Mädchen vom Mond - Terry Goodkind - E-Book

Mädchen vom Mond E-Book

Terry Goodkind

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Beschreibung

Angela Constantine wächst in der Hölle auf: Als Tochter einer Drogensüchtigen erlebt sie Brutalität, Verwahrlosung und Missbrauch. Nur ihre Großeltern bieten ihr Halt und Liebe: Bis sie grausam ermordet werden. Angela entwickelt in den nächsten Jahren jedoch eine besondere Fähigkeit, die ihr Leben komplett verändert: Sie erkennt Mörder durch einen kurzen Blick in die Augen … Aus Angela wird eine Rächerin, die ihr Geschick in die eigenen Hände nimmt. Sie stürzt in ein Chaos aus Mord, Folter und Terror – ohne zu ahnen, dass sie zu weitaus Größerem bestimmt ist. Bestsellerautor Terry Goodkind erweitert die Welt, die er mit Teufelsnest erschuf, um eine knallharte Heldin, die sich dem Bösen entgegenstellt. Dean Koontz: »Das ist pure Unterhaltung, echt fesselnd!«

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Seitenzahl: 746

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Aus dem Amerikanischen von Patrick Baumann

Impressum

Die amerikanische Originalausgabe The Girl in the Moon

erschien 2018 im Verlag Skyhorse Publishing.

Copyright © 2018 by Terry Goodkind

Copyright © dieser Ausgabe 2022 by Festa Verlag GmbH, Leipzig

Titelbild unter Verwendung eines Motivs von AdobeStock/yellowj

Alle Rechte vorbehalten

eISBN 978-3-86552-975-6

www.Festa-Verlag.de

Für meinen lieben Freund Jeffrey Cheng,

dem es immer wieder gelingt,

mich auf andere Gedanken zu bringen.

1

Als Angela aufblickte und ihn auf dem Parkplatz vor der Leuchtreklame sah, die im kleinen Schaufenster der Bar hing, fragte sie sich, ob dies die Nacht war, in der sie sterben würde.

Der unerwartete Ansturm der Gefühle vertrieb alle anderen Gedanken aus ihrem Kopf. Sie fragte sich, ob das der Grund dafür sein konnte, dass sie gerade an diesem Morgen die Farbe ihres Haars von einem hellen Violett in ein Platinblond geändert hatte. Dieses ging der Länge nach allmählich in ein blasses Rosa über, welches immer dunkler wurde, bis es an den Spitzen ein leuchtendes Rot annahm, als ob ihr Haar in Blut getaucht war. Manchmal erreichten sie solche subtilen Zeichen.

Im Licht der einsamen Straßenlaterne konnte sie sehen, dass der Mann einen in Tarnfarben gehaltenen Regenmantel mit Kapuze trug. Er hielt kurz inne, um sich in der Düsternis und dem Nieselregen umzusehen. Der Regenmantel verlieh ihm ein bulliges Aussehen. Sein Blick wanderte vom Schild der Bar, ›Barry’s Place‹, zur neonfarbenen Bierreklame und dann zur Tür. Sie vermutete, dass er mit einem Drink den Rausch aufrechterhalten wollte, der im Laufe der Tage immer mehr nachließ. So war es manchmal.

Seine Unentschlossenheit hielt nicht lange an. Als er durch die Tür kam, erweckte seine dunkle Gestalt den Eindruck, er würde die Nacht mit sich hereinbringen.

Als sie ihn im schummrigen Licht des Innenraums stehen sah, wo er innehielt, um sich die Gäste anzusehen, verspürte Angela eine widerliche Mischung aus heißem Ekel und eisiger Angst, durchzogen von schwindelerregender Lust. Sie ließ sich von dem Gefühl durchfluten, begeistert, dass sie etwas fühlen konnte, selbst wenn es nur dies war.

Es war schon zu lange her, dass sie etwas gespürt hatte.

Ihre Hand mit dem Handtuch erstarrte nach und nach beim Abtrocknen des Glases, während sie abwartete, wie lange er brauchen würde, um sie zu bemerken. Ihre Angst hoffte, er würde es nicht; das Bedürfnis, das in ihr schlummerte, hoffte, dass er es tat.

Das dunkle, erwachende Verlangen gewann die Oberhand.

Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie er sich auf die Bar zubewegte. Langsam rotierende Flecken farbigen Lichts aus der Deckenleuchte strichen über seine in Tarnfarben gehüllte Gestalt und ließen ihn fast wie einen Teil des Raums erscheinen. Hinter ihm, vor dem Fenster, erhellten die Scheinwerfer eines vorbeifahrenden Autos den trüben Nieselregen. Nebel zog auf. Es war eine unangenehme Nacht, um in den Bergen unterwegs zu sein.

Abgesehen von ein paar älteren Einheimischen am Ende der Bar, die sich über Baseball stritten, sowie vier Mexikanern, die sie noch nie zuvor gesehen hatte, die an einem Tisch in der Nähe des Eingangs saßen und sich beim Bier auf Spanisch unterhielten, war die Bar leer. Barry, der Besitzer, war hinten, checkte die Vorräte und kümmerte sich um Papierkram.

Der Mann schob seine Kapuze zurück, während sein Blick ihr platinblondes Haar mit den roten Spitzen erfasste, ihren schwarzen Nagellack, die Reihe von Ringen in ihrem rechten Ohr, den Glitzer auf ihrem dunklen Lidschatten und ihre nackte Hüfte. Während er sich auf einen Hocker hievte, strich sein Blick über ihre kurz abgeschnittenen Shorts und ihre langen Beine hinunter zu den geschnürten braunen Wildlederstiefeln, die ihr fast bis zu den Knien reichten.

Barry, der Besitzer, mochte es, wenn sie abgeschnittene Shorts trug, weil es Männer anlockte und diese länger blieben, um mehr Drinks zu kaufen. Es brachte ihr auch höhere Trinkgelder ein. Als sie die Hosenbeine so kurz wie möglich geschnitten hatte, hatte sie die Taschen intakt gelassen, um Platz für die Scheine zu haben. Sie hingen unter den ausgefransten Rändern der Hosenbeine herab. Aber da es schon spät war, gab es nicht mehr viele Kunden und auch kein Trinkgeld mehr.

Und dann, für eine flüchtige Sekunde, als er den Kopf hob und ihre Blicke sich trafen, stockte ihr der Atem.

In diesem Moment, als sie in seine dunklen, weit auseinanderstehenden Augen blickte, sah sie alles. Jedes entsetzliche Detail. Für einen Moment war sie überwältigt von dem, was auf sie einstürmte. Sie hatte das Gefühl, ihre Knie würden gleich nachgeben.

Schließlich stützte Angela sich auf den Tresen, um festen Halt zu haben und damit er ihre Stimme über den hämmernden Beat der Rockmusik hinweg hören konnte. »Was kann ich dir bringen?«

»Ein Bier«, rief er zurück.

Der Mann war recht jung, wenn auch älter als sie, vielleicht Ende 20. Er hatte struppiges Haar und Stoppeln in seinem teigigen Gesicht. Sie bemerkte, dass er stark aussah. Als er seinen triefend nassen Regenmantel auszog und ihn über den nächsten Hocker warf, sah sie, dass sie unterschätzt hatte, wie kräftig er gebaut war – nicht stark wie ein Bodybuilder, sondern auf eine lässige, untersetzte Art kräftig. Die Art von Mann, die ihre eigene Kraft nicht kannte, bis es zu spät war.

Anderen mochten seine Gesichtszüge gewöhnlich erscheinen, aber Angela wusste jetzt mit Sicherheit, dass dieser Mann alles andere als gewöhnlich war.

Sie zapfte das Bier und stellte es vor ihm auf die Theke. Dann leckte sie den Schaum, der über das Glas gelaufen war, von ihrem Handrücken und danach von ihrem roten Lippenstift, während sie an ihm vorbei zur Uhr an der holzgetäfelten Wand rechts blickte. In weniger als einer Stunde würden sie die Bar schließen. Nicht mehr viel Zeit. Sie holte eine Schale mit Mais-Chips unter dem Tresen hervor und stellte sie neben sein Bier.

»Danke«, sagte er und nahm einen Chip.

Sie wandte sich wieder dem Abtrocknen der Gläser zu, aber nicht so, dass er denken konnte, sie würde sein offensichtliches Interesse an ihr verschmähen. »Wenn du mehr willst, frag einfach«, sagte sie, ohne ihn anzusehen, und gab ihm Gelegenheit, ihren Körper der Länge nach anzustarren.

Er nahm einen langen Schluck zu diesem langen Blick und gab einen zufriedenen Laut von sich. »Genau, wie’s sein soll.«

»Wohnst du in der Gegend?«, erkundigte sie sich und blickte über die Schulter zu ihm zurück.

»Nicht so ganz.«

Sie wandte sich ihm zu. »Was soll das heißen?«

Er zuckte die Achseln. »Ich hab gleich die Straße hoch im Riley Motel übernachtet.« Er blickte absichtlich auf ihre Beine hinab. »Aber vielleicht bleib ich noch eine Weile und such mir hier Arbeit.«

Das Riley Motel war nicht gerade die Art von Unterkunft, in der Touristen übernachteten, die die oberen Ausläufer der Appalachen oder die Region der Finger Lakes besuchten. Das Riley wurde meist stundenweise von Prostituierten oder wochenweise von Durchreisenden genutzt.

