Mit der Bibel durch das Jahr 2022 -  - E-Book

Mit der Bibel durch das Jahr 2022 E-Book

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Beschreibung

"Mit der Bibel durch das Jahr" ist das Standardwerk der praktischen ökumenischen Bibelauslegung für das Leben als Christin und Christ in der heutigen Zeit. Die Auslegungen mit kurzen Gebeten für jeden Tag folgen dem ökumenischen Bibelleseplan und sind verfasst von evangelischen, katholischen und freikirchlichen Autorinnen und Autoren. Zusätzliche Einführungen erklären anschaulich Aufbau, Anliegen und geschichtlichen Hintergrund der biblischen Bücher. Eine zuverlässige Begleitung für jeden Tag des Jahres.

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Seitenzahl: 752

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Redaktion

Dr. h.c. Nikolaus Schneider, Präses a.D. und Ratsvorsitzender der EKD a.D.

© Verlag Kreuz in der Verlag Herder GmbH, Freiburg 2021

Alle Rechte vorbehalten

www.verlag-kreuz.de

Koproduktion mit dem Verlag Katholisches Bibelwerk GmbH, Stuttgart

www.bibelwerkverlag.de

Umschlagkonzeption: wunderlichundweigand, Schwäbisch Hall

Umschlaggestaltung: Verlag Herder

Umschlagmotiv: Ekely/iStock – getty images

Konvertierung: Newgen Publishing Europe

E-Book ISBN 978-3-451-82227-8

ISBN 978-3-451-60106-4 (Verlag Kreuz)

ISBN 978-3-460-20225-2 (Verlag Katholisches Bibelwerk)

Menü

Buch lesen

Innentitel

Inhaltsverzeichnis

Informationen zum Buch

Impressum

Inhalt

Geleitwort

Hinweise zum Gebrauch dieses Buches

Jahreslosung und Monatssprüche

Mit der Bibel durch das Jahr 2022

Einführung in die biblischen Bücher

Josua

Richter

Rut

1.–2. Chronik

Ester

Hohelied

Jesaja 1–39

Jona

Matthäusevangelium

Johannesevangelium

Galaterbrief

Epheserbrief

Johannesbriefe

Offenbarung des Johannes

Gebete

Anhang

Bibelleseplan

Bibelstellenregister

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Abkürzungen biblischer Bücher

Quellenverzeichnis

Liebe Leserinnen und Leser!

Ein neues Jahr liegt vor uns. Wir blicken voraus auf 365 Tage – erwartungsvoll. »Du schufst weiten Raum meinen Schritten« (Ps 18,37), diesen verheißungsvollen Worten des Psalmisten dürfen wir uns anschließen. Wir erhoffen uns ein freudiges Jahr. Aber wir ahnen auch, dass dieses Jahr nicht nur Freude und Glück für uns bereithalten wird. Höhen und Tiefen gehören zum Leben nun mal dazu; Freud und Leid werden sich vermutlich die Hand geben – wie in jedem Jahr.

Wie in jedem Jahr haben wir vielleicht die ein oder andere Ahnung, was das Jahr bringen wird. Pläne, Wünsche, Hoffnungen oder auch Sorgen und Nöte mögen uns in dieses Jahr hinein begleiten. Wir ahnen, planen, hoffen – wir wissen indes noch nichts über dieses neue Jahr. Wenn uns Corona etwas gelehrt hat, dann dies: Ein Jahr kann ganz schnell ganz anders aussehen, sich anfühlen – als vorher gedacht oder erwartet. Von heute auf morgen kann unser Leben völlig unvermutet die Richtung wechseln oder alle Planungen können über den Haufen geworfen werden – im Großen wie im Kleinen.

Da ist es gut, ja manchmal überlebensnotwendig, treue Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter an meiner Seite zu wissen. Das können Menschen sein, die mich tragen und auffangen, wenn das Schicksal mich heftig beutelt. Und die mit mir jubeln und lachen, wenn das Glück mich küsst. Es ist ein großes Geschenk, auf verlässliche Weggefährtinnen und Weggefährten zählen zu können.

Eine Wegbegleiterin, die alle Höhen und Tiefen des menschlichen Lebens kennt und die Zeugnis von den vielfältigen Wegen Gottes mit den Menschen ablegt, ist die Heilige Schrift. Die Bibel ist randvoll mit Begegnungsgeschichten: Begegnungen von Menschen miteinander sowie von Menschen mit Gott. Und sie nimmt uns mit auf vielfältige Wege, z. B. mit Josua und dem Volk Israel hinein ins Gelobte Land oder mit Rut und Noomi, die als Frauen solidarisch ums Überleben kämpfen.

Wenn wir heute in der Bibel lesen, dann werden wir in diese Beziehungsgeschehen mit hineingenommen, das Wort Gottes kann direkt in unser Leben sprechen und uns zur Wegbegleitung in den Höhen und Tiefen unseres ganz persönlichen Lebens werden. Kein anderes Buch hat so viel Inspirationspotenzial, kein anderes Buch eignet sich so hervorragend, um mit ihm durch das Jahr zu gehen.

Doch ist die Bibel umfänglich. Und vielfältig. Das kann abschrecken, das macht die Wahl manchmal zur Qual. Da ist ein wenig Hilfestellung oftmals gut und nötig – auch bei der Auswahl. Zugleich gilt auch mit Blick auf das Bibellesen die Weisheit: Alleine bin ich oft schneller, aber gemeinsam kommt man meist weiter. Von daher freue ich mich, dass ich Ihnen auch in diesem Jahr das Buch »Mit der Bibel durch das Jahr« ans Herz legen kann. Hier finden Sie zum einen eine gute Auswahl an biblischen Inspirationen für Ihr Jahr: Neutestamentlich dürfen Sie viel »Johannes« kosten (Evangelium, Briefe, Offenbarung), alttestamentlich sich mit Josua, Rut, Ester und Jona auf den Weg machen. Besonderes Highlight: Mit dem Hohelied begegnet uns in diesem Jahr ein sehr eindrücklich poetischer Text. Zum anderen bauen die Auslegungen und Gebete aus der Feder unterschiedlicher Autorinnen und Autoren hoffentlich die ein oder andere Brücke ins eigene Leben.

Wenn Sie sich mit der Heiligen Schrift und mit »Mit der Bibel durch das Jahr« auf den Weg durch die kommenden zwölf Monate machen, dann werden bzw. sind Sie Teil einer großen ökumenischen Lesegemeinschaft. Einer »virtuellen Gemeinschaft«, einer interkonfessionellen Gemeinschaft, einer Gemeinschaft, die im biblischen Geist und im Gebet verbunden ist. Das kann tragen, das kann stützen, das kann stärken. Vielleicht finden Sie auch ein paar bibellesende Weggefährtinnen und Weggefährten ganz konkret vor Ort.

Die Heilige Schrift ist prall gefüllt: In ihr steckt ganz viel Gott und ganz viel Leben. Und es lohnt sich, genau zu lesen. Aufmerksam hinzuhören und achtsam hinzuspüren, was die Worte der Schrift mir sagen wollen – für den konkreten Tag, für mein Leben. Manche Bibelstelle mag sich für mich sperrig anfühlen und anstrengend daherkommen. Da heißt es: Fleißig »kauen«! Manches Wort wird dann für mich süß, anderes bleibt bitter. Manchmal kann eine Auslegung mir zusätzlich eine Tür öffnen, manchmal ein Gebet mein Herz aufschließen. Doch immer ist mir das Wort Gottes für den Tag geschenkt – und Sie dürfen sich gewiss sein: In der großen ökumenischen Lesegemeinschaft wird es zahlreichen Mitleserinnen und Mitlesern ähnlich ergehen wie Ihnen.

Und aus meiner eigenen Erfahrung mit dem Wort Gottes kann ich Sie nur ermutigen: Bürsten Sie das Wort Gottes auch mal gegen den Strich, ringen Sie mit dem Wort Gottes – denn mancher Segen will »erkämpft« sein. Das erfährt schon der Stammvater Jakob am Jabbok (Gen 32): »Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest.« (Gen 32,27)

Ich wünsche Ihnen immer wieder die Erfahrung, dass Sie die Begegnung mit dem Wort Gottes verändert – dass Sie als eine Andere/ein Anderer weitergehen. Dann wird Ihnen die Bibel zur wahren Wegbegleiterin durch dieses Jahr!

Bischof Dr. Heiner Wilmer SCJ

Hinweise zum Gebrauch dieses Buches

Die Lesungen des Tages folgen dem Bibelleseplan der »Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen«, den wir in diesem Band abdrucken (ab Seite 448) und worin auch die Zeiten des Kirchenjahres berücksichtigt werden. Ziel des Bibelleseplans ist es, im Laufe der Jahre die wichtigsten Texte der Bibel kennenzulernen. Am besten beginnen Sie mit der Lektüre des Bibeltextes selber und legen dazu die Lutherbibel oder die Einheitsübersetzung (in möglichst aktuellen Übersetzungen) an einen festen Platz in Ihrer Wohnung. So vorbereitet, greifen Sie zu den Auslegungen im vorliegenden Band, denen ein Gebetstext beigegeben ist.

Wir haben die Jahreslosung an den Beginn des Bandes gestellt. Dort finden Sie auch die Monatssprüche (Seite X). Die Gebete (Morgen- und Abendgebete) für jeden Tag der Woche wurden von Pater Anselm Grün verfasst (ab Seite 431). Die Gebete auf dem Lesezeichen haben meine Frau Anne Schneider und ich formuliert.

