Maddrax 460 - Jana Paradigi - E-Book

Maddrax 460 E-Book

Jana Paradigi

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Beschreibung

Endlich erreichen Starnpazz und Wang'kul den Mars, wo die Genesis-Maschine in Gang gesetzt werden soll. Beim Hydriten Quart'ol hat sie versagt - wird die DNA eines Hydree nun das Wunder vollbringen, den Mars zu begrünen?
Doch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft geht einher mit schwerwiegenden politischen Verwicklungen. Nomis Werdegang hat eine unschöne Entwicklung genommen. Gonzales scheint ihr einziger Verbündeter, verfolgt aber eigene Ziele.
In dieser Situation setzt der Rat gegen den Widerstand der Bevölkerung die Raumschiffsflotte in Marsch, die einen Teil der Menschen von der Erde evakuieren soll. Ist dies der Funke, der das Pulverfass entzünden wird...?

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Seitenzahl: 147

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah …

Die Stunde des Hydree

Leserseite

Cartoon

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Koveck und Néstor Taylor, Agentur Ortega

Autor: Jana Paradigi

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5346-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese für ihn fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch, das sich im Forschungszentrum CERN auftut, in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht.

Auf dem Ringplaneten herrschen die Initiatoren, auch „Friedenswahrer“ genannt. Sie entführen Spezies aus allen Teilen der Galaxis durch das Wurmloch, um sie Kompatibilitäts-Tests zu unterziehen. Matt und Aruula können ihnen entkommen und reisen von Mond zu Mond auf der Suche nach ihrer Gefährtin Xaana, die schon Monate zuvor durch das Wurmloch ging.

Mit Hilfe neuer Gefährten finden sie Xaana auf dem Dschungelmond Botan und bekommen die Gelegenheit, die Initiatoren auf dem Mond Messis zu treffen, wo eine Avatar-Delegation – Roboter mit den Geistern der Friedenswahrer – sie erwartet. Durch Einmischung der Kontras, einer Guerillagruppe innerhalb der Initiatoren, stoßen sie jedoch auf das dunkle Geheimnis der Systemherren: Sie beobachten, wie man entführten Messisanern die Köpfe abtrennt! Aber dann werden sie ihrer Erinnerungen beraubt! So können ihnen die Initiatoren eine Offerte unterbreiten: einen Teil der Menschheit auf den Mond Novis umzusiedeln und so vor der Vernichtung zu bewahren. In Wahrheit sollen sie die Messisaner ersetzen.

Während Aruula und Xaana auf Novis bleiben, reisen Matt und der Initiator Hordelab zur Erde, um Peilsender an hochstehende Zivilisationen zu verteilen, mittels derer sie später geortet und per Wurmloch evakuiert werden sollen. Um Kontakt zu Techno-Enklaven aufzunehmen, lassen die Wissenschaftler vom Hort des Wissens einen Satelliten aufsteigen und empfangen erste Funkrufe. Matt, Xij und Tom machen sich mit dem Amphibienpanzer PROTO auf den Weg, derweil Hordelab nach Agartha springt, um die Transport-Plattform für das Wurmloch in Augenschein zu nehmen – und dort festgesetzt wird. Nach einer Rettungsmission in Griechenland treffen Matt & Co. auf die Enklave von Colonel Kormak, erkennen aber dessen Machtgier und setzen sich ab, ohne ihm einen Peilsender zu überlassen.