»Ach ja? Was für eine Art von Arbeit? Was machst du so?«

Er zuckte wieder mit den Achseln. »Was immer ich machen muss, um die Rechnungen zu bezahlen.«

Angela schenkte einen Schnaps ein und stellte ihn vor ihn hin. »Geht auf mich – für einen neuen Kunden, der zum ersten Mal hier ist und vielleicht eine Weile bleiben wird.«

Mit dankbarer Miene kippte er den Schnaps hinunter. Als er das Glas auf der Bar abstellte, wanderte sein Blick wieder an ihr herab.

»Ein ziemlich schäbiger Ort für ein Mädchen wie dich.«

»Aber so kann ich meine Rechnungen bezahlen.« Sie musste sich zwingen, langsamer zu atmen.

»Wie heißt du?«

Er sah sie an, während er einen weiteren Mais-Chip nahm. »Owen.«

Es fiel ihr schwer, den Blick von seinen Augen und all dem, was sie ihr verrieten, abzuwenden.

»Und du?«

»Angela. Meine Großeltern waren Italiener. Angela bedeutet auf Italienisch ›Engel‹.« Mit einer Kopfbewegung warf sie ein paar zerzauste Haarsträhnen mit roten Spitzen über ihre Schulter zurück. »Meine Mutter hat mich Angela genannt, weil meine Großmutter, als sie mit mir schwanger war, gesagt hat, dass Gott ihr einen kleinen Engel schickt.«

Angelas Großvater hatte ihr einmal erklärt, dass die Bedeutung der Bezeichnung Engel »Bote Gottes« sei und dass der Bote zwar gekommen sei, Angelas Mutter die Botschaft aber offenbar nicht erhalten habe.

Owens Blick wanderte von ihren Augen zu der Tätowierung quer über ihrer Kehle. »Soll das ein Witz sein?«

Angela schenkte ihm ein geheimnisvolles Lächeln. »Vielleicht hast du irgendwann mal die Gelegenheit, dir diese Frage selbst zu beantworten.«

Seine Miene verfinsterte sich. »Willst du mich verarschen?«

Sie stützte sich auf einen Ellbogen, damit niemand anderes sie hören konnte, und sah ihn mit gesenktem Kopf an. »Glaub mir, Owen, wenn ich jemals anfange, dich zu verarschen, wirst du’s merken.«

Er wusste nicht recht, was er von ihrer Antwort halten sollte, also trank er den Rest des Biers aus. Es war offensichtlich, dass ihm mehr daran gelegen war, ihre Beine anzustarren, als zu versuchen, die Bedeutung ihrer Worte zu verstehen.

Anstatt darauf zu warten, dass er ein weiteres bestellte, setzte sie ihm gleich ein frisches Bier vor die Nase, als er das leere Glas abstellte. Das leere nahm sie weg und beförderte es in die Spüle.

»Bist eine ganz Zuvorkommende, was, Kleine?«

Sie lächelte kokett. »Um einen Mann wie dich muss man sich kümmern.« Sie schenkte einen weiteren Schnaps ein und ließ ihn in das Bier fallen.

Er erwiderte ihr Grinsen und trank alles aus, fast so, als wollte er damit angeben.

»Vielleicht«, sagte er, während er das Glas absetzte und sich mit dem Handrücken den Mund abwischte, »könntest du dich sogar noch besser um mich kümmern. Was meinst du?«

Ihr Lächeln wurde ausdruckslos. »Tut mir leid. Du bist nicht mein Typ.«

»Was zum Teufel soll das heißen?«

Sie legte beide Hände weit auseinander auf die Tresenkante, beugte sich vor und sagte in vertraulichem Ton zu ihm: »Ich mag gefährliche Typen, die sich nehmen, was sie wollen, und kein Nein als Antwort akzeptieren. Weißt du, was ich meine?«

Er runzelte die Stirn.

»Nein. Was meinst du?«

Sie hielt nur einen Augenblick inne, um eine Geschichte zu erfinden. »Ich habe mit meinem letzten Freund erst was angefangen, nachdem er einen Typen getötet hatte.«

»Jemanden getötet? Einfach so umgebracht?«

»Na ja«, erwiderte sie gedehnt, »nicht einfach so aus Lust und Laune. Ich glaube nicht, dass er den Mumm dazu hatte. Er hat den Kerl in einem Kampf getötet.« Sie wies in Richtung Tür. »Irgendein Besoffener hat ihn auf dem Parkplatz überfallen, als er hier wegging. Er hat ihm das Genick gebrochen.« Sie zwinkerte und ihr Lächeln kehrte zurück. »Hat mich total angemacht, verstehst du?«

»Klingt ja nach einem knallharten Typen.«

»War er auch.«

Sie zuckte mit den Achseln und lehnte sich wieder zurück. »Das ist meine Sorte Mann. Du hast nicht das Zeug dazu.«

Er wog ihre Worte ab, während er ihr Gesicht betrachtete, ihren wilden Schopf mit den roten Spitzen, das Tattoo quer über ihrem Hals, die Piercings. »Ich hab auch meine raue Seite.«

Angela stieß ein abschätziges Lachen aus, bevor sie sich umdrehte, um die Whiskeyflasche auf ein Regal vor dem getönten Spiegel an der Rückwand zu stellen.

Im Spiegel konnte sie sehen, wie er auf ihren Hintern starrte.

Sie wusste, was er dachte. Aber nicht in einer Million Jahren hätte er erraten können, was sie dachte.

2

Als Angela den Raum mit einem Tablett mit Bier für die Mexikaner durchquerte, kreuzten die beiden älteren Herren auf dem Weg nach draußen ihren Weg. Sie warfen ihr im Vorbeigehen missbilligende Blicke zu. Trotz ihrer stummen Verachtung kamen sie für gewöhnlich immer an den Abenden, an denen sie arbeitete. Sie setzten sich ans Ende der Bar, um ein oder zwei Bier zu trinken, wobei sie sich über Sport unterhielten und über ihre Gläser hinweg auf ihre abgeschnittenen Shorts starrten.

Sie mochten ihre Kleidung und ihr Benehmen für eine junge Frau unpassend finden, aber sie konnten sich der Anziehungskraft ihrer rohen Weiblichkeit nicht entziehen. Die Ironie entging ihr nicht, aber es war ihr eigentlich egal. Es gab nicht viel, das Angela interessierte.

Abgesehen von Männern wie Owen.

Die vier Hispanics waren alle verstummt, als sie sich näherte – nicht dass sie auch nur ein Wort von dem verstanden hätte, was sie sagten. Spanisch war in Milford Falls nicht sehr verbreitet. Es fiel ihr auf, dass sie nicht belauscht werden wollten, auch wenn sie nicht glaubten, dass sie ihre Sprache verstand.

Aus ihren verstohlenen Blicken und ihrem Geflüster ging hervor, dass sie sie aus irgendeinem Grund ebenso wenig mochten wie die beiden älteren Männer. Es war eine andere Art von Missbilligung, irgendwie instinktiver, heftiger, aber sie konnte es nicht genau benennen.

Trotzdem machte es ihr nicht mehr aus als die Verachtung der beiden Älteren.

Irgendetwas an ihren Augen störte sie. Sie waren nicht wie Owens Augen, aber trotzdem wusste sie, dass ihr nicht gefiel, was sie sah. Doch damit konnte sie sich jetzt nicht beschäftigen. Sie hatte anderes im Sinn.

»Das wird leider die letzte Runde«, kündigte sie beim Abstellen der Biere an. »Wir schließen gleich.«

Sie konnte gerade noch einen Teil einer Quittung lesen, die aus der Hemdtasche eines der Männer ragte. Sie stammte vom Riley Motel. Sie fragte sich, welche Art von Gästen sie waren, ob sie ihre Zimmer stundenweise oder wochenweise buchten.

Einer der Männer, der am nächsten bei ihr saß und für die Gruppe gesprochen hatte, wenn sie Drinks bestellt hatten, hatte Dutzende von Leberflecken im ganzen Gesicht. Einige waren große schwarze Klumpen, während viele andere so klein wie Sandkörner waren. Die größte Anzahl war um seine dunklen Augen herum gruppiert. Sie machten es ihr schwer, ihn nicht anzustarren.

Als sie vor jedem ein Bier abstellte, lächelte Leberfleckengesicht zu ihr hoch. Es war kein freundliches, nicht einmal ein höfliches Lächeln. Es war ein unheimliches, aggressives Grinsen.

Als sie ihre freie Hand ausstreckte, um die 10- und 5-Dollar-Scheine zu nehmen, die er ihr hinhielt, strich er mit der anderen Hand über die Rückseite ihres Oberschenkels.

Bevor er ihr an den Hintern fassen konnte, wich Angela zurück und unterbrach den Kontakt. Gleichzeitig schnappte sie sich die beiden Scheine zwischen seinen ausgestreckten Fingern.

Alle vier Männer lachten schallend, als wäre es die Pointe eines Insider-Witzes gewesen. Sie konnte sich nur vorstellen, worüber sie sich unterhalten haben mussten.

Leberfleckengesicht grinste. »Behalt den Rest.«

»Danke«, gab sie zurück. »Jetzt kann ich mir endlich das Stück Seife kaufen, auf das ich schon so lange spare, und mir damit mein Bein waschen.«

Drei der vier Männer lachten. Leberfleckengesicht tat es nicht. Sie stellte fest, dass sie offenbar gut genug Englisch verstanden. Ihr war auch nicht entgangen, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt so getan hatten, als ob das nicht der Fall wäre. Allerdings fragte sie sich, was sie davon hatten, außer vielleicht, dass es ihnen ermöglichte, die Unwissenden zu spielen und andere zu belauschen.

