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Im Elsass sitzen die Freunde beisammen. Über die Felder kommt der Ewige Egon zu ihnen gewandert und setzt sich dazu. Alle trinken und erzählen sich wahnsinnig schöne Liebesgeschichten aus ihrem Leben.
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Seitenzahl: 136
Urs Widmer
Liebesnacht
Erzählung
Die Erstausgabe erschien 1982
im Diogenes Verlag
Umschlagillustration: Fernando Botero,
›Tanzendes Paar‹, 1982
Alle Rechte vorbehalten
Copyright © 2013
Diogenes Verlag AG Zürich
www.diogenes.ch
ISBN Buchausgabe 978 3 257 21171 9 (12.Auflage)
ISBN E-Book 978 3 257 60052 0
Die grauen Zahlen im Text entsprechen den Seitenzahlen der im Impressum genannten Buchausgabe.
[5] »Ich glaube fest, daß die Freude viel fruchtbarer als das Leiden ist.«
Maurice Ravel
[7] Joseph Conrad hat gesagt, jeder Schriftsteller sei so alt wie die Jahre, die seit seinem ersten Buch verstrichen sind. Kann sein, daß er sich dabei nach neuer Jugend sehnte, denn als er mit dem Schreiben anfing, hatte er schon ein halbes Leben hinter sich. Ich jedenfalls wäre nach seiner Zeitrechnung gerade dreizehn Jahre alt. Vielleicht bin ich nun wirklich dabei, die Tür zur tätigen Welt der Erwachsenen aufzustoßen. Vielleicht. Jedenfalls hatte ich in den vergangenen Jahren zuweilen das Gefühl, einen traurigen Mangel an Erfahrungen durch wild Herbeigesehntes ersetzen zu müssen. Ich unternahm Forschungsreisen ins Innere meiner Ängste und kam mit Kamelladungen voll Erfundenem zurück. Wie unter einem Zwang führte, obwohl ich mich oft in einer Großstadt aufhalte, mein Weg zurück in mythische Berge, in denen es keinen Lug und Trug gab, und wenn, dann von mir inszenierten. Heute staune ich, wie sehr meine Mittel und Inhalte – obwohl ich nach Freiheit dürstete und diese wenigstens in meinem [8] Geschriebenen simulieren wollte – eingeengt waren; wie bei einem Maler, der eine volle Palette in der Hand hat und dessen Pinsel dennoch immer nur ins Blau oder Grün taucht. Nicht einmal in der Vergangenheitsform konnte ich schreiben zu Beginn. Jetzt, jetzt, jetzt. Und immer ich; nie er. Jedes Solange oder Obwohl machte mir Mühe. Und das Leben, wo steckte dieses Leben, das irgendwer mir einmal versprochen hatte? Ich rannte ihm hinterdrein, dem Leben anderer, immer jenes kleine bißchen zu schnell, als daß ich mit meinem eigenen, das neben mir herkeuchte, hätte reden können. Dennoch. Ich habe ja auch an Gräbern gestanden und über Babys auf Zukünfte angestoßen; weshalb sollte das bei mir weniger gelten als bei anderen? Ich habe gegrinst und geweint; mich nach einem Streicheln gesehnt und gestreichelt; und auch Siena gesehen, und Seveso; den Flugplatz von Dakar; Südamerika, wo ich nachts auf einer Pritsche stand und nach einer Kerze und Streichhölzern tastete, weil ganz in meiner Nähe eine Klapperschlange klapperte, die, als die Kerze brannte, ein im Wind hin und her schlagender Fensterladen war; eine Katze, die unter ein Auto lief, schrecklicher kann kein Schreien sein; New York, wo von all den vielen Menschen dort nur einer den heftigsten Asthmaanfall meines Lebens wahrnahm; und ich schrieb [9] und schrieb in diesen dreizehn Jahren, weil ich dachte, solange ich schreibe, kann ich nicht sterben; malte aber auch ein Haus an, bekam ein Kind, saß glücklich in der Sonne und unglücklich im Regen und umgekehrt und lernte, wie ein Distelfink aussieht und daß nichts bleibt wie es ist. Ich hatte auch heftige Wüte, in denen ich das Gefängnis meines Daseins verfluchte, fühlte zwei drei Male jene Schreie der Sinne, die das Flüstern des Herzens und des Hirns übertönen, und war zuweilen auch nur schlechter Laune, was das einzige ist, was ich mir übelnehme, denn die schlechte Laune ist der Todfeind der Poesie.
