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Endlich ohne Rückenschmerzen durch den Alltag!
Rückenschmerzen gehören neben Kopfschmerzen zu den häufigsten Schmerzproblemen. Sie sind oft chronisch und schränken die Lebensqualität erheblich ein. Chronische Rückenschmerzen gehören in Deutschland seit langem zu den größten Gesundheitsproblemen.
Über 60 Prozent der Deutschen sind mindestens einmal im Jahr von Rückenschmerzen betroffen (Studie Burden 2020). Schmerzen des unteren Rückens sind etwa doppelt so häufig wie Schmerzen des oberen Rückens. Frauen sind von allen Schmerzarten häufiger betroffen als Männer. Etwa die Hälfte der Befragten schätzt ihre Rücken- und Nackenschmerzen als mäßig stark ein; ältere Befragte geben deutlich mehr Schmerzattacken je Monat an als jüngere Befragte.
Prof. Grönemeyer gilt als der "deutsche Rückenpapst" und widmet sich immer wieder neu diesem Krankheitsbild. Er plädiert dafür dem Rücken und der Wirbelsäule wesentlich mehr Beachtung zu schenken. In diesem Buch zeigt er mit Fallbeispielen aus seiner langjährigen Praxis, mit aktuellen Studien und Informationen zum Rücken und mit zahlreichen reich bebilderten Übungen, was man bei Rückenschmerzen aktiv tun kann und wie sich das Risiko von Rückenschmerzen schon vorab minimieren lässt.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 161
Veröffentlichungsjahr: 2025
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1. Auflage, 2025
by Südwest Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München
(Vorstehende Angaben sind zugleich Pflichtinformationen nach GPSR)
Hinweis: Die Ratschläge/Informationen in diesem Buch sind von Autor und Verlag sorgfältig erwogen und geprüft, dennoch kann eine Garantie nicht übernommen werden. Eine Haftung des Autors beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Projektleitung: Dr. Harald Kammerer
Redaktion: Susanne Schneider, München
Umschlaggestaltung, Layout, Satz: OH, JA!
Porträtfotos Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer und Illustrationen: Christian M. Weiß
Die medizinischen Abbildungen auf den Seiten hier, hier und hier stammen aus dem persönlichen Archiv von Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer
Weitere Bilder von AdobeStock: 1 (pikselstock), 2 (StockPhotoPro), 3 (Syda Productions), 4 (Halfpoint), 5 (insta_photos), 6 (Alvaro Lavin/Stocksy), 7 (ViDi Studio), 8 (pikselstock), 9 (oatawa), 10 (nakedcm) 11 (ulza) 12 (Foodlovers), 13 (JFL Photography), 14 (DZiegler), 15 (eyetronic), 16 (Natalia Lisovskaya), 17 (marrakeshh), 18 (SeNata), 19 (JustLife)
ISBN 978-3-641-33255-6V001
www.suedwest-verlag.de
Vorwort von Prof. Dr. Dietrich Grönemeyer
Teil 1: Wahre Geschichten aus meiner ärztlichen Praxis
Fallbeispiel 1: Ist das wirklich Herzschmerz?
Fallbeispiel 2: Tatsächlich Bandscheibenvorfall?
Fallbeispiel 3: Was passiert, wenn’s kracht?
Fallbeispiel 4: Schnell bei der Hand – eine Erstdiagnose ist nicht immer richtig
Fallbeispiel 5: Endstation OP?
Bildgebende Verfahren für die Wirbelsäule
Fallbeispiel 6: Oh, what a wonderful life
Fallbeispiel 7: Jugend schützt vor Schmerzen nicht
Steckbrief: Wo und welche Schmerzen habe ich?
Die Prof.-Grönemeyer-Mikrotherapie
Mein ganzheitliches Gesundheitsverständnis
Die Verinnerlichung eines gesunden Lebensstils
Stress, lass nach!
Aufmerksam durch den Tag
Gesundheitstagebuch: Wie war mein Tag?
Teil 2: Ursachen: Was löst Rückenschmerzen aus, warum treten sie so häufig auf?