Angela war selten unhöflich zu Kunden, nicht einmal denen gegenüber, die gelegentlich anzüglich wurden oder sie begrapschten. Aber es gab etwas am Aussehen dieser vier Männer, das ihr nicht gefiel.

Leberfleckengesicht sagte etwas auf Spanisch und wieder lachten alle.

»Probleme?«, rief Barry hinter der Bar.

»Ich hab ihnen gerade gesagt, dass das ihre letzte Runde für heute Abend war«, erklärte ihm Angela auf dem Rückweg.

»Was ist mit dir?«, fragte Barry an Owen gewandt. »Letzte Runde. Willst du noch einen?«

Owen hob die Hand, um das Angebot abzulehnen. Offensichtlich war er nicht so erpicht darauf, ein Bier von Barry zu bekommen, wie er es bei den Getränken gewesen war, die Angela ihm serviert hatte. Er rutschte vom Hocker, war etwas unsicher auf den Beinen und zog mit der Faust seinen Tarnmantel vom Hocker neben sich.

Als er sich zum Gehen wandte, lächelte Owen Angela an. Sie konnte die Botschaft in diesem breiten Grinsen lesen und erwiderte es absichtlich nicht. Sie blickte ihm kurz in die Augen, bevor sie ihn offen ignorierte. Dann ging sie um den Tresen herum, stellte das Tablett ab und legte den Zehner und den Fünfer in die Kasse. Sie nahm sich kein Trinkgeld von den beiden Scheinen. Von diesen vier Männern wollte sie kein Geld.

Owen blieb im Türrahmen stehen und schaute zurück. Sie konnte seinen Blick auf sich spüren, drehte sich aber nicht um, um ihn anzusehen. Was in diesen Augen stand, wusste sie bereits.

Sie wollte ihm den Eindruck vermitteln, dass sie ihn abgewiesen hatte und er sie nicht mehr interessierte, dass er für sie nicht mehr als ein Kunde war, eine Trinkgeldquelle. Dabei war ihr bewusst, dass diese einfache Abfuhr, diese Gleichgültigkeit ausreichen würde, um sein Temperament vom Köcheln zum Sieden zu bringen. Schließlich drehte er sich um und ging hinaus.

Nachdem die anderen vier Männer gegangen waren, schaltete Barry die Musik und die rotierende Lampe aus und brach damit den Bann. Der Barraum war jetzt einfach nur noch alt, ziemlich heruntergekommen und roch nach verschüttetem Bier, Schweiß, Zigarettenstummeln und dem Urin am Boden der Herrentoilette. Die Ruhe war zumindest eine Erleichterung.

Angela kippte die Aschenbecher aus und spülte sie zusammen mit den Gläsern, während Barry das Geld aus der Kasse zählte. Nachdem sie den Tresen abgewischt hatte, putzte sie noch schnell den Boden.

»War nicht viel los diese Woche«, sagte Barry zu ihr und gab ihr einige gefaltete Scheine. »Tut mir leid, dass es nicht mehr ist, Angela. Ich weiß, du könntest das Geld gebrauchen, um deiner Mutter zu helfen und so …«

»Schon klar. Nicht deine Schuld.«

Nichts und niemand konnte ihrer Mutter helfen. Niemals. Was das Geld anging, so verdiente sie in der Bar normalerweise recht gut, also war eine gelegentliche schwache Woche für sie kein Grund zur Klage.

»Die anderen Mädchen, die schon auf dem Plan stehen, werden ausreichen, um den Laden für den Rest der Woche zu übernehmen.«

»Klar«, erwiderte sie. »Schon kapiert.«

Er zögerte, überlegte, wie er die Stille füllen sollte, bevor er die Kasse zuklappte.

»Komm doch nächsten Freitag vorbei, vielleicht können wir dich dann gebrauchen. Okay? Hoffentlich geht’s bald wieder aufwärts, dann können wir dich wieder zu deinen üblichen Zeiten einsetzen.«

Angela zählte das Geld nicht, das er ihr gegeben hatte. Sie wusste, dass es bei den wenigen Stunden, die Barry sie arbeiten ließ, nicht viel sein würde. Sie nickte, während sie die Scheine zusammen mit dem Trinkgeld in die vordere rechte Tasche ihrer Shorts stopfte. Auch dies ergab keine große Summe, und sie hatte die Drinks, die sie Owen ausgegeben hatte, davon bezahlt. Normalerweise waren ihre Trinkgelder ansehnlich, aber da das Geschäft schlecht lief, waren auch sie zurückgegangen.

Als sie auf dem Weg zur Tür war, rief Barry ihren Namen. Sie drehte sich um.

»Zieh unbedingt wieder diese Shorts an, wenn du das nächste Mal zur Arbeit kommst. Ich glaube, die waren das Einzige, was den letzten Typen dazu gebracht hat, Drinks zu kaufen. Vielleicht das Einzige, was mich heute Abend in den schwarzen Zahlen gehalten hat.«

Und sie hatten Owen davon abgehalten, sich zu verdrücken.

Angela erwiderte sein Lächeln. »Klar doch, Barry. Kann ich machen.«

3

Zu später Stunde hatte der Nieselregen nachgelassen und einen starken Duft in der Luft hinterlassen, die mit dem scharfen Geruch von Regenwasser, Kiefern und Dreck gesättigt war. Es war ein ursprüngliches Aroma, das Parfüm der Erde selbst, unbeeinflusst durch den Menschen. Der elementare Duft war ein erfrischender Kontrast zu der unappetitlichen Ansammlung menschlicher Ausdünstungen in der Bar.

Mit dem Ende des Regens hatte sich der Nebel in das Tal geschlichen, um dort sein Nachtlager aufzuschlagen. Es war diese dichte, intime Art von Nebel, die Angela immer an das Gefühl erinnerte, das sie beschlich, wenn jemand zu nahe bei ihr stand. Sie wünschte, sie könnte ihn von sich wegschieben. Diese bedrückende Empfindung belastete ihre ohnehin strapazierten Nerven noch mehr.

Obwohl sie die Kiefern und Balsamtannen riechen konnte, waren die Bäume auf der anderen Straßenseite hinter der weichen grauen Nebelwand unsichtbar. Sie konnte die stille Straße kaum erkennen. Um diese Nachtzeit fuhren nur sehr wenige Autos. Wer um diese Zeit unterwegs war, wollte entweder in die Stadt, um zu feiern, um seine Nachtschicht anzutreten, oder er befand sich auf dem Heimweg von einer Party.

Ihr Pick-up stand ganz allein auf dem Parkplatz, wie ein Gespenst im Nebel. Barry parkte sein Auto immer auf der Rückseite.

Owen stand neben ihrem Wagen.

Sie hatte gewusst, dass er da sein würde.

Mit seiner grauen Grundierung und dem regulären Fahrerhaus wirkte der ältere Chevy Pick-up nicht besonders aufsehenerregend. Aber das Aussehen täuschte. Der tiefergelegte Truck war mit einem LS3-Kistenmotor, Wilwood-Bremsen und einer Menge Fahrwerksmodifikationen ausgestattet.

Ein Tattoo-Künstler, den sie kannte, hatte die ganzen Arbeiten bei einer Werkstatt in Auftrag gegeben, die einen guten Ruf hatte. Seine Absicht war es gewesen, das Auto in schrillen Farben zu bemalen, um für sein Tattoostudio zu werben, aber er hatte bald das Interesse daran verloren und sich stattdessen in einen Kastenwagen verliebt, der ihm für seine Zwecke besser geeignet schien. Nachdem er ihr das Halstattoo gestochen hatte, hatte er Angela den Pick-up zu einem guten Preis verkauft, weil sie, wie er sagte, die Einzige sei, die er kenne, die »knallhart genug« sei, um »so einen geilen Truck zu fahren«.

Er hatte ihr angeboten, den Truck für sie umlackieren zu lassen, aber Angela wollte ihn in Grundiergrau behalten. Sie mochte diese Abwesenheit von Farbe. Das matte Grau passte zu ihrem Lebensgefühl. Ihre bunt gefärbten Haare waren, ebenso wie ihre Piercings und Tattoos, ein Versuch, die Farblosigkeit ihres Innenlebens zu verbergen.

Es war selten, dass ihre Gefühle aufblitzten, aus diesen inneren dunklen Tiefen aufstiegen. Aber in dieser Nacht war das unerwarteterweise der Fall. Dies war eine jener außergewöhnlichen Zeiten, in denen alles vor Bedeutung brodelte. Jedes Geräusch war schärfer, jeder Anblick lebendiger, jede Nuance bedeutungsvoller, jedes Wort mit Gefahr durchsetzt. Dies war eine Nacht, in der das Leben selbst auf dem Spiel stand.

Owen breitete die Arme aus und klopfte mit einem Fingerknöchel auf das quadratische Magnetschild, das an der grau grundierten Tür des Trucks klebte. »Angelas Botendienst, verleihen Sie Ihrem Paket Flügel. Dachte ich mir, dass das deins ist.«

»Gut geraten, du Genie.«

Sie achtete darauf, nicht zu interessiert zu klingen, aber dennoch fühlte sie sich wie elektrisiert. Alles um sie herum schien zu knistern. Sie starrte in seine dunklen Augen und ließ die Bosheit, die sie dort sah, auf sich einwirken.

