »Geboren aus Wasser und Geist«.

3 Siehe Band 8 der Reihe Gesamtwerke »Sprache der Symbole, Sprache der Natur«, Kapitel 10: »Wie die beiden Prinzipien im Mund enthalten sind«.

4 Siehe Band 241 der Reihe Izvor »Der Stein der Weisen«, Kapitel 9: »Die alchimistische Arbeit: die 3 über der 4«.

Kapitel 3: Die Sonne, die Quelle der Liebe

Freier Vortrag

Lesung des Tagesgedankens:

»Die Quelle der universellen Liebe ist die Sonne.* Die Sonne hinterlegt ihre Partikel der Liebe und des Lebens überall in der Natur. Und wir nehmen diese Teilchen über Steine, Pflanzen und Tiere in uns auf, ja sogar über Männer und Frauen, denn Männer und Frauen besitzen auch einige Partikel der Sonne, aber sehr wenige, nicht genug. Darum sind sie genötigt, diese anderweitig zu suchen, weil es nicht ausreicht und unvollkommen ist. Ihre Art, miteinander in Austausch zu treten, ist nicht gerade besonders, und so kommt es zu Trennungen, zu Scheidungen und zu Verbrechen.«

»Die wahre Liebe findet sich im Überfluss in der Sonne, und von dort muss man sie sich holen. Solange ihr nicht an der Quelle trinkt, werdet ihr nur Tautröpfchen finden, die sich hier und da an einigen Blättern und Blüten angesammelt haben. Und das ist nicht viel. Es gibt gewiss Stellen am Körper von Mann und Frau, wo die Liebe sich ein wenig niederschlägt. Doch wenn ihr sie allein dort sucht, werdet ihr ständig Hunger und Durst leiden. Das passiert allen, die sich lieben. Sie spüren, dass eine Leere in ihnen bleibt, die sie noch nicht ausgefüllt haben. Darum müssen sie zur Quelle gehen und diese unendliche Liebe schöpfen, die die gesamte Schöpfung nährt. Mögen sie daraufhin einen Mann oder eine Frau lieben, wenn sie wollen. Doch um die Fülle zu finden, müssen sie die Liebe zuerst an der Quelle schöpfen.«

Wenn man diese Worte hört, meine lieben Brüder und Schwestern, versteht man nicht viel. Die universelle Liebe in der Sonne suchen, dabei hat man noch nicht einmal den Wunsch danach! Eine Frau oder ein Mann hingegen, das spricht einen eher an. Aber die Sonne...! Warum ist es dann so selten, Männer und Frauen zu finden, die wirklich glücklich sind? Für einige Tage oder Wochen mögen sie es sein, doch ist das nicht von Dauer. Und wenn ihr ihnen Fragen stellt, werden sie euch sagen, falls sie ehrlich und aufrichtig sind, dass sie sich mit Rücksicht auf ihren Partner oft genötigt sehen, sich den Anschein zu geben, zufrieden und glücklich zu sein. Auf diese Weise gelingt es ihnen, die kleinen Freuden ein wenig länger andauern zu lassen. Doch mit der Zeit werden die Leere und der Abgrund größer, und sie erkennen mehr und mehr, dass sie sich getäuscht haben, dass es nicht mehr geht und dass sie sich trennen müssen. Jedoch alle finden das normal. Sie sagen: »Aber was glauben Sie denn, man kann doch nicht die ewige Liebe erwarten.« Man schwört sich, sich ewig zu lieben, und selbst wenn man weiß, dass es nicht von Dauer ist, muss man es schwören. Man muss also lügen, und das Leben ist nichts weiter als eine große Komödie oder Tragödie... oder eher noch eine Tragikomödie. Und was sagenhaft und unglaublich ist, ist die Hoffnung, dass es gelingen wird, wenn nicht das erste Mal, dann doch das zweite oder das dritte Mal... Wirklich, diese Hoffnung versetzt mich in Erstaunen.

Was die Menschen für Liebe halten, ist oft nur ein Bedürfnis nach Empfindungen, Gefühlswallungen und vulkanischen Eruptionen. Aber das sind nur physiologische, anatomische, biologische und aus überspannter Fantasie entspringende Erscheinungen. Das ist noch keine Liebe. Nun werdet ihr sagen: »Und was ist denn Liebe?« Oh, wenn ich das wüsste, würde ich es euch sagen, doch ich weiß es noch nicht. Mein ganzes Leben lang strebe ich nichts anderes an, als zu wissen, was die Liebe ist. Und jeden Tag sage ich mir: »Ah, heute weiß ich es endlich.« Aber am nächsten Tag erkenne ich, dass ich wieder etwas hinzugelernt habe, und von neuem denke ich: »Jetzt habe ich’s, dieses Mal habe ich es begriffen.« Doch in Wirklichkeit weiß ich, dass die Liebe unendlich ist. Darum kann ich auch nicht für mich in Anspruch nehmen, sie zu kennen. Ich sage mir lediglich, dass ich dabei bin, sie kennen zu lernen, das ist alles. Wenn ihr sie hingegen bereits kennt, dann beglückwünsche ich euch dazu und bitte euch, so nett zu sein, mir euer Wissen zu enthüllen, denn ich bin mir darin noch nicht sicher. Die Liebe ist so weit, so reich, so schön und so mächtig, dass ich noch Jahrhunderte brauche, um meine Kenntnisse zu vertiefen. Wenn es euch also gelungen ist, sie bereits kennen zu lernen, dann beglückwünsche ich euch dazu. Allerdings frage ich mich auch: »Wie kommt es, wenn ihr die Liebe kennt, dass ihr noch unglücklich, krank und in der Finsternis seid?« Es ist also nicht die wahre Kenntnis.

