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Zafida, genannt Ida, Wallenburg programmiert Lösungen, die es Hackern schwer machen sollen, auf Webseiten und in Prozesse einzugreifen. Zahlen waren schon immer ihr Ding. Die Arbeit gibt ihr die Ruhe und Befriedigung, die sie im echten Leben so häufig nicht findet. Als Mitglied einer großen Familie steht sie außerdem immer auf Abruf, wenn Not am Mann ist. Und manchmal kommt so ein Fall wieder mal schneller als gedacht. EIgenartige Dinge spielen sich ab, die sich zu einer Katastrophe auszuwachsen drohen. Da ist eine alte Sage um ein Kind, dass Eidechsen spuckt, während die heutigen, real existierenden Echsen draußen in der Natur plötzlich von einer seltsamen Seuche befallen werden. Es gilt, nach Zusammenhängen zu suchen. Als wäre das nicht schon knifflig genug, scheint der Erreger inzwischen auch den WIrt zu wechseln und gefährdet Freunde. Als dann auch noch ein Fall von groß angelegtem Medikamentendiebstahl in ihren Ermittlungsbereich fällt und Ida ein Haustier mit ledrigen Flügeln zufliegt, kommt sie schnell in Bedrängnis. Wenn ihr doch nur einer der Ärzte, die bei den Ermittlungen helfen, nicht zu nah kommen würde, dann wäre das alles ja zu meistern. Wenn. Aber Maximilian Jäger übt eine ungeahnte Faszination auf Ida aus. Bloß, kann sie es wagen, den Arzt in ihre Welt aus nicht normgerechten Wesen, Drachen und übernatürlichen Vorfällen hineinzuziehen? Bonusgeschichte: SpinOff zu Band 2 der spiritus-draconis-Reihe!
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Was Euch erwartet…
Nachwort des Vorworts
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Genug gegargoyled!
Quelle des Echsenmythos
Nähere Informationen über Idas Apdoption
Wissenswertes über die Blütenfeen
Amt für fantastische Lebensformen Thüringen
Zafida, genannt Ida, Wallenburg programmiert Lösungen, die es Hackern schwer machen sollen, auf Webseiten und in Prozesse einzugreifen. Zahlen waren schon immer ihr Ding. Die Arbeit gibt ihr die Ruhe und Befriedigung, die sie im echten Leben so häufig nicht findet. Als Mitglied einer großen Familie steht sie außerdem immer auf Abruf, wenn Not am Mann ist. Und manchmal kommt so ein Fall wieder mal schneller als gedacht. Eigenartige Dinge spielen sich ab, die sich zu einer Katastrophe auszuwachsen drohen. Da ist eine alte Sage um ein Kind, dass Eidechsen spuckt, während die heutigen, real existierenden Echsen draußen in der Natur plötzlich von einer seltsamen Seuche befallen werden. Es gilt, nach Zusammenhängen zu suchen. Als wäre das nicht schon knifflig genug, scheint der Erreger inzwischen auch den Wirt zu wechseln und gefährdet Freunde. Als dann auch noch ein Fall von groß angelegtem Medikamentendiebstahl in ihren Ermittlungsbereich fällt und Ida ein Haustier mit ledrigen Flügeln zufliegt, kommt sie schnell in Bedrängnis.
Wenn ihr doch nur einer der Ärzte, die bei den Ermittlungen helfen, nicht zu nah kommen würde, dann wäre das alles ja zu meistern. Wenn.
Aber Maximilian Jäger übt eine ungeahnte Faszination auf Ida aus. Bloß, kann sie es wagen, den Arzt in ihre Welt aus nicht normgerechten Wesen, Drachen und übernatürlichen Vorfällen hineinzuziehen?
Mit der Veröffentlichung dieses Buches ergibt sich für mich ein Problem. Wie erkläre ich Euch, meinen lieben Lesern, dass ich mit dieser Geschichte bereits begonnen habe, bevor es ein gewisses fieses Virus überhaupt in das Bewusstsein der Gesellschaft geschafft hatte? Ausgangspunkt des Geschehens um Ida ist in diesem Fall wirklich ein Eintrag in einer Chronik, die meinen Heimatort betrifft. Im Anhang findet ihr den genauen Wortlaut desselben.
Aber egal, wie sich etwas hier zeitlich überschnitten hat, ich wünsche jedem einzelnen von Euch viel Vergnügen und spannende Stunden mit meinem neuen Lieblingswesen. Ich hebe den Kelch auf Mephisto!
Frau Wallenburg, es wäre wirklich schön, wenn Sie endlich mal zu Potte kommen würden!“
Immer langsam mit den jungen Pferden. Der tat ja gerade so als wäre sie ein Dschinn aus der Flasche. Und obwohl es da die ein oder andere Ähnlichkeit gab, konnte Ida nun wahrlich nicht mit einer Maus zaubern. Außerdem konnte der alte Griesgram ruhig einmal ein Minütchen warten. Sie tippte seelenruhig einen letzten Satz in ihre Tastatur und speicherte das aktuelle Dokument. Dann rief sie die gewünschte Datei auf und drehte den Bildschirm so, dass ihr Chef freien Blick auf die Programmierzeilen hatte, die in atemberaubender Geschwindigkeit über den Bildschirm rasten. Dieser zog seine Lesebrille aus der Hemdtasche und trat näher. Ida konnte seinen warmen Atem im Genick spüren, als er den wechselnden Zeichen zu folgen versuchte. Innerlich verdrehte sie die Augen. Als ob der ihrem Werk auch nur im Ansatz folgen könnte.
Aber Ida hatte, wie alle anderen hier, lernen müssen, Professor Heinrichs niemals zu unterschätzen.
Daher stoppte sie den Durchlauf an einer ganz bestimmten Stelle und deutete auf einen langen Code.
„Die Zeile dürfte das Problem beheben. Das speziell angepasste Virus befindet sich in einem simplen Eingabebefehl verborgen, der beim nächsten Update ins Firmennetzwerk überspielt wird. Mit dem ersten Drücken der Entertaste wird es danach augenblicklich aktiviert und installiert sich selbsttätig auf allen Rechnern des Unternehmens. So müssten sie den Maulwurf im Handumdrehen enttarnen.“
„Gut, sichern Sie alles und machen Feierabend. Denken Sie daran, dass am Freitag das monatliche Treffen mit dem Rektor ist. Außerdem habe ich hier eine Einladung für Sie. Sie sind als Beraterin der eSport Liga der Universität zum Bundeswettkampf nächsten Monat eingeladen.“ Das klang eher nach ihrem Geschmack als das langweilige Abendessen in der Cafeteria mit den ganzen ach so wichtigen Leuten der Uni. Das Treffen beschloss sie zu schwänzen. Den Zockerwettbewerb natürlich nicht. Den würde sie sich niemals durch die Lappen gehen lassen. Ida griff nach dem Umschlag und zog eine auf edles Büttenpapier gedruckte Karte heraus.
„Das ist nicht deren Ernst oder? Eine Einladung zum eSport auf Papier mit Wasserzeichen?“ Ida unterdrückte ein Kichern aber umsonst. Es wuchs sich zu einem ausgemachten Lachkrampf aus.
Auch Roland Heinrichs, ihr gestrenger Chef, presste die Lippen sehr verkrampft zusammen. Im Unterschied zu Ida gelang es ihm dennoch zumindest äußerlich, eine ernste Miene zu wahren.
