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In der Gärtnerei Zahl nahe Dresden herrscht geschäftiges Treiben. Die Adventszeit stellt alljährlich einen der Höhepunkte im Jahr dar. Es wird geschmückt und gewerkelt und vor allem kümmern sich Richard Rübe-Zahls Mitarbeiter voller Leidenschaft um hunderte Töpfe mit Weihnachtssternen in allen denkbaren Farben. Als die Journalistin Emma Schnellfuß um einen Termin bittet, schreckt Richard auf. Denn die umtriebige Pressevertreterin fragt nicht nur nach den Weihnachtssternen, sondern sie möchte Informationen über Richards ganz besondere Mitarbeiter einholen. Und genau das darf ihr auf keinen Fall gelingen. Aber dann bricht der erste Sturm des Winters über Dresden und das Umland herein. Das Unwetter und die am nächsten Tag folgenden Ereignisse wirbeln nicht nur Richards Leben gehörig durcheinander. Umgefallene Bäume und die Entführung einiger von Richards besonderen Mitarbeitern haben das Potential, diese Adventszeit in einer Katastrophe münden zu lassen. Aber in der Weihnachtszeit ist erst alles gut, wenn alles gut ist? Oder? Ein turbulentes Weihnachtsmärchen um Liebe, Leidenschaft und die dringend nötige Achtung vor dem, was uns auf dieser Welt gegeben wurde.
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Seitenzahl: 94
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Diese Geschichte erscheint unter dem Label „Zauberhafte Dresdner Weihnacht“.
Idee und Konzept dieser Reihe wurden 2021 von der Kinderbuchautorin Ines Wiesner entwickelt. Seitdem veröffentlichen verschiedene Autorinnen alljährlich weihnachtliche Geschichten aus der schönen Stadt Dresden in unterschiedlichen Genres unter diesem Label.
Herzlichen Dank, liebe Ines, dass ich dieses Jahr mit meiner dritten Geschichte dabei sein darf!
Vorwort
Worum geht’s?
Leise rieseln die Blätter
Schneeglöckchendilemma
Weihnachtssternglitzerwolken
Sturmgejammer
Rübezahls Sturmgesang
(
Weihnachts)baumtrauer
Weihnachtssterngeflüster
Weihnachtssterngeraschel
Totgeweint
Goldmoosglitzerfreude
Alpakadeckenweihnacht
Sombreroadvent
Zapfengeschosse
Urwaldleuchten
Oh, es treibe grün aus
Rübezahlwunder
Lebenslied
Adventsputz
Nagualwunder
Weihnachtsjasmin
Striezelmarktmann
Glockenklang
Noch auf ein kurzes Wort
Buchübersicht der „Zauberhaften Dresdner Weihnacht“
In der Gärtnerei Zahl nahe Dresden herrscht geschäftiges Treiben. Die Adventszeit stellt alljährlich einen der Höhepunkte im Jahr dar. Es wird geschmückt und gewerkelt und vor allem kümmern sich Richard Rübe-Zahls Mitarbeiter voller Leidenschaft um hunderte Töpfe mit Weihnachtssternen in allen denkbaren Farben. Als die Journalistin Emma Schnellfuß um einen Termin bittet, schreckt Richard auf. Denn die umtriebige Pressevertreterin fragt nicht nur nach den Weihnachtssternen, sondern sie möchte Informationen über Richards ganz besondere Mitarbeiter einholen. Und genau das darf ihr auf keinen Fall gelingen. Aber dann bricht der erste Sturm des Winters über Dresden und das Umland herein. Das Unwetter und die am nächsten Tag folgenden Ereignisse wirbeln nicht nur Richards Leben gehörig durcheinander. Umgefallene Bäume und die Entführung einiger von Richards besonderen Mitarbeitern haben das Potential, diese Adventszeit in einer Katastrophe münden zu lassen.
Aber in der Weihnachtszeit ist erst alles gut, wenn alles gut ist? Oder?
Ein turbulentes Weihnachtsmärchen um Liebe, Leidenschaft und die dringend nötige Achtung vor dem, was uns auf dieser Welt gegeben wurde.