Im Anhang finden Sie:

–ein Bibelstellenregister (ab Seite 454), welches das Auffinden der Auslegungen erleichtert,

–ein Verzeichnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (ab Seite 459),

–ein Abkürzungsverzeichnis der biblischen Bücher (Seite 463),

–und ein Quellenverzeichnis (Seite 464), in dem vermerkt ist, woher jene Gebetstexte am Ende einer jeden Auslegung stammen, die nicht von den Autorinnen und Autoren selbst verfasst wurden.

Die Schreibweise der biblischen Namen folgt dem »Ökumenischen Verzeichnis der biblischen Eigennamen« nach den Loccumer Richtlinien.

Für Rückmeldungen zu den Bibelauslegungen sind wir dankbar. Am besten erfolgen diese Rückmeldungen an die Redaktion, die sie an die betreffenden Autorinnen und Autoren weiterleitet. Hinweise zur Verbesserung unserer Ökumenischen Bibellesehilfe können ebenfalls an die Redaktion erfolgen ([email protected]).

Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!

Ihr

Nikolaus Schneider

Jahreslosung und Monatssprüche

Jahreslosung 2022

Jesus Christus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.Joh 6,37 (E)

Monatssprüche 2022

Januar

Jesus Christus spricht: Kommt und seht!Joh 1,39 (L=E)

Februar

Zürnt ihr, so sündigt nicht; lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen.Eph 4,26 (L)

März

Hört nicht auf, zu beten und zu flehen! Betet jederzeit im Geist; seid wachsam, harrt aus und bittet für alle Heiligen.Eph 6,18 (E)

April

Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkündete ihnen: Ich habe den Herrn gesehen. Und sie berichtete, was er ihr gesagt hatte.Joh 20,18 (E)

Mai

Ich wünsche dir in jeder Hinsicht Wohlergehen und Gesundheit, so wie es deiner Seele wohlergeht.3 Joh 2 (E)

Juni

Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel auf deinen Arm. Denn Liebe ist stark wie der Tod.Hld 8,6 (L)

Juli

Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott.Ps 42,3 (L=E)

August

Jubeln sollen die Bäume des Waldes vor dem HERRN, denn er kommt, um die Erde zu richten.1 Chr 16,33 (E)

September

Gott lieben, das ist die allerschönste Weisheit.Sir 1,10 (L)

Oktober

Groß und wunderbar sind deine Taten, Herr und Gott, du Herrscher über die ganze Schöpfung. Gerecht und zuverlässig sind deine Wege, du König der Völker.Offb 15,3 (E)

November

Weh denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!Jes 5,20 (L)

Dezember

Der Wolf findet Schutz beim Lamm, der Panther liegt beim Böcklein. Kalb und Löwe weiden zusammen, ein kleiner Junge leitet sie.Jes 11,6 (E)

Mit der Bibel durch das Jahr2022

Psalm 92

Samstag, 1. Januar (Neujahr)

Zweimal des Tags – ein Neujahrsvorsatz

Keiner von uns kann 24 Stunden des Tags an Gott denken; jeder hat verantwortungsvollen Aufgaben nachzugehen, die seinen ganzen Einsatz erfordern. Wie könnte man da auch nur annähernd der Aufforderung des 1. Thessalonicherbriefes (5,17) gerecht werden und »ohne Unterlass«, sprich Tag und Nacht, beten? Doch wie kann man dann 24 Stunden des Tages in Gott versunken sein?

Psalm 92 gibt uns sowohl eine Antwort auf diese Frage als auch einen praktischen Tipp. Des Morgens mögen wir in einem kurzen Gebet die Huld des Herrn preisen und in den Nächten seine Treue (V. 3) loben. Diese Worte ermutigen uns, zweimal des Tages unsere Gedanken bewusst zu Gott zu erheben, ihm den Tag sowie die Nacht und somit unser Leben anzuvertrauen und ebenso die Menschen, die uns nahestehen, die wir schätzen und lieben.

Die frühe Kirche pflegte dies in zwei besonderen Gebetsformen: dem Morgenlob, der Laudes, und der Vesper, dem Abendlob. Beide Gebetszeiten – gleichsam auf dem Weg zur und von der Arbeit – waren speziell von den Psalmen, von biblischen Hymnen und kurzen Lesungen geprägt und noch heute übt sich die Kirche mit dem sogenannten Stundengebet darin.

Abend- und Morgenlob sind zwei Angelpunkte an den Schaltstellen des Tages. Sie heben eine Grundeinstellung ins Wort, die der Beter längst getroffen hat: in Gott verankert zu sein, mit ihm durchs Leben zu gehen, ihn immer besser und intensiver kennenzulernen. Von dieser Basis aus erhebt sich der Christenmensch und schwingt sich im Gebet zu Gott auf. Und weil dies nur allzu menschlich ist, nimmt dieses Gebet mal die Form des Lobpreises, ein andermal jene der Bitte und Fürbitte an, stets im Bewusstsein, dass Gott den Beter hört. Ob er ihn erhört, ist damit noch nicht gesagt. Aber gewiss ist: Wie ein Fels ist Gott immer, auch für uns.

BERNHARD KIRCHGESSNER

Du, unser Gott, dich loben und preisen wir als Fundament unseres Lebens und danken für deine Liebe.

Sonntag, 2. Januar

Psalm 57

Gestreichelt, beflügelt

Der Bibel und Kultur affine Zeitgenosse kennt seit den Tagen des Religionsunterrichts Namen und Zahl der Evangelisten und deren im Buch Ezechiel und in der Offenbarung des Johannes erwähnte Symbole. Er weiß, dass diese in den Fresken der Kirchen, an den Kanzeln und in der mittelalterlichen Buchmalerei als geflügelte Wesen dargestellt werden. Das Symbol der Flügel verweist auf ihre besondere Macht und Kraft.

Psalm 57 greift diese Symbolik auf und spricht sie GOTT zu. Nach einem Anruf des Erbarmens beteuert der Beter, bei ihm Zuflucht »im Schatten seiner Flügel« zu suchen. Die GOTT zugesprochenen Flügel sind für den Beter Symbol für Schutz und Sicherheit, sie sind Ort der Zuflucht und Geborgenheit. Hier, im Schatten Gottes, lässt es sich gut sein, hier kann man in Sicherheit abwarten, bis bessere Zeiten anbrechen.

Wenngleich wir wissen, dass weder GOTT noch seine Engel geflügelte Wesen sind, wird im Bild der Flügel eine wichtige religiöse Botschaft transportiert: Was auch immer geschieht in meinem Leben, welchen Bedrohungen ich auch ausgesetzt sein mag, was auch immer aus dem Ruder laufen mag: GOTT ist für mich da. Immer. Bei ihm bin ich geborgen.

Wir wissen nicht, was dieses neue Jahr uns bringen wird, was Schreckliches, wie Erfreuliches und Aufbauendes uns widerfahren wird. Wir kennen zum Glück vorab jene dunklen Nächte nicht, die uns um den Schlaf bringen werden. Aber wir wissen mit dem Psalmisten: Wer glauben und beten, will heißen GOTT als seinem besten Freund im Gebet alles sagen kann, was ihn umtreibt, ihn auch mal laut und wortgewaltig anfahren kann, der weiß sich in Gottes unmittelbarer, Schutz gebender Nähe.

BERNHARD KIRCHGESSNER

Du, unser Gott, streichle mit der »Feder deiner Zuwendung« im neuen Jahr oft über unser Haupt und beflügle uns, nicht nur das Grau des Alltags, sondern auch das Gute und Schöne, vor allem deine Güte wahrzunehmen.

Johannes 1,19–28

Montag, 3. Januar

Einführung zum Johannesevangelium

Lebensberufung: Wegbereiter

Das soll von Anfang an klar sein: Es geht im Evangelium um Jesus Christus, den von den Propheten verheißenen Messias! Seit Generationen wartet Israel auf ihn. Die Sehnsucht auf sein Kommen hat sich im Lauf der Jahre mit unterschiedlichen Bildern und Vorstellungen verknüpft. Das Warten macht anfällig für verwechselbare, attraktive Bewegungen und Phänomene.

Die Taufbewegung, die der Bußprediger Johannes mit seiner Verkündigung ausgelöst hat, verunsichert die Leitungsgremien in Jerusalem. Deswegen die Untersuchungskommission vor Ort, die den Täufer Johannes gleichsam einem Verhör unterzieht.

Wer bist du? Das ist die Kernfrage. Wer bist du wirklich? Wer hat dich autorisiert?

Sie scheinen auf alles gefasst zu sein. Erstaunlich, an wen sie denken!

Aber die Antwort klingt für sie fast enttäuschend: Ich bin die Stimme, mehr nicht, nur eine Stimme, aber die Stimme, die ihr eigentlich alle kennt und wiedererkennen müsstet.

Das habt ihr doch gelesen, die Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem kommenden Herrn den Weg, räumt alle Hindernisse und Blockaden weg. Seid bereit, ihn aufzunehmen.

Das hat Gott angekündigt und nun erfüllt. Der Verheißene ist jetzt da, er ist unter euch, auch wenn ihr ihn noch nicht erkennt.

