Mit rauchendem Colt - Frank Callahan - E-Book

Mit rauchendem Colt E-Book

Frank Callahan

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Der schwarzgekleidete Fremde schweigt. Das eigentümliche Lächeln in seinem hageren Gesicht ist jäh erloschen. Die harten Augen fixieren den Oldtimer mit unnachgiebigem Blick. Daniel Hampton geht unruhig auf und ab. Seine Gedanken überschlagen sich, verzweifelt sucht er nach einem Ausweg. Es gibt keinen. Da klingt wieder die Stimme des Fremden mit den tiefhängenden Colts auf, und ihr eisiger Klang läßt den Oldtimer erschaudern. »Sie haben vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit, Hampton! Keine Minute mehr!« Und in der Drehung setzt er leise hinzu: »Ich bin Earl March. Und ich werde die Ranch bekommen, alter Mann…« Er läßt den Oldtimer stehen und geht zu seinem Pferd. Elastisch schwingt er sich in den Sattel. Er wirft Hampton noch einen kurzen Blick zu, greift lässig an den Stetson und reitet davon. Daniel Hampton schaut dem Fremden mit brennenden Augen nach. Sein Mund ist verzerrt. Gedankenverloren geht er in das kleine Ranchhaus hinüber. »Wer war das?« hört er gleich darauf die Stimme seines Sohnes Mike, der ihm entgegenkommt. Daniel mustert seinen jüngsten Sohn. Er sieht einen achtzehnjährigen, schlanken Burschen mit blondem Haar und blauen Augen, die ihn immer wieder an seine verstorbene Frau erinnern. »Wer war der Mann?« wiederholt Mike drängend. »Ein Fremder, der unsere Ranch kaufen will«, knurrt der Oldtimer bitter. »Er heißt Earl March und wohnt in der Stadt im Central-Hotel. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden muß ich ihm Bescheid geben.« Mike Hampton wird steif. »Du wirst ablehnen«, stößt er heftig hervor. »Wir werden die Ranch nicht verkaufen!« Der Oldtimer zuckt nur die Achseln. »Er hat sämtliche Schuldscheine aufgekauft. Er hat uns in der Hand.« Der Junge packt seinen

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Die großen Western – 238 –

Mit rauchendem Colt

Frank Callahan

Der schwarzgekleidete Fremde schweigt. Das eigentümliche Lächeln in seinem hageren Gesicht ist jäh erloschen. Die harten Augen fixieren den Oldtimer mit unnachgiebigem Blick.

Daniel Hampton geht unruhig auf und ab. Seine Gedanken überschlagen sich, verzweifelt sucht er nach einem Ausweg. Es gibt keinen.

Da klingt wieder die Stimme des Fremden mit den tiefhängenden Colts auf, und ihr eisiger Klang läßt den Oldtimer erschaudern. »Sie haben vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit, Hampton! Keine Minute mehr!« Und in der Drehung setzt er leise hinzu: »Ich bin Earl March. Und ich werde die Ranch bekommen, alter Mann…«

Er läßt den Oldtimer stehen und geht zu seinem Pferd. Elastisch schwingt er sich in den Sattel. Er wirft Hampton noch einen kurzen Blick zu, greift lässig an den Stetson und reitet davon.

Daniel Hampton schaut dem Fremden mit brennenden Augen nach. Sein Mund ist verzerrt.

Gedankenverloren geht er in das kleine Ranchhaus hinüber.

»Wer war das?« hört er gleich darauf die Stimme seines Sohnes Mike, der ihm entgegenkommt.

Daniel mustert seinen jüngsten Sohn. Er sieht einen achtzehnjährigen, schlanken Burschen mit blondem Haar und blauen Augen, die ihn immer wieder an seine verstorbene Frau erinnern.

»Wer war der Mann?« wiederholt Mike drängend.