Es war schon zu lange her.

»Was soll das für ein Botendienst sein?«

Da ihr Name ›Bote Gottes‹ bedeutete, hielt Angela es nur für angemessen, dass ihr Kurierdienst Angelas Botendienst hieß. Sie mochte das Wortspiel.

»Hier gibt’s nicht viel Arbeit. Ich bin gern Kurierfahrerin und überbrücke damit die Zeiten, in denen ich nicht in der Bar arbeite.«

»Du bist also Drogendealerin«, erwiderte er mit einem wissenden Grinsen.

Angela runzelte die Stirn. »Das ist so ziemlich das Letzte auf der Welt, was ich je tun würde.«

Er tat ihren Widerspruch mit einem Schulterzucken ab. »Wenn du das sagst.«

»Ja, sage ich«, bekräftigte sie.

Er trat zur Seite, damit sie die Tür aufschließen konnte, und schwankte dabei ein wenig.

»Gute Nacht, Owen.«

»Okay, gut, du dealst also nicht mit Drogen. Dann bleibt ja nicht mehr viel übrig. Escortservice … Lutschst wohl ein paar Schwänze, um die Zeit zu überbrücken, wenn du nicht hinter der Bar stehst?«

Sie warf ihm einen finsteren Blick zu. »Ich sagte Gute Nacht.«

»Ich hab gedacht, du könntest mich mitnehmen.« Er zuckte wieder die Achseln, aber diesmal fügte er ein dümmliches Grinsen hinzu. »War leichter, den Berg runterzulaufen, als es sein wird, wieder raufzugehen.«

»Der Spaziergang wird dir guttun.«

Er hatte nicht vor, sich abwimmeln zu lassen. »Betrachte mich einfach als ein Paket, das du abliefern musst. Außerdem hab ich gesehen, was da oben im Motel für Mädchen sind. Ich wette, du hast in den Zimmern da schon viel auf dem Rücken gelegen.«

Sie schluckte den Köder nicht. Sein Grinsen war nicht aufrichtig; es war eine kalkulierte Provokation.

Sie konnte die Verachtung in seinen Augen sehen.

Für Owen waren Frauen alle gleich. Sie waren alle Huren, und das war alles, wozu sie gut waren. Sie wusste nicht, was ihn zu dieser Lebenseinstellung gebracht hatte, und es war ihr eigentlich egal. Alles, was für sie zählte, war, dass seine verhärteten Überzeugungen seine Gedanken beherrschten und aus diesen Gedanken Taten werden ließen.

»Komm schon, nimmst du mich mit?«

Angela richtete sich auf, nachdem sie die Tür entriegelt hatte. »Ich habe Nein gesagt.«

An dem, was in seinen Augen aufblitzte, erkannte sie ganz genau, dass Owen das Wort nein nicht leiden konnte. Kein bisschen.

Abrupt packte er sie am Oberarm, wirbelte sie herum, schleuderte sie gegen den Truck und biss die Zähne zusammen. »Ich sagte, ich würde gern mitfahren.«

Da war er. Da, endlich, zeigte sich der echte Owen.

Sein Atem stank nach in Alkohol getränkten Mais-Chips. Seine kräftigen Finger fühlten sich an, als könnten sie den Knochen in ihrem Arm zerquetschen.

Sie stieß ihm mit dem Handballen vor die Brust, um ihn zurückzudrängen. »Ich hab dir doch gesagt, dass ich nicht mit normalen Typen ausgehe.«

Er stieß sie wieder gegen den Wagen und drückte ihr einen harten Kuss auf den Mund. Darauf stand er also. Sie ließ ihn für den Moment gewähren, damit er nicht noch brutaler wurde, bevor sie herausgefunden hatte, was sie wissen wollte.

»Ich bin viel mehr, als du denkst«, sagte er atemlos, als er sich zurückzog. »Ich bin die Art von Mann, für die du ganz feucht wirst.«

»Blödsinn.«

Angela beobachtete sein Gesicht. Er schien zu überlegen, welche Unverschämtheit er ihr als Nächstes an den Kopf werfen sollte. Der Alkohol verwirrte sein Denken, aber er beseitigte auch seine Hemmungen, und dadurch, das wusste sie, würde sich auch seine Zunge lockern.

»Wirklich«, beharrte er. »Ich bin nicht so ein Durchschnittstyp, wie du denkst.«

»Nimm den Mund nicht zu voll, Owen. Ich denke nicht, dass du durchschnittlich bist. Ich denke, du bist ein Weichei.«

Wut blitzte in seinen blutunterlaufenen Augen auf. Seine Brauen zogen sich zusammen. Er schwankte ein wenig, während er sie nachdenklich anstarrte. Schließlich unterbrach er den Blickkontakt und sah sich um, ob sie allein waren.

»Nimm mich mit, dann erzähl ich dir mal was darüber.«

Sie sah für einen Moment abschätzig in seine dunklen Augen, ertrug, was sie in ihnen sah, und ließ es über sich hinwegschwappen wie Benzin über glühende Asche.

Sie hatte eine Waffe, aber die lag in dem Fach unter der Mittelarmlehne ihres Trucks.

Schließlich atmete Angela tief durch.

»In Ordnung, Owen. Ich nehme an, ich kann dich wenigstens mitnehmen. Es ist ja nicht so, dass du gefährlich bist oder so. Es wär irgendwie aufregend, wenn du’s wärst, aber du bist es nicht.«

Sein Gesichtsausdruck wurde kurz mordlustig. Dann drehte er sich um und wartete auf der Beifahrerseite darauf, dass sie einstieg und die Tür entriegelte. Als ihm endlich Einlass gewährt wurde, stieg er schnell in den Truck.

Sobald sie auf dem Fahrersitz Platz genommen hatte, drehte Angela den Schlüssel und der Motor erwachte dröhnend zum Leben. An den Fensterscheiben glitzerten zitternde Wassertropfen. Sie schaltete die Scheibenwischer ein, um die Windschutzscheibe zu reinigen.

»Alles, was du von mir kriegst, ist eine Mitfahrgelegenheit.« Sie sah zu ihm hinüber. »Verstanden?«

»Klar.« Sein Grinsen offenbarte die dunkelsten Absichten. »Das ist alles, was ich will – sonst nichts.«

Angela glaubte ihm kein Wort.

4

Auf der etwa 800 Meter weiten Fahrt über die kurvenreiche Straße tauchte ab und zu eine Straßenlaterne aus dem Nebel auf, die wie ein schwebendes außerirdisches Raumschiff wirkte. Zu beiden Seiten glitt die dunkle, strukturlose Masse des Waldes vorbei. Die gelbe Mittellinie und der Streifen am Straßenrand schienen die einzigen Dinge zu sein, die in der realen Welt verankert waren.

Als sie an den Häusern am Stadtrand von Milford Falls vorbeifuhren, stützte Owen einen Ellbogen auf die Armlehne. Ihre Waffe lag unter dem Deckel dieser Armlehne. Solange er sich darauf stützte, war sie nicht in der Lage, sie zu erreichen.

Das Neonschild des Riley Motel tauchte aus dem Nebel auf. Er griff mit der linken Hand nach unten und umfasste sanft ihr nacktes rechtes Knie. Während sie auf den Parkplatz des Motels abbog, glitt die Hand an der Innenseite ihres Oberschenkels hinauf bis zu ihrem Schritt. Als sie den Wagen einparkte, drehte er sich zu ihr und schob seine große rechte Hand von oben in ihre tief sitzenden Shorts.

Bevor er seine Finger in sie hineinstecken konnte, schob sie einfach ihr Handgelenk unter seins und beförderte seine Hand aus ihrer Hose, als würde sie ihn für nichts als einen harmlosen Trottel halten.

»Du fühlst dich schön an da unten«, sagte er, wie benebelt vor Begierde. »Ich mag natürliche Muschis, nicht kahl rasiert, wie die Huren das heute machen. Ich mag’s, dass du noch ein paar Haare übrig gelassen hast.«

»Schön, dass es dir gefällt«, erwiderte sie mit eisigem Tonfall. »Wir sind da. Raus mit dir.«

»Warum kommst du nicht mit rein? Dann können wir beenden, was wir angefangen haben.« Sie wusste, dass er bereits aus dem Inneren der Fantasie sprach, die er begonnen hatte zu entwerfen.

»Wir haben gar nichts angefangen. Wie ich schon sagte, du bist nicht mein Typ. Gewöhnliche Typen törnen mich ab.«

»Komm schon …«

»Nein.«

Er lehnte sich zurück. Die strenge Endgültigkeit, mit der sie das Wort aussprach, riss ihn aus seiner Trance. Er blinzelte.

»Ich bin kein gewöhnlicher Kerl«, behauptete er trotzig.

»Blödsinn. Du bist zwar nicht unbedingt hässlich, aber ich hab dir schon gesagt, dass ich nur auf böse Jungs stehe und dass du keiner bist.«

»Das weißt du doch gar nicht.«

»Ich weiß, dass du nicht das Zeug dazu hast, die Art von Kerl zu sein, auf die ich stehe. Du bist ein feiger Niemand, ein Angeber, der versucht, sich aufzuspielen und einen auf harter Macker zu machen, um mich zu beeindrucken. Ich bin schon hundert Typen wie dir begegnet. Ihr seid alle gleich. Du bist gewöhnlich, wie die anderen.«

Seine Augen blitzten vor Wut. »Ich bin nicht gewöhnlich. Ich habe Leute umgebracht.«

Angela blickte einen langen Moment zu ihm hinüber, wobei sie bewusst keine Reaktion zeigte. Dann verdrehte sie die Augen und schüttelte angewidert den Kopf.

