Medium III - Heinz Reinhold Grienitz - E-Book

Medium III E-Book

Heinz Reinhold Grienitz

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Beschreibung

Dieses Buch ist der dritte Teil "Medium III" des dreiteiligen Aphorismen-Werks »MEDIUM«. Es entstand hauptsächlich in der Zeit von Ende 1952 bis zu Beginn des Jahres 1954. Von April bis Dezember 1954 weilte Heinz Reinhold Grienitz als junger Auswanderer in Kanada. Bereichert mit neuem Erleben kehrte er zurück, nahm eine Tätigkeit auf und widmete sich in jeder freien Minute seinem Werk.

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Weil du ihr Schöpfer bist

Ehe Metall, Metall ist, ist es mit vielen Steinen und anderen Schlacken verbunden.

Wie viele Verwandlungsprozesse liegen dazwischen und sind notwendig, ehe ein schmuckes Automobil, ein pfeifendes Düsenflugzeug oder ein blitzendes Geschmeide daraus wird. -

Was mit dem einfachen Erz geschieht, das geschieht auch mit dem Menschen, nämlich das Mysterium der Verwandlung.

Ehe das Edle ganz edel ist, muss es geläutert werden; ehe der Künstler ein Künstler ist, muss er beständig üben und ehe der Meister ein Meister ist, muss er täglich emsig lernen.

Aber dann kommt der Tag der Vollendung.

Dann ist Erz Metall und der Geselle Meister, der Werdende ein Seiender und der ringende Mensch ein Übermensch. -

Alles, was mit ganzem Eifer durchgeführt wird das trägt am Ende die Krone.

Die Krone jeden Schaffens ist die Fertigkeit.

Die Stunde der Krönung ist die Stunde der Fruchtbarkeit.

Wenn dein Geist fruchtbar ist, wenn er dein Werk sein will, dann geschieht diese Krönung. -

Nicht einmal, sondern so viele Male, wie sich dir eine Erkenntnis offenbart und ein Gelingen dein Herz höher schlagen lässt.

Jede Erkenntnis und jede Leistung ist eine Kolonie, die dir reiche Ernte bringt, weil du ihr Schöpfer bist. -

Gewährung einer Bitte

In der Gewährung einer Bitte liegt gleichzeitig die Gefahr, dass der Bittende ausverschämt wird.

Die Ausverschämtheit ist immer da, wo das eigene Maß mit dem prickelnden Reiz der Versuchung überschritten wird.

Nichts reizt mehr, als etwas versuchen, was von der logischen Erkenntnis abgelehnt wird.

Nehme die beiden Pole Neugier und Ablehnung, so wird auf die Dauer die Neugier der Stärkere sein.

Jeder Mensch sucht immer weiter nach dem letzten Glück, und hat er Eins gefunden, das ihn im Moment erfüllt, doch ein neues klopft an seine Tür, dann ist das 'Vielleicht' eine gewaltige Macht.

Ein Satz macht die Seele drehend, schwankend und unruhig:

'Vielleicht ist das gerade dein Glück?!' -

Dieses Wort in der richtigen Stunde, im Zwielicht einer inneren Dämmerung, findet selten verschlossene Ohren.

Und wenn dieses Wort auch noch ins Blut gerät, dann ist die Tat vollbracht. -

Darum erkenne dein inneres Maß, denn tust du dieses nicht, so bist du zu deinem eigenen Leidwesen dauernd der Betrogene.

Ausverschämtheit ist Selbstbetrug.

Sie bringt im Moment Erfolg, aber hat sich die Tür einmal hinter dir geschlossen, so sei gewiss, dass sie sich so schnell nicht wieder öffnet. -

Der Geist der Wissenschaft

Es ist auch notwendig, dass du von Zeit zu Zeit keine Notwendigkeit spürst, denn würdest du das, dann könntest du bald nicht mehr deiner eigenen Verwandlung folgen.

Der Geist der Wissenschaft stehe über jeder Stunde deines Lebens als der Vater deiner Weisheit und zukünftigen Erkenntnis.

Denn siehe, die stillste Stunde ist der Ursprung der lebhaftesten Verwandlung.

Du sollst aus deiner Zukunft deine Gegenwart schaffen:

Die Wandlung des Gemütes besteht in der Einheit aller Zeiten, in ihrer Senkung und Erhebung.

Bist du nicht an allem gleichermaßen beteiligt, so gleichst du einem Baume der dadurch seine Verkrüppelung erfährt, dass er die Kraft nur in den Wurzeln verbraucht oder alles in Stamm und Zweige sendet.

Im ersten Falle ist er Unfruchtbar, im Zweiten bei jeder Kleinigkeit entwurzelbar.

