Meerjungfrauenträume - Katalina Farnur - E-Book

Meerjungfrauenträume E-Book

Katalina Farnur

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Beschreibung

Meerjungfrauenträume Zwei Schwestern wandern zusammen nach Australien aus. Sie teilen eine gemeinsame Leidenschaft: das Meerjungfrauenschwimmen. Gemeinsam lernen sie die atemberaubende Rifflandschaft kennen, von der sie schon lange geträumt hatten. Doch dann kommen die Zwillinge Michael und Matthew ins Spiel und lange unausgesprochene Konflikte keimen auf.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 1

Es war ein herrlicher Morgen. Die Sonne strahlte, die Tür zum Balkon stand offen und eine frische Brise wehte herein, die die mangofarbenen Vorhänge flattern ließ. Eliza summte leise vor sich hin, während sie die Tasche packte.

„Du bist heute aber gut drauf“, bemerkte ich, als ich von meinem Buch aufsah. Eliza kicherte nur und packte weiter. Von meinem Platz auf dem Sofa aus schaute ich zu, wie sie den Inhalt der Tasche kontrollierte, zurück in ihr Zimmer lief und dann ein weiteres Kleidungsstück dazulegte.

Meine Güte, was braucht man denn bitte für eine einzige Tennisstunde?, dachte ich genervt. Ich versuchte, mich wieder auf mein Buch zu konzentrieren. Das war bei dem Gesumme aber leichter gedacht als getan. Ich verlagerte mein Gewicht und legte ein Bein über das andere. Aber auch das tiefer einmümmeln in die Kissen half nichts. Ihre übertrieben gute Laune ging mir langsam gehörig auf die Nerven.

„Sag mal, bist du jetzt langsam mal fertig?“, fragte ich vielleicht etwas zu schnippisch. Aber Eliza ließ sich davon nicht beeindrucken. Endlich machte sie den Reißverschluss zu und hängte sich die moderne Sporttasche mit dem „adidas“- Aufdruck über die Schulter. „Bis später, Sarah“, hörte ich sie noch rufen. Dann fiel die Tür ins Schloss.

Trotz der Hitze – die sportliche Aktivitäten am Mittag unerträglich machen würde – war der Platz so früh am Morgen noch fast wie ausgestorben. Eliza lächelte, als sie den hochgewachsenen, schlanken Mann auf sich zukommen sah. Den Tennisschläger hatte sie locker mit der einen Hand über die Schulter gelegt, mit der linken strich sie sich nun eine Strähne aus der Stirn. Angespannt verlagerte sie das Gewicht auf das andere Bein. Hoffentlich ist mein Rock nicht zu kurz. Verstohlen zupfte sie am Saum des Tennisröckchens.

„Guten Morgen“, sagte er mit seinem strahlenden Lächeln. „Guten Morgen“, antwortete Eliza schmachtend, bevor sie sich wieder zusammenriss. Sie räusperte sich leicht.

Matthew war etwa eins neunzig groß. Die vom vielen Sport langen, grazilen Muskeln waren durch das enganliegende Männertop gut zu sehen. Sie standen in einem angenehmen Kontrast zu seinen breiten Schultern. Der sonnengebräunte Teint ließ seine stahlblauen Augen noch mehr leuchten.

„Bist du fit?“ Eliza nickte. „Dann legen wir mal los.“ Mit einem weiteren Lächeln, das Elizas Knie weich werden ließ, begab er sich auf den Platz. Eliza stellte sich auf ihrer Seite in Position, nahm den Schläger von der Schulter und lockerte die Knie. Zum Aufwärmen würden sie wie immer mit ein paar leichten Aufschlägen beginnen.

Matthew hob Ball und Schläger, setzte an und beförderte das federbesetzte Kleinod locker über das Netz. Eliza taxierte und schickte es ebenso leicht wieder auf die andere Seite. Dort wurde es von Matthew gefangen und es ging von vorne los. Nach einigen Wiederholungen wurden die Parts getauscht. Nun machte Eliza den Anfang. Sie lernte schnell und inzwischen schickte sie den Ball schon ebenso mühelos auf die Reise wie ihr Lehrer.