Wegbereiter für den Kommenden, den verheißenen Christus zu sein, als Zeuge für den Anbruch der heilvollen Gottesherrschaft einzustehen – damit hat Gott Johannes einen Platz zugewiesen, der unübersehbar die Zeit der Verheißungen und Erwartungen mit der Zeit der Erfüllung und Erlösung verbindet. Die Größe dieses Wegbereiters ist seine Demut und die Bereitschaft zurückzutreten, wenn der Herr selber sein Offenbarungswort spricht und seine Sendung zu unserer Erlösung lebt und vollendet.

EDWIN BRANDT

Herr, ich bitte um die Gnade, für manche ein ermutigender Wegbereiter und Begleiter auf dem Weg ihres Suchens und Glaubens zu sein.

Dienstag, 4. Januar

Johannes 1,29–34

Das Lamm, das die Sünden der Welt hinwegträgt

So wenige Verse – und ein so dichtes, bedeutendes Zeugnis, das wir nur als Geheimnis der Offenbarung verstehen können. Äußerlich sieht man es Jesus von Nazareth nicht an, dass er der Sohn Gottes ist. Er war vor allem Anfang das ewige Wort, ganz Gott, und doch erkennt Johannes ihn in der Reihe derer, die sich taufen lassen wollen, als das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt trägt. Ihm will er den Weg bereiten.

Es ist wohl klar, dass wir hier »heiligen Boden betreten«; nur wenn sie uns offenbart werden, werden wir die göttlichen Geheimnisse anbeten und als Betende verstehen.

Genau das sagt unser Text, wenn er die Erinnerung des Täufers an die Taufe Jesu erwähnt und das eindeutige Bekenntnis Gottes zu seinem Sohn bezeugt. Zugleich leuchtet hier das Geheimnis der Sendung Jesu auf, wenn Johannes ihn als das Lamm Gottes, als Opferlamm bezeichnet. Deswegen ist Gott Mensch geworden, weil er die Sünde der Welt sühnen will.

Es geht also um uns Menschen bei dem Geheimnis der Menschwerdung Gottes: Um unseretwillen ist er Mensch geworden, um die Vergebung unserer Schuld, um unsere Erlösung geht es, wenn Jesus als das Opferlamm seinen Weg bis zum Kreuz auf Golgatha geht.

Diese Szene hat Matthias Grünewald in seinem berühmten Gemälde (Isenheimer Altar) festgehalten, wenn er den Täufer Johannes mit seinem überdimensionalen Zeigefinger auf den Gekreuzigten weisen lässt und unter dem Kreuz das Lamm mit der Wunde abbildet.

Die Offenbarung Gottes in seinem Sohn, dem Menschen Jesus, wird den Glaubenden unter dem Kreuz Jesu enthüllt. Diese Paradoxie mag vielen als Ärgernis, als Skandalon erscheinen (1 Kor 1,18ff.), aber für diesen Weg hat Gott sich entschieden. Und deswegen finden wir Menschen auf diesem Weg das Heil, unsere Rettung, das Leben.

EDWIN BRANDT

Herr unser Gott, dass du dich in deinem Sohn so eindeutig für uns Menschen, für unser Heil entschieden hast, wollen wir gelten lassen – und dich darüber dankbar staunend preisen, auch wenn uns manchmal die dafür angemessenen Worte fehlen wollen.

Johannes 1,35–51

Mittwoch, 5. Januar

Suchen, fragen, finden, gefunden werden, bleiben, schauen …

Wenn es sich hier um die Schilderung der Anfänge der christlichen Kirche handelt, ist sorgfältiges Lesen angesagt! So viele verschiedene Begegnungen unterschiedlicher Menschen – immer mit Jesus, dem vom Täufer bekannten Messias, dem Sohn Gottes.

Wir haben gesucht und wir haben gefunden! Oder sind wir gefunden worden? Man spürt etwas von dem Zauber, der über diesen ersten Begegnungen liegt. Bleibt es bei flüchtigen Kontakten oder kommt es zu dauerhaften Beziehungen, wobei der Ausgang offen bleibt?

Kommt und seht (V. 39), komm und sieh (V. 46): Mit einer solchen Einladung, ohne Bedingungen und Forderungen soll der Weg des Glaubens, der Nachfolge beginnen. Vor ihnen liegt ein Freiraum, den sie mit ihren eigenen Fragen und Vorstellungen füllen sollen.

Ob es ihre bisherigen Glaubensprägungen und Messias-Bilder oder ihre von Vorurteilen begrenzten Ansichten sein mögen – sie sind eingeladen zu fragen, zu prüfen und zu bleiben. In der Gemeinschaft mit Jesus erfahren sie Korrektur und Erfüllung ihrer Sehnsucht nach Gott. Es ist wahr geworden: Die Verheißungen der neuen Welt Gottes, des Anbruchs der Gottesherrschaft sind in der Person, in der Verkündigung und im Leben des Jesus Christus erfüllt, und sie dürfen als seine Jünger dabei sein!

Befreiend teilt sich ihnen allen, mit welcher Vorgeschichte sie auch belastet sein mögen, dieser Freiraum der Liebe Gottes mit, der sie schon lange im Blick hat und der ihr Leben unter den Horizont der Hoffnung rufen will.

Mit der Erinnerung an die Jakobsgeschichte mit dem Bild des geöffneten Himmels (1 Mose 28, 10ff.) leuchtet die Verheißung auf, dass diese Gewissheit auf dem Weg des Glaubens auch uns ermutigen, inspirieren und unverlierbar begleiten wird: Wir werden bei ihm bleiben, weil er bei uns bleibt; und wir werden aus dem Staunen nicht herauskommen.

EDWIN BRANDT

Herr Jesus Christus, dass du uns gesucht und gefunden hast, bekennen wir mit großer Freude und Dankbarkeit! Wir bitten heute für die in unseren Familien und Freundeskreisen, die auf der Suche nach der Wahrheit, nach Erfüllung sind: Begegne du ihnen auch so, dass sie sich von deiner Liebe gewinnen lassen.

Donnerstag, 6. Januar

Johannes 2,1–12

Und er offenbarte seine Herrlichkeit

»Am dritten Tag« – heißt es am Anfang. Lesen wir Johannes im Zusammenhang, dann ist das der dritte Tag des Auftretens Jesu: Am ersten Tag erscheint er vor Johannes dem Täufer und erhält seinen Namen: »Siehe, das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt.« Am zweiten findet er seine ersten Jünger. Und am dritten geschieht sein »erstes Zeichen«. Aber das »am dritten Tage« erinnert natürlich auch an das Ostergeschehen: Am dritten Tage auferstanden von den Toten, sagen wir im Credo. Sein erstes Zeichen steht bereits im Licht des Ostersonntags. Hier handelt der vom Tode zum Leben Auferweckte. Deshalb ist es nicht nur ein Wunder, sondern ein »Zeichen« für die Herrlichkeit Gottes (Joh 2,11). »Wein« wird er mit uns trinken in seines Vaters Reich, sagt er uns beim Abendmahl.

Noch eine Bedeutung hat jenes »am dritten Tag«: Nach der Ordnung der Schöpfungsgeschichte ist das der Dienstag. Und nur an diesem dritten Schöpfungstag steht in der Bibel zweimal: »Und Gott sah, dass es gut war« (Gen 1,10+12). Deshalb ist dieser »dritte Tag« im Judentum bis heute ein beliebter Hochzeitstag, denn an diesem Tag wird das »und Gott sah, dass es gut war« zweimal gesagt, nämlich einmal für die Frau und einmal für den Mann! Nun sind wir mitten drin in dieser Hochzeitsgeschichte: Die »Mutter Jesu« ist da. Ihr Name Maria wird im ganzen Johannesevangelium nie genannt. Als sie ihn anspricht, entgegnet er: »Meine Stunde ist noch nicht gekommen.« Das sagt Jesus bei Johannes öfter und weist damit auf seinen Tod hin. Auch schon sein erstes Zeichen weist direkt auf Karfreitag und Ostern! Hier werden zwei Geschichten erzählt: die eine, in der Jesus bei einer Hochzeit dafür sorgt, dass der Wein nicht ausgeht. Die zweite handelt von einer anderen Hochzeit. Jesus selbst ist der Bräutigam, der seiner Braut, der christlichen Gemeinde, begegnet und Wein im Überfluss für sie hat, dafür da, des Menschen Herz zu erfreuen (Ps 104,15).

HANS-MICHAEL WÜNSCH

Gott, wir haben deine Zeichen und Wunder gesehen. Wir vertrauen darauf, dass du auch unsere Wege gehen wirst und uns durch unser Leben trägst.

Johannes 2,13–25

Freitag, 7. Januar

Der Tempel seines Leibes

Direkt nach der Hochzeit zu Kana, dem ersten Zeichen, kommt im Johannesevangelium diese Begegnung Jesu mit den Viehhändlern und Geldwechslern im Tempel. Also gleich am Anfang und nicht, wie bei den anderen Evangelien dort, wo sie doch eigentlich hingehört, in der Passionsgeschichte! Das ist Absicht! Johannes erzählt nicht chronologisch. In Filmen kommt manchmal gleich eingangs eine Szene, die im Plot eigentlich erst viel später geschieht. Dadurch sehen wir alles danach immer schon mit diesen Bildern im Kopf. Genau das will auch Johannes erreichen: Er erzählt die Geschichte vom Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt (Joh 1,29). Und gibt uns gleich anfangs einen Schlüssel für das nachfolgend beschriebene Leben Jesu: Es ist vom Ende her zu lesen, von seinem Tod am Kreuz und seiner Auferstehung nach drei Tagen. Die Auseinandersetzung im Tempel ist der Grund für seine Festnahme und Verurteilung kurz danach.

