Maddrax 509 - Christian Schwarz - E-Book

Maddrax 509 E-Book

Christian Schwarz

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Beschreibung

Welt in Angst

MX-Autor Christian Schwarz meldet sich nach langer Pause zurück - mit einem echten Gruselschocker!
Die Erde ist verloren! Die verbotenen Experimente mit der amphibischen Spezies haben einen Stein ins Rollen gebracht, den niemand mehr aufhalten kann - auch nicht eine kleine Enklave hochtechnisierter Menschen, die plötzlich und unvermittelt in diese Welt des Schreckens versetzt werden. Oder sind sie die letzten Hoffnung der Hoffnungslosen?

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Seitenzahl: 143

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Inhalt

Cover

Impressum

Was bisher geschah …

Welt in Angst

Leserseite

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Lektorat: Michael Schönenbröcher

Titelbild: Jeff Thrower; I love photo/shutterstock

Autor: Christian Schwarz

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8305-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Am 8. Februar 2012 trifft der Komet „Christopher-Floyd“ – in Wahrheit eine Arche Außerirdischer – die Erde. Ein Leichentuch aus Staub legt sich für Jahrhunderte um den Planeten. Nach der Eiszeit bevölkern Mutationen die Länder und die Menschheit ist degeneriert. In dieses Szenario verschlägt es den Piloten Matthew Drax, „Maddrax“ genannt, dessen Staffel durch einen Zeitstrahl vom Mars ins Jahr 2516 versetzt wird. Zusammen mit der telepathisch begabten Kriegerin Aruula erkundet er diese ihm fremde Erde. Bis sie durch ein Wurmloch in ein Ringplanetensystem versetzt werden, während der Mond auf die Erde zu stürzen droht. Matt findet Hilfe und Verbündete, und die Rettung gelingt in letzter Sekunde – aber sie hinterlässt Spuren: Areale aus verschiedenen Parallelwelten tauchen plötzlich auf der Erde auf …

Matt und Aruula wissen nicht, was bei dem Wurmloch-Unfall geschah; nur, dass der Mond wieder in seinem alten Orbit ist. Vom Untergang der Kasynari im Ringplaneten-System ahnen sie nichts, und dass Colonel Aran Kormak mit seiner Flucht durch das Wurmloch zur Erde die Katastrophe ausgelöst hat. Sie entdecken fünfzig Kilometer durchmessende Areale von Parallel-Erden, die von einer hohen Dornenhecke umgeben sind, die offenbar die Vermischung beider Welten eindämmen soll! Im ersten erschien die von Dampfmaschinen und dem Britischen Empire bestimmte Stadt Lancaster, im zweiten eine Metropole, in der die Nachfahren der Dinosaurier leben. Im dritten herrscht die Inquisition des Vatikans. Doch was hat diese Versetzungen ausgelöst, und kann man sie rückgängig machen? Im Zentrum der Areale scheint es eine Verbindung beider Universen zu geben, die sporadisch „flackert“.

Um weitere Areale aufzuspüren, nutzen Matt & Co. ein im Erdorbit installiertes Satelliten-Netzwerk, das plötzlich auftauchende Polarlichter über dem Ort der Versetzung anzeigen kann. Dabei sind sie mit einem Gleiter des Androiden Miki Takeo unterwegs und können so den Pflanzenwall überwinden. So auch in Yucatán, wo die Sauroiden bereits auf Ex-Technos gestoßen sind und ein Krieg droht. Doch ihre Friedensmission scheint schon im Ansatz zu scheitern, als sie von den Sauriern mit einer Art EMP abgeschossen und von den Menschen bombardiert werden. Dazu kommt ein Machtkampf zwischen zwei Sauroiden-Arten. Aruula findet telepathischen Kontakt zu dem Szousss Ydiel und kann mit seiner Hilfe vermitteln. Als endlich Frieden herrscht, will Ydiel die Gefährten bei ihrer Reise begleiten. Die führt – nach einem besorgten Funkruf aus dem Hort des Wissens – nach Schottland, wo sie einem Techno-Paten das Geschäft mit dem Zeitstrahl verderben und selbst hineingeraten, wodurch ihr Tachyonenmantel für die nächsten 50 Jahre wieder aufgefrischt wird und ihre Zellalterung hemmt.