»Du hast nicht die Eier, jemanden zu töten. Du würdest dir in die Hose machen, wenn du versuchst, jemanden zu packen, und der dir sagt, du sollst dich verpissen.«

»Ich mach keine Witze.« Er senkte die Stimme und beugte sich zu ihr. »Ich habe Leute umgebracht.«

»Ja, klar doch. Du hast Leute umgebracht. Schön für dich.« Durch ihren Tonfall ließ sie ihn wissen, dass sie ihm nicht glaubte, obwohl sie wusste, dass es wahr war. »Und jetzt steig aus.«

»Hast du von der Hure gehört, die verschwunden ist? Carrie irgendwas …«

Angela wusste, von wem er sprach. Carrie Stratton war keine Hure gewesen. Sie war eine Krankenschwester im hiesigen Krankenhaus gewesen.

Normalerweise benutzte man dort einen Nachtzustelldienst, aber wenn die Sperrzeit für eine Abholung vorbei war und ein dringender Bedarf bestand, griff man manchmal auf einen Kurierdienst zurück. Angelas Dienst war normalerweise ihre Wahl, um Proben rasch zu einem von mehreren Laboren in größeren Städten zu schicken. In seltenen Fällen hatten sie sie sogar zu Speziallaboren in Buffalo, Newark oder New York City geschickt.

Es war kein großes Krankenhaus, daher kannte sie eine Reihe von Leuten, die dort arbeiteten. Sie hatte Carrie Stratton schon ein paarmal kurz getroffen. Carrie hatte einen Sohn und eine Tochter, die noch nicht im Teenageralter waren. Ihr Mann arbeitete für das Elektrizitätswerk.

Carrie hatte die Nachtschicht übernommen, um zusätzliches Geld für ihre Familie zu verdienen. Alle mochten sie. Angela hatte vor ein paar Tagen eine Probe abgeholt, und Carrie war diejenige gewesen, die sie überprüft hatte.

Es war spät in der Nacht gewesen, und man hatte ihr mitgeteilt, es sei wichtig, dass sie die Probe gleich am nächsten Morgen in ein Speziallabor zum Testen brachte. Als sie auf der I-86 von einem Polizisten angehalten wurde, zeigte sie ihm das Paket aus dem Krankenhaus mit dem Vermerk ›dringend‹ und kam mit einer strengen Verwarnung anstelle eines Strafzettels davon. Angela beachtete die Warnung nicht, aber sie brachte die Probe pünktlich ins Labor.

Das war in der Nacht geschehen, bevor Carrie verschwunden war.

Alle im Krankenhaus waren bestürzt über das Verschwinden der jungen Krankenschwester. Sie wussten, dass es nicht zu ihr passte, einfach wegzulaufen. Ihr Auto stand noch auf dem Parkplatz. Alle befürchteten, dass sie entführt worden war. Obwohl viele nach ihr suchten, in der Hoffnung, sie wohlbehalten wiederzufinden, war sich jeder der düsteren Tatsache bewusst, dass die Suche vielleicht kein glückliches Ende haben würde.

Bis zu dem Moment, als Owen ein paar Stunden zuvor die Bar betreten und sie ihm in die Augen geschaut hatte, war auch Angela nicht bekannt gewesen, was mit Carrie Stratton geschehen war.

»Ich glaube, ich hab was über eine Frau gehört, nach der gesucht wird«, sagte sie. »Was ist mit ihr?«

Owen beugte sich ein wenig vor und senkte die Stimme. »Ich habe sie getötet.«

»Hör auf damit, Owen«, gab sie zurück, während sie die regennassen Autos auf dem dunklen Parkplatz scannte. »Die Leute sagen, sie sei mit einem neuen Liebhaber durchgebrannt.«

»Ich war ihr neuer Liebhaber.« Er lachte schnaubend. »Aber sie ist nicht weggelaufen. Ich hab die Schlampe gefickt. Gut und hart gefickt. Sie sagte mir, dass sie mich identifizieren könnte und dass ich dafür ins Gefängnis käme. Für was? Dafür, dass ich eine Hure gefickt habe? Also habe ich sie umgebracht.«

Angela stieß einen ungeduldigen Seufzer aus. »Du bist ein gottverdammter Lügner, Owen, versuchst so zu tun, als wärst du ein harter Kerl.«

Owen neigte den Kopf zur Seite. »Was, wenn ich dir die Wahrheit sage?«

Angela begutachtete ihn im rötlichen Licht des Motelschildes.

»Wenn du wirklich den Mumm dazu hättest … Aber ich glaube nicht, dass …«

»Ich kann es beweisen.«

Angela rollte mit den Augen. »Ja, klar.«

»Nein, wirklich. Ich kann’s verdammt noch mal beweisen.«

»Wie denn?«

»Ich kann dir zeigen, wohin ich ihre Leiche gebracht habe.«

»Du kannst mir ihre Leiche zeigen?« Angela strich mit einem schwarzen Fingernagel über seinen Arm und ein Lächeln breitete sich auf ihren Zügen aus. »Ich war noch nie mit einem Mann zusammen, der jemanden umgebracht hat. Na ja, abgesehen von dem Kerl, der bei einer Kneipenschlägerei einen Mann getötet hat, aber das war eher ein Unfall. Es war nicht mit Absicht. Man muss schon eine bestimmte Art von Mann sein, um so was zu tun.«

»Hast du schon mal jemandem beim Sterben zugesehen?«, fragte er und schien dabei in seine Erinnerungen zu starren. »Zugeschaut, wie das Leben aus ihm verschwindet?« Er blickte wieder zu Angela. »Ein normaler Mensch hätte nicht den Mut dazu. Er könnte es nicht tun.« Sie wusste, dass es ihn dazu trieb, Frauen zu dominieren, ihnen wehzutun. Er mochte es, sie sterben zu sehen. Es erregte ihn sexuell. Diese Lust wurde immer stärker und die Zeit zwischen seinen Morden wurde kürzer. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er wieder Lust bekam zu töten. Allein die Erinnerung daran weckte in ihm das Verlangen, es wieder zu tun.

»Vielleicht habe ich dich falsch eingeschätzt.«

»Komm mit hoch auf mein Zimmer.«

»Mit auf dein Zimmer kommen?« Sie zog ihre Hand zurück. »Okay, ich hab’s verstanden. Du hast von ihrem Verschwinden in den Nachrichten gehört, und jetzt versuchst du, den Ruhm für dich zu beanspruchen. Du denkst, du wirst flachgelegt, wenn du sagst, dass du der Typ bist, der sie ermordet hat. Netter Versuch, Arschloch. Ich hab dich mitgenommen, wie du wolltest. Jetzt verpiss dich.«

»Nein, wirklich, ich habe die Schlampe umgelegt. Ich hab sie getötet und ihre Leiche entsorgt.« Owen winkte mit der Hand in Richtung Norden. »Da lang. Die Straße hoch in diese Richtung.«

Angela wusste, dass die Polizei und viele Freiwillige die Gegend um Milford Falls ausgiebig abgesucht hatten. Bisher hatten sie noch nichts gefunden.

Schon im ersten Augenblick, als er in die Bar gekommen war und sie ihm in die Augen geblickt hatte, waren Angela Owens Taten genau bewusst gewesen. Carrie hatte ihm nicht gesagt, dass sie ihn identifizieren könne und er ins Gefängnis kommen würde. Das war nur seine Ausrede, um den Mord an ihr zu rechtfertigen. Vor ihrem geistigen Auge sah Angela, wie Carrie bettelte und versprach, nichts zu sagen, wenn er sie gehen ließ. Sie sagte ihm, dass sie zwei Kinder habe, die sie brauchten. Sie hatte geweint und um ihr Leben gefleht. Dann hatte sie ihm Fotos ihrer Kinder in einem Medaillon gezeigt. Carrie hatte nicht wissen können, was Angela wusste – dass das Betteln um ihr Leben Owen nur noch mehr anspornen würde.

Dann fühlte er sich am stärksten. Es sorgte dafür, dass er einen Ständer bekam.

Angela hatte das alles gesehen. Aber weil es so dunkel und neblig gewesen war, hatte sie in ihrer Vision nicht genau erkennen können, wo er die Leiche abgeladen hatte.

Sie tippte mit der Daumenseite auf das Lenkrad. »Wie weit ist es?«

»Fuck, das weiß ich doch nicht.« Owen wurde ein wenig mürrisch, weil sie ihm nicht einfach aufs Wort glauben wollte. »Weit genug, dass sie sie wahrscheinlich für lange Zeit nicht finden werden, wenn überhaupt.«

»Und das heißt?«

»Von hier aus? Von dem Motel?« Er starrte in den Nebel. »50 Kilometer«, antwortete er schließlich.

Er wusste genau, wie weit es bis zu der Stelle war, an der er Carries Leiche abgelegt hatte, als er mit ihr fertig gewesen war. Killer konnten in der Regel ohne Schwierigkeiten an die genaue Stelle zurückkehren. Manchmal besuchten sie die Leiche, um die Aufregung der Tötung noch einmal zu erleben. Oder sie waren neugierig, ob jemand die Leiche gefunden hatte, sodass sie sie unter Beobachtung hielten. Gelegentlich meldeten sie sich sogar freiwillig, um Teil des Suchtrupps zu werden.