Während der ganzen Zeit behielt Matthew sein charmantes Lächeln bei. Auch, als sie nach dem Aufwärmen damit begannen, den Ball hin und her über das Netz zu spielen.

Eliza hatte sich vorgenommen, heute alles zu geben. Sie wollte Matthew beeindrucken und ihm ihr Können beweisen. Schon bald hetzten sie sich gegenseitig über den Platz. Vor, zurück, rechts, links, diagonal über ihre Seite des Feldes, in dem permanenten Versuch, den anderen auszutricksen und den Ball auf der anderen Seite zu Boden zu bekommen.

Das Spiel war ausgeglichen, jedoch lächelte Matthew dabei entspannt weiter. Eliza rann der Schweiß ins Gesicht. Das Stirnband half inzwischen leider auch nicht mehr viel. Angestrengt atmend erwiderte sie seine Schläge.

Na warte, dachte sie, als ihr Kontrahent sich weiterhin kaum etwas anmerken ließ. Noch ein paar Schlagabtausche, dann schaffte sie es, ihm eine Finte zu spielen. Sie machte einen großen Ausfallschritt nach rechts, um den Ball zu erreichen. Weit holte sie mit dem Schläger aus, sodass es den Anschein hatte, als würde sie den Ball nach hinten spielen. Sie sah Matthew schon nach hinten laufen, als sie im letzten Moment den Schwung abbremste. Der Schläger traf den Ball. Doch statt in einem hohen Bogen zurückzufliegen, schrammte er flach über das Netz. Matthew bemerkte seinen Fehler zu spät. Sein Lächeln wich einem Ausdruck ungläubigen Erstaunens. Hüpfend kam der Ball auf dem Boden auf und blieb auf seiner Seite des Platzes liegen.

Matthew stand da und starrte den Ball an. Auch er atmete schwer. Eliza richtete sich auf. Sie hatte es geschafft. Endlich hatte sie ihn aus der Fassung gebracht. Stolz lief sie hinüber zum Netz.

„Weiter?“, fragte sie den Trainer. Der schüttelte den Kopf. Er hob den Ball auf, sichtlich darum bemüht, sich nichts anmerken zu lassen. „Was sagst du zu meinen Fortschritten?“ „Gut“, antwortet er einsilbig. Eliza biss sich auf die Lippe. Das hatte sie sich anders vorgestellt. Trotzdem beschloss sie, es zu wagen.

„Ich habe gedacht, wir könnten mal zusammen essen gehen“, begann sie. „Um uns noch etwas besser kennen zu lernen. Schließlich trainieren wir jetzt schon eine ganze Weile miteinander. Wie wäre es mit Sonntag? Ich kenne da ein gutes Lokal. Meine Schwester und ich haben es vor kurzem entdeckt. Es ist ein echter Geheimtipp.“

Matthews Lächeln kehrte zurück. „Tut mir Leid, aber Sonntag ist für meinen Bruder reserviert. Sonst kommt er sich noch vernachlässigt vor.“ Er zwinkerte mir zu. Eine kurze Pause entstand. Dann kam Eliza eine Idee.

„Du hast einen Bruder? Das ist ja toll. Meine Schwester würde euch bestimmt auch gerne kennen lernen. Wir könnten doch zu viert gehen.“ Matthew wandte sich ab und warf den Ball in der Hand auf und ab. „Na schön“, sagte er schließlich. „Ich werde ihn fragen.“

Eliza konnte ihr Glück kaum fassen. Sie strahlte übers ganze Gesicht. „Super!“

Kapitel 2

Vor etwa vier Monaten war ich mit meiner Schwester in die kleine Etagenwohnung in Exmouths neuerem Stadtteil gezogen. Australien war schon immer ein Traum gewesen, den wir uns endlich erfüllen konnten. Mittlerweile hatten wir uns schon ganz gut zurechtgefunden. Kontakte hatten wir noch wenige, aber das störte uns nicht weiter. Die Jobs waren gut und die Kollegen freundlich. Ich widmete mich weiter meiner Leidenschaft für Bücher, sie hatte angefangen Tennisstunden zu nehmen.

