Meine Schuld 7 – Romanzeitschrift -  - E-Book

Meine Schuld 7 – Romanzeitschrift E-Book

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Beschreibung

Meine Schuld Nr. 7 Alle 14 Tage neu! Diese Storys gehen wirklich jedem unter die Haut! Viele packende Erlebnisse und berührende Familiendramen, spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Menschen wie du und ich berichten schonungslos offen und direkt aus ihrem Alltag. Kein Thema ist tabu! Geschichte 1: Ich schäme mich "Es war nur eine Nacht! Doch jetzt erpresst er mich." Es war das erste Mal, dass ich mich nur für eine Nacht hatte verführen lassen. Dem Rausch der Sinne folgte eiskalte Ernüchterung. Frau Nord, ich würde Sie gern um elf Uhr in meinem Büro sehen", hörte ich Herrn Sands tiefe Stimme an der Tür. "Selbstverständlich", antwortete ich. Die Tür schloss sich hinter ihm. Meine Kollegin Elena wandte ihren Blick vom Bildschirm und sah mich an. "Was ist los?", wollte sie wissen. "Keine Ahnung. Aber wenn der Chef ruft, folge ich natürlich", zwinkerte ich ihr zu. "Aber klaro", sagte sie lachend und runzelte gespielt besorgt die Stirn. "Du denkst aber schon daran, dass er mit Mitte vierzig nicht so ganz deine Altersklasse ist? Und da wären noch die beiden kleinen Kinder…"

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Inhalt

Geschichte 1

Geschichte 2

Geschichte 3

Geschichte 4

Geschichte 5

Geschichte 6

Geschichte 7

Geschichte 8

Geschichte 9

Geschichte 10

Geschichte 11

Geschichte 12

Meine Schuld –7–

Was Frauen Berichten: Schonungslos - Indiskret

Roman von Diverse Autoren

Geschichte 1

Ich schäme mich

Roman von Jacqueline N. (22)

»Es war nur eine Nacht! Doch jetzt erpresst er mich.«

Es war das erste Mal, dass ich mich nur für eine Nacht hatte verführen lassen. Dem Rausch der Sinne folgte eiskalte Ernüchterung.

Frau Nord, ich würde Sie gern um elf Uhr in meinem Büro sehen«, hörte ich Herrn Sands tiefe Stimme an der Tür.

»Selbstverständlich«, antwortete ich.

Die Tür schloss sich hinter ihm. Meine Kollegin Elena wandte ihren Blick vom Bildschirm und sah mich an. »Was ist los?«, wollte sie wissen.

»Keine Ahnung. Aber wenn der Chef ruft, folge ich natürlich«, zwinkerte ich ihr zu.

»Aber klaro«, sagte sie lachend und runzelte gespielt besorgt die Stirn. »Du denkst aber schon daran, dass er mit Mitte vierzig nicht so ganz deine Altersklasse ist? Und da wären noch die beiden kleinen Kinder…«

»Keine Sorge«, grinste ich. »Ich habe keinen Papakomplex. Ich steh nur auf Männer in meinem Alter.«

»Sehr gut.« Sie wandte sich sichtlich zufrieden wieder ihrer Arbeit zu. »Es wäre wahrscheinlich sowieso sinnlos gewesen. Auch wenn Kundinnen versuchen, ihm schöne Augen zu machen, habe ich ihn noch nie mit der Wimper zucken gesehen.«

»Ich glaube, der ist einfach ein Familienmensch«, sinnierte ich, während ich die nächsten Zahlenreihen in den Computer eingab. Dann foppte ich sie: »Oder er ist so stockkonservativ wie du.«

Amüsiert zog sie die Augenbrauen hoch. »Sooo? Bin ich das? Na, dann lass mich das mal sein.« Sie stand auf stupste mich im Vorbeigehen freundschaftlich in die Seite. »Du kannst deine wilden Jahre ja ausleben. Ich gehe aber auf die Dreißig zu und habe Verantwortung für meine Tochter.«

Und für dein ältestes Kind, nämlich deinen Mann, dachte ich bei mir, sprach es aber lieber nicht aus. Stattdessen vertiefte ich mich gut gelaunt wieder in meine Arbeit.

