Lost & Dark Places Sachsen - Cornelia Lohs - E-Book

Lost & Dark Places Sachsen E-Book

Cornelia Lohs

0,0
17,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Vergessene Friedhöfe, verlassene Gebäude, ehemalige Hinrichtungsstätten, historische Mordschauplätze und jede Menge Zerfall und Vergänglichkeit: Sachsen ist nicht nur berühmt für seine Sehenswürdigkeiten, die Leipziger Buchmesse und den Dresdner Christstollen. Dark-Tourism-Fans finden hier das legendäre Bautzener Stasi-Gefängnis, historische Mordschauplätze, vergessene Friedhöfe, leerstehende Fabrikhallen sowie düstere Kirchen- und Klosterruinen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Grab eines Offiziers auf dem Eliasfriedhof in Dresden (Kapitel 15)

Cornelia Lohs

Lost & Dark PlacesSACHSEN

33 vergessene, verlassene und unheimliche Orte

Ruine auf dem Gelände der Kahlbaum’schen Nervenheilanstalt (Kapitel 3)

»Lost toilet« im Kaufhaus Totschek (Kapitel 6)

Die einst prunkvolle Stuckdecke im Hotel Vier Jahreszeiten bröselt (Kapitel 4).

INHALT

Vorwort

Verhaltensregeln für Lost Places

33 LOST & DARK PLACES

1Verwaister Lichthof

Das ehemalige Kaufhaus Stiasny

2Die Geheimnisse des alten Gasthofs

Der Braune Hirsch

3Eindrucksvoll verwahrlost

Die Kahlbaum’sche Nervenheilanstalt

4Zeitreise in die Goldenen Zwanziger

Das Hotel Vier Jahreszeiten

5Ausgebadet

Das verwaiste Freisebad verfällt

6Im Dornröschenschlaf

Das Kaufhaus Totschek

7Hochsicherheitsgefängnis für Staatsfeinde

Die Haftanstalt Bautzen II

8Die Fronfeste

Ortenburg in Bautzen

9Spaziergang durch die Geschichte

Der Alte Katholische Friedhof

10Die ehemalige Stasi-Untersuchungshaftanstalt

Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden

11Die große Brache

Der Alte Leipziger Bahnhof in Dresden

12Der Prachtbau des Chemikers

Die Villa Kolbe

13Zentrale Hinrichtungsstätte

Der Münchner Platz in Dresden

14Das Grab der Giftmörderin

Der Johannisfriedhof in Dresden

15Eliasfriedhof Dresden

Spaziergang durch vergangene Jahrhunderte

16Das Rittergut Cölln

Treffpunkt der ersten Meißner Freimaurer

17Die Wanderer-Werke Chemnitz

Vom Verfall eines Großunternehmens

18Die Abschiebehaftanstalt

Das Stasi-Gefängnis Kaßberg

19Das Berüchtigte Frauengefängnis

Schloss Hoheneck

20Der Verbannungsort der Gräfin Cosel

Die Burg Stolpen

21Die Weiße Frau zu Scharfenstein

Burg Scharfenstein im Erzgebirge

22Sozialistische Umerziehung

Das Spezialkinderheim Bräunsdorf

23Das Ende einer Raubritterburg

Die Burgruine Körse

24Das Ottendorfer Raubschloss

Die Burgruine Arnstein

25Mord in der Kirche

Die Thomaskirche in Leipzig

26Oase der Ewigkeit

Der Alte Israelitische Friedhof

27Das gebeutelte Gotteshaus

Die Kirchenruine Wachau

28Ein Sonderlager für alliierte Offiziere

Schloss Colditz

29Die Furcht vor einem Angriff

Ein Stasi-Bunker mitten im Wald

30Die Flucht der Nonnen

Klosterruine Nimbschen

31Eine alte Lungenheilanstalt im Wald

Die Volksheilstätte Carolagrün

32Eine Ruine im Zittauer Gebirge

Kloster und Burg Oybin

33Die alte Regimentsunterkunft

Die Mandaukaserne Zittau

Register

Impressum

Inschrift auf dem Gelände der Zentralen Hinrichtungsstätte (Kapitel 13)

