Meine Schuld 6 – Romanzeitschrift -  - E-Book

Meine Schuld 6 – Romanzeitschrift E-Book

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Beschreibung

Meine Schuld Nr. 6 Alle 14 Tage neu! Diese Storys gehen wirklich jedem unter die Haut! Viele packende Erlebnisse und berührende Familiendramen, spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Menschen wie du und ich berichten schonungslos offen und direkt aus ihrem Alltag. Kein Thema ist tabu! Geschichte 1: Intimes Geständnis "Jedes Jahr mache ich Urlaub von der Familie – aber nicht allein…" Mit 42 Jahren fühle ich mich beileibe noch nicht als alte Frau. Meine beiden Kinder sind 16 und 18 Jahre alt und gehen immer mehr ihre eigenen Wege. Ich sah keinen Grund, warum ich nicht wieder meiner alten Leidenschaft frönen sollte… Du bist verrückt, Marion. Du bist eine zweiundvierzigjährige Frau und Mutter von zwei Kindern. Es ist einfach lächerlich, wie du dich benimmst", hielt mir Hans-Peter, meine getreue Ehehälfte, vor. Er stand in der Schlafzimmertür und beobachtete, wie ich mich in meine Motorradhosen zwängte. "Ja, ich bin zweiundvierzig, und ich habe zwei Kinder", gab ich ihm seufzend recht. "Aber die gehen inzwischen eigene Wege, und ich bin garantiert nicht zu alt, um noch etwas Spaß zu haben." Endlich hatte ich die Hose zu und betrachtete mich im Spiegel. Meine Figur war zwar in den letzten beiden Jahrzehnten weiblicher geworden, konnte sich aber immer noch in den Lederhosen sehen lassen. "Wenn du Spaß haben willst, dann geh in einen Aerobic-Kursus oder mache Jazzgymnastik und benimm dich nicht wie ein durchgeknallter Teenager." "Es hat eine Zeit gegeben, da warst du mindestens genauso durchgeknallt, und du fandest es klasse, dass ich Motorrad fuhr", erinnerte ich ihn. "Wo ist der Mann, in den ich mich damals verliebt habe?"

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Inhalt

Geschichte 1

Geschichte 2

Geschichte 3

Geschichte 4

Geschichte 5

Geschichte 6

Geschichte 7

Geschichte 8

Geschichte 9

Geschichte 10

Geschichte 11

Geschichte 12

Meine Schuld –6–

Was Frauen Berichten: Schonungslos - Indiskret

Roman von Diverse Autoren

Geschichte 1

Intimes Geständnis

Roman von Marion P. (42)

»Jedes Jahr mache ich Urlaub von der Familie – aber nicht allein…«

Mit 42 Jahren fühle ich mich beileibe noch nicht als alte Frau. Meine beiden Kinder sind 16 und 18 Jahre alt und gehen immer mehr ihre eigenen Wege. Ich sah keinen Grund, warum ich nicht wieder meiner alten Leidenschaft frönen sollte…

Du bist verrückt, Marion. Du bist eine zweiundvierzigjährige Frau und Mutter von zwei Kindern. Es ist einfach lächerlich, wie du dich benimmst«, hielt mir Hans-Peter, meine getreue Ehehälfte, vor.

Er stand in der Schlafzimmertür und beobachtete, wie ich mich in meine Motorradhosen zwängte.

»Ja, ich bin zweiundvierzig, und ich habe zwei Kinder«, gab ich ihm seufzend recht. »Aber die gehen inzwischen eigene Wege, und ich bin garantiert nicht zu alt, um noch etwas Spaß zu haben.«

Endlich hatte ich die Hose zu und betrachtete mich im Spiegel. Meine Figur war zwar in den letzten beiden Jahrzehnten weiblicher geworden, konnte sich aber immer noch in den Lederhosen sehen lassen.