Mit einer Kopfneigung deutete Angela auf das Motelschild. »Viele Durchreisende übernachten im Riley Motel. Die Polizei würde diese Leute sicher befragen. Wie kommt es, dass die Polizei dich nicht befragt hat?«

»Das haben sie doch.« Er grinste verschmitzt. »Ich bin so lange geblieben, bis sie’s getan haben.«

»Du wolltest, dass sie dir Fragen stellen? Wenn du sie wirklich getötet hast, hätten sie dann doch rausgefunden, dass du’s warst.«

Er lehnte sich zurück und machte eine lässig-überlegene Geste mit der Hand. »Die Bullen sind dumm. Die haben keinen blassen Schimmer. Schon gar nicht bei jemandem, der weiß, was er tut.

Sie haben keinen Zeugen oder eine Leiche. Die haben einen Scheißdreck. Ich wollte in der Nähe bleiben und ihre Gesichter sehen. Sie haben immer diesen ernsten Blick, wenn sie nach einem Mörder suchen, aber sie wissen nicht, dass sie ihn direkt ansehen. Weißt du, was ich meine? Ich stehe direkt vor ihnen, und es ist, als wären sie verdammt noch mal blind. So wie du’s warst, bis ich’s dir gesagt habe. Du hast mich direkt angeschaut, genau wie die Polizei, und hast nicht geglaubt, dass ich ein Typ sein könnte, der jemanden umbringt.«

Für Owen war dieses Spiel ein Teil des Nervenkitzels. Das Töten war der Rausch, aber der verblasste. Er hielt sich für schlauer als die Polizei. Das Spiel mit den Behörden war seine Art, die Aufregung aufrechtzuerhalten. Ein weiteres Mittel dazu war das Trinken.

»Ja«, stimmte Angela zu, »ich schätze, es ist nicht so, als könnten sie sagen, dass du Leute getötet hast, nur indem sie dir in die Augen schauen.« Aber Angela konnte es.

Von diesem ersten Blick an war es ein sofortiges Wissen gewesen, fast so, als würde sie seine detaillierte Erinnerung an alles, was er Carrie angetan hatte, teilen – miterleben. Tatsächlich hatte sie im selben Augenblick alle vier Frauen gesehen, die er getötet hatte. Sie kannte die Details dessen, was er mit jeder von ihnen angestellt hatte.

Als sie jung gewesen war, hatte Angela manchmal quälende Schmerzen in den Beinen verspürt. Ihre Großmutter hatte ihr gesagt, das komme davon, dass ihre Knochen so schnell wuchsen. In die Augen eines Mörders zu sehen brachte ihr dieselbe Art von Schmerz. Es saß ihr in den Knochen.

Sie wusste, dass andere Menschen nicht tun konnten, was sie konnte. Sie wusste, dass sie anders war als andere Menschen.

Sie glaubte, dass der chronische Drogenkonsum ihrer Mutter, als diese mit Angela schwanger gewesen war, die Ursache darstellte. Diese ständige Suppe von Drogen, die im Bauch ihrer Mutter herumwirbelte, während sich Angelas Fötus entwickelte, hatte dazu geführt, dass sie zu einer Laune der Natur wurde.

Ihre Großmutter sagte, Angela habe Glück gehabt, dass all die Medikamente, die ihre Mutter genommen hatte, nicht dazu geführt hatten, dass sie zurückgeblieben, blind oder verkrüppelt sei. Es sei ein Wunder, dass sie überhaupt lebend zur Welt gekommen war. Aber Angela fühlte sich nicht vom Glück begünstigt.

Sie wusste, dass sie nicht normal war und es nie sein konnte.

Angela wusste, dass sie von Geburt an zerstört war.

Ihre Sehnsüchte, ihre Antriebe – die Dinge, durch die sie sich lebendig fühlte – waren nicht normal.

Und jetzt hatte dieser innere Antrieb sich wie ein Laser auf Owen fokussiert.

»Es ist leicht, zu prahlen, fremden Ruhm zu ernten und zu behaupten, dass du die Polizei getäuscht hast«, sagte sie. »Das heißt aber nicht, dass du’s wirklich getan hast. Viele Loser gestehen Verbrechen, die sie nicht begangen haben. Vielleicht haben die Cops dich für unschuldig gehalten, weil du es eben bist.«

»Sie haben mir geglaubt, weil ich schlauer bin als sie«, blaffte er sie an. »Die können mich nicht erwischen.«

»Vielleicht.« Sie wusste, dass sie ihn bis zum Äußersten treiben musste. »Wie ich schon sagte, es ist leicht, eine Geschichte zu erfinden. Nicht annähernd so leicht, ein Mann zu sein, der das tatsächlich tun könnte.«

Er sah aus dem Augenwinkel zu ihr hinüber. »Ich kann dir zeigen, wo ich ihre Leiche hingebracht habe.«

Sie starrte ihn einen Moment lang an. »Du hast gesagt, es waren 50 Kilometer?«

»Genau.« Owen zeigte in die Dunkelheit hinaus. »Da lang. 50 Kilometer. Komm, ich zeig’s dir, dann weißt du, dass ich die Wahrheit sage.« Er begann, es zu genießen, sie ins Vertrauen zu ziehen. Im Gegensatz zu anderen Frauen reagierte sie nicht mit Abscheu oder Entsetzen, sondern tatsächlich mit Interesse. Mit verschmitztem Grinsen verriet er ihr mehr. »Sie war auch nicht meine Erste.«

»Du meinst, du hattest schon vorher jemanden umgebracht?«

»Zwei andere.« Als er zu ihr hinübersah, konnte sie sehen, wie blutunterlaufen seine Augen waren. »Sie war die Dritte.«

Nein, Carrie war die Vierte. In seinem betrunkenen Zustand hatte er die magere Prostituierte vergessen, die er in einer Absteige in Pennsylvania zu Tode gewürgt hatte. Sie war eine Heroinsüchtige gewesen, die sich schon seit langer Zeit nach und nach selbst umbrachte, Angelas Mutter nicht unähnlich. Owen hatte das einfach für sie erledigt. Aber jetzt war nicht die Zeit, sein Gedächtnis aufzufrischen.

»Ich war noch nie mit einem Kerl zusammen, der tatsächlich jemanden getötet hat, jedenfalls absichtlich. Das ist verdammt heiß. Zumindest ist es das, wenn du mir die Wahrheit sagst.« Angela legte den Gang ein und fuhr vom Parkplatz.

»Ich hoffe, du verarschst mich nicht.«

»Wirst schon sehen«, erwiderte er mit selbstgefälliger Zuversicht.

5

Owen dirigierte sie auf eine wenig befahrene, schmale, kurvenreiche Nebenstraße. Diese lange, abgelegene Schleife abseits der Hauptstraßen, genannt Duffey Road, führte zu einer Ansammlung von Häusern und Camps.

Am Anfang, nicht allzu weit außerhalb von Milford Falls, gab es eine Reihe von niedrigen, baufälligen Häusern nahe der Straße. Bei einigen von ihnen hatte man schwarze Teerpappe an die schmuddelige weiße Fassade genagelt. Mehr als eines hatte ein eingestürztes Dach. Ein paar waren mit blauen Planen abgedeckt, um sie vor den Elementen zu schützen, aber mit der Zeit waren auch diese zerfetzt worden.

Verlassene Fahrzeuge, alte Geräte, ausrangierte Rasenmäher, Sturmfenster, Fahrräder, verrostete Grills und kaputte Gartenmöbel lagen verstreut auf einigen der Grundstücke. All das rostete oder verrottete zwischen Unkraut und Gestrüpp still vor sich hin.

Vor einigen alten Häusern lag so viel ausrangierter Schrott, dass die Gärten eher wie Schrottplätze aussahen. Auf anderen Grundstücken gab es Nebengebäude, in denen alte Traktoren und uralte Lastwagen auf Blöcken standen. Es gab einige zerfurchte Wege, die zu den Scheunen in den Feldern hinter den Häusern führten. An mehr als einem Ort waren BETRETEN VERBOTEN-Schilder an Bäume und Zäune genagelt.

An manchen Häusern leuchteten schummrige Verandalampen gespenstisch im Nebel, aber die meisten waren längst verlassen und dunkel. Früher hatte es in Milford Falls eine Textilfabrik und eine Reihe anderer Produktionsstätten mit vielen Beschäftigten gegeben, aber eine nach der anderen war geschlossen worden, sodass viele Menschen keine Arbeit mehr gefunden hatten und weggezogen waren. In Milford Falls war es nicht gerade einfach, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, also hatten viele Bewohner einfach ihre Siebensachen gepackt und sich davongemacht.

Nachdem sie an den Häusern vorbei waren, war nichts mehr zu sehen, das den Wald unterbrochen hätte. An manchen Stellen drängten sich Kiefern bis an den Rand der Asphaltstraße. Einige der Serpentinen, die sich durch die bergige Landschaft schlängelten, waren kaum breiter als ein Auto. Der Nebel, der nasse schwarze Asphalt und das Fehlen von Fahrbahnmarkierungen machten es Angela schwer zu erkennen, wohin sie fuhr. Das machte die Fahrt nervenaufreibend – ganz zu schweigen davon, dass sie neben einem Mann saß, der Frauen vergewaltigt und getötet hatte, weil es ihm Spaß machte.

