Lovelight Farms – Sommerleuchten - B.K. Borison - E-Book
SONDERANGEBOT

Lovelight Farms – Sommerleuchten E-Book

B.K. Borison

0,0
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Meet me in Summer – Wo die Liebe Erwartungen übertrifft Layla Durpree sucht jemanden, der ihr Schmetterlinge im Bauch beschert – vergeblich. Denn während die Bäckerin auf Lovelight Farms alle mit ihren Köstlichkeiten verzaubert, sind ihre Datingerfahrungen alles andere als magisch.  Auch Caleb, der gutaussehende Spanischlehrer Inglewilds, ist in Sachen Romantik erfolglos. Spontan schlägt er Layla ein Experiment vor: Einen Monat lang möchte er ihren Glauben an romantische Beziehungen erneuern, während sie ihm Feedback für seine Anstrengungen gibt. Zunächst eine Win-Win-Situation – aber bald müssen sich die beiden fragen: Was ist Teil der Abmachung, was geht darüber hinaus? Die traumhafte Small-Town-Romance geht weiter! LOVELIGHT FARMS zeigt, dass man an Wünschen festhalten darf. »Borisons Worte haben eine besondere Magie« Elena Armas »Die aufregendste neue Romance-Autorin« Hannah Grace Der dritte Band der Lovelight-Farms-Reihe von B.K. Borison. Alle Bände der Reihe bei dtv:  - Lovelight Farms – Lichterglanz (Band 1) - Lovelight Farms – Blütenzauber (Band 2) - Lovelight Farms – Sommerleuchten (Band 3) - Lovelight Farms – Herbstrauschen (Band 4) Alle Bände können unabhängig voneinander gelesen werden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 516

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Über das Buch

Laut ihrer Freunde erhellt Layla Dupree jeden Raum. Doch die leidenschaftliche Bäckermeisterin verliert allmählich ihren sonnigen Optimismus. Denn während sich alle anderen auf Lovelight Farms verlieben, erlebt sie ein missratenes Date nach dem anderen – dabei stellt sie noch nicht einmal besonders hohe Ansprüche an die Liebe. Ist das vielleicht ihr Fehler? Gut, dass Caleb Alvarez die perfekte Lösung hat. Nachdem auch der Ex-Cop und jetzige Spanischlehrer von Inglewild keine Erfolge beim Daten hat, schlägt er ihr ein kleines Experiment vor: Einen Monat lang möchte er sein Bestes tun, um Laylas Glauben an romantische Beziehungen zu erneuern, während sie ihm Feedback für seine Anstrengungen gibt. Ein Experiment ohne jeglichen Druck – doch mit dem Potenzial, neues Vertrauen in die Liebe zu wecken.

B. K. Borison

Sommerleuchten

Lovelight Farms

Roman

Aus dem amerikanischen Englisch von Michaela Link

Für alle, die sich bisher mit Krümeln

zufriedengegeben haben.

Ihr verdient den ganzen Kuchen!

 

Und für Eliza.

1Layla

»Du siehst ganz anders aus, als ich erwartet habe.«

Das ist eine gewagte Behauptung aus dem Mund des Mannes, der auf dem Stuhl mir gegenüber lümmelt. Er hat mich mit fünfundvierzig Minuten Verspätung abgeholt, die Kellnerin angepflaumt, gleich nachdem wir angekommen waren, zwei Gläser von – und ich zitiere – dem billigsten Bourbon, den ihr habt, getrunken und sich dann direkt ein Steak bestellt, ohne sich die Mühe zu machen, mich zu fragen, was ich gerne hätte.

»Ach ja?« Ich spiele bei seinem Gesprächsversuch mit. Vielleicht ist er ja doch nicht so widerwärtig, wie es den Anschein hat. Auch wenn sich das unwahrscheinlich anhört, aber ich habe schon seltsamere Dates erlebt. Ein Typ hat mich beispielsweise mal mit einem Pferdewagen zum Abendessen abgeholt. »Wie sehe ich denn aus?«

Ich schneide mein Dessert in vier perfekt proportionierte Stücke und deute vages Interesse an. Er rülpst in seine geschlossene Faust – und ich gebe meine Bemühungen auf.

»Wesentlich hübscher«, eröffnet er mir. Sein Blick wandert zu meinem Ausschnitt und verharrt dort. »Ich hatte ja keine Ahnung, was du da alles versteckt hast.« Er pikst mit seiner Gabel ungefähr in meine Richtung. »Dein Profilbild wird dir jedenfalls nicht gerecht.«

Ekelhaft. Ich schiebe mir noch einen Bissen Passionsfrucht mit Kokosnuss in den Mund.

»Das liegt wahrscheinlich am vielen Backen, richtig? Diese süßen Leckereien machen dich genau an den richtigen Stellen füllig.«

Ich weiß nicht mal, wo ich anfangen soll. »Ja, ich habe eine Bäckerei.«

Genauer gesagt gehört mir eine kleine Bäckerei mitten auf einer Christbaumfarm ungefähr sechzig Kilometer westlich von hier. Außerdem bin ich Mitbesitzerin dieser Farm. Ich verbringe meine Zeit damit, in einem alten Fahrzeugschuppen Teig anzurühren, Buttercreme herzustellen, Teigplatten auszurollen und Backwaren zu verpacken. Den Schuppen haben Stella, meine Geschäftspartnerin, und ich zu einer Bäckerei umgebaut. Große, bodentiefe Glasfenster, ein alter Eichenboden, Wände, gesäumt von behaglichen Sitznischen mit großen bunten Kissen und Decken darauf. Es ist mein allerliebster Ort auf der Welt.

Jeden Tag schalte ich das Licht ein, stelle die Tische heraus und habe das Gefühl, in einer Schneekugel zu leben. Selbst mitten im Sommer, wenn die Luftfeuchtigkeit so hoch ist, dass es sich anfühlt, als würde ich durch Gelee waten und die klebrige Hitze mir Locken verpasst. Ich liebe es. Die Arbeit auf Lovelight Farms ist der beste Teil meines Tages, und dass ich das auch noch mit meinen besten Freunden tun kann, ist die Kirsche auf dem sprichwörtlichen Kuchen.

Stella managt die geschäftliche Seite der Farm, und Beckett sorgt als Leiter der betriebseigenen Landwirtschaft dafür, dass alles wächst und gedeiht. Die beiden sind die nettesten und liebenswertesten Menschen, die es gibt – und haben Beziehungen mit genauso netten, liebenswerten und wundervollen Personen. Ich bin glücklich darüber, dass sie glücklich sind, selbst wenn sie in ihren Beziehungen manchmal so unerträglich süß sind, dass ich am liebsten sterben oder in einem Anfall von Eifersucht eine ganze Reihe Mini-Kuchen runterschmeißen möchte.

Sie erleben die Art von Romanze, von der alle träumen. Während ich hier sitze mit … Bryce.

 

Ich habe ihn nicht einmal erkannt, als er vorgefahren ist. Unsere winzige, entlegene Stadt ist schwer zu finden, und die meisten Leute fahren auf dem Weg zur Küste komplett an Inglewild vorbei. Als das Auto in meine Einfahrt eingebogen ist, dachte ich, Bryce hätte einen Uber-Fahrer geschickt, um mich abzuholen. Aber dann hat er das Fenster heruntergelassen und HEY LAYLA gebrüllt, und ich bin dummerweise auf den Beifahrersitz gestiegen.

Ich hätte die Sache gleich an Ort und Stelle beenden sollen. Das wusste ich von vornherein: Er hat einen Hamsterwackelkopf auf seinem Armaturenbrett, Herr im Himmel. Ich kann mich glücklich schätzen, dass ich noch nicht ermordet worden bin.

Während der ganzen Fahrt zur Küste habe ich ihn angestarrt. Ich hätte schwören können, dass er auf seinem Profilfoto noch groß und dunkelhaarig war, aber …

… jetzt fährt er sich mit einer Hand durch sein selbst gefärbtes blondes Haar.

Er denkt wahrscheinlich, dass er charmant wirkt, wie er so dasitzt, träge und entspannt auf seinem Stuhl, das Kinn auf seiner Hand aufgestützt. Zu seinem Pech finde ich die warme Rum-Buttercreme auf meinem Kuchen an diesem Punkt wesentlich anziehender.

Ich seufze, schaue über seine Schulter hinweg zur Theke und versuche, die Aufmerksamkeit unserer leidgeprüften Kellnerin auf mich zu lenken. Wir haben zuvor schon einen mitfühlenden Blick ausgetauscht, als Bryce zu lange auf den Saum ihres Rocks gestarrt hat. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie mir genau deshalb dieses Stück in Alkohol getränkten Kuchen mit Passionsfrüchten gebracht hat, den ich eigentlich gar nicht bestellt hatte.

Ich wechsle das Thema. »Du hast gesagt, dass du in Ellicott City arbeitest?«

Er nickt, schaufelt sich einen weiteren Bissen Steak in seinen verkniffenen Mund, kaut dann schmatzend und macht sich nicht einmal die Mühe zu schlucken, bevor er antwortet, weswegen einige Fleischfetzchen zusammen mit seinen Worten aus seinem Mund fliegen. »Ja. Da ist die Kanzlei meines Dads.«

Ich wünsche mir eine Plexiglasscheibe zwischen uns. Eine drei Meter hohe Mauer.

»Und du arbeitest mit ihm zusammen?«

»Das habe ich gerade gesagt, nicht wahr?«

Na schön. Wir verfallen wieder in unbehagliches Schweigen. Bryce spießt sein Steak auf, und ich ziehe die Spitze meiner Gabel durch die dicke Schicht Schlagsahne. Eigentlich hat er mir erzählt, die Kanzlei gehöre ihm, und er arbeite außerdem pro bono in sämtlichen Regionen die Küste rauf und runter. Egal. Seufzend esse ich noch ein Stückchen von meinem Kuchen.

