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Der Diskurs über die Qualität der Medien ist geprägt durch den Widerspruch von "Qualität" und "Quote", also von normativen Qualitätsansprüchen einerseits und ökonomischen Wechselwirkungen der Medienproduktion und -nutzung andererseits. Julia Serong unternimmt zunächst eine öffentlichkeitstheoretische Analyse des Qualitätsdiskurses und seiner verschiedenen Foren und weist auf das Problem hin, dass das Publikum nur unzureichend in diesen Diskurs eingebunden ist. Dabei ist der Qualitätsdiskurs unerlässlich für die öffentliche Selbstbeobachtung der Gesellschaft. Das Buch enthält aus diesem Grund eine ausführliche und kritische AuseinanderSetzung mit den Problemen, Konfliktfeldern und Perspektiven der Qualitätsforschung. Die Autorin entwickelt zudem eine öffentlichkeitstheoretische Perspektive, in welcher die Problematik des Publikums im Qualitätsdiskurs und in der Qualitätsforschung auf das grundlegende Integrationsproblem der funktional ausdifferenzierten und individualisierten Gesellschaft zurückgeführt wird. Ein integrativer Gemeinwohlbegriff, der den vermeintlichen Widerspruch von Eigennutz und Gemeinwohl zu überwinden vermag, gibt neue Impulse für die Entwicklung eines integrativen Publikumskonzeptes. Das Buch macht deutlich, dass die gesellschaftliche Integration durch öffentliche Kommunikation und damit auch der Qualitätsdiskurs zunehmend auf den Gemeinsinn der einzelnen Rezipienten angewiesen sind.
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Seitenzahl: 564
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Herausgegeben von
Christoph Neuberger, Jörg Matthes und Gabriele Siegert
Seit mehr als zwei Jahrzehnten erscheinen in der Buchreihe »Forschungsfeld Kommunikation« wichtige Monografien der deutschsprachigen Kommunikationswissenschaft. Als thematisch offenes Forum gibt die renommierte Reihe Impulse für die Weiterentwicklung des Faches und Anregungen für die Diskussion zentraler Fragen. Viele der über 30 Bände sind Standardwerke geworden, die nicht nur im engen Kreis der Spezialisten auf reges Interesse gestoßen sind, sondern ein breites Publikum in Wissenschaft und Gesellschaft gefunden haben.
Auch in Zukunft will die Reihe diesem Anspruch gerecht werden: Der gegenwärtige Wandel von Kommunikation, Medien und Öffentlichkeit verändert auch die Kommunikationswissenschaft. Diesen Wandel wird die Reihe mit fundierten Analysen begleiten. Sie ist der Publikationsort für Ergebnisse empirischer Forschungsprojekte und theoretischer Entwürfe, ebenso wie für herausragende Dissertationen und Habilitationsschriften. Mit ihr verbindet sich ein Bekenntnis zur Monografie – jenseits der auf Schnelligkeit des Schreibens und Lesens getrimmten Kurzformen des wissenschaftlichen Publizierens. Sie will Wegmarken setzen, die von Bestand sind.
Die 1992 von Walter Hömberg (Eichstätt), Heinz Pürer (München), Ulrich Saxer (Zürich) und Roger Blum (Bern) begründete Reihe wird seit 2013 von Hannes Haas (Wien), Christoph Neuberger (München) und Gabriele Siegert (Zürich) herausgegeben. Für den 2014 verstorbenen Hannes Haas ist seit 2015 Jörg Matthes (Wien) Mitherausgeber der Reihe.
www.uvk.de/fk
Forschungsfeld Kommunikation
Band 36
Diese Arbeit wurde 2014 als Dissertation am Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität Berlin angenommen.
Mit freundlicher Unterstützung der Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Freien Universität Berlin e. V. sowie der Arbeitsstelle Wissenskommunikation/Wissenschaftsjournalismus am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität Berlin.
Vorwort
Einleitung
Ausgangsproblem und zentrale Fragestellung
Gliederung
1Der Qualitätsdiskurs
1.1Die Foren und Ebenen des Qualitätsdiskurses
1.1.1Die Ebenen von Öffentlichkeit
1.1.2Öffentlichkeit als Forum
1.1.3Die Ebenen und Foren des Qualitätsdiskurses im Überblick
1.2Medienregulierung
1.2.1Funktion der Medienregulierung
1.2.2Medienqualität als Public Value
1.3Medienselbstkontrolle
1.3.1Funktion der Medienselbstkontrolle
1.3.2Qualitätssicherung als Managementfunktion?
1.3.3Das Öffentlichkeitsdefizit der Medienselbstkontrolle
1.4Publizistische Medienkritik und Medienjournalismus
1.4.1Funktion(en) der Medienkritik
1.4.2Medienkritik im Spannungsfeld von Werk- und Kulturkritik
1.4.3Medienjournalismus und Journalismusjournalismus: Perspektiven einer reflexiven Medienkritik
1.5Das Publikum des Qualitätsdiskurses
1.6Zwischenfazit
2Ausdifferenzierung und Integration der öffentlichen Kommunikation
2.1Die Gesellschaft als System
2.2Das Funktionssystem Öffentlichkeit
2.2.1Funktion und Leitdifferenz
2.2.2Binnenvarianz und Selbstbeobachtung
2.2.3Entgrenzung und Ökonomisierung öffentlicher Kommunikation
2.2.4Die Einheit der Differenz im Öffentlichkeitssystem
2.3Die Semantik funktionaler Differenzierung im Qualitätsdiskurs
2.3.1Funktionale Semantiken
2.3.2Strukturelle Kopplungen
2.3.3Die Integrationsfunktion des Qualitätsdiskurses
2.4Zwischenfazit
3Probleme und Perspektiven der Qualitätsforschung
3.1Qualitätsforschung als Reflexionsinstanz
3.1.1Wissenschaft als Beobachtung zweiter Ordnung
3.1.2Wissenschaftliche Qualitätsforschung als Reflexionsinstanz im Qualitätsdiskurs
3.2Kriterienkataloge als Theoriesurrogat
3.3Soziologische Perspektivenwechsel in der Qualitätsforschung
3.3.1Normativer Individualismus und Gesinnungspublizistik
3.3.2Akteurstheoretische Ansätze: Journalistisches Handeln und Mediennutzung
3.3.3Organisationen und Institutionen der öffentlichen Kommunikation
3.3.4Öffentlichkeit und Journalismus als System
3.3.5Integrativ im Ansatz: Die ›Weischenberg-Zwiebel‹
3.3.6Die Integration der Perspektiven: Medienqualität zwischen Gesellschaft, Profession und Publikum
3.3.7Mehrsystemrelevanz als integrative Leitdifferenz
3.4Normativität in der Qualitätsforschung
3.4.1Information vs. Unterhaltung – eine Frage der Ehre?
3.4.2Objektive vs. subjektive Qualität? Der ›blinde Fleck‹ der Qualitätsforschung
3.4.3Das Normativitätsproblem
3.4.4Systemtheorie und die Frage der Moral
3.4.5Werturteilsfreiheit und Wertbezogenheit in der Qualitätsforschung
3.5Zwischen Individualismus und Kollektivismus: Das Publikum in der Qualitätsforschung
3.6Zwischenfazit
4Individualisierung und Integration in der modernen Gesellschaft
4.1Person und Individuum
4.2Systemische Inklusion durch Rollen
4.3Das Integrationsproblem moderner Gesellschaften
4.4Kollektive Identität(en)
4.5Grundrechte als Inklusionsmechanismus ausdifferenzierter Gesellschaften
4.6Eigennutz und Gemeinwohl im Liberalismus
4.7Zwischenfazit
5›res publica‹: Öffentlichkeit und Gemeinwohl
5.1Der Gemeinwohlbegriff in der Staatsphilosophie
5.1.1Gemeinwohl im Spannungsverhältnis zwischen Mensch und Gesellschaft
5.1.2Öffentlichkeit als Prinzip
5.2Leerformel oder Leitwert? Prozedurale vs. substantialistische Gemeinwohlkonzepte
5.3Verfassungsrechtliche Perspektiven auf Gemeinwohl und Öffentlichkeit
5.3.1Interaktive Grundrechte und kollektive Güter
5.3.2Das kollektive Gut der informierten Öffentlichkeit
5.3.3Kollektive Identität oder Gemeinsinn?
5.4Zwischenfazit
6Das Publikum der Öffentlichkeit
6.1Das Publikum als »innere Umwelt«
6.2Primäre und sekundäre Publikumsrollen
6.3Öffentliche Kommunikation und individuelle Lebenswelt
6.4Zivilgesellschaft und Partizipation des Publikums
6.4.1›Zivilgesellschaft‹ als Referenzbegriff
6.4.2Partizipation in der Internetöffentlichkeit
6.4.3Professioneller Journalismus und Nutzerpartizipation
6.4.4Partizipation im journalistischen Produktionsprozess
6.4.5Partizipativer Journalismus aus ökonomischer Sicht
6.4.6Partizipativer Journalismus als Public-Value-Management
6.4.7Eigennutz und Gemeinsinn in der Nutzerpartizipation
7Schlussbetrachtung
Literatur
Die vorliegende Arbeit wurde unter dem Titel »Das Publikum der Öffentlichkeit. Ein Theorierahmen für eine integrative Qualitätsforschung« im Jahr 2014 am Fachbereich Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität Berlin als Dissertation angenommen.
Ich danke vor allem Alexander Görke, der mir stets den erforderlichen gedanklichen Spielraum zur Entwicklung meiner Überlegungen gewährt hat, gerade auch dann, wenn es darum ging, systemtheoretische Konzepte mit Begriffen aus anderen Ansätzen und wissenschaftlichen Disziplinen zusammenzuführen. Ihm habe ich zu verdanken, dass ich meine Dissertation als wissenschaftliche Mitarbeiterin im regen Austausch mit meinen Kolleginnen und Kollegen sowie zahlreichen Studierenden am Berliner Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft voranbringen konnte.
Meinen Dank möche ich auch Christoph Neuberger aussprechen, der bereits während meines Studiums der Kommunikationswissenschaft in Münster mein Forschungsinteresse für das Thema Medienqualität weckte und mein Dissertationsprojekt erfreulicherweise auch nach meinem Wechsel von Münster nach Berlin mit Interesse begleitet und geprägt hat.
An dieser Stelle möchte ich auch den vielen Wegbegleitern danken, die mir mit Lob und Kritik weitergeholfen haben: Armin Scholl, der mir in den gemeinsamen Colloquien von Berlin und Münster viele entscheidende Hinweise gegeben hat; desweiteren Klaus Beck, Patrick Donges und Otfried Jarren, die mir ermöglichten, mein Dissertationsprojekt in ihren gemeinsamen Colloqiuen von Berlin, Greifswald und Zürich vorzustellen; nicht zuletzt meinen ehemaligen Kolleginnen und Kollegen in Münster und Berlin, die mich auch in schwierigen Phasen immer wieder ermutigt haben.
Danken möchte ich auch Holger Wormer für die verständnisvolle Unterstützung in Dortmund beim Endspurt bis zur Einreichung der Dissertation. Die Aussicht auf die Mitarbeit in einem spannenden Projekt zur Qualität in der Wissenschaftskommunikation hat sich sehr positiv auf mein Zeitmanagement ausgewirkt.
Die Ernst-Reuter-Gesellschaft der Freunde, Förderer und Ehemaligen der Freien Universität Berlin e.V. sowie die Arbeitsstelle Wissenskommunikation/Wissenschaftsjournalismus am Institut für Publizistik und Kommunikationswissenschaft der Freien Universität Berlin haben die Drucklegung der Arbeit finanziell unterstützt.