Die Gemeinde tat anscheinend nicht viel, um die Straße instand zu halten, abgesehen vom Abschneiden verirrter Äste, die im Weg hingen. Die Straßendecke war mit Schlaglöchern übersät und an einigen Stellen brüchig. Schichten von Blättern und Tannennadeln hatten sich seit Langem an den Seiten angesammelt und verdeckten den Fahrbahnrand. Da so viele Menschen ausgezogen waren und verlassene Grundstücke zurückgelassen hatten, fühlte es sich an, als würde der Wald allmählich näher rücken und das Land zurückerobern.

Owen wurde zunehmend launisch, während sie die einsame Straße entlang zu der Stelle fuhren, an der er die Leiche abgelegt hatte. Sie vermutete, dass er sich darüber ärgerte, den Beweis erbringen zu müssen, dass er tatsächlich eine Frau ermordet hatte. Angela wusste, wenn sie ihn nicht erst betrunken gemacht hätte, hätte er nicht so schnell mit seinen Morden geprahlt. Sie rechnete nicht damit, dass er so schnell wieder nüchtern würde, aber es beunruhigte sie trotzdem.

Sie war sich auch darüber im Klaren, dass ihr Begleiter über ein leicht reizbares Temperament verfügte. Um ihn bei Laune zu halten und zu verhindern, dass er die Motivation verlor, musste sie es dulden, dass er während der Fahrt seine Hand vorn in ihre Shorts steckte. Weil sie angedeutet hatte, dass sie eine solche Behandlung durch die richtige Art von Mann begrüßen würde, wusste sie, dass ein zu hartnäckiges Zurückweisen seines Fummelns ihn wütend machen würde. Und in diesem Fall würde er vielleicht einfach beschließen, sie der Liste seiner Opfer hinzuzufügen.

Sie musste erreichen, dass er sie als eine Art Mitverschwörerin betrachtete, die von seiner Kühnheit beeindruckt war, damit er ihr bereitwillig die Leiche zeigte. Denn sonst würde diese vielleicht nie gefunden werden.

Also tat sie, was sie schon als junges Mädchen zu tun gelernt hatte, wenn sie keinen Einfluss darauf hatte, was mit ihr geschah: Sie ließ ihren Geist an einen anderen Ort gleiten. Es spielte dann keine Rolle mehr, was man mit ihr anstellte; sie war nicht da. Sie war weg und ihr Körper fuhr geistesabwesend weiter durch die regnerische Nacht.

Nach 50 Kilometern auf der schmalen Nebenstraße zog Owen seine Hand aus ihren Shorts und rief ihr zu, sie solle langsamer fahren, was sie von diesem fernen Ort zurückholte.

»Da!«, rief er, wobei er sich vor sie lehnte, um nach links zu zeigen, kurz bevor sie eine alte Stahlträgerbrücke über eine häufiger befahrene zweispurige Straße erreichten, die zu dem kleinen Dorf Bradley führte. »Hier ist es. Bieg hier ab.«

Angela verlangsamte den Wagen bis zum Stillstand. Sie drückte erneut auf den Scheibenwischer, um die Windschutzscheibe frei zu machen, während sie in die Dunkelheit spähte. Der Boden der Brücke vor ihnen bestand aus regenglatten Holzplanken. Äste, schwer von nassen Blättern, neigten sich über die Straße.

»Bist du sicher, dass das der richtige Ort ist?« Sie zog den kurzen Reißverschluss ihrer Shorts hoch. »Ich sehe keine Straße.«

»Ich hab nie gesagt, dass es eine Scheißstraße ist«, knurrte Owen. »Das ist nur eine Stelle, an der die Leute anhalten, um umzudrehen oder so. Fahr einfach hier rein.«

Angela bog in eine Lücke in dem schillernden grünen Gewirr aus Büschen und Bäumen ein. Es war tatsächlich eine Abzweigung. Sie war besorgt, dass der Boden schlammig sein könnte. Sie wollte auf keinen Fall, dass ihr Truck mitten im Nirgendwo auf einer selten benutzten alten Straße stecken blieb, während ein Mörder bei ihr war, der leicht auf unangenehme Ideen kommen konnte.

So, wie die kaum erkennbaren Spurrillen von Gras überwuchert waren, schien es, als wäre die Abzweigung schon seit Jahren nicht mehr benutzt worden. Zum Glück war sie nicht schlammig. Für die schmale alte einspurige Brücke über den Highway galt eine Gewichtsbeschränkung, also war es vielleicht einfach ein Platz, an dem schwere Lastwagen wenden konnten, wenn sie mussten, oder vielleicht war es einmal eine alte Brandschneise gewesen.

Die Abzweigung ging nur 15 bis 20 Meter weit, bevor sie anhalten musste, weil Schösslinge hereingewachsen waren und den Weg versperrten. Trotzdem waren sie dadurch, dass die Abzweigung leicht nach rechts abwich, bereits weit genug gefahren, um durch die Bäume vor jedem vorbeifahrenden Auto verborgen zu sein, besonders bei Nacht. Das war zweifellos der Grund, warum Owen sich diesen Ort ausgesucht hatte, um Carrie Stratton zu vergewaltigen und zu ermorden.

Owen öffnete seine Tür. »Wir müssen den Rest des Wegs zu Fuß gehen.«

Bevor sie ihre Waffe aus der Mittelkonsole holen konnte, beugte er sich noch einmal in den Wagen. »Worauf zum Teufel wartest du?«

»Nichts.« Sie öffnete ihre Tür und stieg aus. »Wie weit ist es noch?«

Owen hob den Arm und deutete in den mondbeschienenen Nebel. »Dahinten lang. Komm mit. Ich zeig’s dir.«

Während sie in ein Gebiet mit Laub abwerfenden jungen Bäumen gingen, konnte Angela rechts einen kleinen Bach sehen, der eine leichte Böschung hinunterfloss. In einiger Entfernung jenseits des Baches und der Bäume befand sich die Landstraße, die unter der Brücke hindurchführte. In der Weite dieser Wälder war es möglich, dass Carries Leiche nie entdeckt würde. Es wäre nicht die erste Leiche, die in diesen Bergen verschwand und nie wieder gesehen wurde, und auch nicht die letzte.

Es war ein einsamer, erbärmlicher Ort zum Sterben. Besonders wenn man so starb, wie Carrie gestorben war.

»Wehe, du verarschst mich«, warnte ihn Angela, um seine Aufmerksamkeit darauf zu lenken, dass er ihr einen Beweis schuldig war, während sie ihm weiter in den dichten Wald folgte. Sie wollte nicht, dass seine Gedanken abschweiften und er auf andere Ideen kam.

Die dicken Äste der Tannen dämpften das ferne Geräusch der Autos, die unter der Brücke hindurch und die Straße entlangfuhren, und so hatten sie sicherlich auch Carries Schreie gedämpft.

Wenn es schiefging, würde auch niemand Angelas Schreie hören.

Der Mond war aufgegangen und gab der feuchten, tief liegenden Nebeldecke einen schwachen Schimmer. Es war nicht viel Licht, aber es reichte ihr, um sich einen Weg durch ein Eichenwäldchen zu bahnen. Owen stolperte hier und da über Felsen. Obwohl er betrunken war, wusste er genau, wo seine Beute lag, und er war begierig darauf, sie ihr zu zeigen.

Angela hatte ihren Truck im Nebel hinter den Bäumen und dichten Büschen aus den Augen verloren. Sie zählte ihre Schritte, um die Entfernung zu messen. Je weiter sie kamen, desto verwilderter wurde der Wald und brachte jede Spur der alten Straße zum Verschwinden. Owen folgte einem Wildpfad durch das Gestrüpp und lief über den laubbedeckten Boden zwischen Ahornbäumen und Birken hindurch, wobei er das dichtere Geäst und den dichteren Tannenbestand mied. Von Blättern und Nadeln fielen große Wassertropfen, die der Nebel an ihnen zurückgelassen hatte. Der feuchte Duft des Waldes wäre angenehm gewesen, wenn der Grund ihrer Anwesenheit ein anderer gewesen wäre.

Angela begann, einen Bach zwischen den Felsen plätschern zu hören. Moos, das sich unter ihren Stiefeln schwammig anfühlte, bedeckte den Boden an flachen Stellen. Bei jedem Schritt auf dem Moosbett drückte sich Wasser nach oben. Sie wurde immer besorgter, je tiefer Owen sie in den Wald führte.

»Im Wald passieren schlimme Dinge«, murmelte sie, ohne zu merken, dass sie es laut gesagt hatte.

Owen grinste zustimmend über die Schulter zurück und zeigte dann auf etwas. »Gleich da drüben.«

Nicht weit vom Bach entfernt entdeckte Angela schließlich die Leiche. Owen führte sie direkt zu dem nackten Körper der Frau. Sie lag auf der Seite, ein Arm ausgestreckt. Angela sah nicht weit von ihr einen kleinen, blutigen, blauen Krankenhauskittel. Vor ihrem geistigen Auge sah sie wieder, was sie gesehen hatte, als Owen in die Bar gekommen war und ihr in die Augen geschaut hatte. Sie sah Carrie zittern, bluten und um ihr Leben betteln, während Owen ihr befahl, den Kittel auszuziehen. Der wahre Horror ihrer Tortur hatte gerade erst begonnen.

