Luftsammler - Lieselotte Rositzka - E-Book

Luftsammler E-Book

Lieselotte Rositzka

0,0

Beschreibung

Die zehnjährigen Zwillinge Mara und Tobi aus Landshut verbringen ihre Ferien in einer idyllischen Kleinstadt im Bayerischen Wald. Hier sorgen die Luftsammler für eine von Smog unbelastete Natur. Doch nun sind die Luftfresser im Anmarsch. Sie lassen sich in nahen Höhlen nieder und beginnen ihren Kampf gegen die Luftsammler. Die Luftsammlerinnen Za und Zo entdecken Mara und Tobi im Wald und merken, dass diese Kinder die ersten Menschen sind, die sie sehen und verstehen können. Sie nutzen diese Gabe aus und versuchen durch sie die Menschen vom Umweltschutz und den nötigen Kampf gegen den Smog zu überzeugen. Mara und Tobi genießen die fantasievollen Spiele, mit denen sie die Luftsammler überraschen, geraten aber dabei in höchste Gefahr.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 428

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Buch

Die zehnjährigen Zwillinge Mara und Tobi aus Landshut verbringen ihre Ferien in einer idyllischen Kleinstadt im Bayerischen Wald. Hier sorgen die Luftsammler für eine von Smog unbelastete Natur. Doch nun sind die Luftfresser im Anmarsch. Sie lassen sich in nahen Höhlen nieder und beginnen ihren Kampf gegen die Luftsammler. Die Luftsammlerinnen Za und Zo entdecken Mara und Tobi im Wald und merken, dass diese Kinder die ersten Menschen sind die sie sehen und verstehen können.

Sie nutzen diese Gabe aus und versuchen durch sie die Menschen vom Umweltschutz und den nötigen Kampf gegen den Smog zu überzeugen.

Mara und Tobi genießen die fantasievollen Spiele mit denen sie die Luftsammler überraschen, geraten aber dabei in höchste Gefahr.

Autorin

Lieselotte Rositzka wurde in Ludwigsthal geboren. In ihrer Kindheit, die sie zum größten Teil in der Nähe von Bad Kissingen verbracht hat, schrieb sie schon Theaterstücke. Zurzeit lebt die Autorin in Landshut.

Von Lieselotte Rositzka sind außerdem erschienen:

Getriebener Geist. Mystery Krimi Roman

Hass in meinen Schuhen. Krimi Roman

Todesgarten. Krimi Roman

Blutmulde. Krimi Roman

Vorwort

Die Autorin führt die zehnjährigen Zwillinge Mara und Tobi in die fantasievolle Welt der Luftsammler. Dort begegnen ihnen bizarre Wesen die ihnen in geheimnisvoller Weise die Natur nahebringen. Sie erleben wie schädlich sich der Smog auf alle Wesen dieser Erde auswirkt. Dabei kommen sie im Kampf der Luftsammler gegen die Luftfresser selbst in große Gefahr.

Als Mara und Tobi mit ihren Eltern in dem kleinen Luftkurort ankamen strich ein leichter Sommerwind über die Bäume, die Dächer und dem nahen See. Die Straßen lagen im flimmernden Sonnenlicht.

Sie fuhren an winkenden, fröhlichen Wanderern vorbei und hielten schließlich am Haus der Großeltern, das direkt am Waldesrand stand, an. Mutter stieg als erste aus, atmete den frischen, würzigen Tannenduft, der ihnen entgegenströmte, ein und sagte:

„Ist das nicht ein Sommertag wie im Bilderbuch?“

In diesem Moment öffnete Frau Schweiger die Haustür und lief ihnen erfreut entgegen. Herr Schweiger folgte ihr lächelnd. „Oma, Opa“, riefen Mara und Tobi jauchzend. Ein friedliches Idyll.

Oben am Himmel dieser kleinen ländlich ruhigen Stadt schwirrten unbemerkt von den Menschen einige Luftsammler. Sie suchten nach ihren Feinden, den Luftfressern, die vor kurzem von ihren Spähern hier gesehen worden waren. Sie flogen weiter über den angrenzenden See auf dem einige Touristen mit ihren geliehenen Booten paddelten. Dann schwebten sie über das Ufer, an dem sich die Urlauber unter der prallen Sonne aalten, und lachende Kinder sich Sandburgen bauten. Weit oben am Himmel trafen sie ihre Kollegen an, die ein laues, angenehmes Lüftchen über die Gegend sandten.

Als die ausgesandten Luftsammler eine weite Region ausgekundschaftet hatten, schwebten sie erleichtert zu ihren Oberen und meldeten ihnen, dass sie weit und breit keine Spur von den Luftfressern entdecken konnten.

„Wahrscheinlich“, so nahmen sie an, handele es sich bei den Luftfressern, die von den Spähern gesehen worden waren, nur um ein paar Exemplare von denen, die sich ständig über der nahegelegenen Autobahn aufhielten.

Daraufhin ging ein Aufatmen durch die Reihen der Oberen. Schließlich gab es zurzeit wenig gute Nachrichten.

Die Luftfresser verbreiteten sich auf der ganzen Erde. Doch noch waren ihre Lieblingsgebiete die großen Industriestädte. Aber Niemand konnte vorhersagen wo sie sich als Nächstes ansiedeln würden.

Einer der Oberen stand auf und stellte den Alarm für eine weitere Suche nach den feindlichen Luftfressern in dieser Region vorläufig ein. Somit konnten die Luftsammler beruhigt zurück zu ihrem Standort fliegen.

Als sich ein paar Stunden später die dunkle Nacht über das Land senkte, schwebten dicke graue Schwaden, die aus einer zusammengeballten Ladung bedrohlich, fetten Luftfressern bestanden, über den See. Dort lösten sie sich voneinander und teilten sich in kleine Truppen auf. Dann blähte jedes der Krakenartigen Wesen die Kuppel über ihren Kopf so weit wie möglich auf. Das Ganze geschah in aller Stille, die nur ab und zu von einem feinen Zischen unterbrochen wurde. Schließlich blieb auch dieses Zischen aus und die Luftfresser blieben einen kurzen Moment vorsichtig abwartend über der Wasserfläche stehen und horchten umher. Als sie sich sicher waren, dass Niemand ihr Treiben beachtete, grinsten sie sich hämisch zu und warteten gespannt auf das Zeichen ihres Anführers Fre.

Nach ein paar nervig, ruhigen Minuten erklang endlich ein feiner, sirrender Ton, dem ein winziger Funke folgte, der hoch in den dunklen Himmel sprang. Jetzt wussten die wartenden Luftfresser, dass sie in Aktion gehen konnten. Doch sie achteten weiterhin darauf alles so leise wie möglich auszuführen.

Sachte fuhren sie die an der rechten und linken Seite ihres Körpers befindenden Fangarme aus. Dann bewegten sie alle vorsichtig ihren Unterleib, der einer Kapsel mit zwei schlauchartigen Gewächsen glich, die jeweils eine Blase umhüllten, hin und her. Gleich darauf wuchs aus einer dieser Blasen ein Saugrüssel, mit dem sie die frische Luft aufsaugten. Dann leiteten sie diese Luft nach und nach in die zweite Blase die mit Smogpartikel gefüllt war. Jetzt aktivierten sie den schlauchartigen Saugrüssel der zweiten Blase. Er wandelte die frische Luft in weiteren Smog um, den sie gemeinsam über den See abbliesen.

Nach dieser Arbeit stiegen die Luftfresser in die Höhe und begutachteten zufrieden die Oberfläche des Wassers, auf der sie einen fettigen, stinkenden Film hinterlassen hatten.

Schließlich stiegen sie mit einem schadenfrohen, aber leisen Säuseln noch eine Stufe höher hinauf, kreisten noch einmal über den See und flogen dann gemeinsam weg. Sie trieben langsam über die Dächer der Stadt weiter, hinterließen dort einige Smogpartikel und landeten schließlich in den Felsspalten die in eine Höhle führten in der sie schon jede Menge miesriechende Schadstoffe gelagert hatten. Dort schwirrten die Luftfresser eine Weile wie ziellos umher.