Verwittertes Siegel des Ritterguts Cölln (Kapitel 16)

Reste der einstigen Raubritterburg Körse in der Oberlausitz (Kapitel 23)

VORWORT

»Lost Places« – Orte, die im Laufe der Jahrzehnte in Vergessenheit geraten sind – finden sich in Sachsen zuhauf, ganz besonders leer stehende und dem Verfall überlassene Gebäude wie das alte Freisebad oder die beiden Kaufhäuser Stiasny und Totschik in Görlitz, die einstigen Wanderer-Werke in Chemnitz oder die Volksheilstätte Carolagrün in Auerbach im Vogtland. Aber auch fast vergessene Friedhöfe, Burgen und Schlösser, von denen nur noch Ruinen stehen und an deren Geschichte sich kaum jemand erinnert. Ein Beispiel dafür ist die alte Raubritterburg Körse im Wald bei Schirgiswalde-Kirschau, von der nicht mehr viel übrig ist.

»Dark Places« wiederum – Orte mit der dunkelsten Geschichte des Freistaates – sind die ehemaligen DDR-Gefängnisse wie das Hochsicherheitsgefängnis für Staatsfeinde Bautzen II, das Frauengefängnis Hoheneck und die ehemalige Stasi-Untersuchungshaftanstalt in Dresden, aber auch die verlassenen Gebäude samt Geschichte des Spezialkinderheimes Bräunsdorf lassen Gänsehaut aufkommen. Die Entscheidung, welcher verlorene, verlassene oder unheimliche Ort im Buch Platz finden sollte, wurde meist davon abhängig gemacht, ob das Gelände betreten werden durfte, ob es eine Fotogenehmigung gab oder ob für das entsprechende Gebäude in naher Zukunft ein Abriss geplant ist.

Leben Sie in Sachsen? Vielleicht bieten die 33 Orte Ihnen Inspiration, Ihre Heimat auf eine ganz neue Weise kennenzulernen. Cornelia Lohs

Das einstige Großunternehmen Wanderer Werke in Chemnitz steht seit Jahrzehnten leer (Kapitel 17).

VERHALTENSREGELN FÜR LOST PLACES

1. Behandeln Sie die Orte mit Respekt

Jedes Bauwerk und jedes Gebäude erzählt eine Geschichte aus vergangenen Tagen. Dies gilt es zu schützen. Und auch wenn es teilweise nicht so aussieht, aber jeder dieser Lost Places hat einen Eigentümer. Das sollte respektiert werden. Das beinhaltet vor allen Dingen, dass nichts zerstört oder gewaltsam geöffnet wird. Sind Fenster oder Türen verschlossen, sollte das auch so bleiben. Gehen Sie respektvoll mit dem Ort um.

2. Nehmen Sie nichts mit, lassen Sie nichts da

Wenn Sie etwas von einem Lost Place mitnehmen, und sei es noch so klein, ist es Diebstahl. Wie bereits in Punkt 1 gesagt, alle diese Orte haben einen Eigentümer. Daher gilt die Regel: Alles bleibt, wie es ist. Belassen Sie es bei den schönen Einblicken und Fotos, die Sie an dem Ort machen. Gleiches gilt auch umgekehrt: Lassen Sie nichts liegen. Keine Essensreste, keine Kaugummis, keine Kippenstummel.

3. Rauchen verboten

Das bringt uns zum nächsten Punkt: Rauchen verboten. Zollen Sie dem ehrwürdigen Ort Respekt und verzichten Sie für die Zeit, die Sie da sind, auf das Rauchen. Kippenstummel brauchen nicht nur 15 Jahre zum Verrotten (sie sollten übrigens nirgends achtlos weggeworfen werden), sondern können schnell ein Feuer verursachen.