Ein Großteil der Qualitätsdebatte dreht sich um den Widerspruch von ›Qualität‹ und ›Quote‹, also um die Unvereinbarkeit von dem, was in normativer Hinsicht im Blick auf die Demokratie, den Staat, die Gesellschaft, das Gemeinwohl wünschenswert oder gar notwendig erscheint, und dem, was realiter auf dem Markt von den Medienunternehmen und Produzenten angeboten und vom Publikum, also von den einzelnen Rezipienten, immer wieder nachgefragt wird. Dieser Widerspruch scheint so evident, dass er kaum noch hinterfragt wird. So zahlreich sind die Beispiele, die sich anführen lassen, um zu zeigen, dass Gemeinwohlorientierung und Markterfolg unvereinbar sind, dass dieser Widerspruch wie ein Naturgesetz des Qualitätsdiskurses erscheint. Die Funktion der wissenschaftlichen Qualitätsforschung besteht nicht zuletzt darin, diese scheinbar evidenten Zusammenhänge kritisch zu hinterfragen, auszuarbeiten und zu diskutieren. Es herrscht jedoch ein Mangel an theoretischen Konzepten, die dazu geeignet sind, die Grundproblematik des Qualitätsdiskurses zu erfassen und zu erklären. Dieser Mangel ist auf mehrere Gründe zurückzuführen.
So stößt man bereits bei dem Versuch, den Qualitätsdiskurs zu systematisieren, rasch auf ein grundlegendes Problem, nämlich die Eingrenzung des Forschungsgegenstandes. Der Begriff ›Medienqualität‹ ist insofern problematisch, da zunächst geklärt werden muss, was unter ›Medien‹ zu verstehen ist – gerade in Zeiten technologischer Konvergenz kein leichtes Unterfangen. Ein schlichter Verweis auf elektronische Massenmedien zur Abgrenzung gegenüber medien-, sprach- und literaturwissenschaftlichen Interpretationen reicht längst nicht mehr aus, um den Medienbegriff ausreichend zu präzisieren. Anstelle einer medienspezifischen Eingrenzung wird daher oftmals der Bezug zum Journalismus als Leistungssystem bzw. Akteurskonstellation gewählt. Sollte also besser von journalistischer Qualität die Rede sein? Haller (2010: 349) ist der Ansicht, »dass sich die Qualitätsdebatte ausschließlich auf den – seit der Verbreitung der ›Web 2.0‹-Medien als ›klassisch‹ zu bezeichnenden – Journalismus der Massenmedien bezieht«. Diese Eingrenzung der Qualitätsdebatte auf den Journalismus erweist sich allerdings vor dem Hintergrund der verschiedenen Entdifferenzierungs- und Konvergenzprozesse als wenig weiterführend. Zudem wird durch eine solche Eingrenzung übersehen, dass der Qualitätsdiskurs seit jeher weitaus größer und umfassender als die wissenschaftliche Forschung zu journalistischer Qualität ist. Zwar hat die kommunikationswissenschaftliche Qualitätsforschung tatsächlich erst in den späten achtziger bzw. frühen neunziger Jahren gerade auch in Form einer Debatte an Auftrieb gewonnen, und die Qualität des Journalismus stand dabei stets im Mittelpunkt der Diskussion. Saxer (2000: 196) zufolge zeigt die wissenschaftliche Qualitätsforschung eine deutliche Tendenz dazu, »Infotainment und andere Formen von Unterhaltungsjournalismus eher abwertend zu qualifizieren«. Dabei wurde und wird der Journalismus jedoch stets in seinem Spannungsverhältnis zu fiktionalen und non-fiktionalen Unterhaltungsangeboten, insbesondere im Rundfunk, betrachtet. »Insgesamt erschienen vor allem die Ausweitung von seichten Unterhaltungsangeboten und die Boulevardisierung von Informationsangeboten bedenklich« (Arnold 2009: 81). Selbst wenn man also versucht, nur die journalismusbezogene Qualitätsdebatte zu betrachten, gerät man unweigerlich in die damit zusammenhängenden Debatten um andere Bereiche der öffentlichen Kommunikation, die sich zunehmend gegenseitig durchdringen. Eine ausschließliche Fokussierung der Qualitätsdebatte auf den Journalismus, die andere Bereiche der öffentlichen Kommunikation von vornherein ausblendet, entspricht also weder der empirisch zugänglichen Wirklichkeit des Qualitätsdiskurses, noch wäre sie in normativer Hinsicht sinnvoll. Eine solche Eingrenzung würde sich nämlich gegenüber der Tatsache verschließen, dass der Journalismus bereits seit seiner Entstehung in vielfältigen Wechselbeziehungen zu anderen Bereichen der öffentlichen Kommunikation steht und dass diese Wechselbeziehungen in den letzten Jahrzehnten an Intensität zugenommen haben. Daher erscheint es sinnvoll, den Qualitätsdiskurs auf publizistische Qualität zu beziehen. Diese kennzeichnet verschiedene Formen medienvermittelter öffentlicher Kommunikation: Journalismus, aber auch Unterhaltungsangebote; auch die Blogosphäre und die sozialen Netzwerke sind dann für den Qualitätsdiskurs relevant. So gilt der Begriff der publizistischen Qualität nicht für ein spezifisches Medium oder Genre. Neuberger (2011: 13) versteht unter publizistischen Medien solche, »die für Massenpublika in den Genres aktuelle Information (Journalismus), Bildung, Beratung, Kultur und Unterhaltung Angebote öffentlich bereitstellen«.
Ein weiterer Grund für den Mangel an theoretischen Konzepten zur Beschreibung des Qualitätsdiskurses und zur Erklärung seiner Grundproblematik liegt in der Vielschichtigkeit und Multiperspektivität von Medienqualität. So ist die wissenschaftliche Qualitätsforschung sowohl in theoretischer als auch in empirischer Hinsicht mit dem Problem konfrontiert, dass sie es mit verschiedenen Wertungssubjekten sowie unterschiedlichen Wertungsobjekten, Wertmaßstäben und Wertprädikaten zu tun hat (vgl. Neuberger 2011: 13).
Denn auch wenn von einem umfassenden Diskurs über publizistische Medienqualität auszugehen ist, so beziehen sich die Bewertungen von Medienqualität doch auf unterschiedliche Angebotsebenen. Hasebrink (1997) differenziert die Angebotsebenen (vor allem im Hinblick auf den Rundfunk) in das Gesamtangebot, das Programm bzw. den Kanal, das Genre, den Programmplatz innerhalb des Programmschemas sowie die Sendung bzw. einzelne Sendungselemente. Schweiger (2007: 250) unterscheidet in ähnlicher Weise sechs Hierarchiestufen medialer Wertungsobjekte. Während das Mediensystem, die Mediengattungen sowie verschiedene Genres eher allgemeine Referenzpunkte für die Bewertung von Medienqualität darstellen, erlauben Medienprodukte, bestimmte redaktionelle Einheiten oder gar einzelne Medienakteure einen vergleichsweise konkreten Zugang für qualitative Bewertungen. Wenn über Medienqualität diskutiert wird, ist also zunächst keineswegs klar, ob über dasselbe Wertungsobjekt kommuniziert wird.
Die Qualitätsbewertungen beziehen sich aber nicht nur auf unterschiedliche Wertungsobjekte, sondern hängen auch von verschiedenen Wertungssubjekten ab. In der Qualitätsdebatte gilt es mittlerweile als unstrittig, dass die Definition von Medienqualität perspektivenabhängig ist (vgl. Hasebrink 1997: 205; Ruß-Mohl 1992: 86ff.; Saxer/Kull 1981: 50; Schatz/Schulz 1992: 698). Medienqualität gilt daher als »abhängige Variable« (Ruß-Mohl 1992: 85), die nicht nur vom Medium als solchem und dem Genre, der Funktion und der Periodizität des jeweiligen Medienangebots, also von den Eigenschaften des Wertungsobjektes, abhängig ist, sondern auch von den Kommunikatoren und Rezipienten sowie anderen Akteuren der öffentlichen Kommunikation in unterschiedlicher Weise beurteilt wird.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Qualitätsbewertung rein subjektiv erfolgt. Vielmehr zeigt sich, dass »die Erwartungen an Medienangebote […] durch gesellschaftliche Strukturen geprägt [werden], die zu Konsens und Konstanz beitragen« (Neuberger 2011: 17, H.i.O.). Zu diesen bedeutsamen gesellschaftlichen Strukturen zählen in erster Linie die gesellschaftlichen Teilsysteme, die auf einer ganz grundlegenden Ebene einen systeminternen Wertmaßstab und dem jeweiligen binaren Code entsprechende Wertprädikate (z. B. rechtmäßig, professionell, künstlerisch wertvoll, kreativ, informativ, unterhaltsam etc.) herausbilden und institutionalisieren. Saxer und Kull sprechen von einem »Aushandeln von Qualitätsstandards zwischen verschiedenen Normierungsinstanzen« (Saxer/Kull 1981: 14). Solche Normierungsinstanzen sind nicht nur politische Akteure und rechtliche Institutionen der Medienregulierung, sondern auch Journalisten und Medienunternehmer, Medienkritiker, Medienexperten und nicht zuletzt das Publikum.
»Ohne Berücksichtigung der dynamischen Normenkonstellation gesetzlicher Kontrollinstanzen, von Medienmanagement, Interessenorganisationen, Experten, Publikum und journalistischen Kollegengruppen […], unter der Journalismus realisiert und qualifiziert wird, kann der Qualitätsdiskurs nur defizitär, da unterkomplex, bleiben.« (Saxer 2009: 25)
Neuberger unterscheidet angesichts der Perspektivenabhängigkeit von Qualitätsurteilen zwischen »Anspruchsgruppen, die von den Auswirkungen des Journalismus direkt betroffen sind, und Repräsentanten […], die (meist als Experten) diese Auswirkungen bewerten« (Neuberger 2004a: 35). Die Anspruchsgruppen, zu denen vor allem das Publikum, aber auch Werbetreibende, Informanten oder die Akteure, die Gegenstand der journalistischen Berichterstattung sind, zählen, nehmen eine autonome Qualitätsbewertung vor. Als Experten gelten demgegenüber solche Akteure, die journalismusintern oder in der Medienöffentlichkeit bzw. in den Teilöffentlichkeiten von Politik, Recht und Wissenschaft stellvertretend Qualitätsurteile fällen. Neuberger nennt diese Form der Qualitätsbewertung ›repräsentativ‹, da sich die Akteure »entweder am Publikum oder an der ›öffentlichen Aufgabe‹ der Medien orientieren« (Neuberger 2004a: 35) (vgl. Hasebrink 1997: 205). Allerdings unterscheiden sich die Anspruchsgruppen deutlich hinsichtlich ihrer Qualitätserwartungen; diese werden im Qualitätsdiskurs verhandelt. Insbesondere die Experten stehen dabei stets unter dem Verdacht, »unter dem ›Deckmantel‹ des Gemeinwohls Eigeninteressen verfolgen oder das Publikum bevormunden zu wollen« (Neuberger 1997: 172). Daher ist der Qualitätsdiskurs stark geprägt durch eine ›Gemeinwohl‹-Rhetorik, die der Legitimation partikularer Interessen dienen soll.
Angesichts dieser Multiperspektivität des Qualitätsdiskurses neigen viele Fachvertreter zu einem pluralisierten Qualitätsbegriff: Die Rede ist dann nicht mehr von ›Medienqualität‹, sondern allenfalls von ›Medienqualitäten‹. In der Tat ist es stets erforderlich, »die Perspektive und das Bezugssystem bei einer Qualitätsbeurteilung mitzubenennen« (Wyss 2002: 96). Insofern ist die Aussage berechtigt: Es gibt viele Medienqualitäten, und mit zunehmender gesellschaftlicher Ausdifferenzierung kommen neue Perspektiven und entsprechende Qualitätsansprüche und -erwartungen hinzu. Weischenberg zufolge ist Medienqualität daher als ›Beobachterkonstrukt‹ zu sehen. Die verschiedenen Bewertungsperspektiven im Qualitätsdiskurs bringen nicht nur verschiedene Maßstäbe hervor, sondern beziehen sich auch auf unterschiedliche Referenzsysteme.