Alles, was reine Natur ist, ist selbst in der Verkrüppelung vollkommen.

Doch wo der Geist beginnt, und sei es in seiner Vorstufe als des Tieres Instinkt und Nervensystem, dort beginnt mit der Verkrüppelung das Elend.

Der Mensch hat seinen Geist, damit er am Gleichnis sein Gemüt bildet, als die Einheit des Höchsten; -

dass er aus der Farblosigkeit seines Vorhandenseins, seine Sinne zur Reinheit erhöht, -

dass die Sehnsucht nach Vollkommenheit die Brücke zu seiner Tugend ist. -

Das Korallengebirge

Ein Ideal verwirklichen ist kein Griff nach einem Braten zur Stillung eines guten Hungers, sondern ein langes, konzentriertes Warten.

Schon das Messen der eigenen Tiefe führt über die Einöde der Geduld.

Ein Mensch, der nicht verschroben ist, wird niemals, wenn er nicht muss, einem Stein oder einer Pflanze gleichen, weil seine Erfüllung in der Bewegung liegt.

Und dennoch ist jede Wissenschaft ein Korallengebirge und jeder Mensch der sich zur schöpferischen Wissenschaft bekennt, muss über eine Korallengeduld verfügen.

Splitter auf Splitterchen, Punkt auf Pünktchen, ergibt nachher das herrliche Wunderwerk. -

Was zersetzt den Menschen so schnell, was bereitet der Wissenschaft Kopfzerbrechen?

Sind es nicht die Bakterien, die in ihrer Winzigkeit nicht mehr erkannt werden können, die mehr durch ihre Ähnlichkeit, als durch Wissen bekämpft werden?

Und trotzdem dringt der Geist der Wissenshaft tiefer und tiefer in alle Geheimnisse ein.

Da dich deine Eltern gezeugt haben, sind sie darum verpflichtet sich dir nackt zu zeigen, zumal du unreif wärst?

Dieses sei dir gesagt, dass du dich zum Geiste der Wissenschaft bekennst in seiner ureigensten Aufgabe: Alles Qualvolle zu beenden; aber niemals um das Göttliche zu analysieren!

Lehrt ein Meister seinen Lehrling das Schießen, damit ihn dieser dann erschießt oder damit ihm dieser in seiner Lebensaufgabe hilft?-

Ein Ideal verwirklichen, verlangt pilgern können: Zwei Schritte vor, einen zurück!

Ideale sind keine Jedermannsartikel

Nehme ein Stück Eisen welches fünf Zentner wiegt und versuche es zu stemmen, du wirst es kaum wenige Zentimeter heben; nehme dagegen nur so viel, wie du gut und leicht stemmen kannst, und hänge mit dem Wachstum deiner Kraft immer ein Pfund mehr dran, so wirst du eines Tages dort sein, wo du spielend mit fünf Zentnern operierst.

Das Gleiche geschieht mit dem Ideal:

Du bist begeistert von seiner Außergewöhnlichkeit, packst freudig zu, siehst schon im Geiste deine bewundernswerten Leistungen, und brichst kläglich zusammen.

Du bemitleidest noch eine Zeit lang deinen Mut und bist dann wieder auf dem besten Wege im Sog des Alltags zu versinken.

Jede nächsthöhere Stufe im Leben welche du ersteigen willst, ist mit einer Klausel verbunden.

Das muss so sein, denn Ideale sind keine Jedermannsartikel, und der höchsten Kraft sollen auch die größten Leckerbissen zufallen.

Jede Klausel die du erfüllst:

Richtig angewandt wird alles, was du tust zum Leben …

Sei in deinem Element …

Sei unverwüstlich …

Erziehe dich zu einem Geschenk …

Besinne dich und überdenke dein Leben …

Reicht dein Gestern aus, deinem Heute seinen Wert zu geben? …

Deinem Werke folge, Schritt für Schritt, dass fremde Schritte nicht dein Werk verfolgen …

Ist ein solches Pfundsgewicht, das dich deinem Ziel mit absoluter Sicherheit entgegenführt. -

Nur ein eigenes Wesen ist zum Führen bereit

Zeige nie dein Eigentum, ehe es nicht vollendet ist und nehme Abstand von Worten, denen nicht die Tat vorangegangen ist und von denen du nicht weißt, ob sie Wahrheit werden.

Denn der Neid und die Bosheit sind immer unterwegs um das Unvollendete zu töten, oder an seiner Reife zu hindern.

Wo es um dein Werk geht, dort sei nur dein eigener Freund und guter Bekannter, denn viele Meinungen zerstören die eigene Meinung und den eigenen Geschmack.

Die Unreife verführt zur Kritik, die Reife dagegen zum Kosten und dann erst zur Schätzung.