Die Liebe bringt uns ewiges Leben, Herrlichkeit und Licht. Solange ihr das nicht habt, kennt ihr die Liebe noch nicht. Denn tatsächlich kommt die wahre Liebe von sehr weit oben, sie ist Gott selbst. Die Menschen aber wissen das nicht. Was sie Liebe nennen, das sind nur kleine Erscheinungsformen dieser Energie an bestimmten Stellen des Körpers. Nein, das sind bloß begrenzte, entstellte, ins Tierhafte herabgesunkene Erscheinungen. Das ist keine Liebe. Um die Liebe kennen zu lernen, muss man zur Quelle gehen. Gott ist die Quelle, und sein Stellvertreter für unser Universum ist die Sonne. Über die Sonne müssen wir also die Liebe anstreben, die das Leben selbst ist und die die gesamte Schöpfung nährt.1

Die niedere Form der Liebe verlangt nur Genuss, Befriedigung, Gefühlswallungen und Erregung. In Wirklichkeit ist das keine Liebe, sondern Genusssucht, Besitzstreben und manchmal sogar Gewalt. Das ist die Art von Liebe, an der man so krampfhaft festhält, dass man sogar die Medizin in Anspruch nimmt, dass man zu Pillen, Hormonen und Drüsenextrakten greift, um die sexuelle Aktivität der Menschen zu verlängern, damit sie bis zum neunundneunzigsten Lebensjahr Schweinereien weitermachen. Ich aber will euch zu Regionen hinführen, in denen ihr wahrhaft erfahrt, was Liebe ist. Die wahre Quelle der Liebe ist Gott. Doch nach dem Vorbild der göttlichen Quelle ist auch die Sonne eine immense, großzügige Quelle! Schaut nur, die gesamte Schöpfung profitiert davon, denn mit ihrer Liebe bringt sie Leben in Gräser, Pflanzen und Bäume, die ständig ihrem Licht ausgesetzt sind und über die wir wiederum unser Leben erhalten. Darum geht der Schüler, der das wahre Leben, die wahre göttliche Liebe kennen lernen will, zur Quelle, zur Sonne. Wenn er sie betrachtet, darüber meditiert und sie liebt, wenn er sie mehr und mehr in sich eindringen lässt wie eine Frucht, die an der Sonne reift, sammelt er deren Lebensenergie an, die er dann an andere weitergeben kann, um sie zu beleben und ihnen Licht zu bringen. Das, und nicht nur Männer und Frauen zu küssen und mit ihnen zu schlafen, ist wahre Liebe. Die Liebe, über die alle Welt spricht und schreibt, die besungen und verherrlicht wird, ist immer wieder die sexuelle, die sinnliche Liebe. Doch ist dies eine Liebe, die alle erdrückt, ja vernichtet, weil sie eine gewaltige, zersetzende Kraft ist. Der Beweis ist: Wenn ihr vor Liebe brennt, schmelzen die besten Materialien dahin, wie zum Beispiel euer Gehirn. Ja, ihr habt noch nie daran gedacht, dass die sexuelle Liebe mit einem Schmelzkessel vergleichbar ist. Die rein sinnliche Liebe ist eine zersetzende Kraft, die die Quintessenzen zum Schmelzen bringt, sie ist das höllische Feuer. Das andere Feuer hingegen, das Feuer der Sonne, zersetzt nicht, sondern es erweckt euch zum Leben und bringt euch Licht.2