»In diesem Sinne ist Qualität als Beobachterkonstrukt zu verstehen. Unterschiedliche Akteure (z.B. Medienkritiker, Rezipienten, Medienmanager) beobachten aus unterschiedlicher Perspektive mit unterschiedlichen Maßstäben und Referenzsystemen (Gemeinwohl, Publikumsinteressen, ökonomischer Erfolg […]).« (Weischenberg 2006a: 12)
Dem ist zwar grundsätzlich zuzustimmen; es stellt sich allerdings die Frage, was in diesem Zusammenhang unter ›Referenzsystemen‹ zu verstehen ist, und ob die hier angeführten Begriffe ›Gemeinwohl‹, ›Publikumsinteressen‹ und ›ökonomischer Erfolg‹ geeignet sind, um diese ›Referenzsysteme‹ sinnvoll zu beschreiben. Die Vielschichtigkeit und Multiperspektivität des Qualitätsbegriffs sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass es gleichwohl auch gesellschaftliche Zusammenhänge gibt, die den Qualitätsdiskurs überhaupt erst ermöglichen.
Bereits an dieser Stelle wird deutlich, dass es in der wissenschaftlichen Qualitätsforschung nicht damit getan ist, angesichts der Perspektivenvielfalt, die im Qualitätsdiskurs herrscht, in der Diskussion stehen zu bleiben und sich mit einem im Wesentlichen auf das Vielfaltgebot reduzierten Qualitätsbegriff zufrieden zu geben. Ein beliebig pluralisierter Qualitätsbegriff führt die Diskussion nämlich letztlich in eine Sackgasse, an deren Ende der scheinbar ewige Widerspruch von ›Qualität‹ einerseits und ›Quote‹ andererseits steht. So befindet sich der Qualitätsdiskurs, und mit ihm die wissenschaftliche Qualitätsforschung, in einem Dilemma:
»Entweder Qualität verweist auf abstrakte Zielvorstellungen, die an den Interessen der Menschen vorbeigehen oder ihnen sogar zuwiderlaufen und den Verdacht nahelegen, bei der Debatte gehe es in erster Linie um den bildungsbürgerlich-elitären Versuch, die Rezipienten zu bevormunden. Oder Qualität wird mit Zuschauernachfrage gleichgesetzt, wodurch von vornherein jeder Versuch im Keim erstickt wird, Qualitätskriterien zu entwickeln, die der Vielfalt der potentiellen Funktionen der Medien gerecht werden.« (Hasebrink 2000: 6)
Da es die ›Medienqualität‹ tatsächlich nur in der Vielzahl gibt und sich darum ohne Rückgriff auf normative Konzepte nicht bestimmen lässt, die ›Quote‹ hingegen vergleichsweise genau ermittelt und quantifiziert werden kann, gewinnen ökonomische Qualitätskonzepte innerhalb des Qualitätsdiskurses an Bedeutung. Infolgedessen erhält die ›Quote‹, d. h. die empirisch messbare Mediennutzung, aus ihrer Faktizität heraus einen quasi-normativen Status. Dabei wird aber nur selten reflektiert, was jenseits der ›Quote‹, also der effektiven Nachfrage und Nutzung, unter ›Gemeinwohl‹ und unter ›Publikum‹ eigentlich verstanden wird.
Schweiger (2007: 262) konstruiert den Qualitätsbegriff als ein Dreiecksmodell, in dem sich die so genannte ›normative Qualität‹, die ›Nutzerqualität‹ und die Mediennutzung (kurz: die ›Quote‹) durchaus ambivalent gegenüberstehen. Demzufolge kann die Medienqualität aus Publikumssicht (die so genannte ›Nutzerqualität‹) einerseits von der empirisch feststellbaren Mediennutzung, also dem konkreten Verhalten der Mediennutzer (Aufmerksamkeit, Nutzungshäufigkeit, Reichweiten, Marktanteile), und andererseits von der ›normativen‹ Qualität, die von Seiten der Medienpolitik und des Medienrechts, aber auch von Medienpraktikern und von der Wissenschaft formuliert wird, unterschieden werden, wobei Schweiger selbst feststellt, dass »gelegentlich unklar [bleibt], was Nutzerqualität überhaupt ist« (Schweiger 2007: 263). Auch Schweiger bietet keine eigene Definition des Begriffs an. Er stellt lediglich fest, dass weder die ›Quote‹, also die Mediennutzung, noch die ›Qualität‹, also die rechtlich-politisch gesetzten normativen Qualitätsansprüche, mit dem Begriff der ›Nutzerqualität‹ gleichzusetzen sind.
Zunächst erscheint die Mediennutzung bzw. Publikumsakzeptanz als relativ unproblematischer Anknüpfungspunkt für die Bestimmung von Medienqualität. »Der einfachste Qualitätsmaßstab ist die Publikumsgunst«, stellt Ruß-Mohl (1994: 89) lapidar fest und verweist auf die Messung von Einschaltquoten, Reichweiten und Marktanteilen in Bezug auf bestimmte Zielgruppen. Zwar sei »die hohe Akzeptanz beim Rezipienten per se kein Qualitätsausweis […]. Andererseits stellt für viele die ›Abstimmung am Kiosk‹ (Axel C. Springer) eine sehr ›demokratische‹ Vorgehensweise der Qualitätsbewertung« (ebd.) dar. Tatsächlich zeigen empirische Studien immer wieder positive Korrelationen zwischen der Nutzung und der Bewertung von Medienangeboten (vgl. Schweiger 2007: 263).
Diese Gleichsetzung von Mediennutzung und Publikums- bzw. Nutzerqualität ist jedoch in zweifacher Hinsicht problematisch. Zum einen wird immer wieder darauf hingewiesen, dass das Nachfrageverhalten auch vom Angebotsspektrum beeinflusst wird. Viele Konsumentscheidungen können ebenso gut als Wahl des geringeren Übels betrachtet werden, da Programmschemata, Sendeplätze, Ein-Zeitungskreise, Abonnements und selbst Algorithmen von Suchmaschinen wenig Spielraum für flexible und kurzfristige Anpassungs- und Selektionsprozesse auf Seiten der Nutzer lassen. Es gibt zudem Hinweise darauf, dass es aus Nutzersicht eine deutliche Diskrepanz zwischen dem erwarteten und dem erhaltenen Nutzen aus der Mediennutzung gibt. Während die öffentliche Wertschätzung für den Journalismus im Vergleich zu anderen Berufsgruppen als hoch eingestuft werden kann, lässt sich ein relativ geringes Vertrauen in den Journalismus konstatieren (vgl. Rentsch/Schielicke 2010: 35).
»Die Wertschatzung für einen Beruf hebt vor allem auf die gesellschaftliche Relevanz, die Journalismus öffentlich zuerkannt wird, und das Ansehen ab, das Journalisten allgemein genießen. Sie ist damit eher an die normativen Erwartungen der Bürger an Journalismus gebunden. Das Urteil, ob Journalisten vertrauenswürdig sind oder nicht, beruht hingegen auf den persönlichen Erfahrungen, die die Bürger mit Journalismus machen, vor allem aber auf einer allgemeinen Wahrnehmung und Bewertung der Praxis.« (Rentsch/Schielecke 2010: 32)
Zum anderen können aus der bloßen Nutzung von Medienangeboten keine unmittelbaren Schlüsse auf den Nutzen, den ihre Nutzung den Konsumenten gestiftet hat, gezogen werden. Vielmehr zeigen Studien der Publikumsforschung, dass die Rezipienten »sehr wohl einen Unterschied machen zwischen dem, was sie gern und oft sehen, und dem, was ihnen subjektiv besonders wichtig ist« (Hasebrink 1997: 213; vgl. Gehrau 2008: 130ff.). Konsumentscheidungen sind also, ganz ähnlich wie politische Einstellungen und Wahlentscheidungen, von strukturell komplexen und durchaus widersprüchlichen, ›irrationalen‹ Präferenzordnungen bestimmt. Aufgrund der Informationsmängel auf Seiten der Rezipienten (Medienangebote als Erfahrungs- und Vertrauensgüter) sind empirisch erhobene Zuschauerurteile eher auf »zufällig zustande gekommene unsystematische Einzeleindrücke« (Daschmann 2009: 260) sowie auf relativ stabile Images der Medienanbieter und -marken zurückzuführen. Eilders (2011a: 169) zufolge »handelt es sich bei den empirisch erfassten Präferenzen des Publikums nicht um öffentliche Artikulationen und auch eine Gemeinwohlorientierung ist kaum zu unterstellen«. Heißt das nun, dass das Publikum nicht am Gemeinwohl interessiert ist?
Der vielzitierte Widerspruch zwischen ›Quote‹ und ›Qualität‹ verweist also letztlich auf das ähnlich problematische Verhältnis von Eigennutz und Gemeinwohl.
»Als Ursache des Konflikts gilt der Umstand, dass sich Rezipienten bei ihrer Qualitätsbewertung am persönlichen Vorteil oder Nutzen orientieren, also egoistisch motiviert sind. Die normative Medienqualität hingegen, wie sie von Medienpraktikern, -politikern, und -forschern gefordert wird, orientiert sich an der Erfüllung demokratietheoretisch, ethisch oder pädagogisch begründeter Medienfunktionen und damit am Gemeinwohl.« (Schweiger 2007: 262)
Meist wird davon ausgegangen, dass sich die Nutzer in ihrer Rolle als Konsumenten in ihren Konsumentscheidungen durch relativ kurzfristige Marktpräferenzen leiten lassen; so beurteilen sie die Qualität von Medienangeboten zunächst im Hinblick auf ihre rein individuellen Bedürfnisse. Darüber hinaus bewerten die Rezipienten die verfügbaren Medienangebote auch aus der Bürger-Perspektive. Hierbei wird davon ausgegangen, dass die Rezipienten in ihrer Rolle als Bürger neben ihren unmittelbaren persönlichen Gratifikationen, die sie als Konsumenten erwarten und erhalten, auch den Nutzen, den die Medienangebote für andere gesellschaftliche Gruppen bzw. für die Gesellschaft insgesamt (und damit indirekt auch ihnen selbst) stiften können (›Third-Person-Effekt‹; vgl. Hartmann/Dohle 2005), in Erwägung ziehen. Entscheidend sind hierbei langfristige, reflexive (Meta-)Präferenzen, die am besten über qualitative Methoden (nicht-standardisierte Leitfaden-Gespräche, Gruppendiskussionen) erhoben werden können (vgl. Kiefer 2003: 37f.). Allerdings ist die pauschale Zuordnung von kurzfristigem, eigennützigem Konsumverhalten und langfristigem, gemeinwohlorientiertem Bürgersinn zu simpel, vor allem wenn sie mehr oder weniger explizit an die unterschiedliche Nutzung von Unterhaltungs- und Informationsangeboten gekoppelt wird. Es ist daher sinnvoller, »zwischen einer rein persönlichen und einer am Gemeinwohl orientierten Qualitätsbewertung« (Schweiger 2007: 264) zu unterscheiden. Die gängige Unterscheidung von Konsumenten- und Bürgerrolle muss daher modifiziert bzw. erweitert werden.