Immer noch kichernd, aber mit einem ausgewachsenen Schluckauf im Gepäck, verließ Ida einige Minuten später das Universitätsgebäude. Mit den Zähnen den Umschlag haltend, tastete sie in ihrer alten Messengerbag, die am Riemen quer über ihren Oberkörper hing, nach dem Schlüssel.
So ein verflixtes Ding. Musste das blöde Teil denn jedes Mal bis ganz nach unten rutschen? Sie kramte zwischen den Papieren umher, bis der gesamte Bodensatz der Tasche aufgewühlt war. Immer dann, wenn Ida glaubte, den Schlüssel erwischt zu haben, flutschte dieser noch tiefer ins Chaos.
Und dann passierte es. Noch nie in ihrem ganzen Leben, und das währte schon länger als gedacht, war sie auf diese Art und Weise auf ihrem Hinterteil gelandet. Überhaupt war sie noch nie gegen eine Mauer gelaufen. Ihre Instinkte waren eigentlich scharf genug ausgebildet, um so etwas zuverlässig zu verhindern.
Gut, etwas Positives war der Situation abzugewinnen. Der Schlüssel lag jetzt direkt vor ihrer Nase auf dem Pflaster. Allerdings umgeben vom Inhalt ihrer Tasche.
Einerseits war das ja ganz gut, immerhin hatten sich auch Staub und Krümel gnädigerweise nach draußen begeben, aber andererseits stand sie kurz davor, vor allen Leuten in die Luft zu gehen.
Und das war in Ihrem Fall wörtlich zu verstehen. Wie hatte es nur geschehen können, dass sie, Ida Wallenburg, auf ihren Hintern gefallen war? Mannomann. Offenbar ging es mit ihr steil bergab. Schnaubend erhob sie sich auf die Knie und sammelte ihren Krempel ein. Dann griff sie an etwas, dass da überhaupt nicht hingehörte. Schuhe. Eher gesagt, so richtig gut gearbeitete Motorradstiefel. Sowas erkannte sie im Schlaf. Ida hob den Kopf. Vor ihren Augen ragten zwei Beine in einer schwarzen, schmal geschnittenen Lederhose auf. Mit eben jenen festen Stiefeln an den Füßen. Sie ließ den Blick langsam weiter nach oben wandern.
Aber Hallo.
Da war sie doch glatt in ein echtes Schnuckelchen hineingerannt. Nicht, dass sie das auszunutzen plante, aber man durfte ja wohl mal schauen und den erquicklichen Anblick für einen Augenblick genießen.
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„Sorry, schöne Frau.“ Seine tiefe, leicht raue Stimme war in ihren Ohren auch nicht zu verachten. Der muskelbepackte Hüne reichte ihr seine Pranke und half ihr zuvorkommend auf. Ida schmunzelte, während sie ihr schmerzendes Hinterteil rieb.
So sehr sie die moderne Gesellschaft mit den eher lockeren Umgangsformen schätzte, so sehr genoss sie es doch, wenn ein Kavalier sich auch als solcher benahm. Oder so ähnlich zumindest.
„Danke.“
„Kann ich dich als kleine Wiedergutmachung auf einen Kaffee einladen?“ Sie schüttelte lächelnd den Kopf. Es war ja wohl eindeutig ihre Schuld gewesen, oder zumindest die des blöden Schlüssels, also hatte er gar keinen Anlass, sich zu entschuldigen. Davon abgesehen, musste sie wirklich los.
„Leider nein, ich bin echt spät dran.“ Sie nickte ihm zum Abschied zu und machte sich schleunigst vom Acker.
Idas Maschine stand gleich um die Ecke auf einem Angestelltenparkplatz der Universität. Ihr Schätzchen parkte, wie immer, ganz am Rand, wo das Dach des Vorbaus des Eingangs zur Bibliothek ein wenig Schutz bot.
Niemand schien es zu wagen, den Platz für sich zu beanspruchen. Egal zu welcher Jahreszeit, die Parkbucht für Idas Maschine war immer frei und wurde sogar im Winter penibel vom Schnee befreit.
Sie liebte das Gefühl der rüttelnden Kolben unter ihrem Hintern und den kühlen Wind im Gesicht zu jeder Jahreszeit. Der Oldtimer war von ihrem Onkel extra für sie in knallpink lackiert worden. Es war vermutlich die einzige Java 350 Typ 354 von 1960 in dieser Farbe, die weltweit existierte.
Und wohl die umstrittenste. Es gab kein Familientreffen, auf dem die Männer der Familie nicht an ihrem geliebten Schätzchen herumkrittelten. Sie öffnete, in Erinnerung an die letzte Diskussion dieser Art, das Gepäckfach. Dieses hatte der Bruder ihrer Mutter auf Idas Wunsch hin zusätzlich angebracht.
Sie zog ihren Helm hervor und strich sacht über die wunderschönen Farben auf der Oberfläche. Zu ihrem letzten Geburtstag hatte einer ihrer Brüder diesen nämlich mit einem supergenialen Airbrushbild verschönert. Es zeigte einen Wolfswelpen, der breit grinsend auf einer rosa Zuckerwattewolke schwebte. Aus der Wolke wuchsen zu beiden Seiten wunderschöne, dichtgefüllte Damaszenerrosen.
Ida meinte jedes Mal beinahe, den Duft riechen zu können. Sie strich ein letztes Mal über die rosaroten, dreidimensional erscheinenden Blüten, bevor sie sich den Helm überstülpte. Ida schwang gerade ein Bein über die Maschine, als der Motor eines schweren Motorrads hinter ihr näherkommend knatterte. Sie warf einen Blick über die Schulter, während sie den Schlüssel ins Zündschloss schob.
Der Fremde von eben saß auf einer großen Maschine und grinste sie breit an.
„Wenn ich dich schon nicht einladen darf, dann möchte ich dich zumindest ein Stück begleiten. Schreckliche Farbe übrigens, deine Maschine. Verweigert das Teil nicht den Dienst, seit es pink tragen muss?“
Seelenruhig hob Ida die Hand und streckte den mittleren Finger nach oben. Sie erweckte ihr Baby zum Leben und klappte den Ständer hoch.
„Ob du es glaubst oder nicht sie liebt genau diese Farbe.“
„Sie? Du behauptest doch wohl etwa dieses Schätzchen sei ein Mädchen? Das Herz dieser Maschine ist so männlich, wie ein Herz nur sein kann.“ Ida streichelte über den Tank ihres geliebten Motorrades.
„Hör nicht auf den bösen Mann. Der hat ja keine Ahnung, wie echte Motorräder denken. Immerhin fährt er so ein weichgespültes Modell. Wahrscheinlich kann er gar nicht ohne elektronische Helferlein fahren.“
Der Kerl wurde rot. Beinahe konnte sie Dampfstrahlen aus seinen Nasenlöchern schießen sehen.
Geschah ihm recht. Offenbar konnte er es gar nicht leiden, wenn man seine giftgrüne Ninja beleidigte. Was er konnte, konnte Ida schon lange. Auch wenn sie das Bike gar nicht mal so schlecht fand. Aber es ging hier ums Prinzip und nichts anderes.
Sie legte den Gang ein, fuhr einen weiten Bogen und reihte sich in den Feierabendverkehr ein. Im Rückspiegel konnte sie das grüne Motorrad erkennen, welches ihr natürlich folgte. Welch ein Zufall.