»Wenn du Spaß haben willst, dann geh in einen Aerobic-Kursus oder mache Jazzgymnastik und benimm dich nicht wie ein durchgeknallter Teenager.«

»Es hat eine Zeit gegeben, da warst du mindestens genauso durchgeknallt, und du fandest es klasse, dass ich Motorrad fuhr«, erinnerte ich ihn. »Wo ist der Mann, in den ich mich damals verliebt habe?«

»Er ist erwachsen geworden und weiß, dass er Verantwortung zu tragen hat. Oder muss ich dich daran erinnern, was wir damals beschlossen haben?«

»Das musst du nicht.«

Ich setzte mich auf das Bett und schlüpfte in die Motorradstiefel. Vor einem Jahr hatte ich mir meinen Traum erfüllt und eine Honda Shadow gekauft. Schon damals hielt mich Hans-Peter für verrückt, was ich nicht verstehen konnte.

Schließlich war auch er vor unserer Ehe ein begeisterter Biker gewesen. Als ich dann mit Sebastian schwanger war, verkauften wir übereinstimmend unsere Motorräder. Motorradfahren und Kinder vertrugen sich unserer Meinung nach nicht. Das Unfallrisiko und die Gefahr von bleibenden Schäden waren bei einem Biker ungleich höher als bei einem Autofahrer. Wir waren uns einig: Solange uns die Kinder brauchen, wollten wir auf unsere Leidenschaft Motorradfahren verzichten.

Aber nun war nach meiner Meinung der Zeitpunkt gekommen, da wir darauf keine Rücksicht mehr nehmen mussten. Sebastian bereitete sich auf das Abitur vor und würde nach dem Sommer Betriebswirtschaft studieren, und Manuela, unsere Tochter, ging ebenfalls zunehmend eigene Wege. Nur Hans-Peter wollte das nicht einsehen.

»Pitt, fahr doch mit«, versuchte ich noch einmal im versöhnlichen Tonfall meinen Mann zu überzeugen, und benutzte dabei absichtlich seinen damaligen Spitznamen.

Eigentlich wollte ich gemeinsam mit Hans-Peter zu einem Motorradtreffen in Südfrankreich fahren. Ich hatte für ihn schon ein Motorrad gemietet, aber Hans-Peter hatte wutschnaubend alles abbestellt.

»Der Händler hat sicherlich das Motorrad noch nicht weitervermietet, und einen Anzug können wir auch leihen. Dann fahren wir eben ein, zwei Stunden später los.«

»Nein!«

Das Wort klang endgültig, und sein Blick war kalt. Dann drehte er sich um und ging ins Wohnzimmer.

Ich betrachtete mich im Spiegel des Schlafzimmerschrankes. Sollte ich nachgeben? Wenn ich jetzt auf meinem Plan beharrte, würde das alles verändern. Das spürte ich. Vielleicht würde ich auch meine Ehe riskieren. War es das wert? Hans-Peter und ich führten eine gute Ehe, auch wenn das aufregende Prickeln inzwischen fehlte.

Nein, entschied ich, ich würde nicht klein beigeben. Wahrscheinlich hätte ich für den Rest meines Lebens das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Ich schlüpfte in die Motorradjacke und ging in das Zimmer meines Sohnes. Sebastian schaute von seinen Unterlagen auf.

»Ich wollte mich nur von dir verabschieden, Basti.«

Liebevoll umarmte er mich. »Du siehst echt heiß aus, Mama«, stellte er anerkennend fest. »Schade, dass ich nicht mitkommen kann. Auf jeden Fall wünsche ich dir viel Spaß.«

»Danke. Es tut gut, dass nicht die ganze Familie gegen mich ist.« Ich drückte Sebastian noch einmal. »Grüß bitte Manuela von mir, wenn sie von der Schule kommt.«

Sebastian nickte. »Du machst das Richtige, Mama«, tröstete er mich. »Ehrlich, ich an Papas Stelle wäre froh, so eine Frau zu haben.«

Seine Worte machten mir Mut, und so ertrug ich auch Hans-Peters beleidigtes Schweigen, als ich mich von ihm verabschiedete.

*

Nun, alle negativen Gefühle waren verschwunden, als ich mein Motorrad aus der Garage schob. Mit einem satten Brummen sprang die Maschine an. Die reinste Musik in meinen Ohren. Als ich endlich losfuhr, fühlte ich mich so jung und frei wie schon seit Jahren nicht mehr.