Leider ist diese Passage auch in den neuesten Bibelausgaben noch immer mit »Die Tempelreinigung« überschrieben. Aber von »Reinigung« ist nirgends die Rede. Die nicht zum Bibeltext gehörende Zwischenüberschrift trägt bis heute einen antijüdischen, ja antisemitischen Akzent ein. Juden waren in Deutschland lange gezwungen, als Geldwechsler und Viehhändler zu arbeiten. In der mittelalterlichen Gesellschaft war ihnen der Zugang zu Handwerkerzünften oder die Bearbeitung landwirtschaftlicher Böden verwehrt. Die Überschrift suggeriert, dass Jesus hier das »typisch Jüdische« aus dem Tempel jagt. Er »reinigt« den Tempel von »den Juden«. Illustrationen älterer Bibelausgaben und auch neuester Bibelcomics zeigen diese üblen antisemitischen Klischees leider in großer Deutlichkeit. Wie anders liest sich diese Passage dagegen ohne diese entstellende Überschrift! Jesus redet vom »Tempel seines Leibes« (Joh 2,21). Es geht um ihn selbst, der in den Widersprüchen dieser Welt gekreuzigt wird. Auf dass die Welt durch ihn versöhnt werde.

HANS-MICHAEL WÜNSCH

Herzliebster Jesu, was hast du verbrochen, dass man ein solch scharf Urteil hat gesprochen? Was ist die Schuld, in was für Missetaten bist du geraten?

Samstag, 8. Januar

Johannes 3,1–21

Wie der Wind!

Jesus und Nikodemus begegnen sich in der Nacht. Der eine, Mitglied des Hohen Rates, offiziell »Lehrer Israels«, spricht Jesus als »Meister« an: »Rabbi, du bist ein Lehrer, von Gott gekommen.« Eine Begegnung auf Augenhöhe, von Lehrer zu Lehrer. Jesus redet aber eine Sprache, die sein Gegenüber nicht versteht, selbst wenn er die Bedeutung der einzelnen Wörter kennt.

»Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.« Das ist Nikodemus ein Rätsel: »Kann er denn wieder in seiner Mutter Leib gehen und geboren werden?« Es gibt keinen Menschen auf der ganzen Erde, der nicht geboren worden wäre. Auf diese Urerfahrung spricht Jesus seinen Gesprächspartner an. Denn er will das nahe Reich Gottes als etwas den Menschen Naheseiendes beschreiben. So nahe wie die eigene Geburt.

Von neuem – das heißt: »aus Wasser und aus Geist«. Jesus redet von zwei Geburten. Aber die zweite ist keine Wiederholung der ersten. »Aus Wasser und Geist« kommt auch jedes neugeborene Kind zur Welt. Aus dem Fruchtwasser, das ihm bis zu seiner Geburt schützender Lebensraum war. Und es fängt an zu atmen. Der Atem, eingehauchtes Leben, bei dem Gottes Geist Einzug nimmt in das neue Menschengeschöpf. So wie bei Adam. Erst aus Leib und eingehauchtem Atem Gottes ward eine lebendige Seele (2 Mose 2,7). Wie ist das bei der »zweiten« Geburt? Auch dieses neue Leben kann man nur empfangen. Das geschieht im Leben eines Christen in der Taufe. Da wird uns genau das zugesprochen: Du hast dein Leben aus der Hand Gottes empfangen!

»Der Wind bläst, wo er will.« Auch das ist doppeldeutig. Denn »Wind« und »Geist« sind in der Sprache der Bibel ein und dasselbe Wort. Unsere Bibelübersetzer tun sich schwer damit. Ältere Bibeln lesen noch: »Der Geist weht, wo er will.«

Jesus sagt: Lasst euch den Wind um die Nase wehen, aber denkt bei jedem Luftzug an den Geist Gottes. Man muss ihn spüren, seine Gegenwart, seine Wirkungen wahrnehmen, mit seinem Wehen im eigenen Leben rechnen.

HANS-MICHAEL WÜNSCH

Ach Herr, nun gib, dass uns auch find in Fried und Flehn dein sel’ger Wind!

Psalm 96

Sonntag, 9. Januar

Gott rückt zurecht

»Singet dem HERRN ein neues Lied!« Ich staune: Die uralten Worte aus dem 96. Psalm sind gleichzeitig neue Worte. Ich versuche, sie bei jedem Beten so zu hören, als wäre es das erste Mal. Als wäre es tatsächlich ganz neu, was da über Gott, über sein Volk Israel und über uns Menschen aus den Völkern gesagt wird.

Und so höre ich heute neu: Gott ist König (V. 10) und steht dafür ein, dass es unter den Menschen gerecht zugeht. Ein wirksames Mittel seiner Herrschaft ist sein Gericht. Nötig ist dies, weil Menschen Dinge tun, die nicht gut sind – wir heute genau wie damals das Volk Israel. Sich das klarzumachen, dazu lädt dieser Psalm ein. So denke ich heute zusammen mit dem Volk Israel an meine Verfehlungen. Das ist nicht gerade angenehm.

Doch der Psalm stimmt genau in solch einer Situation ein neues, ein Mut machendes Lied an. So singt der Psalm vom gerechten Gericht Gottes (V. 10.13). Das ist ein Gericht, vor dem die Menschen keine Angst zu haben brauchen, eben weil es kein Strafgericht ist. Es ist eine Rechtsprechung, die willkommen ist. Denn Gott rückt auf klare und gütige Weise zurecht, was nicht gut war. Das tut er mit seinem Volk Israel (V. 1–6). Und das tut er auch mit uns, der nichtjüdischen Welt (V. 7–10). Sogar seine Schöpfung hat daran Anteil (V. 11–13).

Kein Wunder, dass sich dieses altneue Lied nicht abnutzt. Seit langem schon wird es jeden Freitagabend neu in den Synagogen gebetet. Die jüdische Gemeinde heißt freitags den Sabbat mit Gebeten und Liedern willkommen. Dazu gehören sechs Psalmen. Denn sechs Arbeitstage mit all unseren Mühen, Fehltritten und offenen Fragen liegen hinter uns. Alle sechs Psalmen – darunter Psalm 96 – haben ein gemeinsames Thema: Gottes Königreich kommt (V. 10). Und wir sind mitten darin! Wie schön und wie passend, dass Psalm 96 jedes Jahr als Tagespsalm die evangelischen Weihnachtsgottesdienste bereichert. »Singet dem HERRN ein neues Lied!«

EVELINA VOLKMANN

Gott, du bist gerecht. Wir vertrauen dir ganz offen unsere Wünsche und Gedanken für das neue Jahr an. Aus deiner Hand nehmen wir, was daraus wird. Begleite uns und zeig uns den Weg.

Montag, 10. Januar

Johannes 3,22–36

Der Freund des Bräutigams

Das Bild des Täufers wird von Johannes mit etwas anderen Farben als bei den Synoptikern gezeichnet. Historisch wohl angemessener, wirken Jesus und der Täufer eine gewisse Zeit nebeneinander, nicht nacheinander. Jesus dürfte als zeitweiliger Täuferanhänger auch selbst getauft haben, was eine Bemerkung der Redaktion in Joh 4,2 zu korrigieren sucht. Gewichtiger ist freilich, dass im 4. Evangelium der Täufer selbst die geistliche Freude der Christen über das Kommen Jesu »vom Himmel her« teilt und bezeugt.

Ob der Evangelist das Bildwort Jesu kannte: »Können denn die Hochzeitsgäste fasten, solange der Bräutigam bei ihnen ist?« (Mk 2,19)? Oder den Nachklang dieses Wortes beim Apostel Paulus, der sich als »Brautführer« hin zu Christus verstand (vgl. 2 Kor 11,2)? Hier wird der Täufer als »Freund des Bräutigams« bezeichnet. Er tritt hinter diesen zurück, aber dennoch hat er an dessen »Hochzeitsfreuden« Anteil. Kein Wunder: Wer in seinem Evangelium gleich zu Anfang von Jesu Teilnahme ausgerechnet an einer Hochzeit erzählen kann (vgl. 2,1–11), der kann wohl nicht anders, als auch den Täufer, den strengen Bußprediger und Ankündiger des Endgerichts, zu einem Boten der Freude zu machen.

Es ist nicht eindeutig erkennbar, wer in den Versen 30–36 spricht. Der Täufer? Vermutlich doch eher ein christlicher Katechet oder gar der Evangelist selbst. Der Täufer teilt schon voll den Glauben an »den Sohn«, den »der Vater« um unseres Heiles willen gesandt und mit der Fülle des Geistes ausgestattet hat, damit er diesen Geist der Sohnschaft auch uns vermittelt. Das ist der bleibende, unzerstörbare Grund christlicher Freude, die alle an Jesus Glaubenden erfüllt – und die deshalb auch der »Zorn Gottes« nicht schrecken kann.

Nein, das Evangelium »vom Kommen des Bräutigams« ist keine Drohbotschaft. Es ist Freude pur, gleichwohl es diese Freude auch an den Tiefpunkten meines Alltags tapfer festzuhalten gilt – z. B. am heutigen Tag.

JOACHIM WANKE

Freut euch im Herrn zu jeder Zeit!