»Woher kommst du denn?«, fragt er.

Aus den Tiefen der Hölle. Ausgesandt, um Männer zu vernichten, die Fake-Profile haben und die ungehobelt zu Kellnerinnen sind.

»Aus Annapolis«, antworte ich stattdessen und bin drauf und dran, von meinem Stuhl aufzustehen, zwischen den Tischen hindurchzugehen und direkt ins Meer zu laufen. Das wäre jetzt unendlich viel reizvoller als eine weitere Sekunde mit Bryce.

Das ist das dritte Date, das ich in diesem Monat habe, und ich bin es leid. Ich bin der Männer müde, die arrogant, engstirnig und – ganz ehrlich – reine Zeitverschwendung sind. Welcher höheren Macht bin ich irgendwann mal so respektlos gegenüber gewesen, dass ich nun mit einem Scheiß-Date nach dem anderen bestraft werde? Ich zahle meine Steuern. Ich lasse meinen Popcorn-Eimer im Kino nicht unter meinem Sitz stehen. Ich beachte die Verkehrsregeln und spende an diese Wohltätigkeitsorganisation für dreibeinige Ziegen, von der Beckett wirklich pausenlos redet.

Warum finde ich einfach niemanden, der mit mir auf einer Wellenlänge ist? Meine Ansprüche sind nicht wahnsinnig hoch. Ich will jemanden, der mich zum Lachen bringt. Der sich dafür interessiert, was ich tue, sage und denke. Ich will mit jemandem auf dem Sofa sitzen, in glückseligem, perfektem, einvernehmlichem Schweigen – mit Pizza auf dem Couchtisch und meinen Füßen eingekuschelt unter dessen Schoß. Ich will jemanden, der mir den Rezeptteil der Lokalzeitung reicht, während er selbst die Schlagzeilen liest. Ich will jemanden, der die Schmetterlinge in meinem Bauch zum Flattern bringt, und mit diesem jemand all meine kleinen, törichten, stillen Momente teilen.

Ich starre Bryce an, der in allem bis auf seinen Namen gelogen hat und beobachte, wie er mit dem Daumennagel etwas zwischen seinen Zähnen hervorpult.

Vielleicht existiert dieser Jemand nicht.

»Warst du auf dem College?«

In seiner Frage liegt keine Neugier, nur unverhohlene Selbstgefälligkeit und gefühlskalte Herablassung. Eine vertraute Unsicherheit kribbelt in meinem Hinterkopf, ein Ziehen in meinem Magen.

»Ich war in Salisbury.«

Er lacht, als hätte ich einen Witz gemacht, dann beugt er sich mit seiner Gabel über den Tisch, um ein Stückchen von meinem Kuchen aufzuspießen. Ich schlage seine Hand nicht weg, bin aber kurz davor. Für mich ist ein Dessert heilig. »Ah, das Party-College. Das macht Sinn.«

Ich beiße die Zähne so fest aufeinander, dass es mich überrascht, dass meine Backenzähne nicht entzweibrechen. »Was macht Sinn?«

»Bäcker brauchen keine guten Colleges zu besuchen, nicht wahr? Es spielt keine Rolle, wo du warst oder was du für einen Abschluss hast. Du hättest wahrscheinlich einen Abschluss in einer Zirkusschule machen können und könntest genauso gut den ganzen Tag deine kleinen Kuchen backen.«

Zirkusschule.

Kleine Kuchen.

Oh mein Gott.

Ich brauche eine Sekunde, um mich zu sammeln. Als ich ihm antworte, klingt meine Stimme erschöpft und zornig zugleich. Ich bin so müde.

»Ich habe mein Studium mit Bestnote beendet, mit einem doppelten Abschluss sowohl in Mathematik als auch in Ingenieurswesen.« Nicht dass es eine Rolle spielen sollte. »Ich bin Bäckerin und Mitinhaberin eines kleinen Unternehmens, und ich wette, dass ich in einer Stunde mehr zustande bringe als du an einem ganzen Tag.«

Er lacht höhnisch.

Ich lege meine Gabel auf den Tisch. Dieser Abend ist gerade an die Spitze meiner Liste Schlimmste Dates aller Zeiten geschossen, und die Konkurrenz dort ist groß. Ich kann nicht glauben, dass ich dafür mein grünes Kleid angezogen habe. Was für eine verdammte Verschwendung. »Ich denke, du solltest nach der Rechnung fragen.«

Er hebt beide Hände und reißt die Augen auf. »Hey, sei nicht so empfindlich. Ich habe es nicht böse gemeint.«

Ich ignoriere ihn und nehme noch einen Bissen Kokosnuss. Diese Rumcreme ist wirklich lebensverändernd. Wenn wir hier fertig sind, werde ich mich vielleicht in die Küche zurückschleichen und so lange Süßholz mit dem Koch raspeln, bis er mir sein Rezept verrät. Ich wette, er ist eine bessere Gesellschaft als Bryce, dieser Vollidiot.

Der macht keine Anstalten, sich die Rechnung bringen zu lassen. Ich reiße mir die Serviette vom Schoß und werfe sie auf den Tisch. »Meinetwegen. Ich werde an der Theke bezahlen.«

»Das wollte ich gerade tun. Du brauchst nicht so unhöflich zu sein.«

Alles klar. Ich bin die Unhöfliche. Okay.

Ich schiebe meinen Stuhl zurück und gehe zur Theke am Rand der Brandung. Normalerweise fahre ich nicht extra zum Meer für ein Date, aber Bryce hatte darauf bestanden, diese neue Tiki-Bar direkt an der Küste auszuprobieren. Lichterketten. Einige Feuerstellen in großen, runden Vertiefungen am Strand. Hinter dekorativen Flaschen, die wie alte Weinfässer übereinandergestapelt sind, rollt die Flut herein und mehrere Barkeeper bewegen sich hinter einem kleinen Ruderboot hin und her, das umgekippt als Sitzbank fungiert.

Eigentlich ein romantisches Fleckchen, wenn mein Date nicht ein absolutes Arschloch wäre.

Unsere Kellnerin – Celia – wartet hinter der Theke. Sie hat die Lippen zu einer dünnen Linie zusammengepresst. In ihren Augen liegt ein freundlicher, verständnisvoller Ausdruck. Sie reicht mir die Rechnung, bevor ich auch nur darum bitten kann.

»Hat wenigstens das Dessert geholfen?«, fragt sie.

Ich stoße ein schnaubendes Lachen aus und klappe die Rechnung auseinander. »Das war der beste Teil meines Abends.«

»Ich kann dir noch eins bringen«, bietet sie an. Als ich den Kopf schüttele, gibt sie einen kurzen, nachdenklichen Laut von sich. »Ich wollte nichts sagen, aber dieser Typ ist ein Mistkerl. Du hast etwas Besseres verdient.«

»Ja, da hast du recht.« Unglücklicherweise habe ich auf den Dating-Apps, für die ich monatlich eine absurd hohe Mitgliedergebühr bezahle, nichts Besseres gefunden. Bryce entspricht da so ziemlich dem Standard. »Irgendwelche Ideen, wo ich suchen könnte?«

Ihr Blick wandert über meine Schulter, während sie einen dicken tannengrünen Lappen aus ihrer Gesäßtasche zieht und anfängt, ein Wasserglas zu polieren. Ihr Blick verklärt sich und nimmt einen träumerischen Ausdruck an. Sie deutet mit dem Kopf hinter mich. »Das hier ist ein guter Ort, um mit der Suche anzufangen.«

2Layla

Ich bezahle und folge ihrer Blickrichtung, direkt zu dem Mann, der sich mühelos zwischen den überfüllten, dicht nebeneinanderstehenden Tischen am Strand hindurchschlängelt. Nicht mein Date. Natürlich nicht. Bryce ist ungefähr so bemerkenswert wie ein zerknülltes Kaugummipapier, nachdem ich es in meine Handtasche gestopft habe.

Nein, der Mann, der auf uns zukommt, ist groß. Locker über eins achtzig. Braune, leuchtende, wunderschöne Haut. Ich kann keinen richtigen Blick auf sein Gesicht erhaschen, weil er gerade über seine Schulter hinweg der Gruppe, mit der er hier ist, etwas zuruft. Er trägt ein buntes Hawaii-Hemd, das normalerweise lächerlich aussehen würde, aber da er die obersten drei Knöpfe offen gelassen hat, kann ich mich nur noch auf die Wölbung seiner Schlüsselbeine konzentrieren und auf den Stoff des Ärmels, der sich um seinen Bizeps spannt.

Geistesabwesend starre ich auf die tanzenden Ananasfrüchte auf seiner breiten Brust. Ich starre weiter, während er direkt neben mir an die Theke tritt und beide Hände flach darauf ablegt. Die Muskeln in seinen Unterarmen bewegen sich, und ich widerstehe dem Drang, mir mit beiden Händen übers Gesicht zu streichen.

Was ist das bloß immer mit den Unterarmen?

Crazy.

»Ich hätte gern eine weitere Piña Colada, wenn es nicht zu viel Mühe macht. Das Geburtstagskind wird nervös.«

Celia sieht aus, als würde sie ihm nur allzu gern mehr geben als eine Piña Colada. Ich verberge mein Lächeln hinter meinen Fingerspitzen und schaue endlich in sein Gesicht. Vor lauter Überraschung verschlucke ich mich fast.

»Caleb?«

Caleb Alvarez. Derselbe Mann, den ich in den vergangenen fünf Jahren mindestens zweimal die Woche gesehen habe, ohne auch nur ein einziges Mal an seine Brust zu denken. Er kommt immer montags, mittwochs, manchmal auch freitags, in mein Café und bestellt genau ein Croissant und eine Tasse schwarzen Kaffee. Nur mit Milch.

Caleb ist hier, so weit entfernt von unserer kleinen Stadt.

In einer Strandbar.

Bekleidet mit einem fast unanständig sexy sitzenden Hawaii-Hemd.