Hinter der französischen Grenze verließ ich die Autobahn. Über gewundene Landstraßen fuhr ich durch kleine Dörfer, und als ich an einem besonders malerischen Landgasthof vorbeikam, beschloss ich, eine Rast einzulegen. Während ich auf meine Bestellung wartete, genoss ich mit geschlossenen Augen die Wärme der nachmittäglichen Sonne.

»Hallo, darf ich mich zu dir setzen? Oder willst du lieber allein bleiben?«

Verwirrt sah ich auf. Vor mir stand ein Mann in schwarzer Motorradkluft, Ende zwanzig.

»Bitte, setz dich.« Ich machte eine einladende Handbewegung. »Dass ich hier einen Landsmann treffe, hätte ich nicht gedacht.«

»Und ich habe nicht erwartet, einen so charmanten Biker zu treffen.«

Während er bei dem Wirt seine Bestellung aufgab, hatte ich Gelegenheit, mein Gegenüber genauer zu betrachten. Er war ein gut aussehender Mann. Seine blauen Augen standen in einem auffallenden Kontrast zu dem dunklen, lockigen Haar und der gebräunten Haut. Genau der Typ, der früher mein Herz einen Takt schneller schlagen ließ. Nein, nicht nur früher, wie ich feststellte, und rief mich gleich zur Ordnung. Schließlich war ich mehr als ein Jahrzehnt älter und verheiratet.

»Ich heiße Marcus«, stellte er sich vor. »Auch unterwegs nach Moux?«

»Marion und ja.«

Seine Augen sahen mich mit solch unverhohlener Bewunderung an, dass ich verlegen nach meinem Getränk griff.

»Ist es noch weit?«

»Wenn du durchfährst, erreichst du es noch am Abend. Aber ich würde es dir nicht empfehlen. Es ist nicht toll, im Dunkeln ein Zelt aufzustellen.« Marcus schwieg einen Moment, als der Wirt uns das Essen servierte. »Ich werde in der Nähe campieren.«

»Wild campieren?« fragte ich skeptisch. »Da kann man als Ausländer ganz schön Ärger bekommen.«

»Nein, nicht wild. Ich kenne den Bauer gut. Hast du keine Lust mitzumachen?«

Warum eigentlich nicht? Also sagte ich zu.

Marcus erwies sich als charmanter und aufmerksamer Unterhalter. Er gab mir das Gefühl, eine besondere und begehrenswerte Frau zu sein. Natürlich war mir klar, dass ich gegen die jungen Mädchen im Bikerlager keine Chance hatte und sich Marcus dort anderweitig umsehen würde. Aber bis dahin wollte ich dieses schon vergessen geglaubte prickelnde Gefühl genießen.

Unser Übernachtungsplatz war wirklich traumhaft. Er lag auf halber Höhe auf einem Berg am Waldrand, und wir hatten eine herrliche Aussicht über das umliegende Land. Schulter an Schulter saßen wir am Lagerfeuer und sahen zu, wie das Land in der Dunkelheit versank. Ich gestehe, als Marcus seinen Arm um mich legte und mich an sich zog, verschwendete ich keinen Gedanken an Hans-Peter und an mein Zuhause.

»Verheiratet?«

Marcus nahm meine rechte Hand und besah sich den Goldring mit dem kleinen Brillianten.

»Ja, seit neunzehn Jahren.« Ich lachte. »Du siehst, ich bin schon fast eine Oma.«

Marcus schwieg. »Auch auf die Gefahr hin, dass ich mir eine Ohrfeige einhandle: Du bist die erotischste Fast-Oma, die ich kenne«, sagte er dann leise.

»Schmeichler«, tat ich das Kompliment leichthin ab, aber in mir tobten die widersprüchlichsten Gefühle. Stolz, Begehren, aber auch ein schlechtes Gewissen.