In der warmen, feuchten Umgebung hatte die Leiche bereits begonnen zu verwesen. Auf dem weichen Bauch des Leichnams gab es Stellen, an denen Tiere, wahrscheinlich Raben, das Fleisch aufgerissen hatten, um sich an dem zu laben, was darin war. Maden wimmelten in den offenen Wunden. Der Geruch ließ Angela einen Schritt zurückweichen.

»Siehst du, ich hab’s dir gesagt«, rief Owen. Er klang gereizt, wahrscheinlich weil er sich so viel Mühe hatte machen müssen, um es ihr zu beweisen.

Neben den Wunden, die ihr von Tieren nach dem Tod zugefügt worden waren, klafften Schnittwunden in Carries Brust und Hals, die ihr ein menschliches Tier zugefügt hatte.

Aussehen und Zustand der Leiche bestätigten Angela die Details dessen, was sie beim ersten Blick in Owens Augen wahrgenommen hatte. Der Tod war langsam gekommen, während er sich immer mehr an der Brutalität seiner Taten berauscht hatte. Owen mochte es, wenn seine Opfer am Leben waren, damit er sie beherrschen, ihnen Angst machen, sie verletzen konnte. Carrie hatte seine krankhaftesten Wünsche erfüllt.

Sie hielt den Atem an und legte eine Hand über Mund und Nase, bevor sie sich neben die Leiche hockte, um ein letztes Detail der Vision zu bestätigen, die sie empfangen hatte. Wie erwartet hing eine zarte Goldkette zwischen Carries Lippen. Ein Teil davon baumelte hinunter und kräuselte sich im Schlamm neben ihrer Wange.

An der feinen Goldkette hing ein kleines Medaillon mit den Fotos ihrer beiden Kinder. Owen hatte sie gezwungen, es zu schlucken, nachdem sie ihm die Fotos gezeigt hatte, eines in jeder Hälfte, um ihm zu beweisen, dass sie Kinder hatte, die sie brauchten. Sie hatte fälschlicherweise geglaubt, das würde sein Mitgefühl wecken. Owen hatte sie gezwungen, das Medaillon zu schlucken, um ihr zu zeigen, dass er kein Mitgefühl besaß. Als er mit seinen großen Fäusten in ihren Bauch geschlagen hatte, während sie auf dem Rücken auf dem felsigen Boden lag, hatte sie es wieder in ihren Mund erbrochen.

Angela richtete sich neben Owen auf, als dieser auf die Leiche deutete. »Da ist dein verdammter Beweis. Genau wie ich es dir gesagt habe.«

Sie konnte sich nicht mehr erinnern, wie oft sie als Kind ganz leicht auf diese Weise hätte enden können.

»Okay, ich glaube dir. Lass uns zurückgehen.«

Während sie neben ihm herging und seine Größe im dunstigen Mondlicht betrachtete, wurde ihr nur allzu bewusst, dass sie allein mitten im Nirgendwo mit einem Monster unterwegs war. Einem Monster, das bereits vier Frauen nur für den Nervenkitzel umgebracht hatte. Sie hatten um ihr Leben gekämpft.

Aber sie waren ihm nicht gewachsen gewesen.

Nicht nur dass er wahrscheinlich doppelt so viel wog wie Angela, ein Großteil dieses Gewichts bestand aus Muskelmasse. Sie hatte das Gefühl, auf einem Drahtseil zu balancieren.

Gleichzeitig war es ein wunderbarer Rausch der Gefühle.

Als ihr Pick-up in Sichtweite kam, war sich Angela sehr bewusst, wo ihre Pistole lag. Sie trug sie oft hinten im Hosenbund, aber ihre Shorts und ihr abgeschnittenes Oberteil boten keine praktische Möglichkeit, eine Waffe zu verstecken – ganz zu schweigen davon, dass es illegal war, eine Waffe verdeckt zu tragen –, also hatte sie sie im Wagen gelassen. Sie wusste, dass sie, um jetzt an sie heranzukommen, vor ihm ins Auto steigen musste.

Das war nur ein weiteres Detail in dem Wirbelsturm von Gedanken, der bereits in ihrem Verstand tobte.

»Du hast die Leiche gesehen«, sagte Owen, als sie auf den Pick-up zugingen. »Jetzt wird’s Zeit, dass ich dich so nehme, wie du’s magst.«

»Ich will’s nicht im Schlamm machen«, erwiderte sie in einem selbstbewussten Tonfall.

Er mochte ihren Ton nicht. Kein bisschen.

Der Schalter war umgelegt.

Blitzschnell schnappte er mit seiner großen Faust eine Handvoll ihrer Haare und riss sie auf den Boden.

»Ist mir wirklich scheißegal, was du willst, du kleine Schwanzlutscherin«, zischte er durch zusammengebissene Zähne. »Jetzt kriege ich, was ich will.«

6

Angela klammerte sich mit beiden Händen an Owens Handgelenk, damit er ihr die Haare nicht mit den Wurzeln ausreißen konnte, während er sie über den zerklüfteten Boden schleifte.

Ihr Gewicht stellte für ihn kein Problem dar. Bei der Eile, mit der er sie zog, und bei der Art, wie er sie an den Haaren hielt und ihren Nacken herumdrehte, konnte sie nur hier und da einen halben Schritt machen. Die meiste Zeit war sie aus dem Gleichgewicht, während sie wie eine Stoffpuppe mitgeschleift wurde.

Angela sagte nichts. Sie wusste, dass Owen ihr ab jetzt nicht mehr zuhören würde.

Als sie den Pick-up erreichten, zog er sie nicht, wie sie erwartet hatte, in das Fahrerhaus – wo ihre Waffe lag –, sondern zur Rückseite des Trucks. Mit der freien Hand ließ er die Heckklappe herunter, sprang hinauf und zog sie mit einem schnellen Ruck an den Haaren hoch.

Owen warf sie auf die Ladefläche des Trucks. Er brauchte ihr nicht mehr zu beweisen, dass er kein gewöhnlicher Kerl war. Er hatte in den Psychomodus geschaltet und konzentrierte sich nur noch auf das, was er wollte. Nun würde er diktieren, was zu geschehen hatte. Sie wusste, dass sie nichts anderes von ihm erwarten konnte. Immerhin hatte sie zu ihm gesagt, dass sie auf Typen stehe, die sich nahmen, was sie wollten.

Angela war sich bewusst, dass sie hier äußerst allein waren und dass niemand ihre Schreie hören würde, genauso wenig, wie man Carries gehört hatte.

Blitzschnell war er auf ihr und betatschte sie.

»Ich mag deine Titten«, sagte er mit einem atemlosen, lüsternen Keuchen. »Mir gefallen diese großen, falschen Plastiktitten nicht, die die meisten dieser Huren heute haben. Ich mag echte Titten, wie deine.«

»Küss mich«, flüsterte sie ihm heftig ins Ohr.

Er schob ein Knie zwischen ihre Beine und zwang sie, sie zu spreizen, während er seinen Mund auf ihren drückte. Sein Atem stank nach Alkohol.

Angela drückte ihm ihren Mund entgegen, um ihn zu ermutigen. Er reagierte, indem er seine Zunge in ihren Mund schob. Sie wehrte sich nicht. Er löste seinen Gürtel und öffnete den Reißverschluss seiner Hose, ließ die unbequeme Erektion heraus, bevor er nach dem Reißverschluss ihrer Shorts griff.

Während seine Zunge tief in ihren Mund eindrang und seine Hand damit beschäftigt war, ihre Shorts zu öffnen, griff sie an die Oberseite ihres rechten Stiefels und tastete blind mit den Fingern umher.

Als sie gefunden hatte, was sie suchte, und den Griff fest in der Hand hielt, biss sie abrupt auf seine Zunge, so fest sie konnte, und zog ihren Kopf zurück.

Owen schrie vor Überraschung, Wut und Schmerz auf. Sein erster Instinkt war der Selbsterhaltungstrieb, also lehnte er sich nach vorn und folgte ihrer Bewegung, um zu verhindern, dass ihre Zähne seine Zunge aufrissen.

Während sie seine Zunge mit den Zähnen festhielt, zog Angela gleichzeitig das Messer aus der Scheide in ihrem Stiefel. Sie stieß den linken Unterarm gegen seine Kehle und drückte ihn abrupt zurück, während sie ihre Zähne fest in seine Zunge grub. Es entstand eine Lücke von einem oder zwei Zentimetern zwischen ihren Lippen.

In diesem Augenblick riss sie das Messer zwischen ihren Gesichtern hoch und schnitt seine Zunge ab.

Owen fiel durch das plötzliche Verschwinden des Widerstands zurück und keuchte vor Schreck und Verwirrung. Da er so betrunken und die Klinge so scharf war, spürte er es nicht sofort. Sie konnte an seinem Gesichtsausdruck erkennen, dass sein berauschtes Gehirn sich abmühte, zu verarbeiten, was gerade passiert war. Angela spuckte seine blutige, abgetrennte Zunge aus.

Als sich der Schmerz bemerkbar machte, schrie er, aber es war mehr ein gurgelndes Wimmern als ein Schrei. Er hob eine Hand, um seinen Mund zu bedecken, während er versuchte, sich einen Reim darauf zu machen, was gerade geschehen war. Blut sickerte zwischen seinen dicken Fingern hervor und lief an seinem Kinn herunter.