4. Keine Graffitis

Dass Sie nichts hinterlassen sollen, gilt auch für Kunstwerke an den Wänden. Man sprüht einfach nicht auf fremdes Eigentum, sei es noch so schön. Lassen Sie die Wände wie sie sind, sodass auch noch Menschen nach Ihnen den Ort so erleben können, wie er früher einmal war.

5. Seien Sie vorsichtig

Vorsicht ist besser als Nachsicht. Das gilt vor allem bei Lost Places. Marodes Holz, verrostete Geländer, einsturzgefährdete Decken, lockere Böden (teilweise befinden sich noch Kellergeschosse darunter), eingeschlagene Fenster – die Liste der Gefahren solcher Orte ist lang. Seien Sie daher immer wachsam. Begeben Sie sich niemals in Gefahr für das eine Foto. Das ist es nicht wert. Treppen und obere Etagen sind eine gängige Gefahrenquelle. Schauen Sie sich den Zustand der Treppe und der Decke genau an. Nehmen Sie auch eine Taschenlampe für dunkle Räume und Keller mit.

6. Gehen Sie nicht allein

Es ist ratsam, immer mindestens zu zweit, besser noch zu dritt, einen Lost Place zu besuchen. Da gilt die alte Regel: Ist eine Person verletzt, bleibt die zweite vor Ort und die dritte holt Hilfe. Zudem weiß man nie, wen man vor Ort trifft. Plünderer, Spinner und betrunkene Jugendliche sind auch oft in Lost Places anzutreffen. Da ist es beruhigender, nicht allein unterwegs zu sein.

Düsterer Innenhof der Zentralen Hinrichtungsstätte am Münchner Platz Dresden (Kapitel 13)

Verwaiste Treppe im einst prächtigen Kaufhaus Totschek (Kapitel 6)

7. Erregen Sie kein Aufsehen

Da viele Lost Places in Privatbesitz sind, gilt hier »Betreten verboten«. Auch, wenn das Tor angelweit aufsteht oder ein riesiges Loch im Zaun ist. An Orten, an denen das Zugangsrecht nicht ganz klar ist, ist es ratsam, sein Auto nicht direkt vor dem Gelände zu parken. Schauen Sie beim Betreten des Geländes auch immer, dass Sie niemand sieht. So vermeiden Sie unerwünschte Begegnungen und mögliche Konfrontationen mit der Polizei.

Ausrüstung

Wir empfehlen Folgendes:

• Festes Schuhwerk, hohe Socken (Schutz vor Zecken)

• Reißfeste Kleidung, ggf. leichte Regenjacke

• Kamera inkl. Zusatzakku, Speicherkarten, Stativ

• Proviant und Getränke (nehmen Sie aber alles wieder mit)

• Kopf- oder Stirnlampe für freie Hände

• Taschenlampe mit weitem Winkel für Keller und dunkle Räume

• Taschenmesser

• Aufgeladenes Handy (ggf. Powerbank)

• Notizblock und Stift

• Pflaster und Taschentücher für Verletzungen

• Mücken- und Zeckenspray

Grabmal auf dem Alten Katholischen Friedhof Dresden (Kapitel 9)

Im Rittergut Cölln trafen sich die ersten Meißener Freimaurer (Kapitel 16).

 1 

VERWAISTER LICHTHOF

Das ehemalige Kaufhaus Stiasny

Einst war das in einem Hinterhof gelegene Warenhaus ein angesagter Shopping-Spot in Görlitz. Von der einstigen Pracht der Verkaufsräume zeugen heute nur noch die kunstvoll geschmiedeten Eisengeländer.

Adresse Salomonstraße 41, 02826 Görlitz GPS 51.1504109, 14.9856318 Anfahrt Ab dem Bahnhof mit der Tram 1 bis Hospitalstraße, dann wenige Meter Fußweg Informationen Der Zugang zum Hinterhof und zum Kaufhaus ist nur im Rahmen einer Führung möglich, goerlitz21.de

Dass hier mal hübsche Ware auslag, kann man sich heute nicht mehr vorstellen.