Johannes 4,1–26

Dienstag, 11. Januar

Lebensdurst

Der jungen Kirche ist im Gedächtnis geblieben, dass der Weg des Evangeliums von Jerusalem und Judäa aus über Samarien in die damalige Welt hinausführte (vgl. Apg 1,8; auch 8,5ff.14ff.). Der Evangelist Johannes kennt noch Berichte von den Anfängen der Jesusbewegung unter den Samaritern. Diese waren bekanntlich mit den Juden verfeindet, hatten sie doch ihr eigenes Heiligtum auf dem Garizim bei Sichem, das ein jüdischer Herrscher noch in vorchristlicher Zeit zerstört hatte. Johannes wusste um eine mit dem Patriarchen Jakob zusammenhängende »Brunnentradition«. Er stilisiert die namenlose Frau aus Samarien als Personifikation ihres Volkes, das mit den Juden wegen seiner religiösen Vermischung mit Fremdreligionen (so ist wohl der Hinweis auf die fünffache Ehe der Frau zu deuten) im Dauerstreit lag.

Das alles spielt in dieser hintergründig erzählten Perikope eine Rolle – freilich wie bei einem alten Bild »übermalt« und dem Grundanliegen des Evangelisten dienstbar gemacht, Jesus als den zu zeichnen, der menschlichen Lebensdurst nicht nur zeitweilig, sondern bleibend zu stillen vermag.

Wie oft bei Johannes wird mit dem Stilmittel des produktiven »Missverstehens« das Geheimnis der Person Jesu angedeutet. Wer wie die Frau vom Durst nach bleibendem Leben getrieben ist, ist weder beim Jerusalemer Tempel noch beim Sonderkult der Samariter gut aufgehoben. Denn vor der Frau steht einer, der mehr ist als Abraham, als Mose und auch Vater Jakob. Er ist wahrhaft die Quelle, aus der zu trinken sich lohnt (vgl. Joh 7,37f.).

Viele Einzelmotive laden zum betrachtenden Beten ein. Der basso continuo unseres Textes kommt freilich in den V. 25f. zum Vorschein: Das Warten der Frau auf den Messias, den »Christus«, der ihr »alles verkünden« kann, ist zu Ende. Denn dieser steht vor ihr: »Ich bin es, der mit dir spricht!« Wenn es um meinen Lebensdurst geht, ist dies ein Wort, das auch mich meint.

JOACHIM WANKE

Wer Durst hat, komme zu mir und es trinke, wer an mich glaubt!

Mittwoch, 12. Januar

Johannes 4,27–42

Jesu Erntehelferin

Was in Samarien geschehen ist, wird zum zeitlosen Paradigma christlicher Verkündigung. Von Jesus berührt lässt die Frau am Jakobsbrunnen ihren »Wassereimer« stehen. Aus dem, was dieser Frau bislang wichtig war, wird Zweitwichtiges. Es drängt sie, ihre »Entdeckung« anderen mitzuteilen – freilich nicht aufzudrängen. Sie berichtet nur von ihren eigenen Erfahrungen mit Jesus und stellt eine nachdenkliche Frage. Erst das Kommen Jesu vollendet, was diese Frau vorbereitet hat. So sagen die Leute am Ende: Nicht wegen deiner Worte sind wir zum Glauben gekommen, sondern weil wir Jesus selbst gehört haben (V. 41f.).

Das Bild von den reifen Erntefeldern (V. 35) könnte ein Nachklang des Jesuswortes Mt 9,37f. sein. In der Bibel meint »Ernte« oft das kommende Gericht und hat daher einen drohenden Unterton. In der Verkündigung Jesu wird es zu einem Jubelruf. Jesus staunt über das, was sein himmlischer Vater an Glaube und Umkehr in den Herzen der Menschen bewirkt. Diese überreiche »Ernte« will Jesus »einbringen«. Dazu wirbt er um Helfer. Wie das geschieht, wird exemplarisch an dieser Frau aus Samarien gezeigt. Sie wird aus einer »Wasserträgerin« zur »Erntehelferin«.

Unser Text bringt das unlösbare Ineinander menschlichen und göttlichen Tuns beim Missionswerk der Kirche zum Ausdruck. Paulus schreibt den Korinthern: »Wir sind Gottes Mitarbeiter, ihr seid Gottes Ackerfeld, Gottes Bau« (1 Kor 3,9). Das relativiert menschliches Mitwirken, macht es freilich nicht unwichtig. Es wäre eher mit einer Teamarbeit zu vergleichen, die im Zusammenwirken aller Gottes Intentionen zum Zuge kommen lässt. »Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen, Gott aber ließ wachsen. So ist weder der etwas, der pflanzt, noch der, der begießt, sondern nur Gott, der wachsen lässt« (1 Kor 3,6f.). Der Evangelist Johannes zeigt an der »Erntehelferin« aus Samarien, was auch heute zu tun ist: anderen zu erzählen, was einem passiert, wenn man sich auf Jesus einlässt.

JOACHIM WANKE

Herr, sende mich in deine Ernte!

Johannes 4,43–54

Donnerstag, 13. Januar

Was für eine Not!

So eine Not. Ich mag es mir gar nicht ausmalen. Das Kind ist todkrank und es gibt kaum noch Hoffnung. Was geht wohl in einem Vater oder in einer Mutter vor? Was werden sie alles tun, um das Leben ihres Kindes zu retten? Wohl alles. So auch der Diener des Königs. Ohne sich Gedanken um Jesus und seine Botschaft zu machen, macht er sich auf den Weg. Gehört hat er so einiges über ihn. Vielleicht kann dieser Mann helfen. Schlimmer kann es ja nicht mehr werden.

So eine Not. So eine Ernüchterung bei Jesus. Die Menschen interessieren sich nicht für seine Botschaft. Sie folgen ihm, ja, das tun sie. Aber wohl mehr aus Neugierde als aus Überzeugung. Sie bleiben in der Zuschauerrolle. »Ein Prophet gilt zu Hause nicht«, sagt Jesus. »Wenn ihr nicht Zeichen und Wunder seht, so glaubt ihr nicht«, seine Worte klingen frustriert. Er sagt sie zu dem verzweifelten Vater, doch er meint damit alle, die anwesend sind. Er meint auch mich.

»Geh hin, dein Sohn lebt«, sagt Jesus zu dem Mann. Die Basisbibel übersetzt sogar: »Geh ruhig heim. Dein Sohn lebt.« Jesus nimmt seine Sorge ernst. Er wendet sich ihm ganz zu. Er spricht ihm heilende und beruhigende Worte zu.

Wie oft hoffe ich auf beruhigende Worte. Wie oft hoffe ich auf ein Zeichen, auf einen guten Ausgang, auf Erhörung meiner Gebete. Und dann kommt es anders. Die Schwester wird nicht wieder gesund, die Beziehung zerbricht doch. Und ich frage mich, worauf gründet mein Glaube? Brauche ich Beweise, Erlebnisse und Wunder, um an Gott zu glauben? Kann ich trotz Niederlagen, Enttäuschungen und Gottes Schweigen an ihn glauben, ihm vertrauen? Kann ich zur Ruhe kommen, wenn Gott spricht? Ruhig werden im Herzen und in der Seele und mich getragen fühlen?

Nicht alles geht gut aus in unserem Leben. Doch die Worte Jesu gelten uns jeden Tag neu: »Geh ruhig heim. Vertraue. Trotzdem.«

MAGDALENA SMETANA

Groß bist du, Herr, und sehr zu loben; groß ist deine Kraft, und deine Weisheit ist unermesslich. Und loben will dich der Mensch, … der sein Sterben mit sich schleppt. Du weckst uns auf, dass dich zu loben Freude macht; denn du schufst uns zu dir hin, und unser Herz bleibt unruhig, bis dass es Ruhe findet in dir.

Freitag, 14. Januar

Josua 1,1–18

Einführung zum Buch Josua

Mutig sein, wenn Gott mitgeht

Wann waren Sie das letzte Mal mutig? Wann haben Sie etwas gewagt? In einem Lied von Alexa Feser singt sie darüber, was sie unter Mut versteht, was Mut mit ihr macht, welche Schranken er im Kopf zerbricht, welche Ängste er überwindet.

Die Angstschranke ist eine imaginäre Schranke, die stumm macht und in Schockstarre versetzt. Die hilflos und tatenlos macht.

Josua war mutig. Mose war gerade gestorben. Das ganze Volk trauerte dem großen Vater der Israeliten nach. 40 Jahre hatte er das Volk Israel durch die Wüste geführt. Zwei ganze Generationen waren es. Es war so viel passiert. Der Auszug aus Ägypten, die 10 Plagen, Wunder in der Wüste – Gott gab ihnen Essen und Trinken. Gott war mitten unter ihnen – als Wolke und als Feuer. Es war eine dichte Geschichte, die sehr eng mit dem Namen Mose verbunden ist. Es waren riesige Fußstapfen, in die Josua treten sollte.

In der Bibel steht ganz lapidar: »Der Herr sprach zu Josua: Mose ist gestorben, so mach dich nun auf und zieh über den Jordan, du und dies ganze Volk, in das Land, das ich ihnen, den Israeliten, gebe.«

Ich wollte nicht in Josuas Haut stecken. In Jericho, dem Tor zum gelobten Land, lebten Menschen. Und diese wollten nicht freiwillig ihr Land hergeben. Nach menschlichem Ermessen hatten Josua und sein Volk keine Chance. Aus eigener Kraft war diese Aufgabe nicht zu bewältigen.