»Ein Fremder, der unsere Ranch kaufen will«, knurrt der Oldtimer bitter. »Er heißt Earl March und wohnt in der Stadt im Central-Hotel. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden muß ich ihm Bescheid geben.«

Mike Hampton wird steif.

»Du wirst ablehnen«, stößt er heftig hervor. »Wir werden die Ranch nicht verkaufen!«

Der Oldtimer zuckt nur die Achseln. »Er hat sämtliche Schuldscheine aufgekauft. Er hat uns in der Hand.«

Der Junge packt seinen Vater an der Schulter.

»Jay kommt in einigen Wochen zurück. Sicherlich hat er einen guten Preis für die Herde erzielt. Dann kannst du die gröbsten Schulden abdecken!« meint er hoffnungsvoll.

Wieder fährt sich der Oldtimer gedankenverloren über die Stirn.

»Ich weiß, Junge, daß das alles nicht unsere Schuld ist. Die Rinderseuche im letzten Frühjahr hat unsere Reserven aufgezehrt. Ich mußte Schulden machen! Aber jetzt…«

»Ich reite nachher in die Stadt, Dad. Vielleicht bekomme ich Kredit bei der Bank. Dann werde ich diesen Mister March aufsuchen. Vielleicht läßt er mit sich reden. Ich werde es versuchen.«

Er sieht den abweisenden Blick des Vaters, doch eigensinnig beharrt er: »Ich werde es versuchen. Mehr als ablehnen kann Mister Higgins nicht.«

Sie gehen ins Haus. Das Mittagessen steht dampfend auf dem Tisch. Schweigend setzen sie sich und beginnen zu essen.

Daniel hat keinen großen Appetit. Er stochert mißmutig in seinem Teller.

»Ihnen schmeckt es wohl nicht?« hört er Mary sagen, und die alte Farbige, die seit dem Tod seiner Frau den Haushalt führt, starrt Daniel mißbilligend an.

Er schiebt den Teller zurück.

Mike grinst zu ihm herüber.

»Ich werde die Angelegenheit schon regeln, Dad. Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen.«

Zweifelnd betrachtet ihn der Oldtimer. »Ich sehe wirklich keinen Ausweg. Bis Jay zurückkommt, werden vielleicht noch drei Wochen vergehen. Und bis dahin ist unsere Ranch längst unter dem Hammer. Du weißt genau, daß dieser Earl March nicht der Einzige ist, der auf die Ranch scharf ist. Du vergißt Norman Kendall. Wir sind ihm ein Dorn im Auge. Er lauert schon lange auf seine Chance.«

Mike Hampton steht auf.

Er bindet sich den Revolvergürtel um und überprüft die Waffe.

»Ich reite jetzt. In der Stadt werde ich mit Charles Higgins reden. Er hat uns schon einmal geholfen.«

Daniel nickt müde.

Er sieht den Sohn durchdringend an. »Du wirst mir heute abend Bescheid geben!«

»Okay«, lacht Mike und verläßt das Haus. Draußen holt er den Rappen aus dem Korral und legt den mit Silbernägeln verzierten Sattel auf.

Wenig später verläßt er die Ranch.

*

»Wie sieht es aus, Mister March?« fragt Norman Kendall und fährt sich selbstgefällig über den kurzen Schnauzbart. »Hat der alte Hampton angebissen?«

Earl March lächelt.

»Natürlich, Mister Kendall. Er wird verkaufen müssen, und ich werde bald Rancher sein.«

Diese Aussicht scheint ihn zu erheitern, denn er bricht in ein schallendes Gelächter aus.

Norman Kendall lacht mit, doch seine harten grauen Augen bleiben wachsam auf March gerichtet.

»Natürlich bleibt es bei unserer Abmachung«, fährt Earl March fort. »Ich werde die Ranch ein halbes Jahr bewirtschaften und sie dann Ihnen überlassen. Mein Gewinn wird zehntausend harte Dollars ausmachen, die Sie mir dann auszahlen. Das ist doch unsere Abmachung?«

Norman Kendall nickt bestätigend.