Inzwischen sind die Kontras aufgeflogen. Einer von ihnen, Starnpazz, der zuvor schon auf der Erde war und einen Deal mit den Marsianern zur Evakuierung der Menschen ausgehandelt hat, flieht nach Aquus, um einen Hydree zu holen. Denn nur mit dem lässt sich der Mars begrünen. Über den Umweg eines verbotenen Mondes gelangen er und der Hydree Wang’kul zum Wurmloch und werden zur Erde abgestrahlt. Die beiden kommen gerade noch rechtzeitig zum Abflug der AKINA II zum Mars …

Die Stunde des Hydree

von Jana Paragidi

„Weiter! Wir haben keine Zeit zum Gaffen!“, rief Starnpazz, als der Hydree wie hypnotisiert auf die für ihn fremde Welt starrte. Wahrscheinlich hatte er noch nie so viel Land gesehen. Auch der Initiator war von der Vielfalt der Erde begeistert. Sie barg nicht nur exotische Flora und Fauna. Hier gab es himmelhohe Berge und endlos tiefe Schluchten. An jeder Ecke dieses Planeten schien ein neues Abenteuer zu warten.

Doch dafür hatten sie keine Zeit. Wenn sich Starnpazz nicht irrte, dann lief der Countdown für ihr Rendezvous mit der AKINA II in weniger als einer Rotation aus. Also nahm er Wang’kul mit sich – vom Rand der Todeszone um das CERN weiter zum vereinbarten Treffpunkt

Noch hatte die Nacht die Oberhand und damit auch die eisige Kälte des Mars. Ein Sturm fegte über Elysium und die umliegenden Landstriche. Die Sicht war selbst mit digitalem Okular mehr als dürftig. Doch das konnte Umeko und seinen Widersacher nicht von ihrem Ziel abhalten.

Die Maschine unter ihm dröhnte. Immer wieder drohten die Reifen auf dem sandbedeckten Boden wegzurutschen. Jede Kurve musste mit dem nötigen Fingerspitzengefühl genommen werden, um nicht an der nächsten Häuserwand zu landen. Doch als echter Kämpfer gab man sich auch gegenüber den Naturgewalten nicht geschlagen.

Umeko blickte über die Schulter zurück. Mit etwas Glück würde dieser Hitzkopf hinter ihm noch vor dem eigentlichen Duell aufgeben und einsehen, dass er so einer Herausforderung noch nicht gewachsen war.

„Was ist? Brauchst du eine Pause? Du wirkst angestrengt“, knarzte die verhöhnende Stimme von Sandvogel über den Kommunikator. Ein aufgepumpter Kerl, der vielleicht in Phönix in seinem K-Club1) eine große Nummer war. Hier in der Hauptstadt spielte man mit härteren Bandagen. Das würde er heute zu spüren bekommen.

„Ich bin konzentriert, mehr nicht“, antwortete Umeko in nüchternem Ton. Solche kindischen Sticheleien bewiesen einmal mehr, dass der Neuzugang nicht wusste, auf was er sich da eingelassen hatte, als er Umeko zu einem Match herausgefordert hatte. Etwas, das ein Ranglisten-Kämpfer nicht ablehnen durfte. Pech für dich, Großkotz, dachte Umeko, zog das Thermotuch bis knapp unter die Augen und gab mehr Gas.

Die Stadt lag rasch hinter ihnen. In der langsam aufziehenden Dämmerung waren fern der Straße die Ausläufer des Waldgebietes zu erkennen. Doch für Auseinandersetzungen mit mutierten Baumknutschern würde es andere, bessere Gelegenheiten geben. Umeko hatte sich für seinen Kontrahenten einen Schauplatz gewählt, der ihm selbst den größtmöglichen Vorteil bot – das Echsenterritorium.

Jetzt, da die Sonne gerade über den Horizont kroch und die Eiseskälte der Nacht allmählich nachließ, waren die Viecher am aktivsten und damit auch am gefährlichsten. Dornkragenechsen waren wie er: Sie wichen einer Gefahr nicht aus, sondern suchten sie förmlich. Eine Eigenschaft, die Umeko neben klugem Taktieren schnell an die Spitze der Jungen Wilden katapultiert hatte, nachdem Iwao zu einem Ratsmitglied geworden war.

Der Gonzales-Spross hatte sich die politischen Fesseln der Regierung anlegen lassen und war fatalerweise dem Charme der Präsidentin erlegen. Der harte Hund war zu einem zahmen Kätzchen geworden und damit unbrauchbar als Anführer der Opposition.