Entscheidend ist also, was unter ›Publikum‹ verstanden wird, welcher Publikumsbegriff verwendet wird. Hasebrink unterscheidet drei grundlegende Publikumsbilder. Die Rezipienten gelten demnach als Konsumenten, als zu schützende Individuen oder als Mitglieder der Gesellschaft und der Kultur (vgl. Hasebrink 2000: 7). Auch wenn der Publikumsbegriff verschiedene Bedeutungsdimensionen umfasst, so wird er doch meistens in einer (mehr oder weniger deutlichen) ökonomischen Lesart gebraucht und verstanden. Hasebrink kritisiert, dass »die Rezipienten immer nur auf die Konsumentenrolle festgelegt werden« (Hasebrink 1997: 205) und verweist auf die gesellschaftliche und kulturelle Rolle der Rezipienten. Tatsächlich ist die Unterscheidung von Konsumenten- und Bürgerrolle insofern irreführend, als ja kein zwingender logischer Zusammenhang zwischen Konsum und Eigennutz einerseits sowie zwischen Bürgerschaft und Gemeinwohlorientierung andererseits vorliegt. Schließlich können auch staatsbürgerliche Aktivitäten, wie z. B. die Teilnahme an politischen Wahlen, auf die Maximierung des Eigennutzes und die Durchsetzung privater Interessen (»not in my backyard«) ausgerichtet sein, und ebenso kann individuelles Konsumverhalten sich an Gemeinwohlvorstellungen (fair trade, Umweltschutz) orientieren. Scherer (2011) unterscheidet in diesem Zusammenhang zwei kontradiktorische Argumentationslinien, die sich an der Frage scheiden, ob der gesellschaftliche Nutzen nun aus der Aggregation der Einzelinteressen folgt oder nicht. Für Scherer ist diese Unterscheidung »zwischen den aggregierten Interesse der Einzelnen und dem Gemeinwohl« (Scherer 2011: 130) zentral, er betont allerdings: »Das macht aber nur Sinn, wenn das Publikum selbst diese Unterscheidung nachvollzieht« (Scherer 2011: 130). Er führt einige Studien an, die belegen sollen, »dass das Publikum sehr wohl zwischen persönlich und gesellschaftlich relevanten Themen unterscheiden kann« (Scherer 2011: 130) und sieht es als erwiesen an, dass das Publikum fähig und bereitwillig ist, »über seine eigenen individuellen Präferenzen hinauszudenken« (Scherer 2011: 131). Die empirische Beweislage hierzu ist allerdings äußerst dürftig.
Was sich jedoch festhalten lässt, ist, dass der schlichte Dualismus von Bürger- und Konsumentenrolle zu kurz greift und zur Erklärung von Mediennutzung nur sehr eingeschränkt tauglich ist. Stattdessen gilt es, dem komplexen Verhältnis von individuellen Interessen und öffentlichem Interesse, von Konsumentenpräferenzen und -verhalten einerseits und Bürgerinteressen und -verhalten andererseits sowohl empirisch als auch theoretisch verstärkt auf den Grund zu gehen.1 Hierzu ist es hilfreich, diese Unterscheidung im Zusammenhang mit den Publikums- und Leistungsrollen der Funktionssysteme zu betrachten (vgl. Kap. 6.2).
Nur selten wird indes die Frage gestellt, was mit der Gemeinwohlorientierung der ›normativen‹ Qualität eigentlich gemeint ist, und ob sie nicht weitaus mehr umfasst, als demokratietheoretische Begründungsraster nahelegen. Normative Qualitätsansprüche werden schließlich nicht nur von Seiten der Politik oder des Rechts formuliert, sondern letztlich von allen gesellschaftlichen Bereichen, die in irgendeiner Form auf die Leistungen der Medien angewiesen sind. Politischrechtliche Qualitätsnormen leisten hier allerdings eine Bündelung von Interessen und Ansprüchen und reduzieren so die Komplexität des Konflikts, indem sie allgemeine Forderungen in Gesetze und Regeln transformieren. So kommt es, dass in der Debatte um Medienqualität normative Qualitätsansprüche meistens mit rechtlichen oder politischen Ansprüchen gleichgesetzt werden. Dahinter stehen jedoch Geltungsansprüche beispielsweise aus dem Bereich der Pädagogik (in Bezug auf Jugendmedienschutz) oder der Religion (in Bezug auf Achtung gegenüber religiösen Überzeugungen oder gegenüber der Menschenwürde). Daher ist die ›normative‹ Medienqualität nicht nur auf die Herstellung einer unmittelbar politischen Öffentlichkeit ausgerichtet, sondern umfasst auch gesellschaftliche und kulturelle Bedürfnisse (vgl. Kap. 3.4.5). So gesehen erweist sich auch die Unterscheidung von ›normativer‹ Qualität und ›Publikums- bzw. Nutzerqualität‹ als problematisch, da sie einen Widerspruch zwischen Publikumsinteressen und dem öffentlichen Interesse der Gesellschaft konstruiert – ein Widerspruch, der äußerst fragwürdig erscheint und einer weiteren Erörterung bedarf (vgl. Kap. 4).
So liegt ein weiterer Grund für den Mangel an theoretischen Konzepten in der wissenschaftlichen Qualitätsforschung darin, dass es sich bei ›Medienqualität‹ nicht nur um einen vielschichtigen und multiperspektiven Begriff handelt, sondern auch um einen relationalen Begriff, dessen Bedeutung sich erst im Hinblick auf die Begriffe des ›Publikums‹ und des ›Gemeinwohls‹ erschließt. Neuberger (2004a: 35) betrachtet es mit Verweis auf Ruß-Mohl (1994) und Saxer/Kull (1981) als »weitreichende[n] Konsens« der Qualitätsdebatte, dass der Qualitätsdiskurs als solcher seine Berechtigung hat, indem er die verschiedenen Anspruchsgruppen in einem stets dynamischen Diskurs zusammenführt und die Qualitätsbeurteilung auf diese Weise prozeduralisiert, dass aber »den Publikumserwartungen Priorität eingeräumt werden [solle]«. Schließlich ist die Bewertung von Medienangeboten nicht nur von verschiedenen Perspektiven abhängig, sondern sie ist auch ein relationaler Prozess. »Medienqualität« ist also nicht nur ein multiperspektivischer, sondern auch und vor allem ein relationaler Begriff. Von grundlegender Bedeutung ist daher die Prämisse Hasebrinks, der zufolge Qualität »keine Eigenschaft der Angebote selbst, sondern eine Eigenschaft der Beziehung zwischen Angebot und Rezipienten« ist (Hasebrink 1997: 202). Genauer ausgedrückt handelt es sich bei ›Medienqualität‹ um die Eigenschaft der Beziehung
»zwischen den Bedürfnissen der Rezipienten einerseits und den spezifischen Eigenschaften von Medienangeboten, die diese mehr oder weniger geeignet machen, diese Bedürfnisse zu erfüllen, andererseits. Medienangebote ›haben‹ keine Qualität, sondern diese muss sich immer erst in der Rezeption ›erweisen‹. Die Qualität eines Medienangebots ergibt sich also aus der kommunikativen Funktion, die das Angebot im Hinblick auf bestimmte Zielsetzungen erfüllt.« (Hasebrink 2000: 6)
Folgt man dieser Prämisse, so lässt sich daraus schließen, dass es zwar viele unterschiedliche Perspektiven auf Medienqualität mit jeweils verschiedenen normativen Ausrichtungen gibt, dass aber diese grundlegende Beziehung zwischen Angebot und Rezipienten, die im öffentlichen Kommunikationsprozess entsteht, der Perspektive des Publikums eine vorrangige Bedeutung als primäre Instanz der Qualitätsbeurteilung zuweist. Die Perspektive des Publikums ist also nicht einfach nur eine Perspektive unter vielen anderen. Alle anderen Perspektiven wie z. B. die Perspektive der Medienregulierung oder der Medienkritik, die im Qualitätsdiskurs eine entscheidende Rolle spielen, sind der Publikumsperspektive nachgeordnet und letztlich auf die Beziehung zwischen Angebot und Rezipienten ausgerichtet. So dient der Qualitätsdiskurs zwar einer fallbezogenen »Priorisierung der Maßstäbe« (Neuberger 2011: 20) aus den Bereichen der Medienregulierung, der Medienselbstkontrolle und der Medienkritik. Aufgrund der vorrangigen Bedeutung der Publikumsperspektive obliegt diese Priorisierung von Wertmaßstäben eigentlich dem Publikum. Tatsächlich stößt man in der Diskussion über Medienqualität jedoch immer wieder auf eine grundlegende Skepsis gegenüber dem Publikum und seiner Urteilsfähigkeit. So gerät der Hinweis auf die privilegierte Position des Publikums in der Bewertung von Medienqualität leicht unter Populismusverdacht. Außerdem stellt sich die ganz praktische Frage, wie diesem Publikumsprivileg im Qualitätsdiskurs organisatorisch, und das heißt auch im Rahmen von repräsentativen Strukturen, entsprochen werden kann. Am Rande bemerkt Neuberger hierzu: »Ganz ähnliche Fragen und Probleme tauchen bei der (substanziellen bzw. prozeduralen) Bestimmung des Gemeinwohls in der Demokratie auf […]. Daran ließe sich in der Diskussion anknüpfen.« (Neuberger 2004a: 35, Fußnote 14). Es könne »Aufgabe der Kommunikationswissenschaft sein, Prozeduren für die Transformation von Partikularinteressen der Anspruchsgruppen in ein ›Gemeinwohl‹ zu entwickeln« (Neuberger 2004a: 41).
Die vorliegende Arbeit versteht sich als Beitrag zu dieser Aufgabe, indem sie es unternimmt, dem Verhältnis von Eigennutz und Gemeinwohl bzw. von individuellem und öffentlichem Interesse auf den Grund zu gehen und daraus eine weiterführende theoretische Perspektive für die Qualitätsforschung zu entwickeln. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, einen integrativen Theorierahmen zu entwickeln, der es zum einen ermöglicht, den Qualitätsdiskurs und dessen Grundkonflikt, also den Widerspruch normativer Qualitätsansprüche und ökonomischer Marktverhältnisse, vor dem Hintergrund der funktionalen Ausdifferenzierung der Gesellschaft zu beschreiben und zu erklären und zum anderen den in der wissenschaftlichen Qualitätsforschung verbreiteten individualistischkollektivistischen Publikumsbegriff und die damit verbundene Dichotomie von Konsumenten und Bürgern in einem gesellschafts- bzw. öffentlichkeitstheoretischen Publikumskonzept vom ›Publikum der Öffentlichkeit‹ zu überwinden. In einer solchen Perspektive kann es gelingen, die Begriffe der ›Medienqualität‹, des ›Publikums‹ und des ›Gemeinwohls‹ aus einem rein ökonomischen Kontext zu lösen und in einen umfassenderen theoretischen Erklärungszusammenhang zu setzen. Hierbei kommt dem Begriff der ›Öffentlichkeit‹ eine wesentliche Funktion zu. Er dient gewissermaßen an verschiedenen Stellen der Theoriekonstruktion als Scharnierbegriff – zum einen als ›Kollektivgut‹ in der Vermittlung zwischen ›privaten‹ und ›öffentlichen‹ Interessen; zum anderen als soziales Funktionssystem hinsichtlich der (Re-)Integration des Publikums in eine funktional ausdifferenzierte, individualisierte Gesellschaft. Diese zentrale Bedeutung öffentlichkeitstheoretischer Konzepte unterstreicht, dass die publizistik- und kommunikationswissenschaftliche Perspektive einen unverzichtbaren Beitrag zur Qualitätsforschung leistet.