»Yea, Mister March. Ich könnte natürlich die Ranch sofort erwerben. Nur, ich will das Gerede vermeiden. Wir haben uns verstanden?«

Der schwarzgekleidete Mann nickt.

»Allright. Ich werde Sie auf dem laufenden halten.«

Sie reichen sich die Hände.

Norman Kendall lächelt verschlagen, als er March nachsieht.

Er ist die Trumpfkarte in meinem Spiel, denkt Kendall.

Norman Kendall sieht sich im Sa­loon um, der um die Mittagszeit noch recht schwach besucht ist. Als sich die Pendeltür öffnet und ein wahrer Bulle von einem Mann hereintritt, winkt er ihn zu sich an den Tisch.

»Hallo Boß«, schnauft der wohl über zwei Zentner schwere Mann und setzt sich. Der Stuhl ächzt unter seinem Gewicht.

Der Rancher mustert seinen Vormann, blickt in dessen grobgeschnittenes Gesicht mit den wulstigen Lippen.

»Alles klar?« fragt er dann. Der Hüne nickt.

»Der Wagen ist beladen und alle Besorgungen erledigt. Miß Janet ist nur noch schnell zur Schneiderin gegangen. Sie will in einer halben Stunde hier sein.«

Norman Kendall lächelt.

»Wollen wir hoffen, daß es bei einer halben Stunde bleibt. Nehmen wir einen Drink zusammen.«

Er winkt dem Barkeeper. Dann zuckt der Rancher zusammen.

In der Pendeltür steht Mike Hampton.

Clark Wilson, der Vormann, blickt erstaunt auf seinen Boß. Er sieht die nervös zuckenden Hände.

*

Mike Hampton hat die Stadt erreicht.

Vor dem Bankgebäude springt er aus dem Sattel und bindet sein Pferd fest. Entschlossen betritt er den Schalterraum.

»Hallo Jerry«, sagt er zu dem jungen Clerk. »Hat Mister Higgins einen Augenblick Zeit für mich?«

»Moment«, antwortet Jerry. Er geht in den angrenzenden Raum. Nach kurzer Zeit erscheint er wieder.

»Okay«, grinst er. »Der Boß erwartet dich.«

»Thanks«, antwortet Mike und betritt das Büro. Er zieht höflich den Stetson.

»Wie geht es Daniel?« eröffnet Charles Higgins das Gespräch. Dabei deutet er auf einen Stuhl. »Was kann ich für dich tun, mein Junge?«

Mike dreht verlegen den Hut in der Hand.

»Schieß schon los, Junge. Schließlich kennen wir uns schon recht lange und früher hast du mich Onkel genannt.«

Sie grinsen sich an. Doch dann wird Mike ernst.

»Dad geht es nicht besonders gut. Wir haben große Sorgen, und deshalb bin ich auch hier.«

Charles Higgins nickt.

»Ihr braucht Geld«, sagt Higgins und brennt sich umständlich eine Zigarre an. »Euch sind in den letzten Monaten die Schulden über den Kopf gewachsen. Erst diese verdammte Rinderseuche und jetzt die lange Dürre.«

Er blickt Mike noch immer lächelnd an.

»Wieviel?« fragt er dann gelassen.

»Mit zwanzigtausend Dollar könnten wir unsere Schulden abtragen!«

Charles Higgins fällt fast die Zigarre aus dem Mund. Ungläubig starrt er den jungen Hampton an.

»Zwanzigtausend! Damned Boy, wo habt ihr denn nur das ganze Geld hingebracht?«

Mike muß trotz der ernsten Situation lachen, und Higgins zieht erregt an seiner Zigarre.

»Das ist noch nicht alles, Mister Higgins«, fährt Mike ernst fort.

»Erzähle«, knurrt er und drückt die halbgerauchte Zigarre im Aschenbecher aus.