Vom Gebäude bröckelt der Putz.

Über der Eingangstür steht die Jahreszahl 1894.

VERSTECKT IM HINTERHOF Putz bröckelt von dem Hinterhofgebäude aus rotem Backstein, eine Scheibe über der alten Haustür ist zerschlagen. Dass sich hinter der Fassade mal ein Kaufhaus befand, kann man sich kaum vorstellen. Zumal die für einen Warentempel üblichen Schaufenster fehlen. Der jüdische Tuchfabrikant Louis Sigismund Stiasny eröffnete das Kaufhaus 1894, um die in seiner mechanischen Weberei in Hainewalde hergestellten Schals, Halstücher und Accessoires für die Frau zu verkaufen. Mit seiner Hinterhoflage gewährte das Kaufhaus jede Menge Privatsphäre für shoppende Damen – sofern dies der Grund für die Wahl der Lage war. Drinnen ist es heute düster und kalt. Die elektrische Beleuchtung funktioniert längst nicht mehr, und auch das Licht, das an einem grauen Tag durch die Fenster in das lichtscheue Hinterhofhaus fällt, lässt zu wünschen übrig.

LICHTQUELLE Da das Haus aufgrund seiner Lage nur auf einer Seite über Fenster verfügt, wurde ein mit Glas überdachter Lichthof installiert. Dieser wird in den oberen beiden Etagen von Galerien mit kunstvoll geschmiedeten Eisengeländern, die auch die Treppen zieren, umlaufen. In den Glanztagen des Kaufhauses sorgten die Gläser aus teils rotem, teils gelbem Überhang sicherlich für einen warmen, gelblich-roten Lichtton, der die blasse Haut der Kundinnen im Spiegel wirken ließ, als wären sie gerade aus dem Sommerurlaub am Meer zurückgekommen. Längst fallen keine warmen Lichttöne mehr durch den gläsernen Dachausschnitt, denn bei der Sicherung des Daches wurden die Originalgläser ausgebaut und eingelagert.

FAMILIE STIASNY Als Louis Sigismund Stiasny 1853 in Friedeberg am Queis (heute Mirsk in Polen) geboren wurde, war das Preußische Judengesetz von 1847 gerade mal sechs Jahre alt. Das Gesetz erlaubte den Juden, die Ende des 14. Jahrhunderts aus Görlitz vertrieben worden waren, sich wieder in Görlitz anzusiedeln. Wann Stiasny nach Görlitz kam, ist unklar. Er heiratete 1886 Julie Rinkel, deren Familie in Landeshut/Schlesien die erste mechanische Weberei errichtete. Die Stiasnys hatten drei Töchter und waren angesehene Mitglieder der Görlitzer Gesellschaft. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten musste Louis Stiasny nicht miterleben, denn er starb bereits 1918. Ob das Kaufhaus 1938 zwangsenteignet oder von Julie verkauft wurde, ließ sich nicht recherchieren. Julie Stiasny floh 1940 in die Niederlande, wurde 1942 ins Durchgangslager Westerbrok deportiert und 1943 im Alter von 82 Jahren im Vernichtungslager Sobibor in Polen ermordet. Ihre Tochter Käthe war bereits in den 1930er-Jahren mit ihrem Mann nach Palästina ausgewandert, Tochter Hedwig Elly mit ihrem Mann in die Niederlande (beide überlebten den Holocaust). Was aus der dritten Tochter Gertrude wurde, ist nicht bekannt. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges war die jüdische Bevölkerung von Görlitz ausgelöscht.

Das kunstvoll geschmiedete Eisengeländer zeugt von der einstigen Pracht.