Es ist daher ein wesentliches Anliegen dieser Untersuchung, den Qualitätsdiskurs sowie die wissenschaftliche Qualitätsforschung selbst wieder stärker in den Mittelpunkt der Kommunikationswissenschaft und darin insbesondere der Journalismusforschung zu rücken, und zwar vor allem in Fragen der theoretischen Grundlagenforschung und der Weiterentwicklung bestehender Journalismus- und Öffentlichkeitstheorien. Die Frage nach Medienqualität berührt nicht nur medienethische Problemstellungen in spezifischen Fallkonstellationen oder im Hinblick auf Randerscheinungen im Medienbereich, sondern sie betrifft auch und gerade die grundlegenden Konzeptionen von der Struktur und der Funktion des Journalismus, von den dynamischen Prozessen öffentlicher Kommunikation und von den wechselseitig aufeinander bezogenen Handlungen der verschiedenen Akteure, die an dieser öffentlichen Kommunikation und im Journalismus mitwirken. Die Frage nach Medienqualität ist gewissermaßen die ›Gretchenfrage‹ der heutigen Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. In dem Versuch einer Beantwortung dieser Frage stößt man schließlich unweigerlich auf die Grundfragen der Sozialwissenschaft nach den Entstehungsvoraussetzungen und Einflussfaktoren der Gesellschaft, nach ihren Ausformungen und Wirkungszusammenhängen, nach ihren Grenzen und nach ihrem Sinn. Zweifellos kann diese Arbeit nicht den Anspruch erheben, all diese Grundfragen, und sei es auch nur teilweise, nämlich im Hinblick auf Medienqualität, zu beantworten. Es erscheint aber doch wichtig, diese Grundfragen überhaupt erst einmal wieder im Zusammenhang mit der Frage nach Medienqualität zu stellen, denn dies ist keineswegs selbstverständlich. Vielmehr hat sich eine bemerkenswert pragmatische, vermeintlich ›un-ideologische‹ Sichtweise auf Medienqualität durchgesetzt. So gelingt es zwar, die dicken Felsen, die in den stürmischen Gewässern der Qualitätsdebatte bedrohlich herausragen, einigermaßen gefahrlos zu umschiffen. Allerdings dümpelt der Diskurs dann im flachen Wasser vor sich hin und läuft Gefahr, gewissermaßen auf Sand zu laufen und still zu stehen. Wenn es also gelingt, mit den folgenden Gedanken wieder Bewegung in die festgefahrene Qualitätsdebatte zu bringen, ist ein wesentliches Anliegen der vorliegenden Arbeit erreicht.
Eingangs ist bereits erläutert worden, dass in einer konvergierenden Medienlandschaft das Augenmerk auf publizistischer Qualität im Allgemeinen liegen muss. Darüber hinaus ist darauf hingewiesen worden, dass im Qualitätsdiskurs zahlreiche Perspektiven in Konflikt miteinander geraten, Medienqualität also zunächst eine perspektivenabhängige Kategorie ist, wobei der Perspektive des Publikums eigentlich eine besondere Bedeutung zukommt, da es sich bei Medienqualität um einen relationalen Begriff handelt. Diese besondere Bedeutung des Publikums im Qualitätsdiskurs ist bislang allerdings nur unzureichend beleuchtet worden. Es ist daher notwendig, die skizzierte Situation eingehend zu analysieren und die Gründe für diese Entwicklung zu benennen. Hierzu wird in einem ersten Schritt zunächst ein umfassender Überblick über den Qualitätsdiskurs ermöglicht. Mit Hilfe des Öffentlichkeitsmodells von Gerhards und Neidhardt (1990) lässt sich der Qualitätsdiskurs als ein Netzwerk verschiedener Foren beschreiben, die auf verschiedenen Öffentlichkeitsebenen verortet werden können. Auch wenn zu Beginn zu instruktiven Zwecken auf das Öffentlichkeitsmodell von Gerhards und Neidhardt zurückgegriffen wird, folgt die vorliegende Arbeit im weiteren Verlauf weitestgehend einer systemtheoretischen Perspektive auf öffentliche Kommunikation. Aus diesem Grund werden die wesentlichen Grundannahmen der Systemtheorie, insbesondere im Hinblick auf die Problemstellung dieser Arbeit, in Kap. 2.1 erläutert. Um jedoch den Blick auf die zentrale Problemstellung dieser Arbeit nicht gleich zu Beginn mit Ausführungen zum eher anspruchsvollen systemtheoretischen Gesellschafts- und Öffentlichkeitskonzept zu verstellen, heben die folgenden Überlegungen zunächst mit einer grundständigen Beschreibung des Qualitätsdiskurses an. Allerdings ließ es sich nicht vermeiden, bereits in dieser Beschreibung des Qualitätsdiskurses einige Aussagen zum Qualitätsdiskurs zu treffen, die ein gewisses Grundverständnis der Systemtheorie voraussetzen. So ist an einigen Stellen des zweiten Kapitels von gesellschaftlichen ›Funktionssystemen‹ und ihrer ›Leitdifferenz‹ die Rede. Diese systemtheoretischen Bezüge sind notwendig und ergänzen das Öffentlichkeitsmodell von Gerhards/Neidhardt (1990), das in dieser Arbeit zu heuristischen Zwecken herangezogen wird. Sie werden im darauffolgenden dritten Kapitel, das sich der theoretischen Erklärung des Qualitätsdiskurses widmet, erneut aufgegriffen und vertieft.
Der Qualitätsdiskurs findet in verschiedenen, miteinander verbundenen Foren statt. Im Forum der Medienregulierung geht es um die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen für eine langfristige Sicherung publizistischer Qualität. Da sich regulatorische Eingriffe in die mediale Praxis weitgehend verbieten, läuft diese Qualitätssicherung durch die Medienregulierung meist auf eine Vielfaltssicherung hinaus. Die jüngste Diskussion um den so genannten ›Public Value‹ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat jedoch deutlich gemacht, dass sich der Qualitätsdiskurs in der Medienregulierung nicht nur auf eine bloß formale Vielfaltssicherung beschränkt, sondern auch inhaltliche Maßstäbe zu setzen versucht (vgl. Kap. 1.2).
Die Medienselbstkontrolle ist hingegen vor allem auf die Qualitätssicherung in der Produktion und Distribution von Medienangeboten ausgerichtet. Zwar verfügt sie hierzu, ähnlich wie die Medienregulierung, über spezifische Organisationen, die entsprechende Leitlinien und Kodizes erarbeiten und zu institutionalisieren versuchen. Die Medienselbstkontrolle beruht jedoch nicht auf rechtlichem Zwang, sondern auf moralischer Überzeugung und ethischer Reflexion. Insofern ist die Medienselbstkontrolle weitaus mehr als die Medienregulierung auf das Mitwirken der an der Produktion und Distribution von Medienangeboten beteiligten Organisationen und Akteure angewiesen. Als problematisch erweist sich die Tatsache, dass die Bereitschaft der Akteure zur Mitwirkung an der Medienselbstkontrolle offenbar nur unter der Bedingung zu erreichen ist, dass das Publikum von der (aktiven und passiven) Teilnahme an dieser Selbstkontrolle weitgehend ausgeschlossen wird. Dieses Problem zeigt sich nicht nur in Selbstkontrolleinrichtungen wie dem Deutschen Presserat, sondern auch in Einrichtungen wie den Gremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die eigentlich repräsentativ angelegt sind und demgemäß eine gesellschaftliche Aufsichtsfunktion wahrnehmen sollen, tatsächlich jedoch von Parteien und Interessenverbänden durchdrungen sind (vgl. Kap. 1.3).
Der Qualitätsdiskurs beschränkt sich nicht auf dieses System der regulierten Selbstregulierung von Medienregulierung und Medienselbstkontrolle, sondern umfasst darüber hinaus auch die publizistische Medienkritik. Dieses Forum bildet den medienöffentlichen Bereich des Qualitätsdiskurses. Historisch der Kunst- und Literaturkritik entwachsen, stehen die Unterhaltungsmedien im Fokus der öffentlichen Medienkritik. Zwar folgt die Medienkritik keiner bestimmten systemischen Rationalität. Vielmehr bietet sie ein Forum für solche Geltungsansprüche in Bezug auf Medienqualität, die noch nicht, nicht mehr oder nicht in ausreichendem Maße von der Medienregulierung und der Medienselbstkontrolle berücksichtigt werden, etwa künstlerische, pädagogische und religiöse bzw. weltanschauliche Ansprüche und Werthaltungen. Die Medienkritik ist nur schwach institutionalisiert und gestaltet sich vorwiegend als fallbezogene Werkkritik. Daneben hat sich mit dem Medienjournalismus ein Ressort entwickelt, in dem nach journalistischen Gesichtspunkten über Medien berichtet wird, allerdings nicht zwingend aus einer kritischen Perspektive, sondern oftmals grundsätzlich dem Leitbild des Informationsjournalismus folgend. Innerhalb des Medienjournalismus stellt der Journalismusjournalismus, als journalistische (Selbst-) Beobachtung des Journalismus, eine Sonderform dar (vgl. Kap. 1.4).
Ein weiteres Forum des Qualitätsdiskurses bildet das Publikum, das im Rahmen von Anschlusskommunikation über die Qualität der Medien bzw. der Medienangebote kommuniziert. Zwar bildet das Publikum den Referenzpunkt, auf den sich die anderen Foren des Qualitätsdiskurses argumentativ beziehen. Es ist jedoch aus verschiedenen Gründen kaum in der Lage, an den Diskurssträngen der Medienregulierung, der Medienselbstkontrolle oder der Medienkritik teilzunehmen. In diesen Foren herrscht daher weitgehend ein ökonomisch geprägtes Publikumsbild, das die Rezipienten als Masse begreift und sich an der Dichotomie von Konsumenten- und Bürgerrolle orientiert. Aufgrund der spezifischen Selektivität des Medienjournalismus hat das Publikum zudem nur einen ausschnitthaften Einblick in den Qualitätsdiskurs, der sich größtenteils unter Ausschluss der medialen Öffentlichkeit vollzieht (vgl. Kap. 1.5).
Die vorliegende Arbeit bleibt nicht bei der problembezogenen Beschreibung des Qualitätsdiskurses und seiner Defizite stehen, sondern entwickelt einen Ansatz zu einer systemtheoretischen Reformulierung des Diskursbegriffs. Zu diesem Zweck werden in Kap. 2 zunächst die Grundlagen der soziologischen Systemtheorie in der gebotenen Kürze dargestellt (vgl. Kap. 2.1). Besonderes Augenmerk gilt dem Funktionssystem Öffentlichkeit, das die Selbstbeobachtung der ausdifferenzierten Gesellschaft ermöglichen soll. Um der wachsenden gesellschaftlichen Komplexität entsprechen zu können, hat das Funktionssystem Öffentlichkeit verschiedene Leistungssysteme herausgebildet. Journalismus, Unterhaltung und Public Relations erbringen jeweils spezifische Leistungen, die öffentliche Kommunikation auf Dauer stellen und somit den übrigen gesellschaftlichen Funktionssystemen die wechselseitige Fremdbeobachtung ermöglichen (vgl. Kap. 2.2). Die im Qualitätsdiskurs vieldiskutierte ›Entgrenzung‹ öffentlicher Kommunikation muss daher nicht zwangsläufig als pathologisch eingestuft werden, sondern lässt sich in diesem Zusammenhang auch als funktionale Strategie zur Anpassung an gesellschaftliche Wandlungsprozesse verstehen. Auch der in jüngerer Zeit intensiv geführte Diskurs über die wirtschaftliche Zukunft des so genannten ›Qualitätsjournalismus‹, der sich in Zeiten der Digitalisierung einem zunehmenden Kommerzialisierungsdruck ausgesetzt sieht, ist nicht zuletzt als Versuch des journalistischen Systems zu betrachten, die Systemautonomie zu verteidigen (vgl. Kap. 2.2.3).