Und genau hier bewies Josua Mut. Mut, sich auf Gott zu verlassen. Zu glauben, was Gott ihm mehrfach versprach: »Sei getrost und unverzagt. Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.«

MAGDALENA SMETANA

Gott, danke, dass ich mit meiner Angst zu dir kommen darf. Hilf mir zu glauben, dass ich getrost sein darf und mich nicht fürchten muss. Wirke in mir und lass mich deine Kraft und Stärke spüren. Gott, sei du meine Kraftquelle.

Josua 2,1–24

Samstag, 15. Januar

Die Agentin als Vorbild im Glauben

Es ist fast wie in einem James Bond-Film. Der Spion und die Agentin. Die Kundschafter Israels und Rahab, die Hure. Doch bei Josua geht es nicht um Sex und Action, selbst wenn es die ersten Verse so andeuten. Denn, so vermutet es die feministische Theologie, Rahab war keine Prostituierte, sondern eine selbständig lebende Frau, die ihr Leben in einer männerdominierten Gesellschaft allein verantwortete und ihre eigenen Entscheidungen traf. Ihr Haus, das direkt an die Stadtmauern grenzte, soll demnach kein Freuden-, sondern ein Gasthaus, eine Herberge gewesen sein.

In diesem Haus spielen sich die filmreifen Szenen ab. Hier steigen die Männer ab, um die Lage hinter den Mauern auszukundschaften. Rahab lässt sie hinein. Sie versteckt und rettet sie vor dem König. Sie entscheidet sich für die richtige Macht. Ein Ruf eilt diesem JHWH voraus. Bis nach Jericho hörte man von seinen Taten. Rahab trifft die Entscheidung ihres Lebens, sie spürt, dass Gott auf deren Seite steht.

Gleichzeitig wird sie zur Verräterin des eigenen Volkes. Sie trickst den eigenen König aus, legt eine falsche Fährte, rettet die Fremden und sichert sich dadurch selbst einen Vorteil und sorgt für das eigene Überleben.

Ein Vorbild oder ein abschreckendes Beispiel?

Mich beeindruckt der Mut und die Beherztheit, mit der Rahab handelt. Zur richtigen Zeit das Richtige tun. Sie erkennt blitzschnell die Zeichen der Zeit, ist offen für das Fremde. Sie hält den Widerspruch aus, gegen die Erwartungen ihrer eigenen Leute zu handeln. Mit all der Ambivalenz ihres Handelns wird diese nicht-israelitische, alleinstehende Frau im gleichen Atemzug mit Abraham und David, mit Rahel und Salomo im Stammbaum Jesu genannt. Eine Fremde wird zum Vorbild im Glauben und zur Ur-Mutter aller Christinnen und Christen.

MAGDALENA SMETANA

Gott, lass mich stark sein im Glauben. Zeige mir, wo ich gebraucht werde. Mache mich offen für die Nöte und Sorgen der anderen. Hilf mir, mich nicht von Angst und Erwartungen lähmen zu lassen. Sei du der rote Faden in meinem Leben.

Sonntag, 16. Januar

Psalm 143

Zeige mir dein Angesicht!

Ein Zwiegespräch zwischen einem »Schüler«, der sich eben anschickt, sich in das geistliche Leben einzuüben, und seinem geistlichen Meister.

Schüler: Meister, wir bitten in den Psalmen, der HERR möge unser Bittgebet und Flehen hören. Meinst du, er sieht wirklich meine Not, oder steht der Allmächtige nicht hoch über meinen Sorgen? Meister: Seine Größe hindert ihn nicht, dir sein Ohr zu leihen. Wie könnte er sich dir, den er aus Liebe geschaffen hat, verschließen?

Schüler: Aber warum greift er dann nicht ein? Warum scheint er unseren Klagen so fern? Meister: Er ist der Welt und dir nicht fern, er sieht die Dinge nur anders als du. Du siehst mit irdischer, er mit ewiger Brille.

Schüler: Kann es sein, dass seine Brillengläser beschlagen oder gar zerkratzt sind? Sonst würde er sich doch meiner erbarmen und sich mir zuwenden! Meister: Mit ewiger Liebe hat er dich geliebt. Wie könnte er dich jetzt im Stich lassen? Vertraue ihm und lasse dich in seine Hände fallen.

Schüler: Es fällt mir schwer, mich fallen zu lassen, habe ich doch Angst, ins Uferlose zu fallen. Meister: Ja, du wirst ins Uferlose fallen, aber in das Uferlose seiner Liebe.

Schüler: Und dennoch, Meister. Manchmal scheint mir, der HERR sei mir gänzlich fern und ließe mich in der Finsternis meines Daseins sitzen. Meister: Nur weil du ihn nicht siehst, ist er nicht fern. Er wohnt tief in deinem Innern und nichts kann seine Gegenwart in dir auslöschen. Ich ermutige dich: Gehe zu Grunde! Steige nur tief zum Grund deiner Seele hinab, dort wirst du ihn finden.

Schüler: Wie sehr wünschte ich, ihn zu finden. Doch zuvor will ich auf die Suche gehen, auf die Suche nach seinem Angesicht – in mir und in meinen Nächsten. Meister: Gut gesagt! Er wohnt in dir und in allen Menschen, unabhängig von Ethnie, Religion und gesellschaftlichem Stand. Suche und schaue, und du wirst erkennen, dass ein jeder Mensch nach seinem Bild geschaffen ist.

Schüler: Das ist gewaltig, Meister! Meister: In der Tat! Sei gewiss: Wenn einst der Schleier von deinen Augen fällt, wird sein Angesicht über dir leuchten!

BERNHARD KIRCHGESSNER

Du, unser Gott, leite uns auf den Weg zu dir.

Josua 3,1–17

Montag, 17. Januar

Über den Jordan

Die hier im Josuabuch berichtete Jordanüberquerung schließt thematisch offenkundig an das Schilfmeerereignis beim Exodus an. Erneut geht das Volk trockenen Fußes durch ein Wasserbett, auch wenn in diesem Fall die Kraft nicht vom Stab des Mose ausgeht, sondern von der mitgeführten Bundeslade. Ein wichtiges Detail. Gottes Kraft hat sich von der Person des Mose abgelöst und ist in Gestalt des Heiligen Kastens im Volk gegenständlich präsent. Umso mehr braucht Josua für seinen Regierungsantritt ein Beglaubigungsereignis. Die Jordanüberschreitung leistet dies.

Die Teilung des Jordan, der als stark wasserführend beschrieben wird (V. 15), ist ein starkes Bild. Von Norden staut sich das Wasser, fernab der Durchgangsstelle, nach Süden fließt es ab. Niemand wird nass, alles kommt wohlbehalten durch die künstliche Furt. Das Ganze geschieht gegenüber von Jericho. Diese Stadt kann sich also schon einmal ausmalen, dass sie es keineswegs mit einem ungeordneten Nomadenhaufen zu tun haben wird.

Aber der Jordan ist nicht nur ein topographisches Hindernis, er ist vor allem ein Ort spiritueller Übergänge. Denn später wird noch einmal jemand – trocken – durch den Fluss gehen: der Prophet Elia auf seinem Weg in den Himmel (1 Kön 1). Aber der geht nach Osten. Zurück sozusagen, dahin, wo das Volk einst herkam.

Vor allem aber wird an just dieser Stelle auch einmal Johannes der Täufer stehen und die Menschen taufen, indem er sie – wiederum – von Ost nach West durch den Jordan gehen lässt. Nicht, um auf der anderen Seite Feinde niederzuwerfen. Auch nicht, um zurückzukehren in die jenseitige Welt. Sondern diesmal zur Buße und Vergebung, zur Verwandlung ihres eigenen Lebens. Deswegen bleiben bei diesem Jordandurchgang die Kleider nicht mehr trocken. Die Menschen werden nass. Sie kommen als andere heraus, als sie ins Wasser hineingegangen sind. In die Welt »jenseits des Jordans« gelangt niemand unverändert.

HELMUT ASSMANN

Lebendiger Gott, hilf uns zu glauben, dass du die Dinge ändern kannst, vor allem gib uns die Bereitschaft, uns ändern zu lassen.

Dienstag, 18. Januar

Josua 4,1–5,1

Denk dran!

Nach der Überquerung des Jordan wird es erstaunlich umständlich. Ein ganzes Kapitel wird darauf verwandt, das Zustandekommen eines Denkmals zu beschreiben, das dem Volk die Erinnerung an dieses denkwürdige Ereignis wachhalten soll. Gleich dreimal und in verschiedenen Varianten wird berichtet, wie die zwölf Steine, je einer pro Stamm der Söhne Jakobs, gesammelt und aufeinandergetürmt werden. Ort und Zeit der Errichtung des Denkmals sind uneindeutig. Einmal entsteht es durch die Hand Josuas mitten im Jordan während des Durchzugs, da, wo die Füße der Priester mit der Bundeslade gestanden haben (V. 9), einmal wird es nach der Überquerung bei Gilgal (V. 20) errichtet. Immer mit demselben Zweck, den Nachkommen die großen Taten Gottes in Erinnerung zu rufen. Die kurvenreiche und überdehnte Schilderung wird der Textgeschichte geschuldet sein. Sie markiert indes eine ebenso eindeutige wie schmerzliche Erkenntnis: Jede noch so eindrückliche, überwältigende oder Staunen erregende Erfahrung verliert im Laufe der Zeit ihre Wirkung. Vor allem: Sie lässt sich nicht vererben. Jeder Generationenübergang präsentiert diese Unmöglichkeit aufs Neue. Kind und Kindeskind müssen sich stets selbst die Finger verbrennen, aus Schaden klug werden und ihre je eigene Meisterschaft und Mittelmäßigkeit erwerben. Kein Testament übereignet diese Güter. Weil es aber so ist, müssen Geschichten erzählt werden, wie es einmal war, was geschehen ist und welche Dinge tatsächlich möglich sind. Diese Geschichten brauchen einen Anhalt, irgendeinen Haftpunkt, damit sie einen Ort, eine Farbe, eine Gestalt und eine Sinnlichkeit bekommen. Die Geschichten sind noch nicht die Erfahrung. Aber sie berichten davon, damit man sie erkennt, wenn sie einem selbst widerfahren. Unter dieser Perspektive ist es einerlei, ob die Steine im Jordan, bei Gilgal oder nur im Text bei Josua 4 stehen.