Um dem Leben in einem Land, das mir zuweilen zuwider ist, ein bißchen auszuweichen, fahre ich hie und da in eine Gegend, deren Bewohner nicht jeden Fortschritt mitmachen, nur weil sie dann nicht an die Mördereien von früher denken müssen. Hügel, Weinberge, weite Felder und ein riesenhafter Wald. Die Bauern reißen zwar auch jeden Weißdornbusch aus und schütten jeden Schilfsumpf mit Bauschutt zu; aber geruhsamer. Da sitze ich dann an einem Holztisch in einem Haus, das sehr allein in Raps- und Maisfeldern steht; Fasane gehen, Hasen; Fliegen surren; in den Feldern immer irgendwo ein Traktor, aber noch gehen Bauern mit jenen Säbewegungen, deren [10] Anblick uns inzwischen in heiligem Staunen stehen bleiben läßt; im Winter gefriert alles zu einem starren Graubraun; einmal sah ich an einem Morgen dreizehn Wildschweine in einem irren Tempo über den Acker vor dem Haus rasen, auf den Wald zu, und im kleinen Brehm las ich dann, daß Herden bis zu neun Stück schon gesehen worden seien. Zuweilen ist der Himmel gewaltig, voller Wolkengebäude; und eher selten sieht man einen grünen Hügelzug am einen Horizont und einen blauen am andern; in den Nächten Sternenmassen, aus denen Schnuppen sausen.
Wie sehne ich mich nach Geschichten, die von einer Zukunft sprechen; von einer Gegenwart wenigstens; ich ertrage nicht, nicht mehr, daß mir das, was ich erzähle, zu Eis gerinnt. Diese Endzeit. War wirklich in der Renaissance schon angelegt, daß Raketen auf uns zielen, weil in den Wäldern, in denen unsere Väter Pilze suchten, Raketen verborgen sind? Wenn ich mit meinem Auto jene steile Autobahnrampe hinabrase, die einen von den schwäbischen Höhen ins Rheintal hinabbringt, dann denke ich zuweilen tatsächlich an Hölderlin – neben mir donnernde Zehntonner –, wie er aus ebendiesen Wäldern trat und unter sich diese Ebene sah, die zu seiner Zeit so anders auch nicht ausgesehen haben kann. Zu Fuß gingen sie alle vom [11] Nordkap bis nach Rom. Bücher voll von dem, was sie erlebten. Nie liest man eine Klage über den Weg.
Die Amerikaner, sagt man mir, zweifeln nie an einer Zukunft. Der definitivste Aussteiger dort freut sich aufs Übermorgen. Vielleicht, wenn alle anderen Kulturen verschwunden sein werden im Schwarz der Geschichte, wenn die Amerikaner die ältesten sind – das Kapitol der Höhepunkt alter Kunst –, dann packt auch die Amerikaner die Angst. Um sie herum nur Pinguine, immer mehr, und immer aggressivere.