»Und du?«

»Verlobt.«

»Warum ist deine Verlobte nicht dabei?«

Er zuckte mit den Schultern. »Sie hat Angst vor dem Motorradfahren. Aber eine Woche im Jahr nehme ich mir für mein Hobby Zeit.«

»Hans-Peter mag auch nichts mehr davon wissen, obwohl er früher ein leidenschaftlicher Biker war.«

Mehr wurde in dieser Nacht nicht mehr zwischen uns gesprochen. Wir saßen einfach nur da und sahen zu, wie das Feuer herunterbrannte. Es herrschte eine eigenartige Stimmung zwischen uns und ein Gefühl stillen Verstehens.

*

Als ich am Morgen erwachte, war Marcus schon aufgestanden. Er saß mit dem Rücken zu mir und beobachtete den Sonnenaufgang. Ich setzte mich neben ihn.

»Wir könnten uns Carcassonne und Narbonne ansehen, bevor wir zum Lager fahren«, schlug er lächelnd vor.

»Das hört sich gut an.« Ich lächelte zurück. Das würde einige Stunden mit Marcus mehr bedeuten.

Wir besuchten zuerst Carcassonne. Inmitten von amerikanischen und asiatischen Touristen durchstreiften wir die mittelalterliche Altstadt und die gewaltige Festung.

Während der Führung nahm Marcus ganz selbstverständlich meine Hand, und ich ließ es geschehen.

In einer Altstadtkneipe bestellten wir uns zum Mittagessen den für diese Gegend typischen reichhaltigen Bohneneintopf und fuhren anschließend weiter nach Narbonne. Nachdem wir die Kathedrale besichtigt hatten, setzten wir uns noch etwas an das platanenbestandene Ufer des Canal de la Robine.

»Das war der schönste Tag seit Jahren«, seufzte ich erschöpft, aber glücklich und streckte mich im Gras aus.

Marcus legte sich neben mich und stützte sich auf den Ellenbogen. »Finde ich auch«, sagte er und sah mich an. »Und du bist eine verdammt hübsche Frau, Marion.« Zärtlich küsste er mich. »Ich begehre dich, Marion, wie ich noch nie eine Frau begehrt habe«, murmelte er und strich mir zärtlich eine Haarsträhne aus der Stirn.

Langsam fuhr er mit den Fingerspitzen an meiner Schläfe entlang. Die Berührung löste ein so intensives Gefühl aus, dass es fast schmerzte. Stöhnend drehte sich Marcus auf den Rücken und starrte in die Baumkronen.

»Was ist nur los?«, fragte er leise. »Ich liebe Nicola und kann mir nicht vorstellen, sie zu verlassen. Aber auf der anderen Seite male ich mir seit gestern Nachmittag aus, wie es mit dir zusammen wäre.«

Mir gingen ganz ähnliche Gedanken durch den Kopf. Ich wollte mit Marcus zusammensein, ihn spüren, mich in seinen Armen verlieren – aber Hans-Peter aufgeben? Meine Familie? Die Sicherheit, wie es sie nur in einer guten gewachsenen Beziehung geben konnte?

»Das Eine muss das Andere nicht ausschließen«, sagte ich dann leise.

Meine Stimme vibrierte vor Aufregung. Mir war klar, worauf mein Vorschlag hinauslaufen würde. Es würde alles, wofür ich als Erwachsene eingestanden habe, auf den Kopf stellen.

»Es wäre nur eine Affäre, Marion. Es gäbe keine gemeinsame Zukunft für uns.«

Das Wörtchen ›nur‹ versetzte mir einen schmerzhaften Stich, aber er hatte recht. Es wäre ›nur‹ eine Affäre, vielleicht für eine Nacht, vielleicht auch für die nächsten drei, vier Nächte. Aber dann würden sich unsere Wege trennen. Unwiderruflich. Jeder von uns würde in sein altes Leben gehen. Würde es mein altes Leben dann überhaupt noch geben? Darüber wollte ich jetzt nicht weiter nachdenken. Ich stand auf.