„Gärtnerei Zahl, Richard Rübe-Zahl am Apparat, wie kann ich Ihnen helfen?“
„Ja hallo Herr Rübe-Zahl, Emma Schnellfuß vom Sächsischen Tagesboten hier. Ich würde gern einen Termin mit Ihnen vereinbaren. Unsere Zeitung möchte zeitnah einen Artikel über Ihre Firma und insbesondere Ihre Mitarbeitenden herausbringen. Außerdem arbeite ich an einem Beitrag über die Haltbarkeit von getopften Weihnachtssternen. Da haben Sie doch ganz gewiss ein paar Tipps für unsere Leser auf Lager. Zum Beispiel, was diese tun können, damit die Pracht auch bis Weihnachten hält und nicht gleich wieder alle Blätter abfallen, sobald man mit dem Stern Zuhause angekommen ist.“
Richard grinste breit, auch wenn die Schnellfuß das nicht sehen konnte.
Es war doch immer wieder dasselbe. Und er verstand das Problem der Journalistin nur zu gut.
Aber niemand bekam in diesem Leben alles, was er sich wünschte. Sie würde sich mit einem Teilerfolg ihrer Anfrage zufriedengeben müssen.
„Natürlich erzähle ich Ihnen gern etwas über unsere Erfahrungen mit Weihnachtssternen. Da gibt es einiges zu beachten, wenn man diese länger am Leben erhalten möchte. Allerdings werde ich keinerlei Statement zu meinen Angestellten abgeben und es wird auch keine Möglichkeit für Sie geben, diese persönlich zu befragen.“ Er hörte, wie Emma Schnellfuß leise seufzte. Dieser Ton sprach Bände.
Eine Reporterin gab nicht so ohne weiteres auf.
Damit war so sehr zu rechnen gewesen, dass Richard enttäuscht wäre, wenn sie anders reagiert hätte.
Aber er würde natürlich hart bleiben.
Wo käme er denn da hin, wenn er mit Gott und der Welt über seine Leute plaudern würde.
Also, Gott wusste ganz gewiss Bescheid, ebenso wie die alten Götter. Aber das genügte auch.
Er würde deren Geschichten nicht öffentlich herumtratschen und auch nicht zulassen, dass diese bekannter wurden, als sie es sowieso schon waren. Es war besser für alle Beteiligten, wenn seine Mitarbeitenden unter dem Radar der Aufmerksamkeit blieben. Sonst konnte er ihnen auch gleich eine Zielscheibe auf die Stirnen nageln.
„Das ist Ihr letztes Wort?“ Oh Mann. Die Stimme der Frau klang nun um einiges härter. Sie säuselte nicht mehr. Die übermäßige Höflichkeit der Bittstellerin war ihr offenbar ausgegangen. Aber wie bereits erwähnt, Richard hatte auch nichts anderes erwartet.
„Ja, das ist es. Möchten Sie nun einen Termin bezüglich der Poinsettien machen, oder nicht?“ Natürlich wollte sie.
Und ebenso natürlich würde sie bei diesem Gespräch nachhaken, ob sie nicht doch ein klitzekleines Interview führen könnte.
Er verdrehte die Augen. Die Schnellfuß war eben viel zu leicht zu durchschauen.
Richard würde ihr den kleinen Finger bezüglich der Weihnachtssterne reichen, aber ansonsten schweigen.
Sie vereinbarten, dass Emma Schnellfuß am folgenden Tag in den Abendstunden vorbeikommen sollte.
Dann waren nämlich von den Leuten, hinter deren Stories sie eigentlich her war, keine mehr auf dem Gelände. Sollte sie doch herumschnüffeln, weit würde sie nicht kommen.
„Chef, wohin soll ich die neuen Phalaenopsis stellen?“ Richard stützte, ob des verächtlichen Tones des jungen Gärtners, die Hände in die Seiten.
Er war sich nur zu gut bewusst, dass seine Angestellten von den üppig blühenden Orchideen nicht allzu viel hielten.
Eher gesagt, sie verachteten alle jene Pflanzen, deren Blüten keine sogenannten Bienenweiden waren.
Solche Blühpflanzen waren in ihren Augen nutzlos, da sie nichts zum angestammten Kreislauf des Lebens beitrugen. Jedenfalls nicht, wenn es Insekten inkludierte.