*

Um fünf Minuten vor elf klopfte ich an die Tür des Chefs. »Frau Nord, bitte nehmen Sie Platz«, bat er freundlich. »Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Arbeitsplatz?«

»Ich bin so weit zufrieden«, antwortete ich überrascht.

»Ich habe manches Mal den Eindruck, Sie stellen Ihr Licht zu sehr unter den Scheffel. Eigentlich können Sie doch viel mehr. Ich würde Ihnen gern anbieten, in die Großkundenbetreuung einzusteigen.«

»Gern!« Ich nahm das Angebot sofort an.

Die Großkundenbetreuung bot deutlich mehr interessante Fälle als das haufenweise, stupide Abarbeiten der Rechnungen vieler Kleinkunden.

»Sie sind ja ohnehin jeden Tag gut gekleidet. Trotzdem möchte ich erwähnen, dass eine tadellose Erscheinung und ein tadelloser Leumund für diese Aufgabe absolut notwendig sind.«

Ich nickte: »Selbstverständlich. Wann soll es losgehen?«

»Ich dachte an nächste Woche. Zuerst geben Sie einen Teil Ihrer Aufgaben an Ihre Kollegin und die Auszubildende ab. Sie erhalten dann die ersten beiden Großkunden auf Probe. Ist das in Ihrem Sinne?«

»Ja, gerne!« Ich freute mich.

»Und finanziell soll es natürlich auch nicht Ihr Nachteil sein. Über die Gehaltserhöhung reden wir dann am Ende des Probemonats.«

Ich strahlte, als ich das Büro verließ.

*

Donnerwetter, und das in deinem Alter!« Mein Vater klopfte mir am Nachmittag auf die Schulter, als ich meinen Eltern von dem Angebot meines Chefs erzählte.

»Mit zweiundzwanzig hatte ich es gerade mal ins Tippbüro geschafft«, freute sich auch meine Mutter mit mir. »Aber wir müssen einkaufen gehen. Du musst doch da bestimmt besonders schick aussehen, oder?«

Ich lachte und zitierte Herrn Sand: »Eine tadellose Erscheinung und ein tadelloser Leumund sind für diese Aufgabe absolut notwendig, hat der Chef gesagt.«

»Ein tadelloser Leumund ist ja wohl bei unserer Tochter keine Frage!« Mein Vater runzelte die Stirn. Meine Eltern hatten in meiner Erziehung sehr viel Wert auf Familiensinn und Verantwortung gelegt.

»Also fahren wir heute oder morgen in die Stadt?« Meine Mutter ließ nicht locker.

»Heute geht es nicht, ich bin verabredet. Aber morgen wäre kein Problem.«

Wir vereinbarten, dass wir uns nach meiner Arbeit in der Stadt treffen wollten. Was ich bis dahin tat, hatte ich den beiden lieber nicht verraten. Ich hatte eine Woche zuvor eine alte Klassenkameradin getroffen. Die hatte mich spontan zu einem lockeren Treffen in einem Tanzlokal eingeladen, zu dem auch andere ehemalige Mitschüler kamen. Meinen Eltern waren solche Treffen immer latent verdächtig vorgekommen.

»Wer weiß denn da noch, wer da mit wem nach Hause geht?«, hatte mein Vater einmal missbilligend kommentiert.

*

Nun stand ich am Nachmittag vor dem Kleiderschrank und rätselte, was ich zu einer solchen Gelegenheit wohl anziehen sollte. Ich entschied mich für ein schlichtes schwarzes Kleid, das um meine schlanken Hüften floss, aber nicht aufdringlich wirkte.

Nick allerdings gefiel dieses Kleid. Und ihm gefiel der Inhalt. Er umgarnte mich schon im Lokal, machte mir Komplimente. Seine sachten, wie zufälligen Berührungen jagten mir kleine Schauer über den Rücken.

An diesem Abend wagte ich etwas, was in meiner Welt bisher immer nur ein verbotener Traum gewesen war: ein Abenteuer für eine Nacht.

Nick führte mich in sein kleines Apartment. Er ließ mir keine Zeit, mich umzusehen. Noch in der winzigen Diele umfing er mich mit seinen Armen. Er küsste mich leidenschaftlich, während er die Jacke über meine Schultern streifte. Seine Lippen übersäten meine Haut mit Zärtlichkeiten, streichelnde Hände entkleideten mich geschickt. Wie er sich selbst ausgezogen hatte, hatte ich im Rausch der Erregung gar nicht mitbekommen.