„Sicher, dass du deine Waffen dabei hast?“, fragte Sandvogel hörbar amüsiert. Entweder war er ein echter Arsch oder dieses Affentheater war Ausdruck seiner Angst.

„Halt einfach den Rand und versuch dich nicht einzunässen, bis wir da sind“, erwiderte Umeko.

Dieser Wettkampf hatte sich über Wochen angebahnt. Erst waren es unterschwellige Bemerkungen gewesen. Dann hatte der Neuling gewagt, in der Trainingshalle etwas an Umekos Haltung auszusetzen. Schließlich war es zu kleineren Sparringskämpfen gekommen, die der Neuling allesamt verloren hatte. Aber auch das schien noch nicht genug. Der Möchtegern-Waldmensch mit seinem Möchtegern-Waldmensch-Kampfnamen hatte am Ende ein offizielles Duell gefordert – der Grund für diesen frühmorgendlichen Ausflug.

Umeko wollte nicht gänzlich ausschließen, dass das trottelige Gehabe ausgeklügelte Strategie war, um unterschätzt zu werden. Vielleicht nannte er sich Sandvogel, um einmal mehr zu provozieren. Oder – und das schien ihm wahrscheinlicher – er war nicht nur selbstverliebt, sondern dazu noch dämlich mit einer guten Portion Größenwahn.

„Ich wusste von Anfang an, dass du dich für die Jagd entscheiden wirst, Drachenklaue“, plapperte der Herausforderer ungeniert weiter. „Man erzählt sich, deine ganze Wohnung wäre voller Trophäen. Haufenweise Köpfe und Knochen von allem, was der Mars hergibt.“

„Die Marsianer erzählen viel, wenn der Abend lang ist“, sagte Umeko und zog höhnisch den rechten Mundwinkel hinauf. „In Wahrheit bin ich ein blutiger Anfänger, genau wie du.“ Ohne den Protest abzuwarten, schaltete Umeko den Helm-Kommunikator aus.

Die anvisierte Felsenschlucht lag vor ihnen. Er drosselte die Geschwindigkeit und gab Sandvogel ein Handzeichen, es ihm gleichzutun. Zu viel Lärm würde ihre Beute vorwarnen und die Jagd vielleicht beenden, bevor sie überhaupt begonnen hatte.

Umeko hielt an und löste eines der Tücher vor seinem Gesicht. Es war immer noch sehr kalt. „Wir lassen die Maschinen hier. Ein paar hundert Meter weiter ist ein Wasserloch. Hoffentlich noch gefroren.“

„Warum unbedingt gefroren?“, fragte Sandvogel und kam ihm hinterher. Er trug die Luxusausführung eines Thermoanzugs. Hübsch anzusehen, aber mit seinen neonfarbenen Reflektoren nicht gerade die beste Tarnung.

„Weil dann hoffentlich eine Horde Steinkarnickel darauf wartet, trinken zu können, wenn die Sonne das Eis schmilzt“, erklärte Umeko. Und damit der Schlaumeier nicht erneut fragen musste, fügte er hinzu: „Die Echsen brauchen nur am gedeckten Tisch zu warten. So wie wir auf die Echsen.“ Der Räuber würde zur Beute werden, gerade dann, wenn seine Sinne von Hunger und Jagdtrieb vereinnahmt waren. Die Nahrungskette hatte in diesen Dingen ihre ganz eigene Poesie.

Sandvogel löste die erste Schicht seines Overalls und ließ sie zurück. Wohl um mehr Bewegungsfreiheit zu haben. Er hatte sich für den Speer entschieden. Der Kerl wollte es also auf Abstand versuchen. Drachenklaue – wie Umeko sich im K-Club nannte – wählte den Nahkampf und zog sein Messer.