Er reißt den Kopf zur Seite, und seine braunen Augen weiten sich. Ich beobachte fasziniert, wie der kräftige Braunton noch wärmer wird, als er mich erkennt, und entdecke einen bernsteinfarbenen Ring um seine Iris. Noch nie im Leben ist mir die Augenfarbe dieses Mannes aufgefallen. Ich bin wie weggetreten, als ich ihn so betrachte. Das Haar zerzaust von der Meeresbrise, und all diese warme, olivfarbene Haut, die er hier zur Schau stellt. Ein Lächeln umspielt seine Mundwinkel, und ich muss dreimal hintereinander zwanghaft schlucken.

»Layla«, sagt er, eine süße Mischung aus Überraschung und Entzücken. So klingt es jedes Mal, wenn er meinen Namen sagt, aber hier, mit dem Salz und dem Sand, klingt es anders. Mein Mund wird trocken.

»Hey, Caleb.« Ich deute auf eine von leuchtend orangefarbenen Blumen umringte Ananas auf seiner Brust. Mein Kopf ist leer – von drei winzigen Knöpfen komplett ausgeschaltet. »Hübsches Hemd.«

Ich habe Caleb einige Male in einem Sweatshirt mit Rundhalsausschnitt gesehen. Mit abgetragenen Jeans und Boots, die an den Knöcheln geschnürt werden. Im Sommer. Wegen nichts von alledem hatte ich jemals … Herzklopfen.

Er streicht sich mit der Hand über die Knöpfe seines Hemdes, und in seinen Wangen erblüht ein leichtes Rosa. »Äh, hm. Alex hat darauf bestanden.«

Er deutet mit dem Kinn zu den Tischen hinüber. Ich folge seinem Blick und entdecke Alex Alvarez – den stillen, unaufdringlichen Besitzer von der kleinen Buchhandlung in Inglewild –, wie er mit einer wunderschönen Rothaarigen eine beschwipste Version Salsa tanzt, alle beide mit gleichermaßen grauenhaften Hawaii-Hemden bekleidet.

»Das ist bei uns Tradition«, erklärt Caleb.

»Offensichtlich.«

»Er liebt auffällige Muster. Und ein dazugehörendes Motto.«

Ich schätze, das macht Sinn. Ich habe Alex’ Schaufensterdekorationen gesehen. Sie sind immer ziemlich gewagt. Letztes Jahr gab es an Halloween eine Unterschriftensammlung in der Stadt gegen seine sehr plakative Interpretation der Rocky Horror Picture Show. Blinzelnd richte ich den Blick wieder auf Calebs Hemd.

»Das sehe ich.«

»Er sorgt auch gern dafür, dass seine ganze Familie an öffentlichen Orten aussieht wie ein Haufen Idioten.« Caleb schließt die Hand um das Glas, das Celia ihm über die Theke schiebt, und schenkt ihr ein dankbares Lächeln. Wir seufzen einmütig.

»Wie hoch stehen die Chancen, dass so etwas passiert, hm?« Er stützt sich mit einem Ellbogen auf die Theke und sieht mich mit einem sich langsam entfaltenden Lächeln an. Puh – okay. Mir waren bisher auch seine Grübchen nicht aufgefallen. »Ausgerechnet in dieser Bar.«

»Ja«, pflichte ich ihm bei, immer noch ein wenig geistesabwesend. Mein Gehirn versucht, diese Version von Caleb mit der in meinem Kopf in Einklang zu bringen. Es … funktioniert nicht besonders gut.

Was für eine Art von Voodoo steckt in diesem Hawaii-Hemd?

Sein Blick flackert kurz über mein grünes Kleid, und sein Lächeln wird zu etwas Ernsthaftem und Aufrichtigem. Der leichte Rosaton auf seinen Wangen vertieft sich zu einem kräftigen Rubinrot. »Du siehst toll aus.«

»Danke«, bringe ich hervor und widerstehe dem Drang, mich zu räuspern. Ich glaube nicht, dass Bryce mir heute Abend auch nur ein einziges Mal ein Kompliment zu meinem Aussehen gemacht hat, abgesehen von seiner Bemerkung, ich sei hübscher, als mein Profilbild ahnen lasse. Und was für ein Kompliment war das?

Ich habe mir für heute Abend Mühe gegeben und mein mintgrünes Kleid mit den dünnen Trägern angezogen, das mit dem Schlitz an der Seite, der bis hinauf zu meinem Oberschenkel verläuft. Ich wollte gut aussehen. Wollte mich hübsch, wertgeschätzt und begehrt fühlen.

Und habe das alles an Bryce verschwendet.

»Bist du mit Stella und Beckett hier?«

Einen Moment lang amüsiert mich der Gedanke, mir Beckett vorzustellen, wie er stirnrunzelnd und genervt mit einem Kokosnuss-Drink in der Hand an der Bar sitzt. Aber dann rücke ich den Träger meines Kleides zurecht und stoße einen lautstarken Seufzer aus, bevor ich wieder zu dem Tisch schaue, den ich soeben verlassen habe. »Ich habe hier ein Date. Nun, ich schätze, ich hatte ein Date.«

Denn von Bryce fehlt jede Spur. Unser Tisch ist leer, und ich schwöre, dass einiges vom Besteck fehlt. Auch mein Dessertteller ist weg.

Arschloch.

Caleb ist verwirrt. »Ein Date mit, ähm, mit dir selbst?«

»Nein. Mit einem Scheißkerl, der anscheinend gern die Zeche prellt.« Mit finsterer Miene denke ich an das, was unausweichlich zu einer sehr langen und sehr teuren Uber-Fahrt zurück nach Inglewild werden wird. »Verdammt. Er hatte mich zum Abendessen abgeholt.«

»Und ist dann verschwunden?« Calebs Gesicht verwandelt sich in eine Gewitterwolke. Er beißt die Zähne zusammen, und seine Grübchen verschwinden genauso schnell, wie sie aufgetaucht sind.

»Glaub mir«, entgegne ich. »Das ist eine Verbesserung.«

Ich möchte mir nicht einmal vorstellen müssen, während einer dreißigminütigen Rückfahrt nach Inglewild neben Bryce im Auto sitzen und todesgenervt auf den Hamsterwackelkopf auf seinem Armaturenbrett starren zu müssen. Wahrscheinlich würde er Ace of Base laufen lassen. Oder schlimmer noch, Nickelback.

»Er hätte dich nicht einfach hier zurücklassen sollen«, ist alles, was Caleb dazu sagt, während er immer noch irritiert auf den leeren Tisch starrt. Er sieht aus, als sei er drauf und dran, zum Parkplatz zu rennen und ein wenig Selbstjustiz zu üben. Der Gedanke ist auf seltsame Weise erfrischend.

»Schon gut. Ich werde einfach mit einem Uber nach Hause fahren.« Ich drehe mich zu Celia um, die immer noch hinter der Theke steht und ihren Blick zwischen Caleb und mir hin- und herfliegen lässt. »Ich denke, ich werde mir doch noch diese Extraportion Dessert mitnehmen.«

»Warte mal.« Caleb legt seine langen Finger direkt über meinen Ellbogen und drückt einmal meinen Arm. Seine Berührung ist sanft, seine Hand warm. »Ich werde dich zurückfahren.«

»Nein, nein. Ist schon gut.« Ich sehe zum gegenüberliegenden Ende der Bar, wo Alex von seiner Tanzpartnerin in eine wilde Pirouette gedreht wird, und beide lachen so heftig, dass sie sich kaum aufrechthalten können. Ihr Tisch ist umringt von einer Ansammlung von Leuten in verschiedenen zusammenpassenden Hawaii-Hemden. Die gesamte Familie Alvarez, bemerke ich schließlich. Onkel Benjamín trägt sein Hemd hoch um die Taille gebunden, als Crop Top. Ich grinse. »Du kannst nicht einfach gehen. Heute ist der Geburtstag deines Bruders.«

Ich blinzele und konzentriere mich auf einen dunkelhaarigen Mann mit einem Kokosnuss-BH am anderen Ende ihrer kleinen Gruppe. Er überragt die anderen ein wenig. »Ist das Charlie?«

Caleb macht sich nicht die Mühe, meinem Blick zu folgen. »Ja.«

Ich beobachte, wie Stellas Halbbruder mit einem Drink in jeder Hand Shimmy tanzt. »Er ist extra von New York hergekommen?«

»Du kennst ihn doch. Eine gute Party lässt er sich nicht entgehen.« Caleb lässt die Hand auf meinem Arm und den Blick auf mir ruhen. »Alex wird sich an nichts erinnern, das mehr als eine Stunde zurückliegt. Versprochen. Lass mich dich nach Hause fahren.«

»Aber sein Drink!«

»Den bringe ich ihm jetzt, und dann können wir los.«

»Und wie kommt er nach Hause?«

»Wir haben einen Margaritaville-Bus gemietet.« Natürlich haben sie das. Caleb wirft mir noch einen verschämten Blick zu, und die Röte in seinem Gesicht vertieft sich noch weiter. »Er fährt voll auf tropische Themen ab«, murmelt er.

Ich verziehe die Lippen zu einem Lächeln. »Dann werden wir also den Bus stehlen?«

»Was? Nein.« Er wirkt erschrocken. »Ich bin mit meinem Wagen hergefahren.«

»Wieso, magst du Jimmy Buffett etwa nicht?«

Ein Lächeln umspielt seine Mundwinkel. »Ich denke, keiner mag Jimmy Buffett so wirklich.«

»Bis auf Alex.«

»Bis auf Alex natürlich.«

Sein Lächeln kullert kopfüber hinein in ein Grinsen, so strahlend und so plötzlich und schön, dass ich mich daran erinnern muss zu atmen. Diese Grübchen erwachen in seinen Wangen wieder zum Leben, und es ist gut, dass er meinen Arm festhält. Er streicht mit dem Daumen einmal über die Innenseite meines Ellbogens – eine gedankenlose Berührung. Dann senkt Caleb den Kopf ein wenig, und eine dunkle Locke fällt ihm über die Stirn. Aus einem verborgenen Winkel meines Gehirns wispert es noch immer: Was zur Hölle passiert hier gerade?