Fast alle »haben Rücken« – die nackten Zahlen
Woher Rückenschmerzen kommen
Wie funktioniert der Rücken? Was schmerzt ihn?
Fakten zu den Bandscheiben
Wichtige Stützmuskeln verkümmern
Unscheinbar, aber wichtig – die Faszien
Echte Bandscheibenvorfälle sind selten
Nur eine Frage der Mechanik?
So bleiben die Füße gesund
Gefahren für den Rücken
Übergewicht
Langes Sitzen
Smartphone
Tipps gegen Handynacken
Psychosomatische Rückenschmerzen
Verletzungen und Unfälle
Der Zahn der Zeit
Schöne neue Arbeitswelt: Das Homeoffice
Die häufigsten Fehler im Homeoffice
Schlaf gut, mein Rücken!
In der Ruhe liegt die Kraft
Lattenrost und Matratze
Gut zugedeckt?
Die richtige Schlafposition?
Richtig aufwachen
Was neue Erkenntnisse zu Rückenproblemen zeigen
Der neurophysiologische Ansatz
Rechtzeitiges Erkennen von Warnzeichen
Der energetische und ganzheitliche Gesundheitsansatz
Der Atem als verbindendes Element
Was hinter Schmerzen steckt
Wann sollte man mit Rückenschmerzen zum Arzt?
Der Schmerzkreislauf
SOS-Selbsthilfe bei Rückenschmerzen
Warm und kalt zur Schmerzlinderung
Schmerzmittel und schmerzstillende Salben
Natürlich heilen und Schmerzen lindern mit Kräutern
Bäder und Massagen
Triggerpunktmassage
Teil 3: Training – die besten Übungen für Ihren Rücken
Risikofaktoren für den Rücken
Sich realistisch einschätzen
Täglich trainieren!
Basic-Übungen für den Alltag
Sitzend unterwegs
Gut für den Rücken: sanfte Sportarten
Tipps für eine rückengesunde Ernährung
Antientzündliche Pflanzenstoffe
Die Übungen
Akuthilfe bei Rückenschmerzen
Einfach entspannen
Für den Nacken
Schnelle Rückenübungen mit Stuhl
Rückenübungen auf der Matte
Kräftigung der Wirbelsäule
Faszientraining für den Rücken
Goldene Rückenregeln
Register
Literatur und Studien
Impressum
Immer wieder lese ich, dass ich angeblich der »Rückenpapst« in Deutschland bin. Das ist schmeichelhaft, aber doch viel zu hoch gegriffen. Das klingt nach unantastbarer Autorität, die ich nicht bin. Aber ja, der Rücken war schon immer eins meiner Lieblingsthemen im Gesundheitsbereich. Er nimmt eine wichtige Funktion für so vieles ein, was wir tun, wie wir uns fühlen. Und dennoch schenken wir ihm oft erst dann Beachtung, wenn er Probleme macht, wenn sich Rückenschmerzen einstellen. Ich verfolge nach wie vor alle neuen medizinischen Erkenntnisse zum Rücken und auch die aktuellen Zahlen beim Thema Rückenbeschwerden.
Was mich immer wieder erstaunt: Obwohl wir schon so viel und immer mehr über den Rücken wissen, so steigt doch die Anzahl derer, die von Rückenproblemen betroffen sind, kontinuierlich an. Als Arzt wäre es mir natürlich am liebsten, wir würden mehr Fürsorge für uns und unsere Gesundheit betreiben, damit wir uns nicht erst um uns selbst kümmern, wenn Probleme auftauchen. Ich skizziere Ihnen dazu später kurz das Prinzip der Salutogenese, der Gesunderhaltung – als Gegenpol zur Pathogenese. Die Pathogenese befasst sich mit dem Entstehen von Krankheiten und versteht sich als Reparaturbetrieb, der dann mit Medikamenten und Operationen versucht, einen guten Gesundheitszustand wiederherzustellen.