Forme dein Werk nach deinem ureigensten Bild, und tust du dieses mit ganzer Hingabe, so wird dieses niemals falsch sein.

Suche das Ähnliche, damit du an seiner Erfahrung deine Richtung beibehältst.

Und bleibe dir selbst treu.

Eine edle Führung ist kostbarer als alle Schätze der Welt, denn alles Fremde versucht zu verführen, und nur ein eigenes Wesen ist zum Führen bereit.

Dein ureigenstes Wesen wird aus dem Bild deiner Sehnsucht und der Erkenntnis des Besseren geboren. -

Halte dieses nur rein in Zweck und Wirkung, und den Einblick des Fremden meide, eh' nicht dein Werk vollendet ist. -

Ein exotisches Tier im europäischen Zoo

Erst wenn deine Praxis in Ordnung ist, wird auch deine Theorie in Ordnung sein; alles andere hinsichtlich dieser Art ist ein Irrtum.

Ein Lebewesen kann über die beste Erbmasse verfügen, ist nicht der Boden und die Umgebung seiner speziellen Veranlagung entsprechend, so wird es niemals seine vollen Kräfte entfalten.

Es ist ein Schaustück mit Namen, wie ein exotisches Tier im europäischen Zoo, aber kein berufenes Wesen mehr.

Ebenso ist eine ideale Theorie: Sie kann ein schillerndes Ungeheuer sein, Flammen spucken und bis in die Wolken springen, ist dieses aber nicht mit einer Notwendigkeit verbunden, so wird es Niemanden zum Nachahmen anfeuern. -

Jede Erkenntnis muss einen Nutzen bieten, muss einen Nutzen bringen dort, wo deine eigene Weisheit am Ende ist und doch von dir gefordert wird.

Es wird immer von dir gefordert; ob in der Gesellschaft der Umgang, bei einer Vorführung deine Aufnahmefähigkeit, bei einer Vorlesung deine Aufmerksamkeit oder in der Einsamkeit die intensivste Sammlung und Konzentration.

Wo du eine Forderung übergehst, die speziell für dich bestimmt ist, dort gehst du an deinem Leben vorbei und deine Theorie wird wie dein Leben, mechanisch lebhaft, aber am Herzen vorbeigehend.

Wo das Herz nicht angesprochen wird, dort sprüht es nicht und schlägt nicht schneller.

Weißt du auch, dass nur die Funken des Herzens die reinsten Perlen der Erkenntnis sind?

'Erst wenn deine Praxis in Ordnung ist, wird auch deine Theorie in Ordnung sein.' -

Die Lehre der Missgunst

Wo du selbst deine Gesundheit und Freude dran findest, dort wirst du es auch gerne anderen gönnen. -

Was will dieses Beispiel sagen?

Trifft das Alter den Menschen nicht adlig an, dann wird dieser befallen von einer gefährlichen Krankheit, dem schleichenden Gift allen Schaffens: Der Krankheit des Missgönnens.

Was das liebe Ich nicht mehr sein kann, das soll auch den Anderen verboten werden.

Die Missgunst hüllt sich dicht in den purpurnen Mantel der Sittlichkeit und weist mit entrüsteter Miene und drohend erhobenen Finger auf die Unschuld üppigen Lebens.

Wer die Finger gegen die Unschuld hebt, dem fehlt dieselbe, und dieses geschieht dort, wo ein Leben ausgelebt ist. -

Ist ein Baum ausgelebt, dann ist er eine Gefahr für die Schonung, denn in seinem Sturz reißt er alles mit, was in seiner Richtung steht.

Hüte dich, in solcher Nähe deine Wurzeln in die Tiefe zu treiben, und wenn du es musst, dann prüfe die Richtung des Windes damit du nicht in Sturzrichtung stehst. -

Die Lehre der Missgunst wird immer eine Weltverneinende sein:

Es gibt aber für den Schaffenden nur ein Nein, und das gehört dem Pöbel.

Ansonsten ist sein Nein und seine Entsagung nur eine Sammlung für eine richtige Weltbejahung. -

Alles Leben ist ein Denken

Lebe heute so, dass du auch morgen wünschest wie heute zu leben. -

Du wirst nur dann das Morgen wünschen, wenn du mit deinem Heute unzufrieden bist, als das Heute eines Fehlschlags oder des Misserfolgs.

Aber du kannst auch in der grausamsten Lage deines Lebens noch eine feste Haltung bewahren, und diese muss der Kern deines Lebens, so wie deines Schaffens sein.

Dein Heute soll eine Freiheit und eine Überwindung sein, ein Lebendigmachen der Zeit und kein Töten.

Es ist zu jeder Jahreszeit ein Flecken auf dieser Erde, wo geerntet wird.