Übrigens haben die Sonnenstrahlen, die ständig von der Sonne ausgehen und dabei die Erde und alle Geschöpfe im Sonnensystem und darüber hinaus befruchten, tatsächlich die gleiche Quintessenz wie das, was der Mann der Frau gibt, um sie zu befruchten. Nur ist ihre Quintessenz in einem feinstofflichen, lichtvollen Zustand, während sie beim Mann verdichtet ist. Den Eingeweihten allerdings, die das Geheimnis der Sublimierung kennen und die ständig daran arbeiten, ihre Energien zum Himmel zu lenken, gelingt es, Kräfte auszustrahlen, die ebenso feinstofflich sind wie die Sonnenstrahlen. Darum sollte man ein reines, lichtvolles und jungfräuliches Leben führen. Dabei versiegt die Quelle nicht, nichts kommt zum Stillstand, im Gegenteil, alles geht weiter, nur auf eine andere Art. Die Ausstrahlungen sind von einer solchen Feinheit, einer solchen Reinheit, dass sie allen Geschöpfen wohl tun können. Ihr kennt die Kraft der absoluten Reinheit noch nicht, ihr wisst nicht, wie sie die Natur der Ausstrahlungen verändert und sie feiner werden lässt. Deshalb können sie sich auf diese Weise unablässig verbreiten, wie bei der Sonne, deren Strahlung niemals aufhört. Das gilt natürlich nicht für die physische Ebene. All das, was ich euch hier mitteile, verdient all eure Aufmerksamkeit und Achtung.

Zwar bedeutet euch die Sonne nichts; doch ihr werdet sehen, wenn ihr erst genügend Tränen vergossen und Federn gelassen habt, dann werdet ihr schließlich anfangen, diese Liebe der Sonne zu suchen, die euch kein Leid bringt, die euch nichts wegnimmt, die euch ganz im Gegenteil etwas gibt. Aber man sucht die Sonne nicht, weil man bei ihr nicht leidet, während man doch das Bedürfnis hat zu leiden. Also, wo ist das Leid zu finden? Nun, bei den Männern und Frauen. Da ist man sicher, es zu finden, zusammen mit Unglück und Scherereien. Bei der Sonne passiert euch das nie, es sei denn, ihr setzt keinen Hut auf, denn sonst bekommt ihr einen Sonnenstich.

Das erinnert mich an eine Geschichte, die mir vor langer Zeit einmal passiert ist, vor fünfunddreißig Jahren ungefähr. Ja, so lange ist es schon her. Ich war zu Versammlungen eingeladen, wo sich Schriftsteller, Astrologen und Künstler trafen, und natürlich unterhielt ich mich mit all diesen Leuten. Eines Tages kam ein junges Mädchen zu mir, um mir einige Fragen zu stellen. Und nach und nach kamen wir schließlich auf die Liebe zu sprechen. Ich erinnere mich nicht mehr, welche Argumente ich vorgebracht hatte, sondern nur daran, dass sie sehr zufrieden mit meinen Erklärungen fortging. Den genauen Grund weiß ich nicht mehr. Einige Zeit darauf fing ein Schriftsteller während einer dieser Versammlungen an, mich vor allen Leuten zu beschimpfen, ohne dass ich wusste warum. Schließlich erklärte er mir, dass die junge Frau, mit der er sexuelle Magie betrieben hatte, ihn nach der Unterhaltung mit mir sitzen gelassen hatte, weil sie erkannt hatte, wie gefährlich das war. Und da sagte ich ihm vor allen Leuten: »Hören Sie, mein Herr, ich wusste nicht, dass diese junge Frau Ihnen gehörte und dass Sie so besondere Rechte auf sie hatten. Wenn ich sie unbeabsichtigt vor Ihren Machenschaften gerettet habe, wo ist da mein Verbrechen? Die Sonne hat das Recht zu scheinen, und diejenigen, die keinen Hut aufhaben, fallen um. Sie hätten einen Hut aufsetzen müssen.« Ja, das habe ich zu ihm gesagt. Er war sprachlos, und alle Leute lachten.

Das waren nun einige Worte zur wahren Liebe. Solange ihr euch nicht mit der Quelle, mit der Sonne verbindet, wird eure Liebe niederer, tierischer Natur bleiben. Mit der Sonne jedoch wird sie sich allmählich höher entwickeln und immer unpersönlicher werden. Und schaut, in den letzten Sätzen unseres Tagesgedanken heißt es: »Mögen sie daraufhin einen Mann oder eine Frau lieben, wenn sie wollen. Doch um die Fülle zu finden, müssen sie die Liebe zuerst an der Quelle schöpfen.« Es ist also die kosmische, universelle, unpersönliche Liebe, die auf die andere Liebe einwirkt, sie bessert und veredelt. Und so wird es euch eines Tages gelingen, euren Lebenspartner zu lieben, indem ihr an ihn denkt, an seine Zukunft, sein Glück, seine Schönheit, seine Höherentwicklung, seinen Erfolg und nicht nur, indem ihr versucht, euch auf seine Kosten zu befriedigen. Wenn ihr einmal die Quelle erreicht habt, werdet ihr nicht mehr so lieben können wie zuvor. Wenn ihr dann mit eurer Frau oder mit eurem Mann zusammen seid, werden von euch nur noch Segnungen ausgehen, Ströme und Ausstrahlungen, die so positiv, wohltuend und lichtvoll sein werden, dass es euch selbst in Erstaunen versetzen wird.