Medium II - Heinz Reinhold Grienitz - E-Book

Medium II E-Book

Heinz Reinhold Grienitz

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Beschreibung

Dieses Buch ist der zweite Teil "Medium II" des dreiteiligen Aphorismen-Werks »MEDIUM«. Es entstand hauptsächlich in der Zeit von Ende 1952 bis zu Beginn des Jahres 1954. Von April bis Dezember 1954 weilte Heinz Reinhold Grienitz als junger Auswanderer in Kanada. Bereichert mit neuem Erleben kehrte er zurück, nahm eine Tätigkeit auf und widmete sich in jeder freien Minute seinem Werk.

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Einleitung

Lebe mit deinen beiden Händen

als wären sie ewig zur Andacht gefalten:

So wirst du nichts Schädliches tun.

Und ihre Freiheit bestimme dein Selbst,

das von dir den Dienst verlangt

und somit berechtigt ist,

durch seine Gegenwart

den heiligen Bund zu lösen.

Denn des Leibes ungebund'ne Souveränität

weiß kein Ziel und keinen Zweck

wozu er erschaffen ist:

Darum ist irrig,

was des Leibes Ruhelosigkeit erschafft. –

Göttlich wird erst alles durch die Einheit,

durch die Verbundenheit des Blutes

zum geistigen Kern.

Zielsicher und würdig dem Menschen

wird nun die Bewegung,

die vorher nur ein chaotischer Eingriff

ins Leben war.

Und daraus erwächst

die himmlische Überzeugung,

dass der Geist allein

die Unstetheit des Fleisches beherrscht. –

Jubel wird die inn're Welt

die vorher in der Trauer stak;

denn nun ist erreicht

die herrlichste Mission:

Den äußeren, ruhelosen Menschen

mit dem inneren Gotte zu vereinen. -

Erwecke die Stimme zum Leben

Ein Werk muss verstanden werden mit der Stimme dessen, der es schuf. Geht diese Stimme verloren, so ist auch die Stimmung verloren und ohne die Stimmung der Schöpfung werd alles missdeutet und falsch aufgefasst.

Denn dort, wo der Sinn eines Werkes die Gesinnung seines Ursprungs ist, dort wird es erhöht, muss erblühen und fruchtbar sein.

Nur die Stimme des Schaffenden und seines Bildes feuriger Glanz vermag zu zerschmettern, wie auch zu vollenden.

Natur ist Weisung, und Weisung ist alles, was dich durch sich auf den Kern und den Sinn deines Lebens führt.

Also erwecke die Stimme zum Leben, die Stimme des Werkes, durch das du erschaffen und selber ein Schaffender wurdest. -

Nichts ist verdrießlicher mitanzusehen, als wenn sich ein Mensch vor jedem Werke verschließet, und nur an dessen böse verführende Bestimmung glaubt.

Denn siehe: Der Göttliche hört die Stimme seines Gottes; der Dämon die Stimme seiner Dämonen; der Lüstling die Stimme seiner Lust; der Tugendsame die Stimme seiner Tugend; der Lasterhafte die Stimme seines Lasters. Und dort, wo Stimme und Stimmung besteht, dort entsteht auch ein Werk. Das sei dir gesagt damit du das Wort verstehst: „Ein Werk muss verstanden werden mit der Stimme dessen, der es schuf.“ -

Sich selbst zum Geschenk erziehen

Nur die höchste Liebe eröffnet tausend ungeahnte Wege und lässt das Unmögliche möglich werden. -

Die Liebe entsteht im Erkennen des Wesens, durch das du glücklich wirst. Was dich glücklich macht, das liebst du.

Liebe ist das gesteigerte Empfinden der Zusammengehörigkeit.

Was zu dir als Glück und Inhalt deines Lebens gehört, dadurch bist du schöpferisch tätig.

Weil du keine Opfer scheust, das liebende Wesen zu erhalten, darum empfängst du seine Gunst: Dein Schaffen. -

Das Produkt deiner Liebe, das Schaffen, dein Werk, ist das Zeugnis deines innigsten Lebens.

Wisse: Wo du liebst, dort musst du gebären, und all dein Schaffen ist Geburt: Schmerz und Erfüllung.

Ob ein Mensch schafft, das zeigt, ob er ein Liebender ist, ein Hassender, ein Eigenbrötler, oder ein Gleichgültiger.

Du kannst nur durch die Liebe zu deinem Werk innerlich und äußerlich gewaltig werden. -

Dass du ein Mensch wirst, dazu gehört - dass du dich zu einem Geschenk erziehst.

Alles, was du an Eigenschaften, Trieben und Gefühlen in dir trägst, soll ein Geschenk sein, das du deinem Heiligsten als eine Gabe höchster Liebe zu Füssen legst.

Nur aus einem edlen Wunsch kann die Reinheit erwachsen; das ist die Überwindung.

Sich selbst zu einem Geschenk erziehen, erfordert die höchste Liebe: Weil selbst die kleinste Regung mit anderen Augen beobachtet wird.

Zur Liebe gehört der Wert dessen, dem sie sich zum Geschenk bringen will.

Ohne die Erkenntnis eines Wertes, der höher ist, als du selbst bist, der Hoheit ist, wird selbst sich eine edle Kraft ins bodenlose Nichts vergeuden. -

Im Ursprung ist jede Kraft ein Geschenk für die menschliche Berufung.