Er wollte offenbar ebenfalls in die Innenstadt. Und das auch noch über die gleichen Straßen. Seufzend verdrehte sie die Augen und setze den Blinker. Gleich darauf bog sie auf den Parkplatz eines kleinen Coffeeshops ein. Die andere Maschine parkte, wie erwartet, fast im gleichen Augenblick auch schon neben ihr. Ida zog den Helm ab und wartete, bis der Nachbar dasselbe getan hatte.
„In Ordnung. Du hast gewonnen. Lade mich auf einen Kaffee ein, aber nicht mehr.“
„Ich bin übrigens Max“ Er griff hinüber und schüttelte mit festem Griff ihre Hand.
Ein eigentümliches Kribbeln fuhr durch Idas Arm. Sie spürte es im ganzen Körper, als wäre ein leichter Blitz durch sie hindurch gerauscht. Sie schüttelte sich und betrachtete ihren hartnäckigen Verfolger aufmerksam.
Ein Blick in seine Augen gab ihr das Gefühl, von diesen hypnotisiert zu werden, egal wie flüchtig er auch gewesen war. Dieser Max hatte außergewöhnlich schöne Iriden.
In einem erstaunlich tiefen Blau blitzten kleine grüne Punkte auf, als wären es Seerosenblätter in einem sonnendurchfluteten Teich. Sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, in die Tiefen zweier klarer Seen gezogen zu werden.
Ach herrje. Ida schüttelte innerlich den Kopf. Seit wann kannte sie eigentlich solch schwülstige Vergleiche?
Und verwandte diese auch noch? Ida atmete tief ein und riss den Blick von ihm los. Auch an Max schien der Händedruck nicht ganz schadlos vorbei gegangen zu sein. Denn dieser schloss die Augen und schnaufte ebenfalls kurz durch.
Er fasste sich allerdings zügig wieder und legte eine Hand auf ihren unteren Rücken, als er sie zum Eingang des kleinen Ladens führte. Im Lokal war es warm und die Luft zum Schneiden dick. Man hätte beinahe glauben können, im versifftesten Pub der Stadt zu sein. Allerdings glänzten alle Oberflächen blitzsauber.
Offenbar war die Abzugshaube in der kleinen Küche defekt. Ida schnupperte. Es roch nach gebratenem Speck, Omelett und heißem Frittierfett. Und sowas nannte sich Coffeeshop.
„Trinkt ihr jetzt einen Kaffee oder geht ihr gleich zum Hauptgang über?“ Zeitgleich wandten sie sich zur Theke um und grinsten ebenfalls beide breit. Die Bedienung hatte nämlich bereits zwei Tassen aus dem Regal geholt und hielt diese auffordernd hoch, während sie anzüglich mit den Augenbrauen wackelte. Offenbar hatte sie mit einem Blick aus dem großen Schaufenster mitbekommen, dass Max und Ida das Kaffee beinahe nur mit Blicken in Brand gesetzt hätten. Das clevere Mädchen wollte wohl eventuelle Schäden vermeiden.
Oder aber, dass dieser Max und Ida ein öffentliches Ärgernis in ihrem Laden inszenieren könnten.
Eine halbe Stunde später war sich Ida todsicher, dass sie Max nie wiedersehen durfte, wenn ihr ihr Seelenheil wichtig war. Dieser Kerl war genau der Typ Mann, der in der Lage war, ihr das Herz für sehr lange Zeit zu brechen. Und wenn Ida eines derzeit absolut nicht brauchen konnte, dann amouröse Verwicklungen jeglicher Art. Mit solchem Kram sollte sich ihre viel zu große Verwandtschaft bitteschön abgeben, aber nicht sie.
Ein schrilles Klingeln ließ Ida aus ihrem bequemen Gamersessel aufschrecken. Das gute Stück war aus einem ausgemusterten Autositz extra für sie angefertigt worden. Die Corvette aus den Sechzigern war ihr absolutes Lieblingsauto gewesen, bis sie höchst persönlich dieses in einem dämlichen Unfall total geschrottet hatte. Nur der Sitz mit dem blassrosa Lederbezug war ihr als Erinnerungsstück geblieben.
Das kreischende Schrillen hörte nicht auf. Seufzend begab sich Ida auf die Suche. Das blöde Ding schien ein Eigenleben zu führen, war es doch nie dort, wo sie sicher war, es hingelegt zu haben. Unter einigen Sofakissen fand sie endlich den Störenfried. Wenn es nicht genau der Ton gewesen wäre, der einen Notfall ankündigte, hätte sie das Smartphone einfach stummgestellt und in Ruhe weitergearbeitet.
„Heb deinen faulen Hintern hoch und komm sofort her.“ Es klickte in der Leitung. Der dämliche Hund hatte einfach aufgelegt. Ohne zu sagen, was eigentlich los war.
Das war wieder typisch für ihren Großvater.
Nur kein Wort zu viel. Es hatte ja jeder sofort Zeit, wenn das Familienoberhaupt rief.
Allerdings stand es außer Frage, sich augenblicklich diese Zeit zu nehmen, wenn ein solcher Ruf kam. Denn Conrad tat nichts ohne Grund. Und seine Gründe waren niemals als Nichtigkeiten einzustufen, egal woran man gerade arbeitete. Oder ob man nach einem langen Tag im Bett lag und gerade mal eingeschlafen war. Schlaf wurde sowieso überbewertet. Davon abgesehen war für Sentimentalitäten in Conrads Universum von vornherein kein Platz.
Ida warf daher zügig ihre Lederjacke über und schnappte den Hausschlüssel aus der kleinen Bronzeschale, die auf dem antiken Bord neben der Haustür thronte. Thronte deshalb, weil es ein eingerollter Drache war, der auf Idas Schlüssel achtgab. Vor der Tür lag bereits die neue Tageszeitung. Ida beförderte diese kurzerhand mit einem flinken Tritt in den Hausflur und schloss ab. Ein Blick in den Himmel zeigte verblassende Sterne, was bedeutete, dass die Morgendämmerung kurz bevorstand. Sie holte die Maschine aus dem Schuppen, der ihr als Motorradgarage diente und startete. Bei den Bedingungen würde sie es in einer knappen dreiviertel Stunde bis zu Conrads Hochsicherheitsheim unterhalb des Rennsteigs schaffen. Außerdem genoss sie es, sich auf den noch freien Straßen, die über den Thüringer Wald führten, so richtig in die Kurven legen zu können.
Ein oder zweimal hatte Ida unterwegs das Gefühl, nicht allein zu sein. Es schien, als schwebte ein großer Schatten über ihr. Fliegende Schatten, die sich anhörten, als ob große Schwingen durch die kühle Luft schnitten, waren selten ein gutes Zeichen. Nicht einmal in ihrer Realität, die schon immer ziemlich schräg war.
Und das war sie nicht nur, weil Ida so ziemlich jedes Fantasygame am Rechner durchgespielt hatte. In ihrem Alltag verschwammen die Grenzen zwischen Fantasie und Realität manchmal beängstigend schnell. So, wie es gerade zu sein schien. Da sie inzwischen aber nicht mehr allein auf der Straße war, fürchtete Ida, andere Fahrer auf das Phänomen über ihnen aufmerksam zu machen. Also vermied sie es, den Kopf nach oben zu heben, um ihren Verdacht zu bestätigen. Denn wenn sie hochschaute, um das Wesen zu mustern, welches vermutlich da unterwegs war, wäre sie verpflichtet, zu handeln und dem Treiben Einhalt zu bieten.