Wenn es nach seinen Mitarbeitenden ginge, dann würden sie sowieso nur mit schon seit Jahrtausenden einheimischen Pflanzen aus lokaler Herkunft handeln. Und natürlich auch nur diese züchten. Allein die Diskussionen, ob der Begriff der Neophythen, also der „Neuansiedler“ des Pflanzenreichs, nicht verkehrt definiert sei, nahmen ganze Abende ein.
Eigentlich zählten ja alle eingewanderten Pflanzen seit dem Jahre 1492 dazu, aber während einige Leutchen eher gnädig mit ganzen Pflanzengruppen umgingen, waren andere echt hart eingestellt.
Richard gehörte eher der laxeren Gruppe an. Lupinen zum Beispiel, liebte er.
Und Kartoffeln.
Denn die waren ja eigentlich auch zugereist.
Allerdings hatte er sich nicht umsonst auf jene Bereiche der Gärtnerei und Baumzucht spezialisiert, die sich mit den alten Kultur- und Zierpflanzen abgab.
Davon hatte Richard daher auch jede Menge im Programm. Aber nur von heimischen Kräutern, Stauden oder Sträuchern konnte heutzutage keine Gärtnerei mehr überleben.
Prachtvolle Exoten fürs Fensterbrett oder den Kübel im Garten waren und blieben äußerst wichtiger Bestandteil des Angebotes.
Auch die recht zickigen Weihnachtssterne, über die Frau Schnellfuß so gerne zu sprechen wünschte, waren Richards Angestellten spitze Dornen in den ärgerlich zusammengekniffenen Augen.
Immerhin entstammten diese einem völlig anderen Kulturkreis. Auch vertrugen sie das einheimische Klima nicht mal ansatzweise. Davon abgesehen waren die Pflanzen auch sonst wahrhaftige Mimosen.
Gedanklich entschuldigte Richard sich bei den echten Mimosen, die zwar bei Gefahr ihre Blätter einklappten, aber ansonsten äußerst robuste Zeitgenossen waren.
„Chef, wir haben ein Problem. Das Hotel „Taschenbergpalais“ in Dresden möchte einhundertsechsunddreißig identische Adventsgestecke mit Christrosen und Schneeglöckchen haben.“ Laura, die gute Fee des Büros, schüttelte den Kopf.
„Ey, die sind doch nicht mehr ganz normal. Christrosen und Schneeglöckchen. Wer mit einem gesunden Menschenverstand kombiniert das schon? Wie bitte schön sollen wir es hinbekommen, dass die Schneeglöckchen durch die ganze Weihnachtszeit hin blühen? Bis es so weit ist, treiben die doch nur noch Blätter.“
Richard beugte sich seufzend über den Rechnerbildschirm, an dem sein zierliches, aber absolut fähiges, Mädchen für alles arbeitete. Die gute Laura war ein wahrer Tausendsassa und ein echtes Goldstück. Als Lebensgefährtin eines der etwas spezielleren Gärtner hier im Haus, konnte sie sowohl die „normalen“ als auch die „besonderen“ Angestellten sehr gut händeln. Nicht nur einmal hatte das Persönchen es sogar geschafft, aufkommende Prügeleien nur mit einigen leise gesprochenen Worten aufzulösen. Und die völlig verstrittenen Beteiligten gemeinsam an einen Tisch zu bekommen.
Wenn man wie Richard, auf heimatlose und in den Augen der Bevölkerung, sogenannte behinderte Mitarbeiter setzte, dann war ein gewisses Konfliktpotenzial immer gegeben.
Offiziell lief die Gärtnerei in Teilen daher als geschützte Werkstatt.
Was bedeutete, dass Richard Fördergelder vom Land für seine besonderen Angestellten erhielt. Diese Zuschüsse erlaubten es ihm, der auch von ihm bevorzugten Flora seiner Heimat einen größeren Platz auf den Beeten und in den Gewächshäusern einzuräumen. Es handelte es sich daher um eine klassische Win-win-situation.
Allerdings würde Richard jedem zumindest verbal ein blaues Auge verpassen, der versuchen würde, ihn des Betrugs zu bezichtigen. Denn bei genauerem Hinsehen hatte keiner seiner Mitarbeiter mit einem echten Handicap in Form von körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen zu kämpfen. Dessen waren sich allerdings auch die Mitarbeiter der Integrationsfachstelle, die seine Gärtner und Gehilfen betreute, bewusst.