Doch dann schwebte Fre, der Anführer heran, befahl ihnen in die Höhle zu fliegen und wies sie auf ihre Plätze. Anschließend lobte er sie für ihren Einsatz. Dann wischte er mit einer seiner vier Hände über seine Stirn und sandte eine telepathische Nachricht an den Höchsten der Luftfresser: „Dozojam“-sch“, wir haben gute Arbeit geleistet.“

Am frühen Abend hatten die Nachtwächter der Luftsammler ihre Leiber zu dicken Kugeln aufgeblasen und ihre beiden Fühler ausgefahren. Anschließend waren sie aufmerksam über den See geflogen. Er lag still und friedlich unter ihnen. Trotzdem überprüften sie bei dieser Aktion jedes einzige Fleckchen der Wasseroberfläche. Am Ende ihres Erkundungsflugs, fühlten sie sich sicher und beruhigt, denn sie hatten nirgends etwas Ungewohntes entdeckt.

Manche ihrer Kollegen hatten zuvor über eine drohende Gefahr, die von den Luftfressern ausgehen sollte, gemunkelt, aber jetzt, nahmen die Nachtwächter der Luftsammler diese Warnung nicht mehr so ernst. Im Gegenteil, sie sahen sich in ihrer Meinung bestärkt, dass ihre Gegner ihr Unwesen nur in den größeren Städten trieben und wenig Interesse an dieser fast unberührten Natur zeigten. Also hatten sie sich beruhigt auf die Oberfläche des Sees sinken lassen und noch ein wenig herumgeschnüffelt. Dann waren sie hinunter auf den Grund des Sees geglitten und hatten unbeschwert fröhlich, aber leise miteinander gezwitschert.

Doch dann, in der späten Nacht, spitzten die Nachtwächter die Ohren. Sie hörten das Stöhnen des Wassers, das sich gegen den Druck der dicken, fetten Masse auf der Oberfläche wehrte. Vorsichtshalber alarmierten sie ein paar andere Luftsammler, aber diesen Ton, der immer bedrohlicher klang, kannten diese ebenso wenig wie sie selbst. Erschrocken stiegen sie gemeinsam nach oben, und kämpften sich entsetzt durch die ölige Brühe. Schmierig, triefend wurde ihnen klar, was hier geschehen war. Deshalb riefen sie sofort ihre Leiterinnen Za und Zo an und baten sie um Hilfe.

Za erschrak heftig über den kurzen, verängstigten Bericht der Nachtwächter. Sie zögerte nicht lange und ergriff sofort die Initiative. Als erstes wandte sie sich an Zo und bat sie alle Luftsammler aus ihren Lagern zu Hilfe zu holen. Zo nickte zustimmend und flog gleich los.

Im nächsten Moment befahl Za alle Luftsammler aus dem See zu sich und wies diese an, sofort den Schmutzfilm abzusaugen. Doch sie bemerkte auch besorgt wie schwierig diese Aktion werden würde und versuchte noch andere Möglichkeiten zu finden um den See zu retten.

Dann kam Zo zurück. Sie hatte so schnell als möglich eine große Schar Luftsammler um sich versammelt. Sie hakten sich auf ihre Bitte hin beieinander ein und bildeten eine breite Kette, die sich über den Anfang vom See spannte. Anschließend pusteten alle so lange bis ein starker Wind entstand. Nun schwebten sie in dieser dichten Reihe über die ganze Wasserfläche und bliesen gemeinsam den stinkenden Fettfilm hin bis zum anderen Ufer. Zo schwebte zu Za und beriet sich mit ihr.

„Ich denke“, sagte Za, „dass es gut wäre eine der großen Rohre am Ende des Sees frei zu machen, die diese verschmutzte Brühe aufsaugen und in den unterirdischen Tank leiten soll.“

„Du hast Recht“, erwiderte Zo, „ich werde gleich alles in die Wege leiten. Aber was machen wir anschließend mit dem giftigen Zeug?“

Za winkte ab: „Das können wir uns später überlegen. Ich denke, die Oberen werden diese Smogbrühe sicher untersuchen und sie anschließend unschädlich machen lassen.“

Zo nickte nachdenklich. „Sicher werden die Oberen das tun, aber ich glaube, dass wir zumindest die Brühe filtern sollten.“

„Ja gut“, zischte Za, aber dir ist schon klar, dass du das Ganze überwachen musst.“

„Natürlich“, seufzte Zo, suchte sich geeignete Kollegen und schwebte mit ihnen zum Tank.

Inzwischen hatten andere Luftsammler schon eine große, runde Öffnung freigemacht, die diese Verschmutzung aufsaugen und sie in den unterirdischen Tank weiterleiten sollte. Auch sie dachten, dass man erst später diese Smogbrühe untersuchen und sie unschädlich machen sollte. Doch Zo kam rechtzeitig dazu und konnte ihre Kollegen stoppen die Brühe in den Tank zu pumpen.

Ohne langes Murren taten die Luftsammler das, was Zo befahl. Die Arbeit war mühevoll aber sie lohnte sich, denn sie konnten viele Luftsammler aus der giftigen Brühe befreien. Zo sah nach den geretteten Luftsammlern und bemerkte wie matt und teilnahmslos sie am Boden lagen. Es tat ihr im Herzen weh, sie so zu sehen und so sandte sie ein paar Luftsammler zu den Wolken. Diese überlegten nicht lange und flogen sofort in Windeseile hinauf zu den dicken Wolken. Dort angekommen schilderten sie ihnen ihre Lage am See und baten sie um Hilfe.

Die Wolken nickten kurz, schwebten dicht hinunter über den See und gleich weiter zu den verunreinigten Luftsammlern. Dort öffneten sie ihre Schleusen und gossen dicke Regentropfen über sie und säuberten sie von der fetten Brühe. Zum Glück waren es nur ein paar wenige von ihnen, die trotzdem in die Regenerationsstation gebracht werden mussten. Als die Regentropfen ihren Dienst getan hatten, zogen die Wolken wieder nach Oben. Zo bemerkte es und sandte einen Luftsammler den Wolken nach, der sich für die prompte Hilfe bedanken sollte. Die Luftsammler, die noch frischen Sauerstoff über den See pusteten stellten nun ihr Blasen ein und lösten sich voneinander los. Der von ihnen zuvor verursachte Wind trieb weithinaus über das Land. Bald war nur noch ein laues Fächeln zu spüren.

„Wir müssen den Vorfall jetzt unbedingt den Oberen melden“, raunte Oberwächterin Za. „Die Späher hatten Recht. Jetzt sind die Luftfresser auch in dieser Gegend am Werk. Sie müssen hier irgendwo Stellung bezogen haben. Wir dürfen es nicht zulassen, dass sie diese schöne Gegend noch mehr verpesten.“

Doch ihre Kollegin Zo wehrte ab. „Im Prinzip hast du Recht. Doch wir müssen erst den richtigen Moment abwarten. Du weißt, dass die Tagung der Delegierten soeben im vollen Gang läuft und nicht gestört werden darf. Sie verhandeln immer noch über die Luftfresser und den Fortbestand der Menschen.“

Za nickte besonnen: „Gut, du hast Recht. Im Moment müssen wir noch Ruhe bewahren, aber wir könnten mal horchen wie weit sie mit ihren Verhandlungen sind.“

Zo brummte ein leises „Ja“. Dann tauchten sie Beide nach unten. Sie schwammen zur Tagungskuppel und belauschten das, was die Delegierten sprachen.