Was dann wiederum viel unangenehme Arbeit nach sich zog, wenn die Autofahrer davon überzeugt werden mussten, dass es sich um einen Rettungshubschrauber oder ähnliches handelte. Sie ignorierte also das, was da flog und nahm sich stattdessen vor, ihre Tante nachher zur Seite zu nehmen. Wie es aussah, war wieder mal eines ihrer Schoßhündchen entfleucht und machte auch nach dem Ende der Nacht die Gegend unsicher.
Manchmal wurde Ida bei Seminaren von zockenden Studenten gefragt, ob die Settings bestimmter Computerspiele nicht doch zu abgedreht wären.
Dann musste sie es sich jedes Mal verkneifen mit „Wenn ihr wüsstet…“ zu antworten.
Mit dem Aufflammen der Sonne über dem Horizont lenkte Ida die Maschine auf eine breite Hofeinfahrt. Das große, schmiedeeiserne Tor zum Grundstück stand weit offen. Beide Flügel der hochklassigen Kunstschmiedearbeit knarrten leise im Wind. Die mit unregelmäßigen Basaltsteinen gepflasterte Fläche dahinter stand voller Fahrzeuge unterschiedlichster Art.
Für Fremde wäre es ein Anblick zum Staunen gewesen. Ida sah es als etwas, dass so beinahe jeden Sonntag zum Mittagessen hier geparkt sein konnte. Naja, beinahe zumindest. Und, wenn denn ausnahmsweise mal alle da wären. Breit grinsend erkannte Ida einen mit leuchtenden Blumen bedruckten, schmutzigen Pickup, einen rosafarbenen Smart mit dem Logo einer Ballettschule und eine ganze Reihe Quads in tiefschwarzen Lackierungen, die sich nur durch unterschiedlich dicke Schmutzauflagen unterschieden. Zwei edle Stuten grasten stoisch kauend auf dem Rasen und einer dieser eigenartigen Elektroroller lehnte am Geländer der kurzen Freitreppe. Conrad hatte also alles aufgefahren, was die Gesellschaft so hergab.
Über die mittelalterlichen Sandsteinmauern, die den großen Garten von den öffentlichen Bereichen abgrenzten, lugten die Rotorblätter eines Helikopters. Das war das letzte Zeichen, dass es ernst war.
Wenn man sogar die Professoren eingeladen hatte, dann musste etwas im Busch sein, dass nicht allein durch simple Magie zu lösen war.
Ida hängte den Helm über den Lenker, zog das Gummi aus dem Pferdeschwanz und schüttelte den Kopf, um ihre schulterlangen Haare einigermaßen sortiert zu bekommen. Manchmal hasste sie diese dicken, gelockten Strähnen einfach. Allerdings war es einfacher geworden, seit man es Frauen nicht mehr verübelte, einen kürzeren Haarschnitt zu tragen.
Sie wandte sich dem Gebäude, welches in früheren Zeiten der Landsitz eines niederen Adligen gewesen war, zu. Ida hatte die Stufen zur Haustür gerade erstiegen, als diese auch schon aufflog.
„Da bist du ja endlich. Mach hin, es warten schon alle auf dich. Du bist die Letzte!“ Ihr Vater schnappte nach Idas Hand, zog sie ins Haus und gleich bis in das riesige Büro Conrads. Dieses glich einer Mischung aus Nachtbar und Großraumbüro. Nur ohne abgetrennte Arbeitsplätze, dafür mit einer verspiegelten Bar, die eines großen Clubs der Zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts würdig gewesen wäre.
Auf den unterschiedlichsten Sitzmöbeln hockten an diesem Morgen jede Menge Leute, gestikulierten wild umher oder redeten aufgeregt miteinander.
Die Beistelltische, die jeweils mittig zwischen den Stühlen, Sesseln und Hockern platziert worden waren, quollen von Gläsern, Flaschen und Tellern mit vielfältigen Snacks über. Die heißen Diskussionen ergaben eine laute, misstönende Kakophonie. Es klang wie das Sprachengemisch, welches am Turm von Babel geherrscht haben musste. Johannes Wallenburg, seines Zeichens Idas Vater, schob sich zwei Finger zwischen die Lippen und stieß einen grellen Pfiff aus. Der Lärm erstarb, als wären die Geräusche mit einer überdimensionalen Schere abgeschnitten worden.
„Ah. Da bist du ja endlich. Wir warten schon ein Weilchen auf dich!“ Grinsend eilte sie auf ihren Großvater, den Hausherrn, zu, welcher die Arme bereits ausgebreitet hatte, um seine Enkelin aufzufangen.
„Conrad, es tut mir leid. Schneller ging es wirklich nicht, ohne aufzufallen.“ Ida drehte sich mit einem suchenden Blick aus der festen Umarmung des Mannes, bis sie die gesuchte Person erspähte.
Ihre Tante Margarethe hockte auf der Seitenlehne eines zierlichen Biedermeiersesselchens, hatte eine Hand mit der ihres Göttergatten verschlungen und prostete Ida schelmisch lächelnd zu. Sie erwiderte den Gruß.
„Grethe, ich glaube, dir ist mal wieder eines eurer Schoßtierchen entschlüpft. Ich hatte bis kurz vor der Abzweigung zum Hof einen Begleiter über mir.“ Stöhnend löste sich die in ein langes, tiefgrünes Renaissancegewand gekleidete Frau von ihrem Mann. Dieser verschluckte sich gerade so sehr an seinem Bier, dass ihm der Schaum aus der Nase spritzte.
Margarethe verdrehte darüber die Augen, winkte einer weiteren, in ein blütenweißes, ebenso altertümlich erscheinendes Kleid gewandeten Erscheinung zu und verschwand schnellen Schrittes.
„Verflixtes Spinnenbein. Die machen sie derzeit fertig, Ida.“ Clemens wischte sich das verschüttete Bier von der Hose und stand auf.
„Es ist ja nicht so, dass damit nicht zu rechnen gewesen wäre, nachdem die Jungtiere zurück zur Mutter gekommen sind. Aber Grethe dachte, dass sie gemeinsam mit Cern eine brauchbare Lösung gefunden hätte.“
„Woran glaubst du? An Wunder?“ Die Frau, welche sich nun kichernd auf Ida zubewegte, um diese ebenfalls herzlich zu umarmen, schüttelte erheitert den Kopf.
„Vater hat im Augenblick doch nur Augen für sein neuestes Projekt. Als ob der sich auf irgendwelche Echsen konzentrieren könnte. Stell dir vor, er plant, einen Kleintierhandel aufzumachen.“ Ach herrjemine. Ausgerechnet ein Kleintierhandel.
Cernun würde seine eigene Ware doch zum Fressen gernhaben. Das konnte ja nur schiefgehen. Ida sah sich aufmerksam um. Da Conrad offensichtlich die gesamte Gemeinschaft einbestellt hatte, fehlte der großgewachsene, hagere Glatzkopf ganz augenscheinlich.
Dessen vorlaute Tochter Brigid verdrehte theatralisch die Augen, bevor sie sich auf dem Schoß ihres Liebsten, dem renommierten Archäologen Janus Schlingmann, niederließ. Sie folgte Idas suchendem Blick und bedeutete ihr mit einer Geste, ihr später zu erklären, wo Cernun eigentlich steckte.
„Lasst uns fortfahren.“ Conrads eindrucksvoll tiefe Stimme erhielt umgehend alle Aufmerksamkeit.
