Maddrax 351 - Christian Schwarz - E-Book

Maddrax 351 E-Book

Christian Schwarz

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Beschreibung

Seit der Vernichtung des Streiters kreist ein Leichenschiff auf einer stationären Umlaufbahn um die Erde: Die Besatzung des marsianischen Raumschiffs AKINA hat den Todesschrei der kosmischen Entität nicht überlebt. Nun aber soll die AKINA zu einem wichtigen Stützpunkt werden: Matthew Drax hofft von dort aus weitere Artefakte orten und anfliegen zu können. Doch er und Aruula betreten ein Schiff, das nicht ganz so tot scheint, wie es von außen wirkt...

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Seitenzahl: 153

Veröffentlichungsjahr: 2013

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Serie

Covermaler/in

Autor/in

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ die Erde. Die Erdachse verschiebt sich und ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist – bis auf die Bunkerbewohner – auf rätselhafte Weise degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, dessen Staffel beim Einschlag durch ein Zeitphänomen ins Jahr 2516 gerät. Nach dem Absturz wird er von Barbaren gerettet, die ihn „Maddrax“ nennen. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula findet er heraus, dass Außerirdische mit dem Kometen – dem Wandler – zur Erde gelangt sind und schuld an der veränderten Flora und Fauna sind.

Nach langen Kämpfen mit den gestaltwandlerischen Daa’muren und Matts Abstecher zum Mars, auf dem die Nachfahren der ersten Marsmission 2011 eine eigene Zivilisation errichtet haben, entpuppt sich der Wandler als lebendes Wesen, das jetzt erwacht, sein Dienervolk in die Schranken weist und weiterzieht. Es flieht vor einem kosmischen Jäger, dem Streiter, der bereits die Spur zur Erde aufgenommen hat! Bei seiner Ankunft versuchen Matt und seine Gefährten, ein Stück eines lebenden Steinflözes in den Streiter zu versetzen, der ihn versteinern soll. Dies gelingt nach einigen „Komplikationen“, zu denen auch eine Reise durch verschiedene Parallelwelten zählt. Der lebende Stein wurde von sogenannten Archivaren entwickelt, die in einer Welt zwischen den Paralleluniversen leben und in einem „zeitlosen Raum“ technische Artefakte aller Epochen sammeln.

Von dort kommt die nächste große Bedrohung: ein Archivar namens Samugaar, der in Matts Welt und Zeit strandet und die Erde erobern will. Durch ein Schlangengiftserum macht er Aruula hörig, die sich gegen ihre ehemaligen Gefährten stellt. Matt, der sich schon zuvor von ihr getrennt hatte, nachdem sie durch einen Unfall den Tod seiner Tochter verschuldete, trifft sie beim Endkampf gegen Samugaar wieder. Die Archivare entgiften Aruula, bevor sie und Matt beim Schlag gegen Samugaar durch ein Zeittor in ihre Welt zurückgeschleudert werden. Mit ihnen gelangt eine BagBox herüber, ein lichtschluckender Koffer, in den Samugaar bereits etliche Artefakte gepackt hat, mit denen er die Weltherrschaft an sich reißen wollte. Beim Übergang implodiert die BagBox und verteilt ihren Inhalt über die ganze Erde.

Sie spüren dank eines Scanners, der ebenfalls aus dem zeitlosen Raum stammt, in New Orleans das erste Artefakt auf, das Kontakt zu Toten herstellen kann. Um die Machtverhältnisse dort zu stabilisieren, überlassen sie es dem Voodoopriester Papa Anastaa, stellen aber sicher, dass er es nicht zum Bösen benutzt. Zuvor erhält Aruula Kontakt zu „Wudans Auge“, einer verstorbenen Göttersprecherin, die ihr drei Aufgaben stellt, durch die sie Gnade vor Wudan erlangen und ihre Schuld tilgen kann, die sie als Samugaars Werkzeug auf sich geladen hat: zum Beispiel, die komplette Insel Puerto Rico mit mörderischen Nanobots zu infizieren.