An einem Abend saß ich in meinem Haus und sah über die Felder, hinter denen die Sonne am Untergehen war. Das ist etwas, was ich ebenso gern wie unaufmerksam verfolge: ich sitze am Tisch und gucke oder auch nicht, neben mir steht ein Glas Bier, und die Sonne gleitet schräg über den fernen Wald, über die leuchtende Silhouette eines Dorfs, aus dem ein Kirchturm und der hohe Kamin einer Ziegelei aufragen, und dann taucht sie in die Äste der Apfelbäume im Garten und versinkt schließlich im Kirschbaum, hinter einem Weinberg, an den sich eine stets rauchende Müllhalde anschließt. Dann wird alles sehr schnell sehr blau, das Geviert [12] des Fensters ein japanisches Bild, bis ich das Licht anknipse, eine alte Lampe aus meinen Kindertagen, deren Stoffschirm umfällt, wenn man dagegenstößt. Ich trinke das Bier fertig und sehe mich im Raum um – olivbraunes Getäfel, noch ein Holztisch, eine Theke, ein Ofen – und bin froh, daß ich keine Sonne bin, die in ewigem Leuchten um diese Erde herumkreisen muß. Oder hält sie doch, wie immer mehr meinen, hinter dem Horizont inne, krabbelt unter der Erdscheibe hindurch und taucht, wenn es Zeit ist, nach einer geruhsamen Nacht wieder auf?
Auch die Sonnenaufgänge kenne ich. Ich sehe sie seltener als die Untergänge, und oft weniger gern. Oft ist es mein Kind, das sie sehen will; das heißt, es trifft sich einfach so, Sonne und Kind sind gleichzeitig unterwegs. Mit ihnen nach und nach das ganze Haus. Die Morgensonne taucht hinter einem andern Dorf auf, in einem helleren, klareren Licht; alles funkelt naß, und die Felder dunsten. Der Wald steht. Überall aber lärmen Vögel, unglaublich laut und unglaublich schön.
Ich saß also und sah über die Felder und sah ganz fern jemanden gehen, quer durch Mais und Korn, vom Dorf her. Er kam unbeirrbar auf unser Haus zu, eine schwarze, größer werdende Silhouette im verglühenden Licht der Sonne, schnell, aber [13] langsam genug, daß ich mein Bier trinken konnte und noch eins und denken, was ist denn das für einer, ein Bauer ist das nicht; er hält einen Stock in Händen wie in alten Zeiten. Dann sah ich, es war ein Mann, nicht alt nicht jung, winkend jetzt, mit einem Rucksack auf dem Rücken, einem Felleisen vielleicht, wenn ich wüßte, was genau ein Felleisen ist, und einem schwarzen Koffer in der stockfreien Hand. Er winkte nochmals, nun genau vor der tiefen Sonne, die mich blendete. Dann endlich erkannte ich ihn. Egon. Mein Freund Egon kam wieder einmal auf Besuch.
Egon hatte sich, während ich mich langsam zum Nesthocker entwickelte, früh schon fürs Gehen entschieden. Fürs Rennen. Es gibt wenige Orte auf dieser Erde, wo er nicht gewesen ist. Heiße und kalte. Als wir noch zusammen waren, vor unzähligen Jahren in unsrer Heimatstadt, war er der beste Tischfußballspieler unsrer Stammkneipe, und ich weiß, wovon ich spreche, denn ich wäre es selbst gern gewesen. Er ist der einzige, den ich kenne, der sich die Bälle wirklich von Holzmann zu Holzmann zuspielen kann, und er hat ein unfaßbar schnelles Auge für Lücken in der gegnerischen Abwehr. Später, nachdem er mehreren Lehrmeistern in verschiedenen Branchen seine Meinung gesagt hatte, eine für sie ungünstige immer, ging er fort, [14] und Postkarten erreichten mich aus überall. Briefe auch, die er auf immer derselben uralten Schreibmaschine schreibt, das heißt, er haut blind auf die Tasten und hofft auf einen Sinn. Ich wurde Pate von mehreren Kindern in mehreren Kontinenten. Er hängt an allen und verbraucht immer mehr Geld und Kraft, um sie auf immer weiteren Rundreisen zu besuchen. Seine Flugtickets sind inzwischen lange Papierschlangen. Einmal sagte er mir – zuweilen taucht er auch da auf, wo ich wohne, ohne hier ein Kind zu haben –, eigentlich sei es bedauerlich, daß beim Kinderhaben immer irgendwie eine Frau dabei sei. Allerdings kam er einmal mit einer gemeinsamen Freundin namens Betty einen ganzen Tag nicht aus dem Zimmer, in dem mein Autoschlüssel lag, und hatte dann kein Kind mit ihr. Auch trinkt er gern, gern viel, und oft, und oft schnell. Er übt auf mich einen ziemlichen Sog aus. Einmal saßen wir in einem andern Kontinent als unserm – ich hatte meine Trägheit überwunden und ihn mit Teddybären im Gepäck inmitten von Zuckerrohrplantagen aufgesucht – in einer Urwaldkneipe zusammen mit schnauzigen Zuckerrohrschneidern, und als nach einer kurzen Nacht urplötzlich die Sonne am Himmel glühte, gingen wir mit ihnen zur Arbeit mit, weil wir vergessen hatten, wer wir waren.