Nur knapp verpasst Colonel Kormak in Yukatán ihren Abflug. Aber er belauschte Matt über Funk, erfuhr so von Takeos Gleiterfabrik bei Sub’Sisco, und es gelingt ihm, sich dort undercover einzuschleichen und einen Gleiter zu stehlen …

Welt in Angst

von Christian Schwarz

Shigatse in Tibet, Parallelerde, 2048

Er hetzte durch die unterirdische, wie ausgestorben daliegende Einkaufspassage. Das Klacken seiner Absätze auf dem Steinboden durchbrach die Totenstille der weitläufigen Anlage, erzeugte ein hundertfaches Echo. Immer wieder sah er sich gehetzt um. Weiter, in einen Seitengang hinein, an halb gefüllten Ständen und leeren Kiosken vorbei, deren geöffnete Läden wie gefräßige Mäuler wirkten. Bis er auf halbverfaulten Tomaten ausrutschte und gegen eine Wand krachte. Als er sich aufrappelte, sah er seine Verfolger – drei Männer und eine Frau. Wie Dämonen der Hölle standen sie im Dämmerlicht und starrten ihn an. Die Frau begann schaurig zu lachen.

Sie sahen nicht nur aus wie Dämonen, es waren welche! Zumindest die Frau kannte er. Dorjee, die Oberteufelin. Er durfte ihr nicht in die Hände fallen, sonst war es aus.

Der junge Mann versuchte sich aufzurichten. Heftige Schmerzen zuckten durch sein linkes Bein. Stöhnend sank er wieder zurück auf den Boden.

Dorjee hatte aufgehört zu lachen. Die Dämonen näherten sich ihm. Lauernd, mit unverhohlenem Triumph in den verschlagenen Gesichtern. Wenn sie ihn erreichten, war er verloren! Trotz seiner Todesangst konnte er diesen Gedanken klar und deutlich formulieren. Der Mann versuchte wegzukriechen, aber sie waren zu schnell heran. Zwei Männer packten ihn, warfen ihn auf den Rücken und drückten ihn zu Boden.

„Nein, bitte … ich … ich will nicht“, stieß er wimmernd hervor.

Dorjee stand groß wie eine Riesin über ihm und grinste böse. Dabei lag ihr hässliches Gesicht halb in den Schatten, was sie noch unheimlicher machte. „Wehr dich nicht, Semkyi“, sagte sie hart. „Du weißt doch, dass du es brauchst. Alles wird gut, ich verspreche es dir.“

„Nein, bitte …“

Plötzlich hielt Dorjee eine Spritze in der Hand. Sie drückte auf den Kolben und ein paar Tropfen traten aus der Nadelspitze.

„Neiiiiiin!“, schrie Semkyi schrill. Panik und Todesangst ließen ihn beträchtliche Kräfte entwickeln. Er wand sich wie eine Schlange im Griff der beiden Männer und trat um sich. Dann spürte er, wie etwas seine Beine beschwerte und sie am Boden fixierte. Als die anderen Männer auf seinen Oberarmen knieten, war er den Dämonen ausgeliefert.

Dorjee ging neben ihm in die Knie. Die Spritze in ihrer Hand kam ihm wie eine tödliche Lanze vor. „Gleich wird es dir besser gehen, Semkyi“, verhöhnte sie ihn, während sie die Nadel an seinen nackten Unterarm setzte. Er starrte verzweifelt auf seinen Unterarm, als könne er das Unglück dadurch noch abwenden – und zuckte kurz zusammen, als er den Einstich spürte. Schmerzen spürte er nicht. Dafür überkamen ihn wohlige Wärme und angenehme Müdigkeit.