Es war eher ein Zischen und Raunen das nur Luftsammler verstanden. Zwischen den einzelnen Vorträgen rauschte es: „Mavaiablo, Mavaiablo höre uns.“

Za und Zo hörten dem nächsten Redner zu:

„Wir Luftsammler“, raunte dieser, „üben von Anbeginn dieses Planeten eine der wichtigsten Funktionen aus und haben schon die verschiedensten Vegetationssysteme erlebt. Zurzeit ist es der Mensch, der glaubt diesen Planeten zu beherrschen. Er weiß, dass er ohne Luft, die wir ständig produzieren und die wir Luftsammler mühevoll sauber halten, nicht existieren kann. Deshalb verstehe ich diese Wesen nicht, denn sie geben mit ihrer ständigen Umweltverschmutzung den Luftfressern immer mehr Nahrung. Diese fühlen sich im Smog wohl und möchten die ganze Erde damit umhüllen. Die gleichen Menschen, die unseren Feinden so gute Dienste leisten, leiden am meisten unter diesem Übel. Ganze Städte liegen schon unter dem Smog.“

Diese Worte wurden von bedauerndem Munkeln der übrigen Delegierten unterbrochen, das der Redner aber gleich mit einem harten Schnaufen hinwegwischte. Mit scharfer Stimme fuhr er fort: „Es ist uns bekannt geworden, dass die Luftfresser sich nun auch hier in dieser Gegend niederlassen werden. Man munkelt, dass sie schon ein Versteck, das ganz in unserer Nähe liegt, gefunden haben in dem sie ihre Experimente durchführen möchten. Wenn ihnen diese gelingen, werden sie im ganzen bayerischen Wald ihr Unwesen treiben. Das müssen wir unbedingt verhindern.“

„Gut gesagt“, rief einer der Delegierten. „Hast du auch schon ein Patentrezept?“

Der Redner schüttelte erregt den Kopf: „So einfach ist das leider nicht. Ein jeder von uns weiß, dass schon in anderen Ländern, vor allen Dingen in großen Städten vergeblich versucht worden ist, die Luftfresser auszurotten. Deswegen müssen wir sie zuallererst mit den Mitteln die uns zur Verfügung stehen reduzieren und dann von hier verjagen.“

„Ja“, meldete sich der nächste Delegierte erregt zu Wort.

„Aber dabei müssen wir eine Menge Leute von uns einsetzen. Somit sollten wir damit rechnen, dass viele von ihnen verletzt werden und unsere Regenerationslager schnell überfüllt sein werden. Die Angehörigen werden uns schlimme Vorwürfe machen, denn wir waren uns zu sicher. Jeder von uns dachte doch, dass die Luftfresser an so einem idyllischen Ort wie hier überhaupt nicht interessiert sind. Dabei wissen wir doch schon lange, wie gefährlich und rücksichtslos diese Meute ist...“

Aufgebrachtes Murmeln ging durch die Runde. Der Oberste Delegierte der Luftsammler stand auf und zischte mit hartem Ton in die Runde:

„Es ist sinnlos sich die Köpfe heiß zu reden. Wir müssen so schnell als möglich handeln und einen Plan aushecken.“

Die anderen Delegierten verstummten und nickten mit finsteren Mienen.

Der Oberste fuhr fort. „Wie ihr wisst, sind wir zurzeit noch nicht in der Lage die Luftfresser zu vernichten. Das liegt, wie mein Vorredner schon erwähnte, im großen Maß an den Menschen. Sie sind es, die die Natur schädigen und den Luftfressern in Hülle und Fülle ihre Nahrung liefern. Deshalb müssen wir in erster Linie dafür sorgen, dass sie den Smog reduzieren. Wir sollten ihnen mit drastischen Mitteln zeigen, was geschieht, wenn der Sauerstoff auf diesen Planeten zu Ende geht“

„Derartige Maßnahmen sind noch nicht nötig“, übertönte ihn ein anderer Sprecher. „Seit jeher speichern wir schon Sauerstoff im Wasser, Pflanzen, Steine und der Erde. Wir haben so viele Ressourcen, dass wir auch noch in den smogreichen Städten Luft spenden können. Wenn sich die Menschen selbst zugrunde richten wollen, dann sollen sie es eben tun. Außerdem wisst ihr doch, dass wir Luftsammler resistent gegen alle Gifte dieser Erde sind. Deshalb sollten wir keine Panik aufkommen lassen.“

Der Redner bekam zwar Beifall aber nun sprachen alle kreuz und quer durcheinander.

Za sah sich um, ob sie hier Jemand belauschen konnte. Dann, als sie sich sicher war, dass das nicht der Fall war, raunte sie Zo zu: „Die Delegierten reden und reden und kommen doch zu keinem Ende. Wir sollten selbst die Menschen davon überzeugen, dass sie die Natur und sich selbst besser schützen müssen.

Lassen wir uns ein Experiment wagen. Komm Zo, ich habe eine Idee.“

Das Wochenende verging viel zu schnell. Jetzt standen Mara und Tobi, die zehnjährigen Zwillinge, am Gartenzaun und winkten ihren Eltern, die zurück in ihre Heimatstadt Landshut fahren wollten, beklommen nach. „Nur eine Woche hatten sie die Kinder getröstet, „dann kommen wir wieder. Es wird euch bestimmt gefallen bei Oma und Opa. Also freut euch auf ein paar schöne Ferientage und seit brav.“ „Jaaa…“ wie öde. Wenn die Eltern keine Zeit für sie hatten, hieß es brav sein. Was sollten sie sonst schon tun?

Oma rief ihnen zu: „Wer will ein Eis?“ Natürlich mochten sie ein Eis. Oma zückte den Geldbeutel und lachte, „wisst ihr noch wo die nächste Eisdiele ist?“

Natürlich wussten sie das. Jedes Mal, wenn sie am Sonntagnachmittag die Großeltern besuchten, fuhren sie dort vorbei und durften sich ein paar leckere Eiskugeln aussuchen. Jetzt strahlten sie um die Wette. Tobi nickte und Mara lachte:

„Klar Oma!“

„Gut“, sagte Oma, „dann dürft ihr euch selber ein Eis holen und wenn ihr Lust dazu habt, könnt ihr dann zum Spielplatz gehen. Aber zum Mittagessen seid ihr wieder da.“

Mara und Tobi ließen sich das nicht zweimal sagen. Sie schlossen die schmiedeeiserne Gartenpforte hinter sich zu und eilten ein kleines Stück der Straße entlang.

An einem schmalen Pfad, der zum Wald führte, blieb Mara mit einem Ruck stehen.

Die dichten Bäume rauschten ihnen lockend zu und zogen sie magisch an. Sie erinnerte sich an frühere Spaziergänge im Wald, die sie über dichtes, weiches Moos führten, an die saftigen süßen Erdbeeren oder die Pilze die sie sammelten.

Tobi war noch ein paar Schritte gelaufen, doch dann drehte er sich um und ging zu Mara zurück: „Was ist denn los?“, rief er ihr zu.

Mara zögerte einen Moment, aber dann sagte sie entschlossen:“

„Ich möchte erst ein bisschen durch den Wald laufen.“

„Und das Eis?“ fragte Tobi.

„Das hat doch noch Zeit“, winkte Mara ab und lief zum Wald. Tobi eilte ihr unwillig nach.

Erst wirkte der Wald düster auf die Beiden. Doch dann gewöhnten sich ihre Augen an das Halbdunkel. Sie kämpften sich durch dichte Büsche und Tobi meuterte vor sich hin.

Mara tat so, als höre sie es nicht. Sie lief unerschrocken weiter. Nach einer kurzen Strecke entdeckte sie eine Lichtung. Sie sah sich um und bemerkte ein Stück weiter unten den See, der hell zu ihnen heraufblinkte.

„Sieh nur“, lockte Mara Tobi. „Wir könnten doch zum See laufen. Ich glaube da gibt es auch eine Eisbude.“

Bei dieser Aussicht kam Tobis gute Laune wieder zurück. Lachend liefen sie weiter durch den Wald in die Richtung des Sees.

Aber was war das? Mara blieb erschrocken stehen und rief: „Tobi, bleib hier, ich stecke fest.“

Tobi drehte sich zu ihr um und trottete zu ihr zurück: „Was ist denn los?“, fragte er ungeduldig.

Mara sah gerade unbehaglich nach unten und stellte fest, dass das, was sich um ihr Fußgelenk geschlängelt hatte und sie nicht mehr loslassen wollte, nur eine Kletterpflanze war. Sie lachte befreit auf und versuchte sie zu entfernen. Doch dann erschrak sie, denn die Pflanze wehrte sich gegen ihre Hand und zwängte sich durch ihre Finger. Jetzt riss sie die Ranke mit aller Kraft weg. Aber dann bemerkte sie, dass sie nur einen Teil von ihr erwischt hatte. Das andere Teil der Ranke räkelte sich immer höher an ihrem Bein hinauf.