Und es ist auch jeden Tag in dir eine Idee die geerntet sein will.

Alles Leben ist ein Denken, obwohl es rein körperlich auch Fühlen, Beobachten, Warten oder Schmecken genannt wird.

In seiner letzten Form ist Denken nur reines Denken; in seiner untergeordneten Form ist jede Empfindung und deren Ausdruck ein Denken.

Auch in der untergeordneten Denkkraft musst du ein Meister des Verstehens, eine Goldmarke deines Lebens sein.

Hast du dein Selbst gefunden, so verfügst du auch über die große Kraft der Vertiefung, also dass du hörst wenn dir gesagt wird, wo die Ernte deines Heute ist. -

Wisse, was du erbittest

Wisse, was du erbittest;

Fühle, was du verlangst!

Gibst du auf der einen Seite Vollgas um an dein Ziel zu gelangen, auf der anderen Seite hingegen trittst du die Bremse, so wirst du nicht weit kommen. -

Was im sichtbaren Blickwinkel so logisch erscheint, dass es kaum noch erwähnenswert ist, das ist im geistigen Leben der Ursprung jeder Tragödie.

Die Schwäche und die Unsicherheit beginnen dort, wo die Dunkelheit unsichtbar macht; wo das Wissen aufhört und das Misstrauen diensteifrig den Zufall erwartet.

Wenn eine Mutter zu ihrem Kind sagt: 'Nun schlafe! ' und geht weg, das Kind jedoch tut nicht wie ihm geheißen wurde, so weint es und sieht in der Dunkelheit Gespenster.

Warum schläft aber das Kind nicht?

Weil das Bedürfnis fehlt. -

Ein Bedürfnis sei deine Bitte, ein Bedürfnis sei dein Verlangen; damit zwischen dem eigenem Wollen und dem Befehl es zu tun, kein Zwischenraum auftritt, das heißt, dass es keine Bremswirkung gibt zwischen deinem Wollen und deinem Tun.

Eine Triebkraft haben und sie nicht anwenden, führt zur inneren Zerstörung. -

Du leidest, zahlst und opferst

Du leidest, zahlst und opferst, bis du gewonnen hast. -

Jeder Wunsch geht bis zu seiner Erfüllung durch Schmerz und Entbehrung.

Aber alle deine Schmerzen und Opfer, die du einem edlen Ziele bringst, werden, in Freude verwandelt werden.

Und jede Freude und Lust, die du dadurch empfängst, indem du dich einer menschlich hoheitsvollen Aufgabe entziehst, wird dir zum bittersten Ärgernis werden. -

Ein reicher Vater gab seinem Sohn zur Erbschaft ein prächtiges Haus. Aber damit er sieht ob dieser auch immer sein Geschenk zu würdigen weiß, behält er sich das Eigentumsrecht vor.

Der Sohn aber denkt: 'Das Haus langweilt mich. Ich will unter die Menschen gehen und mich amüsieren.'; und er lässt Haus und Hof verkommen.

Als eines Tages der Vater wiederkam, sah er erstaunt, wie Tür und Fenster noch verschlossen, und unbebaut der Garten war.

Da wurde er zornig und sprach zum Sohne: 'So du dein Eigentum nicht zu würdigen weißt; sollen es Fremde beherrschen!' -

Also redet das Gleichnis zu dir, denn das herrliche Haus und der Garten sind dein Geist, und der Vater ist die Erkenntnis und Erleuchtung.

Kommt diese aber zu dir und findet alles verstaubt und unbenutzt, wendet sie sich von dir.

Umgekehrt zieht sie zu dir ins Haus hinein, um dort die schönsten Stunden ihres Lebens zu verbringen. -

Neue Nahrung für deine Ideale

Sei anschmiegsam an Zeit und Stunde, denn nur wenn du dich anzuschmiegen weißt, besteht keine Lücke.

Trotze nicht dem Schicksal, denn es ist grösser als du.

Schlafe, wenn es von dir Schlaf verlangt, sei aufmerksam, wird von dir Aufmerksamkeit gefordert; lasse deinen Willen, den Willen des Schicksals sein, und tust du es nicht, so bist du schöpferisch unfruchtbar. -

Kommt zu einem Künstler ein Herr und sagt: 'Bitte malen sie mich, damit meine Kinder ein Portrait von mir bekommen.'

Und der Künstler malt stattdessen sich selbst, so wird ihm das Bild nicht abgenommen, denn es hat für den Auftraggeber keinen Wert.

Gleichsam das Schicksal.

Es ist errichtet nach einer unfassbaren Harmonie, und nur in deiner Welt ist deine Harmonie für dich erfassbar, und darum sollst du anschmiegsam sein.