Partnerschaften hatten wir beide keine, aber das würde sich mit der Zeit vielleicht noch geben. Ich für meinen Teil hatte es auch nicht eilig damit. Eliza war da schon immer anders gewesen. Sie verliebte sich unglaublich schnell. Und lag mir dann fast genauso schnell mit Taschentuch und verheulten Augen in den Armen.

Anfangs hatte sie ihre Freunde oft mit nach Hause gebracht. Manchmal Jungs aus der Schule, öfters welche aus dem Sportverein. Alle waren äußerst attraktiv und richtige Mädchenschwärme gewesen. Glücklicherweise aber nicht so hochnäsig, wie es zum Klischee gehörte. Sie waren mir alle sehr sympathisch gewesen. Höflich, freundlich und nicht auf den Kopf gefallen. Aber alle irgendwie nicht mein Typ.

Wir kamen alle gut miteinander aus und Eliza schien sehr glücklich mit ihnen zu sein. Warum es dann aber nie lange gehalten hat, konnte ich mir nicht erklären. Irgendwann hatte sie dann auch aufgehört, sie uns vorzustellen. Dabei sind sie von unserer Familie immer mit offenen Armen aufgenommen worden. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass die kurze Dauer ihrer Beziehungen an uns gelegen haben konnte. Seltsamerweise hat es laut ihren Erzählungen ab da aber immer länger gehalten.

Das Gesumme konnte jedenfalls nur heißen, dass es schon wieder losging.

Und damit sollte ich Recht behalten…

Mit immer noch feuchten Haaren stürmte sie gegen Mittag herein. Sie musste es wirklich eilig gehabt haben. Sonst wären sie bei der inzwischen fast schon sengenden Hitze trocken gewesen. Ich machte mich auf alles gefasst. Das Grinsen, das fast schon den Rest ihres Gesichtes verdeckte, konnte aber nichts Gutes heißen.

Sie sprudelte schon los, noch bevor ich den Mund aufmachen konnte. Wie immer, wenn das passierte, schaltete ich halb auf Durchzug. Ich nahm nur Wortfetzen auf wie: „…war so klasse…“, „…habe ich endliche geschafft…“, „...ich hoffe, das sah gut aus…“, „….er ist so toll…“, „…habe ich endlich gefragt…“, „…und du darfst auch mit…“ Da stockte ich.

„Wie, ich darf auch mit? Mit wohin?“ „Na, zum Essen mit Matthew.“ Ich zog die Augenbrauen zusammen. „Was will ich denn beim Essen mit Matthew? Ich dachte, du willst was von ihm. Wer ist das überhaupt?“ „Mein Tennislehrer natürlich. Hast du denn nicht zugehört? Außerdem bringt er seinen Bruder mit. Wir können also doppeldaten. Ist das nicht toll?“ Sie strahlte. Ich verzog angewidert das Gesicht. „Was soll daran toll sein? Ich kenne ihn ja noch nicht mal. Keinen von beiden!“ Eliza seufzte. „Ach, bitte Sarah, tu mir den Gefallen. Außerdem könntest du dich ruhig auch mal umsehen. Oder willst du immer allein mit deinen Büchern bleiben?“ Ja, das wäre gar nicht so schlecht. Ich grummelte noch etwas missmutig vor mich hin, gab schließlich aber seufzend nach. „Na gut, aber nur dieses eine Mal.“ Ich hatte kaum ausgesprochen, da fiel sie mir schon um den Hals. „Danke, danke, danke!“

Sonntagabend. Die Luft flimmerte noch von der Hitze des vergangenen Tages. Wir hatten beide möglichst luftige Sommerkleidchen gewählt. Eliza kurz mit High- Heels, ich bevorzugte die elegante Variante mit langem Rock, der vorne leicht ausgeschnitten war. Das Restaurant bot einen herrlichen Ausblick über die Küste. Wir hatten es vor kaum drei Wochen vom Strand aus entdeckt und uns dort gleich wohl gefühlt. Es war nicht besonders groß, aber Essen und Ambiente waren hervorragend. Und vor allem war es ruhig. Ich konnte Hektik und lautes Durcheinander nicht leiden.