HELMUT ASSMANN

Ewiger Gott, wir vergessen schnell. Auch dich vergessen wir, so traurig das ist. Aber du vergisst uns nicht. Verleih, dass wir wenigstens das nicht vergessen.

Josua 5,13–15

Mittwoch, 19. Januar

Erstmal fragen!

Bevor es an die Eroberung Jerichos geht, kommt es zu einer merkwürdigen kleinen Episode. Josua wird eines Mannes gewahr, wie die lutherische Übersetzung es formuliert, der ein bloßes Schwert trägt. Die Geschichte ist völlig ohne Zusammenhang mit dem Text zuvor und dem danach. Die Gestalt stellt sich als »Fürst über das Heer des Herrn« vor, eine Bezeichnung, die es in der ganzen jüdischen Bibel nur hier gibt. Und man ist beim Lesen auch ein wenig humoristisch angerührt, weil die Grandezza des Titels mit der textlichen Zufällig- und Einmaligkeit so gar nicht zusammenpassen will, die sein Erscheinen umgibt. Und auf die Frage, was denn dieser Fürst über das Heer des Herrn dem Josua angesichts der unmittelbar bevorstehenden Kriegshändel auszurichten habe, wird es noch kurioser: Josua soll die Schuhe ausziehen … Das ist es dann auch schon. Um mehr ging es nicht. Mit diesem erkennbar an die Dornbusch-Szene des Mose angelehnten Detail endet der kleine Abschnitt. Der moderne Leser fragt sich, was das soll. So geht es natürlich auch Josua. Weil er mit dem Schwertträger nichts anzufangen weiß, fragt er vorsichtshalber, ob es sich um einen Feind oder einen Freund handelt (V. 13). Mit der jeweiligen Antwort ergeben sich dann ja meist auch schon die Reaktionsmöglichkeiten.

Ich entnehme dem eine wichtige geistliche Angewohnheit: Wenn es kurios und undeutlich wird, mit welchen Geistern und Gestalten man es zu tun bekommt, ist es am einfachsten, erst einmal zu fragen. Urteile und Handlungen kommen dann gewiss zur rechten Zeit. Dass Josua sich die Zeit nimmt, den bewaffneten Herrn erst einmal nach seinem Begehr zu fragen, spricht für seine Gelassenheit und Umsicht. Dass dieser darauf tatsächlich antwortet und nicht gleich mit bombastischem Pathos daherfährt, spricht wiederum für eine ernstzunehmende Himmelsbotschaft. Also: erst fragen, dann reagieren!

HELMUT ASSMANN

Barmherziger Gott, gib uns Gelassenheit und Bereitschaft, wenn es unübersichtlich oder wunderlich wird. Lass unser Ohr auf deine Stimme hören. Und: Rede mit uns.

Donnerstag, 20. Januar

Josua 6,1–10

… fest verschlossene Tore

»Fest verschlossene Tore« sind damals für Menschen von innen wie von außen ein unbesiegbares Hindernis. Menschen können so verdammt sein zum Stillstand – ein Bild des Todes. Was dann? Die Erzählung von der Einnahme Jerichos weiß, was zu solch erfahrener Wirklichkeit hinzukommen muss: »Da sprach der HERR zu Josua.« Nicht Taten stehen am Beginn, sondern Gott und sein Sprechen. Er redet den Menschen Josua an, und der wird durch dieses Wort lebendig. In der Folge überbrückt Gott das Aussichtslose, den Tod, durch sein Sprechen. In dem Maß, in dem Josua dem Wort Gottes Raum gibt, gewinnt er selbst Raum, zusammen mit dem Volk Israel. Die Überraschung dabei: Kein militärisches Vorgehen wird von Gott angewiesen, sondern ein liturgischer Vollzug, in dessen Verlauf das »fest verschlossene Jericho« überwunden wird. Denn am Ende werden die Mauern der Stadt einstürzen, wie von selbst.

Die Weisung Gottes in seiner Rede weist viele Bezüge zu Leviticus 25,8–13 auf, zum »Jubeljahr«. In ihm werden die idealen Verhältnisse des Anfangs wiederhergestellt: Israel lebt als Gesellschaft von Freien und Gleichen im Land, ein jeder auf seinem ihm zugewiesenen Erbbesitz. Doch das Land gehört JHWH allein! Israel lebt im Land, weil JHWH ihm das Recht dazu einräumt. Es wird also keine Eroberung aus eigener Kraft und mit kluger Strategie sein. Das ist die Botschaft. Dass in biblischer Zeit die Stadt Jericho längst eine verlassene Siedlung in Trümmern war, bedeutet im Erzählablauf eben genau das: Israel hat sich sein Land nicht selbst zuzuschreiben. Der Einzug in das Verheißungsland ist nicht eine normale Eroberung, sondern ein einzigartiges Ereignis, das sich in der Geschichte niemals wiederholen wird. Alles hängt am Verhältnis zu seinem Gott und am Vertrauen auf ihn, nicht an der militärischen Stärke und Strategie. Josua vermittelt die Gottesrede an die Priester und an das Volk. Sie alle beherzigen genau seine Anweisungen. Ein gutes Omen.

PAUL DESELAERS

Gib mir dein Wort, du ewiges Wort, denn armselig bin ich in meinem Wort und Tun.

Josua 6,11–27

Freitag, 21. Januar

»Der HERR war mit Josua«

Gelingen – in den biblischen Sprachen ist das Wort zusammengesetzt aus »einen guten Weg gehen«. Genau das tut Josua und erfährt, dass Gott mit ihm einen guten Weg geht. Er lässt die »Lade JHWHs«, die die stärkende Anwesenheit des HERRN repräsentiert, im Mittelpunkt stehen. Israel, also die Priester, die bewaffneten Männer und die Nachhut scheinen fast vergessen. Neben der Lade ist der Hörnerschall entscheidend. Ausführlich dargestellt wird der siebte Tag, nachdem sechs Tage lang die göttliche Anweisung befolgt worden war. Am letzten Tag umrundet der Prozessionszug sieben Mal die Stadt. Vor dem Abschluss der siebten Runde und damit unmittelbar vor dem Höhepunkt ergreift Josua erneut das Wort. Er bezieht sich auf die Weisung Gottes, dass das Volk nach den schweigenden Prozessionen jetzt in Kriegsgeschrei ausbrechen soll, weil JHWH die Stadt in die Hand Israels gegeben hat. So wird es dann auch geschehen (V. 20). Israel leistet mit den Hörnern und dem Geschrei einen Beitrag zu dem, was Gott selbst wirkt. Sein Wort wird Wirklichkeit.

Zuvor eröffnet Josua über den Bezug zur Gottesrede hinaus ein neues Thema, das »Banngut«: Alle Lebewesen in der Stadt sollen der Vernichtung geweiht, die Stadt selbst niedergebrannt und so auf Dauer zerstört werden. Nur erbeutete Metalle sollen dem »Schatz im Haus des HERRN« zugeführt werden (V. 24). Was steht hinter dieser grausamen Ideologie?

Zunächst gab es diese Praxis im Alten Orient; in Israel wurde sie zwar erzählt, doch nie vollzogen. Hinter Jericho etwa steht für Israel zudem symbolisch die Gefahr, Gott zu vergessen. Josua als in der Tora Erfahrener weiß darum und setzt um des Glaubens willen diese Schranke angesichts des verlockenden Varietés anderer Kulte. Weil Israel schließlich nichts behalten darf, ist jede Eroberung ohne Gewinn und Motivation. Dass Gott unterscheidet und Rahab wegen ihrer Solidarität und ihres Bekenntnisses (2,9–11) gerettet wird, kann die Treue des Volkes und Josuas zu JHWH stärken. Der HERR geht wachsam mit.

PAUL DESELAERS

Gott, mach dich ganz erkennbar vor uns wie vor Josua!

Samstag, 22. Januar

Josua 7,1–26

»Hin- und hergerissen« – Achan

Wie soll Israel seinen Weg in die Freiheit finden? Wie übersetzt sich seine Identität in echtes Tun? Persönliches und kollektives Handeln ergänzen und bedingen sich in der Erzählung von Achans Vergehen und bilden so Facetten dieser Identität ab.