Als sie sich in gebückter Haltung und mit gezogenen Waffen an das Wasserloch heranschlichen, wurde Sandvogels Nervosität unübersehbar. Seine Großspurigkeit wich stummer Folgsamkeit. Wie ein verschrecktes Kind hielt er sich im Umekos Schatten.

Sie näherten sich von Osten. Gegen den Wind. Die Dornkranzechsen waren gut darin, Witterung aufzunehmen. Man brauchte das Überraschungsmoment, um nicht unversehens vom Jäger zum Gejagten zu werden.

Hinter einem Felsgrat hielt Umeko inne. „Ich habe den Ort gewählt, dafür hast du den ersten Versuch“, sagte er – nun in seiner Rolle als Drachenklaue. Es war wie ein Schalter, den er im Kopf umlegte. Das engagierte, karriereorientierte Ich des Oppositionspolitikers verschwand und machte Platz für den archaischen Kämpfer.

Ohne die Echsen zu sehen, hörte er an ihrem Zischen und Schnappen, dass die Tiere sich bereits über die durstige Beute hermachten. Sandvogel dagegen wirkte ahnungslos in jeglicher Hinsicht. Sein viel zu großzügig freigelegtes Gesicht war um die Wangenknochen bläulich angelaufen. Die Nase triefte und die weit aufgerissenen Augen zeugten davon, dass er kurz davor war, auf dem Absatz kehrt zu machen und sich hinter dem nächsten Ofen zu verkriechen. Aber so leicht würde Drachenklaue seinen Herausforderer nicht davonkommen lassen.

„Los jetzt! Oder man wird dich von heute an nur noch Feigling rufen!“, zischte Drachenklaue und bedeutete ihm den Weg.

Der Hieb saß. Sandvogels Ausdruck wandelte sich zu wilder Entschlossenheit – gerade so wie bei einem Tier, das man gejagt und in eine Ecke getrieben hatte, aus der es kein Entkommen gab. Er hob seinen Speer in Angriffspositur und trat in geduckter Haltung über die Felsen. Umeko folgte auf allen Vieren.

Das Wasserloch war vielleicht fünfzehn Schritte entfernt. Drei gewaltige Dornkragenechsen stritten um die teils gerissenen, teils niedergewalzten Steinkarnickel-Kadaver, die sie auf ihrem Streifzug erbeutet hatten. Zwei rötliche Echsenweibchen und ein prächtig leuchtend blaues Männchen. Ihre Körper waren mit schweren Platten besetzt – ein schier undurchdringlicher Panzer. Doch nichts auf dieser Welt war perfekt. Die Natur war schlau genug, selbst dem Mächtigsten eine Schwachstelle zu verleihen, um das Gleichgewicht zu wahren.

Sandvogel konzentrierte sich auf das prachtvollere Männchen, das, ihm den Rücken zu gewandt, fraß. Er zielte, holte kraftvoll aus und warf! Ein Versuch, der von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Tatsächlich traf der Speer in perfekter Flugbahn den Nacken des Tieres und prallte wirkungslos ab. Wirkungslos, aber nicht unbemerkt!

Die Tiere schraken hoch und wandten sich blitzartig dem Feind und vermeintlichen Konkurrenten um die Beute zu. Eines der Weibchen wich zurück und drohte mit aufgerissenem Maul, das andere umschlang einen angefressenen Kadaver mit der Vorderpranke und legte seinen Leib schützend um einen weiteren. Das Männchen hingegen ging zum Gegenangriff über!

Auch wenn man es diesen kurzbeinigen, schwergewichtigen Biestern nicht zutraute, sie waren verdammt schnell! Sandvogel – jetzt unbewaffnet – wich hektisch zurück, stolperte und versuchte sein Missgeschick mit einer möglichst elegant wirkenden Rolle zu überspielen. Hilfesuchend blickte er zu Umeko.