„Ida, für dich fasse ich alles noch einmal kurz zusammen. Wir müsse unbedingt Strategien entwickeln, sonst laufen wir auf unausweichliche Konfrontationen mit der Normwelt zu. Der magische Rat drängt auf gangbare Lösungsmodelle. Mit dem Erwachen der Mutter dieser nervigen Schlingel, um die Grethe sich gerade kümmert, hatte sich ja bereits angedeutet, dass wir auf unruhige Zeiten zusteuern. Über die sinkenden Hemmschwellen bei Straftaten und die Aggressivität unter der menschlichen Bevölkerung brauche ich dir ja nichts zu erzählen. Auch den Schwachsinn, den viele Politiker verzapfen, muss man nicht erwähnen. Sorgen machen uns vor allem die Tendenzen nach rechts. Anfangs haben wir das Erstarken von Grethes Schützling auf diese Strömungen geschoben, da sie ja zum letzten Mal während der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts aktiv gewesen ist und ein Nest angelegt hat. Aber wie es sich derzeit zeigt, haben wir uns getäuscht. Obwohl der Rat sich sicher ist, dass die Richtung, in welche sich die Überzeugungen der Menschen bewegen, mit daran schuld ist, hat eine Forschungsgruppe, die unter Brigids Kontrolle steht, ein bisher völlig unbedachtes Muster erkannt. Daher dieses Treffen.“
Ida starrte zu Brigid Vibora, die nach wie vor auf den Knien ihres Gemahls thronte. Die Biologin war die Koryphäe auf dem Gebiet der Natternartigen und Echsen Europas. Wenn sich einer mit sämtlichen Formen des reptiloiden Wesens auskannte, dann sie. Brigid übernahm das Wort von Conrad.
„Wie ich vorhin bereits begonnen habe zu erklären, hat eine Gruppe der Universität Marseille, welche am Auftreten einer Seuche unter den mediterranen Natternarten forscht, durch Zufall ein Muster entdeckt und diese Erkenntnisse mit einer meiner Doktorandinnen aus der epidemiologischen Forschung weiterbearbeitet. Das Ergebnis ist erschreckend. Wie gesagt, durch Zufall fiel auf, dass jedes Auftreten einer ganz speziellen Natternpest mit dem Auftreten großer Seuchenschübe der Menschenwelt zusammenfiel. Die Erkrankungen unter den Nattern der Populationen in Italien und Tunesien schwären nun schon gewiss zwanzig Jahre. Wie nun vermutet werden darf, wahrscheinlich seit dem Übertritt von HIV auf den Menschen. Wie allgemein bekannt ist, haben während der vergangenen Jahrzehnte mehrere Erreger diverser Viruserkrankungen den Wirt gewechselt. Damit wurde jedes Mal schreckliches Leid unter den Menschen ausgelöst, wenn auch nicht so raumgreifend wie die großen Ausbrüche der schwarzen Pest im Mittelalter.“ Ein Großteil der Anwesenden schüttelte sich vor Ekel, gehörten diese Epidemien doch zu den schrecklichsten Erinnerungen der Gemeinschaft.
Und auch hier waren es andere Lebewesen, wie die allgegenwärtigen Ratten, welche den Erreger weitergetragen hatten, bevor dieser wiederrum mit ziemlicher Treffsicherheit ganze Landstriche entvölkert hatte.
„Jedenfalls hat die Infektionsrate unter den Nattern vor Kurzem eine beängstigende Höhe erreicht und es steht zu vermuten, dass ganze Populationen in den nächsten Monaten verschwinden werden. Mit nicht geringem Grummeln im Bauch beobachten wir ebenso, dass die Grenzen zwischen den Arten hierbei inzwischen zunehmend überschritten werden. Es gibt seit Neuestem Fälle von befallenen Eidechsen und Geckos, sowie einiger Agamenarten.“ Das klang übel.
„Aber Menschen sind nicht betroffen? Oder tritt der Erreger auch auf Warmblüter über?“
Allein der Gedanke an ein solches Szenario ließ Ida eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Und offensichtlich nicht nur ihr.
Außer dem Geräusch tiefer Atemzüge blieb es regelrecht totenstill, bis plötzlich die zankende Stimme Margarethes durch die Tür drang. Ida musste sich, trotz der ernsten Lage, ein Grinsen verkneifen.
Wie es klang, hatte Grethe ihr Haustier eingefangen und hielt der wendigen Lindiwe eine Ansprache, die sich gewaschen hatte. Plötzlich knisterte die Wand hinter Ida und die Kalkfarbe rieselte in kleinen Flöckchen zu Boden. Der Putz verfärbte sich blitzartig gelblich und es stank angebrannt.
„Was zum Kuckuck…?“ Die Männer sprangen auf und die größten unter ihnen, welche alle zur direkten Verwandtschaft Conrads gehörten, stürmten aus dem Raum.
Die Frauen verdrehten nur schmunzelnd die Augen.
Jeder wusste doch nur zu gut, was da gerade geschehen war. Die Kerle waren einfach zu leicht aus der Ruhe zu bringen. Syringa, Idas Mom reichte einen Krug herum, aus welchem es nach Holunderblütenlimonade verführerisch duftete. Währenddessen lehnte sich Jan Schlingmann, der Herzensmann Professor Viboras, entspannt zurück und reichte eine kleine Schale mit einem grau schimmernden Snack an Cern weiter. Der schlanke Mann war kurz vor dem Tumult durch die Terassentür eingetreten und machte es sich gerade gemütlich. Er warf sich die getrocknete Maus in den Mund, kaute laut krachend und warf Ida einen Luftkuss zu.
„Hallo, Idamäuschen. Jagen sie wieder einen dieser knuffigen Lederflügler?“ Ida hob die Brauen, so wie es fast alle anderen Anwesenden taten.
„Du nennst sie „knuffig“? Ich dachte, gerade ihr habt eine natürliche Abneigung gegen diese „Biester“? War das nicht deine Bezeichnung dafür, als der große Goldene das letzte Mal aktiv war?“ Cern winkte ab.
„Lang ist’s her. Man wird seine Meinung ja wohl ändern dürfen.“ Vom Sessel, wo Brigid und Janus hockten, erscholl ein lautes Lachen.
„Knuffig sind sie für meinen verehrten Schwiegervater erst, seit es diese Mäuseplagen gibt und genug zu futtern für alle da ist.“
Janus blinzelte fröhlich.
„Außerdem habe ich ihn erwischt, als er aus dem Zoomarkt bei uns um die Ecke einen Korb voll mit Mäusen schleppte.“ Cern hatte zumindest das Standing, zu erröten.
Auch wenn Ida bis zu diesem Moment vermutet hatte, dass er dazu gar nicht in der Lage war.
„Ich hatte eben keine Lust, auf die Jagd zu gehen.“ Er schnappte sich Brigids Glas und trank einen großen Schluck Limonade.
„Und außerdem sind derzeit eindeutig zu viele von den Geflügelten unterwegs. Die fangen fast alle Mäuse. Eindeutig. Und ich werde auch nicht jünger. Da darf man ja wohl auch ein wenig Bequemlichkeit erwarten. Oder?“
Wieder wieherten Brigid und Janus vor Lachen. Aber dieses Mal stimmte Ida lauthals ein.