„Scheiße, da kommen Fresser!“, schrie einer der Männer. Für Semkyi klang es wie durch eine Wand aus Watte. Dorjee und die Männer sprangen auf und bildeten einen Kreis. In ihren Händen lagen plötzlich Pistolen.

Semkyi drehte den Kopf ein wenig. Da sah er ein gutes Dutzend Fresser zwischen den Ständen auftauchen. Ungelenk wankten sie heran und bildeten dabei eine breite Phalanx. Dabei stießen sie Laute aus, die an schwer verletzte Tiere erinnerten.

„Kreis bilden!“, rief Dorjee. Die Männer postierten sich so, dass jeder eine Seite abdeckte. Semkyi lag genau zwischen ihnen. Er drehte den Kopf auf die andere Seite. Tatsächlich – auch von dort wankten Fresser heran.

Die ersten Schüsse krachten. Semkyi sah, wie die Schädel dreier Fresser zerplatzen, wie ihre Körper zusammensanken und grotesk verrenkt liegen blieben.

„Schießt weiter!“, schrie Dorjee schrill. „Sie dürfen uns nicht kriegen!“ Breitbeinig stand sie vor Semkyi und feuerte mit ausgestreckten Armen wie auf einem Schießstand …

Weitere Schädel platzten auf. Die Explosivgeschosse rissen breite Lücken in die Reihen der Fresser. Auch die Männer um Dorjee wirkten kaltblütig und konzentriert. Das Kreischen der Fresser mischte sich mit dem Stakkato der Schüsse zu einem Höllenlärm.

Doch die Lebenden schafften es nicht, alle Angreifer abzuschießen, bevor sie heran waren. Drei kamen durch. Einer der Männer schrie schrill, als die abgefaulten Finger eines Angreifers ihn berührten. Er drehte sich seitlich weg, bevor das kreischende Ungetüm die Zähne in seinen Hals schlagen konnte.

Dorjees Bein schnellte hoch. Ein krachender Fußtritt gegen das Kinn warf den Fresser zurück. Ein weiterer Tritt fällte einen zweiten Angreifer. Die Männer machten dem Gemetzel mit letzten gezielten Schüssen ein Ende.

Plötzlich herrschte gespenstische Ruhe.

„Scheiße, das war knapp“, ächzte einer der Männer und atmete tief durch. „Aber wir haben sie alle erledigt.“

„Jemand verletzt?“, fragte Dorjee.

Ein mehrstimmiges „Nein“ ertönte.

„Buddha sei Dank. Schnell, greift euch Semkyi“, befahl Dorjee. „Wir bringen uns in Sicherheit, bevor noch mehr von diesen Monstern hier auftauchen.“

Semkyi fühlte sich von starken Armen hochgehoben.

Aber noch waren sie nicht in Sicherheit.

Königreich Agartha in Tibet, kurz vor dem „Projekt Mondsprung“

König Yönten Wangmo saß im Lotossitz, die Hände auf den Knien abgelegt, auf einem bequemen Kissen – das diese Eigenschaft aber langsam einbüßte, denn das agarthische Oberhaupt meditierte seit vielen Stunden dem Ende der Welt entgegen. Obwohl neun Große Räte bei ihm waren, hatte er sich selten so einsam gefühlt.

Jeder stirbt für sich allein, dachte Wangmo, während er verstohlen die Großen Räte musterte, mit denen er einen vollkommenen Kreis bildete. Der Gedanke ans baldige Sterben löste einen neuerlichen Adrenalinschub aus. Sein Körper fühlte sich an wie elektrisch geladen, weil er das Stresshormon nicht durch Bewegung abbauen konnte. Dieses unangenehme Gefühl wurde durch den Knoten verstärkt, den sein Magen bildete.