[15] Egon war inzwischen im Garten angekommen, der nun japanisch blau war, ich war ihm entgegengegangen und hatte ihn umarmt, und nachdem er auf meine Frage, woher er denn komme, auf das Dorf mit der Ziegelei gedeutet hatte – »das sehe ich, ich meine, hinter dem Dorf?« –, gingen wir ins Haus und setzten uns an den Tisch und schenkten uns Wein ein, als täten wir das jeden Abend zusammen, und nach und nach tauchten die anderen Bewohner des Hauses auf, zu den Türen herein, die Treppen herab, aus dem Keller, und setzten sich zu uns.
Wir sprachen und tranken, tranken und sprachen, und irgendwann – draußen war längst eine schwarze Nacht – kamen wir auf die erste Liebe zu sprechen, und auf die letzte, und auf das, was dazwischenliegt, all die Wege, die das Herz geht, in die Irre und doch auf ein Ziel zu. Die anderen Bewohner sagten wenig, aber sie kannten das auch, die Flammen, in die sich der Behütetste zuweilen jubelnd stürzt.
Egon kam gerade aus Südamerika; sein Felleisen, eine Art Golfsack, war das einzige, was ihm von fünf Jahren Argentinien geblieben war; der schwarze Koffer in seiner Hand war wohl doch nur eine Vision von mir gewesen. Hingegangen war er mit Ambitionen im Gastgewerbe – er hatte [16] sich irgend so ein Pampascafé vorgestellt, wo er, selbst sein bester Gast, unter einer Weintraubenpergola Schnäpse ausgeschenkt hätte –, geworden war daraus eine Abfolge unterschiedlicher Jobs; der zweitletzte gehörte zu einem Regierungsauftrag, in den entlegensten Gebieten des Landes Musterfarmen anzulegen. Als sich zeigte, daß es darum ging, Indianer umzubringen, schlug sich Egon in die Büsche und kam nach zwei Tagen zu einer Autobahn, die einsam durch den Urwald führte, und nach einem weiteren Wandertag, der ihn aus dem Dschungel herausbrachte, zu einer Tankstelle inmitten unendlicher Zuckerrohrfelder, wo er als Tankstellenwart blieb und mehrere Monate lang versuchte, aus Benzin Alkohol herzustellen. Er hatte damals auch eine Kuh und ein Pferd, auf dem er weite Ritte unternahm; ein Auto kam sowieso nie; und wenn er dann zurückkam, teilte ihm der Indio, mit dem zusammen er die Tankstelle bewirtschaftete, unweigerlich mit, wiederum sei die Kuh an einer geheimnisvollen Seuche eingegangen, und von der Kuh war keine Spur zu finden, allenfalls ein paar abgenagte Knochen.