Seit wann ist Caleb Alvarez so heiß?

»Okay, wenn du dir ganz sicher bist«, murmele ich.

Ich selbst bin mir absolut nicht sicher. Wahrscheinlich bin ich noch nie so unsicher gewesen. Welches Geheimnis wird Caleb als Nächstes enthüllen? Kann er Mundharmonika spielen? Hat er auf dem Armaturenbrett seines Autos ebenfalls einen seltsamen Tierwackelkopf? Ist er unfassbar heiß, aber ein grauenhafter Autofahrer? Oh Gott, fährt er schweigend? Hasst er Musik? Ich habe keine Ahnung. Momentan will ich einfach nur heimgefahren werden, und bin hin und weg von Calebs Oberarmen und seinem Hemd mit sich drehenden Palmen.

»Ja, ich bin mir sicher.« Er löst entschlossen die Finger von meinem Arm und greift nach dem Cocktail vor sich. Ich beobachte verblüfft, wie sich sein Hemd über seiner Brust spannt. Es ist, als sei ich in eine andere Dimension hineingeraten, wo der nette, unaufdringliche Kerl, der mit fast militanter Präzision in meine Bäckerei kommt, plötzlich ein Traummann im Hawaii-Hemd ist. »Gib mir nur eine Sekunde Zeit, mit Alex zu reden, dann können wir aufbrechen.«

Er schlendert davon, geht zwischen den Tischen hindurch und schafft es irgendwie, dabei nicht lächerlich auszusehen. Ich schaue ihm nach.

Genau wie jede andere Frau in dem Lokal. Und auch einige Männer.

Celia stößt einen leisen Pfiff aus. Verdammt, mir war nicht mal bewusst, dass sie noch da steht. »Da hast du ja wirklich nichts anbrennen lassen.«

Ich kratze mich an einer Augenbraue und beobachte, wie Caleb versucht, Alex aus seiner schludrigen Salsa-Nummer herauszuholen. Sein Bruder vollführt ein Ausweichmanöver, während Charlie zum Takt der Musik die Faust hochreißt. »Wir wohnen in derselben Stadt. Ich kenne ihn.«

»Und ich würde ihn gern kennenlernen«, murmelt sie.

Ich drehe mich zu ihr um und ziehe beide Brauen hoch. »Du brauchst dich meinetwegen nicht zurückzuhalten.«

Sie wedelt mit einer Hand. »Nein. Ich habe ein Knistern gespürt.«

»Da hat nichts geknistert. Er ist einfach nur ein wirklich netter Kerl.«

Der Netteste. Ich beobachte regelmäßig, wie er kleinen alten Damen über die Straße hilft. Er macht jedes Jahr freiwillig am Schaufel-Tag der Farm mit, wenn die Stadtbewohner uns helfen, die Felder für die neue Saison vorzubereiten. Manchmal weiß ich nicht, ob er die Buttercroissants, die er voller Inbrunst regelmäßig bestellt, wirklich mag, oder ob er einfach unseren Betrieb unterstützen will. Stella hat ihn einmal als chronisch nett bezeichnet. Er ist süß und witzig, und er hat nie zu viel zu tun, um nicht kurz stehen zu bleiben und mir dabei zu helfen, fünfzig Pfund schwere Zuckersäcke in meinen Kombi zu verladen.

Dane, der Sheriff unserer Stadt, hat ihn vor vier Monaten als Deputy-Sheriff gefeuert, weil er zu nett war. Soweit ich gehört habe, hat er einmal zu oft Nachrichten mit – »du hast was gut bei mir« auf der Rückseite alter Kassenzettel als Parkscheinersatz akzeptiert. Von Matty aus der Pizzeria habe ich gehört, dass einige dieser angebotenen Gefälligkeiten ziemlich anzüglich waren.

Seitdem arbeitet er als Vertretungslehrer an der Highschool.

Ich beobachte, wie Alex versucht, seinem älteren Bruder ein Getränk über den Kopf zu gießen. Alle am Tisch versammelten Männer und Frauen johlen. Ich grinse. »Ja, ein wirklich netter Kerl.«

»Genau, genau.« Celia stellt das Glas, das sie jetzt ungefähr fünfzehn Minuten poliert hat, beiseite. Sie greift nach dem nächsten. »Ich werde dir zwei Stück Kuchen zum Mitnehmen fertig machen.«

Endlich gelingt es Caleb, Alex mit Gewalt in eine stehende Position zu bringen. Ich beobachte, wie sie die Köpfe zusammenstecken. Caleb sagt etwas, bei dem sich Alex’ Miene aufhellt, dann versucht er erneut, auf den Tisch zu klettern und schirmt dabei die Augen mit einer Hand ab, obwohl die Sonne schon vor Stunden untergegangen ist. Er entdeckt mich an der Theke.

Und dann schreit er aus Leibeskräften.

»LAAAAAAYLA.«

Caleb wirkt gequält.

Ich gehe zum Tisch hinüber, bevor Alex anfangen kann, Dinge quer durch die Strandbar zu werfen. Als ich nah genug bin, macht er einen spektakulären Schwalbensprung vom Tisch herunter und landet irgendwo in der Nähe meiner Füße. Dann schlingt er beide Arme um meine Beine.

»Laylaaaaaa«, zieht er die Silben meines Namens in die Länge, in dem Versuch, eine perfekte Eric-Clapton-Imitation hinzubekommen. »Du bist zu meiner Geburtstagsparty gekommen!«

Ich versuche, ihn hochzuhieven, aber wir werden daran von einer eins fünfundneunzig hohen Wand aus Muskeln gehindert. Charlie riecht nach einem ganzen Schnapsregal, und sein großes, dümmliches Gesicht presst sich gegen meine Schulter.

»Layla.« Er klingt verdächtig weinerlich. »Es ist so schön, dich zu sehen.«

Ich drücke ihm eine Hand auf die Stirn und stoße ihn weg. »Du hast mich letztes Wochenende erst gesehen, du Knallkopf.«

Wir haben bei Stella und Luka, deren Freund, zu Abend gegessen, und ich durfte mit großem Vergnügen beobachten, wie meine besten Freunde und ihre besseren Hälften miteinander um die Wette geflirtet haben. Charlie hat urplötzlich Bauchschmerzen vorgeschützt und ist nach fünfzehn Minuten gegangen, und ich habe meinen Abend mit dem besten Date beendet, das ich seit Monaten hatte – einer teuren Flasche Sauvignon Blanc und einem Teller Erdnussbutterkeksen mit Karamell, die ich selbst gebacken hatte.

»Trotzdem«, nuschelt Charlie. Er zieht sich zurück, seine großen, blauen Augen riesig wie Unterteller. Er trägt immer noch den Kokosnuss-BH und hinter seinem Ohr steckt eine Blume. Er sieht albern aus. »Willst du einen Schnaps?«

Alex stößt wieder dieses schrille Kreischen aus. Fast die ganze Alvarez-Gruppe stimmt daraufhin einen Gesang an: Schnaps, Schnaps, Schnaps. Ich spüre zwei starke Hände auf meinen Schultern, die mich behutsam von den betrunkenen Herzensbrechern wegziehen, die an mir kleben.

»Vielleicht hätten wir besser nicht auf Wiedersehen gesagt«, murmelt Caleb. Einer seiner Onkel versucht, ihm ein winziges Schnapsglas aufzudrängen. Caleb verzieht das Gesicht und schüttelt den Kopf, dann sieht er über mich hinweg. »Gott im Himmel. Ich glaube, Charlie animiert gerade alle, Schnaps von seinem Körper zu trinken.«

Ich will nicht mal hinsehen. »Gut möglich.«

»Okay, Zeit zu gehen.«

Er hält mir eine Hand hin, die Innenfläche nach oben gedreht.

Ich verhake meine Finger mit seinen, und gemeinsam laufen wir über den Sand Richtung Auto.

3Layla

Glücklicherweise hat Caleb keinerlei seltsame Wackelköpfe auf dem Armaturenbrett seines Autos.

Nur eins von den Tannenduftbäumchen mit dem Lovelight-Logo, die Stella seit zwei Monaten auf der Farm verkauft. Zwischen der Mittelkonsole und dem Fahrersitz klemmt eine alte Zeitung. Und eine Schachtel aus meiner Bäckerei, die Caleb zu verstecken versucht, sobald ich in seinen Jeep schlüpfe.

Ich beobachte ihn, als er auf dem Fahrersitz Platz nimmt und die Entlüfter so einstellt, dass sie auf meine Beine zielen und nicht in mein Gesicht. Er justiert kurz den Rückspiegel und dann die Seitenspiegel, und ich lächle. Natürlich prüft Caleb jedes Mal, wenn er in den Wagen steigt, seine Spiegel. Ich wette, er kennt auch seinen Reifendruck.

Mit zusammengekniffenen Augen betrachte ich ihn, ein rastloses Gefühl unter der Haut.

»Hast du dir die Haare schneiden lassen?«

Er fährt sich verlegen mit den Fingern durchs Haar. »Nein.«

»Bist du vielleicht größer geworden? Gewachsen?«

Er prustet. »Ich bin keinen Zentimeter mehr gewachsen, seit ich achtzehn geworden bin.« Er kneift die Augen zusammen und mustert mich seinerseits. »Warum?«

»Eine Nasen-OP vielleicht?«

Er wirkt gekränkt. »Nein.«

»Eine künstliche Hüfte?«

Über diese Frage lacht er. »Nein. Was ist denn nur in dich gefahren? Warum fragst du so?«

»Du wirkst einfach … verändert, das ist alles.« Heißer, schreit mir mein Gehirn zu. Eine zehn auf der Attraktivitäts-Skala. Ich schwöre bei meinen Baguettes mit Butter und Marmelade, dass mir noch nie aufgefallen ist, dass Caleb so … aussieht. Ein flüchtiger Moment der Anziehung vielleicht. Auf eine »Oh, er sieht nett aus« Art.