Doch Drachenklaue blieb unbewegt in Deckung und lauerte auf den richtigen Moment. Er konnte hören, wie das Männchen seinen massigen Leib über den Schotter schob. Als sich der Kopf mit der zahnbewehrten Schnauze über der Felskante zeigte, hechtete Drachenklaue mit gezücktem Messer vorwärts.

Er wusste, wo die Schwachstellen der Dornkragenechsen lagen. Mit aller Wucht rammte er die breite Klinge von unten in den kaum geschützten Bereich zwischen Gurgel und Halsansatz.

Die Echse ließ einen röchelnden Laut hören, gefolgt von einem ohrenbetäubend schrillen Schrei. Ihr leuchtend blauer Kragen mit den messerscharfen Dornfortsätzen stellte sich auf. Jetzt wusste sie, dass es nicht mehr nur um Beute ging, sondern um Leben und Tod.

Drachenklaue hatte sie genau da, wo er sie haben wollte. Er zog das Messer aus dem Leib, rollte sich zur Seite und wollte gerade zum finalen Schlag ansetzen, da kam ihm Sandvogel dazwischen.

Der Dummkopf schien eine Chance gewittert zu haben, doch noch Heldenmut zu beweisen – jetzt, da das Vieh bereits so gut wie besiegt war. Statt seinen Speer einzusammeln, sprang er ohne Waffe auf den Rücken des Tieres und versuchte es mit bloßen Händen niederzuringen.

„Vorsicht!“, rief Umeko. Entweder war dieser Kerl lebensmüde, gehirntot, oder er hatte seine Kämpfe in Phönix nur auf dem Papier gewonnen. Selbst ein Kind wusste, dass man sich von den Dornen der Echsen fernhielt!

Zu spät. Der massige Kopf ruckte nach oben und rammte dem Ahnungslosen eine der Dornspitzen in die Schulter. Sandvogel keuchte auf, ließ vom Hals der Echse ab und wurde im nächsten Moment von ihrem Rücken geschleudert.

Drachenklaue rappelte sich auf und hastete von der Seite heran. Als sich das Tier mit gestelltem Kragen aufbäumte, um Sandvogel seine scharfen Zahnreihen spüren zu lassen, hechtete er neben ihn, rollte sich auf den Rücken und stieß seine Klinge in die nun nicht mehr vom Kragen geschützte Brust.

Die Echse krümmte sich unter Schmerzen zusammen, warf sich zwischen die Steine, peitschte wild mit dem Schwanz und rollte und wand sich.

Drachenklaue sprang auf, versuchte dem sich windenden Koloss auszuweichen und wurde im nächsten Moment wieder von den Beinen gefegt. Die verhornte Schwanzspitze hatte ihn in der Kniekehle getroffen. Keine Chance, dem standzuhalten. Beim Aufschlag auf das Felsgeröll spürte er Schmerz durch seinen Oberschenkel zucken. Etwas Spitzes hatte sich trotz Thermoanzug in die Muskelfaserschicht gebohrt.

„Stirb endlich!“, fluchte Drachenklaue, während er sich – die Zähne zusammengebissenen – mit den Stiefelhacken rückwärts schob.

Der Todeskampf der Echse schien ewig zu dauern. Dann endlich wurden die Bewegungen des Viehs langsamer. Noch einmal wendete es sich Drachenklaue zu, öffnete das Maul und schnappte. Doch der Biss ging ins Leere. Ein letztes Schnaufen, dann brach das Tier zusammen. Der Kampf war vorbei.

Drachenklaue hatte das Duell gewonnen. Als Trophäe schnitt er sich eine der hornüberwucherten Zehen samt Kralle ab, wickelte sie in ein Tuch und steckte sie ein.

Auch Sandvogel wollte sich dem Kadaver nähern, aber Umeko stellte sich ihm in den Weg. „Deine Unwissenheit hätte uns beiden fast das Leben gekostet. Ich werde dafür sorgen, dass du keinen Fuß mehr in den Club setzen darfst. Nie wieder!“

Ohne auf die Reaktion zu warten, humpelte er zurück zu seinem Gleiter und öffnete den Notfallkoffer. Er brauchte dringend eine Dosis M-NCD, um den Schmerz zu stillen und die verkrampften Muskeln zu entspannen.