Daher kam also die Idee, einen eigenen Handel für Kleintiere aufzumachen. Cern hoffte auf unendliche Quellen seiner Lieblingsmahlzeiten ohne, dass Konkurrenten ihm seine Mahlzeit wegzuschnappen drohten.
Aber der größte Witz war doch glatt, dass Cern sich angeblich sooo alt fühlte. Cernuns Geburtsjahr lag so weit zurück, dass die Zeit wahrscheinlich noch nicht einmal gezählt wurde, als er das Licht der Welt erblickte. Und jetzt sprach er vom Alter.
„Faulheit ist es, was dich umtreibt, verehrter Vater und mitnichten die Gebrechen eines langen Lebens.“ Brigid wischte sich einige klitzekleine Lachtränen aus den Augenwinkeln.
„Aber er hat recht.“ Clemens trat hinter die Bar und füllte sein Glas mit frischem Bier auf.
„Die Überflug- und Jagddichte der Drachen hat extrem zugenommen. Margarethe kommt schon eine Weile nicht mehr hinterher, die Viecher alle zur Räson zu rufen oder gar einzufangen.“
„Das ist also, wenn ich das jetzt richtig verstehe, nicht das erste Mal in letzter Zeit?“
Die weiß gekleidete Frau, die ursprünglich mit Margarethe gegangen, aber dann mit Cernun wiedererschienen war, musste sich so offensichtlich ein lautes Lachen verkneifen, dass ihre edlen Gesichtszüge ganz zerknautscht wirkten. Sie scheuchte zwei Männer von einem der zierlichen Sofas, nahm Platz, holte Luft, sammelte sich kurz und wandte sich Ida zu. Große Sorge legte über ihr zartes Antlitz.
„Die neuen Jungtiere können nicht wie früher zum Feuerberg gebracht werden, da Italien neue Einfuhrbestimmungen für magische Tierwesen erlassen hat. Und nun muss Grethe sich daher als alleinige Hüterin mit den Blagen herumschlagen. Hätte sie nicht Lindiwe, die sich wirklich müht, ein gutes Vorbild für ihre kleinen Geschwister zu sein, wäre es längst völlig eskaliert.“
Ida erinnerte sich noch gut, als Margarethe den kleinen Drachenwelpen bei sich aufgenommen hatte. Das Tierchen war kleinwüchsig und dessen damalige Altersgenossen hatten die Kleine beinahe zu Tode gebissen.
Aeola prostete Clemens zu, welcher der eigentliche Leidtragende der Geschichte war. Immerhin beanspruchte die quirlige Drachendame einen festen Platz in der Familie. Und hin und wieder sogar im Ehebett.
„Lindi sorgt meistens dafür, dass die kleinen Nestflüchter wieder nach Hause getrieben werden. Fast jedes Mal niest dabei allerdings eines der kleinen Monster oder steckt aus reinem Übermut etwas an. Nicht mehr lange und wir brauchen eine eigene Feuerwehrmannschaft.“
„Oder du rufst die Nebel herbei, wie du es schon einmal getan hast.“
Die weiße Aeola winkte ab und nahm dankend ein frischgefülltes Glas Limonade entgegen, welches Lola Kirschbaum, die Blumenhändlerin aus dem Nachbarort, ihr lächelnd reichte.
„Du hast ja keine Ahnung, liebste Lola. Gegen Lindiwe und ihre Zöglinge hätten die Nebelwesen nur kurzzeitig eine Chance. Es muss eine dauerhaftere Lösung gefunden werden.“
Die Männer traten einer nach dem anderen wieder ein. Ihre Shirts waren triefend nass und an vielen Stellen angekokelt.
Ruß und Schweiß hatten die Gesichter zu den Antlitzen von Heizern aus den Zeiten der Dampflokzüge gewandelt und es stank bestialisch nach Qualm und Schwefel.
„Damian und Ragnan haben die kleinen Biester erstmal mitgenommen und sperren sie weg. Wenn das andere Problem gelöst ist, muss dringend eine dauerhafte Lösung gefunden werden, wo die Jungtiere untergebracht werden können. Bei den Schwarzen können sie nicht für allzu lange bleiben. Das gäbe ein echtes Inferno.“
Adam, Johannes und Conrad sanken auf ihre Plätze und beobachteten schweigend, wie auch die restlichen Männer nach und nach, in den unterschiedlichsten Stadien der Sauberkeit, wieder den Raum betraten und sich setzten.
Als Letztes erschien Margarethe.
Sie trug einen eindrucksvollen, tiefschwarzen Lindwurm auf der Schulter, der gerade dabei war, sich ebendort einzurollen und die leuchtend flammenfarbenen Augen zu schließen. Seine Flügel hingen schlaff herab und hüllten Grethe in eine Art ledrigen Umhang mit Krallenenden ein. Grethe kraulte das Tier unterm Kinn und leise fauchend schlief Lindiwe vom Ketzersrasen ein.
Ida beobachtete amüsiert, wie Clemens, Grethes Gemahl, die Schwanzspitze Lindis, welche über Grethes Rücken hing, vom Hinterteil seiner Liebsten beiseiteschob. Nur, um seine große Pranke dort zu platzieren, wo eben noch der schuppige Schwanz über dieses gestrichten hatte. Diese Geste hatte etwas so Liebevolles an sich, dass es Ida beinah die Tränen in die Augen trieb. Das Paar war schon ewig zusammen und man konnte die tiefen Gefühle der beiden füreinander bis heute spüren, sobald sie aufeinandertrafen.
„Wenn ich bitten dürfte, sollten wir unsere Aufmerksamkeit zurück zu Brigid lenken.“ Einer der angekohlten Muskelberge mit dunkelbraunem Haar deutete auf die Professorin.
„Danke, Adam. Ich werde mich beeilen, damit ihr alle schnellstens unter die Dusche könnt.“
Lola, Adams Lebensgefährtin nickte so sehr in ihrer Zustimmung, dass sich einige Kirschblüten aus ihrer kunstvoll geflochtenen Frisur lösten und wie weiche Schneeflocken langsam zu Boden segelten.
„Gut, wir waren bei der artenübergreifenden Ausbreitung der Seuche stehen geblieben. Also, einige meiner Doktoranden befürchten ein Übertreten der Infektion auf den Menschen.
Der Erreger ist uns leider mindestens schon seit dem 14. Jahrhundert nur zu gut bekannt. In diversen alten Schriften kann außerdem über ähnliche Seuchen und daraus folgende Massensterben unter den Nattern und Ottern nachgelesen werden. Meistens schob man diese Ereignisse auf das gekonnte Eliminieren von Magie durch das Verbrennen einer Hexe. Man glaubte, dass die zur jeweiligen Magierin gehörigen Wesen mit ihr starben.“ Brigid hob bei dem aufkommenden Gemurmel beide Hände.
„Jaja, wir brauchen das hier und jetzt nicht zu diskutieren. Wir wissen alle, dass weder die simple Hexenkraft noch Gespensterglaube der Grund für diese Art der Seuchen waren. Auch ein einzelner mächtiger Fluch kann es nicht bewerkstelligen, auf so breitem Raum und über solch lange Zeit seine Wirkung über Europa auszugießen. Was mir allerdings wirklich zu denken gibt, ist eine Sage aus dem süddeutschen Raum, in welcher gesprochen ward, dass seinerzeit Kinder mit Echsenschwänzen geboren worden seien, während ein solches Reptiliensterben beobachtet wurde. Das mag Zufall sein, aber dem sollte nachgegangen werden. Es steht nach unseren Berechnungen zeitnah ebenfalls zu befürchten, dass ein Überschreiten der Grenze zum Menschen bevorsteht. Was eine solche Seuche in diesen unsicheren Zeiten auslösen würde, brauche ich wohl keinem von euch zu erklären. Wir benötigen jede Hand, um einen Übertritt und die darauffolgende rasend schnelle Ausbreitung eines Virus zu verhindern oder diese zumindest einzudämmen.“
Im gleichen Augenblick, als Brigid sich, dieses Mal neben ihren Partner auf das zierliche, blutrot gepolsterte Zweiersofa aus dem Art Deko setzte, erhob sich Conrad.