Ich möchte Sie alle motivieren, mehr und auch rechtzeitig Selbstfürsorge zu betreiben – und das mit Spaß zu tun. Ausreichende Bewegung ist hierbei wichtig, zumal diese in unserem durchgetakteten Alltag oft zu kurz kommt. Bewegen Sie sich einfach mehr, Ihr Rücken wird es Ihnen danken! Keine Angst, mehr Bewegung bedeutet nicht automatisch Anstrengung, sondern hat vielerlei positive und angenehme Effekte: ein gutes Gefühl, es werden Glückshormone ausgeschüttet, freieres Atmen, besseres Körperbewusstsein, bessere Haltung. Ihr Körper will sich bewegen und verlangt normalerweise selbst nach Bewegung, sodass allein schon die Aktivität für einen Motivationseffekt sorgt, sich aufzuraffen und in Bewegung zu bleiben. Bewegung ist der Schlüssel für einen gesunden Rücken ohne Schmerzen, sie kostet nichts, außer ein bisschen Zeit. Und die sollten Sie sich nehmen: Sie sparen sich Schmerzen, Zeit und Geld, die sie ansonsten mit überflüssigen Beschwerden und deren Linderung aufbringen müssten, und Sie gewinnen wieder Lebensfreude und Fröhlichkeit, bekommen neue Energie.
Dieses Buch soll keinesfalls meine bisherigen Bücher zum Thema Rücken ersetzen. Wer richtig tief einsteigen will, ist gut beraten mit meinem großen Rückenbuch. Die Grönemeyer-Formel für einen gesunden Rücken hingegen soll unkompliziert, schnell, übersichtlich und anhand von konkreten Fallbeispielen informieren und helfen.
Mich persönlich begleitet das Thema Rücken seit Jahrzehnten, auch wenn ich selbst keine Rückenschmerzen habe. Nur kurzzeitig nach zwei Verkehrsunfällen und einem Bergunfall habe ich darunter gelitten und gelernt, wie der Rücken körperlich und mental schmerzen und lähmen kann. Was mich immer wieder staunen lässt, ist der Umstand, dass wir viel zur großen Bedeutung des Rückens bzw. eines rückengesunden Verhaltens wissen, dass viele von uns schon mal unter Rückenschmerzen gelitten haben, aber trotzdem keine echte Besserung hinsichtlich der Häufigkeiten von Rückenschmerzen verzeichnen können. Auch die Anzahl der durchgeführten Operationen steigt immer noch von Jahr zu Jahr.
Mich treibt also vor allem der Gedanke um, wie ich Sie motivieren kann, etwas für Ihren Rücken zu tun, idealerweise schon bevor die Schmerzen da sind. Mit Fallbeispielen aus meiner Praxis und vielen Informationshäppchen ohne Fachchinesisch will ich Ihnen Wissenswertes vermitteln und Sie dann mit vielen einfachen Übungen in Bewegung bringen, damit Sie rückengesund leben und das auch mit Freude tun.
Wie ich als Rückenexperte immer wieder betone: Der Rücken ist viel mehr als ein Körperteil, er ist ein psychosomatisches Organ. Das bedeutet: Was wir an negativen Erfahrungen oder Gefühlen (zum Beispiel durch Stress oder Ängste ausgelöst) in uns tragen, schlägt sich oft genug in unserer Haltung nieder. Die gedrückte Stimmung zeigt sich am gekrümmten Rücken. Genau deshalb ist es so wichtig, sich die eigenen Gefühle bewusst zu machen und negative Gefühle aktiv in positive zu verwandeln. Auch wenn Ihnen vielleicht gerade einmal nicht danach zumute ist: Fangen Sie an zu lächeln. Wenn Ihre Schultern nach vorn sinken, nehmen Sie Haltung an, strecken Sie die Brust »raus«. Eine derartige positive Haltung wirkt positiv auf die innere Befindlichkeit. Die interessante Wechselwirkung kann sich jeder selbst zunutze machen. Und denken Sie immer daran: Das Leben ist wunderbar, Sie selbst haben so viel Kraft, es zu gestalten. Versuchen Sie, Ihre Träume zu leben – mit einem Lächeln auf dem Gesicht und im Herzen.