Du wirst öfter etwas tun müssen was mit deinen Idealen nicht übereinstimmt, aber es ist eine Lebensnotwendigkeit und - neue Nahrung für deine Ideale.

Jede Stunde deines Lebens ist eine Speise, die richtig verdaut, Kraft und Weisheit deines Geistes ist.

Es gibt keine Stunde in deinem Leben, die dir nicht als Nahrung dienen könnte.

Selbst die Stunde, in der du an deiner Hoheit zum Ketzer wirst, lässt dich zu ihrer Zeit vor Scham erblassen. -

Wo eine dauernde heftige Bewegung stattfindet dort werden auch die festesten Dinge mit der Zeit etwas verrutschen.

Und mancher harte Schlag erst führt sie zum Ursprung ihrer Eigenart zurück. -

Du bist nur dort unangreifbar

Du bist dort unangreifbar, wo du tadellos bist und dich tadellos fühlst; denn nur dort besitzt du jene Höhe, die sich über jeden Tadel erhoben hat. -

Die Tadellosigkeit des Schaffens liegt im Können, in der Anwendung eines Willens, der erkenntnis- und erfahrungsgemäß, eine einwandfreie Lebenshaltung ermöglicht.

Nur dort, wo von Ursprung auf eine Kraft richtig erzogen wurde, oder in Erkenntnis der Richtigkeit mit ganzem Herzen umerzogen wird, nur dort ist auch die Freiheit des Geistes.

Jedes Wissen um etwas Falsches, das im Innern vorhanden ist, belastet, hemmt und deprimiert.

Nur die Tadellosigkeit eines Verhaltens, einer Handlung oder einer Eigenschaft ermöglicht ihre naturgegebene Erfüllung.

Frei sein, heißt tadellos sein! -

Das Absolute wird dir gelingen, weil selbst in den vollkommensten Dingen ein Widerspruch verborgen liegt.

Aber in der speziellen Art deiner Stärke da sollst du tadellos sein, ohne Einwand, vollkommen und natürlich.

Gerechtigkeit ist das Symbol der Tadellosigkeit, entsprechend einer Gesetzmäßigkeit, die aus der Notwendigkeit zum Erreichen eines göttlichen Zieles entspringt.

Nur aus der Kraft der Überzeugung die der Wahrheit deines Lebens entspricht, wirst du dich formen und deine Erlebnisse als Symbole des Schreckens und der Schönheit zum Ausgangspunkt einer Tadellosigkeit nehmen. -

Nur wer kämpft kann siegen

Nur wer kämpft, kann siegen lernen! -

Das Wort Kampf klingt sehr abgenagt, weil im Laufe der Geschichte so viel Blut daran klebt.

Aber ringen, werben, wollen, vollenden, suchen, beherrschen, bitten und wetten, das alles ist Kampf um den Geschmack.

Und wo du ein Ziel anstrebst, ist damit auch ein Kampf verbunden.

Ist es nicht immer der der Eroberung, so doch der viel schwerere des Erhaltens.

Aber nur im Kampfe kannst du siegen lernen, sonst nirgends.

Den leichten Sieg, die leichte Überwindung, das überlasse den leichten Gemütern.

Aber wo tobt der heftigste sichtbare und unsichtbare Kampf?

Um den Besitz der höchsten Güter.

Siehe, was sichtbar ist auf dieser Welt, dagegen kann der listigste Fuchs ins Feld ziehen, aber was unsichtbar ist auf dieser Welt, was bestimmt ist für die poliertesten Augen und die gereinigsten Ohren, das erfordert einen anderen Kampf.

Es ist der Kampf des Menschen um seine Hoheit. -

Die Ahnung einer höheren Bestimmung will Wahrheit in dir werden.

In dieser Ahnung verborgen ist deine höchste Tugend als das Himmelreich deines Glaubens und deiner Anbetung.

Und wie viel Schutt wird zwischen dich und deiner Anbetung geschüttet, welch ein Zeitmeer bist du durchschritten, ehe du einen Schritt weiter, einen Stern weiter zur Urmutter der Sonnen kamst.

Aber was du auch verloren hast, bist du nicht zuletzt, zuallerletzt

- doch Sieger? -

Keimstimmung und Abschiedsstimmung

Lerne unterscheiden zwischen Keimstimmung und Abschiedsstimmung.

In der Keimstimmung hast du nur Erfolge im allem Unternehmen zu verzeichnen weil dein Selbst sich nach außen kehrt und deine Wünsche verwirklicht, während sich in der Abschiedsstimmung dein Selbst nach innen kehrt und du in den kleinsten Handlungen nur Misserfolge verbuchen kannst.

Die Keimstimmung erkennst du daran, dass Impuls Notwendigkeit und Überlegung in einer Handlung vereinigt und völlig spontan durchgeführt werden.