Darum gebe nicht beschmutzt zurück, was du rein empfangen hast, sondern führe es seiner Aufgabe zu:

Sei Ursprung in Werk und Wille, dann bist du deines Höchsten kostbarstes Geschenk. -

Sternennähe

Du wirst nur selten klar vernehmen, weil du nur selten aufgeschlossen bist.

Zu sehr harrt alles auf den äußerlichen Anstoß; siehst du nur das, was sich um dich bewegt und ausgefüllt sind deine Sinne, doch selten aufgeschlossen für das innere Geschehen.

Zu nahe lebst du deinen Sternen, doch bleibst du stehen und Sterne kreisen ihre Bahn.

Sieh, was im Weltall Sterne sind, Sonnen, Monde und Kometen, das ist in dir der Weisheit wirkendes Geflecht: Was du erblickst, zu greifen suchst, ist schon entschwunden, eh' dein Eifer sich erhoben. Und langer Künste musst du dich befleißigen, eh' du die eine, auf der einen, deiner Bahn, zu bleiben ganz verstehst.

Frage wird auf Frage dich durchkreuzen, wird dich verbrennen wollen mit zu starkem Licht.

Und einsam stehst du, abgewandt; zu kalt um selbst im Sonnenlicht zu schmelzen.

Doch dann kommt deine, deine Stunde, deine Klarheit, kommt dein Stern mit mildem reinen Leuchten, dich umfangend mit der Stunde nie empfundenen Glücks.

Lebst du auch einsam, Sternennähe verschließe dir nimmer auf ewig ihr Licht.

Eines Tänzers wirbelndes Leben

Der höchste Punkt wird immer ein Punkt sein, wo links und rechts der Abgrund lauert. Der Abgrund und die Gefahr des Stürzens.

Auf der größten Höhe, auf dem feinsten Gebirgspfad zeigt es sich, ob du stürzt und zu denen gehörst, die mit Heulen und Zähneklappern alles Hohe, Scharfe, Feingradige verwerfen, oder ob du der bist, der mit leichtem tändelndem Fuße die schärfsten und spitzesten Grate sucht, um zu prüfen, ob sein Gleichgewicht ein echtes ist, ob sein Gleichgewicht ein - Gleichnis ist.

Dein Gleichgewicht soll ein Gleichnis sein, - eines Künstlers Spiel und gute Laune.

Dein Gleichgewicht soll ein Reiz sein, geputzt und geschmückt durch das Wissen einer unsichtbaren Gegnerschaft.

Siehe: Das Wort aussprechen als einen Befehl der höchsten Tugend und ihm folgen bei Nacht und Nebel, das ist das Leben auf dem feinsten Grat;

Der Tanz einer singenden Seele; das Spottlied eines Drachen, gewidmet allen Plump- und Sumpfungeheuern; der Gesang eines Engels, der auf des Teufels Horn und Hufe den Aphorismus seiner Noten zeichnet. -

Ein Zehntel nach rechts, ein Zehntel nach links - der Tod; doch in der Mitte, eines Tänzers wirbelndes Leben. -

Freiheit, Tugend und Gesundheit

Es gibt Wege im menschlichen Leben, die zu beschreiten allein, schon ein Hochgenuss ist.

Ist von Tugend die Rede, werden die Gesichter meist abweisend, denn es tritt in der Vorstellung sofort das Bild von tierischem Ernst, kalter Selbstbezwingung und unantastbarer Keuschheit auf.

Und doch ist es gerade die Tugend, die, zu einem genialen Trieb entwickelt, den Menschen frei beschwingt und heiter macht, und gelöst von aller bleiernden Schwere eines dämonischen Musses, den ganzen Menschen zu einer Höhe mitreißt, wo kein weiterer Trieb überhaupt imstande ist, noch Traumgestalten zu flechten.

Wie seltsam es auch klingt, aber Tugend kann sich nur ein gesunder Mensch leisten, denn nur bei ihm liegt die Garantie, dass sie kein Krampf einer versteckten Krankheit ist, sondern eine olympische Kraft, die ohne etwas anderes dafür zu nehmen, den Menschen in der Kraft seiner werdenden, schaffenden Liebe zu einem Giganten erzieht.

Jeder Weg, der in seiner sittlichen Reinheit begangen wird, überwacht von kluger Überlegung und dem Geiste schöpferischer Neugestaltung, ist ein Weg, der zur wahren inneren Blüte führt.

Die Scheu vor dem richtigen Denken hindert den Menschen, Mensch zu sein.

Ist diese Scheu erst überwunden, dann erst beginnt - die große Genesung. -

Grundsatz des Friedens

Du wirst auf die Dauer keinen Besitz zu halten fähig sein, verstehst du nicht das Wesen welches du besitzt, in seiner Art zu erkennen und zu vertiefen.

Jeder Befehl, als der Wille Gottes, einer Tugend oder einer Weltanschauung wird auf die Dauer übergangen, ist dieser Wille nicht mit dem Fleisch und Blut des Wesens verbunden, das der Wille zu beherrschen sich befleißigt.

Jede Art einer Macht, die nur ihren Besitz im Äußerlichen sieht, hat ein baldiges Ende. Nur dort ist Ewigkeit, wo der Wille des anderen Wesens als der Wille des eigenen empfunden wird.