Ich möchte, dass Gesundheitswissen einfach und praktikabel vermittelt wird, dass man nicht alles im Internet recherchieren und dort nicht selten haufenweise widersprüchliche Informationen findet. Auf dieser Basis und aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen möchte ich Ihnen einen schnellen und einfachen Zugang zu Ihrem ganz persönlichen Rückenthema ermöglichen und dass Sie schnell selbst Maßnahmen ergreifen können, wenn Sie Beschwerden haben oder sich diese andeuten. Deswegen starte ich mit dem Konkreten, mit Grönemeyer-Fallbeispielen aus meiner langjährigen Praxiserfahrung mit einem Einblick in mein ganzheitliches und interdisziplinäres Gesundheitsverständnis, spreche dann über die Ursachen von Krankheitsbildern rund um den Rücken und liefere Ihnen Zahlen, Information und Hintergründe. Darauf folgt der Praxispart, das Training, mit dem Sie ins TUN kommen, damit Sie Ihre Rückengesundheit eigenverantwortlich sehr schnell verbessern können. Ich möchte, dass es Ihnen GUT geht und dass Sie selbst den größten Anteil daran haben.
Nichts ist eindrücklicher als eine gute Geschichte. Man liest sie, vergleicht sich mit den Personen in diesen Geschichten, kennt jemanden, dem oder der es ganz ähnlich ergangen ist. Medizin ist eine lebendige Wissenschaft, ein Arzt lernt mit jedem neuen Fall dazu. Die ärztliche Anamnese ist der Grundpfeiler jeden medizinischen Handelns. Ich höre zu, betrachte meine Patientinnen oder Patienten, versuche zu verstehen, wie es ihnen geht und vor allem warum es ihnen so geht, dass sie ärztlichen Rat suchen. Ich weiß, dass viele Menschen das Gefühl haben, beim Arztbesuch müsse immer alles ganz schnell gehen, weil so viele andere draußen im Wartezimmer sitzen und ebenfalls auf ihren Termin warten. Und nicht selten entsteht der Eindruck, dass sehr schnell oder zu schnell Medikamente verschrieben werden. Das ist schade, aber genauso gibt es viele Beispiele von Ärztinnen und Ärzten, die mit viel Geduld und Empathie ihren Patientinnen und Patienten zuhören und mit ihnen gemeinsam einen guten Weg zur Verbesserung ihrer Situation finden wollen.
Ich bin allen, die bei mir in Behandlung waren oder mit mir zusammengearbeitet haben, zu großem Dank verpflichtet. Sie haben mein Wissen zur Gesundheit erweitert. Ich will Ihnen einige Fallbeispiele ausführlich vorstellen, die für mich typisch sind für Rückenprobleme, unter denen heute so viele leiden, und die Ihnen vor Augen führen, wie wichtig es ist, stets die ganze Lebenssituation in die Anamnese miteinzubeziehen. Oft liegen die Ursachen für Rückenschmerzen gar nicht im Rücken selbst, sondern diese sind »nur« Symptome für ganz andere Probleme.
Vor circa 20 Jahren kam ein Manager zu mir und klagte über heftige Brustschmerzen über dem Herzen. »Ich bin schon von Pontius zu Pilatus mit meinem Herz gelaufen, Professor. Aber nichts hat geholfen, selbst der Herzkatheter nicht.« Abgesehen davon, dass ein diagnostischer Katheter nicht helfen kann, waren alle herzdiagnostischen Maßnahmen unauffällig. Damals gab es noch keine interdisziplinäre Verzahnung in der medizinischen Versorgung wie heute – und auch heute ist sie immer noch nicht optimal. Doch die scharfe Trennung bei Diagnose und Therapie von Herz, Rücken, Psyche etc. war eklatant. Ich hatte sehr früh schon aus eigener Erfahrung interdisziplinäre Brustzentren gefordert, und ich hatte schon Anfang der 1990er-Jahre die ambulante und ultraschnelle Herzdiagnostik im CT – ohne Katheter! – in meinem Grönemeyer Institut in Bochum neben den Rückentherapieverfahren integriert. In exakt dieser Zeit kam der verzweifelte Patient zu mir und suchte Rat bzw. Linderung.