Eine Rückblende verknüpft die Erzählung mit der vorherigen: Achan aus Juda hat in Jericho »Banngut« an sich genommen und versteckt. Er ist nicht allein von der Tora, sondern auch von privaten Wünschen regiert, hin- und hergerissen zwischen irdischem und göttlichem Gut. Selbst bringt er es auf den Punkt: »Ich sah unter der Beute einen schönen Mantel aus Schinar, außerdem zweihundert Schekel Silber und einen Goldbarren, der fünfzig Schekel wog. Ich wollte es haben und an mich nehmen. Es ist in meinem Zelt am Boden vergraben …« (V. 21) In aller Öffentlichkeit reagiert Josua unerbittlich auf die offensichtliche Grenzüberschreitung: »Womit du uns ins Unglück gestürzt hast, damit stürzt dich der HERR heute ins Unglück.« (V. 25)

Zur Erzählung gehört auch der Versuch des Volkes, die Stadt Ai, die übersetzt »Trümmerhaufen« heißt, zu erobern. Offenbar ein Leichtes, nebenbei in Eigenregie einen Feldzug zu führen. Weder ist – wie vor Jericho – die Lade JHWHs beteiligt, noch gibt es dazu seine Weisung. Also gehen nur 3000 Mann los, nicht das ganze Volk. Hier ist etwas in Unordnung geraten. Und Achan ist offenbar der Grund. Die Niederlage ist programmiert. »Da zerschmolz das Herz des Volkes.« (V. 5) Das zerschmolzene Herz meint die effektive Zersetzung der Kampfkraft, die das vitale Zentrum des Menschen lahmlegt. Das biblische Herz ist Sitz der Kraft der Vernunft. Es ist jener Ort, an dem sich entscheidet, was man in Zukunft in seinem Herzen bewahrt.

Das Webmuster der Erzählung weist auf die Verantwortung eines jeden, für sich und in Solidarität mit dem Gottesvolk im Denken und Handeln eindeutig Stellung zu beziehen. Diese Zustimmungs- und Widerstandskraft zu stärken, wird die Bindung an JHWH und die Tora vertiefen.

PAUL DESELAERS

Lass uns Acht geben auf das Herz, damit wir um dich wissen, Herr.

Psalm 41

Sonntag, 23. Januar

Glaube ist wie ein Vogel, der in der Nacht schon singt

Gleich der erste Vers unseres heutigen Psalms löst in mir einen Widerstand aus. Als ob das Leben so einfach wäre! Als ob derjenige, der sich der Schwachen und Hilflosen annimmt, dadurch ein Unterpfand auf Rettung aus eigenen Zeiten der Schwäche und Hilflosigkeit erwirbt. Als ob dieser dann Gott nur anrufen müsse, um von ihm Rettung zu erfahren. So ist es doch nicht. Und das erlebt auch der Psalmbeter hier nicht, wenn ich die nachstehenden Verse wahrnehme. Mir kommt Adelheid in den Sinn. Adelheid gehört zu den Müttern in meinem Glaubensleben. Sie hat erzählt von Gott, von ihrer Hoffnung, von ihrer Beziehung zu Jesus. Ihr Glaube war ansteckend. Und ganz besonders ansteckend wirkte ihr Glaube, als Adelheid davon erzählte, wie Gott sie von dem Krebsleiden befreit hat. Die Ärzte hatten keine Erklärung für dieses Wunder. Adelheid hatte eine Erklärung: Gott hatte ihr und unser Gebet um Heilung erhört, er hatte sich als treu zu ihr erwiesen. Sie war voll des Lobes! Und hat uns alle angesteckt. Aber dann kam der Krebs zurück. Mit all seiner Macht und Hässlichkeit. Und Adelheid starb schließlich. Trotz unserer Heilungsgebete. Ich erinnere mich an ein vielleicht letztes Telefonat mit ihr. Ich weiß nicht mehr, was wir gesprochen haben, aber ich erinnere mich an meine Zerrissenheit. Wir hatten Gott um Heilung gebeten und jetzt stand der Tod im Raum. Dennoch erinnere ich mich auch, getröstet den Hörer auf die Gabel gehängt zu haben. Adelheid glaubte inmitten ihrer Nacht an Gottes unverbrüchliche Liebe und Zuwendung. Der nahe Tod stellte keine trennende Grenze, kein Hindernis dar. »Der Glaube ist wie ein Vogel, der in der Nacht schon singt«, sagt Tagore. Er singt, weil es auf den Morgen zugeht. Bis heute bleiben mir Gebete um Heilung im Halse stecken. Aber bis heute bin ich auch eine Glaubende.

ULRIKE JUNGE

Gott, halte mich nah bei dir – und lass mich den Morgen glauben.

Montag, 24. Januar

Josua 8,1–29

Eine Gewaltorgie?

Der Abschnitt scheint sämtliche Vorurteile zu bestätigen, die viele mit dem Alten Testament verbinden, wenn sie es als gewaltverherrlichendes Buch verstehen, welches einen Gott zeigt, der Gewalt nicht nur legitimiert, sondern direkt befiehlt (V. 2). Ausdrücklich ordnet JHWH hier sogar die grausame altorientalische Praxis des Banns an, bei der die Bevölkerung der besiegten Stadt als Opfer für die siegreiche Gottheit hingeschlachtet wird. Dabei hilft wenig, dass es sich hier nicht um eine Beschreibung historischer Vorgänge handelt. Ein Hinweis darauf gibt etwa der Name der Stadt Ai, der soviel wie »Trümmerstätte« bedeutet, so dass hier wohl eine »ätiologische« Sage vorliegt, was bedeutet, dass ein Zustand der Gegenwart – eben jene Trümmerstätte – mit einem fingierten Geschehen der Vergangenheit erklärt wird. Wenig nützt auch der Hinweis, dass es hier wohl um eine Art Gräuel-Propaganda vor dem Hintergrund zeitgenössischer assyrischer Kriegspraktiken geht, die davor warnen soll, sich Israel feindlich gegenüber zu verhalten, um nicht ein ähnliches Schicksal wie die Stadt Ai zu erleiden. Besser scheint wohl eine allegorische Deutung zu sein, auf die gerade jene Bezeichnung »Schutthügel« hinzuweisen scheint. Dann steht die Stadt für das Kanaanäische in Israel, dessen Gräuelpraktiken z. B. im Götzenkult Dtn 12,29–31 beschreibt. Die vollständige Ausrottung der Bewohnerschaft (vgl. die symbolische Zahl 12.000) und die Zerstörung Ai’s ist dann als Aufforderung zu verstehen, sich von allem Widergöttlichen zu trennen, um auf diese Weise den Traum eines heiligen Volkes in einem heiligen Land, das ganz von der Erkenntnis JHWHs erfüllt ist (vgl. Jes 11,9) zu verwirklichen. In seiner herausfordernden Radikalität macht damit der Text deutlich, dass es mit dem JHWH-Feindlichen im eigenen Leben eigentlich keinen Kompromiss geben darf – eine Radikalität, die sich in anderer Form, aber nicht minder herausfordernd, auch bei Jesus findet, vgl. Mt 5,29!

BURKARD M. ZAPFF

Gott, lass nicht zu, dass wir im Kampf mit dem Bösen erliegen.

Josua 8,30–35

Dienstag, 25. Januar

Heimat mit Gott

Der hier geschilderte Altarbau ist das positive Gegenüber zur der in Jos 6–8 beschriebenen Zerstörung der kanaanäischen Städte Jericho und Ai. Symbolisiert diese eine Reinigung des Landes von allem JHWH-Feindlichen, so sind der Bau des Altares und die auf ihm dargebrachten Opfer Einlösung eines bereits in Dtn 27 ergangenen Auftrages. Sie sind Ausdruck dafür, dass das Land nun JHWHs Land ist und von Israel dankend angenommen wird. Auch die Opfer sind in diesem Zusammenhang nicht in erster Linie im Sinne einer Gabe an JHWH zu verstehen, sondern Inbegriff dafür, dass Israel JHWH und nur JHWH als seinen Gott im Verheißungsland verehren will. Daraus ergibt sich durchaus eine Analogie zu so manchen Bildstöcken und Feldkreuzen, die in vielen Gegenden die Landschaft prägen und uns daran erinnern, in unserem Land entsprechend christlicher Werte zu leben und zu handeln. Auf Vergleichbares weist auch die Beschriftung der Steine des Altars mit dem Gesetz des Moses in V. 32 hin. Das Gesetz wird hier nicht als eine Einschränkung menschlicher Freiheit verstanden, sondern im Gegenteil: Im Verheißungsland ermöglicht es, als das aus der Knechtschaft Ägyptens befreite Volk Gottes zu leben und diesem Land damit einen Stempel der Freiheit aufzudrücken. Wird doch das Gesetz in Dtn 30,16 als Inbegriff und Garant des Lebens bezeichnet. Umgekehrt gilt entsprechend V. 34 auch, dass Fluch über das Land hereinbricht, wenn die Gebote JHWHs missachtet werden oder modern gesprochen: Wo Gott nicht mehr zählt, zählt auf Dauer auch der Mensch nicht mehr. Dass die Gesetzesverkündigung mit dem Altar und seinen Opfern verbunden wird, zeigt zudem, dass in erster Linie die Einhaltung der Gebote JHWHs und nicht tierische Opfergaben die Weise ist, in der JHWH verehrt werden will (vgl. Ps 50,23).

Ein Land wird dann zur Heimat mit Gott, ja zum Heiligen Land, wenn in ihm Gott in Wort und Tat verehrt wird: Diese Wahrheit hat wohl auch heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren.

BURKARD M. ZAPFF

Mein Herz ist bereit, o Gott: Ich will dir singen und spielen!

Mittwoch, 26. Januar

Josua 9,1–27

In der Zwickmühle