Im Stehen noch wurden seine Hände verlangender, fassten fest um mein Becken. Er war kräftig, es kostete ihn kaum Mühe, mich hochzuheben und mit dem Rücken gegen den Türrahmen zu lehnen. Meine Beine umfingen seine Hüften in dem Moment, in dem er mein Becken auf seines sinken ließ und in mich eindrang. Es war der Wahnsinn. Er wusste genau, was er tat, wie er mich gleich zwei Mal auf den Höhepunkt der Ekstase bringen konnte. Nach einer Ewigkeit lagen wir in seinem Bett und schliefen erschöpft ein.

Stunden später erwachte ich erschrocken. Nicks Wecker zeigte vier Uhr zwanzig. In gut drei Stunden würde ich zur Arbeit aufbrechen müssen! Leise schlich ich in die Diele, zog mich an und verschwand wortlos.

*

Zu Hause fand ich nicht mehr in den Schlaf. Zu aufregend war das Erlebnis der Nacht gewesen. Ich glitt unter die Dusche, räumte hier etwas, putzte dort ein wenig, um mich zu beschäftigen. Endlich war es so weit, dass ich wenigstens an den Frühschalter der Bank gehen konnte. Mein Kartenchip war kaputt, und ich musste eine neue Karte beantragen.

»David Brandt«, stellte sich der neue Mitarbeiter vor.

Seine himmelblauen Augen lächelten mich freundlich an, während er die Unterlagen vorbereitete und mir zur Unterschrift vorlegte. Er machte wirklich einen interessanten Eindruck. Doch ich war noch viel zu erfüllt vom Rausch der Nacht, als dass ich ihn jetzt genauer angesehen hätte. Endlich konnte ich ins Büro fahren.

»Guten Morgen«, grüßte ich Elena fröhlich, als sie eine halbe Stunde später ihren Rucksack neben dem Schreibtisch abstellte.

»Guten Morgen. Du hattest aber einen schönen Abend gestern, kann das sein?« Sie bemerkte sofort meine besonders gute Laune.

»Das kann man wohl sagen«, erwiderte ich und dachte einen Augenblick an den Moment zurück, in dem sich die Apartmenttür hinter uns geschlossen hatte.

Es musste auf meiner Stirn gestanden haben, denn Elena fragte sofort: »Aha? Wie heißt er denn?«

»Nicht so wichtig«, winkte ich ab.

»Nicht so wichtig?«, fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen. »Wie kann so etwas nicht so wichtig sein?«

Ich holte tief Luft und antwortete: »Indem man weiß, dass man diesen Mann nach dieser Nacht nicht mehr wiedersieht.«

Einen Augenblick lang traute meine Kollegin ihren Ohren nicht. Dann ließ sie sich auf ihren Stuhl sinken. »Das ist doch nicht dein Ernst, oder?«

»Doch, das ist mein Ernst. Nun guck mich nicht so entsetzt an. Es war ein Mal. Ein einziges Mal. Ich wollte einfach nur wissen, wie es ist, so ein Abenteuer für eine Nacht.«

»Aha.« Sie nickte fassungslos und wandte sich ihren Belegen zu. »Wenn das deine Eltern wüssten!«

Gott sei Dank wissen sie es nicht, dachte ich bei mir. Nachdem wir eine Weile vor uns hingearbeitet hatten, fragte sie neugierig: »Und wie war es, das Abenteuer für eine Nacht?«

»Bombastisch«, antwortete ich, in schwärmerischer Erinnerung versunken. »Trotzdem will ich ihn nicht wiedersehen. Ein Mann, der so etwas macht, ist kein Mann fürs Leben.«

»Immerhin eine gute Erkenntnis«, lobte sie lakonisch.

*

Eine Stunde später stand Herr Sand mit dem Abteilungsleiter der Großkunden im Raum und informierte offiziell über meine berufliche Veränderung. Die Unterlagen für die beiden Großkunden hatte der Abteilungsleiter gleich mitgebracht. Nachdem die beiden den Raum verlassen hatten, stand Elena auf und positionierte sich vor meinem Schreibtisch.

»Gratulation!« Ich sah sie von einem Ohr zum anderen grinsen.

»Du hast es gewusst?«, wunderte ich mich.