»Wir sollten uns auf den Weg nach Moux machen. Du weißt ja«, ich lächelte, »es ist nicht toll, im Dunkeln ein Zelt aufzustellen.«

*

Gegen Abend erreichten wir den Zeltplatz bei dem Dörfchen Moux. Deutsche hatten ein ehemaliges Weinanwesen, das Maison Las Clauzes, übernommen und sich besonders auf die Unterbringung von Bikern spezialisiert. Man konnte im Haus ein Doppelzimmer beziehen oder aber auf dem Zeltplatz campieren. Wir entschieden uns für den Zeltplatz.

Am äußersten Ende schlugen wir nebeneinander die Zelte auf. Sowohl Marcus als auch mir war jedoch klar, dass wir nur ein Zelt benötigen würden. Holger und Claudine, die beiden Betreiber des Maison Las Clauzes, verwöhnten uns mit einem Vier-Gänge-Abendessen. Aber ich bekam nicht viel von diesem Essen mit. All meine Sinne waren auf Marcus gerichtet. Ich konnte es nicht erwarten, endlich mit ihm allein zu sein.

Eng umschlungen verließen wir schließlich den Speiseraum. Immer wieder blieben wir stehen, küssten und streichelten uns. Als wir endlich unsere Zelte erreichten, bedurfte es in dem engen Zwei-Mann Zelt einiger Verrenkungen, um uns aus der Kleidung zu schälen. Als wir es geschafft hatten, fielen wir übereinander her. Nachdem die erste Leidenschaft gestillt war, fanden wir Zeit, um unsere Körper zu erforschen und zu genießen. Marcus erwies sich als zärtlicher und leidenschaftlicher Liebhaber, und ich genoss jede Minute unseres Zusammenseins.

*

Am nächsten Morgen erwachte ich allein im Zelt. Das war’s, dachte ich nach dem ersten Erschrecken. Aber damit musste ich ja rechnen. Ich muss dankbar sein, dass ich wenigstens das erleben durfte.

Ich klaubte meine Kleider zusammen und zog mich an. Als ich aus dem Zelt krabbelte, stieß ich fast mit Marcus zusammen.

»Hoppla, nicht so stürmisch«, sagte er lachend und brachte ein vollbeladenes Tablett in Sicherheit. »Ich habe mir gedacht, dass du wahrscheinlich hungrig sein wirst. Ich hoffe, dass bei der getroffenen Auswahl etwas für dich dabei ist.«

Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet, und mir wurden die Augen feucht.

»Hey, was ist los?« Zärtlich strich er mir über die Wangen, und seine blauen Augen sahen mich besorgt an.

»Nichts, es ist nur...«, Ich winkte ab. »Ach, es ist nichts. Vergiss es.«

In seinen Blick trat ein Ausdruck des Verstehens. »So ist das also. Du hast gedacht, eine Nacht und das war es.« Marcus lächelte verschmitzt.

»So einfach wirst du mich nicht los, Baby. Ich bin kein Mann für eine Nacht. Wenn ich gewusst hätte, dass du mich so flatterhaft einschätzt, hätte ich mich dir niemals schon in der zweiten Nacht hingegeben.«

Jetzt liefen bei mir wirklich die Tränen, aber vor Lachen. »Entschuldige«, brachte ich dann atemlos hervor, »ich werde niemals mehr an deiner Moral zweifeln.«

»Das hoffe ich doch schwer«, antwortete Marcus und küsste mich.

Ich schlang meine Arme um seinen Nacken, ließ mich zurücksinken und zog ihn mit. »Beweis mir, dass du nicht flatterhaft bist«, flüsterte ich in sein Ohr.

»Ich bin Wachs in deinen Händen«, behauptete er heiser, aber Sekunden später konnte ich ihn als Lügner überführen.

»Bist du schon einmal Enduro gefahren?«, fragte mich Marcus später, als wir noch nackt endlich zum Frühstücken kamen.

»Eine Geländemaschine? Nein.«

»Dann wird es Zeit. Ich habe uns bei Holger zwei Enduro-Maschinen reservieren lassen. Was hältst du davon, wenn wir heute einen kleinen Trip zum Meer machen?«

»Meer hört sich gut an, aber das können wir nicht mit unseren Motorrädern.«

»Auf der Strecke, die mir vorschwebt, wären sie bald Schrott», erwiderte Marcus. »Eine einsame Piste über Felsen und durch menschenleere Dünen.«

»Hört sich gut an«, murmelte ich und versuchte zu analysieren, ob das heftige Pochen meines Herzens von der Vorstellung von einer Fahrt mit einer Geländemaschine kam oder von Marcus' Nähe.