Tobi stand jetzt direkt neben Mara und sah ihr starr zu wie sie mit Mühe versuchte die Ranke loszulösen.

„Komische Pflanze“, stotterte er.

Mara richtete sich wieder auf und rief verärgert: „Steh doch nicht so herum, hilf mir lieber.“

Doch dann gelang es ihr selbst die Ranke von ihrem Bein zu reißen. Eine Pflanze, die so lebendig und aktiv war, hatte sie noch nie gesehen. Nur schnell weg von hier. Doch als sie weiterlaufen wollte, stoppte sie das Bild das sie vor sich sah. Ihre Füße fühlten sich an wie Blei und sie wagte sich keinen Schritt weiterzugehen. So blieb sie steif stehen, starrte stumm geradeaus und wartete ab was noch geschehen würde. Tobi sah neugierig in die gleiche Richtung wie Mara und traute seinen Augen nicht. Vor ihnen stand ein Baum an dem sich eine gläsern wirkende Ranke hochschlängelte. Sie wurde immer dicker und löste sich schließlich vom Baum. Langsam stapfte sie auf Tobi zu. Er rief erschrocken nach Mara und versuchte vor der Pflanze davon zu laufen. Im Wald schien es plötzlich lauter zu rauschen und das Laub begann unter seinen Füßen zu rascheln. Doch er wagte es nicht weiter zu laufen. Die Ranke warf ihren Schatten über ihn und aus ihrem dicken Stiel wuchs alle fünfzig Zentimeter eine Kugel heraus die aussah als habe sie ein Gesicht.

Mara sah wie bedrohlich nahe die Pflanze schon vor Tobi stand. In ihrem Bauch kribbelte es Bange und alle Glieder an ihr schienen ihr nicht mehr zu gehorchen. Doch die Angst um Tobi löste sie von dieser Starre. Sie packte ihn an der Hand und versuchte ihn von der Ranke wegzuzerren. Doch es war schon zu spät.

Die Ranke vor Tobi bog sich nach Unten, schlang ihre festen Arme um ihn und packte ihn mit ihren fleischigen Händen. Tobi stieß einen spitzen Hilfeschrei aus.

Mara schrie die Pflanze verzweifelt an:

„Laß meinen Bruder los!“

Aber diese beachtete sie gar nicht. Sie öffnete eine ihrer Kugeln, die fast so groß wie die Kinder war, und setzte Tobi hinein. Mara begann nun die Pflanze zu betteln, Tobi wieder freizulassen und schlug dabei an die Kugel. Doch hinter Mara stand schon die zweite, ebenso große Ranke, die von ihr unbemerkt hochgewachsen war. Auch diese Pflanze öffnete eine ihrer Kugeln und ehe Mara begriff was mit ihr geschah, hatte die Ranke auch sie umschlungen und in die Kugel gezerrt. Maras Gesicht lief vor lauter Aufregung rot an. Sie schrie krächzend um Hilfe. Tobi sah, dass es seiner Schwester ebenso erging wie ihm. Er ruckelte an den Gurt an dem er festgezurrt war. Schließlich gab er den vergeblichen Widerstand auf. Mara und er würden ohne fremde Hilfe nie mehr aus diesen Kugeln kommen. Der Schreck nahm kein Ende, denn die Ranken lösten sich von den Bäumen und schwangen mit den Kindern in den Kugeln raunend und stöhnend von Baum zu Baum. Den Kindern lief es in den schwankenden Kugeln eiskalt den Rücken herunter. Mara wurde es ganz schwindlig. Es schien ihr so, als ob sie nie mehr aus dem Wald und aus den Fängen dieser Pflanzen kommen würden. In ihrer Not dachte sie an ihre Mutter: „Brav sein“, hatte sie von ihnen Beiden gefordert. Aber sie waren doch nur, statt in den Ort zu gehen durch den Wald gelaufen. Endlich schien der Wald hinter ihnen zu liegen. Die Sonne stand jetzt hoch am Himmel und stach in ihre Augen. Sie blinzelten zum See. Ob die Pflanzen sie dort ins Wasser werfen würden? Am Ufer blieben die Ranken stehen und ließen die Kugeln sachte in das Gras gleiten. Dort wackelten diese mit ihren Insassen ein paarmal hin und her. Schließlich fanden sie ihren Halt. Jetzt öffneten die Ranken langsam die Kugeln und banden die Kinder los. Mara und Tobi spürten einen leichten Luftzug aber sie trauten sich nicht aus den Kugeln zu klettern. Vor ihren Augen drehte sich die Wiese. Doch das hielt zum Glück nicht lange an. Einen Moment zögerten Mara und Tobi noch, aber dann atmeten sie erleichtert auf. Wenigstens standen sie wieder auf festen Boden. Jetzt richteten sie sich hoch und wagten sich vorsichtig auszusteigen. Anschließend sahen sie zuerst sich und dann die Ranken ängstlich an. Was würde jetzt als nächstes geschehen?

Mara reckte sich und versuchte die Ranken anzusprechen, aber sie brachte keinen Ton heraus. Vielleicht wäre es besser Tobi an die Hand zu nehmen und vor diesen Pflanzen davon zu rennen. Aber wohin? Neben und hinter ihnen standen jetzt auch noch kleinere Ranken. Und vor ihnen schwappten die Wellen des Sees auf sie zu.

Es schien kein Entkommen.

Jetzt bemerkten sie staunend wie sich die großen Kugeln von den Ranken lösten, immer kleiner wurden und als winzige Kügelchen in der Erde verschwanden. Schließlich verringerten die Ranken ihre Größe auf die eines erwachsenen Menschen.

Ihr Kopf saß wackelnd auf dem dicken Stiel und auf ihren Gesichtern erschien nun ein freundliches Lächeln.

Tobi und Mara atmeten zwar erleichtert auf aber sie beobachteten die Pflanzen, jetzt ganz vorsichtig. Ihr Verhalten passte irgendwie nicht zu dem, was sie gerade mit ihnen veranstaltet hatten. Wie sollten sie also diesem fröhlichen Gehabe trauen?

Aber dann neigte eine der zwei Ranken, die sie zu diesem Ort getragen hatten, ihren Kopf und fragte die Kinder in der menschlichen Sprache: „Möchtet ihr uns näher kennen lernen?“

Mara schüttelte zaghaft den Kopf: „Ich glaube nicht. Wir haben noch nie Pflanzen gesehen die sprechen und laufen können, und uns solche Angst einjagen.“

„Tut uns leid“, sagte die Ranke, „aber ihr seid die ersten Menschen bei denen es uns gelang uns für sie sichtbar zu machen. Deshalb waren wir selbst überrascht davon, dass uns das gelungen ist. Dabei haben wir nicht auf euere Angst geachtet. Wir wollten euch nur so schnell als möglich unseren Freunden vorstellen. Seht bitte die Reise in unseren Kugeln als Spiel an. Wenn ihr Lust habt können wir euch mehr solcher Spiele zeigen.“

Mara schüttelte aufgeregt den Kopf: „Spiele sollten das sein? Nein danke. Und überhaupt. Es gibt doch gar keine sprechenden Pflanzen. Wer seid ihr denn wirklich?“

Die Ranken sahen sich an und flüsterten in seltsamen Tönen mit einander. Dann wandten sie sich wieder an die Kinder und eine der Ranken erklärte ihnen:

„Wir sind Luftsammler und können uns in alle möglichen Körper verwandeln und mit allen Lebewesen sprechen. Vorausgesetzt sie haben die Gabe uns zu sehen. Außerdem müssen wir sie auch mögen. Ihr habt uns gleich gefallen. Ich bin Za und das ist Zo. Merkt euch diese Namen.“

Mara zögerte noch diesen fremden Wesen zu trauen, aber Tobi wurde langsam kecker.

„Was sind Luftsammler?“, fragte er.