Nach gründlicher körperlicher Diagnose und radiologischer Bildgebung von Herz und Rücken und 6-Augen-Auswertung von einer Radiologin, einem Kardiologen und einem Orthopäden war sehr schnell klar: Dieser Manager hatte gar kein Herzproblem, sondern eine Arthrose, ein Brustwirbelgelenk zeigte deutlichen Verschleiß. Die Arthrose würde bleiben, aber die Schmerzen konnten wir ihm nehmen. Ebenso die Angst vor einem Herzinfarkt.
Die erfolgreiche multimodale Behandlung bestand aus einer mikrotherapeutischen Behandlung des Gelenks unter Betrachtung im Computertomografen mit einer Verödung eines schmerzmeldenden Nervs mit einer klitzekleinen Sonde. Es folgten Physiotherapie und unterschiedlichste manuelle Verfahren. Auch ein psychologisches Coaching war Bestandteil der Therapie. Und es wirkte! Die Dankbarkeit des Patienten war gewaltig: »Jetzt kann ich beschwingt ohne Angst weiterleben. Glauben Sie mir, ich war schon sehr depressiv geworden.«
Es ist immer wieder verblüffend. Man leidet an Rückenschmerzen, und plötzlich tut es an Stellen weh, die weit entfernt von der Wirbelsäule sind. Des Rätsels Lösung ist im Grunde ganz einfach: Man muss nur wissen, dass der Rücken als ein zentrales Organ über zahllose Nervenbahnen in die verschiedensten Regionen mit Organen und Gliedmaßen vernetzt ist, sozusagen vom Scheitel bis zur Sohle. So können uns etwa die Finger schmerzen, obwohl sie völlig gesund sind. Aus den Wirbeln treten Nervenbündel aus, die zu jeweils unterschiedlichen Bereichen des Körpers führen. Wenn diese Versorgungswege gestört sind, weil etwa eine Bandscheibenläsion vorliegt oder eine Arthrose in den kleinen Wirbelgelenken die Nerven quetscht, können Symptome wie von einem Organ ausgehend empfunden werden. Leider wird dieser im Grunde einfache Zusammenhang bei vielen Diagnosen nicht hinreichend berücksichtigt. Die geplagten Patienten laufen dann vergeblich von Arzt zu Arzt. Dabei könnte man die Ursache mit einer sorgfältigen Untersuchung oder einem bildgebenden Verfahren leicht erkennen. Schnell würde sich herausstellen: Kopfschmerzen und Schwindelgefühle, aber auch Schlaflosigkeit und Nackenverspannungen können damit zusammenhängen, dass in der Halswirbelsäule Nerven gereizt sind, gerade am Atlaswirbel, wo Nerven liegen, die die Blutzufuhr zum Gehirn steuern.
Störungen in der Brustwirbelsäule können sich als Druck und Schmerz in der Herzgegend bemerkbar machen. Was scheinbar auf Herzprobleme hindeutet, hat dann mit dem Herzen selbst gar nichts zu tun. Oder ein anderes Beispiel für den gleichsam fremdgesteuerten Schmerz: Am obersten Lendenwirbel treten die Nerven aus, die den Dickdarm und die Leisten versorgen. Störungen können Druck im Bauchraum auslösen oder wie eine Reizung des Darms erscheinen. Trauen Sie also nicht immer dem ersten, vordergründigen Eindruck. Beobachten Sie sich selbst und sprechen Sie Ihren Haus- oder Facharzt oder Ihre Krankengymnastin oder einen Osteopathen auf einen möglichen Zusammenhang organischer Beeinträchtigungen mit dem Rücken an. Lassen Sie nicht locker, denn Sie fühlen manchmal den Zusammenhang von Symptomen, über den wir in der Medizin erst später stolpern. Moderne Diagnostikverfahren können schnell Sicherheit schaffen und helfen, Lebensqualität wiederherzustellen. Moderne Behandlungsmethoden, die das Geschehen in der Tiefe des Körpers berücksichtigen und genau dort ansetzen, ebenso!