Das hier ist kein …»sieht nett aus«.

Das ist unfassbar attraktiv.

Es bringt mich durcheinander.

Ich lehne mich in meinen Sitz und beobachte, wie Caleb weiter alles Einstellbare in seinem Auto einstellt, als würde er uns gleich in den Weltraum schießen.

Es ist das Hawaii-Hemd.

Das muss es sein.

»Ich bin nur … überrascht.«

Er wirft mir aus dem Augenwinkel einen zögernden Blick zu und überzeugt sich, dass ich mich angeschnallt habe, bevor er den Parkgang herausnimmt. Ich denke, er bereut schon, angeboten zu haben, mich nach Hause zu fahren. »Was überrascht dich?«

»Dass du nicht den Margaritaville-Bus nehmen wolltest.«

Ein weiteres Lachen brummt aus seiner Brust. Caleb lächelt häufig, aber sein Lachen ist selten, und ich ertappe mich dabei, dass ich mich tiefer in meinen Sitz gleiten lasse, wenn ich es höre. Sein Lachen ist nett. Warm. »Nein. Von den Diskolichtern kriege ich Kopfschmerzen. Außerdem bin ich heute zu spät aus der Schule gekommen. Ich habe den Bus verpasst.«

Irgendwo in dieser Feststellung liegt Ironie. »Wie läuft es? Der Unterricht?«

»Es ist gut. Anders. Ich lerne dazu. Ich kann mich glücklich schätzen, dass Katie Metzler beschlossen hat, sich auf Sinnsuche nach Florida zu begeben.«

Eine seltsame Wahl für einen Selbstfindungstrip, aber okay.

»Die Schule war ziemlich verzweifelt, weil sie so dringend für ihr Sommersemester einen Spanischlehrer brauchten, und es war ihnen egal, dass ich im Grunde null Qualifikationen hatte. Ich mache meine Weiterbildung berufsbegleitend. Hoffentlich werde ich bis zum Beginn des neuen Schuljahrs auf Vollzeitbasis als Lehrer arbeiten. Das Timing hätte nicht besser sein können, alles in allem.«

»Warst du geschockt? Wegen der Sache, die auf dem Revier passiert ist?«

»Du meinst, dass Dane mich gefeuert hat?« Er stößt ein schnaubendes Lachen aus. »Nein, überhaupt nicht. Es war höchste Zeit. Wir haben beide gewusst, dass die Arbeit eines Deputys nicht richtig für mich geeignet war. Er hat mich nur gefeuert, damit ich die Abfindung bekam.« Caleb sieht mich flüchtig an. »Vielleicht hätte ich etwas geschockt sein sollen, aber ich war es nicht. Letztlich war ich erleichtert. Ich denke, als Lehrer kann ich mehr Menschen helfen. Zumindest mehr Kindern.«

Vor allem in unserer winzigen Stadt, wo Caleb mehr Zeit damit verbracht hat, Ms Beatrice davon abzuhalten, ihr Auto vor ihrem Café als Rammbock zu benutzen, statt irgendwelche Verbrechen zu verhindern. Ich bin mir sicher, dass Dane das allein hinbekommt.

»Alex sagt mir immer wieder, ich solle die Weiterbildung vergessen und den Kindern einfach alte Wiederholungen der Telenovela zeigen, die uns unsere Abuela immer aufgezwungen hat. Sie hat niemals eine Folge von Corazón Salvaje verpasst.«

Ich grinse. Ich sehe ihn manchmal mit seiner Grandma in der Stadt. Er überragt sie um mehr als zwei Köpfe, und sie kommandiert ihn für gewöhnlich herum und lässt ihn ihre Lebensmittel tragen. »Wildes Herz?«

»Genau die Serie meine ich, ja.«

Ich stoße ein nachdenkliches Summen aus. »Gar keine schlechte Idee.«

»Das Schulkomitee könnte da ein Wörtchen mitzureden haben.«

Ich lache und spähe über meine Schulter zu seiner Rückbank. Sein Auto ist ordentlicher als das Chaos aus zerknüllten Quittungen, alten Rührschüsseln und Zuckerstangen, die das Verfallsdatum überschritten haben und die meinen eigenen Wagen übersäen. Hier drin riecht es nach Zimt, als hätte er irgendwo ein ganzes Blech Ingwerplätzchen versteckt. Ich strecke die Hand nach der Kuchenschachtel aus, die halb unter meinem Sitz klemmt, und hoffe, darin etwas Süßes vorzufinden. Ich habe das verdammte Dessert in der Bar vergessen, weil ich abgelenkt war, als Caleb versucht hat, die ganze Alvarez-Gruppe wie einen Haufen betrunkener Katzen vor sich her zu scheuchen.

Nachdem ich die weiße Schachtel kurz geschüttelt habe, reiße ich sie mit einem Ruck unter dem Sitz hervor. Die Tatsache, dass ich ein sehr enges Kleid trage, ist mir vollauf bewusst, auch dass der Stoff wahrscheinlich an diesem Punkt bis in meine Taille hochgerutscht ist, aber Caleb hält den Blick entschlossen auf die Straße gerichtet. Gott sei Dank. »Ist da noch etwas drin?«

»Du denkst, meine Selbstbeherrschung sei so gewaltig?«

Ich werfe ihm einen verständnislosen Blick zu. »Das denke ich auf jeden Fall.«

Er kommt jede Woche in die Bäckerei und isst genau ein Croissant, während er sehnsüchtig auf eine ganze Vitrine voller Buttercremegebäck starrt. Seine Selbstbeherrschung ist mit Stahl verstärkt. Seine Hände um das Lenkrad öffnen und schließen sich, und ich schlängele mich zurück in den Sitz. Mein Blick kriecht an seinen Armen hinauf zur Wölbung seiner Schultern, der Kuhle an seinem Hals und der markanten Linie seines Kinns. Er nimmt eine Hand vom Lenkrad, um sich damit durch sein dunkles Haar zu fahren. Da sich die Nacht um uns herabsenkt, sieht sein Haar fast so aus wie vergossene Tinte. Schokolade, die auf einem Herd schmilzt.

Ehrlich. Ich kenne Caleb seit Jahren. Wieso ist mir nie aufgefallen, wie attraktiv er ist?

Wahrscheinlich weil ich zu fokussiert darauf war, einen Lebenspartner zu finden. Oder wegen der irrwitzigen Abfolge grauenhafter Männer, an denen ich während der letzten Jahre meine Zeit verschwendet habe. Oder vielleicht liegt es auch an meiner mir selbst auferlegten Regel, nie, niemals jemanden innerhalb der Stadtgrenzen zu daten. Ich denke, ich hatte vielleicht Scheuklappen auf.

Unsere Stadtbevölkerung beläuft sich ungefähr auf siebentausend Einwohner. Ich kann mir nicht vorstellen, an jeder Ecke einem mies gelaufenen Date zu begegnen. Wenn ich Bryce regelmäßig sehen müsste, zum Beispiel wenn er in der Schlange vor meiner Bäckerei steht und meine Lieblingskekse bestellt, Oatmeal mit gesalzener weißer Schokolade, würde ich tot umfallen. Ich würde einfach aufhören zu existieren.

Und ich würde wahrscheinlich wegen Mordes verhaftet werden.

Caleb räuspert sich. »Darf ich dich etwas fragen?«

»Du hast mir heute eine saftige Uber-Rechnung erspart. Du darfst mich nicht nur etwas fragen, du darfst auch die ganze Woche kostenlosen Kaffee in der Bäckerei genießen.«

Er grinst breit. »Ich kriege von dir ohnehin schon kostenlosen Kaffee.«

»Nun, jetzt bekommst du Kaffee und eine Frage.«

Er hält für eine Sekunde inne. »Nur eine einzige?«

»Spielt das eine Rolle?«

Er wirkt geschockt, dass ich das überhaupt frage. »Natürlich spielt es eine Rolle.«

»Wieso?«

»Wenn ich nur eine einzige Frage bekomme, sollte ich mir etwas Gutes aussuchen.«

»Ja, das solltest du wohl«, antworte ich mit einem Lachen.

Er summt leise vor sich hin, ein Laut, der voll und tief ist. Ich beobachte, wie die Straßenlaternen Schatten auf sein Gesicht werfen. Gold- und Silbertöne und ein sehr, sehr warmes Rot. Das Lächeln entgleitet seinem Mund, und sein Blick wird zögerlich. Seine Augen huschen in meine Richtung und dann wieder zurück auf die Straße.

»Warum bist du mit so einem Typen ausgegangen?«

Ich zappele auf meinem Sitz herum.

»Mit was für einem Typen?«

Er murmelt etwas so leise, dass ich es nicht mitbekomme. »Na ja, mit einem, der dich mit der Rechnung sitzen lässt und auf dem Weg aus dem Restaurant das Besteck klaut«, fügt er lauter und deutlicher hinzu.

Ich seufze und drücke mir zwei Finger auf die Stirn. »Das ist dir auch aufgefallen, hm?«

»Ich habe dich vor einigen Wochen in der Bäckerei mit Stella reden hören«, erwidert Caleb und zögert dann. »Über einen Mann, der eine Fusselrolle bei dir benutzt hat, bevor du in sein Auto steigen durftest.«

Ah, ja. Peter. Er hat mich außerdem genötigt, diese kleinen, wegwerfbaren chirurgischen Plastiküberschuhe über meine Highheels zu ziehen, aber das behalte ich für mich. Stattdessen schaue ich aus dem Fenster und streiche mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Ich habe es heute Abend geglättet, sodass es weich und glänzend ist. Jetzt kommt mir die investierte Mühe bescheuert vor.