Das Auge im Himmel

von Christian Schwarz

Niagara, Kanada, März 2527

Josuee Creen spähte durch den schmalen Spalt zwischen den Vorhängen und grinste hämisch. Drüben, auf der Meeraka-Seite, konnte er nur eine Handvoll Besucher ausmachen. Auch mit der neuen Cuurlbahn schaffte Watts es nicht, die Tuuris zu locken. Egal, was er auch anstellte, die Kanda-Seite war nun einmal wesentlich attraktiver. Josuee warf noch einen kurzen, zufriedenen Blick auf die zahlreichen Eissegler tief unten, dann wollte er den Vorhang wieder schließen; viel zu grell war ihm die Sonne, die heute an einem wolkenlosen Himmel hing. In diesem Moment schob sich ein riesiger Schatten über die glitzernde Fläche des Eissegel-Kurses. Josuee erstarrte. „Merdu!“, murmelte er voller Entsetzen, als er erkannte, was den Schatten warf.

Kurz zuvor

„Macht euch schon mal fertig. Gleich seid ihr dran“, sagte der dicke Einweiser grinsend in Richtung Nellie und Jacquee. „Ich hol jetzt den gelben Eissegler rein, und dann, das garantier ich euch, werdet ihr was Einmaliges erleben. Oder wart ihr schon mal auf dem Kurs unterwegs?“

„Nein, ist das erste Mal“, brummte Jacquee, ein blonder Hüne mit Zöpfchen im Vollbart. Er drückte sich von hinten an Nellie und legte seine Pranken auf ihre Schultern.

„Ich kann’s kaum glauben, dass ich hier stehe“, flüsterte Nellie, eine junge hübsche Frau in einem Robbenfellmantel. Sie standen bereits ganz vorne an der hölzernen Absperrung. Nur der Schlagbaum trennte sie noch von der weitläufigen, glitzernden Eisfläche, die sich vor der gewaltigen senkrechten Eiswand des Nigaara erstreckte. Über zwanzig Eissegler mit bunten Dreieckssegeln sah sie dort draußen, zum Teil so weit entfernt, dass sie klein wie Lischetten1 wirkten.

„Mit dir würde ich sogar ans Ende der Welt fahren, meine Süße.“

Nellie drehte sich und zog ihn an einem der Bartzöpfchen. „Ich weiß. Aber Eissegeln in Nigaara ist so schrecklich teuer. Wo hast du nur die Baxx2 dafür herge-“

Er verschloss ihre Lippen mit einem Kuss. „Musst du nicht wissen, okee?“, sagte er dann. „Genieße es einfach.“

Vor Nellie rauschten dicht nebeneinander zwei Eissegler vorbei. Die Segel knatterten im Wind. Nellie hörte die anfeuernden Rufe der Passagiere. Vor allem zwei ältere Frauen im roten Segler taten sich lautstark hervor und trieben ihren Skeetar-Master zu Höchstleistungen.

„Die machen ein Wettrennen!“, stellte Nellie erschreckt fest.

„Ja“, bestätigte der Einweiser. „Ist eigentlich verboten, aber bei so ’nem schönen Nordwind drück ich schon mal ein Auge zu. Keine Angst, unsere Skeetar-Master haben alles im Griff.“ Er hob ein Horn an den Mund und blies hinein, dann schwenkte er eine gelbe Flagge.

Kurze Zeit später näherte sich der gelbe Eissegler. Das Eis knirschte mächtig, als er kurz vor der Barriere zum Stehen kam. Der Skeetar-Master, ein älterer Mann mit Glatze und Eiszapfen im Vollbart, stellte sich als Ruud vor und grinste breit. Er legte geschickt das Dreieckssegel flach.

Nellie spürte die Aufregung jetzt mit jeder Faser ihres Körpers. Sie fixierte die Aussichtsplattformen auf der Kanda-Seite, auf der sich die Tuuris nur so drängten. Vor den Fernrohren bildeten sich lange Schlangen.