Ja, der König der Welt hatte Angst davor, ins leidhafte Samsara einzugehen, den immerwährenden Zyklus des Seins, den Kreislauf von Werden und Vergehen. Seine Rechnung war einfach: Wenn es keine Erde mehr gab, würden auch keine Lebewesen mehr existieren, in die er wiedergeboren werden konnte. Es würde kein Samsara mehr geben, nur noch das Nirwana, das gestaltlose Nichts, in dem es keine bewusste Existenz mehr gab. Als abstrakten Begriff hatte er das immer akzeptiert, aber nun, da das Nirwana konkret wurde, graute ihm davor.

Im Zustand des Friedens war es immer leicht gewesen, den aufgewühlten Geist durch Meditation zu beruhigen und das innere Gleichgewicht wiederherzustellen. Nun aber schaffte er es nicht einmal im Ansatz, sich in den Zustand zu versenken, der tiefe Ruhe und Zufriedenheit brachte. Die Schwelle, die seine Angst aufbaute, war unüberwindlich. Am liebsten wäre er aufgestanden und schreiend davongelaufen. Aber diese Blöße wollte er sich selbst in seiner Todesangst nicht geben. Er war nicht nur der Führer, sondern auch das erste Vorbild für alle Agarther.

Der König der Welt ließ seine Blicke schweifen. Verstohlen musterte er die Großen Räte. Und stellte fest, dass es Kalön und Gyurme nicht besser erging als ihm. Gyurmes Gesichtsmuskeln zuckten unruhig, ihre Zeigefinger fuhren nervös über die Knie. Und Kalön öffnete die Augen, um sie erschreckt wieder zusammenzupressen, als sein Blick dem des Königs begegnete.

Auch sie leben viel zu gerne, um sehenden Auges ins Nirwana einzugehen …

Da nun wieder alle Großen Räte die Augen geschlossen hielten, wagte Wangmo es, den Kopf ein wenig zu drehen. Links von ihm hing ein sechs auf sechs Meter großer Wandteppich, der in bunten Farben den Kreislauf des Lebens im leidhaften Samsara zeigte: Ein dämonisches Wesen hielt einen in zahlreiche kuchenstückförmige Segmente unterteilten Kreis, die bedrückende Szenen der menschlichen Existenz darstellten. Rechts von ihm öffnete sich ein atemberaubender Ausblick auf die großartigste Metropole des ganzen Planeten, auf Agartha-Stadt, auch das Zentrum der Welt genannt. Denn Wangmo und die Großen Räte meditierten im Tempel Felsengarten-Nord dem Ende aller Existenz entgegen. Der Tempel war nicht mehr als eine Höhle hoch oben in der riesigen Felsenkaverne, die die agarthische Hauptstadt beherbergte.

Zu Wangmos Angst gesellte sich nun auch noch Wehmut, als er daran dachte, dass diese unglaubliche Stadt bald nicht mehr sein würde, zertrümmert vom herabstürzenden Mond in einer unvorstellbaren Katastrophe. Jenseits einer weiten tiefen Senke lag der Königspalast mit den drei ringförmigen Kanälen als Zentrum der vorgelagerten Palastgärten im strahlenden Licht der Sonne, denn mit einem ausgefeilten Spiegelsystem leiteten die Agarther das Tageslicht in die Wohn- und Geschäftskavernen. Das Leben im Tag-Nacht-Rhythmus der Außenwelt hatte sich als die beste Methode erwiesen, Geist, Seele und Körper im Gleichgewicht zu halten.

Wangmos Blicke schweiften weiter. Die Statuen leuchteten alabasterfarben aus dem satten Grün hervor, es waren Hunderte. Der Palast aus kompliziert ineinander verschachtelten Prachtbauten zog sich über eine Breite von beinahe zwei Kilometern bis fast unter die Höhlendecke hoch.