Wir bekamen einen schönen Platz auf der Terrasse. Die beiden Männer waren noch nicht da. Ich nahm neben Eliza an dem runden Tischchen Platz. Sie rutschte sogleich nervös auf ihrem Stuhl hin und her. Typisch.

Unsere Getränke standen schon auf dem Tisch, als sie endlich aufsprang. Ich sah zum Terrasseneingang hinüber. Ich musste schon zugeben, einen guten Geschmack hatte sie ja. Matthew kam lächelnd auf meine Schwester zu. Und dahinter kam…noch ein Matthew? Ich blinzelte kräftig. Aber tatsächlich. Die beiden glichen sich wie ein Ei dem anderen. Die beiden stellten sich vor. Der andere war Michael, sein Zwillingsbruder.

Die Vorspeise verlief in einer etwas vorsichtigen, gedrückten Atmosphäre. Eliza versuchte angestrengt, das Gespräch mit Matthew am Laufen zu halten. In der Zwischenzeit tastete ich mich an Michael heran.

„Wir sind an der Uni schon Sportfreaks gewesen.“ Michael hatte ein bezauberndes Lachen. Die himmelblauen Augen hatten im Licht der untergehenden Sonne einen goldschimmernden Glanz. „Dann spielst du also auch Tennis?“ „Nein, Polo.“ „Polo?“ „Das ist ähnlich wie Cricket, nur sitzen wir dabei auf Pferden.“ „Interessant.“ „Machst du auch Sport?“ „Ich schwimme ganz gerne.“ Ich machte eine kleine Pause. „Aber am liebsten habe ich immer noch meine Bücher.“ „Deine Bücher?“ „Ja.“

Es stellte sich heraus, dass er meine Leidenschaft für Bücher teilte. Schnell entwickelte sich ein angeregtes Gespräch zwischen uns. Während des Hauptgangs erzählte ich von dem neuen Gardner- Roman, den ich gerade in einem Tag verschlungen hatte. Michaels Augen leuchteten. Ich versprach, ihm mein Exemplar zu leihen. Im Austausch dürfte ich mir auch eines aus seiner Sammlung heraussuchen.

Trotz meiner ursprünglichen Unlust wurde es zu einem ganz netten Abend. Zwischenzeitlich wechselten wir auch das Thema und banden Eliza und Matthew ins unser Gespräch mit ein. „Ihr seid bestimmt schon öfters verwechselt worden“, sagte ich gerade, als der Wein gebracht worden war. Matthew hatte sich kurz entschuldigt und in Richtung der Toiletten verschwunden. „Das stimmt. In der High- School hat man uns auch immer die ,M-uns M´s‘ genannt.“ Eliza lachte daraufhin übertrieben aufdringlich. „Wirklich? Das kann ich mir gut vorstellen. Ihr seid ja auch zum Vernaschen. Vor allem du“. Damit zwinkerte sie ihm kokett zu. Michael lächelte gequält und lehnte sich im Stuhl zurück. „Dabei haben die zwei nichtmal dieselbe Farbe.“

Ich schaute meine Schwester halb entgeistert an. Was sollte das denn jetzt? Wieso machte sie Michael Komplimente, wenn sie sich doch für seinen Bruder interessierte? Aber ich kam nicht dazu, mir weiter darüber Gedanken zu machen. Matthew kam zurück und durch den Einfluss des Weins und des sanften Meeresrauschens in der Nacht ebbten die Gespräche allmählich ab. Irgendwann verabschiedeten wir uns höflich und machten uns in getrennten Richtungen auf den Weg.

Eliza und ich hatten es nicht besonders weit, aber da wir doch noch nicht alles kannten, bogen wir in der Dunkelheit falsch ab und kamen so recht spät zu Hause an.

Es war schon fast Mitternacht, als Matthew und Michael in ihrem großzügigen Apartment eintrafen. Michael hängte seine Sommerjacke erschöpft an den Haken, Matthew warf seine wie immer einfach über das Sofa.

So unterschiedlich sie auch sein mochten, sie waren schon immer zusammen gewesen. Daran hatte sich bis heute nichts geändert. Auch während der Uni- Exzesse, mit einem neuen Mädchen in fast jeder Woche, hatte Michael seinen Bruder nicht verlassen. Obwohl ihm Matthews Umgang mit dem anderen Geschlecht nicht besonders gefiel. Eifersüchtig war er dabei nie gewesen. Diese oberflächlichen Barbie-Puppen, die sein Bruder immer herschleifte, interessierten ihn nicht.