Jedes Mittel der Raffinesse und des psychologischen Schachzuges ist ein Besitz, dessen Eigentumsrecht nur eine Frage der Zeit ist.

Jeder Zwang ist eine Vergewaltigung: Vergewaltigung erzeugt Hass.

Alle Reiche der Welt, die ihre eigenen Grenzen überschritten, mussten an der Selbstherrlichkeit ihres eigenen Willens untergehen.

Es gibt nur einen Weg, angefangen bei der Selbstbeherrschung bis zur Beherrschung von Menschen und Völkern, von der vollendeten Lebens- und Partnerharmonie bis zum dauerhaften Frieden; der Grundsatz jedes fortschrittlichen Geistes ist:

Den Willen des anderen Wesens als den eigenen Willen zu heiligen wissen. -

Urwüchsiges Recht in Staat und Mensch

Was geschieht in einem Staate, der zugunsten einer Menschenklasse alle anderen benachteiligt? Das Verhältnis wird immer krankhafter und krampfhafter, bis eines Tages das herrschende Gefüge zusammenbricht.

Und was geschieht in einem Staate, wo jede Menschenklasse ihre urwüchsigen Rechte genießt? Ein solcher Staat blüht, weil der gesamte Organismus schöpferisch tätig ist, und darum eine dauernde Erneuerung stattfindet.

Siehe, der Mensch ist ein Staatsgefüge, ein Gesamtkomplex aus vielen Wesen, die alle ihre urwüchsigen Rechte wollen.

Es gibt viele Ideale und jede Wesensart hat ihr eigenes Ideal, das herrschen will.

Aber leihe dem einen nicht dein Ohr, damit es dir nicht vom anderen zerschlagen wird. Sondern schaffe dir ein Ideal, das der Notwendigkeit aller entspricht und jedem Wesen freie Entfaltungsmöglichkeiten bietet.

Hüte dich vor jeder Art einer Stockung, denn in der Stockung verliert sich die flüssige Art einer Haltung.

Ein Ideal haben und es erhalten erfordert von dir deinen ganzen Geist. Er muss dauernd wirken, in der Tiefe wie an der Oberfläche.

Ein Geist muss immer Geist sein. Er darf niemals nur ein Interesse vertreten, sondern über allen Dingen stehend und in allen Dingen lebend die drängenden, schöpferischen Kräfte erkennen und sie dorthin führen, wo ihr natürliches Sein beginnt. -

Die am meisten gewünschte Wahrheit

Die Wahrheit wird am meisten gewünscht, die mit dem Schein des Märchens auftritt.

Der Mensch trägt immer die Sehnsucht in sich, etwas Einzigartiges, Besonderes zu erleben.

Er will in seiner Art ein Auserwählter sein, und sei es nur in dieser Hinsicht, dem Auserwählten zu dienen.

Etwas Wunderbares ist das, was persönlich als Wunder empfunden wird; es ist immer ein Erwachen das eine Erlösung mit sich bringt.

Was in der Natur der Übergang vom Winter zum Sommer ist, ist im Menschen der Frühling des Geistes.

Neue Erkenntnisse sprießen und ergeben in ihrer Frucht eine neue Lehre, die einer nährenden Schulung gleicht für die Überstehung eines Winters.

Eine neue Kraft tritt immer dann auf, wenn eine alte Kraft verbraucht ist. Das ist natürlich und - moralisch.

Wo eine Erneuerung auftritt oder auftreten soll, muss sie, um den Menschen in ihren Bann zu ziehen, als Wunder empfunden werden; als etwas Großartiges an dem er teilnehmen kann.

Das Leben gleicht einem großen Unternehmen, welches seine Aktien an die Teilhaber verteilt, und je nach der Größe des eigenen Anteils ist bei der Bilanz die Dividende. Bei einem viel, beim andern wenig; und wer gar keinen Anteil daran hat, kann auch nichts verlangen.

Siehe, dieses Gleichnis sagt: Willst du einen großen Gewinn, dann musst du einen hohen Einsatz wagen.

Der Einsatz deines Lebens besteht darin, dass du die naturgegebenen Kräfte zur Meisterschaft entwickelst.

Nur ein Meister wird herrschen, nur ein Führer kann befehlen.

Was nicht vom Ursprung her zur Meisterschaft entwickelt wird, endet in seinem einen Irrtum.

Wo aber der Ursprung der Ausgangspunkt aller Werte ist, dort wird er zur Meisterschaft führen: Die Weisheit ist die Dividende für die Aktien der Erkenntnis.

Lebst du die Erkenntnisse dann fuhren sie dich dorthin wo du hin willst; tust du es nicht, so wirst du immer ein Mensch bleiben, der geistig dort sein Ende fand, wo auch das Wachsen des Körpers endete. -

Die Erkenntnis des Wunderbaren wird in dir Wunder vollbringen.

Es müssen nicht Sterne vom Himmel fallen wenn ein Wunder, geschieht, denn die Kraft besitzen, eine Erkenntnis zu verwirklichen, ist ein Wunder, das bei genügender Übung in dir selbst geschehen kann.

Die größte Überwindung für den Geist ist die, natürlich zu werden und zu bleiben.

Dann erst findet eine Befruchtung durch die Erkenntnis eines Zweckes statt.

Wo vollzieht sich und offenbart sich jedes Wunder?

Ist nicht des Wunderbaren tiefster Zweck, der Wesen ursprünglichste Ergänzung? -

Sei befehlsgewohnt

Sei befehlsgewohnt!