„Das ist allerdings noch nicht alles. Wir haben Hinweise erhalten, dass einige Regierungen mit dem Gedanken spielen, den Erreger für unlautere Pläne zu erforschen und eventuell einzusetzen. Normweltwissenschaftler sind seit einigen Wochen ebenfalls daran, die Herkunft der Seuche zu erforschen. Daher müssen schnellsten Vorkehrungen getroffen werden. Die magische Gemeinschaft sitzt heute weltweit zusammen, um lokal zu beraten. Die Rudel haben, in Absprache mit den jeweiligen magischen Räten, die Rolle der Koordinatoren übernommen, da nur diese rund um den Erdball in Kontakt stehen.“
Aha, daher wehte der Wind. Ida hatte sich bereits gewundert, was diese kleine, wenn auch überaus machtvolle Gruppe an Wesen bezwecken sollte. Aber als Teil eines großen Ganzen passte es wieder.
Das „Rudel“ Conrads beinhaltete die meisten anwesenden Männer und auch einige der Frauen. Als sogenannte „Mondwölfe“ gehörten sie zur Gruppe der Gestaltwandler. Nicht zu verwechseln waren sie dabei mit den, seit antiken Zeiten immer mal wieder beschriebenen Werwölfen, die allerdings beinahe als Ausgestorben galten. Mondwölfe, als eine Unterart der Wolfswandler, reagierten zwar ebenfalls stark auf den Mond und kehrten dann besonders stark ihre wölfische Seite hervor, aber sie neigten nicht unbedingt zwanghaft zu Gewaltexzessen. Ida wandte ihre Aufmerksamkeit zurück zu Conrad. Dieser war, aufgrund ihres, wenn auch kleinen, wölfischen Erbes ebenfalls ihr Rudelführer auf Lebenszeit.
„Ihr habt jetzt einen groben Überblick über die Fakten gehört.“ Er deutete auf einen hohen, bedenklich schiefen Stapel aus schmalen, bunt gemixten Ordnern, der auf einem aus rohem Holz gezimmertem Beistelltisch lag.
„Wir haben für jeden von euch eine Zusammenfassung ausgedruckt und je nach euren Fähigkeiten Arbeitsgruppen zusammengestellt. Meine Männer werden Grethe bei der Suche nach einer dauerhaften, und vor Allem sicheren, Unterbringung der Lindwürmchen und anderer Drachenwelpen unterstützen. Daneben werden wir auf Abruf für jeden von euch zur Verfügung stehen. Aeola übernimmt die Kommunikation zwischen den einzelnen Gruppen. Solltet ihr irgendwo keinerlei technische Möglichkeit haben sie zu erreichen, dann wendet euch bitte an die Gespenstercommunity, diese hat sich bereit erklärt, zu helfen und jegliche Nachricht auch zeitnah zu übermitteln.“ Was der wichtigste Einwurf war, denn wenn man das einem Gespenst nicht ausdrücklich sagte, konnte so eine Nachricht auch schon mal ein paar hundert Jahre zu spät zugestellt werden. Ida erinnerte sich an eine Depeche, welche während der amerikanischen Befreiungskriege aufgegeben und erst gegen Ende des zweiten Weltkrieges zugestellt wurde. Was zu der Zeit zu einigen Verwicklungen geführt hatte.
Nacheinander suchte sich jeder der Anwesenden den mit seinem Namen bedruckten Ordner heraus. Dabei verteilten sich diese großzügig über den Fußboden. Als letzte griff Ida nach einem zartrosafarbenen Hefter, der halb unter eines der Sofas gerutscht war. Diesen hatte keiner auch nur angeschaut, schien doch von vornherein klar, dass er nur zu ihr gehören konnte. Egal, wie sehr sie sich den Anschein einer knallharten Rockerbraut zuzulegen versuchte, sie würde für immer die nach Rosen duftende, rosa liebende Traumtänzerin bleiben.
„Kommst du gleich mit nach Hause?“ Die schwere Hand ihres Vaters legte sich auf Idas Schulter. Sie hob den Blick aus den Aufzeichnungen in ihrem Hefter und wandte sich dem großen Mann zu.
„Deine Mutter hat extra gekocht. Es gibt Falafel und jede Menge gegrillte Hühnerschenkel.“ Schmunzelnd klappte Ida die rosa Pappdeckel ihres Hefters zusammen.
Niemand kochte die orientalische Küche so gut wie Syringa. Als Ida zu ihnen gekommen war, hatte sie alles darangesetzt, von den Besten zu lernen. Eine bessere Adoptivfamilie hätte Ida niemals bekommen können, als es Johannes und Syringa waren.
„Wie sollte ich da noch widerstehen können? Aber ich wäre sowieso geblieben. Ich habe heute und morgen keine Veranstaltungen an der Uni, die meine Anwesenheit erforderlich machen würden. Und mein Laptop habe ich dabei, somit kann ich auch von zuhause aus ein wenig arbeiten.“
Alle Fenster des großen Hauses mit seinen drei Stockwerken standen weit offen. Köstliche Düfte strömten vor allem aus denen mit den Doppelflügeln, hinter welchen sich die Küche ihrer Mutter befand. Ida parkte die Maschine neben dem Carport, wo bereits mehrere der vollkommen unterschiedlichen Wagen und ein schmutziges, ursprünglich schwarz lackiertes, Quad standen. Offenbar war ein großer Teil der immer hungrigen Verwandtschaft schneller gewesen als sie. Sie hoffte für die Versehrtheit der Anderen, dass sich keiner an den Falafel vergriffen hatte.
Der große, violette Flieder neben der Haustür trug noch einige verspätete, halb verblühte Blütendolden zur Schau, von denen kleine violette Blättchen zu Boden rieselten, als Ida mit der Hand darüberfuhr. Liebevoll strich sie über den glatten Stamm, bevor sie die passend zum jungen Laub grün lackierte Tür nach innen aufdrückte.
„Ich bin zu Hause!“ Zielgerichtet marschierte sie zur Küche und warf unterwegs den Helm auf ein altersschwaches Schränkchen an der Wand der großen Diele.
„Ida! Endlich! Oma hat gesagt, dass du kommst. Wir haben dicke leckere Pfannkuchen gebacken und extra für dich diese komischen dünnen auch. Und wir dürfen dir nicht sofort auf den Keks gehen, hat Oma gesagt. Wir sollen dich erstmal ankommen lassen, hat sie behauptet. Aber du bist doch gar nicht müde, oder?“ Ida löste vorsichtig die Ärmchen der kleinen Unruhestifter von ihren Beinen und hockte sich mit ausgebreiteten Armen hin.
„Wer will eine Umarmung?“ Sofort klammerten sich die beiden kleinen Jungen fest an ihre Schultern.
