Märchenmurmeln - Knut Stang - E-Book

Märchenmurmeln E-Book

Knut Stang

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Beschreibung

Der Band versammelt formal sehr traditionelle Gedichte, mit Reim und Versmaß und z.T. mit einer archaisierenden Wortwahl bzw. einer Anlehnung an niederdeutsche Wörter und Formulierungen. Strukturiert werden die Texte in ihrer Abfolge mehr oder weniger lose durch zwei Themen, nämlich zum einen durch mehrere Gedichte zur Verschwundenen Schar, die bereits in "Der Schwarze Stein" eines der Leitthemen war, zweitens durch eine nicht näher beschriebene Frauenfigur "Turmalurma", die das Leitthema bildet für die Hauptabschnitte des Buchs (Berge, Wald, Stadt, Meer). Der logische Zusammenhang der Gedichte ist die proteische Persönlichkeit als das Äußerste, was in einer disparaten Welt dem desparaten Ich noch möglich ist. Getreu dem Prinzip, Sicherheit in der Form zu suchen, wo die Sache selbst diese nicht zu bieten vermag.

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Verzeichnis der Gedichte

Prolog

Das Lied von Turmalurma

Turmalurma steigt in die Berge

Gestirne

Zu Steinen

Wenn die letzte Sonne brennt

Die Zurückgelassene

Die Geheimen Weissagungen der Völuspa Ältester Teil: Gebell

Alle Lieder

Der Märchenkongress

Endvision, Prosa, gereimt

Die verschwundene Schar, Teil 1: Die Suche nach dem Berg

Auf dem roten Eis

Der Wettstreit im Tal

Der Brunnen

Zwei Berge

Der Vogel

Raggeds Lied

Ein Brief

Turmalurma läuft durch den Wald

Im siebten Jahr

Folge denen

Mein Baum

Rätsel

Als ich mal ein Prinzesschen war

Die verschwundene Schar, Teil 2: Eine Handvoll

Fünf Kinder

Der Preis

Am Abend mein Prinz

Fühl nur

Von West

Durch den Wald

Bauer und Müller

Der kleine Ritter

Erzähl den Sternen

Hänsel und Gretel

Über alles

Wanderer

Die Geheimen Weissagungen der Völuspa Mittlerer Teil: Ein brennender Tag

Blumen im Regen

Wölfin

Der Frosch

Der Riese und das Reh

Prophezeiung

Geschwister

Begegnung

Von den Wermutwurzelfeldern

Turmalurma wohnt in der Stadt

Muoder, ming Muoder

Mit Seidenbändern

Das Herz

Zeitlos

Weihnachten 2017

Die verschwundene Schar, Teil 3: Bericht der Huren

Die Metzger wollten raten

Der Altar

Führerlos

Zerbrochenes

Das Begräbnis

Kehre zurück

Immerblind

Der Reigen

Abschiedslied

Erwartungshaltung

Scherbengerichtet

Der eine Jahrmarkt der Träume

Auf dem Turm

Zähne

Der alte Bettler

Die geheimen Weissagungen der Voluspa: Jüngerer Teil: Eine schweigende Nacht

Aufbruch

Das urbane Einhorn

Der andere Jahrmarkt der Träume

Offerte

Wolfskinder

Die Nacht

Im Traum

Turmalurma fährt zur See

Bären und Boote

Mein Boot

Gestrandet

Delfinische Gefangene

Fuhr ein Fischer übern See

Am letzten Felsen

Von früher

Vorabend

Die verschwundene Schar: Teil 4: Das Wrack

Die geheimen Weissagungen der Voluspa Neuester Teil: Ein grauer Morgen

Möwen und Krähen

Steine, Felsen, ein Riff

Sieben Glöckchen

Im Schlick

Drei Jungen

Ich wander durch die Zeit

Schilf

Brandung

Schühchen

Im Meer

Die im Dunkeln

Turmalurma baut ein Schiff

Epilog

Weiter

Das Buch von Turmalurma

Prolog

Das Lied von Turmalurma

Turmalurma, bist ein Vogel,

Turmalurma, bist ein Reh.