Ein Befehl ist dann richtig, wenn er aus einer Erkenntnis stammt, die klar und eindeutig die Überwindung alles Lasziven will.

Ein Befehl muss von der Richtigkeit des Befohlenen so erfüllt sein, dass in seiner Ausführungsform kein Raum für einen Gegenbefehl bleibt.

Wisse, wo du bitten musst; wisse, wo du befehlen sollst.

Der Befehl ist immer die Hauptform des Lebens.

Seine Form muss jeweils der Lage und Individualität der Eigenschaften angepasst werden.

Ein Mensch der Überwindung muss befehlsgewohnt sein, weil er dadurch magnetisch wird.

Erstens für die Befehlserkenntnisse, zweitens für die Befehlsbedürftigkeit.

Ist Trotz ein Zeichen dafür, dass ein Befehl nicht gewünscht wurde? Dieser Befehl war den individuellen Voraussetzungen nicht gewachsen und wurde somit abgelehnt.

Ein Imperativ muss überzeugend sein.

Die Macht des sich Ehrfurcht Schaffenden muss diese Überzeugung in sich tragen.

Der schöpferische Befehl ist eine Klausel für die Erhöhung des Lebens:

Ein Befehl ist die Welt.

Ein Befehl ist die Natur:

Ein Befehl ist auch du! -

Die Versuchung des Schaffenden

Wenn du keine Ideen hast, bist du der Versuchung am nächsten.

Die Idee ist eine Erfüllung, die den gesamten Menschen in Bewegung bringt.

Wo aber solch eine Bewegung durch das schöpferische Höchstgut nicht geschieht, dort ist das Innere leer und harret dessen, was Bewegung bringt.

Also nahet sich in solchem Zustand die Versuchung und spricht:

„Was ist alles Streben nach dem Edlen und Göttlichen? Phantom und Rausch einer übermächtigen Narrheit.

Bitte, widersprich doch nicht gleich, ich weiß, du hast deine Perlen der Weisheit, aber - schau mich doch mal an, ich bin die absolute Gegenwart, bin das Wagnis.

Suchst du nicht die schönsten Erkenntnisse, als die Ergebnisse deines Schaffens?

Komm doch nur einen Schritt von deinem Weg herüber; sei nicht so stur, Sturheit ermüdet!“ -

Kennst du diese lockende Beredtheit in der aller einsamsten Stunde?:

„Ein Zehntel nach links, ein Zehntel nach rechts - der Tod; doch in der Mitte, eines Tänzers wirbelndes Leben.“

Siehe, du Tänzer des Geistes, manchmal ist es still, sehr still in deinem Leben, denn eine alte Melodie ist verklungen und ehe dich eine Neue wirbeln lässt, tönt zu dir herauf, zu deinen Höhen das Sumpflied des Abgrunds.

Lasse dich nicht verführen, danach zu tanzen; denn schon nahet sich dir mit Brausen ein sprühender Stern. -

Sei der du bist

Der Ursprung allen Schaffens ist, dass du dich zu einer Lebensweise bekennst, die deiner Art gemäß die Richtige ist, und durch einen Erlebnisreichtum zur schöpferischen Erfüllung führt.

Denn nur dort, wo Erlebnisse sind, die nicht ärmer machen, sondern zu immer größeren Reichtümern führen, wirst du deine ganze Kraft und dein ganzes Talent einsetzen und es dadurch zur Entfaltung bringen.

'Sei der du bist! Du bist ein Seiender, schälst du dein Innerstes als ein Befreiender.' -

Du kannst dich zu vielerlei Meinungen und Ansichten bekennen, bekennst du dich jedoch zu deinem Selbst, dann bekennst du dich zwangsläufig zur schöpferischen Urkraft.

Nur wenn du das Leben aus einer Warte siehst, die noch über allen anderen Warten erhoben ist, dann siehst du den Menschen mit den Augen eines Gottes; nur dann ist es dir gegeben, mit einer Reinheit und Anschaulichkeit zu bilden, wie du selbst in Reinheit und Anschaulichkeit gebildet wurdest.

Dann haben die Früchte deines Schaffens die große genesende Kraft, sich mit dem Edlen zu verbinden und alles Gemeine wie eine Fremdlackierung abplatzen zu lassen.

Da du den Ursprung des Schaffens weißt, liegt es an dir, zu nehmen und zu hegen, oder weiter im Schatten der Blindheit zu wandeln. –

Im Körper der Menschheit

Verwechsle nicht ein Kettenglied mit einer ganzen Kette.

Siehe, jede Erkenntnis, sei es eine religiöse oder eine naturwissenschaftliche, ist nur ein Kettenglied für weitere folgende Kettenglieder, ist nur der Halt einer Gegenwart.

Was heute noch eine lebendige Frucht ist, das ist morgen schon Dung, durch dessen Notwendigkeit der Urmutterboden für neue Erkenntnisse entsteht.

Die Urform einer Idee besteht nicht länger, als in den Sekunden ihrer Schöpfung.

Und dadurch erst geschieht das Eigentliche, das Schöpferische:

Du glaubst, als ewig ihren Wert zu besitzen.

Du greifst nach demselben Bild, aber - in einer anderen Verfassung, aus einer anderen Notwendigkeit heraus.

Und darum hast du stets neue Ideen.