Die Abschiedsstimmung daran, dass Impuls, Notwendigkeit und Überlegung völlig verschiedene Richtungen gehen, und der Befehl des Einen, der Widerspruch des Anderen ist.

In der Abschiedsstimmung verhalte dich allen Dingen gegenüber - den inneren und den äußeren – passiv; sage weder ja noch nein, tue weder das eine noch das andere, denn beides ist in dieser Stimmung falsch.

Scheue nicht, dass du dadurch in deinem Schaffen zurückbleibst, denn du findest in der Keimstimmung doppelten Ausgleich und Aufschwung.

Das Wissen um Stimmungen schützt dich vor Fehlhandlungen, und jede Handlung hinterlässt einen Eindruck.

Damit du aber schöpferisch beeindruckt wirst, darum vollziehe die Ausführung von Eigenschaften und Gedanken in der Keimstimmung.

Tust du dieses und kannst unterscheiden,

dann ist dein Ziel dir nah'. -

Sei sparsam aber treffend im Lob

Werfe dem Menschen ein treffendes Lob in der Größe eines Ziegelsteins zu, in seiner Fantasie ist es ein Haus; -

und gebe es ihm in der Größe eines Hauses, so machst du ihn zu einem König. -

Was für das lüsterne Leibchen ein knuspriger Gänsebraten bedeutet, das ist für die Seele ein Lob.

Sehe mit deinen offiziellen Blicken einen Menschen nur an seinen tadellosen Punkten; selbst wenn er die Fülle des Guten nicht ist, die du in ihm erkennst, wird er nun doppelt bemüht sein, diesem zu entsprechen, damit deine Meinung nicht anders werde.

Siehst du hingegen den Menschen an dem Punkt, wo er tadelhaft ist, dann nimmst du ihm allen Mut.

Denn da seine Schwäche bekannt ist, wird auch der Stab über ihn gebrochen und zerstört die Mühe, ein Anderer zu sein.

Es gibt zerstörende und aufbauende Eigenschaften; die aufbauende Eigenschaft, die am meisten durch Fremdeinfluss gefördert werden kann, ist ein aufrichtiges, solides und klares Lob. -

Jede echte Anerkennung eines Wertes ist ein Blatt aus dem Lorbeerkranz des Ruhmes, welches die Sehnsucht nach weiteren in sich birgt.

Sei sparsam, aber treffend in deinem Lob; fühle an dir selbst wo und wie du anerkannt sein willst, so wirst du auch den Weg zu dem Herzen finden, das desselben in gleicher Weise als eine Notwendigkeit weiteren Aufbaus bedarf. -

Wer zuerst zugreift

Wenn du meinst, du hast den richtigen Tipp, dann sollst du ihn verstecken.

Zeigst du ihn dennoch, so brauchst du dich nicht zu wundern, wenn du ihn mit einem Anderen teilen musst, oder seine Nutznießung für dich ganz verfällt.

Denn nicht nur wer zuerst sieht, sondern wer zuerst zugreift kommt in den Genuss des Glückes.

Du kannst auch spät noch der Erste sein, doch dann musst du schweigen können und deinen Mitteilungsdrang bezähmen.

Du darfst erzählen und mitteilen von der Frucht die dich sättigt, aber so viel Egoismus musst du besitzen, dass du erst einmal deine Keller und Scheuern füllst, und dann erst die anderen auf das gefundene Feld führst.

Glaube ja nicht, dass man dir auch nur eine Kartoffel lässt, wenn du nicht selbst zum Nehmen im Stande bist.

Du musst wissen, wo Altruismus und wo Egoismus notwendig ist, denn notwendig ist beides, nur in falscher Anwendung erscheint beides verzerrt.

Hast du einen richtigen Tipp, so wende ihn für dich an, dann erst zeige an Hand der Frucht wie es gemacht wird, um dorthin zu gelangen.

So hast du genug, und jeder der sich daran hält kommt auch noch auf seine Kosten.

Tust du es hingegen umgekehrt, dann guckst du ewig in die Röhre. -

Suche um zu geben

Suche nicht um zu verlangen, sondern suche um zu geben. -

Sei unabhängig von allem, was dich zwingen könnte wenn du dich hingibst; und pflege die Liebe, welche im Geben ihre Freude findet.

Alles Schaffen, Wirken und Blühen ist mütterlicher Art; dieses jedoch dem Bedürftigen geben, ist väterlich.

Suchst du das Leben um frech zu verlangen, so gehst du stets fehl.

Schnell wendet das Schicksal dem Unverschämten den Rücken;

und wenn es ihm gibt, nur, um es dann wieder zu nehmen und doppelt ist dann sein Elend. -

Wie frei und umleuchtet dagegen steht der Suchende, lächelnd und fröhlichen Mutes die Gaben des Lebens empfangend.