Integration betraf eben doch mehr Punkte des Lebens, als es auf den ersten Blick ersichtlich war. Sich in die sogenannte normale Welt zu integrieren, fiel den meisten seiner Leute ziemlich schwer.
Die passten eben in keine der von den Menschen im Laufe der Jahrhunderte sorgfältig errichteten Normen.
„Was wird es nun mit den Gestecken? Die vom Taschenbergpalais warten auf eine Antwort.“
Richard verdrehte die Augen. Den Herrschaften des Luxushotels konnte es nie schnell genug gehen.
„Ich schau mal in den Gewächshäusern, was wir Ihnen anstelle der Schneeglöckchen Schickes anbieten können. Gehe ich recht in der Annahme, dass die Bestellung in den Farben Weiß und Grün sein soll?“ Laura nickte zustimmend.
„Genau das. Und mit jeweils einer weißen Kerze im Glas in Kombination. Das Ganze soll eben auch zugluftresistent sein. Du weißt doch wie es ist. Gerade die großen Gestecke in der Lobby müssen einiges abkönnen.“
Vor sich hin grummelnd zog Richard die Tür zum größten seiner Gewächshäuser auf. In der Vorweihnachtszeit verwandelte sich das Glashaus alljährlich in ein wahrhaftiges Weihnachtswunderland. Dort, wo ab Januar wieder Tomaten und Paprikapflanzen gezogen werden würden, standen jetzt unzählige Töpfe mit Weihnachtssternen, Christrosen, Zuckerhutfichten und mehr auf den Hochbeeten. Frisch geschnittenes Reisig lag in großen Bündeln überall auf großen Tischen herum und unzählige Kisten mit Kerzen und Weihnachtskugeln standen bereit. Ganze fünf Floristen herrschten zu dieser Jahreszeit über das gläserne Haus.
„Vorsicht Chef!“ Richard gelang es gerade so, einer dichten Wolke silbernem Glitzer auszuweichen, den eine korpulente ältere Frau gerade eben über einige cremefarben blühende Weihnachtssterne sprühte.
Die gute Agnes war das beste Beispiel dafür, dass man Menschen nicht nach ihrem Äußeren beurteilen sollte. Im Inneren der äußerlich biederen, etwas langweilig wirkenden Matrone steckte eine mehrfache Weltmeisterin im Binden von Sträußen und Fertigen von Gestecken.
„Liebes, wir haben ein Problem. Das Hotel Taschenbergpalais wünscht weihnachtliche Gestecke mit Christrosen und Schneeglöckchen.“ Agnes zog beide Augenbrauen nach oben.
„Schneeglöckchen. Und Christrose. Das passt ja so überhaupt nicht. Die armen Schneeglöckchen sind doch viel zu zart für plumpe Christrosen.“ Agnes schüttelte den Kopf, dass ihre grauen Locken nur so flogen. Dabei bekam Richard letztendlich doch noch Glitzer ab, der sich aus dem kinnlangen Bob löste.
„Ich lasse mir mal eine Alternative einfallen, mache Fotos und lasse Laura das Ganze dann dem Hotel mailen.“ Erleichtert nickte Richard. Auf Agnes und Laura war doch immer wieder Verlass. Dieser ganze Dekoquatsch war so gar nicht seins. Nicht umsonst beschäftigte er einen ganzen Stab Floristen. Seine Leidenschaft war die Baumschule, in der er bevorzugt alte Obstsorten zog. Es ging doch nichts über Äpfel, die noch nach Äpfeln schmeckten. Oder auch Pflaumen, in denen die Süße eines ganzen Sommers steckte. Derzeit tüftelte er an der Zucht einer ganz alten und superseltenen Sorte Kirschen, die gegen die derzeit so schrecklich wirkenden Moniliapilze recht gute Abwehrkräfte zeigten. Die verschiedenen Pilzarten der Monilia-Gruppe erzeugten die gefürchtete Spitzendürre bei Sauerkirschen und bei Süßkirschen braune Stellen auf den Früchten. Über die Zucht einer alten Art mit einer Resistenz gegen diese Pilze konnte er stundenlang nachgrübeln.