Die ewigsten Werke sind die, welche in Ihrem Ursprung nur Bruchteile von Sekunden sind.

Eine Idee darf sich nicht ausleben!

In ihrer Nachformung bis zum Erreichen des Ursprungs liegt ihr dauernder Anfang und Neubeginn.

Kein Stern im Weltall würde behaupten, dass er die größte Leuchtkraft besitzt; also ist auch keine Erkenntnis – alleinseligmachend.

Sie ist so wichtig wie ein Atemzug, wie ein Herzschlag wichtig ist; aber nur ein Glied in der Kette zur Fühlung – und Richtungnahme deines Geistes, wie auch du nur ein Glied in der Kette, ein Blutkörperchen im Körper der Menschheit bist. -

Geist ist denkender Instinkt

Beruhigt es dich, eine Definition über den Geist zu erfahren, so wisse: Geist ist denkender Instinkt.

Instinkt ist die Ära des inneren Fernsehens.

Der Leitstier einer Herde Büffel kann nicht hellsehen und weiß doch über zig Kilometer hinweg, wo sich gerade die Nahrung befindet, die seine Herde am nötigsten hat. Sein Instinkt ließ es ihn fühlen.

Jedes Lebewesen hat ein Selbst, das ist das sorgende Wesen seiner Gattung. Nur ist es beim Tier fühlend, und beim Menschen denkend. -

Geist ist Erlösung!

Instinktiv führt er den Körper - oder die in ihm sich regende Frage - zu der Erkenntnis, die nötig ist, um die Not von ihm zu wenden; sei diese erfahrungsgemäßer, künstlerischer oder wissenschaftlicher Art.-

Jeder Weg, den du rein instinktiv einschlägst, ist der richtige Weg deiner Berufung, und je nach der Größe deines Wollens ist deines Geistes heilende Wirkung.

Dein Geist führt dich einen gesunden Weg!

Der reinste Geist, die reinste Erkenntnis ist immer heilig, weil sie heilend ist.

Des Menschen Instinkt, sein Selbst, ist sein Heiliger Geist, der je nach der Art des Individuums eine elende verkümmerte Existenz führt, oder erkannt und erlöst selbst zu einer großen Erlösung für den Menschen wird.

Die Stimme des Werkes

Wo du dich persönlich mitteilen kannst, dort wird dein Geist lebendig.

Dort, wo du fühlst, dass die Stimme deines Werkes, deine Erlebnissphäre, sich niederschlagen kann, wo du weißt, dass dein Wissen benötigt wird, um eine Lücke auszufüllen, dort wird in dir das Feuer deines Geistes entzündet, um in einer hellen Lohe zu leuchten und zu wärmen.

Wo ist Verlangen, Bedürfnis und Entzündung: dort, wo ein Begehren ist.

Wo du ein Begehren nach dir selbst verspürst, dort begehrst du auch die Erfüllung dieses Begehrens.

Dort teilst du dich mit in deinem Werk, durch dein Werk, und - für dein Werk.

Alles Leben würde verlöschen, wenn das Begehren nicht das Begehrenswerte fördern würde.

Dass dein Geist lebendig werde, darum suchst du die Mitteilung.

Erst im Kampf der Probleme wird ihre Taktik analysiert.

Im Kampf, in der Liebe und im Hass gibt der Mensch sein Letztes und Höchstes her, weil es um die Arterhaltung geht.

Und durch die unstillbare Lust, dein Werk, dein Leben zu erhalten und höher zu erziehen, wird in dir alles lebendig, um durch den Wert der eigenen Kraft zu fordern und zu überzeugen. -

Die Erziehung des Wortes

Das Schweigen ist nicht nur Ruhen des Wortes, sondern auch ein Ruhen des Bildes, denn das Bild ist der Träger des Wortes.

Ein Bild ohne Worte ist wie ein Vögel im Käfig: Er flattert und macht alles unruhig, bis ihm die Tür geöffnet wird und er mit weiten Schwingen die Freiheit des Fluges genießt.

Darum liegt der Ursprung von Reden und Schweigen nicht nur im Worte begründet, sondern auch in dessen Herrn, dem Bild.

Je nach der Größe deiner Fantasie ist die Größe deiner inneren Welt.

Eine kleine Fantasie ist eine Welt der Beschränkung, dagegen eine große Fantasie eine Welt voll überschäumender Üppigkeit. -

Eine große Energieaufnahme bedingt auch eine große Energieabnahme.

Aber damit auch einmal Ruhe in dir ist, darum bändige dein Bild, dass nicht ein Ungeheuer daraus wird, dessen Flatterhaftigkeit deine Worte in Sklavenbande schlägt.

Wort und Bild muss eine Gemeinschaft sein; das ist die ursprüngliche Ergänzung.

Jede Erziehung, die du deinem Worte angedeihen lässt, beginne darum beim Bild. -

Am Borne des Wissens

Am Borne des Wissens bildet sich das Gemüt. -

Darum sind viele Gleichnisse auf den Weg des Menschen gelegt, damit jeder Menschen gelegt, damit jeder Mensch in seinem Ziel und in seiner Aufgabe sein Gleichnis finde.

Gleichnisse sind die unterbewussten Wegweiser eines moralischen Instinktes.

Im Beispiel und im Gleichnis liegt das Bild verankert, als die erziehende Kraft des Denkens und des Handelns.