Normalerweise herrschte um diese Zeit das pralle Leben auf den zahlreichen Terrassen, Balkonen und in den Säulengängen, genauso wie in der Stadt, die sich über den Höhlenboden ausbreitete. Jetzt aber: gähnende Leere überall. Kein Mensch nutzte mehr das Gondelbahnsystem, nur auf den Laufbändern entlang der Straßen konnte er drei oder vier einsame Gestalten wahrnehmen. Über die kühn in die Wand eingelassenen Hochtrassen rauschte kein Glasgondelzug mehr nach Agartha-Stadt herein oder hinaus.

Denn wie Wangmo und die Großen Räte waren viele Agarther entschlossen, das Ende meditierend zu erwarten. Überall im Königreichhatten sie sich zu Meditationskreisen zusammengeschlossen. Aber es gab auch viele Hundert, die sich dem Untergang nicht beugen wollten und ihren ganz normalen Alltagsbeschäftigungen nachgingen. Wangmo hatte sogar von einer Gruppe gehört, die zusehen wollte, wie der Mond auf die Erde stürzte, und sich deswegen auf die hohen Gipfel der Außenwelt begeben hatte.

Wangmo glaubte ein leises Grummeln tief im Boden zu hören. Gleich darauf begann die Erde zu beben. Sanft zuerst, dann immer stärker. Die Großen Räte rissen die Augen auf, Gyurme sprang schrill schreiend auf, konnte sich aber kaum auf den Beinen halten. Auch Kalön und drei, vier andere schrien ihr Entsetzen hinaus, während Wangmo seltsamerweise eine tiefe Ruhe überkam.

Es war so weit, das Unvermeidliche traf sie nun. Erst jetzt nahm er wieder den intensiven Geruch der Räucherstäbchen wahr, die in der Vase auf dem kleinen Altar standen. Gestanden hatten, denn soeben rutschte die Vase vom bebenden Altar und zerplatzte in tausend Scherben.

Das Tageslicht erlosch schlagartig, die Nachtbeleuchtung sprang flackernd an und stabilisierte sich schnell. Das Spiegelsystem war also bereits zerstört.

Buddha hilf, dass es schnell geht, dachte Wangmo und beobachtete seltsam unbeteiligt die Angst der Großen Räte. Er bereitete sich auf den wegbrechenden Boden vor, auf gigantische Felsspalten, die sich auftun und ihn verschlingen würden.

Ob ich noch lebe, wenn ich in die brodelnde Lava in unergründlicher Tiefe stürze?, dachte er.

Wangmo registrierte zunächst gar nicht, dass das Beben der Erde wieder abnahm und dann sogar aufhörte. Erst als Kalön fast hysterisch „Es ist vorbei! Es hat aufgehört! Buddha, es hat aufgehört!“ schrie, begriff Wangmo das Unfassbare. Es erleichterte ihn nicht im Geringsten.

Wir haben etwas Aufschub bekommen, mehr nicht. Das waren nur die ersten Vorbeben, die die Katastrophe ankündigen. Weitere werden folgen, bevor es zur Katastrophe kommt …

Er blieb sitzen, während die dreiundvierzigjährige Gyurme aus dem Tempel stürmte. Vier weitere Große Räte folgten ihr auf dem Fuße. Die anderen blieben sitzen und blickten Wangmo fragend an.

„Ihr seid frei zu tun, was ihr wollt“, sagte der König. „Fühlt euch nicht durch meine Gegenwart gebunden. Ich bleibe hier.“

„Wir harren mit Euch aus, Hoheit“, antwortete Kalön, der sich wieder gefasst hatte. Die anderen nickten würdevoll.

Bereits im nächsten Augenblick blinkte Wangmos Handheld. Tashi Dawa, die Erste Sicherheitsführerin, meldete sich. Gespannt nahm er das Gespräch entgegen. Ihr Gesicht manifestierte sich nach kurzem Flimmern auf dem Display.