Sing vom Meer und sing von Liebe,

Turmalurma, tu mir weh.

Trägst ein Zeichen unterm Herzen,

das ist Armut, Angst und Not.

Zünde mir zur Nacht ein Kerzen,

Turmalurma, gib mir Brot.

Die Eulen lass im Dachstuhl schlafen,

in den Keller sperr den Hund,

liegt ein graues Schiff im Hafen,

sprich mit deinem Federmund,

Turmalurma, von den Blüten,

die du wachsen siehst im Dort.

Musst ein groß Geheimnis hüten,

und ein weltverborgner Ort

ist, wohin dein Seel gegangen.

Turmalurma, sing vom Wind.

Hab mich an dein Eichen hangen,

einer ward, dem Tränen sind.

Trost ist nicht von Mann und Frauen,

Heilung wird nicht ohne Qual.

Streichel mich mit Drachenklauen,

nenn mein Namen nur einmal.

Turmalurma, bist mein Klagen,

ahnst du, wie mein Kriegsschiff heißt?

Sollst mich einst nach Faltern fragen,

eh mich was ins Dunkel weist.

Denn was Menschen Liebe hatten,

war nur ein Geruch von Glück.

Alle Welt verfällt den Schatten,

und das Licht kehrt nie zurück.

Turmalurma, bist ein Bluten,

Turmalurma, bist der Schnee.

Trittst du einst aus allem Fluten,

Turmalurma, brich mein Herz, dann geh.

Turmalurma steigt in die Berge

Gestirne

Ich könnte von Gestirnen sprechen,

doch spreche ich vom Mond.

Ich hatt ein Haus in seinem Licht,

jetzt ist er unbewohnt.

Auch spräch ich gerne von der Sonne

und sprech doch nur von Erde.

Hab einem Meteor entnommen,

dass es bald Abend werde.

Und zieh die Milchstraße entlang

mit Kühen und mit Ziegen.

Die Weiden hat man umgegraben.

Ringsum im Dunkeln fliegen,

die so wie ich verloren sind

und so gern Heimat fänden.

Wir sind ein Sternenstaub im Wind

und werden nirgends enden.

Zu Steinen

zu steinen ward mein traurigkeit

hätt kein lohn daran

wusst nichts als unendlichkeit

und fing am ende an

brach einen zweig am wegrand ab

dass mir ein krücken wär

fiel doch in ein fremdlingsgrab

und war wie dies so leer

dass in mich alles stürzen wollt

was nirgends halten fand

hab stets mein stein bergab gerollt

und bau mein haus auf sand

geh auf ein fest und sitz allein

hab tanzen nie vermocht

wollt immerfort ein andrer sein

und bleib ein kerzendocht

denn um mich her das helle licht

lässt mich geschwärzt und krumm

kenn meinen nam noch zeichen nicht

und steh verzagt und stumm

vor meinen letzten tagen

Wenn die letzte Sonne brennt

Wenn die letzte Sonne brennt,

wenn die Katzen schweigen,

wenn zur Nacht die Trommel brüllt,

trocknes Blut die Schalen füllt,

wenn zum Spiel der Geigen

Vögel fallen aus der Nacht,

wenn das Einhorn umgebracht:

dann trag Tränen im Gesicht,

denn der Himmel – kennt dich nicht.

Wenn die Türme einwärts fallen,

wenn die Spinnen fliehen,

wenn ein Wolf den Vollmond fraß,

wenn die Schatten ziehen,

wenn dich jeder Gott vergaß

und in grünen Hallen

man die Kupfertrommel schlägt,

wenn die Erde sich bewegt,

blut'ge Nebel fallen,

dann trag Narben im Gesicht,

denn die Hölle – kennt dich nicht.

Wenn die Wölfe heulen,

wenn die Spinnen fliehen,

grüne Augen starren blind,

wenn die Bären Pilger sind,

wenn gehetzt von Eulen

Riesen sternwärts ziehen,

stolpert einer, einer springt,

einer blutet, einer singt,

singt und lacht und weint zugleich,

einer arm und einer reich,

dann trag Weißgold im Gesicht,

das Gericht, es kennt dich nicht.