Jede Begegnung in deinen Leben, die dein Gemüt erschüttert, gibt ihm gleichzeitig Form und Bild. Das Wort wirkt als Wort sprechend, doch erst als Bild ansprechend.

In der höchsten Stufe des Lebens ist alles vergeistigt, weil du dann jedes Bild als ein Erlebnis und als ein Gleichnis zu deuten weißt.

Der reine Geist ist die vollendetste Stufe der Natürlichkeit.

Je reiner der Geist ist, umso leuchtender und klarer ist das Bild, welches du als einen Eindruck des väterlich-mütterlichen Urstoffes empfängst.

Ohne Bilder, d.h. ohne Gleichnisse ist alles tot.

Wo das Bild beginnt, beginnt auch der Geist.

Die richtige Anwendung des Bildes, welches speziell für dich bestimmt ist, lässt dich zu einem geistigen Wesen werden.

Der Weg des Bildes führt zur Originalität desselben; Denn wisse: Originalitäten sind die unsterblichen Melodien des Geistes. -

Auszeichnung für gute Ideen

Die Nahrung des geistigen Lebens besteht darin, dass du dir von jeder Weisheit ein Scheibchen abschneidest, es gut mit dem Speichel deiner Seele vermischst, und es dann zur Verdauung deinem Geiste übergibst.

Würdest du nur an einer Weisheit nagen, sie wäre dir bald über, auch wenn sie als heilig angepriesen wird.

Das Leben ist dadurch Leben, weil es im dauernden Wechsel eben Leben bleibt.

Würde es nicht seine Form ändern, dann wäre es nur Mechanik.

Will sich eine Art erhalten, dann muss in ihr ein dauernder Wechsel vonstattengehen. Nicht ein Wechsel der Art, sondern Wechsel in den von ihr verbrauchten Substanzen.

Das gilt für die höchste Weisheit ebenso, wie für das einfachste Mittagessen.

Jeder Artist oder Schauspieler würde bald das Publikum langweilen, glänzte er nur durch ein Kunststück; dagegen genießt er hohes Ansehen, weiß er brillant seine Künste zu wechseln, die aber in der Art als Kunst immer dieselbe ist. –

Diese Beispiele sollen dir zeigen, wie Frische und Munterkeit ein Werk immer auszeichnen, denn nur dadurch, dass du dauernd Neues bieten musst, wird in dir die höchste schöpferische Flamme entfacht.

Es gibt nur eine Auszeichnung für gute Ideen, und das sind weitere gute Ideen. -

Nicht dein Name, sondern

Nicht dein Name, sondern dein Werk soll zeugen, welchem Gotte du dienst. -

Alles, was imstande ist dich mit Göttlichkeit zu erquicken, hat auch einen schöpferischen Kern.

Wodurch du dich geistig nährst und für die Deinen nährend wirkst, ist deine Verbindung zu deiner Göttlichkeit.

Das ist dein Werk.

Göttlichkeit liegt immer in einer vernünftigen Weisung.

Eine vernünftige Weisung ist überall dort, wo sich die eigene Vernunft mit der schöpferischen Vernunft vereinigt. -

Fördere in dir den Humor

Dass das Ende am schönsten ist wenn der Anfang eine Tragödie war, erkennst du schon daran, dass die erste Seite einer Zeitung der Politik, die letzte dagegen den humorvollen Witzen gewidmet ist.

Und so ist es auch im Leben: Vergiss den Humor nicht!

Wenn dein Schaffen nicht so groß ist, dass es nicht auch dem Humor zugänglich ist, dann fehlt ihm der freie Atem:

Die zwerchfellerweiternde Dehnung.

Dann ist es flachbrüstig und glänzt nur durch sein Geschick.

Fördere alles was gewillt ist dich zu fördern; dann brauchst du wegen Mangel an Leben nicht zu klagen.

Siehe, jede Eigenschaft hat ihren Spion, einen Sucher; dieser schafft herbei, was seiner herrschenden Eigenschaft von Wichtigkeit ist.

Wenn auch in deinem geistigen Stübchen die Agenten des Hauptschaffens den Vorrang haben, versäume deshalb nicht, nach Feierabend dein Vorzimmer aufzusuchen; da sitzt nämlich noch ganz bescheiden der Agent des Humors.

Seinen Aktien kannst du ruhig glauben, sie bringen reiche Zinsen und Zinseszinsen.

Was sich im Ernst spannt, entspannt sich im Humor.

Es ist mehr Tragödie als Humor im Leben, darum stumpfst du so schnell ab; um dieses zu verhindern, fördere in dir den Humor. -

Die Wirkung des Schicksalsschlages

Du kommst nie tiefer zur Besinnung, als wenn dir ein Schicksalsschlag in seiner kolossalen Wirkung bald die Besinnung raubt.

Je nach der Art des schöpferischen Wertes der dir dadurch genommen wurde, wird auch die Reaktion sein.

Aber dass die Wirkung tief ist, zeigt, dass du der bist, welcher überhaupt zum Schaffen fähig ist. -

Die Tugend ist eine Kraft, die viel gibt und nichts dafür nimmt. Das Schicksal dagegen gibt dir viele erkennende Kräfte, es nimmt aber auch viele Werte von dir.

Das Verhältnis von Geben und Nehmen steht zumindest immer eins zu eins; du bekommst eine neue Sprosse auf der Leiter des Aufstiegs zur Höhe, aber auf der du gegangen bist, die wird dir genommen.