In systemtheoretischer Perspektive erweist sich der Qualitätsdiskurs als ein Diskurs, der durch verschiedene teilsystemische Rationalitäten geprägt ist und daher vor allem der semantischen Abgrenzung der gesellschaftlichen Funktionssysteme dient (vgl. Kap. 2.3). Die Tatsache, dass der Qualitätsdiskurs bislang keinen Konsens in der Frage nach der Definition von Medienqualität erzielen konnte, erweist sich so als logische Folge der funktionalen Ausdifferenzierung der Gesellschaft. Der oftmals diskutierte Widerspruch von (normativer) ›Qualität‹ und ›Quote‹ gründet indes in allzu oberflächlichen Vorstellungen vom Publikum, aber auch in wenig tragfähigen Konzepten von Medienqualität. Sowohl der Begriff der ›Medienqualität‹ als auch der Begriff des ›Publikums‹ drohen im Qualitätsdiskurs zu Leerformeln zu werden, sodass die gesellschaftliche Selbstbeobachtung in Bezug auf öffentliche Kommunikation nur unzureichend erfolgt. Da es in den Foren des Qualitätsdiskurses nur wenig Anreize zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Begriff der ›Medienqualität‹ in seiner gesellschaftlichen Dimension und damit auch und insbesondere im Hinblick auf das Publikum zu geben scheint, ist es die vordringliche Aufgabe der wissenschaftlichen Qualitätsforschung, als Beobachtungsinstanz zweiter Ordnung, den diesbezüglichen ›blinden Fleck‹ des Qualitätsdiskurses durch die theoretische und empirische Forschung abzudecken.
Angesichts der Tatsache, dass nicht nur der Qualitätsdiskurs, sondern auch die wissenschaftliche Qualitätsforschung um den Widerspruch von ›Qualität‹ und ›Quote‹ kreist und es an integrativen Lösungsansätzen allenthalben mangelt, ist es angebracht, einige wesentliche Grundprobleme und Defizite der wissenschaftlichen Qualitätsforschung zu benennen und zu beschreiben (vgl. Kap. 3). Zunächst ist zu beobachten, dass die zahlreichen Kriterienkataloge nicht ohne weiteres ausreichend sind, um die empirische Qualitätsforschung anzuleiten. Denn die Kriterienkataloge erlauben zwar eine Operationalisierung des Qualitätsbegriffs in verschiedene Teilkriterien, zu dem inneren Zusammenhang der unterschiedlichen und teilweise widersprüchlichen Qualitätskriterien können sie jedoch meist wenige Aussagen treffen (vgl. Kap. 3.2).
Recht augenfällig ist zudem der Umstand, dass der soziologische Perspektivenwechsel – von akteurs- bzw. handlungszentrierten Ansätzen hin zu organisations- und systemtheoretischen Konzepten – auch in der wissenschaftlichen Qualitätsforschung seinen Niederschlag gefunden hat. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass das Publikum nicht nur im Qualitätsdiskurs, sondern auch in der wissenschaftlichen Qualitätsforschung, und zwar aufgrund der gegenwärtigen Dominanz organisations- und systemtheoretischer Ansätze in der Journalismusforschung, nur unzureichend beachtet wird (vgl. Kap. 3.3).
Bei näherem Hinsehen zeigt sich indes, dass die wissenschaftliche Qualitätsforschung nicht nur theoretische Lücken und Mängel aufweist, sondern vor einem sehr grundlegenden Problem steht, und zwar vor dem Problem der Normativität (vgl. Kap. 3.4). Dieses Problem stellt sich grundsätzlich in nahezu allen Forschungsfeldern der Sozialwissenschaften, in der Qualitätsforschung drängt es sich jedoch in besonderer Weise auf. Dass die Werturteilsfreiheit der wissenschaftlichen Qualitätsforschung keineswegs selbstverständlich ist, zeigt ein Blick auf zwei wichtige Problemfelder der Qualitätsforschung, in denen es um die Unterscheidung von ›Information‹ und ›Unterhaltung‹ bzw. von ›objektiver‹ und ›subjektiver‹ Qualität geht (vgl. Kap. 3.4.2). Schon zeichnet sich ab, dass die wissenschaftliche Qualitätsforschung dadurch in einen erneuten Werturteilsstreit gerät, in dessen Folge sich ›normative‹ und ›deskriptive‹ Forschungszweige voneinander separieren. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, ist es wichtig, die Werturteilsfreiheit, aber auch die Wertbezogenheit der theoretischen und empirischen Qualitätsforschung zu wahren (vgl. Kap. 3.4.5).
Der Mangel an entsprechenden tragfähigen theoretischen Ansätzen verleitet die wissenschaftliche Qualitätsforschung schließlich im Hinblick auf das Publikum zu einer Übernahme ökonomischer Konzepte, die die Rezipienten aus einer normativ-individualistischen Perspektive betrachten (vgl. Kap. 3.5). Eine vertiefte soziologische Auseinandersetzung mit dem Publikum steht indes zumindest in der deutschsprachigen publizistik- und kommunikationswissenschaftlichen Qualitätsforschung noch aus. Eine solche Auseinandersetzung darf der Frage nicht ausweichen, was mit ›Publikum‹ unter den Bedingungen der heutigen Gesellschaft verstanden werden kann.
In Kap. 4 folgt daher eine gleichermaßen gründliche wie grundlegende Erörterung der gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, in denen sich diese Problematik des Qualitätsdiskurses entwickelt hat. Ausgehend von der in Kap. 3 erläuterten funktionalen Ausdifferenzierung der Gesellschaft wird zunächst dargelegt, welche Folgen dieser gesellschaftliche Strukturwandel für die Individuen hat (vgl. Kap. 4.1). Die funktionale Ausdifferenzierung der Gesellschaft erweist sich als Prozess der Individualisierung von Personen, die fortan über verschiedene Leistungs- und Publikumsrollen in die systemischen Funktionsbereiche der Gesellschaft inkludiert werden, als Personen jedoch gewissermaßen ›außen vor‹ bleiben (vgl. Kap. 4.2). Die funktional ausdifferenzierte Gesellschaft steht daher vor einem weitreichenden Integrationsproblem, das sich mit herkömmlichen Vorstellungen kollektiver Identität, wie ›Nation‹ oder ›Klasse‹, nicht mehr lösen lässt (vgl. Kap. 4.3). Zwar bilden sich auch in der ausdifferenzierten Gesellschaft kollektive Identitäten heraus; diese entfalten ihre integrative Wirkung jedoch nur noch in mehr oder weniger eindeutig umrissenen sozialen Gruppen bzw. in sozialen Bewegungen. Eine umfassende kollektive Identität der Gesellschaft ist hingegen nicht mehr möglich (vgl. Kap. 4.4). Der Mangel an kollektiver Identität verschärft das Integrationsproblem der ausdifferenzierten, individualisierten Gesellschaft. Soziale Integration wird damit zu einem persönlichen Problem bzw. zu einer Aufgabe im Rahmen der individuellen Selbstverwirklichung. Der Begriff des ›Publikums‹ muss vor diesem Hintergrund erörtert und entwickelt werden. Wie ist ein ›Publikum der Öffentlichkeit‹ in einer individualisierten, funktional ausdifferenzierten Gesellschaft möglich?
Mit Hilfe der Grundrechte versucht das Rechtssystem, die Komplexität, die aus der Individualisierung der Gesellschaft folgt, zu reduzieren. Über die grundlegenden Inklusionsprinzipien der Freiheit und der Gleichheit erleichtert das Recht die Inklusion der Individuen in die verschiedenen Funktionssysteme. Die Möglichkeiten einer verfassungsrechtlichen Inklusion der Individuen sind allerdings begrenzt. Zwar wirkt sich das gemeinsame Interesse der Individuen an den Grundrechten integrativ auf das Verhältnis von Privatsphäre und Gemeinwesen aus. Es zeigt sich jedoch, dass die Gewährleistung der Grundrechte eine gewisse Orientierung der Individuen am Gemeinwohl voraussetzt und daher auf den Gemeinsinn der Individuen angewiesen ist (vgl. Kap. 4.5). Im Liberalismus ist die Notwendigkeit dieser Gemeinwohlorientierung allerdings in Frage gestellt worden. Vielmehr gilt der individuelle Eigennutz als Garant der allgemeinen Wohlfahrt. Tatsächlich mündet der liberalistische Individualismus jedoch in einen Kollektivismus. Die Individualität löst sich in den wechselseitigen funktionssystemischen Rollenerwartungen, vor allem in denen des Wirtschaftssystems, auf. Die ›kollektive Identität‹ der Individuen als Zielgruppe wird vermarktet, und das Gemeinwohl wird im Sinne des Utilitarismus auf eine bloße Nutzenfunktion reduziert (vgl. Kap. 4.6). Um den Publikumsbegriff in soziologischer Hinsicht angemessen zu entwickeln, ist es darum unerlässlich, den Gemeinwohlbegriff in die Erörterung miteinzubeziehen. Denn erst vor dem Hintergrund des Verhältnisses von Eigennutz und Gemeinwohl lässt sich der normative Bezugsrahmen für die Bewertung publizistischer Qualität aus der Perspektive des Publikums nachvollziehen.
Im Anschluss an die Überlegungen zum Verhältnis von Individuum und Kollektiv in der ausdifferenzierten, individualisierten Gesellschaft und deren Integrationsproblem erfolgt daher in Kap. 5 eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Begriff des ›Gemeinwohls‹. Nach einem kurzen Abriss der Begriffsgeschichte des ›Gemeinwohls‹ (vgl. Kap. 5.1) geht es zunächst um die Frage, welche Aussagekraft der Gemeinwohlbegriff in der gegenwärtigen Gesellschaft noch haben kann. Ähnlich wie im Qualitätsdiskurs gibt es auch im Gemeinwohldiskurs einen Grundkonflikt zwischen substantialistischen Gemeinwohlkonzepten, die dem Gemeinwohl einen konkreten und bestimmten Begriffsinhalt zuschreiben, und prozeduralen Gemeinwohlkonzepten, denen zufolge das Gemeinwohl inhaltlich offen ist und das kontingente Ergebnis bestimmter demokratischer Verfahren und Abstimmungsprozesse darstellt (vgl. Kap. 5.2). Ausgehend von diesem Grundkonflikt wird in Kap. 5.3 das integrative Gemeinwohlkonzept von Anderheiden (2006) dargestellt und diskutiert. In diesem Konzept ist das Gemeinwohl zwar grundsätzlich offen für gesellschaftliche Entwicklungen und Wandlungsprozesse, verfügt jedoch über einen bestimmten begrifflichen Kern, der den prozeduralen Verfahren zur Gemeinwohlkonkretisierung enthoben ist. Diesen Kern bilden die Grundrechte, kollektive Güter sowie eine ›kollektive Identität‹, die in der vorliegenden Untersuchung jedoch als Gemeinsinn verstanden wird. Dieser Gemeinwohlbegriff bildet die Grundlage für ein Konzept von Öffentlichkeit als kollektives Gut, das den Gebrauch des interaktiven Grundrechts auf Informations- und Meinungsfreiheit gleichermaßen voraussetzt und ermöglicht. In diesem Öffentlichkeitskonzept kommt dem Gemeinsinn der Individuen eine entscheidende Bedeutung für die Bereitstellung des Kollektivguts Öffentlichkeit und damit für die Verwirklichung des Gemeinwohls zu. Wie aber ist ein solcher Gemeinsinn der Individuen in der öffentlichen Kommunikation zu verstehen?