Ich werde den Eisigen Bishopp und sein Gotteslicht sehen, dachte Nellie. Und tausend andere wunderbare Figuren. Jacquee, dafür liebe ich dich …

Auf einer abgeschabten roten Matte ging sie vor ihrem Freund her zum Segler. Sie stiegen über die breiten, ausladenden Kufen und setzten sich mit Hilfe des Skeetar-Masters hinein: Jacquee hinten, Nellie zwischen seinen Beinen. Ruud quetschte sich vor seinen Passagieren auf den Master-Sitz, nahm die Lenkseile wie die Zügel eines Horsays, stellte das gelbe Dreieckssegel wieder auf und drehte es in den Wind.

Nellie lehnte den Kopf an Jacquees Brust, als sich der Wind im Segel verfing. Und schon setzte sich der Skeeter in Bewegung.

Ruud segelte seine Passagiere auf einem mäandernden Kurs an der hufeisenförmigen Eiswand entlang. Nellie kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die gigantische Wand des Nigaara hielt immer neue Wunder für sie bereit. Das Eis hatte eine Vielzahl bizarrer Formen in den senkrecht aufsteigenden Wänden ausgebildet. Von Wind und Wetter bearbeitet, änderten sie sich ständig, aber die schönsten Gebilde schienen zumindest in ihrer Grundform für die Ewigkeit gemeißelt zu sein: die Fliegende Gans, der Brüllende Izeekepir, die alte Init-Mutter …

„Schau mal – das da oben muss der Lachende Elk sein!“, rief Nellie und deutete auf einen Eisklotz fast am oberen Rand.

„Richtig geraten!“, ließ sich Ruud vernehmen. „Und um euch ein kleines Geheimnis zu verraten,“ er schaute nach hinten und grinste, „die runde Schnauze und die Augenhöhlen sind echt, aber bei den Schaufeln haben die Creens, denen das alles hier gehört, ein bisschen nachgeholfen.“ Ruud setzte eine verschwörerische Miene auf. „Aber nicht weitersagen, ja? Und jetzt kommen wir zum Höhepunkt! Ahnt ihr es?“

„Der Eisige Bishopp!“, rief Nellie begeistert.

„Na klar, was denn sonst?“ Ruud richtete die Gelenkkufen und das Segel neu aus. Der Skeeter bewegte sich auf ein Tor in der mannshohen Barriere aus Eisquadern zu, die den Kurs in ganzer Breite abschloss. Zwei bewaffnete, finster aussehende Wachen sicherten das Tor. Jacquee musste sein Ticket vorzeigen, dann duften sie passieren.

Vor ihnen öffnete sich das Stadtpanorama von Nigaara Falls. Hochhäuser und Türme ragten aus dem Eis, die flachen Holzhäuser dazwischen bedeckten eine weite Fläche. Scharen von Kolks kreisten zwischen den Türmen. Ihr Krächzen war bis hierher zu hören. Doch dann drehten sie plötzlich ab und verschwanden wie auf ein geheimes Kommando hin.

Nellie wollte Ruud fragen, was das zu bedeuten hatte, ließ es dann aber bleiben, weil das Panorama sie so sehr fesselte.

Der Skeetar-Master beschleunigte und fuhr auf Nigaara Falls zu. Dann beschrieb er einen weiten Rechtsbogen und segelte erneut an einer Eiswand entlang. „Das ist noch unser Eis, dahinter beginnt dann der Teil der Meerakaner“, erläuterte Ruud. „Das meerakanische Eis ist aber nicht so schön wie unseres. Seht ihr da vor uns den bewachten Zaun? Den haben die Creens aufgestellt, damit die Meerakaner nicht reinkommen können.“

„Die Creens sind ziemlich mächtig, was?“, fragte Jacquee.

„Merdu, ja, das sind sie, die Herren von Nigaara Falls. Aber sie sind ganz in Ordnung, auch wenn sie sich kaum sehen lassen.“

Vier weitere Eissegler waren auf der Eisige-Bishopp-Passage unterwegs. Ruud ließ sein Gefährt noch ein Stück weiter gleiten. Nellie hielt den Atem an. Ganz allmählich schälten sich Konturen aus der Eiswand, wurden immer deutlicher. Sie glaubte bereits den Arm mit dem Stab ausmachen zu können. Ihr Herz klopfte hoch oben im Hals, unwillkürlich drückte sie sich fest an ihren Gefährten.