Letztens schleppte sich eine 78-jährige Patientin mit gebeugtem Rücken zu mir in mein Ambulanzzimmer. Sie konnte sich kaum noch aufrichten vor Schmerzen. »Professor, ich kann nicht mehr«, flüsterte sie mit zittriger Stimme. »Ich habe bestimmt einen Bandscheibenvorfall!« Diese bedrohliche Diagnose hatte sich bereits tief in Ihrem Kopf verankert. Allzumal Freunde und Familie sie darin bestärkten. »Auch mein Hausarzt weiß mir – außer mit Schmerzmitteln – nicht zu helfen. Aber das ist doch keine Hilfe! Ja, ich bin schon alt, aber so klapperig nun auch wieder nicht«, fügte sie an. »Eigentlich war ich immer fit wie ein Turnschuh.« Sie versuchte zu lächeln, was ihr aber nicht richtig gelang.
Meine Gesprächsanamnese und die körperliche Untersuchung ließen mich auf ein Muskel-Faszien-Problem tippen. Die MRT (Magnetresonanztomografie) brachte auch keine anderen Hinweise, denn es waren bis auf altersgerechte Veränderungen keine Auffälligkeiten zu finden. So konnte ich sie erst einmal durch Aufklärung und wichtige Hinweise zur Selbsthilfe beruhigen. Die Therapie bestand in einer Rücken-Wellnesskur – so nenne ich es – mit viel Wärme, Massagen, Triggerpunktmassagen, Akupressur und Entspannungsübungen sowie Schwimmen und Yoga. Der Schmerz konnte schließlich vor allem durch osteopathische Therapie drastisch reduziert werden. Die alte Dame kam überglücklich und aufrecht wieder und strahlte. »Es geschehen doch noch Zeichen und Wunder. Ich dachte wirklich, ich müsse bald sterben. Aber es sind ja nur diese blöden klitzekleinen Muskelhäute, die nicht sichtbar zu machen sind, die mich gepeinigt haben. Jetzt bin ich wieder fit, bis ich 111 werde.« Sie fiel mir glücklich um den Hals.
Forschungsergebnisse zeigen, dass die Faszien eine wichtige Rolle bei Schmerzen spielen können. Faszien sind die feinen Häute, das Bindegewebe, die die Muskeln umhüllen, zusammenhalten und sich mit den Nachbarmuskeln vernetzen. Sie reichen bis in die Muskeln hinein und umhüllen mit zartesten Häuten selbst die kleinen Muskelfasern. Dieses Bindegewebe verleiht den Muskeln Stabilität. Genauso kann das Gewebe aber auch durch Alterung oder durch Fehlbelastung bzw. durch Stoffwechselveränderungen an Elastizität verlieren, etwa während einer Schwangerschaft. Faszien können aber auch – wie bei Cellulite oder beim »Bierbauch« – überelastisch oder sogar überdehnt werden. Aus speziellen Zellen, den Fibroplasten, wird das Fasziengewebe auf- oder abgebaut. Man hat festgestellt, dass nicht nur Bewegungsmangel, sondern auch Stress eine wichtige Rolle im Schmerzgeschehen durch negative Bindegewebsreaktionen spielen kann: Die Fibroblasten werden dann überaktiv und produzieren immer mehr Gewebe, sodass die Faszien mit dem Muskel wie verkleben oder geschrumpft wirken. Solche verhärteten oder erweichten Faszien können nicht unerheblich an muskulär bedingten Rückenschmerzen beteiligt sein.