In Kap. 6 wird schließlich ein theoretischer Ansatz zur Beschreibung des ›Publikums der Öffentlichkeit‹ vorgestellt, der über eine rein ökonomische Betrachtungsweise der Masse an Rezipienten hinausgeht. Die systemtheoretische Perspektive wird im Anschluss an den Entwurf von Marcinkowski (1993), der das Publikum als ›innere Umwelt‹ des publizistischen Systems konzipiert (vgl. Kap. 6.1), weiterentwickelt zu einem Ansatz, in dem die Unterscheidung von primären und sekundären Publikumsrollen grundlegend ist. Die primären Publikumsrollen beschränken sich auf die selektive Wahrnehmung von Medienangeboten, also auf eine kognitive Rezeption der verfügbaren Medienprodukte. Die sekundären Publikumsrollen hingegen beziehen sich auf verschiedene Leistungs- und Publikumsrollen der übrigen Funktionssysteme und ermöglichen so ein sinnstiftendes Verstehen der rezipierten Medienangebote. Die Bewertung von Medienqualität aus Publikumsperspektive hängt daher von den sekundären Publikumsrollen ab, da diese den normativen Sinnhorizont der verschiedenen Funktionssysteme erschließen (vgl. Kap. 6.2). Die Publikumsrollen des Öffentlichkeitssystems machen die Welt als ›Lebenswelt‹ zugänglich und so für den individuellen Rezipienten beobachtbar und verständlich. Dementsprechend bemisst sich die Qualität medienvermittelter öffentlicher Kommunikation insbesondere daran, ob und inwiefern verschiedene teilsystemische Narrationen, die von den Rezipienten sinnstiftend zu einer ›Lebenswelt‹ verbunden werden können, vermittelt werden (vgl. Kap. 6.3). Von den Mediennutzern verlangt dies allerdings die Bereitschaft, auch solche Medienangebote zu rezipieren, die im Hinblick auf Verständnis und Bewertung vergleichsweise anspruchsvoll gestaltet sind, also einen recht weiten Sinnhorizont voraussetzen. In Kap. 6.4 wird daher abschließend erörtert, wie die Mediennutzer zu einer solchen Mediennutzung motiviert werden können.
Da in der individualisierten, funktional ausdifferenzierten Gesellschaft die Herausbildung kollektiver Identitäten nur noch gruppenbezogen möglich ist, besteht ein Bedarf an gesellschaftlichen Identifikationsfiguren, auf die sich der Gemeinsinn der Individuen richten kann. Der Begriff der ›Zivilgesellschaft‹ erweist sich als eine Denk- und Sprachfigur, welche die Schnittstelle zwischen Lebenswelt und Funktionssystemen bildet und daher einen wesentlichen Beitrag zur sozialen Integration leisten kann. Zivilgesellschaftlicher Gemeinsinn in der Mediennutzung kann in diesem Sinne verstanden werden als Voraussetzung für die Partizipation an öffentlicher Kommunikation – sowohl in ›klassischen‹ Publikumsrollen als auch in sekundären Leistungsrollen. Die Internetkommunikation eröffnet zahlreiche Perspektiven für die Entwicklung verschiedener Partizipationsformen, die den Gemeinsinn in der Mediennutzung fördern können. Daraus ergeben sich neue Impulse für die Ausarbeitung eines Public-Value-Managements in den Medien. Insbesondere der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht vor der Herausforderung, das Publikum stärker in die Produktion und Distribution seiner Medienangebote einzubinden und ein umfassenderes, über rein ökonomische Zusammenhänge hinausweisendes Verständnis vom Publikum zu entwickeln und zu etablieren.
1 In diese Richtung weist etwa die Studie von Trepte/Reinecke/Behr (2008), die nach den Qualitätserwartungen und dem ethischen Anspruch der Nutzer von Blogs und Tageszeitungen und insbesondere nach der Bedeutung ethischer Normen für die Bewertung von Medienqualität aus Nutzersicht fragen.
Mittlerweile lässt sich die kommunikationswissenschaftliche Debatte über die Qualitäts-Frage nur noch schwer überblicken. Versucht haben dies u. a. bereits Arnold (2009), Beck/Reineck/Schubert (2010), Bucher (2003), Fabris (2004), Hasebrink (1997), Neuberger (2004a, 2011) und Wyss (2002), jeweils mit unterschiedlichen Herangehensweisen. Anstelle eines gesonderten Forschungsüberblicks folgt nun eine öffentlichkeitstheoretische Beschreibung des Qualitätsdiskurses. Im Rahmen dieser Analyse werden nicht nur die strukturellen Defizite des Qualitätsdiskurses aufgezeigt, sondern es wird auch ein komprimierter Überblick über die jeweils relevante Forschung geboten. In Kap. 3 erfolgt eine tiefergehende kritische Auseinandersetzung mit dem Status Quo der wissenschaftlichen Qualitätsforschung.
Arnold zufolge wird der Qualitätsdiskurs »in verschiedenen Arenen und auf verschiedenen Ebenen geführt« (Arnold 2009: 81). Arnold schließt damit an das Öffentlichkeitsmodell von Gerhards und Neidhardt (1990) an. Dadurch wird deutlich, dass sich die Ausdifferenzierung der modernen Gesellschaft nicht nur unmittelbar in der Herausbildung von verschiedenen Foren des Qualitätsdiskurses widerspiegelt, sondern dass sie indirekt auch eine Hierarchisierung innerhalb des Qualitätsdiskurses zur Folge hat, und zwar im Hinblick auf die Publizität der verschiedenen Foren, die sich auf verschiedenen Ebenen von Öffentlichkeit ansiedeln lassen. Diese Hierarchisierung hat Einfluss auf die Dynamik und die Entwicklung des Qualitätsdiskurses. Sie bewirkt ein Öffentlichkeitsdefizit des Publikums, das zwar ein Teil des Qualitätsdiskurses ist, in den verschiedenen Foren jedoch nur unzureichend repräsentiert ist.
Zu Beginn dieser Analyse soll zunächst ein Überblick über den Diskurs über Medienqualität erfolgen. Ziel dieses Kapitels ist also die Beschreibung des Qualitätsdiskurses hinsichtlich seiner Struktur, aber auch hinsichtlich der verschiedenen Perspektiven, die in diesem Diskurs zum Tragen kommen. Im Folgenden wird zunächst erörtert, inwiefern das Modell von Gerhards und Neidhardt als heuristisches Instrument für die Beschreibung des Qualitätsdiskurses nützlich sein kann und an welchen Stellen Modifizierungen nötig sind, um aufzuzeigen zu können, wie der Qualitätsdiskurs strukturiert ist, aus welchen Bereichen er sich zusammensetzt und wie diese Bereiche sich diskursiv aufeinander beziehen.
Gerhards und Neidhardt verwenden einen relativ offenen und eher akteurstheoretisch fundierten Systembegriff, indem sie Öffentlichkeit als ein »Kommunikationssystem« begreifen, das sich über bestimmte Themen und Meinungen abgrenzen lässt, jedoch »prinzipiell für alle Mitglieder einer Gesellschaft offen und auf Laienorientierung festgelegt ist« (Gerhards/Neidhardt 1990: 17). In ähnlicher Weise konzipiert auch Habermas die Öffentlichkeit als »Netzwerk«, das »nach außen hin durch offene, durchlässige und verschiebbare Horizonte gekennzeichnet ist« (Habermas 1992: 436). Dieser Begriff von ›Öffentlichkeit‹ ist daher zwar nicht so ohne weiteres anschlussfähig in Bezug auf das systemtheoretische Konzept von ›Öffentlichkeit‹, das an späterer Stelle entwickelt wird (vgl. Kap. 2.2). Dennoch eröffnet das Öffentlichkeitsmodell von Gerhards und Neidhardt eine für die Systematisierung des Qualitätsdiskurses interessante und hilfreiche Perspektive. Gerhards und Neidhardt unterscheiden in ihrem Modell drei Ebenen der Öffentlichkeit: einfache Interaktionssysteme (Encounters), öffentliche Veranstaltungen und massenmediale Kommunikation. Diese Ebenen unterscheiden sich hinsichtlich der Anwesenheit und der Anzahl der Teilnehmer sowie dem Grad ihrer Strukturiertheit bzw. Organisation von Kommunikationsprozessen.
Einfache Interaktionssysteme bilden die schwächste strukturelle Ausformung des Öffentlichkeitssystems und sind daher kaum ausdifferenziert. Sie werden auch ›Encounter-Öffentlichkeiten‹ oder ›episodische Öffentlichkeiten‹ genannt, da sie sich meist aus spontanen, zufälligen Begegnungen von wenigen Menschen ergeben. Habermas spricht in diesem Sinne von der »episodischen Kneipen-, Kaffeehaus- oder Straßenöffentlichkeit« (Habermas 1992: 452, H.i.O.). Gerhards und Neidhardt gehen davon aus, dass in diesen einfachen Öffentlichkeiten vor allem Unbekannte aufeinander treffen. Es lässt sich jedoch ohne Weiteres auch auf Interaktionen von einander bekannten Personen, etwa auf Familien und Freundeskreise, übertragen, sofern man diese Interaktionen nicht einem als ›Privatsphäre‹ deklarierten, nicht-öffentlichen Bereich zuordnen will – eine Grenzziehung im Übrigen, die in vielen Interaktionssystemen nicht zuletzt unter dem Eindruck der medialen Konvergenz zunehmend schwerer fällt. Auch wenn die episodischen Öffentlichkeiten eher flüchtigen Charakter haben und nur schwach strukturiert sind, so bilden sie doch – gerade aufgrund ihrer hohen Dynamik – eine geeignete Grundlage für die Entstehung von alternativen bzw. Gegen-Öffentlichkeiten (vgl. Gerhards/Neidhardt 1990: 21).2
Im Gegensatz zu den thematisch nicht von vornherein festgelegten EncounterÖffentlichkeiten sind Veranstaltungs- bzw. Versammlungsöffentlichkeiten auf bestimmte Themen und bisweilen auch auf bestimmte Meinungen zu diesen Themen festgelegt (wie z. B. Parteitage). Sie werden darum auch als ›Themenöffentlichkeiten‹ bezeichnet (vgl. Donges/Imhof 2005: 152). Das jeweilige Thema der Veranstaltung entscheidet über die Struktur der Kommunikationsabläufe sowie des Publikums und prägt so die Entstehung einer bestimmten öffentlichen Meinung, die sich im Rahmen der Veranstaltungsöffentlichkeit entfalten kann. Veranstaltungsöffentlichkeiten sind aufgrund dieser Themenzentrierung wesentlich selektiver als Encounter-Öffentlichkeiten. Diese Selektivität drückt sich nicht nur in der Beschränkung auf ein bestimmtes Thema bzw. eine bestimmte Meinung aus, sondern zeigt sich auch in der Ausformung verschiedener Leistungs- und Publikumsrollen (vgl. Gerhards/Neidhardt 1990: 22f.). Veranstaltungsöffentlichkeiten bedürfen der Organisation und setzen hierzu geeignete Infrastrukturen voraus. Auch wenn sie spontan zustande kommen, können sie nur aufrechterhalten werden, wenn sich die Teilnehmer ad-hoc auf bestimmte Themen und Meinungen einigen und wenn sie bestimmte Teilnehmerrollen annehmen und ihr Verhalten dementsprechend anpassen. Andernfalls zerfallen die Veranstaltungsöffentlichkeiten sogleich wieder in einfache Interaktionssysteme. Die »veranstaltete Präsenzöffentlichkeit von Theateraufführungen, Elternabenden, Rockkonzerten, Parteiversammlungen oder Kirchentagen« (Habermas 1992: 452) ist gegenüber den episodischen Öffentlichkeiten stärker strukturiert und ausdifferenziert, sie weist eine relativ enge Selektivität in Bezug auf Themen und Akteure auf und es herrschen wechselseitige Rollenerwartungen zwischen den Teilnehmern. Allerdings erreichen auch diese Öffentlichkeiten nur eine recht begrenzte Anzahl von Teilnehmern, da der Aufwand an Organisation mit jedem zusätzlichen Teilnehmer steigt. In modernen Gesellschaften wird dieses Problem allerdings mit Hilfe von Massenmedien überwunden.