*

Es wurde ein herrlicher Tag. Die Strecke führte über Trampelpfade durch die Berge, und dann lag hinter einsamen Dünen das Mittelmeer vor uns. Wir verbrachten einen herrlichen Tag, schwammen im Meer, liebten uns im warmen Sand und labten uns an den Köstlichkeiten aus dem Lunchpaket, welches uns Claudine mitgegeben hatte.

So verbrachten Marcus und ich auch die nächsten beiden Tage. Wir fuhren durch die Corbières, besuchten das Felsennest Peyrepertus und die Städtchen Minerve und Sete.

Es war eine herrliche Zeit, aber so schön wie die Tage auch waren, die Nächte waren unvergleichlich und erfüllt von Leidenschaft. Doch am vierten Tag wurde mir das Herz schwer. Es waren unsere letzten gemeinsamen Stunden. Am nächsten Morgen mussten wir wieder in Richtung Deutschland starten, und unsere Wege würden sich trennen.

»Das waren meine schönsten Motorradferien«, sagte Marcus leise, als ich in der Nacht in seinen Armen lag.

»Du weißt doch, was wir ausgemacht haben«, erinnerte ich ihn und wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel. »Nur eine Affäre.«

Marcus schwieg. Ich hörte nur seine tiefen Atemzüge und spürte, wie sich sein Brustkorb gleichmäßig hob und senkte. Gerade als ich annahm er sei eingeschlafen, sagte er: »Ich weiß. Aber für mich ist es mehr als eine Affäre. Auch wenn ich mich nicht von Nicola trennen möchte.«

Dieses Mal schwieg ich. Der Gedanke, Marcus nie mehr wiederzusehen, war für mich unerträglich.

»Was hältst du davon, wenn wir uns wiedertreffen?«, fragte er schließlich.

Ich glaubte, meinen Ohren nicht zu trauen. »Das… das geht nicht, Marcus. Das ist unmöglich.«

In diesem Moment hasste ich mich dafür, dass ich die Vernunft über das Gefühl stellte, aber es musste sein. Ich liebte meine Familie, meinen Mann Hans-Peter.

»Nächstes Jahr? Gleiche Zeit?«

Es dauerte einen Moment, bis ich kapierte. »Der gleiche Landgasthof?«

Marcus drückte mich zärtlich. »Warst du schon einmal in Asturien?«, fragte er. »Nordspanien soll herrlich sein. Hohe Berge, steile Pässe und Wälder, in denen sich noch Wölfe und Bären aufhalten.«

»Das hört sich gut an.«

*

Wir trennten uns am nächsten Tag bei dem kleinen Landgasthof, an dem wir uns getroffen hatten. Marcus fuhr weiter nach Süddeutschland und ich hoch in den Norden. Ich freute mich auf zu Hause, auch wenn ich nicht wusste, was mich dort erwartete.

Und ich freute mich auf Marcus: nächstes Jahr, gleiche Zeit – ich würde auf alle Fälle da sein.

– ENDE –

Geschichte 2

Ich schäme mich

Roman von Susan P. (36)

»Wegen meiner spitzen Zunge hab ich sogar meinen Job verloren.«

Ohne Klatsch und Tratsch ist das Leben gähnend langweilig, dachte ich lange Zeit. Also habe ich mit spitzer Zunge die Menschen um mich herum aufgemischt und gar nicht bemerkt, wie ich im Laufe der Zeit immer mehr Mitmenschen verprellte.