Es gibt verschiedene Arten von Muskelfaszien, die – vergleichbar mit den vielen dicken und dünnen Schalen bzw. Häuten und Fasern im Inneren einer Orange – die einzelnen Elemente zusammenhalten. Ohne Faszien würden die Muskeln wie Honig zerfließen. Genau deshalb ist das Fasziengewebe einzelner Muskeln mit den Faszien benachbarter Muskeln verbunden. Alle zusammen spannen ein stabilisierendes Netz für den ganzen Körper. Selbst mit inneren Organen, die sich bei Störungen oder Erkrankungen mit Verspannungen an definierten Regionen (sogenannten Reflexzonen) an der Körperoberfläche bemerkbar machen können, gibt es eine bindegewebige Vernetzung: das viszerofasziale System. Auf dieses kann von außen über das myofasziale System – also das Muskel-Faszien-System – eingewirkt werden. Die Osteopathie beispielsweise nutzt dieses Wissen in der manuellen (händischen) Behandlung. Auch eine Faszientherapie, zum Beispiel mit einer Druckpunktmassage, Akupressur, Shiatsu, Triggerpunkttherapie oder sogar Übungen mit einer Faszienrolle, bietet daher einen hervorragenden Ansatz zur Vorsorge und Behandlung von Muskelschmerzen, besonders auch am Rücken. Manchmal muss man ein Wirbel- oder Rippen-wirbelgelenk gezielt mikrotherapeutisch CT-gesteuert mit einem lokalen Betäubungsmittel behandeln, damit die benachbarte Muskelregion entspannt wird, sodass der Masseur oder die Krankengymnastin kurze Zeit später erfolgreicher behandeln können.
Bewegung und nochmals Bewegung ist eine der wichtigsten Empfehlungen überhaupt. Auch, um die Faszien elastisch zu halten, sind wir angehalten, uns täglich ausreichend zu bewegen! Nur durch Bewegung nehmen Faszien wie die Bandscheiben Wasser auf und werden auf diese Weise »ernährt«: Wenn wir aufhören, uns zu bewegen, altert unser Gewebe schneller. Der Lymphfluss versiegt eher und hört auf, das nicht durchblutete Gewebe zu wässern. Nicht nur das Wassertrinken feuchtet diese Strukturen ein, auch tägliches Dehnen und viel federnde und hüpfende Bewegungen. Genießen Sie ausreichende Dehn- und Bewegungseinheiten – Ihre Faszien freuen sich darauf!
Jetzt eine Geschichte aus eigener Erfahrung: Krach-Bumm, da wäre es fast um mich geschehen. Mein Kopf schleuderte hin und her. Ich sah Sternchen vor den Augen aufflackern, blitzende, flimmernde Fünkchen. Sekundenlang. Shit! Mein Auto machte einen Sprung. Zum Glück war ich angeschnallt und allein. Ein Auto war von hinten aufgefahren. Ich erspare Ihnen die Einzelheiten, die man sich sicher selbst vorstellen kann. Und der eine und die andere von Ihnen hat das vielleicht auch schon erlebt, oder? Was folgte, waren ziemlich heftige Nackenschmerzen und Verspannungen der Hals- und Schultermuskulatur, Röntgen zum Ausschluss eines Bruchs und ein MRT zur Beurteilung von Bandscheiben, Wirbelgelenken, zur Muskulatur und zu eventuellen Einblutungen. Juhu, alles paletti … Radiologisch schon, aber die Schmerzen waren definitiv da. Halsbewegungen taten mir am Anfang weh, und ich litt lange Zeit unter Verspannungen. Ich probierte vieles aus: Massagen, ayurvedische Kuren (Panchakarma), Moorpackungen und andere Wärmeanwendungen, Akupunktur, Osteopathie und Physiotherapie über Monate. Zwischendurch setzte ich auch gezielt Schmerzsalben und gelegentlich Schmerzmittel ein, bis die Schmerzen endlich verschwunden waren. Zum Glück bin ich bis heute seit über 30 Jahren beschwerdefrei. Aber nach so einem Auffahrunfall könnte es auch anders aussehen, vor allem wenn man nicht aktiv wird und die Schmerzen einfach aussitzen will.