Wenn der Hammer wieder fliegt,

wenn die Hexen weinen,

eine fiel vom Besen ab,

doch die andre muss ins Grab,

wenn auf dürren Beinen

Tote laufen durch die Nacht,

wenn das letzte Heer marschiert,

wenn es zehnfach triumphiert

und am Ende doch besiegt

achtfach tot am Boden liegt,

dann trag Blumen im Gesicht,

denn die Erde – kennt dich nicht.

Wenn ein Rad vom Himmel fällt,

wenn in dir ein Mond zerschellt,

wenn das Meer zu Flammen wird,

dir ein Traum den Sinn verwirrt,

wenn die hohen Mauern einwärts fallen,

wenn in rauchdurchtränkten Hallen

das der Nacht entstiegne Heer

sich zur Schlacht versammelt,

Flammenkind zieht her vom Meer,

ist das Tor verrammelt,

dann trag Fackeln im Gesicht,

denn der Schmied, er kennt dich nicht.

Wenn kein Hammer Ratschluss kennt,

wenn kein Schwert dich schützt,

wenn kein Schild dir Schutz verheißt,

wenn kein Zauberstab noch nützt,

wenn das dürre Hemdchen reißt

und das Schächtelchen verbrennt,

Speer krümmt sich im Feuerschmerz,

Blut erbricht das Rosenherz,

wenn der Lanzenträger rennt

und sich in die Flammen schmeißt,

dann trag Karten im Gesicht,

Denn die Sonne – kennt dich nicht.

Wenn das Horn den Schlachtruf brüllt,

Katzenblut den Vollmond füllt,

Lotos welkt im Weltenwind,

wenn die Lämmer Löwen sind,

ach, die Waage schlägt dich tot,

Blut erwacht im Morgenrot,

Sommer ist schon umgebracht,

einer war, der lacht und lacht,

keiner bleibt zum Schluss gerecht,

keiner gut und keiner schlecht,

dann trag Siegel im Gesicht,

denn dein Kind erkennt dich nicht.

Die Zurückgelassene

Weh, Falke in mein Herzen,

was zogst du einst hinaus

und ich blieb bei den Schmerzen,

gebannet in ein Haus,

wo nachts die Muhme schleichet

und hat ein Messer blank,

als wie die Katze streichet,

da kriech ich in ein Schrank.

Zu atmen ich kaum wage,

die Faust erstickt den Schrei,

dass ich's zum Himmel klage,

wie elend ich doch sei.

Wohin bist du geflogen,

mein Falke hoch im Licht?

Bist ja zum Krieg auszogen

und denkest meiner nicht.

Ach, kehr zurück in Eile

und hülf mir aus der Not.

Vom Hauklotz nimm das Beile

und schlag die Muhme tot.

Die Geheimen Weissagungen der Völuspa Ältester Teil: Gebell

Vieles sag ich, mehr noch weiß ich, Tochter bin keinem geboren.

Götter leben, Götter sterben, glaubensgeschaffen ein neues Geschlecht.

Beilzeit, Baumzeit, ewiger Reigen, Frühling seh ich fallen, neue Geburt.

Was folgt dein Auge argwöhnend weltentragendem Weg,

Schicksal aller, der Weltverschworenen Los darin rollt wie ein Ball.

Götter seh ich, Welten wirkend, du, Erster, eine nur schufst.

Ihre drei Reiche heut noch Yggdrasil trägt, ewige Esche im Weltsturm:

Asgard, Heimat dir dienender Götter, Welten erschufen sie nie.

Midgard, der Sterblichen Land, Helgard, der Toten Reich.

Asgard wird fallen, Midgard verbrennen, Helgard seh ich blassen.

Denn es wird kommen ein Tag, und er kommt wie ein Dieb,

da man den Baum entreißt dem Grund aus Zeit, da er wurzelt.