Ruud bremste ab. Nun sahen sie den Eisigen Bishopp in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit. Nellie war ein wenig enttäuscht, dass er nicht ganz so großartig wirkte wie in den zahlreichen Erzählungen. Vor allem das Gotteslicht, das ständig um seinen Kopf leuchten sollte, konnte sie nirgendwo erkennen.

Gut zwanzig Meter über dem Boden begann sich seine Gestalt aus der sonst glatten Eiswand zu schälen; dort, wo die metallen blitzende Leiter endete, die vom Boden hochführte und von vier bewaffneten Männern bewacht wurde. Die Vorderseite eines maskulinen Körpers ragte reliefartig aus der Wand, ging in Schultern, einen etwas zu großen, verzogenen Kopf mit Gesichtskonturen und einen spitzen Hut über. Auch Arme waren zu erkennen, zumindest der rechte, der den Bishoppstab hielt. Allerdings ragte auch der nicht annähernd so hoch auf, wie die Leute erzählten.

„Wunderschön“, flüsterte Nellie dennoch. Dass das Gotteslicht im Moment fehlte, war zu verschmerzen.

„Kannst du näher ran, Ruud?“, fragte Jacquee.

„Nein, der Wind steht schlecht.“

„Auch gut. Ein kleiner Fußmarsch kann nicht schaden.“ Jacquee löste sich von der erstaunten Nellie und turnte aus dem Skeeter. „Bin gleich zurück“, sagte er grinsend und ging ein wenig rutschend auf die riesige Skulptur zu.

„Was macht er da?“, fragte Nellie.

„Na, was wohl? Du wirst doch schon gehört haben, dass man sich Apoostel vom Eisigen Bishopp holen kann, oder?“

„J-ja. Die sollen das ganze Leben lang Glück bringen.“

„So ist es. Und dein Freund hat dafür bezahlt, dass er sich zwei Apoostel holen darf.“

Angst stieg in Nellie hoch. Sie wusste, dass die Apoostel am Fuß des Bishopps ruhten, erreichbar nur über die Leiter. Aber wenn sich Jacquee etwas in den Kopf setzte, zog er es auch durch. Also versuchte sie erst gar nicht, ihn zurückzuhalten. Gespannt verfolgte sie, wie Jacquee zu den Bewaffneten trat und erneut sein Ticket vorzeigte. Die Wachen salutierten und Jacquee begann geschickt die Leiter zu erklettern.

Nellie bemerkte, dass die anderen Skeeter näher kamen.

„Die wollen auch zuschauen“, kommentierte Ruud. „Dass sich einer Apoostel holt, kommt nicht alle Tage vor. Meistens fehlen entweder die Baxx oder der Mut.“

Als Jacquee ungefähr auf der Hälfte der Leiter war, strich plötzlich ein riesiger Schatten über das Eis.

Nellie und Ruud sahen irritiert nach oben. Ihre Augen weiteten sich. Angst sprang sie an wie ein wildes Tier. Und Nellie wurde schlagartig klar, warum die Kolks vorhin geflohen waren!

„Merdu“, murmelte Ruud im Angesicht der Rieseneule mit den schwarzbraunen Schuppen. „Das ist ein Eluu! Verdammt will ich sein! Was will das Biest hier?“

Der Eluu3 drehte eine weite Runde über Nigaara Falls – und flog dann direkt auf den Eisigen Bishopp zu! „Kuruuh“, klang es krächzend aus der Luft.

„Der greift an! Das ist sein Angriffsschrei!“, stöhnte Ruud und bekreuzigte sich im Bauchbereich.

„Neiiiiin!“, schrie Nellie voller Panik. „Jacquee! Pass auf!“

Der blonde Hüne merkte, dass etwas nicht stimmte. Er verharrte, drehte sich auf der Leiter. Als er den anfliegenden Eluu bemerkte, begann er hastig wieder abzusteigen.