Massenmedien ermöglichen öffentliche Kommunikation mit einem prinzipiell unbegrenzten, dafür allerdings dispersen, also verstreuten, vereinzelten Publikum. Sie erreichen dies über eine technisch ausreichende Infrastruktur, die die Produktion, Distribution und Rezeption von Medieninhalten über räumliche und zeitliche Distanzen ermöglicht. »Moderne Öffentlichkeit ist vor allem ›Medienöffentlichkeit‹« (Gerhards/Neidhardt/Rucht 1998: 38), die Vermittlung zwischen Sprechern und Publikum findet zunehmend über Medien statt. Habermas spricht daher von einer »abstrakten, über Massenmedien hergestellten Öffentlichkeit« (Habermas 1992: 452, H.i.O.). Die Ausdifferenzierung und Professionalisierung von Leistungsrollen hat zu einer Asymmetrie im Verhältnis von Sprechern und Publikum geführt. Im Rundfunk und auch in den Printmedien verfügt das Publikum in der Regel weder über die technischen Fertigkeiten noch über die Zugangsmöglichkeiten, um sich an der Gestaltung der medialen Kommunikation und der öffentlichen Meinungsbildung aktiv zu beteiligen. Stattdessen wird die Publikumspartizipation oftmals »auf das Ausschalten bzw. die Abbestellung der ›veröffentlichten Meinung‹« (Gerhards/Neidhardt 1990: 24) reduziert. Die massenmediale Öffentlichkeit bezieht sich auf die Versammlungs- bzw. Veranstaltungsöffentlichkeiten und auch auf die episodischen Öffentlichkeiten, allerdings nach Maßgabe der eigenen Programme und äußerst selektiv.
Gerhards und Neidhardt betrachten die Ebenen ihres Öffentlichkeitsmodells als »qualitativ besondere Stufen im Ausdifferenzierungsprozess eines autonomen Öffentlichkeitssystems« (Gerhards/Neidhardt 1990: 25). Die episodischen Öffentlichkeiten markieren darin den Ursprung, aus dem sich mit steigendem Organisationsgrad und einer zunehmenden Spezialisierung und Professionalisierung der Leistungsrollen die massenmediale Öffentlichkeit herausgebildet hat. Dies ist allerdings nicht so zu verstehen, dass die ursprünglichen Öffentlichkeiten im Zuge dessen verschwinden, sondern sie bleiben weiterhin bestehen – als Alternative, aber auch als Resonanzraum für die Medienöffentlichkeit. Gerhards und Neidhardt stellen jedoch fest, dass es auf den höheren Ebenen des Öffentlichkeitssystems zu einer »Distanzierung und Absonderung von Publikumsrollen« (Gerhards/Neidhardt 1990: 25) kommt, und sehen darin die Gefahr von »Überfremdungen« (ebd.) in der öffentlichen Medienkommunikation. Sie schließen daraus, dass die verschiedenen Öffentlichkeitsebenen untereinander verbunden sein müssen, um die Leistungsfähigkeit des Öffentlichkeitssystems zu steigern und die Authentizität der öffentlichen Meinung zu gewährleisten (vgl. ebd.). Gerhards und Neidhardt sprechen von einer »lose[n] Verknüpfung kleiner, mittlerer und großer Foren auf verschiedenen Öffentlichkeitsebenen (Begegnungen, Veranstaltungen, Massenkommunikation)« (vgl. ebd.: 30). Auf der massenmedialen Ebene werden diese Foren von Organisationen mit professionellen Leistungsrollen gesteuert und kontrolliert. In diesen Foren hat das Laien-Publikum kaum Möglichkeiten, sich unmittelbar zu artikulieren. Die Sprecherrollen sind professionellen Akteuren (Journalisten, PR-Leuten, Repräsentanten etc.) vorbehalten.
Ausgehend von diesem Ebenenmodell von Öffentlichkeit lässt sich – aus einem Blickwinkel betrachtet, der auf die Macht- und Kontrollverhältnisse zwischen diesen Ebenen ausgerichtet ist – Öffentlichkeit verstehen als »ein im Prinzip frei zugängliches Kommunikationsforum für alle, die etwas mitteilen, oder das, was andere mitteilen, wahrnehmen wollen« (Gerhards/Neidhardt/Rucht 1998: 38, H.i.O.). Ein Forum besteht aus einer Arena sowie aus einer Galerie. In der Arena treten verschiedene individuelle oder kollektive Akteure als Sprecher auf. Das Publikum beobachtet und bewertet die Sprecher und ihre kommunikativen Beiträge von der Galerie aus. Gerhards geht daher davon aus, dass sich die Sprecher an den Erwartungen und an der Zustimmung oder Ablehnung des Publikums orientieren (vgl. Gerhards 2008: 334). Die öffentliche Arena dient vor allem der Meinungsbildung, denn die öffentliche Meinung ist der zentrale Steuerungsmechanismus in einer demokratisch verfassten Gesellschaft.
Das Publikum hat in einer Arena lediglich über Zeichen und Signale wie z.B. Zwischenrufe, Klatschen etc. die Möglichkeit seine Meinung kundzutun. Eine aktive Beteiligung des Publikums sieht das Arena-Modell nur im Rahmen von alternativer Kommunikation bzw. Gegenöffentlichkeit vor, nämlich dann, wenn das Publikum entweder die Arena verlässt und eine neue Arena aufsucht, oder wenn das Publikum gewissermaßen die Bühne stürmt und die Sprecherrollen an sich reißt. Dennoch betonen Gerhards und Neidhardt, dass »Öffentlichkeit als soziale Größe vor allem Publikum ist« (Gerhards/Neidhardt 1990: 34). Erst vom Publikum her wird das Treiben der Medien und der Sprecher auf der Bühne verständlich und sinnvoll. Das Publikum ist die Bezugsgröße der öffentlichen Kommunikation und damit konstitutiv für die Entstehung von Öffentlichkeit und öffentlicher Meinung (vgl. Neidhardt 1994: 12).
Im Folgenden wird der Versuch unternommen, das Arena-Modell auf den Qualitätsdiskurs zu übertragen. Zum einen kann daraus ein tieferes, umfassenderes Verständnis von den Strukturen des Qualitätsdiskurses und den vielfältigen, komplizierten Beziehungen der Foren untereinander gewonnen werden. Auch der Qualitätsdiskurs dient der individuellen und gesellschaftlichen Meinungsbildung in Bezug auf die Qualität von Medienangeboten und -strukturen. Zum anderen erlangt man dadurch sozusagen »en passant« einen ersten Überblick über die wissenschaftliche Qualitätsforschung, die sich mit unterschiedlicher Intensität den verschiedenen Foren des Qualitätsdiskurses widmet. Es folgt also zunächst ein kurzer Überblick über die verschiedenen Foren im Hinblick auf ihren Grad an Publizität und ihre Entwicklung von organisatorischen Strukturen und Rollen.
Ausgehend von dem bereits skizzierten Öffentlichkeitsmodell soll der Qualitätsdiskurs nun hinsichtlich seiner verschiedenen Öffentlichkeitsebenen und Foren systematisiert werden. Welche Foren lassen sich im Qualitätsdiskurs unterscheiden? Saxer (2000: 188) schlägt vor, den Qualitätsdiskurs durch verschiedene Akteursgruppen zu strukturieren; er unterscheidet daher »vier Kategorien von Diskutanten mit jeweils spezifischen Erwartungen an Medien- bzw. Journalismusleistungen […]: behördliche Regelungsinstanzen, Medienpraktiker, medienexterne Experten und Repräsentanten unterschiedlicher gesellschaftlicher Positionen und Interessen«. In Anlehnung an diesen Vorschlag von Saxer sowie an Bonfadelli (2002: 113) unterscheidet Bucher (2003: 12-13) fünf verschiedene Diskurse, die von verschiedenen Akteursgruppen getragen werden, darunter also die bereits von Saxer benannten Repräsentanten des Rechtssystems, Medienpraktiker, medienexterne Repräsentanten gesellschaftlicher Gruppen und Verbände sowie medienexterne Experten, also z. B. Wissenschaftler; als fünften Bereich fügt Bucher noch das Medienpublikum hinzu, dessen Diskurs die medial vermittelte Medienkritik umfassen soll. Obgleich mit dieser Unterscheidung die für den Qualitätsdiskurs relevanten Akteursgruppen benannt werden, täuscht diese Systematik über die diskursiven Zusammenhänge der verschiedenen Akteursgruppen hinweg. So erweist sich die Unterscheidung des Diskurses der Repräsentanten des Rechtssystems vom Diskurs der medienexternen Repräsentanten aus Parteien, Verbänden, Kirchen, Gewerkschaften etc. als realitätsfern, schließlich wirken beide Akteursgruppen im Bereich der Medienregulierung sehr eng zusammen. Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist die Zuordnung der medial vermittelten Medienkritik zum Diskurs des Medienpublikums. Zwar trägt das Medienpublikum immer mehr zur Medienkritik bei, gleichwohl sind es vor allem professionelle Medienakteure und medienexterne Experten, die eine kontinuierliche Beobachtung und Kritik von Medienangeboten leisten (vgl. Kap. 1.4.2). Es ist daher nicht sinnvoll, den Qualitätsdiskurs anhand von Akteursgruppen zu systematisieren. Stattdessen wird im Folgenden versucht, verschiedene funktionale Bereiche des Qualitätsdiskurses voneinander zu unterscheiden. Hierbei wird weitgehend dem Ansatz von Arnold (2009) gefolgt.
Arnold (2009: 82) greift zunächst den »Diskurs innerhalb des Journalismus selbst« heraus und unterteilt ihn in die journalismusinterne, organisierte und institutionalisierte Qualitätskontrolle und -sicherung einerseits und den öffentlichen Medienjournalismus bzw. die publizistische Medienkritik andererseits. Darüber hinaus sieht Arnold auch im Publikum eine Art ›Qualitätsdiskurs‹ im Gange. Dieser Publikumsdiskurs findet kontinuierlich statt, ist aber nicht organisiert und vollzieht sich daher vorwiegend in episodischen Öffentlichkeiten. Im Grunde kann man daher eigentlich nur in Anführungszeichen von einem ›Diskurs‹ sprechen. Es ist aber wichtig darauf hinzuweisen, dass das Publikum die Medienangebote nicht einfach nur rezipiert und kognitiv verarbeitet (als Meinung oder Wissen); sondern dass die Rezipienten auch untereinander kommunizieren, ihre Meinungen über Medien im Allgemeinen oder bestimmte Angebote austauschen und sich an der ›öffentlichen Meinung‹ über Medienqualität orientieren. Außerdem bieten sich ihnen durch das Internet immer mehr Möglichkeiten, Feedback zu geben. Ein einigermaßen dauerhaftes und verlässliches Publikums-Feedback ist jedoch bislang nur über eine kontinuierliche und systematische Markt- bzw. Publikumsforschung zu erlangen.
Der Medienjournalismus thematisiert sowohl den journalismus- bzw. medieninternen Diskurs als auch die Anschlusskommunikation im Publikum. Darüber hinaus beobachtet er weitere Bereiche des Qualitätsdiskurses, z. B. die Medienregulierung; eine journalistische Perspektive auf Medienqualität bleibt jedoch vorherrschend.3 Unter diesen Vorzeichen steht unvermeidlich auch der Medienjournalismus. Arnold sieht den Medienjournalismus darum in »der ständigen Gefahr, PR für das journalistische System oder für die eigene Medienorganisation zu machen« (Arnold 2009: 83).
Mit Hilfe des Ebenenmodells von Gerhards und Neidhardt lassen sich diese verschiedenen Teilbereiche des Qualitätsdiskurses auf verschiedenen Ebenen anordnen (vgl. Abb. 1