Tief ist erfüllt sein Herz mit Dank und er führt sanft und schlicht die göttlichen Kräfte seiner Notwendigkeit zu.

Bereit, wenn es die Not von ihm fordert, alles der inneren Hoheit zu opfern, wird ihm zum Spiele selbst noch das Schwerste.

Denn von den Genien der Freiheit umjubelt schwebt ungebunden des schaffenden Menschen forschender Geist.

Zu wissen im Leben, was dir gehört, deinem Blute und geistigem Leben, ist alles, was dich zur Schönheit und Höhe führt. -

Sei Sonne und Wärme

Der Sommer bringt dadurch den Sieg der Fruchtbarkeit, weil er dem Winter mit einer liebenswürdigen Wärme entgegentritt; und du wirkst überall dort fruchtbar, wo du durch deine innere Wärme und deiner geistigen Anschaulichkeit die Kälte und Starrheit eines und deines Herzens zum Schmelzen bringst.

Ein Mensch mit Herzenswärme ist ebenso anziehend wie winterlich ein warmer Ofen; denn überall dort, wo Irrtum herrscht über Art und Anwendung von Begriffen, dort ist auch Kälte und Eis.

Ist dein Geist aufgetaut, dann bist du schöpferisch tätig, denn das Bild fließt und nährt.

Wo es aber nicht fließt und nährt, dort herrscht Kälte und Hunger.

Du sollst deinen Geist nicht nur auftauen, sondern ihm gleichzeitig einen hohen Grad von Wärme erteilen damit alles, was mit seinem Flusse in Berührung kommt, gleichfalls auftaut und wie darum durch Wärme weitere Strahlen der Fruchtbarkeit sendet.

Du musst immer wissen, wann und wo du liebenswürdig erscheinen willst, denn je nach dem Grad dieser Erkenntnis wirst du dich verwandeln, dass dich nicht Fluch statt Segen trifft.

Der Winter und die Kälte kommen von selbst, darum sei Wärme und Sonne für dich und deine Umgebung. -

Du kannst keine Kraft verleugnen

Es ist weder gut noch dienlich deinem Geiste, wenn du deinen Körper vernachlässigst; ebenso ist es weder gut noch dienlich deinem Körper, wenn du deinen Geist vernachlässigst. -

Soll etwas vollkommen sein, so wird es immer in einer Wechselbeziehung bestehen.

Eine Kraft allein kann nicht ohne die andere existieren.

Du kannst bestimmte Kraftquellen durch erhöhte Aufmerksamkeit fördern, andere hingegen - weniger wichtige - durch weniger Aufmerksamkeit, in ihrer Existenz beschränken.

Aber du kannst keine Kraft - und sei es die unsympathischste - verleugnen.

Jedes Maß an Bewegung verlangt weitere Maße seiner Förderung, und eine Förderung des Geistes geschieht nur durch hohe körperliche Kultur.

Wo im Körper keine Kultur ist, dort kann der Geist ein feiner Apparat sein, aber er wird der persönlichen Note entbehren.

Gerade die persönliche Note ist es, die Kultur erzeugt und weiterträgt.

Jede Energiemenge die im Leben aufbauend wirkt, sollst du kräftigen und fördern in deiner Art der Selbsterkenntnis.

Jedes Gleichmaß deiner Kräfte ist dein inneres Gleichgewicht.

Alles Leben verlangt Anerkennung; auch dein Leib!

Darum übersehe nicht, was erhört sein will. -

Mit Erlebnissen umgeben

Wird eine Zahlenreihe oder eine Eigenschaft in ihrer Weiterbildung unterbrochen, so mag diese eine Weile ruh'n, doch eines Tages wird sie wieder aufgenommen werden.

Dieses geschieht nur dann nicht, wenn aus der Erkenntnis des falschen das eigene Interesse erlahmt.

Jede Art seines Wesens hat von der Natur aus seine Form.

Diese kann willkürlich verändert werden, wird aber in der Erbmasse stets zur Urform zurückkehren. -

Als Beispiel diene das Obst und die verkrüppelten Füße japanischer Frauen.

Eine Staatsform oder feine Sinnesänderung trägt das gleiche Merkmal.

Was sagen diese Beispiele?

Alles, was in deinem Leben eine Rolle spielt, kehrt eines Tages in einer anderen Form zu dir zurück.

Du bist dauernd mit Erlebnissen umgeben; nur für die einen bist du empfänglich, die anderen hingegen nimmst du nicht wahr.

Die Erlebnisse, welche mit deinem Urelement in engster Verbindung stehen, verlassen dich nie mehr.