Dann ging alles blitzschnell. Kurz vor der Wand richtete sich der Eluu steil auf und flatterte wie wild mit den Flügeln. So blieb er für einen Moment in der Luft stehen. Nellie schlug die Hand vor den Mund, als sich sein Krächzen und Jacquees schriller Schrei mischten.

Der Eluu, wahrscheinlich von den Bewegungen auf der glänzenden Metallleiter angelockt, griff zielgenau zu. Im nächsten Moment hatte das Biest die Beute sicher – sank aber plötzlich ab, als es nicht mehr in Fluglage kam.

Die Wachen sprangen auseinander, als der gut fünf Meter große Vogel zwischen ihnen aufschlug. Schon flatterte er erneut, stieß sich ab und begann in Richtung Nigaara Falls in den blauen Himmel zu steigen. Jacquee hing in seinen mächtigen Krallen. Er lebte noch, schlug hilflos um sich. Oder waren das die baumelnden Arme eines Toten?

Nellie bekam die grausame Szene nur noch wie in Trance mit. Das Blut rauschte in ihren Ohren, die Schreie um sie her hörten sich mit einem Mal seltsam dumpf an. Ein Weinkrampf schüttelte sie.

Die Wachen rappelten sich wieder hoch, reagierten endlich. Sie zogen langläufige Pistools auf ihren Holstern und begannen auf den Eluu zu schießen.

Nein, wollte Nellie rufen, ihr trefft doch Jacquee! Aber sie bekam keinen Ton heraus.

Die Schüsse richteten keinen Schaden an, irritierten den Eluu aber so weit, dass er seine Beute fallen ließ. Aus gut zehn Metern Höhe krachte Jacquee aufs Eis. Bewegungslos blieb er liegen. Eine Blutlache breitete sich unter ihm aus.

Der Eluu drehte einen weiten Bogen – und kam zurück. Ruud hatte, wie auch die anderen Skeetar-Master, seinen Eissegler längst in Bewegung gesetzt.

„Wir müssen Jacquee helfen!“, schrie Nellie ihn hysterisch an.

„Dem ist nicht mehr zu helfen, siehst du das nicht?“, gab Ruud zurück. „Und jetzt lass mich, sonst sind wir auch noch dran. Das Biest haut nicht ohne Beute ab.“

Die Eissegler lieferten sich ein aussichtsloses Wettrennen mit dem Eluu. Nellie krampfte ihre Hände um den Rand des Skeeters und blickte zurück. Sie sah, dass sich der blaue Segler hinter ihnen versteuerte. Er stieg plötzlich über die rechte Kufe hoch, stand einen Moment lotrecht und kippte dann seitlich weg. Die Insassen stürzten schreiend auf das Eis.

Ihr vorläufiges Glück war, dass der Eluu auf die flüchtenden Gefährte fixiert war. Er strich über den verunglückten Segler hinweg – und nahm sich den violetten vor. Mit den Krallen voran schlug er ein. Der Skeeter zerbrach mit einem Knirschen und Krachen, das durch Mark und Bein ging. Auch seine Insassen wurden herausgeschleudert, während das zerstörte Fahrzeug herumgewirbelt wurde – und in das pinkfarbene vor ihm krachte.

Auf der Eisfläche herrschte das blanke Chaos – aus dem nur Ruuds gelber Segler entkam, während die Rieseneule unter den Bedauernswerten auf dem Eis reiche Beute hielt.

Nellie wünschte sich, auch sie wäre tot.

Über den Sümpfen von New Orleans, 12. Juli 2528

Commander Matthew Drax schüttelte den Kopf. Er fühlte Enttäuschung in sich aufsteigen. Dabei hatte er im Grunde nichts anderes erwartet. „Keine neue Ortung“, kommentierte er und schwenkte den Artefakt-Scanner ein paar Mal im Halbkreis vor sich hin und her – als könne er so doch noch ein Signal auf das beleuchtete Display zwingen.