Ihn wirft in die Nacht, wo die Legionen schon warten,

weil siebenfach geschmiedetes Silber sich vor der Esche verschließt,

und vergebens nach ihren Schatten suchen Motsognirs Kinder.

Sie fliehen nach Westen, sie fliehen nach Osten;

sie verbergen sich in der Steinknochen Wurzeln,

nicht vermag Durins Geschlecht zu zerbrechen

die kunstreiche Achse, göttergeschmiedet,

zu drehn sich im Reigen göttererschaffener Welten.

So harrt sie, ewig gebärend, im blutvollen Dunkel der Zeit

hinter dem Tor, und davor tobt brüllend der Kampf um das Morgen.

Doch nichts lässt den Sterblichen sich auf ewig verschweigen,

nichts bleibt, wie gut auch die Masken, auf immer verborgen.

Im Reigen der Mächte steht Ältestes, Neuestes längst schon bereit

Und was ewig gewunden, wird endlich entbunden,

was für immer gegeben, die Zeit nimmt es fort.

Ein endliches Leben, ein todloses Schweben.

Richter seh ich, sie warten am bitteren Ort

und Wallvater, du, auch du bist nur noch ein Wort.

Alle Lieder

als alle lieder gesungen waren

und jede geschichte war erzählt

stiegen die kinder in die berge hinauf

und begannen zwischen den felsen

nach den sternen zu suchen.

das war eine merkwürdige geschichte,

greise haben sie einander berichtet am feuer,

nachts, während der wind leise musizierte

zwischen verdorrten bäumen.

manchmal bellten die hunde,

aber keiner verstand ihnen zuzuhören

und draußen in der nacht irrten die kinder

von einer höhle zur nächsten.

der mond stand als heller ball

über den gipfeln. er wunderte sich

warum keiner ein brennendes scheit

aus den lagerfeuern aufwärts brachte.

ein pferd wird die antwort wissen,

hieß es mancherorts, aber

das war wohl nicht wirklich wahr.

nur die kinder, eh sie eins nach dem andren

und ohne zu lächeln erfroren,

hätten im glitzern des raureifs

vor ihrem mund beinah die sterne

wiedergefunden.

Der Märchenkongress

Im Sommer, wo man wenig Feste feiert,

bin ich nach Korsika geeiert,

und dort, in einer Höhle Schlunde

entdeckte ich mit aufgesperrtem Munde

eine veritable Festtagsrunde.

Ein Kürbis wie von Halloween

sah düster zu mir her und schien

mir ratsam sein zu wollen.

Weiter hinten in dem Stollen

fand ich dann die ganze Meute,

lauter ehrenwerte Leute.

Nikolaus und Osterlamm,

Märchenfee mit goldnem Kamm,

jede Menge Engelein,

Rumpelstilz und Hänschenklein.

Um einen großen Tisch geschart,

auch oftmals wider die Natur gepaart,

Wolf und Geißlein Lover sind,

König Frosch knutscht‘s Königskind

In einem Lehnstuhl saß das Osterhäschen,

dem hatte man das zarte Näschen

mit scharfer Zange abgeknipst,

dieweil der Weihnachtsmann beschwipst

auf seinen Knien ein Mägdlein wiegte.

Seine feiste Rechte schmiegte

sich deutlich zwischen ihre Kinderbeine,

und voller Güte sprach er: „Weine,

ach kleines Mädchen, nicht so laut,

weil man dir sonst den Arsch verhaut.“

Das hat das Jesuskind gehört,

und laut rief es und sehr empört:

„Wen du hier flagellierest

und hernach penetrierest,

Sankt Niklas, das bestimme ich!

Am besten, denk ich, nimmst du mich.“

Der Igel schrie: „Was ist mit mir?“

Der Hase sprach: „Ick poppe dir,

mach dir mal keene Sorgen.“

Unterm Tisch recht gut verborgen

küsste grade Rosenrot

Schneeweißchen, ihr klein Schwester, tot.

Worauf Frau Holle lachte,

obzöne Gesten machte

und sprach: „Der Welten Leiden