Stell dir vor, die Marlene hat sich die Brüste größer machen lassen!« Wenn ich so einen Satz sagte, steckten die Frauen um mich herum sofort die Köpfe zusammen und wollten mehr hören. Und ich gab ihnen mehr: »Ihre Ehe ist total im Eimer. Ihr Mann betrügt sie nach Strich und Faden. Da war ein neuer Busen wohl ihr rettender Strohhalm.«

Ich kenne eigentlich keine Frau, die nicht gern Klatsch und Tratsch hören würde. Ja, zuhören wollen alle. Aber wenn es darauf ankommt, dann zeigen sie mit dem Finger auf diejenigen, die das Lästern übernehmen. Das sind dann die Dummen!

Ich selbst musste es am eigenen Leibe erfahren. Ich habe ganz schön Lehrgeld bezahlt, o ja, das kann ich mit Fug und Recht behaupten. Dabei wollte ich eigentlich nie jemandem etwas Böses antun. Meistens habe ich doch nur die Wahrheit gesagt. Na ja, zugegeben: Ein bisschen Übertreibung war auch mit ihm Spiel. Sonst würde einem ja niemand mehr zuhören. So richtig spannend werden die Geschichten doch immer erst, wenn es auch ein bisschen prickelt. Wenn die richtigen Zutaten da sind, die den anderen ein Oh und Ah entlocken. Und genau das war meine Spezialität. Ich erfand Liebesaffären und spekulierte über Seitensprünge. Kaum jemand in der Nachbarschaft oder im Kollegenkreis blieb von mir verschont.

Es hat mich einfach immer so angestachelt, wie die anderen an meinen Lippen hingen, wenn ich ihnen die neuesten Klatschgeschichten serviert habe. Ein bisschen dicker auftragen muss man doch, damit der Tratsch nicht zu langweilig wird. Der Alltag ist langweilig genug, da muss man doch geradezu nachhelfen, oder etwa nicht?

»Du redest dich mit deiner spitzen Zunge noch mal um Kopf und Kragen«, sagte einmal eine Kollegin, doch ich nahm diese Warnung gar nicht ernst.

Was wusste sie schon vom Leben? Jeden Tag saß sie brav an ihrem Schreibtisch und interessierte sich kaum für meine Geschichten. Das wurmte mich. Lange überlegte ich, wie ich ihr eins auswischen könnte.

*

Ja, ich war ein schlimmes Lästermaul. Schon als Kind. Ich glaube, ich habe diese Veranlagung von meiner Mutter geerbt. Vielleicht liegt es also in meinem Genen. Oder ich habe es mir von ihr abgeschaut.

Stundenlang konnte meine Mutter am Telefon hängen und ihren Freundinnen Klatschgeschichten erzählen. Dabei war sie nicht zimperlich. Sie konnte mit Marlies über Beate lästern. Und kaum hatte sie aufgelegt, rief sie Beate an und lästerte über Marlies. Ich hörte staunend zu und amüsierte mich köstlich.

Auf dem Schulhof probierte ich es dann selbst aus und hatte immer einen Haufen Zuhörerinnen. Sie warteten nur darauf, was ich wieder Neues zu erzählen hatte. Und ich lieferte ihnen die tollsten Geschichten.

Da war zum Beispiel der Norbert. In meinen Augen damals war er ein Volldepp, obwohl er immer nur gute Noten bekam. Ein echter Streber.

Wenn er an uns vorbeiging, deutete ich mit einem langen Blick auf ihn und grinste wissend. Natürlich bestürmten mich die anderen und wollten wissen, warum.

»Na, habt ihr noch nie seine Eltern gesehen?«, fragte ich.

Und schon erzählte ich brühwarm, was ich am Vortag festgestellt hatte: Seine Mutter war blond, sein Vater auch. Wie konnte Norbert so dunkle Haare haben? Ob er ein uneheliches Kind war? So setzte ich die Geschichte in die Welt: Der Norbert ist bestimmt der Sohn von einem anderen Mann.

Es bereitete mir diebisches Vergnügen, lautstark zu überlegen, wer wohl der Vater sein mochte. Der Briefträger? Alle lachten sich kaputt bei diesem Gedanken. Denn Norbert stammte aus einer der ›besseren‹ Familien. Da waren viele von uns neidisch. Wir waren damals mitten in der Pubertät, Seitensprünge und Fremdgehen gaben ein super Thema ab.