»Vor einigen Stunden kam ein Fremder auf unsere Ranch heraus. Er behauptete, sämtliche Schuldscheine zu besitzen. Er hat uns das Messer an die Kehle gesetzt. Wir müssen uns innerhalb von vierundzwanzig Stunden entscheiden. Mein Bruder Jay ist mit unserer größten Herde unterwegs, doch es wird noch einige Wochen dauern, bis er zurückkommt. Die Herde wird mindestens zwanzigtausend Dollars bringen. Nur, wir brauchen das Geld sofort.« Charles Higgins überlegt.

Mike weiß, daß von dieser Entscheidung der Bestand der Ranch und seine Zukunft abhängt.

Er wagt kaum zu atmen und unterdrückt das Würgen in der Kehle. Higgins tastet nach einer neuen Zigarre und Mike reicht ihm Feuer.

Sekundenbruchteile lang sehen sie sich in die Augen. Higgins sieht diesen flehenden Blick.

Aufseufzend wendet er sich an Mike.

»Warum ist Daniel nicht selbst gekommen?« fragt er dann. »Er weiß doch, daß du hier bist?«

Mike nickt.

»Natürlich«, antwortet er. »Doch ich wollte ihm diesen Gang ersparen. Vielleicht verstehen Sie mich. Ihr seid alte Freunde und…«

»Okay, Junge. Dein Vater hat mir einmal das Leben gerettet und wollte wohl diese Angelegenheit nicht damit belasten. Aber, verdammt noch mal, warum seid ihr denn nicht schon früher gekommen? Zwanzigtausend Dollar?«

Mike Hampton merkt, daß er schon fast gewonnen hat.

»Wir werden Ihnen das Geld auf Heller und Pfennig zurückzahlen«, sagt er leise. »Außerdem stellt die Ranch ja auch einen gewissen Wert dar, und mein Bruder Jay wird in wenigen Wochen zurückkehren. Sie gehen wirklich kein Risiko ein, und außerdem verdienen Sie auch noch an den Zinsen.«

Charles Higgins lächelt plötzlich.

»Du hast es hinter den Ohren«, lacht er.

Dann erhebt er sich.

»Okay, Junge. Die Sache geht in Ordnung. Ich werde selbst für die Summe bürgen. Schicke Daniel morgen vorbei. Ich werde alles vorbereiten lassen.«

Mike Hampton durchpulst ein jähes Glücksgefühl. Eine Zentnerlast scheint von ihm zu fallen.

Er springt auf und streckt Higgins impulsiv die Hand hin. Doch der lächelt nur.

»Nun fall mir bloß nicht gleich um den Hals, Junge. Es ist doch selbstverständlich, daß ich Freunden beistehe.«

Charles Higgins sagt es fest und begleitet Mike bis zur Tür.

Der Bank gegenüber befindet sich der Indsmen-Saloon. Mike beschließt, diesen Erfolg zu begießen.

Er geht hinüber und öffnet die Pendeltür. Er bleibt einen Augenblick stehen, um seine Augen an das Dämmerlicht zu gewöhnen.

Da wird er angerufen, und dann hat er auch schon den Rancher erkannt.

»Wollen Sie sich nicht zu uns setzen?« fragt Norman Kendall. Die Aufforderung begleitet er mit einer einladenden Gebärde.

Mike geht zum Tisch und reicht ­Kendall die Hand. Dem Vormann nickt er kurz zu. Er weiß nicht warum, aber der Bulle ist ihm einfach unsympathisch.

»Was treibt Sie denn in die Stadt?« will der Rancher wissen.

Mike grinst geheimnisvoll, und das macht Kendall noch neugieriger.

»Sie haben wohl hier ein Girl, das Sie bisher vor uns versteckt gehalten haben?« lacht er. Mike stimmt in das Lachen ein.

»No«, sagt er dann lächelnd. »Leider nicht. Und Ihre Tochter läßt sich ja kaum noch sehen.«

Wieder lachen sie.