Natürlich hatte er auch in Argentinien Kinder, zwei, und zwei Frauen. Sie waren Schwestern und die Töchter eines Gemüsehändlers, der seinen [17] Laden gleich neben der Tankstelle hatte und eines Tages beschloß, nie mehr zu arbeiten; ein Grund dafür war, daß in dem Gebiet nur noch, statt wie ehedem alles und jedes, Zuckerrohr angebaut werden durfte, Zuckerrohr und Zuckerrohr. So sahen der Vater und die Brüder und die Cousins, die alle ebenfalls arbeitslos waren, in Egon eine Bereicherung der Familie, war er doch der einzige mit einem Einkommen und einer aus allen Muskeln sprühenden Arbeitslust. Und Egon, der eigentlich nur die zwei Frauen hatte haben wollen, sah sich jeden Abend umlagert von Witze reißenden Männern, die ihn nie um Geld anpumpten, aber erst gingen, wenn er ihnen vorschlug, ein kleines Darlehen anzunehmen. Später dann eskalierte die Geschichte, das heißt, Egon erklärte dem Vater, er denke nicht mehr daran, allen ständig Geld zu geben, er sei doch kein Depp, und der Vater verfluchte ihn und die Töchter, und eine Tochter sprang aus einem Parterrefenster und brach sich ein Bein, und die andere weinte und weinte, und die Kinder waren unglücklich, und so legte Egon, als einmal ein ganzer Militärkonvoi vollgetankt hatte, in einem plötzlichen, ihn selber überraschenden Entschluß das ganze Geld in ein Ticket der Aerolineas Argentinas an, in einen einfachen Flug; er verließ das Haus im Morgengrauen durch [18] das Fenster und hatte am Zoll Angst, verhaftet zu werden wegen Fahnenflucht.
Da war er also. »Wenn ich bei meinem ersten Kuß geahnt hätte, was daraus wird«, murmelte er, »vielleicht hätte ich ihn sofort zurückgenommen. Aber in Wirklichkeit gibt es da kein Zurück mehr. Wer den ersten Schleier hochgehoben hat, will hinter den siebenten blicken. Bald war mir das Pressen der Lippen gegeneinander nicht mehr genug, alles ging unheimlich schnell, und eines Morgens war ich mit allen Wassern gewaschen. Ich kannte die Unterschiede. Langsam stellte sich wieder die Sehnsucht nach dem ein, was ich einst möglichst schnell hinter mir hatte lassen wollen, der Berührung der Hände, die wie zufällig gegeneinanderschlenkern beim Spazieren in einem Park.«
Zuerst hatten wir gelacht, aber dann trank jeder still aus seinem Glas. Nachtfalter surrten um die Lampe, so daß der Schirm leise schwankte. Die Kinder bauten im Salon, der einst – denn unser Haus war eine Gaststätte gewesen – der Saal für die Jahresfeiern der freiwilligen Feuerwehr gewesen war, aus Klötzen eine Vorrichtung, die aus dem Schaukelstuhl einen stabilen machen sollte. Auch sie sagten kaum ein Wort. Der Hund schlief. Aus der dunklen Küche, deren Türe offen stand wie immer, hörte ich eine Maus, die zwischen alten [19] Zeitungen herumraschelte. Mir gingen Erinnerungen an eine Zeit durch den Kopf, da ich mich auch als ein Reisender gefühlt hatte. Sonne auf der Haut, Möwen am Himmel, und im Gesicht das Gesprüh von Meerwassergischt.
»Was für unsre Kinder Afghanistan ist«, sagte ich endlich, »ich meine, Katmandu, das war für uns die Provence oder, wenns ganz hoch kam, Griechenland. Ich meine die Zeit, wo, wenn in Griechenland ein Schiff unterging, nur Griechen ertranken. Einmal war ich auf so einem Schiff. Es hieß Despina und fuhr zwischen den ägäischen Inseln hin und her. Später wurde es verschrottet oder nach Afrika verkauft, weil ein Dampfer auf der Fahrt nach Hiraklion untergegangen war, er hieß selber Hiraklion, und danach wurden im Rahmen einer umfassenden Untersuchung alle Schiffswände der griechischen Flotte mit Fußtritten auf ihre Seetüchtigkeit überprüft, und bei der Despina brachen die Füße der Prüfer durch wie durch Pauspapier, und da irgendeine radikale Maßnahme der Presse gemeldet werden mußte, wurde dieses Schiff geopfert. Seither sind die Inseln nicht mehr dasselbe.«
Ich schenkte mir neuen Wein ein und überhörte eine Bemerkung Egons, ich solle nicht so alt tun. Er hatte gut reden, er ist ein Jahr jünger als ich [20]