»Ich hatte in letzter Zeit ziemliches Pech mit meinen Dates«, bringe ich schließlich zur Erklärung hervor. Es ist eine Untertreibung, aber wie sonst könnte ich diese Vollkatastrophe erklären, die mein Liebesleben ist?

Und dabei waren Peter und Bryce noch nicht einmal das Schlimmste. Ein Typ hat mich mal gefragt, ob wir nach dem Mittagessen seine Mom abholen und sie zu ihrer Reinigung fahren könnten. Ein anderer Kerl hat seinen besten Freund mitgebracht und die ganze Zeit über so getan, als sei ich überhaupt nicht anwesend. Sie haben neunundvierzig Minuten lang über Fantasy Football gesprochen und sieben Schnäpse mit Essiggurkengeschmack getrunken.

Pro Kopf.

»Und dieser andere Mann – wie hieß er noch gleich – Justin?«

»Jacob«, korrigiere ich ihn leise.

Er ist derjenige, der am meisten wehgetan hat. Alle anderen – die kann ich als amüsante Geschichten abhaken, mit denen ich meine Freunde unterhalte. Ausflüge in die wilde, seltsame Welt des Datings. Aber mit Jacob bin ich mehrere Monate zusammen gewesen. Ich habe in meinem verzweifelten Versuch, die Beziehung zu retten, viele Teile von mir aufgegeben. Ich habe mir so sehr jemanden gewünscht, der einfach … bleibt … dass ich immer wieder Ausreden gefunden habe. Ich habe sein beschissenes Verhalten gerechtfertigt und mir eingeredet, es würde besser werden mit ihm. Mit seiner Zwiespältigkeit. Seiner Gleichgültigkeit. Ich habe mir eingeredet, er brauche nur Zeit, einen Rhythmus zu finden. Er brauche nur Zeit, um mich zu mögen.

Aber je mehr Zeit ich mit ihm verbracht habe, umso mehr hatte ich das Gefühl, kleine Teile meines Selbst zu verlieren, die ich ihm so großzügig geschenkt hatte. Er hat weder mir noch unserer Beziehung auch nur die geringste Priorität eingeräumt. Er hatte eine stärkere Bindung zu seinem Handy, als er jemals eine zu mir hatte.

Ich hatte etwas Besseres verdient. Ich verdiene etwas Besseres.

»Jacob war ätzend«, bemerkt Caleb. Sein Kiefer macht wieder diese Mahlbewegungen.

»Das stimmt.«

»Was ist dann mit dir los?« Caleb tippt mit dem Handgelenk gegen den Blinker, und wir fahren vom Highway ab in Richtung Zuhause. »Diese Männer wirken alle wie …«

»Idioten?«, schlage ich vor. Arschlöcher? Riesige, demütigende Zeitverschwendungen?

Er lacht, aber es klingt nicht sehr amüsiert. Das Lachen ist scharf. »Ja«, pflichtet er mir bei. »Sie klingen alle wie Idioten.«

Ich erwidere nichts. Ich brauche nicht daran erinnert zu werden, dass mein Liebesleben ein Desaster ist. Dass die eine Sache, die ich mir insgeheim und still und leise immer gewünscht habe, für mich ein ebenso großes Mysterium ist wie dunkle Materie und außerirdisches Leben. Es spielt keine Rolle, auf wie viele Dates ich gehe, ich bin jetzt genauso weit entfernt von der Manifestierung meiner Wünsche wie eh und je.

Ich verstehe nicht, dass etwas, das anderen so leichtfällt, für mich so schwierig ist.

»Layla.« Caleb stößt meinen Namen mit einem Seufzer aus. Wenn er meinen Namen so sagt, fühlt es sich an, als würden sich zwei Hände um meine Schultern legen und mich sanft schütteln. »Warum verschwendest du deine Zeit mit diesen Männern? Warum begnügst du dich mit Krümeln, obwohl du den ganzen verdammten Kuchen verdienst?«

Meine Brust schnürt sich zusammen. Ein Schmerz mitten in mir. »Das ist wirklich ein netter Gedanke, aber manchmal sind Krümel alles, was man kriegt.«

Ich spüre, dass ihm meine Antwort nicht gefällt, daher schaue ich aus dem Fenster und beobachte, wie sich die Landschaft langsam verändert, während wir uns von der Küste entfernen. Hier ist alles kraftvoll und lebendig, und der Spätsommer macht sich jetzt in seiner ganzen Fülle breit. Glühwürmchen tanzen draußen vor meinem Fenster, schnelle, goldene Blitze, als wir vorbeischießen.

Ich warte darauf, dass er versucht, mir meinen traurigen kleinen Glaubenssatz auszureden. Als er das nicht tut, als er einfach nur geduldig darauf wartet, dass ich weiterspreche, löst sich etwas in mir, und meine Worte sprudeln hervor.

»Ich weiß es nicht. Ich schätze … ich schätze, ich suche einfach an den falschen Stellen. Ich möchte jemanden, der mir gehört. Und nicht jeder ist von Anfang an perfekt, weißt du? Manchmal brauchen Menschen ein wenig Zeit, bevor sie erstrahlen. Jeder verdient eine Chance.« Wieder zucke ich die Achseln und komme mir auf die denkbar übelste Weise naiv vor. Ich meine, Peter ist mit einer Fusselrolle aus seinem Auto gestiegen. Keine Ahnung, ob er danach noch auch nur einen Funken meiner Aufmerksamkeit verdient hat. »Und da Stella und Luka jetzt zusammen sind und Beckett und Evie, bin ich irgendwie umringt von Paaren. Vermutlich habe ich einfach gedacht, Krümel seien besser als nichts.« Ich lege die Stirn an die kühle Fensterscheibe. »Vielleicht ist das mein Problem. Vielleicht sollte ich für ein Weilchen dem Kuchen ganz abschwören, mitsamt Krümeln und allem.«

Caleb schweigt, und das Dröhnen seines Jeeps unter uns ist das einzige Geräusch im Auto. Der Wind an den Fenstern und das leise Summen von Stimmen aus dem Radio.

»Dieser Vergleich ist am Ende doch etwas seltsam geworden«, bemerkt er schließlich.

»Stimmt.«

Die Wahrheit ist, ich habe beobachtet, wie Stella sich in Luka verliebt hat, einen Mann, für den sie fast zehn Jahre lang insgeheim geschwärmt hat. Dann habe ich beobachtet, wie Beckett sich widerstrebend in Evelyn verliebt hat, die das genaue Gegenteil von ihm ist. Und nachdem ihr Beckett auf Instagram seine Liebe gestanden hat – ein Schock für buchstäblich alle Beteiligten, Beckett selbst wahrscheinlich eingeschlossen –, ist unsere kleine Christbaumfarm zu einem Ausflugsziel für alle geworden, die hoffen, selbst ein wenig Romantik abzubekommen. Ich habe in den vergangenen drei Monaten mehr Heiratsanträge, erste Dates und zum Kotzen liebevolle Pärchen gesehen, als jemand, der selbst in einer Dating-Sackgasse feststeckt, ertragen sollte.

Ich will das auch.

»Hat nicht …« Caleb beginnt zu sprechen, bricht dann wieder ab und umfasst das Lenkrad noch ein wenig fester. »Hat Jesse dich nicht vor einigen Monaten um ein Date gebeten?«

Ich sehe ihn mit einer hochgezogenen Braue an, und ich schwöre, dass er bis in die Spitzen seiner Ohren rot anläuft. Süß. »Es war Quizabend«, murmelt er. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass die ganze Stadt mitangehört hat, wie er dich um ein Date gebeten hat.«

Das stimmt. Er hat es praktisch ins Mikrofon gebrüllt, während ich mir ein neues Bier geholt habe. Ich zucke die Achseln. »Ich gehe mit niemandem innerhalb der Stadtgrenzen aus.«

Caleb blinzelt. »Oh.«

»Mit meiner Erfolgsbilanz bin ich nicht direkt erpicht darauf, jedes Mal das Grauen meiner vergangenen Dates noch einmal zu durchleben, wenn ich eine Artischocke aus dem Supermarkt brauche.«

»Passiert das oft?« Calebs Lächeln hat etwas ganz Langsames. Es beginnt an einer Seite seines Mundes und zieht sich dann zur anderen, bis sein ganzes Gesicht davon erstrahlt ist. Ich kann nicht aufhören, ihn anzusehen, verwirrt und gefesselt. Ich brauche dringend einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf. »Dass du Artischocken brauchst?«

»Du würdest staunen.«

»Das würde ich sicher.«

Danach verfallen wir wieder in Schweigen, das stetige Dröhnen des Weges unter uns und das Summen von etwas Leisem und Zartem aus dem Radio. Erschöpfung macht sich tief in meinen Knochen breit, und meine Schultern sinken nach vorn. Ich bin so, so müde. Ich bin es müde, das Gleiche wieder und wieder zu tun und anschließend mit leeren Händen dazustehen. Caleb hat recht. Ich begnüge mich mit Krümeln.

»Ich glaube, ich habe genug«, erkläre ich. Diese Dates bringen mich nicht weiter. Sie verhärten nur mit jedem Fehlschlag mehr und mehr mein Herz. Ich verstehe nicht, warum es so schwierig für mich ist, jemanden zu finden. »Keinen Kuchen mehr für mich. Keine Cupcakes oder auch nur … Geleestangen. Von jetzt an gibt es nur noch Gemüse.«

Caleb sagt nichts dazu, dass ich seinen Vergleich weiterzuspinnen versucht habe. Er stützt nur den Ellbogen gegen das Fenster und reibt sich mit den Knöcheln das Kinn. »Wenn du dich dann besser fühlst«, sagt er, »ich hatte auch nicht besonders viel Glück mit meinen Dates.«

Ich kann nicht anders. Ich schnaube. Caleb mit dem Haar und dem Gesicht und den Grübchen und den Schultern. Jede Frau heute Abend in der Tiki-Bar würde alles darum geben, mit ihm Abendessen zu gehen. Ich wette, wenn er dieses lächerliche Hawaii-Hemd aufknöpft, sobald er nach Hause kommt, werden Telefonnummern wie Konfetti herausfallen.