Die Sonne stand mittlerweile zur Hälfte über dem Horizont – warm genug, um den Anzug zu öffnen, um sich das Mittel rund um das Knie und in den Schenkel zu injizieren. Kein großes Ding. Er war in der Vergangenheit schon stärker verletzt worden. Die Knochen waren nicht gebrochen. Er konnte seinen Fuß bewegen und hatte noch immer Gefühl in den Zehen. Ein paar Tage Ruhe, eine Bandage und das Gröbste war überstanden.

Sandvogel hinter ihm schwieg. Er schwieg, während er zusah, wie Umeko sich versorgte, und er schwieg auch auf der Tour zurück in die Stadt. Ihre Wege trennten sich ohne eine Verabschiedung. Umeko hoffte diesen Kerl nie wiedersehen zu müssen. Dummköpfe und Versager machten ihn wütend. Und Wut verführte zu Fehlern. Etwas, das er sich weder im K-Club noch bei seiner Arbeit bei den Jungen Wilden leisten konnte.

Endlich am Ziel.

Die AKINA II hatte nach monatelanger Reise den Orbit des Mars erreicht und setzte zum Landemanöver an. Wang’kul stand in der Guest Lounge und blickte aus dem großen Panoramafenster. Er konnte sich nicht sattsehen an dem, was dort draußen war. Dieses Nichts, das doch so viele Welten, so viel Leben umfing. Diese Weite, die jegliche Vorstellungskraft übertraf. All diese Planeten, Monde, Nebel und Bruchstücke, die wie in einem Netz zu einem unfassbaren Muster verwoben waren. Anziehungskräfte, Abstoßungsprozesse durch Rotation, Gewicht und Masse. Wissenschaft und Poesie in Verschmelzung.

Wang’kul hatte sein Leben lang nur den einen Sonnenaufgang rund um den Ringplaneten gekannt. Wie würden die Gestirne vom Mars aus wirken, wenn er in den Fußstapfen seiner Hydree-Verwandten wandelte? Jetzt erst verstand er, warum man den Mars den Roten Planeten nannte. Wie eine blutig marmorierte Perle lag er vor ihnen.

„Da sind wir also“, sagte Starn neben ihm. Der Initiator hatte den Kommandanten in den Tagen und Wochen an Bord so gut wie möglich auf die Ankunft vorbereitet. Doch die Realität übertraf alles, was sich Wang’kul auszumalen versucht hatte.

„Landeprozedur eingeleitet. Mannschaft bereitmachen für die Dock-on-Phase!“, kommandierte Torben Carter über die allgemeine Sprechanlage.

Der Raumschiffkommandant hatte sich sehr freundlich und zuvorkommend gezeigt, aber nie die nötige Professionalität und Entschlossenheit, die seine Position verlangte, vermissen lassen. Ganz so, wie es Wang’kul kannte und schätzte. Nur, dass Carter eben ein Marsianer war und kein Hydree.

Als Mann überragte er Wang’kul um ein gutes Stück. Dabei wirkte sein Körper zwar robust, aber viel feingliedriger als der eines Hydree. Diese beinahe zarte Erscheinung wurde von der hellen Haut unterstrichen, während die Pigmentierung eher einer Kriegsbemalung glich.

Nein, mit diesen Wesen hatten die Unterwasser-Bewohner von Aquus nichts gemein außer vielleicht der Disziplin. Auf den zweiten Blick gab es eher Ähnlichkeiten mit Maddrax, Aruula und Xaana. Eine Art Mensch, nur eben etwas in die Länge gezogen. Umso mehr brannte Wang’kul darauf, sich auf die Spuren der Mars-Hydree und von Xaana zu begeben, wenn dies möglich war.