»Nicht ganz, aber ich hatte mir so etwas gedacht. Der Chef hatte sich kürzlich bei mir nach deiner Arbeitsweise erkundigt. Selbstverständlich habe ich nur das Beste erzählt.«

»Danke!« Ich umarmte meine Kollegin.

Mein Handyton informierte mich über eine Nachricht. Ich las: Wir sehen uns morgen Abend bei mir. Gruß Nick.

Ich schüttelte den Kopf und antwortete auf die gleiche Weise: Das halte ich für keine gute Idee.

Es dauerte keine Minute, bis ich erneut eine Nachricht erhielt. Mir wich die Farbe aus dem Gesicht, als ich las: Wenn du nicht willst, dass dein Chef und deine Eltern erfahren, was du so nach Partys machst, wirst du da sein. Acht Uhr.

»Das kann doch nicht wahr sein!«, entfuhr es mir.

»Was?«, fragte Elena und sah auf die Großkundenakten. »Ist etwas nicht in Ordnung?«

»Nein, nichts. Ich habe mich geirrt«, sagte ich schnell und steckte das Handy wieder weg.

In der Mittagspause erhielt ich einen Anruf von der Bank. Herr Brandt bat mich noch einmal in die Filiale. »Es tut mir wirklich sehr leid, dass ich das übersehen habe«, bat er um Entschuldigung. »Hier müssten Sie bitte noch einmal unterschreiben.«

»Kein Problem«, beruhigte ich ihn und nahm den Stift.

Seine tiefblauen Augen waren wirklich bemerkenswert. »Zum Ausgleich würde ich Ihnen die neue Karte gern persönlich vorbeibringen. Dann brauchen Sie den Weg nicht noch einmal zu machen«, bot er an und reichte mir seine Karte. »Und falls Sie sonst mal ein Anliegen haben, stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.«

Für eine Sekunde verlor ich mich in seinem Blick, riss mich dann aber los. Ich musste wieder an meinen Schreibtisch. Ich musste mich zwingen, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren. Endlich war Feierabend.

*

Schon auf dem Weg nach Hause beschloss ich, zu dem Treffen mit Nick zu gehen. Ich würde mit ihm reden und ihm sagen, dass es mir leidtat und dass es nur ein Abenteuer für eine Nacht war. Ich war mir sicher, dass das der beste Weg war. Stattdessen erlebte ich eine üble Überraschung.

»Schön, dass du da bist«, begrüßte mich Nick, umarmte mich und legte seine Hand auf meinen Po.

»Bitte nicht. Ich bin nur gekommen, um dir zu sagen, dass es mir leidtut. Ich bin wirklich nicht verliebt in dich, und es war nur diese eine Nacht, die…« Ich versuchte, mich aus seinem Griff zu winden.

»Das interessiert mich nicht«, hörte ich zu meinem Erschrecken. »Du willst doch nicht, dass ich dir deine Karriere versaue, oder?«

Er packte fester zu, griff unter mein Kleid. Ich bereute, dass ich ihm auf der Party von meiner bevorstehenden Beförderung erzählt hatte. Nun hatte er mich in der Hand.

»Hör zu…«, wollte ich noch einmal an seine Vernunft appellieren.

Doch er hatte nicht vor, zuzuhören. »Halt die Klappe!«, zischte er in mein Ohr.

Sein harter Griff ließ keinen Zweifel daran, dass er von seinem Ziel nicht ablassen würde. Er war alles andere als zärtlich. Er packte mich grob und schob mich auf sein Bett. Dort zog er mir mit einem schnellen Griff die Unterwäsche unter dem Kleid aus und nahm mich einfach kurz und bündig. Ich weinte leise. Als er fertig war, stand er auf.

»Wir sehen uns ab jetzt jede Woche montags und donnerstags. Hör auf zu heulen und hau ab!«

Vergeblich versuchte ich, meine Tränen zu unterdrücken. Ich fühlte mich wie Dreck. Verkrampft zog ich mich an und verließ fluchtartig die Wohnung. Hinter dem Steuer sitzend drehte ich den Zündschlüssel nicht um. Ich barg mein Gesicht in den Händen und schluchzte haltlos. Verzweifelt drückte ich meinen Kopf mitsamt Händen auf das Lenkrad. Ich hätte verschwinden wollen, jetzt und auf der Stelle.