Lost-Places-Touren

Von April bis Oktober bietet der Verein »goerlitz21« spannende Lost-Touren an. Zu Fuß oder per E-Bike geht es zu stillgelegten, verlassenen und vergessenen Handelshäusern und Industrieanlagen, versteckt liegenden Kaufhäusern, leer stehenden Hotels, Gasthäusern und anderen Gebäuden. Orte, die neugierigen Blicken ansonsten verschlossen bleiben. Vor Ort erfährt man von den Guides allerhand zur Geschichte des jeweiligen Gebäudes (Infos, Termine und Anmeldung unter goerlitz21.de).

Nicht alle Stockwerke des baufälligen Kaufhauses sind zugänglich.

 2 

DIE GEHEIMNISSE DES ALTEN GASTHOFS

Der Braune Hirsch

Im Gasthaus am Görlitzer Untermarkt gaben sich im Laufe der Jahrhunderte Kaiser, Könige und sonstige VIPs ihrer Zeit die Klinke in die Hand. Zu DDR-Zeiten als Schwesternwohnheim genutzt, fiel das markante Eckhaus nach der Wende in einen Dornröschenschlaf, aus dem es immer wieder mal erwacht, seit die Filmindustrie es als Drehort entdeckt hat.

Adresse Untermarkt 26, 02826 Görlitz GPS 51.1565415, 14.9916525 Anfahrt Ab dem Bahnhof mit der Tram 2 bis Jägerkaserne, dann ca. 600 m Fußweg Informationen Der Zugang zum Braunen Hirsch ist nur im Rahmen einer Führung möglich

Die leeren Räume werden immer wieder gerne für Filmproduktionen genutzt.

GESCHICHTSTRÄCHTIGER ORT Dass es sich bei dem schmucken Barockhaus um einen Lost Place handelt, ist von außen nicht sichtbar. Im Inneren zeugen Düsternis, Kälte, Staub und Spinnweben jedoch davon, dass der imposante Bau seit Jahrzehnten unbewohnt ist. Jahrhundertelang war der Braune Hirsch eines der ersten Häuser am Platz. Der Vorgängerbau entstand im frühen 15. Jahrhundert, als Görlitz’ Aufstieg zur wohlhabenden Tuchmacherstadt begann. Kaufleute und Handelsreisende waren die Gäste in jenen Tagen. Als die Altstadt über die Jahrhunderte hinweg wuchs, vergrößerte sich auch der Gasthof durch An- und Umbauten. Das Gebäude fiel 1717 allerdings einem Feuer zum Opfer, wurde fünf Jahre später wieder aufgebaut und erhielt damals sein heutiges barockes Aussehen. 1795 machte Goethe auf seiner Rückreise aus Schlesien Halt im Braunen Hirsch. Ganze 90 Minuten soll der Dichter hier verweilt und ein vorzügliches Mahl zu sich genommen haben.

HOTSPOT DES ADELS Im 19. Jahrhundert wurde der Gasthof zu einer weitläufigen, 2500 Quadratmeter großen Hotelanlage ausgebaut, in der sich das »Who’s who« des Adels die Klinke in die Hand gab. So logierten hier Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV., der gleich mehrmals kam, der König von Westphalen, der Lebemann Fürst Pückler, Kaiser Wilhelm I., Zar Nikolaus I., der russische Thronfolger Alexander II. und Johann von Österreich. Preußenprinz Friedrich Karl nutzte den Braunen Hirsch gar kurzzeitig als Hauptquartier im Deutschen Krieg, in dem sich Preußen und der Deutsche Bund unter Führung Österreichs vom 14. Juni bis 23. August 1866 bekriegten.

Es ist wohl Jahrzehnte her, dass mit diesem Ofen geheizt wurde.

Ausgehängte Türen findet man in zahlreichen Räumen.

Der Hinterhof des Gasthauses war in zahlreichen Filmen zu sehen.