Dawa erschien dem König noch bleicher als sonst, obwohl Wangmo keinen Agarther kannte, der so kaltblütig war wie sie. Dawa schien keine Angst zu kennen und glänzte darüber hinaus mit außergewöhnlicher Klugheit. Selbst die gewaltige Gefahr der Nanobot-Invasion, die Agartha überschwemmt und die Warriors infiziert hatten, hatte sie souverän gemeistert.1)

„Was haben Sie zu melden, Erste Sicherheitsführerin?“, fragte Wangmo und versuchte dabei gelassen zu klingen.

Wie immer verzog Dawa keine Miene. „Hoheit, es ist eine Situation eingetreten, die unbedingt Eurer Anwesenheit bedarf. Und die der Großen Räte am besten auch.“

Wangmo musterte sie. „Wo halten Sie sich auf, Erste Sicherheitsführerin?“

„Betriebskaverne AG-M 9.“

„Das ist doch die an der Erdoberfläche, oder?“

„Ja, genau. Ihr erreicht sie am besten über den Expressaufzug AG-A-7.“

Die Erste Sicherheitsführerin gehörte also auch zu jenen, die dem endgültigen Verlöschen sehenden Auges begegnen wollten. Aber warum sollte mich das wundern? Tashi Dawa war schon immer ein Kontrollfreak. Anscheinend will sie sogar das Ende noch kontrollieren …

„Und warum sollen wir kommen?“ Die zurückgebliebenen Großen Räte umlagerten ihn längst.

Dawa zögerte einen Moment. Dann entschloss sie sich zu einer Auskunft. „Um es mit eigenen Augen zu sehen, Hoheit. Eben noch war es heller Tag. Dann begann die Erde zu beben. Und schlagartig brach die Nacht herein“, antwortete sie in gleichgültigem Ton. „Die Wissenschaftler und ich würden uns gerne mit Euch über das Phänomen austauschen.“

Wangmo blickte in die Runde. Die Großen Räte musterten einander. Er sah, dass in manche Augen die Angst zurückkehrte. „Wir kommen umgehend. Ende.“ Er schaltete das Handheld ab, erhob sich etwas ungelenk und streckte sich. Die vielen Stunden auf dem Kissen hatten ihn steif werden lassen.

Die Führung des agarthischen Reiches eilte durch breite Felsengänge. Mit einem Aufzug fuhr die Gruppe hinunter in die Stadt. Dort irrten einige verstörte Agarther umher, die sich in ihrer Todesfurcht an den König wandten. Wangmo sagte ihnen, sie sollten in ihren Wohnungen ausharren.

Über die jetzt leeren Laufbänder erreichten sie schließlich den Westflügel des Palastes, wo es einen der elektronisch gesicherten Expressaufzüge zur Oberwelt gab. Ein Fingerabdruckscan Wangmos öffnete ihn. Das Zentrum der Welt lag in über sieben Kilometern Tiefe. Trotzdem brauchte der Expressaufzug keine Minute, bis er an der Erdoberfläche ankam.

Wangmo und die Großen Räte betraten ein weitläufiges Gebäude, in dem helles Licht brannte. Der König war schon öfters an der Erdoberfläche gewesen, sogar schon mit einem der agarthischen Luftschiffe geflogen. Die Betriebskaverne AG-M 9 kannte er nicht. Er wusste allerdings, dass sie nicht nur mehrere Mess- und Beobachtungsstationen enthielt, sondern auch die Steuerungsanlagen für einen Teil des gigantischen Tageslicht-Spiegelsystems.

Nachdem sie die Virenschleuse passiert hatten, betraten sie einen riesigen Raum mit umlaufenden Aussichtsfenstern, dessen Zentrum ein Block mit elektronischem Gerät bildete. Tashi Dawa stand mit einigen Wissenschaftlern direkt vor den Erdbebentastern. Sie schienen erregt zu diskutieren. Als Wangmo an der Spitze der Großen Räte eintrat, wandten alle die Köpfe.