Die Schnelligkeit des Steigens erkennst du daran, wie du etwas anderes dafür verlierst.

Jeder Verlust einer Eigenart, an die du dich gewöhnt hast, bringt eine Erschütterung mit sich.

Überwinde aus der Erkenntnis heraus, dass nichts geschieht, was nicht einen höheren Sinn hat, als den, welchen du im Augenblick erkennst.

Schicksalsschläge sind die Glocken der Besinnung. -

Im Augenblick ihres Klanges bist du betäubt, aber in einer gewissen Entfernung erkennst du, welch ein feiner Ton in dir zurückgeblieben ist. -

Das Leben ist dort fruchtbar, wo es lehrt

Zum höchsten Schaffen gehört der blutmäßig älteste Mensch; er muss aus der Erbmasse aller Völker bestehen, damit sein Schaffen dem Wissen aller Menschen diene.

Der Uradel aller Völker ist ihre aufbauende wirkende Originalität.

Das Leben ist dort fruchtbar, wo es lehrt. -

Siehe, der fortschrittliche Weltgeist spricht damit du dich zum höchsten Schaffen in deiner Art erziehst:

Sei frei und gewandt wie ein Amerikaner;

zeitlos wie ein Russe;

weltmännisch wie ein Engländer;

idealistisch und gründlich wie der Deutsche;

naiv und herzlich wie ein Neger;

anspruchslos wie ein Japaner;

fleißig wie ein Chinese;

geduldig wie ein Inder;

flott und lässig wie ein Franzose! -

Der Pöbel eines Volkes wirkt auf das andere Volk immer zerstörend.

Seine urwüchsige Originalität dagegen, sein Wesen, sein Adel, immer erhebend und belehrend.

Du sollst für das Wesen und Volkstümlichkeit aller Länder aufgeschlossen sein, denn die Urwüchsigkeit eines Volkes ist der Humusboden für die beste Weisheit. Denn wisse:

Die Kunst der Erkenntnis besteht darin, die Welt im Bild einzufangen, um sie dann vom Gesichtspunkt der Weisheit zu beleuchten. -

Du kommst als Sieger und gehst als Sieger

Stehst du im Dienste einer reinen und natürlich erhöhenden Idee, dann kommst du als Sieger und gehst als Sieger - auch wenn du verlierst. -

Siehe, in der Welt wüteten Pest, Syphilis, Aussatz, Mord und Brand Jahre und Jahrzehnte; und dennoch singen die Vögelein und blüht die Menschheit. Denn der Wille der Schöpfung - Genesung und Entwicklung - ist stärker als alle Intrige!

Handelst du nach dem Willen der Schöpfung, dein Leben zu läutern und zu erhöhen, indem du in allen Dingen den Ursprung suchst, dann kann dir passieren was will: Hältst du aus bis ans Ende dann bist du der Sieger.

Das Klare und Saubere, die Weisheit, die göttliche Idee, wird sich immer durchsetzen.

Sie kann verspottet und verhöhnt, geächtet und verworfen werden, sie siegt doch.

Kopernikus musste auf den Scheiterhaufen: „Und sie dreht sich doch!“

Die Erde dreht sich noch heute. -

Der letzte Sieg ist immer auf Seiten der Wahrheit, wenn diese auch durch Kerker und Scheiterhaufen muss.

Darum lasse dich nicht durch die Dunkelheit der Zukunft verleiten, etwas zu tun, was nicht dem natürlichen Willen entspricht, sondern bleibe deinem Werke treu.

Dann kommst du als Sieger und gehst als Sieger; auch wenn du verlierst! -

Das Leben ist eine Rechtsfrage

Wann glühen die Wangen und schwillt vor Stolz deine Brust? -

Wird dir bestätigt: Du hast recht. -

Das Leben ist eine Rechtsfrage. Fühlst du und weißt du, dass du Recht hast, dann fühlst du dich als Sieger.

Wird dir dagegen nur dein Unrecht bestätigt, dann fühlst du dich als ein Verlierer und bist bald ein Sammelbecken von Minderwertigkeitskomplexen.

Recht haben heißt: Richtig denken und den Umständen gemäß richtig handeln.

Eine Bestätigung des Rechts wird dir dort erteilt, wo dein Recht das Recht des anderen miteinschließt, und gleichfalls die Erkenntnis einer Gemeinschaft ist.

Die Gemeinsamkeit einer Erkenntnis ist ein Ding von recht seltener Art, weil dieser Erkenntnis eine große Anschaulichkeit vorausgehen muss.

Ein Recht wird meist erst dann als ein Recht anerkannt, wenn das Unrecht geschehen ist.

Deine eigene und innere Rechtsfrage ist durch das Sein deines Selbst's begründet.

In seiner Bestätigung und seiner Ablehnung findest du dein Recht und dein Unrecht.

Deine Anschauung soll deiner Anschaulichkeit entspringen, denn nur ohne Fremdeinfluss bist du dir deines Rechts sicher.

Tu was dir deine Erkenntnis befiehlt, dann sind deine Sinne erhöht und durch die Bestätigung des Rechts für weiteres Recht empfänglich.

Zeugnis und Zensur

Je wasserreicher eine Pflanze ist, umso schneller ist sie dem Frost unterworfen; je harzreicher eine Pflanze ist, umso weniger schadet ihr der Frost.