Za wiegte ihr Rankengesicht hin und her und sagte: „Das werden wir euch später erklären. Ihr braucht keine Angst vor uns zu haben und wir werden uns in Zukunft immer gleich zu erkennen geben.“

Mara hob zögernd die Schultern: „Ich glaube nicht, dass wir euch wiedersehen möchten.“

Zas Gesicht verzog sich traurig.

Mara sah sie verwundert an und fügte schnell hinzu: „Wenn ihr uns wirklich gerne wiedersehen möchtet, dürft ihr uns aber nie wieder so erschrecken.“

Beide Ranken gaben ihnen ihr Ehrenwort das nie mehr zu tun. Jetzt lachte Tobi:

„Eigentlich war das Schaukeln in den Kugeln ja ganz lustig gewesen.“

Mara stupste ihn: „Übertreib es nicht.“

Tobi gab zu: „Ja, ein bisschen Angst hatte ich schon. Man muss doch wissen was Spiel und was Ernst ist.“

Za und Zo nickten: „Das werden wir euch ab jetzt immer vorhersagen.“

Sie schrumpften bis zur Größe der Kinder zusammen damit sie ihnen beim Sprechen in die Augen sehen konnten.

Über dem See strich jetzt ein leichter Wind. Kleine Wellen schlugen an die Bucht und umspülten die Beine von den Ranken. Die Blätter in den Büschen begannen zu säuseln und die Ranken riefen den Kindern zu:

„Wir würden euch gerne bald wieder treffen und mehr über uns erzählen. “ Mara und Tobi nickten.

In dem Moment erklang das Mittagsläuten der Kirche.

„Jetzt müssen wir erst mal nach Hause“, erklärte Mara.

„Unsere Großeltern warten mit dem Mittagsessen auf uns. Wir sind Mara und Tobi. Vielleicht kommen wir am Nachmittag wieder hier her.“

Za und Zo sahen den Kindern nach wie sie zum Haus ihrer Großeltern eilten.

„Glaubst du“, fragte Zo, „die Kinder erzählen ihren Großeltern etwas von der Begegnung mit uns?“

„Nein“, erwiderte Za, “ ich glaube sie sehen das als ihr großes gemeinsames Geheimnis an. Aber falls sie doch darüber sprechen werden die Erwachsenen ihnen diese Geschichte nicht glauben“.

Sie rollten sich zusammen, wurden zu kleinen Bällchen und ließen sich ins Wasser plumpsen.

Die Delegierten der Luftsammler hatten inzwischen ihre Referate beendet. Sie waren übereingekommen, dass die Luftsammler im See mit der Plage der Luftfresser bei der Stadt erst einmal alleine fertig werden sollten. Die Umweltverschmutzung der Menschen betraf inzwischen schon alle Regionen des Planeten Erde. Man musste ihnen vorführen was geschehen würde, wenn sie den Luftfressern noch mehr Macht geben würden.

Za und Zo tauchten unter und schwammen zur Halle der Obersten. Diese hatten soeben ein paar erneute Debatten beendet und schwirrten hinaus.

„Mavaiablo“, riefen Za und Zo. „Mavaiablo, hörst du uns? Mavaiablo wir müssen mit dir sprechen. Es ist etwas Seltsames geschehen.“

Erst war nur ein Hauch zu spüren, dann rauschte es aus allen Richtungen der Halle. Als das Zischen stärker wurde, rückten Za und Zo wie bei einer drohenden Gefahr zusammen. Doch dann überwand Za ihre Scheu:

„Wir beide befanden uns gerade im Wald und versuchten den Luftfressern eine Falle zu stellen“, raunte sie ehrerbietig in die Richtung in der sie Mavaiablo vermutete. „Dabei benutzten wir unsere Rankenmaske.“

Ein starker Wind schien in der Halle aufzukommen und die dunkle, gleichtönende Stimme von Mavaiablo drang in ihre Ohren.

“Welcher der Obersten hat euch diesen Auftrag erteilt?“

„Keiner“, musste Za zugeben. „Aber nach den Berichten unserer Späher, wussten wir, wie gefährlich nahe uns die Luftfresser kamen und dass wir sofort handeln müssen. Doch ehe wir gegen die Luftfresser etwas unternehmen konnten, kamen uns die Kinder Mara und Tobi in die Quere.“

„Wieso in die Quere?“

„Sie haben uns in der Form von Glasranken gesehen.“

„Ihr müsst euch täuschen. Menschen können euch nicht sehen. Das gab es noch nie.“

Za versuchte so überzeugt wie möglich zu klingen. „Die Kinder scheinen eine besondere Gabe zu besitzen. Wir sollten sie über uns aufklären und sie für den Umweltschutz gewinnen. Wir brauchen Menschen die uns im Kampf gegen die Luftfresser unterstützen.

Der starke Wind schüttelte Za und Zo durcheinander. Aber sie hielten Stand, denn sie waren davon überzeugt, dass sie das Richtige getan hatten.

„Ihr habt euch zu weit vorgewagt zischte es scharf über ihnen. Wir dürfen unsere Identität nicht preisgeben.“

Za wagte zu widersprechen: „Warum nicht? Wenn es Menschen gibt, die uns sehen können, sind sie auch für den Fortbestand dieser Erde ausgewählt. Das Universum hat sicher einen Grund gerade diese Kinder auszuwählen. Wir sollten sie für uns gewinnen, ihnen Vertrauen einflössen und das gelingt am besten mit lustigen und spannenden Aktionen. Es ist ein Experiment. Sollte es wider Erwarten nicht gelingen, können wir sie dazu bringen alles Erlebte mit uns wieder zu vergessen.“

Za schwieg und Mavaiablo lies eine lange, bedrückende Pause zu. Langsam legte sich der Wind. Doch Za wusste, dass sie diese Stille nicht durchbrechen durfte.

„Du wagst dich weit vor“, zischte Mavaiablo schließlich.

Du weißt wieviel Schuld die Menschen an der Vermehrung der Luftfresser haben. Glaubt ihr wirklich, ihr könnt diesen Kindern trauen?“

Za schüttelte den Kopf: „So naiv sind wir nicht. Wir werden sie genau im Auge behalten und sie prüfen ob sie geeignet sind uns bei dem Kampf gegen die Luftfresser zu unterstützen.“

Mavaiablo sah Za und Zo eine Weile nachdenklich an. Schließlich hob er seinen mächtigen Rüssel und sagte:

„Also, ich gebe euch meine Zustimmung. Doch ich erwarte in gewissen Abständen von dir Za, einen Bericht über euer Vorgehen. Du weißt was auf dem Spiel steht.

Mavaiablo

Außerdem dürfen nur deine nächsten und integren Mitarbeiter von diesem Plan erfahren.“

Za und Zo nickten ergeben: „Danke Mavaiablo.“

Kurz vor dem Haus der Großeltern drehten sich die Kinder um und schauten zurück in den Wald. Doch jetzt sahen sie nicht eine einzige gläserne Ranke. Sie sahen sich fragend an. Hatten sie das alles nur geträumt? Aber konnten sie beide den gleichen Traum haben? Diese Wesen waren zu real gewesen. Sie hatten ihnen große Angst eingejagt. Trotzdem fühlten sie sich zu ihnen hingezogen. Wiederstrebender konnten ihre Gefühle nicht sein. Hier bei den Großeltern schien alles real zu sein. Opa stand am Gartentor und wartete auf sie Beide. Drinnen hatte Oma schon den Tisch gedeckt und der lockende Duft des Essens weckte ihren Hunger. Während Mara ihren Teller leer aß, war sie ständig versucht ihren Großeltern von dem was sie im Wald erlebt hatten zu erzählen. Doch würden sie ihnen auch glauben? Und wenn, würden sie dann noch alleine draußen spielen dürfen? Sie sah hinüber zu Tobi und bemerkte an seinen Blicken, dass er das Gleiche dachte. Sie zwinkerten sich beide zu und behielten das Geheimnis für sich.