Waren sie negativ, so werden sie doch immer tief in deiner Fantasie verankert bleiben, wie die Daten der menschlichen Kindheit im Buch der Geschichte eingetragen sind.

Darum lasse dich durch nichts verbittern, denn einmal kommt auch die herrlichste Stunde zurück. -

Einer des Anderen Prophet

Herrscht Unverstand in einer Gemeinschaft, dann ist Einer des Anderen Teufel, aber herrscht Verstand in einer Gemeinschaft, dann ist Einer des Anderen Prophet.

Dort herrscht der sogenannte Teufel, wo das Ich höher geschätzt wird als das Selbst.

Das Selbst ist Weisheit, Rat und Güte, und jeder Mensch weiß etwas, was der andere nicht weiß es aber aus Verbohrtheit, dass es nicht sein Wissen ist, als 'alt' erklärt und ablehnt.

Solches Gehabe ist albern und zeugt von Unreife des menschlichen Werts.

Du sollst Verzeihen um der Erfahrung willen, und du sollst den Menschen achten um seines Selbst's willen.

Die Natur schafft bei jedem den Ausgleich, und obgleich er es selbst nicht weiß, du sollst es zu entdecken wissen.

Ohne Entdeckung von anderem Wollen und seiner Spezialität wird deine eigene Quelle des Schaffens bald versiegen.

Lasse in deiner Hand selbst noch den 'Teufel' zum Propheten werden.

Sei es die stillste oder die beredtste Stunde, im Beispiel ist jede ihr eigenes Werk. -

Es führt überall ein Weg hin

Schaltest du das Radio ein um eine bestimmte Station zu hören, diese hat aber gerade Sendepause, so ist das noch lange kein Zeichen dafür das diese Welle nicht existiert: Du kanntest nur ihr Programm nicht. -

Was in jeder Sendestation passiert, das geschieht auch in deinen Gedanken und Gefühlen; wenn sie Sendepause haben, dann brauchst du nicht gleich zu denken, dass sie nicht vorhanden sind, sondern lerne langsam ihr Programm kennen.

Dieses ist dort am nötigsten, willst du neue Gedankengänge und Gefühlssphären erschließen.

Du musst solange warten und tasten, bis du Anhaltspunkte hast; dich aber niemals durch ein Nichteintreffen beeinflussen lassen, deinen Glauben daran aufzugeben.

Was du ehrlich willst, was dir ernst und heilig ist in Wunsch und Wille, das wird dir geschehen, das wirst du antreffen und in deiner Notwendigkeit seine Hilfe finden.

Es führt überall ein Weg hin, sei dieser auch so versteckt da Tausende ihn nicht fanden; aber es gibt diesen Weg für Denjenigen der es sich zur Aufgabe macht, diesen Weg zu gehen.

Erhebe dieses Wissen zum Leitgedanken deines Lebens, dann triffst du alles an und findest das, was du für dein Leben brauchst und sei es auch nach hartem Suchen. -

Feststellung und Behauptung

Sage nie: 'Ich kann das', sondern sage: 'Ich werde mir Mühe geben, das von mir verlangte zu tun! ' -

Die Behauptung hat immer einen Stachel: Sie sticht gern den, der etwas behauptet.

Denn die Behauptung ist eine feste Plattform für alle Angriffe die sich gegen dich richten.

In der richtigen Mühe, etwas zu entwickeln, liegt mehr Festigkeit des Wollens, als in der überzeugtesten Behauptung.

Jede auszuführende Tätigkeit, die nicht in Formen und Eisen festgelegt ist sondern auf rein schöpferischer Beanspruchung beruht, ist allerhand Dingen unterworfen.

Ihre freie Entwicklung darf nicht durch Behauptungen eingezwängt werden, denn dann nimmt sie verkrampfte und vermischte Formen an.

Eine Feststellung ist eine neutrale wissenschaftliche Sphäre die aufbaut und Sicherheit bringt.

Eine Behauptung dagegen bringt Unsicherheit in das geistige Staatsgebäude, weil sie gleichzeitig die Zukunft einschließt.

Das Schicksal liebt keinen Griff des Menschen in seine Speichen.

Es geht seinen Weg, wie auch du deinen Weg gehen sollst:

Ruhig und gewiss.

Stelle fest, was dir begegnet, was nötig ist und was nicht.

Schaffe nach deiner Art und hüte dich vor Behauptungen, deren Grundstoff nur in deiner Ansicht begründet liegt. -

Das innere Auge

Dein inneres Auge erkennt die Welt durch jene Eigenschaft, welche in dir vorherrschend ist. -

Die Sehkraft des Geistes ist die Berufung des Blutes.

Ein Huhn muss nahsichtige Augen haben, damit ihm kein Körnchen entgeht, es ist aber auf weite Entfernungen hin blind.