Gleichen deine Gedanken dem Wasser, das heißt, sind sie allgemeiner und theoretischer Natur, dann sind sie beim nächsten Frost sofort erfroren; sind sie dagegen harzreich, das heißt, praktisch beweglich und konzentriert, dann kann ihnen der schlimme Frost nicht schaden, denn es ist nichts an ihnen was erfrieren und erstarren könnte.

Ansichten kommen und gehen, die Weisheit hingegen ist ewig und unerschütterlich.

Wenn auch eine Anschauung in ihrem Zorn diesen Stamm mit Schmutz besudelt, der nächste Regen wäscht ihn wieder rein.

Aber die Anschauung - so sie keine Frucht vom Baume der Weisheit ist - muss beim ersten Frost erfrieren.

Darum sei jede deiner Anschauungen und jede deiner Erkenntnisse eine Frucht vom Baume der Weisheit, damit ihr Wachstum vom Urmutterstamm beschirmt und gefördert wird, bis ihr eigener Lebenssaft fest und unverbrüchlich ist.

Frost ist keine Laune der Natur, sondern eine Prüfung.

Im Sterben und Bestehen entspringen die lebendigen Gleichnisse als das Zeugnis und die Zensur eines unbekannten Lehrers.

Ist auch der Lehrer selbst unbekannt, sein Werk, die Weisheit, besteht und weiset. -

Der giftige Nebenbuhler

Du bringst dich selbst dort in Gefahr, wo du die Zahl als den Schlüssel zu einer Machtstellung benutzt.

Wenn du das ureigenste Bild deines Wesens mit den Blicken des Vorteils misst, dann bist du nicht mehr du selbst, dann bist du kein Schaffender mehr, sondern ein Irgendwer im Irgendwo.

Fern bist du der Hoheit eines Gottes, weil du dir selbst fern bist. Eine Zahl, ein Vorteil ist dein Gott geworden.

Siehe, es ist nicht nur Hoheit in dir, sondern noch viel mehr anderes.

Eine Welt, die nicht einmal niedrig ist; aber weil sie Garnichts ist, ist sie eben deine größte Gefahr.

Sie will alles, aber ihr Wille beruht auf keiner Leistung, und weil sie selbst keine Leistung hat, ernährt sie sich von dem Schaffen deiner Hoheit.

Nicht das ist gefährlich, was in seiner Natürlichkeit erscheint, - und sei es die Bosheit in Reinkultur, sie ist immer noch ehrlich in ihrer Art - sondern das ist gefährlich, was sich um des Zweckes willen verkleidet.

Jeder nahrhafte Pilz hat seinen giftigen Nebenbuhler.

Dieser giftige Nebenbuhler steht auch neben deiner besten Weisheit, neben deiner höchsten Liebe, und bohrt selbst in deinem Schaffen.

Erst wenn du vergiftet bist, wenn du deine Fehlleistungen siehst, wenn du für die Ausführung der Erkenntnisse nicht mehr fähig bist, dann merkst du, in welche Frucht du gebissen hast.

Das geschieht jedes Mal dann, wenn du in Zahl und Vorteil den Nutzen deines Schaffens siehst.

Das ungeschriebene Gesetz

Es gibt viele Gesetze, die sind nicht geschrieben, und du musst sie dennoch beherrschen und beachten.

Denn wisse: Schicksal ist Echo jeden Gedankens und jeder Tat.

Alles, was du erfindest, erdenkst und errichtest, trifft keinen anderen, sondern dich selbst.

Was deines Wesens ist, wird dadurch gefördert oder vernichtet.

Ein wenig Arbeit, ein wenig Mühe, kaum beachtlich im Strome des Lebens, schon ist ein großes Werk vollbracht.

Ein großes Werk ist's, bist du geändert, und liebliche Melodien sind deines Lebens Echo.

Es wirket im Unsichtbaren ein großer Geist, grausam in der Strafe und überschäumend in seiner Güte; fröhlich dem gebend, der sich seine Gesetze zugeeignet hat.

Hast du Interesse für einen Menschen, dessen Herz liebend zu gewinnen, so senkst du deine Blicke mit magischer Kraft in des anderen Wesens fragende Blicke, und erkennst staunend, das gleichfalls Interesse und Gunst dich vom andern Geschöpf her beschirmt.

Ein Gesetz ist eine Vertrauenssache, denn neben den wichtigsten Regeln im allgemeinen Interesse, liegt das Gesetz der Persönlichkeit; ein persönliches Gesetz.

Protze nicht damit, dass fern du der Masse mit erhöhten Sinnen stehst, arm und bedürftig bist du immer, erlebst du nicht das ungeschriebene Gesetz. -

Der hohe Wert des Heute

Das Heute hat darum solch hohen Wert, weil niemand weiß was Morgen geschieht.

Würde dieses nicht der Fall sein, wäre der Gegenwart ihr Wert genommen.

Jede Eigenschaft hat ihren Wert, der richtig erkannt sein muss.

Jedes Schaffen ist ein Wissen um eine Lichtquelle.

Ihre Strahlen müssen das Objekt an seinen vollkommensten Punkten beleuchten, und gleichzeitig muss der Schatten dorthin fallen, wo er ein prächtiges Schattenspiel ergibt, aber niemals einen Schaden anrichtet, indem etwas anderes in den Schatten gestellt wird.