Weit draußen in der Höhle, die sich die Luftfresser zu Eigen gemacht hatten, rauschte und schnaufte es und der anschließende fordernde Ruf drang in alle Ritzen. Jeder der Luftfresser hätte sich am liebsten vor Angst verkrochen, denn sie wussten, dass sie ihren obersten Führer Rechenschaft ablegen müssten.

„Dozojam“-sch“, Dozojam“-sch…““ riefen die Bewohner der Höhle. „Unser erster Versuch der Luftverschmutzung hier am See ist uns misslungen!“

„Ich spreche nicht mit euch allen!“, zischte Dozojam.

“Wo ist Fre, den ich als euren Führer hier eingesetzt habe?“

Fre schälte sich aus seiner schützenden Ecke, nahm seinen ganzen Mut zusammen, stellte sich aufrecht vor Dozojam und begann sich zu entschuldigen:

“Dozojam“-sch““, die Luftsammler haben die Verschmutzung zu schnell bemerkt und sofort gehandelt. Im Nu hatten sie das Wasser wieder von unserem Smog befreit.

Dozojam

Fre

„Dozojam“-sch“, ich weiß nicht wie das alles geschehen konnte…“

Dozojams Stampfen schien alles um ihn herum ins Wanken geraten zu lassen und das böse Fauchen von ihm hallte drohend vom Eingang der Höhle bis runter an die Stelle in der man zum See gelangen konnte.

Fre versuchte Dozojam zu besänftigen „Wir geben nicht auf, Dozojam, wir holen uns neue Kräfte. Einige von uns tanken schon die Abgase auf der nahen Autobahn. Dozojam, du kannst uns vertrauen, Dozojam“-sch…““

„Das will ich dir und den anderen Luftfressern auch geraten haben“, grollte Dozojam und es klang wie ein Donnerschlag.

„Morgen will ich Ergebnisse sehen!“

Das Rauschen entfernte sich, wurde leiser und verklang langsam vor dem Eingang.

Tobi hielt sich den Bauch „Das hat gut geschmeckt Oma. Jetzt bin ich voll!“

„Ich auch“, lachte Mara, vielleicht passe ich gar nicht mehr in die Kugel…“

Oh weh! Erschrocken sah sie zu Tobi. Hatte sie jetzt doch ihr Geheimnis verraten?

Aber Oma freute sich nur, dass Mara und Tobi ihre Teller brav leergegessen hatten.

„Du meinst wohl“, sagte sie, dass du dich rund wie eine Kugel fühlst, aber da brauchst du dir nichts denken. Die paar Kalorien, die ihr jetzt gegessen habt sind schnell wieder verbraucht. So viel wie ihr umherlauft…“

Dann überlegte sie kurz: „Eigentlich wäre es jetzt Zeit für ein Mittagsschläfchen.“

Mara und Tobi rutschten unruhig auf ihren Stühlen herum.

„Wir sind aber nicht müde, sagte Mara, „wir möchten gerne zum Spielplatz gehen.“

„Na gut“, nickte Oma, das Wetter ist ja schön, aber passt auf, dass euch nichts passiert.“

„Ja, ja“, lachten die Kinder und rutschen schnell von ihren Stühlen. Sie liefen wieder zum Wald, der ihnen nun noch geheimnisvoller und spannender vorkam als früher. Jetzt betrachteten sie gespannt fast jeden Baum auf ihren Weg. Aber an keinem ihrer Stämme schlängelte sich eine gläserne Ranke hoch.

„Vielleicht kommen sie später“, meinte Tobi etwas enttäuscht.

„Das glaube ich nicht“, erwiderte Mara. „Die anderen Pflanzen sind doch auch alle da. Es gibt eben doch keine Ranken aus Glas. Das haben wir uns nur eingebildet.

Komm, gehen wir runter zum See.“

Sie liefen runter ans Ufer zu der kleinen Bucht an der die Ranken sie aus den Kugeln gelassen hatten und sahen aufmerksam über den See.

Jetzt am Nachmittag tummelten sich viele Menschen am Wasser. Bootsfahrer, Schwimmer und Wanderer. Nur hier, wo Mara und Tobi standen, war es Menschenleer.

Sie setzten sich traurig ins Gras. Es war wie an Weihnachten, wenn man wusste, dass im Wohnzimmer der Christbaum stand und darunter die Geschenke lagen und noch warten sollte. Vielleicht sollten sie doch wieder nach Hause gehen und sogar froh darüber sein diesen seltsamen Wesen nicht mehr zu begegnen?

Hinter Mara und Tobi kroch eine durchsichtige Schlange aus der der Erde und quietschte. Es war der gleiche Ton, den sie von den Ranken kannten.

“Za und Zo“, riefen sie erfreut, drehten sich um und sahen überrascht die durchsichtige Schlange an, die sich an sie heranschlängelte. Aus ihren Kopf wuchsen zwei große Fühler und an ihrem Hinterteil befanden sich zwei Füße die wie Widerhaken aussahen.

„Za und Zo haben keine Zeit. Also sind meine Freunde und ich jetzt an der Reihe euch ein paar spaßige Dinge vorzuführen“, zischte sie. Und sogleich stieß sie einen schrillen Schrei aus, der den Kindern in den Ohren dröhnte. Der Schrei bewirkte, dass rundum in der Bucht lange durchsichtige Stiele aus der Erde wuchsen. Auch sie hatten unten Widerhaken, die sie festhielten. Langsam bildeten sich oben kleine Runde Knospen. Sie wankten und schwankten lustig umher. Eine Brise Wind kam auf.

Mara und Tobi betrachteten aufgeregt die Knospen und warteten darauf, dass sie sich öffneten. Würden sie auch wachsen und sie Beide vielleicht sogar über den See tragen? Wäre es nicht besser vor diesen vielen fremdartigen Wesen zu flüchten? Aber wie? Sie waren von ihnen umrundet. Jetzt raschelte die Schlange so laut, dass Tobi und Mara unweigerlich wieder zu ihr hinsehen mussten. In dem Moment hob sie ihren Kopf, drehte ihn hin und her, stieß erneut einen schrillen Schrei aus und alle Knospen wandten sich zu ihr hin. Nun fuhr sie zwei dünne Stäbe aus mit denen sie herumwedelte, als dirigiere sie ein Orchester. Ihre Fühler schwangen mit und sie begann in verschiedenen Tonarten zu pfeifen. Die Knospen schienen zu tanzen. Dabei lösten sich ihre Stiele von den Widerhaken und stießen langsam in die Höhe.

Mara und Tobi vergasen alles was sie ängstigte. Sie blickten den Knospen aufgeregt nach und sahen staunend wie sie sich immer mehr aufbliesen und hoch am Himmel die Größe eines Gasluftballons annahm. Dort drehten sie sich wie im Takt herum und glitzerten wie schillernde Seifenblasen.

Nicht ein einziges Wölkchen stand am Himmel. Doch Keiner der Menschen am See achtete auf dieses fröhliche Spiel, das sich dort oben zeigte.

Tobi wunderte sich darüber und fragte die Schlange:

„Warum bemerken die Leute hier am See nicht die schönen Ballons da oben?“

„Sie können sie nicht sehen“, zischte die Schlange Zu, „dass alles hier ist nur für euch beide arrangiert.“

Tobi überlegte kurz, dann gab er sich mit dieser Antwort zufrieden und verfolgte mit Mara weiter das bunte Treiben am Himmel. Sie konnten sich daran gar nicht genug satt sehen. Doch dann erhob sich eine Hufeiserne Glasform mit zwei geschlungenen dicken Fäden, die unten aus der Erde herauswuchsen, sich loslösten und hochflogen. Dabei wurde die Form immer größer. Als sie die Höhe der Luftballons erreichte, stiegen die Bälle in das Hufeisen und flogen hinunter. Je näher sie zur Erde kamen, je kleiner wurden die Bälle und das Hufeisen. Die Bälle verschwanden in der Erde und das Hufeisen schien sich in der Luft aufzulösen. Der Tanz der Luftballone und der Flug im Hufeisen hatten wie eine Luftspiegelung gewirkt, aber Mara und Tobi wussten es besser. Sie standen da und versuchten das Gesehene zu bewältigen.