»Doch Spaß beiseite«, meint Mike Hampton. »Ich war drüben in der Bank. Wir brauchen Geld. Sehr viel Geld. Sie wissen ja, diese verdammte Rinderseuche und dann der trockene Sommer. Es ist nicht einfach für uns.«

Norman Kendall hört aufmerksam zu. Seine Augen ruhen forschend auf dem Jungen.

»Und…?« fragt er neugierig. Seine Augen blitzen tückisch auf. Mike merkt es nicht.

»Mister Higgins gibt uns Kredit«, erzählt er freudestrahlend. »Wir können alle Schulden bezahlen!«

Mike hebt sein Glas und nimmt einen tüchtigen Schluck.

Norman Kendall wechselt einen langen Blick mit seinem Vormann.

Auch das sieht Mike nicht.

In diesem Augenblick betritt ein junges Girl den Saloon. Lächelnd kommt es auf die Männer zu.

Mike erhebt sich hölzern. Er wird verlegen.

»Hallo, Janet«, stößt er rauh hervor und reicht ihr die Hand.

»Mike Hampton«, sagt sie und zieht einen Schmollmund. »Du hast dich sehr rar gemacht in letzter Zeit. Beim letzten Tanzabend habe ich vergebens nach dir Ausschau gehalten.«

»Wirklich?« fragt er und sieht nicht, wie ihr der Schalk nur so aus den Augen lacht.

»Natürlich«, antwortet sie und fängt dann herzhaft an zu lachen.

Er merkt, daß sie ihn nur auf den Arm genommen hat, doch er stimmt ebenfalls in das Gelächter mit ein.

»Ich gehe, Boß«, sagt Clark Wilson und nimmt seinen breitrandigen Hut. Mit staksigen Schritten strebt er dem Ausgang zu. Mike bekommt das gar nicht mit. Er hat nur Augen und Ohren für die hübsche Janet. Und immer wieder blickt er sie bewundernd an.

Das Girl ist auch wirklich eine Augenweide. Sie hat langes schwarzes Haar, das ihr locker über die Schultern fällt, und dunkle Augen. Und ihre Figur läßt jedes Männerherz höher schlagen.

Und dieser Tatsache ist sie sich voll bewußt.

»Ist dein Kleid fertig geworden?« schaltet sich der Rancher plötzlich ein.

Sie wendet sich ihm zu. »Ja, Daddy. Es ist einfach wunderbar. Ich werde das hübscheste Girl von ganz Texas sein!« jubelt sie strahlend.

»Das bist du schon jetzt«, sagt Mike Hampton voller Bewunderung.

Janet errötet. Dann lacht sie hell auf.

»Thanks für das Kompliment, Gen­tleman. Doch auf die Idee, mich zum Sommerball einzuladen, bist du ja nicht gekommen.«

Er schaut sie groß an.

Sein Lächeln verliert sich. Er wirkt plötzlich wieder ernst und nüchtern.

»Du willst dich wohl über mich lustig machen«, knurrt er dann. »Sicherlich bist du längst vergeben und willst mich nur wieder an der Nase herumführen.«

Sie lacht schon wieder und ihre weißen Zähne blitzen.

»Ich habe natürlich genügend Verehrer«, seufzt sie mit einem koketten Zwinkern. »Aber du hast dich wirklich noch nie um mich bemüht!«

»Okay«, sagt er. »Du wirst mit mir auf den Ball gehen.«

»Ich werde beim Wagen warten«, sagt Norman Kendall. »Eure Verabredungen könnt ihr auch ohne mich treffen.«

»So long, Mister Hampton«, grinst er. »Vielleicht sehen wir uns auf dem Ball. Lassen Sie sich nur nicht von Janet einwickeln.«

»Also wie ist es?« beginnt er wieder.

Janets Lachen ist verstummt.

Sie zuckt die Achseln.

»Mike, wenn du wirklich mit mir gehen willst, dann ist das in Ordnung. Am besten treffen wir uns noch mal vor dem Ball.«

Er nickt.