»Es fällt mir sehr schwer, das zu glauben.«

»Was? Warum?« Er ist der Inbegriff der Verwirrung.

»Schau dich doch an.«

»Was meinst du?«

Ich deute mit einer weit ausholenden Handbewegung auf den Mann neben mir. Wie Vanna White. Oder eine dieser hübschen Ladies in den Autoshows. Ich fühle mich, als sollte ich mir eine Pappkartonnummer über den Kopf halten. Caleb – 10 Points. »Sieh dich doch nur an.«

Ein verwirrtes Lächeln umspielt seine Mundwinkel. Er räuspert sich. »Wann hast du mich das letzte Mal mit jemandem in der Stadt gesehen?«

»Mit jemanden außer Alex?«

»Ja, mit jemandem außer meinem Bruder.«

Ich sehe ihn für gewöhnlich mit seiner winzigen Großmutter. Manchmal auch mit seinem Dad und seiner Mom, sonntags auf den Bauernmärkten. Außerdem gibt es da eine ganze Kompanie an Cousins und Cousinen, die sich ständig zu streiten scheinen, und Caleb trottet dann ganz an der Spitze der Gruppe vor den anderen her und versucht, alle in Schach zu halten.

»Ich bin niemand, der …« Er bricht abrupt ab und seufzt. »Ich kann nicht glauben, dass ich dir das erzähle«, murmelt er verlegen. Dann holt er tief Luft und stößt den Atem wieder aus. »Okay. Ich denke, ich bin wirklich schlecht im Daten. Nicht so schlecht wie Peter mit der Fusselrolle, aber ich weiß im Grunde überhaupt nicht, was ich tue.«

»Wie meinst du das?«

»Vielleicht sage ich immer das Falsche, oder vielleicht bin ich zu zögerlich. Oder zu forsch. Ich habe keine Ahnung, ob ich zu viel oder zu wenig tue. All meine Beziehungen – wenn man sie denn überhaupt so nennen kann – geraten um das vierte Date herum ins Stocken. Sogar wenn ich denke, es laufe gut.«

»Jedes Mal?«

Er nickt. »Ja. Jedes Mal. Plus oder minus ein Date.«

»Huh.«

»Ja.« Er sieht aus, als wolle er seine Tür öffnen und sich aus dem Wagen werfen. Dann stößt er aus den tiefsten Tiefen seiner Seele einen Seufzer aus. »Ich denke, ich bin … ich denke, ich bin manchen Leuten vielleicht zu viel.«

Etwas in seiner Stimme schlingt sich um meine Brust und drückt zu. »Zu viel?«

Wieder färben sich seine Wangen rosig. »Ich habe Schwierigkeiten damit, zwischen den Zeilen zu lesen. Wahrscheinlich bin ich zu vorschnell. Die letzte Frau, mit der ich ausgegangen bin, hat mir gesagt, ich sei ein netter Kerl. Aber sie hat es so gesagt, als sei das etwas Schlechtes. Alex meint, ich sei in Beziehungen der Fußabtreter, dass ich Menschen auf ein Podest stelle, auf das sie nicht zwangsläufig gehören, aber … ich weiß nicht. Ich denke nicht, dass es etwas Schlechtes ist, das Beste in jemandem zu sehen. Genauso wenig denke ich, dass es etwas Schlechtes ist, nett zu sein.«

»Ist es auch nicht.« Ich denke an diesen einen Tag, an dem er einem winzig kleinen Mädchen sein unberührtes Croissant gegeben hat, nachdem sie direkt vor der Bäckerei ihren Kuchenlolli auf den Boden hatte fallen lassen und in Tränen ausgebrochen war. Die Art, wie er sich auf ein Knie niedergelassen hatte, um ihr mit dem Hemdsärmel ihre Tränen wegzuwischen. »Nett sein ist das Beste.«

Er zuckt die Achseln, als wolle er mir widersprechen. Ich spüre es wie ein Zupfen an meinem Herzen. Caleb sollte rein gar nichts an sich ändern, erst recht nicht an seiner Freundlichkeit. Stirnrunzelnd betrachte ich sein Profil, die verkrampften Muskeln in seinem Kinn.

Auch er sollte seine Zeit nicht mit Krümeln verschwenden.

Wir fahren am Ortsschild von Inglewild vorbei, ein altes, verblasstes Ding mit handgemalten Buchstaben. Zu Hause. Endlich.

Die Sterne sind wie Edelsteine über dem Nachthimmel verteilt und leuchten jetzt heller, da wir umgeben sind von Gras und Bäumen und Feldern. Ich denke an Caleb, und ich denke an mich, wie wir beide durch unser jeweiliges Liebesleben stolpern.

»Was für ein Paar wir abgeben«, bemerke ich, nur für uns und das Mondlicht. »Wir haben wirklich keine Ahnung, was wir tun, hm?«

»Es ist schön zu wissen, dass ich in dem Kampf nicht allein bin.« Er legt nachdenklich den Kopf schräg. »Vielleicht ist das die Lösung.«

»Du hast absolut recht.« Ich nicke. »Lass uns unsere Gefühle in Desserts ertränken.«

»Das ist es nicht … was ich meine.«

»Oh.« Das war es, was mir durch den Kopf gegangen ist. Ich habe mir während der letzten Hälfte meines Dates mit Bryce ausgemalt, was ich alles essen würde, wenn ich wieder zu Hause bin. Schokoladenkuchen mit dünnen Pfefferminzfäden. Erdbeerplunder und eiskalte Limonade. Pfirsichpastete. Streuselkuchen mit Blaubeeren. Die Optionen sind grenzenlos.

Caleb trommelt mit den Fingern aufs Lenkrad. Dieses verdammte Hawaii-Hemd spannt sich schon wieder über seinen Bizeps. Vielen Dank, Alex Alvarez, für deine Vorliebe für Mottopartys. »Vielleicht sollten wir einander daten.«

Mein Grinsen erstirbt. Ich sehe wahrscheinlich aus wie eins dieser Standfotos, die man am Ende einer Achterbahnfahrt bekommt – die Aufnahme nach diesem ersten großen Sturz ins Leere. Ein klein wenig entzückt und leicht verwirrt. Irgendwie eingeschüchtert. Ich war für diese Fotos als Kind schon nie bereit.

Ich bin auch nicht bereit für Calebs Vorschlag.

»Machst du …« Etwas Kaltes stiehlt sich über meine Brust und drückt auf meine Lungen. »Machst du dich über mich lustig?«

»Was? Nein!« Sein Blick fliegt zwischen mir und der Straße hin und her. Glücklicherweise haben wir das Tempo innerhalb der Stadtgrenzen zu einem Kriechen verlangsamt. »Nein, Layla. Ich mache mich nicht lustig über dich. Denk doch mal eine Sekunde darüber nach.«

»Ich denke ja darüber nach.« Und komme zu keinem Ergebnis. Ich bin mir nicht sicher, wie er von wow, wir sind beide wirklich mies in so etwas zu wir sollten miteinander ausgehen gelangt ist.

Bei meiner irritierten Antwort macht Caleb ein langes Gesicht. »Ist die Idee denn so abwegig? Mit mir auszugehen?«

Nein. Vielleicht? Okay, wahrscheinlich ja. Ich habe kein einziges Mal je mit dem Gedanken gespielt. Nicht einmal für einen Sekundenbruchteil. Liegt sicher an meiner Regel, Dates innerhalb der Stadt betreffend. Aber auch …

Er ist Caleb. Der Mann, der in meine Bäckerei kommt und mit dem Ellbogen gegen meine Thekenvitrine stößt. Der Mann, der sich auf meine Theke setzt, die Beine an den Knöcheln überkreuzt und blöde Witze über Donuts reißt. Er hat immer entschieden – und perfekt – in die Freundschaftsschiene gepasst. Ich habe nie auch nur ein einziges Mal in Erwägung gezogen, ihn als etwas anderes zu sehen.

Aber könnte ich das?

»Es liegt nicht an dir«, murmele ich, und er stößt einen Laut aus, der ein Lachen sein sollte, aber nach zu viel Selbstironie klingt, um Erheiterung zu enthalten. »Caleb. Du hast mich total überrumpelt. Ich habe nicht damit gerechnet, dass du das sagen würdest.«

»Da hast du recht«, räumt er ein. Er entspannt die Schultern, die er bis an die Ohren hochgezogen hat, und stößt hörbar den Atem aus. »War ja nur so eine Idee. Wir haben beide die Nase voll vom Daten. Es könnte so etwas sein wie ein – wie ein gesellschaftliches Experiment.«

Ein Lachen bricht aus mir heraus, hell und laut. »Genau das, was jede Frau hören will.«

Er schenkt mir ein schnelles Grinsen, und okay, vielleicht ist es doch keine so irrsinnige Idee. Mit Caleb auszugehen. Versuchsweise mit Caleb auszugehen? Was immer das hier ist. »Aber wäre es nicht einfacher? Auf ein Date zu gehen und ein richtiges Feedback zu kriegen? Vielleicht können wir beide herausfinden, was wir falsch machen.«

»Wenn du eine Umfrage vorschlägst, haue ich dir eine runter.«

»Wenn ich eine Umfrage vorschlage, haue ich mir selbst eine runter.«

Ich mustere ihn mit einer hochgezogenen Braue. »Also, was dann. Wir gehen aus, und du sagst mir, was ich alles falsch mache?«

Meine Stimme zittert ein wenig. In der Mitte meiner Brust erwacht jäh eine alte, empfindliche Verletzung zum Leben. Eine quälende Unsicherheit, dass ich der Grund bin, warum keine dieser Beziehungen funktioniert. Dass ich es irgendwie schaffe, die allerschlimmste Art von Männern anzuziehen. Dass diese Enttäuschungen irgendwie meine Schuld sind und genau das, was ich verdiene.