Eine Weile betrachteten sie noch das Treiben der Menschen am See, dann vernahmen sie das Rascheln der Schlange. Sie stellte sich auf ihre Widerhaken und zischte:

„Wenn ihr noch mehr solcher Dinge sehen möchtet, müsst ihr Morgen am Vormittag wieder hierher zur Bucht kommen.“

Dann wandte sie sich von den Kindern ab und raschelte davon. Mara und Tobi sahen der Schlange nach als warteten sie darauf, dass wieder etwas aus der Erde steigen und ihnen ungewöhnliche Dinge vorführen würde. Doch dann gaben sie das Warten auf, liefen zurück in den Wald und von da aus zum Spielplatz. Sie probierten alle Geräte aus. Aber weder die Rutschbahn noch Schaukel oder Kletterbaum konnten das Erlebte am See übertreffen. Langsam kroch der Hunger in ihnen hoch und sie eilten heim zu den Großeltern.

Am Abend stauten sich die Wolken am Himmel und der Wind trieb sie über den See. Unter dem Wasser rauschte es „Mavaiablo“. Lange feine Fäden sanken tief nach Unten und sandten Nachrichten aus der ganzen Welt zu den Luftsammlern. „Die Luftfresser, so wurde ihnen mittgeteilt, vermehren sich ständig. Überall sterben Menschen an der Luftverschmutzung aber sie überspielen das. Es gibt nur einige wenige Umweltschützer die versuchen die Natur zu retten. Diesen Menschen muss geholfen werden. Wir müssen sie in ihrem Tun unterstützen. Aber wir müssen auch den Menschen, die so leichtfertig mit den Ressourcen dieses Planeten umgehen die richtigen Zeichen setzen. Doch als erstes sollten wir den Kampf gegen die Luftfresser verstärken. Ein Teil von ihnen hat sich, wie wir ja schon bemerkt haben, auch in dieser Gegend eingenistet.“

Die Wolken entluden sich und die ersten Regentropfen formten sich zu kleinen Kugeln. In jeder Kugel stand der Smogbericht einer Stadt. An diesem Tag war der Stand von Smog in den asiatischen Städten am höchsten. Aber auch in den anderen Erdteilen wuchs er besorgniserregend an. Der Wind fauchte Mavaiablo Der Regen rauschte „Mavaiablo“, das Wasser zischte „Mavaiablo“

Die Luftsammler riefen „Mavaiablo wir retten diesen Planeten!“

Die Luftfresser verkrochen sich vor dem Regen. In dieser Nacht fauchten sie in der Höhle „Dozojam, sch“, aber sie erhielten keine Antwort. Sie verstauten ihre Beute an Smog in allen Ritzen der Höhle und einen Teil davon hatten sie im nahen Steinbruch gelagert. Als auch sie die Nachrichten von dem für sie guten Stand des Smogs erhielten, fühlten sie sich mächtig und den Luftsammlern überlegen. Sie schmatzten und fauchten. „Dozojam“-sch“, wir werden die Herren des Planeten.“

Aber in dieser Nacht blieben sie in der Höhle.

Nach dem Abendessen durften Mara und Tobi übers Internet mit ihren Eltern chatten. Danach waren alle zufrieden. Die Eltern freuten sich, dass es den Kindern so gut bei den Großeltern gefiel, Mara und Tobi fanden es stark, dass sie ihr Geheimnis nicht verraten hatten und die Großeltern waren froh, dass ihnen der Umgang mit den Enkelkindern so reibungslos gelang.

Als Mara sich die Augen rieb, strich ihr Oma über den Kopf: „Du bist wohl schon müde“

Mara nickte und Tobi gähnte: „Ich bin auch müde.“

Gut“, sagte Oma, „dann geht mal rasch ins Bad. Dann bringe ich euch ins Bett.“

Opa blickte von seiner Zeitung auf: „Ich komme auch gleich zu euch und lese euch eine Geschichte vor.“

Nur der Wind störte diese Harmonie. Er ließ die dicken Regentropfen hart an die Fensterscheiben klatschen und heulte durch den Kamin. Irgendwo aus der Ferne grollte der Donner. Trotzdem schliefen die Kinder sehr bald ein.

Opa, der inzwischen bei ihnen saß und eine Geschichte vorlas, bemerkte das. Er klappte das Buch zu und schlich leise aus dem Zimmer. Und schon waren die Kinder wieder munter. Tobi fragte Mara flüsternd: „Glaubst du der Regen schadet den Glaspflanzen und Tieren?“

Mara richtete sich auf und horchte, „nein das glaube ich nicht“, antwortete sie, „aber hast du das seltsame Rascheln gehört?“ Tobi schüttelte den Kopf. Doch im selben Moment kroch das Geräusch auch in seine Ohren. Er drückte auf den Knopf seiner Nachttischlampe und blickte in die Richtung aus der die Töne kamen und sah wie aus seiner Hose, die er am Tag getragen hatte, winzig kleine Klettenartige Bällchen herausrollten. Jetzt entdeckte Mara sie auch. Jede der Kletten blies sich zu einem Tennisball großen Gebilde auf und begann wie ein bunter Lampion zu leuchten. Auf einer Seite der strahlenden Bälle formte sich ein lustiges Gesicht. Dann tanzten und sprangen sie im Zimmer umher und plumpsten zwischendurch auf die Betten von Mara und Tobi. Ein paarmal blieben sie an den Bettdecken hängen, quäkten hilfesuchend, befreiten sich aber wieder selbst und quietschen darüber vor Freude. Die Beiden Kinder hätten am liebsten in die Hände geklatscht und laut gelacht. Doch das hätten die Großeltern gehört.

Nach einer Weile beendeten die Leuchtkletten ihren Spaß. Sie hingen kurz starr über Mara und Tobi. Dann flüsterte ihnen eine der Kletten zu: „Heute Nacht werden wir eure Kappen als Bett benutzen und euch abwechselnd bewachen und beschützen.“

„Warum beschützen?“ fragte Mara.

„Glaubt ihr, dass wir in Gefahr sind?“

„Nein, nein“ wehrte eine Klette ab. „Wir haben das Gewitter herannahen gesehen und geglaubt, dass ihr Angst davor habt. Außerdem macht es uns Spaß bei euch zu schlafen.“ Mara sah sie ungläubig an:

„Wer seid ihr denn und wie kommt ihr zu uns herein?“

Wir sind Freunde der Ranken“, lispelte eine der Kletten. Anschließend schrumpften sie wieder zu kleinen Bällchen zusammen. Tobi und Mara lauschten minutenlang ob sich die Kletten noch einmal meldeten. Doch es blieb ruhig. Tobi löschte nun auch das kleine Licht der Nachttischlampe aus und alles war wieder dunkel im Zimmer. Aus verschiedenen Ecken rief es leise: „Gute Nacht Mara, gute Nacht Tobi.“

Der Regen hatte in der Nacht die Natur rund um den See und seiner Umgebung erfrischt und war wieder weitergezogen. Die Blumen öffneten ihre Blütenkelche, die Wiesen zeigten sich im leuchtenden Grün und die Bäume und Sträucher bogen ihre Zweige im lauen Wind. Es schien, als rauschten sie zufrieden. Die Wächter der Luftsammler streiften umher und fanden keine Anzeichen dafür, dass die Luftfresser in den letzten Stunden am Werk gewesen waren. Sie hätten jetzt zufrieden sein können, aber sie ahnten die Gefahr. Irgendwo saßen ihre Feinde und schmiedeten böse Pläne gegen sie. Sie schwirrten wieder zurück, riefen nach Mavaiablo und unterrichteten ihn über die momentane Lage.

Fre, der Leiter der Luftfresser, den Dozojam in dieser Gegend eingesetzt hatte, sandte Boten aus um das Wetter zu erkunden. Gleich darauf schwirrten sie um die Höhle herum und stellten erfreut fest, dass der Regen aus dieser Region weggezogen war. Zufrieden betrachteten sie das tiefe Blau am Himmel. Dann zogen sie sich wieder in ihre Höhle zurück und meldeten Fre, dass sie jetzt wieder hochsteigen und ihren Smog verbreiten könnten. Anschließend zogen sich die Boten wieder in die Höhle zurück. Fre rief euphorisch: “Dozojam, Dozojam“-sch“, wir sind bereit. Es gibt viel Luft zu fressen und sie in Smog umzuwandeln. Bald werden wir das Blau in Grau vertauscht haben und die Luftsammler vertreiben“.