Zu Hause duschte ich zuerst. Endlos schrubbte ich seinen Geruch von meinem Körper.

*

Drei Wochen lang hat er mich erpresst. Jedes Mal hatte er sich einfach an meinem Körper bedient, so wie er es wollte. Wenn ich nicht schnell genug seinen Wünschen nachkam, wurde er brutal. Nach dem letzten Treffen bei ihm brach ich im Auto an einer Ampel zusammen.

Wie durch Nebel nahm ich die Sanitäter wahr, die mich ins Krankenhaus brachten. Dort fand man bis auf die vier blauen Flecken, die Nick mir zugefügt hatte, keine körperliche Ursache für den Schwächeanfall.

»Wir würden gern Ihre Angehörigen informieren, damit Sie jemand abholen kann«, hörte ich eine Schwester.

»Das geht nicht«, antwortete ich.

Meine Eltern hätten sich mit einer einfachen Erklärung nicht abgefunden. Sie hätten weitergefragt. Und ich hätte ihnen irgendwann erzählen müssen, was passiert war. Meine Mutter würde der Schlag treffen! Niemals durfte das passieren!

»Können Sie stattdessen eine Kollegin von mir anrufen?«, bat ich.

Elena war nach einer halben Stunde da. Sie verschwand kurz mit dem Arzt in einem Zimmer und kam dann zu mir.

»Wir fahren jetzt zu mir«, bestimmte sie einfach.

Ihr Mann und ihre Tochter waren bei einer Schulveranstaltung, die Elena für mich verlassen hatte. Elena fragte nicht. Sie saß nur da, sah mich an und wartete. Irgendwann brach es aus mir heraus. In einem verzweifelten Weinkrampf erzählte ich ihr von Nicks Erpressung.

»O mein Gott!«, war alles, was sie herausbrachte.

Sie nahm mich in den Arm und hielt mich fest. Es tat so gut, endlich mit jemandem über das reden zu können, was Nick mir antat. Ihr Arm gab mir Kraft, bis ich mich endlich beruhigen konnte.

»Das erklärt, warum du dich in letzter Zeit so still in deine Arbeit verkrochen hast. Ich dachte schon, du hättest Probleme mit den Großkunden.«

Ich schüttelte den Kopf: »Nein, das läuft perfekt. Die Arbeit macht mir Spaß.«

Es war eine Weile still zwischen uns. Dann sagte sie leise, aber bestimmt: »Du musst ihn anzeigen.«

»Das geht nicht«, fuhr ich entsetzt hoch. »Dann sagt er alles Herrn Sand, und dann bin ich meinen Job los. Und meine Eltern dürfen das erst recht nicht erfahren!«

»Er wird nichts sagen«, hörte ich wieder ihren entschlossenen Ton. »Denn dann müsste er auch zugeben, was er mit dir gemacht hat. Das wäre sehr dumm von ihm. Er wird auch so schon genug Ärger bekommen.«

Elena blickte auf die Uhr. »Mein Mann und meine Tochter kommen gleich zurück. Ich bringe dich jetzt nach Hause. Schlaf eine Nacht über meinen Rat. Wenn du willst, gehe ich mit dir zusammen zur Polizei.«

Am Abend lief ich in meiner Wohnung auf und ab. Tausendmal gingen mir Elenas Worte durch den Kopf. Würde Nick wirklich schweigen? Was würde geschehen, wenn er doch an unseren Chef heranträte? Konnte ich das Risiko eingehen?

Doch nicht nur daran dachte ich. Ich dachte auch an die Gewalt, die er mir bei den erzwungenen Treffen angetan hatte. Meine Fingerkuppen strichen über die blauen Flecken. Was sollte ich nur tun?

In der Nacht fand ich kaum Schlaf. Immer wieder wälzte ich mich hin und her, bis es endlich Morgen war und ich ins Büro fahren konnte. Elena war heute ebenfalls sehr früh da. Sie nahm mich zur Begrüßung kurz in den Arm.

»Hast du entschieden, was du tun willst?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Du kannst dich jedenfalls nicht weiter erpressen lassen«, stellte sie fest.

»Ich weiß. Aber ich habe Angst«, erwiderte ich leise.

»Das kann ich verstehen. Aber ich habe dir ja angeboten: Ich komme mit zur Polizei. Zu zweit ist es vielleicht einfacher.«

Mir war klar, dass es keinen anderen Ausweg gab. Niedergeschlagen nickte ich.