Obwohl er den Scanner auf die weiteste von fünf Reichweiten eingestellt hatte, war nur ein einziger Leuchtpunkt im Zentrum zu sehen – der Transkommunikator, den sie dem örtlichen Voodoo-Priester überlassen hatten. Dank Aruulas List konnten sie sicher sein, dass Papa Anastaa kein Schindluder damit trieb. Ein weiteres Signal – und damit ein Hinweis auf ein weiteres Artefakt – war aber nicht auf dem Scanner zu sehen.

„Das bringt doch nichts“, sagte Aruula, die auf dem Co-Pilotensitz des Shuttles saß und vor sich hin stierte. Was sie in Nuu’oleens erlebt und erfahren hatte, musste sie erst verarbeiten. „Vielleicht klappt es, wenn wir höher steigen.“

Matt nickte. Es brachte eh nichts, hierzubleiben. Nur wenn sie sich bewegten, konnte ein weiteres Artefakt in Sicht kommen. Er schätzte die Reichweite des Scanners auf rund fünfzehnhundert Kilometer. Bislang hatte er noch keine Möglichkeit gefunden, sie zu vergrößern. Die Informationsschicht, die jedes Artefakt umgab und eine Art Bedienungsanleitung auf den Benutzer übertrug, fehlte bei diesem Gerät, bei dem es sich wohl um ein Werkzeug für den zeitlosen Raum handelte und nicht um ein Artefakt.

Er legte den Scanner, der einer klobigen Fernbedienung mit einem großen runden Display glich, neben sich auf die Konsole und schaltete die Triebwerke des Shuttles auf Steigflug.

Mit einem tiefen satten Brummen fuhren sie hoch und glichen rollendem Donner, als sich das Kleinraumschiff im ersten kräftigen Licht des neuen Tages langsam aus den Mangrovensümpfen einer Insel nahe New Orleans’ erhob. Scharen von Vögeln flatterten von bizarr aussehenden Bäumen hoch, ein riesiger Shargator stieg fast senkrecht aus der sumpfigen Brühe eines weitläufigen Tümpels und ließ sich waagerecht wieder hineinfallen.

Matthew musterte Aruula aus den Augenwinkeln. Mit versteinerten Zügen starrte sie aus dem Fenster auf ihrer Seite und biss dabei auf ihrer Unterlippe herum.

Matt wusste, dass ihre Gedanken bei der Geisterscheinung von Wudans Auge waren, die ihr drei Sprüche ihres Gottes überbracht hatte. Er selbst brachte den genauen Wortlaut nicht mehr zusammen, daher war es wichtig, dass Aruula ihn sich einprägte.

Er räusperte sich. „Die drei Aufgaben; kannst du sie mir noch einmal vortragen? Ich muss ja auch erkennen können, wenn sie eintreffen.“

Sie schien wie aus einem Tagtraum aufzuwachen, sah ihn an und nickte. „Du glaubst also daran?“, fragte sie – nicht ohne Grund. Dass Matt als Logiker nie Zugang zu ihrer Götterwelt gefunden hatte, war immer ein Streitthema zwischen ihnen gewesen. Aber wie hätte er an der Erscheinung zweifeln können, die das Artefakt aus einem Zwischen-Universum geholt und materialisiert hatte? Dass es kein Humbug war, wusste er, seitdem er die Informationsschicht des Transkommunikators berührt hatte.

„Ich glaube immer, was ich sehe“, antwortete Matt. „Und Wudans Auge war kaum zu übersehen. An deinen Göttern scheint mehr dran zu sein, als ich dachte.“ Und auch an den Dämonen, fügte er in Gedanken hinzu. Papa Anastaa hatte berichtet, Orguudoo beschworen zu haben – worauf der Geist eines toten Daa’muren erscheinen war!

Aruula lächelte kurz, bevor sie wieder ernst wurde und die Sprüche rezitierte: „Zu Kristall erstarrt, der Donner verstummt. Blicke in den Spiegel, um der Gefahr zu begegnen. – Die Spitze der Nadel birgt großen Schmerz. Verwandle sie in ein Öhr, um ihn zu lindern. – Der Atem der Bestie frisst den des Meeres. Mit dem Rücken am Abgrund bringe das Grün zurück.“