So war ihm dieses Gefühl nun ganz neu, als Matthew zu sprechen begann. „Diese Sarah ist eine interessante Frau“, bemerkte er beiläufig, während er sich das eng anliegende Boxershirt über den Kopf zog. Mit nacktem Oberkörper schlenderte er hinüber zum Kühlschrank.

„Ich dachte, du interessierst dich für ihre Schwester?“ Michael schluckte. Warum fängt jetzt meine Stimme an zu zittern?, fragte er sich selbst. „Eliza nimmt bei mir Tennisunterricht. Aber Sarah ist echt scharf.“ Michael spürte, wie sich ein Knoten in seinem Magen bildete.

„Dabei ist Eliza doch eher dein Typ. Groß, sportlich…“ Herausgeputzt und kurze Röcke, setzte Michael in Gedanken noch dazu.

Matthew nahm eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank, schloss die Tür und lehnte sich lässig dagegen. Er trank erst einen Schluck, dann meinte er: „Ja, aber viel zu langweilig. Ich brauche eine Herausforderung. Sarah ist da genau die richtige. Hast du ihre Oberweite gesehen?“ „Nein, habe ich nicht!“, fuhr Michael seinen Bruder an. Natürlich hatte auch er die körperliche Attraktivität der Frau bemerkt, aber das brauchte Matthew nicht zu wissen. „ICH habe mich mit ihr den ganzen Abend unterhalten, während DU sie kaum beachtet hast.“

„Tja, Eliza nimmt bei mir Unterricht. Da kann ich sie nicht einfach links liegen lassen.“

„Aber trotzdem willst du im Nachhinein ihre Schwester klarmachen?“

„Klar.“

„Kannst du dich nicht EIN Mal zurückhalten?!“ Wütend donnerte Eliza ihre Tasche auf den Boden. „Was soll das heißen?“, fragte ich.

„Das soll heißen, dass Matthew die ganze Zeit nur Augen für dich hatte!“

„Bitte?! Wie du wohl bemerkt haben solltest, habe ich kaum ein Wort mit ihm gewechselt!“

„Du hättest auch einfach die Klappe halten können!“

„Wie bitte?!“

„Er hat an deinen Lippen gehangen wie ein Ertrinkender!“

„DU wolltest, dass ich mitkomme! Außerdem habe ich mich mit seinem BRUDER unterhalten! Den DU übrigens angemacht hast!“

„Damit du dich endlich mehr um IHN kümmerst! Du hättest auch einfach still sein können!“

„Und meine Zeit damit verschwenden, DEINEN billigen Flirtversuchen zuzuhören?“

„Was soll das heißen?!“

„Dass du dich aufgeführt hast wie eine billige Schlampe!“

Ich schaffte es gerade noch, der heranfliegenden Tasche auszuweichen.

Danach verbarrikadierte ich mich in meinem Zimmer.

Kapitel 3

Es war das erste Mal, dass wir uns so gestritten hatten. Ich verstand auch gar nicht, wieso. Ich hatte mich nie für einen ihrer Männer interessiert und tat es auch diesmal nicht. Tatsächlich hatte ich kaum bemerkt, dass Eliza und Matthew überhaupt da gewesen waren. Für solche Dating- Aktionen hatte ich ohnehin nichts übrig. Deswegen hatte ich das ganze einfach möglichst schnell hinter mich bringen wollen. In Michael einen so angenehmen Gesprächspartner zu finden, hatte mich dann doch sehr überrascht.

Jetzt lag aber die Beziehung zu meiner Schwester in Trümmern. Und das völlig grundlos! Natürlich hatten wir auch vorher schon viele Meinungsverschiedenheiten gehabt. Schließlich waren wir Schwestern! Aber diese Ausmaße waren vollkommen neu.