»Nach Feierabend?«, fragte sie.

»Nach Feierabend«, bestätigte ich.

*

Bei der Polizei wurden wir in ein Einzelbüro gebeten, um das Protokoll aufzunehmen.

»Machen Sie sich keine Sorgen, der sagt Ihrem Chef nichts«, meinte auch der Beamte.

»Wie kommen Sie darauf?«

Der Mann lehnte sich mit beiden Unterarmen auf den Tisch und beugte sich vor. In seinem Gesicht lagen lange Jahre der Erfahrung mit Verbrechern aller Art.

»Ganz einfach. Wir werden ihm schon erklären, dass jeder Richter einen gewissen Spielraum beim Strafmaß hat. Und wir werden ihm auch erklären, dass es kein Richter gern sieht, wenn ein Opfer nach der Anzeige weiter unter Druck gesetzt wird. Dann sprechen Richter auch gern mal Höchststrafen aus.«

Eine Sekunde lang musste ich ihn angestarrt haben. Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. »Danke«, sagte ich leise.

Eine Stunde später verließen Elena und ich die Polizeiwache.

»Und wenn er doch zum Chef geht?«, sprach ich meine Befürchtung noch einmal aus.

Elena hielt am Straßenrand auf einem Parkplatz und stellte den Motor ab. »Ich kann verstehen, dass dir das Kopfzerbrechen bereitet. Aber du hast das Richtige getan. So wäre es nicht weitergegangen. Und vielleicht wäre es besser, wenn du mit Herrn Sand ein offenes Wort sprichst. Nur für den Fall der Fälle.«

»Hältst du das für eine gute Idee?«, zweifelte ich.

»Du musst ja nicht alles erzählen. Es reicht doch eigentlich, wenn du ihm sagst, dass ein Mann dich mit angeblichen intimen Details erpresst. Du könntest ihn bitten, sich direkt an dich zu wenden, wenn Nick tatsächlich bei ihm auftaucht.«

Ich dachte kurz darüber nach. »Das ist eine gute Idee«, stimmte ich schließlich zu. »Ich werde morgen zu ihm gehen.«

*

Herr Sand hörte mir ruhig zu, während ich sprach. Seine Gesichtszüge wurden hart. Nach meinem Bericht hätte man eine Stecknadel fallen gehört. Ich spürte, wie meine Beine zu zittern begannen. Endlich sagte er etwas.

»Wenn er zu mir kommt, ist das kein Problem. Sie haben mich ja jetzt eingeweiht, dass Ihnen da lediglich jemand etwas am Zeug flicken will. Aber wenn er sich ein bisschen kundig macht, könnte er vielleicht an einen Kunden herantreten. Das wäre nicht so gut.«

So weit waren meine Bedenken bisher gar nicht gegangen. Aber ich konnte die Sichtweise des Chefs nachvollziehen. Es ging immerhin um den Ruf seiner Firma! Ich sah ihm an, dass er mir persönlich nichts Böses wollte.

»Haben Sie ihn angezeigt?«, wollte er wissen.

»Ja«, bestätigte ich. »Wegen Erpressung.«

»Das war gut. Dann wird es nicht mehr lange dauern, bis er befragt wird. Ich denke, seine Verhandlung wird sich hoffentlich auch nicht lange hinziehen. Sie werden doch aussagen?«, wollte er wissen.

»Natürlich. Anders wird es nicht gehen«, erklärte ich.

Der Chef atmete tief durch, dann verzog er abschätzig die Mundwinkel nach unten. »Gut. Dann ist er danach vorbestraft und somit unglaubwürdig. Das löst das Problem. Ich werde hinter Ihnen stehen. Keiner unserer Großkunden wird einem Vorbestraften glauben, das versichere ich Ihnen.«

»Danke«, sagte ich überglücklich.

Er schüttelte mir die Hand und lächelte. »Sie brauchen mir nicht zu danken. Ich werde doch wegen so eines miesen Kerls nicht eine gute Mitarbeiterin fallen lassen. Aber denken Sie daran: Ich lege meine Hand für Sie ins Feuer. Ich will sie mir nicht verbrennen. Sie verstehen, was ich meine?«

»Selbstverständlich«, erklärte ich dankbar.