DAS ENDE Letzter Eigentümer des Hotels war Ulrich Domke, der im August 1945 von den Russen aufgrund seiner NS-Vergangenheit verhaftet, zum Tode verurteilt und zwei Jahre später hingerichtet wurde. In der DDR wurde aus dem Gasthof ein Wohnheim für Krankenschwestern; den ehemaligen großen Tanz- und Festsaal nutzten die Bewohnerinnen als Turnhalle. Nach der Wende blieb das Gebäude sich selbst überlassen … bis Location Scouts es Anfang des 21. Jahrhunderts als Drehort entdeckten. Dank seiner Weitläufigkeit ist der alte Gasthof für Innenaufnahmen historischer Filme hervorragend geeignet.

FILMSCHAUPLATZ In den letzten Jahrzehnten haben im Braunen Hirsch zahlreiche Filmdreharbeiten stattgefunden. Das ganze Haus ist von Kulissenresten durchzogen, die an allen Ecken und Enden mit Bildkärtchen Auskunft über die Filme geben, die hier entstanden sind. Im Jahr 2003 war der alte Gasthof beispielsweise einer der Schauplätze von »In 80 Tagen um die Welt«. Sechs Jahre später, 214 Jahre nach seinem ersten Besuch, wandelte Goethe erneut durch das Gebäude – nicht als Geist, sondern als Filmfigur, verkörpert von Alexander Fehling in »Goethe!« Für den Film »Der junge Karl Marx« (2016) wurden Räume des weitläufigen Hauses in einen Londoner Pub und eine Zeitungsredaktion verwandelt, der schaurige Innenhof zur Gosse in Manchester. Im Film »Die Vermessung der Welt« (2011) verwandelte sich einer der Räume ins Gelehrtenzimmer und in »Der Zauberlehrling« (2017) in eine alte Apotheke. Weitere Filme, von denen Szenen in dem alten Gasthof entstanden, sind »The Grand Budapest Hotel« (2013), »Papa Moll« (2017), »Der Hauptmann« (2017) sowie die Folgen 3 und 5 der Serie »Wolfsland«.

Wer weiß, wann das Waschbecken das letzte Mal in Gebrauch war?

Görlitzer Filmschauplätze entdecken

Die Stadt an der polnischen Grenze ist bereits seit den 1950er-Jahren eine beliebte Filmstadt. Das verdankt sie der Tatsache, dass sie im Zweiten Weltkrieg nicht in Schutt und Asche gelegt wurde, die rund 4000 Baudenkmäler aus über fünf Jahrhunderten unversehrt geblieben sind und eine vielseitige Kulisse bieten. Dank der architektonischen Vielfalt wird Görlitz in Filmen zu Berlin, Frankfurt, München, Paris und selbst zu New York, ohne dass das Kinopublikum es bemerkt. Aufgrund der zahlreichen Filmproduktionen (darunter auch Hollywoodfilme), die in den letzten Jahrzehnten in Görlitz entstanden, bekam die Stadt den Beinamen »Görliwood«. Görlitz ließ diesen Begriff im Mai 2013 als Wortmarke beim Patentamt eintragen. Wie wäre es mit einem geführten Rundgang durch die Filmkulisse Görlitz oder der Stadtrundfahrt »Görliwood Entdecker« (Infos und Termine unter goerlitz.de/Reise-nach-Goerliwood.html).

 3 

EINDRUCKSVOLL VERWAHRLOST

Die Kahlbaum’sche Nervenheilanstalt

Gegründet wurde sie als Heilanstalt für Epileptische, berühmt wurde sie aber als Nervenheilanstalt des Arztes Karl Ludwig Kahlbaum. Inzwischen steht der weitläufige Klinikkomplex seit Jahrzehnten leer.

Adresse Dr. Kahlbaum-Allee 17, 02826 Görlitz GPS 51.145168, 14.9912327 Anfahrt Ab dem Bahnhof über Bahnhofstraße und Schillerstraße zu Fuß ca. 12 Min. Informationen Der Zugang zu den Innenräumen der Klinik ist nur im Rahmen einer Führung möglich, goerlitz21.de

Man kann noch erahnen, wie prachtvoll der Klinikkomplex einst war.

FALSCH KALKULIERT