„Sch!“ blies es zurück: „Sch!“ vernichtet sie.“ Es zischte in allen Ritzen und Fre trieb auch die bequemsten Luftfresser heraus.

Langsam schlichen sich die Sonnenstrahlen durch die Rollos an dem Fenster des Kinderzimmers. Tobi erwachte und blinzelte umher. Es schien ihm, als hätten sich Sandkörner auf seine Stirn gesetzt. Er wischte darüber und hörte plötzlich ein Zischen. Die Körner wurden größer und flogen rüber zu Mara. Sie kitzelten sie an der Nase. Verschlafen richtete sie sich auf:

“Lass das Tobi, ich bin noch müde.“

„Ich war das nicht“, verteidigte sich Tobi. Es sind bestimmt die kleinen Kletten.“

Mara klopfte sich an die Stirn:

„Ich hatte ganz vergessen, dass sie hier sind.“

„Guten Morgen“ piepste es jetzt aus allen Ecken und die Kinder lachten „Guten Morgen“.

Dann schlupften sie beide schnell aus ihren Betten und liefen ins Bad. Anschließend zogen sie sich an und liefen runter zu Oma in die Küche.

„Na, ihr Langschläfer“, begrüßte sie Oma. „Jetzt habt ihr sicher viel Hunger. Das Frühstück ist bereits fertig. Ihr könnt das Tablett ins Esszimmer tragen.“

Mara und Tobi ließen sich nicht zweimal bitten. Als sie das Tablett abgesetzt hatten, holten sie die Tassen und Teller.

Oma rief ihnen zu: „Ihr braucht nur für drei Personen zu decken. Opa hat schon gegessen und ist zum Einkaufen gegangen.“ Mara und Tobi brachten fast keinen Bissen hinunter. Sie dachten an die Abenteuer, die am See auf sie warteten und wären am liebsten jetzt schon losgerannt.

„Was ist denn mit euch los Kinder?“ sorgte sich Oma.

„Schmeckt es euch heute nicht? Ihr werdet doch nicht krank?“

Mara rutschte verlegen auf ihrem Stuhl herum.

„Wir sind nicht krank Oma, wir möchten nur gerne zum Spielen nach Draußen gehen.“

Oma zog die Stirn kraus:

„Die Sonne scheint zwar wieder, aber der Boden ist doch noch ganz nass. Nach dem Frühstück dürft ihr euch einen Kinderfilm ansehen.“

Tobi bettelte: “Oma, wir möchten auch nur spazieren gehen. Draußen ist es doch so schön.“

Oma zögerte, aber dann nickte sie doch.

„Aber erst wird richtig gegessen. Außerdem müsst ihr mir versprechen nicht im Dreck herumzurutschen.“

Mara und Tobi versprachen es ihr, dann aßen sie tapfer ihre Teller leer, brachten das Tablett und das Geschirr in die Küche und liefen dann schnell hinauf in ihr Zimmer. Dort holten sie ihre Kappen mit den Leuchtkletten, riefen der Oma noch ein Tschüs zu und schon liefen sie zum

See. Die kleinen Kletten lösten sich von den Kappen ab, bliesen sich auf und flogen fröhlich vor den Kindern her.

Mara und Tobi vergasen ihre Angst und dachten nur noch gespannt darauf was sie an diesem Vormittag erleben würden. Sie bombardierten die Kletten mit Fragen darüber. Aber die kleinen Kugeln schwirrten lustig um sie herum und lachten nur: „Lasst euch überraschen.“

Za und Zo hatten eine lange harte Auseinandersetzung mit den Obersten hinter sich. Ihnen waren einige Alleingänge von Za und Zo gemeldet worden.

„Ihr wisst“, hatte einer der Oberen moniert, „dass wir bei Mavaiablo über alles was wir tun Rechenschaft ablegen müssen. Ihr habt euch auf eine heikle Sache eingelassen. Kein Mensch hat uns je bewusst gesehen und das sollte auch so bleiben. Also müsst ihr jeden Kontakt mit den Kindern aufgeben.“

Za hatte erregt gezischt: „Das geht nicht. Wir haben Mavaiablo schon alles erklärt. Er ist mit unserem Tun einverstanden. Wir haben einen guten Plan gegen die Luftfresser ausgeheckt in dem die Kinder Mara und Tobi eine größere Rolle spielen werden. Sie werden keines unserer Geheimnisse verraten. Und wenn? Wer, glaubt ihr, würde diese Geschichte nicht als blanke Fantasie auslegen?“

„Also gut“, gab der Oberste nach, „wenn Mavaiablo mit eurem Plan einverstanden ist, müssen wir es wohl oder übel auch sein. Doch wagt euch nicht zu sehr hervor. Wir haben auch von eurem Alleingang am See gehört. Die Sache mit der Verschmutzung durch die Luftfresser hätte sehr böse ausgehen können.“

„Ja“, gab Za zu: „Deshalb mussten wir auch sofort handeln, aber wir konnten euch bei eurer Sitzung nicht stören. Deshalb…“

„Schon gut“, winkte der Oberste ab. Doch beim nächsten Angriff der Luftfresser werdet ihr uns in jedem Fall sofort alarmieren.“

Nach diesem Gespräch hatten die obersten Luftsammler Za und Zo noch ein paar Sonderrechte eingeräumt und sie gingen mit neuer Zuversicht daran ihren nächsten Plan auszuhegen.

Drunten in der Bucht am See schwirrten die Klettenbällchen noch einen Moment um die Kinder herum, dann verschwanden sie in den Büschen.

Mara und Tobi sahen ihnen nach und dachten, dass sie mit einer Überraschung wieder zum Vorschein kämen. Doch dann hörten sie ein Glucksen am See und bemerkten wie eine Kuppelartige Glasform langsam aus dem Wasser stieg. Sie besaß einen flachen Boden, aus dem viele Schwimmflossenähnlichen Füße herauswuchsen. Leise schwebte sie an das Ufer und blieb dort stehen.

Die Form schimmerte in einem zarten, hellblauen Ton.

Mara und Tobi gingen vorsichtig auf die Kuppel zu und betrachteten sie aus der Nähe. Zuerst zögerte Mara, doch dann überwand sie ihre Scheu und strich neugierig über die Oberfläche. „Die Außenhülle fühlt sich wächsern an“, sagte sie zu Tobi.

„Pass auf!“, warnte Tobi seine Schwester, „die Kuppel wächst.“ Jetzt merkte es Mara auch. Dann sah sie, wie die Glasform mit lauter kleinen Stacheln übersäht wurde und strich darüber: „Huch, die pieken ja“ lachte sie und rief Tobi zu: „Prima!“, das ist „ein gläserner Igel!“

Tobi war das Ganze nicht geheuer. Er zuckte mit den Schultern: „Der Igel wird aber sehr groß“.

Mara nickte und packte Tobi an der Hand. Das neue Spiel faszinierte sie, aber im Hintergrund lauerte ein banges Gefühl. Ein leichter Wind kam auf und lies die Blätter der Büsche und Bäume rauschen. Das Wasser klatschte in winzigen Wellen an die Kuppel, die sich wie von Geisterhand öffnete. Dann sahen sie die Rankengesichter.

„Za und Zo“, riefen die Kinder erleichtert.

Za und Zo lockten die Kinder zu sich hin: „Kommt, steigt ein, wir zeigen euch unser Zuhause. Mara und Tobi zögerten kurz aber dann wagten sie es doch. Za und Zo waren ja da. Also stiegen sie in die Kuppel und setzten sich auf die gläsernen Sitze. Rund um ihre Füße lagerten lauter Luftbällchen.

„Sitzt ihr bequem?“ fragte Za.

„Ja“, erklärten beide gleichzeitig.