Janet huscht leichtfüßig durch die Pendeltür auf den Stepwalk hinaus.

Mikes Gesicht glüht. Er spürt, wie sehr ihn diese Unterredung aufgewühlt hat.

Er tritt an den mächtigen Tresen.

»Einen doppelten Whisky«, verlangt er knurrend. Er sieht zu, wie der Keeper das Glas nimmt. Dann jagt er das scharfe Getränk in einem Zug durch die Kehle.

Dann wirft er einen Dollar auf die blankpolierte Hickory-Platte des Tresens und verläßt den Saloon.

*

Mike blinzelt in die grelle Sonne.

Er blickt zu seinem Pferd hinüber, das noch immer am Holm vor der Bank angeleint steht.

Ich werde noch diesen Earl March besuchen, denkt er. Der Stranger soll erfahren, daß er unsere Ranch niemals besitzen wird. Vielleicht wird er wütend und enttäuscht sein. Doch das ist seine Sache – Dad wird die Schuldscheine jedenfalls auslösen!

Einige Häuser weiter, gleich neben dem Sheriff Office, befindet sich das Central-Hotel.

Mike betritt die geräumige Vorhalle und der Portier, der beim Empfang steht, sieht ihn fragend an.

»Kann ich Ihnen helfen?« fragt er höflich.

»Hier hat sich ein gewisser Mister Earl March einquartiert. Ich möchte den Gentleman gern sprechen.«

»Earl March«, überlegt der Mann. Dann nickt er. »Yea. Der Gent wohnt bei uns. Zimmer vierundzwanzig im zweiten Stock.«

»Thanks«, dankt Mike knapp. Er geht langsam die schmale Treppe empor. Dann hat er den engen Flur erreicht. »Vierundzwanzig«, liest er.

Er klopft.

Mike Hampton wartet einen Augenblick, dann klopft er zum zweiten Mal.

Er bekommt wieder keine Antwort.

Als Mike ein drittes Mal gegen die Tür pocht – jetzt ungeduldig und derb –, schwingt sie nach innen auf.

Mikes Überraschung legt sich rasch. Seine Augen müssen sich erst an das im Zimmer herrschende Halbdunkel gewöhnen.

Dann zuckt er zusammen.

Er sieht den blutbefleckten Körper eines Mannes am Boden. Zögernd tritt er über die Schwelle.

Mit einem peitschenden Knall fällt die Tür hinter ihm ins Schloß. Mike fährt herum, er erkennt gerade noch die schemenhafte Gestalt, die sich auf ihn stürzt.

Er wirft sich reaktionsschnell zur Seite und zieht noch im Fallen den Colt.

Seine Waffe brüllt auf. Doch dann trifft ihn auch schon der heftige Schlag gegen die Brust und wirft ihn zu Boden.

Er muß einen Augenblick gegen die drohende Bewußtlosigkeit ankämpfen. Als er sich endlich wieder zu orientieren vermag, ist er allein im Zimmer.

Taumelnd richtet er sich auf. Er hat den Colt noch immer in der Hand. Jetzt beugt er sich über den reglosen Körper am Boden.

Es muß Earl March sein.

Er ist tot.

March wurde von einer Kugel mitten ins Herz getroffen. Mike erkennt es sofort.

Er kniet noch neben dem Toten, als die Tür aufgerissen wird. Der Portier steht mit schreckensbleichem Gesicht im Rahmen. Als Mike sich ihm zuwendet, weicht er mit einem Aufschrei zurück.

Mike blickt auf den Portier und dann auf seinen noch rauchenden Colt.

»Nicht doch«, sagt er. »Ich habe nicht…«

Der Mann ist jedoch schon schreiend verschwunden. Die Rufe gellen in Mikes Ohren.

Auf dem Gang wird es jetzt lebendig. Einige Männer drängen herein und entwinden ihm die Waffe. Andere halten ihn fest.