„Ich hätte auch gern eine.“ Ida erhob sich mit ihren Neffen am Hals. Sie drückte ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange. Vorhin bei Conrad hatten sie sich nur kurz begrüßt und Syri war auch eher verschwunden. Offenbar war sie gegangen, um dieses veritable Festmahl vorzubereiten.
„Wenn ich die Monster hier endlich losgeworden bin, dann umarme ich dich gern. Aber ich halte sie auch freiwillig fest, wenn ihr erst die ganzen Pfannkuchen verputzen wollt.“ Wie reife Äpfel plumpsten die Jungen zu Boden und stürmten zum Küchentisch, wo bereits Stapel des warmen Gebäcks auf die hungrigen Mäuler warteten.
Natürlich hatte Syringa, die Herrin des violetten Flieders und Idas Adoptivmutter in Personalunion, alles aufgetischt, was die ziemlich schnell angewachsene Gesellschaft mochte. Düfte, die Ida in ihrer Vielseitigkeit an einen der alten orientalischen Suks erinnerten, waberten durchs Haus. Schmunzelnd umarmte sie endlich ihre nach den Köstlichkeiten duftende Mutter und ließ sich dann in einen mit einer buntgewebten Decke ausgelegten Lehnstuhl fallen.
Während sie den ersten der hauchdünnen Pfannkuchen zusammenrollte und sich in den Mund schob, ließ sie den Blick schweifen. Die gemütliche Küche war schon immer der Mittelpunkt des Haushaltes gewesen. An dem riesigen Holztisch versammelten sich seit jeher all die Wesen, die sich in der weiteren Umgebung häuslich eingerichtet hatten. Die Natternblütigen ebenso, wie ein Teil des Rudels und die Elfengemeinschaft der Wälder. Auf winzigen Stühlchen hockten einige Blütenfeen auf dem Tisch vor ihren Tellern und verputzten ebenfalls ihren Anteil.
Brigid und Janus teilten sich neben ihr mit Cern gegrilltes Hühnchen, Ida genoss Falafel und Reisbällchen, es gab fruchtige Salate und sogar Steaks für die Männer. Irgendwie fand sich nämlich immer ein großer Teil der Familie bei Johannes und Syri ein. Der Rest belästigte vermutlich Grethe und ihren Clemens.
„Erklärst du uns noch einmal ganz genau, was du an diesem Computerkram findest?“ Syri hatte Idas Freude an der Arbeit mit Bits und Bytes noch nie nachvollziehen können.
Sie war ein vollkommenes Wesen der Natur und ging in der Pflege ihres Gartens völlig auf. Wobei sie auch die Wälder und Wiesen jenseits der Grenzen ihres Gartenzauns als ihr Reich okkupiert hatte.
„Es ist einfach vollkommene Logik. Keine Wetterkapriolen oder Düngergaben, die etwas beeinflussen. Nur Zahlen und Ergebnisse. Man kann alles berechnen, ohne dumme Zufälle.“ Meistens jedenfalls.
„Lass Ida in Ruhe. Sie mag ein Zahlengenie sein, beherrscht aber den Umgang mit den Naturgewalten ebenso souverän wie du.“ Janus rollte mit den Augen. Diese Diskussion, wenn sie einmal in Fahrt kam, führte mit schöner Regelmäßigkeit zu schlagenden Türen und Stapeln von aufgeschlagenen Büchern im ganzen Haus. Keiner wollte dann nachgeben und den anderen um jeden Preis von seiner Meinung überzeugen. Sturköpfe waren sie alle, die sich hier versammelt hatten. Also starrte Janus Syri fest an, bis diese fast unsichtbar nickte. Dann ließ er den Blick schweifen, bis dieser auf der Frau mit dem, noch geschlossenen, Laptop auf dem Schoß ankam.
„Lass dich nicht verunsichern. Ich zumindest weiß, was wir an dir haben.“ Ida verkniff sich ein Schmunzeln und nickte Janus zu. Der Archäologe war erst im Vorjahr einem Ruf in den Amazonasregenwald gefolgt, um geheimnisvolle Bilddarstellungen zu erforschen, die ihn letztendlich zu seinen ihm unbekannten Wurzeln geführt hatten.
Ida hatte ihn nur zu gern ein Stück des Weges begleitet und verlor sich bis heute gern in den Erinnerungen an das ungewöhnliche Abenteuer, welches ihr erlaubt hatte, sich in ihrer ureigenen Art zu geben. Keiner wusste, wie sehr sie es genossen hatte, dieses Gefühl von Freiheit in dieser immer enger werdenden Welt zu genießen. Sie beschloss, dass es Zeit für ein völlig anderes Thema sei.
„Stellen die kleinen Lindwürmer viel Unfug an?“ Syri nahm den Ball an und zuckte gelassen mit den Schultern.
„Wenn man deren schier ungewöhnlich hohe Zahl bedenkt, geht es eigentlich. Abgesehen von den zahlreichen Brandmeldeanlagen, die immer wieder ausgelöst werden, hat Grethe die Truppe ganz gut im Griff. Allerdings verzweifeln die lokalen Feuerwehren langsam aber sicher daran, immer wieder zu Fehlalarmen auszurücken. Zum Glück ist in fast jeder Einheit irgendeiner unserer Männer und kann daher rechtzeitig eingreifen.“ Das Durcheinander konnte Ida sich nur zu gut vorstellen.
„Und es ist keine Option, dass Ragnan und seine Kollegschaft die Bande für längere Zeit zu sich nehmen?“ Cern lachte über seinem Teller laut auf, wobei er sich verschluckte. Nachdem er keuchend und würgend den Hals wieder frei bekommen hatte, wies er mit seiner Gabel auf Ida.
„Das willst du nicht sehen. Oder vielleicht doch? Dieses Jungvolk von Lindwürmern bringt sogar unsere Herren von der dämonischen Fraktion zum Schwitzen. Die Biester büxen einfach immer wieder aus. Egal, wie gut Damian und Ragnan die Gruppe wegzusperren versuchen, sie finden immer wieder Wege, an die Oberfläche zu kommen. Ist wohl so ein Instinktding.“ Syri nickte bestätigend.
„Grethe kümmert sich ja schon lange um Jungtiere. Sie sagt, dass der Drang nur natürlich ist, ins Licht zu kommen und zu fliegen. Für Kollateralschäden können sie angeblich nichts. Die kleinen Ganoven zünden schon beim Niesen ganze Wälder an. Deshalb brachte man sie ja jahrhundertelang zum Feuerberg. Aber seit auch der Stromboli touristisch erschlossen wurde, werden um den Gipfel schwirrende Jungdrachen einfach nicht mehr geduldet.“
„Außerdem hat die EU dem Transfair magischer Tierwesen einen Riegel vorgeschoben. Es ist fast nicht mehr möglich, auch nur eine Blütenfee ins Ausland zu bringen.“ Ein Räuspern von den Feenplätzen brachte Janus dazu, sich bei den Blütenwesen zu entschuldigen.
„Es geht doch nicht darum, euch loszuwerden, das war nur ein, zugegeben dämliches, Beispiel.“
Den Rest des Frühstücks flachste man einfach nur herum. Ida lehnte sich satt und zufrieden zurück, während sie beobachtete, wie die verbalen Bälle untereinander zugespielt wurden. An diesem Tisch fühle sie sich immer zu Hause.
Mit allen den Personen, die ihr am liebsten waren, zusammenzusitzen und einfach nur Tratsch auszutauschen