Seit zwei Tagen waren wir uns nun schon eher zufällig über den Weg gelaufen. Auf dem Weg zum Bad oder beim Betreten der Wohnung. Wenn ich mich zum Essen an den Tisch setzte, nahm sie demonstrativ ihren Teller und verzog sich damit auf ihr Zimmer. Ihr Verhalten war wirklich unmöglich. Ich wollte doch gar nichts von ihrem Angebeteten! Ganz im Gegenteil. Ich hatte mich darüber gefreut, dass Michael mich gleich am Tag nach dem Essen ins Café eingeladen hat. Dort würde ich ihm auch das Buch mitbringen. Am Sonntag war auch unser gemeinsamer Tauchtag. Ich hoffte, dort die Sache mit Eliza wieder ins Lot bringen zu können. Wenn sie doch nur…

Meine Gedanken wurden vom Klingeln meines Handys unterbrochen. Ich hatte eine Nachricht erhalten. Von Matthew. Er lud mich zu einer kostenlosen Schnupperstunde Tennis ein. Was um Himmels Willen sollte das denn?! Und wie war er überhaupt an meine Nummer gekommen?

Ich erwägte kurz, Eliza danach zu fragen, ließ es dann aber bleiben. Das würde sie nur noch wütender machen. Wenn sie überhaupt zuhören würde.

Ich beschloss, die Nachricht einfach zu ignorieren. Ich wollte ja nichts von ihm. So würde er mich bestimmt bald wieder in Ruhe lassen.

Es war Mittwochnachmittag und heute hatte ich die Verabredung mit Michael. Ich schlüpfte aus Rock und Bluse, die ich noch von der Arbeit trug. Was sollte ich bloß anziehen? Zu aufreizend sollte es nicht sein, aber als Mauerblümchen wollte ich auch nicht gehen. Schließlich hatte ich seit langem mal wieder einen Mann kennengelernt, für den ich mich wirklich interessierte.

Noch eine halbe Stunde. Die Stadt war nicht gerade groß. Trotzdem hatte ich Schwierigkeiten mich mit den ganzen Straßen zurecht zu finden. Eliza kam damit viel besser klar, aber die konnte ich jetzt schlecht fragen. Das Café befand sich zum Glück irgendwo in der Innenstadt. Da waren um diese Zeit auch noch genügend Leute unterwegs. Ich würde mich einfach durchfragen müssen.

Die Sonne brannte immer noch vom Himmel, als ich mich durch die Straßen und Gassen schlängelte. Nicht zu glauben, dass es Januar war. Zu Hause versanken unsere Eltern gerade im Schnee, während mir bei dreißig Grad der Schweiß den Nacken herunterlief. Sommer und Winter sind hier genau umgedreht. Schnee würde es nie geben. Selbst in den kalten Monaten herrschen in Australien noch frühlingshafte Temperaturen.

Seltsam, dass ich von Österreich immer noch als ‚zu Hause‘ dachte. Dabei waren wir jetzt doch schon bald ein halbes Jahr hier und wollten es auch bleiben. Trotzdem bekam ich ab und zu noch Heimweh nach den Bergen, den vertrauten Straßen und Orten und dem Klima, in dem ich aufgewachsen war.

Eine Autohupe riss mich aus meinen Gedanken. Entschuldigend lächelte ich dem Fahrer zu und hob die Hand. Nachdem er kopfschüttelnd an mir vorbeigefahren war, sah ich mich diesmal besser um und überquerte die Straße. Laut der Wegbeschreibung, die ich von einer Passantin bekommen hatte, musste das Café gleich hinter der nächsten Ecke liegen.

Ich lief den Weg bis zum Ende, bog rechts ab – und da lächelte mir auch schon das Schild entgegen.

Es war ein gemütliches, kleines Lokal. Hinter den großen Fenstern konnte man die halbrunde Theke in der Mitte des Raums gut erkennen. Die Sitzflächen der Eckbänke und Stühle waren in einem dezenten rot bezogen. Die Möbel selbst aus dunklem Holz gefertigt. Ebenso rote Vorhänge an den Fenstern und diversen Raumteilern sorgten für Privatsphäre.

Mit klopfendem Herzen trat ich durch die Tür. Das Bimmeln des Glockenspiels an der Decke kündigte mich an. Freundliche lächelte ich