»Nein«, antwortet er schnell, und seine Stimme klingt sehr sicher in der Stille zwischen uns. »Auf keinen Fall. Ich denke, irgendjemand muss dich einmal richtig behandeln. Ich denke, du musst erkennen, dass jemand dich richtig behandeln kann. Wir werden ein paar Dates vereinbaren. Ich werde dir in deine Jacke helfen. Ich werde deine Hand halten und mich nach deinem Tag erkundigen. Wir werden zusammen Abend essen. Spaghetti oder was immer du willst.« Ein schelmisches Lächeln schleicht sich auf seine Unterlippe. »Ich werde auch auf dem Weg nach draußen kein Besteck stehlen.«

Nun, verdammt. Okay. Das klingt tatsächlich nett.

»Und was hast du von diesem kleinen Arrangement?«

»Abgesehen von Zeit mit einer wunderschönen Frau?« Hitze schießt mir in den Nacken, und ich rutsche auf meinem Sitz weiter nach hinten. »Hoffentlich kannst du mir anschließend erklären, warum ich so mies im Daten bin.«

»Ein gesellschaftliches Experiment also.«

»Ja.«

Er drosselt das Tempo und hält vor meinem kleinen Haus. Ich habe es im vergangenen Frühjahr hellrosa gestrichen und genug Blumen in den Garten gepflanzt, dass es so aussieht, als hätte Mutter Natur sich über dem Ganzen erbrochen. Lilien und Gardenien und große, leuchtende Sonnenblumen. Ich sitze gern abends auf der Veranda und rieche den Lavendel. Bohre die Zehen in das kühle Gras und beobachte, wie die Sterne den Himmel erleuchten.

Ich löse meinen Sicherheitsgurt, steige aus Calebs Wagen und halte mit der Hand die Tür offen. Dann betrachte ich ihn, wie er da in seinem Hemd mit der tanzenden Ananas darauf auf dem Fahrersitz sitzt, das Haar zerzaust, während an meinen Schultern und in meinen Kniekehlen Sommerhitze klebt. Er erwidert meinen Blick, ein Lächeln in seinen Augen, und er schaut nirgendwohin, außer zu mir.

Caleb Alvarez. Wer hätte das gedacht?

»Für einen Mann, der angeblich mies im Daten ist, bist du erschreckend wortgewandt.«

Das Lächeln in seinen Augen reicht jetzt bis zu seinem Mund. Ich zeichne im Mondlicht die Linien seines Gesichts nach. »Nur mit dir, Layla.«

Mies im Daten, dass ich nicht lache.

»Ich werde darüber nachdenken«, verspreche ich schmunzelnd.

Er sieht aus, als wolle er noch etwas hinzufügen, schluckt es aber herunter und nickt mir stattdessen nur zu. »Wir sehen uns am Montag?«

Ein Buttercroissant und einen Kaffee nur mit Milch. Wir sehen uns auf jeden Fall am Montag.

»Bis Montag.« Ich klopfe zweimal auf die Motorhaube seines Jeeps. »Danke fürs Heimbringen.«

Sein Lächeln dehnt sich zu einem Grinsen aus, und diese braunen Augen funkeln. Oh Mann.

Ich habe das Gefühl, dass ich über eine Menge Dinge nachdenken werde, was Caleb Alvarez betrifft.

Beginnend mit diesen drei verdammten Knöpfen und den Lachfalten um seinen Augen.

4Caleb

Ich bekomme Layla am Montag doch nicht zu sehen.

Darlene aus der Versandabteilung ruft mich auf meinem Handy an und setzt mich darüber in Kenntnis, dass mein Bruder seit sieben Minuten überfällig ist, um seine Buchhandlung zu öffnen. Warum das mein Problem ist, habe ich keine Ahnung. Sie hat das Memo offensichtlich immer noch nicht erhalten, dass ich nicht länger für den Sheriff arbeite, und sie ruft mich sechzehn Mal am Tag an wegen aller möglicher Ereignisse in der Stadt, für die ich nicht länger die Verantwortung trage.

Das ist schön, Darlene. Es freut mich, dass es bei Ms Beatrice wieder Haselnuss-Lattes gibt.

Es tut mir leid zu hören, dass Mabel Sie vor dem Baumarkt mitten im Gespräch einfach stehengelassen hat.

Ich kann nichts unternehmen, wenn jemand mitten in der Nacht Hunderte von Plastikenten in den Springbrunnen wirft. Die Kinder sind begeistert.

Nein, ich habe die letzte Folge vom Bachelor nicht gesehen. Ich habe noch nie im Leben den Bachelor gesehen.

Ich beende das Telefonat, umfasse das Lenkrad noch ein wenig fester und starre finster auf die Straße, die hinunter zu Lovelight Farms führt. Alex hat einen Kater. Ich weiß, dass es so ist. Aber wenn meine Mutter herausfindet, dass ich Alex allein auf dem Boden in seiner Küche zurückgelassen habe, wird sie mich die ganze Einfahrt rauf und runter prügeln.

»Scheiße«, seufze ich. Ich biege nach links ab, statt geradeaus zu fahren, zurück in Richtung Stadt und zu meinem idiotischen, maßlosen Bruder. Die gewaltigen Trauerweiden, die an beiden Seiten am Straßenrand wachsen, verspotten mich in meinem Rückspiegel, und ihre Äste wiegen sich sanft in der Brise, die von den Feldern weht. Du bist spät dran, wispern sie. Sie wird ihre Meinung ändern.

Na toll. Ich schlage nicht nur hübschen Bäckereibesitzerinnen aus einem Impuls heraus wahnwitzige Dating-Experimente vor, ich unterhalte mich jetzt auch noch mit Bäumen.

Ich hatte gehofft, Layla heute Morgen zu sehen. Ich wollte … irgendetwas … von unserem Gespräch am Samstagabend retten. Ich gebe die Schuld dem traurigen Ausdruck auf ihrem Gesicht und der Art, wie sie die ganze Zeit über versucht hat zu lächeln. Außerdem gebe ich die Schuld diesem Kleid, das sie getragen hat, und der Art, wie der mintgrüne Stoff sich auf dem Beifahrersitz meines Wagens an ihre Oberschenkel geschmiegt hat. Ich konnte nicht klar denken, als sie dort gesessen und mich so angesehen hat. Ich konnte auch nicht denken, als ich sie in der Bar getroffen habe.

Ich bin mir zu neunundneunzig Prozent sicher, dass ich mich total blamiert habe, als ich ihr den trostlosen Zustand meines Datinglebens geschildert habe. Bei einer solchen Einleitung sind die Chancen, dass sie meinem Vorschlag zustimmt, gering bis nicht vorhanden.

Geh mit mir aus, Layla, habe ich im Wesentlichen gesagt. Ich bin wirklich verdammt schlecht darin.

Ich kneife mir in den Nasenrücken.

Es sollte ein Witz sein.

Irgendwie.

Nicht wirklich.

Na schön, es war kein Witz, aber, wenn nötig, werde ich so tun als ob.

Ich habe tatsächlich Probleme mit dem Daten. Das ist die reine Wahrheit. Irgendwie fällt mir nie zur richtigen Zeit das Richtige ein, das ich sagen könnte. Ich zerdenke alles und dann muss ich das Zerdenken überkompensieren mit Witzen über mich und dann zerdenke ich mein eigenes Überkompensieren. Es ist ein verdammter Teufelskreis.

Aber es gibt noch einen weiteren Grund. Ich bin überzeugt davon, dass ich immer wieder an die falschen Frauen gerate. Weil die richtige Frau ungefähr einen Meter sechzig groß ist, kurz geschnittenes, braunes Haar und haselnussfarbene Augen hat – eine Ansammlung von lächerlichen Schürzen und nicht den leisesten Schimmer von meiner Schwärmerei für sie. Ich bin mir nicht sicher, ob sie jemals etwas anderes in mir gesehen hat als den Mann mit offensichtlicher Croissant-Sucht, der dreimal die Woche mit genau der gleichen Bestellung in ihre Bäckerei geschlendert kommt.

Außerdem ist es wohl nicht gerade förderlich, mich in einem anderen Licht zu sehen, nachdem ich ihr ausdrücklich gesagt habe, wie schlecht ich im Daten bin – aber so ist nun mal der Stand der Dinge.

Ich habe schon immer für romantische Liebesgeschichten geschwärmt. Als Kind habe ich an dem kleinen Holztisch in der Küche meiner Großeltern gesessen und zugehört, wie mein Abuelo von exakt dem Augenblick geredet hat, in dem er meine Großmutter kennengelernt hat, die Liebe seines Lebens. Ich habe mir meine Schuhe auf dem Boden abgewetzt und beobachtet, wie sich das Gesicht meines Abuelos veränderte. Ich habe beobachtet, wie jeder Teil von ihm aufleuchtete.

Als mein Großvater meine Großmutter das erste Mal sah, hat er Fisch auf ihrem örtlichen Markt gekauft. Sie hatte sich das Haar zu einem langen Zopf geflochten und an einem winzigen Holzstand Huaraches verkauft. Er hat gesagt, er habe nur einen einzigen Blick auf sie geworfen und alles gekauft, was sie hatte. Was er mit über dreißig Paar Frauensandalen anfangen wollte, übersteigt mein Vorstellungsvermögen. Aber sie ist mit ihm nach Hause gegangen, und sie waren beide bepackt mit Beuteln voller Schuhe, und einen Monat später waren sie verheiratet. Liebe auf den ersten Blick, hat er gesagt.

Mein Dad hat meine Mom kennengelernt, als er auf dem Balkon seiner Wohnung stand. Er hat seine Pflanzen gegossen und sie auf ihrem Balkon stehen sehen. Una santa,