Montessori von Anfang an - Paula Polk Lillard - E-Book

Montessori von Anfang an E-Book

Paula Polk Lillard

3,9

Beschreibung

Das Buch gibt einen wichtigen, praxisnahen Beitrag zur Erziehung junger Kinder nach Maria Montessoris Konzept für 0-3 Jahre. Auf der Basis langjähriger Erfahrungen erläutern die Autorinnen auf äußerst kenntnisreiche und feinfühlige Weise die Entwicklung der ersten drei Jahre, und erklären, was Eltern und pädagogische Fachkräfte tun können, damit ihr Kind Selbstvertrauen, Unabhängigkeit und positive Beziehungen zu seiner Umwelt aufbauen kann.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 454

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
3,9 (18 Bewertungen)
5
10
0
3
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.
Sortieren nach:
Katharinaa

Man kann sich nicht von der Lektüre losreißen

Das Buch erklärt und gibt viele Beispiele, wie man die Montesspri Pädagogik bei den Kleinsten anwenden kann. Ob man sein wenige Monate altes Kind dann wirklich alleine in der Küche an seinem Tischchen essen lassen möchte oder nicht bleibt einem ja selbst überlassen. Für Denkanstöße und vor allem für das Verstehen, dass weniger einfach mehr für eine gesunde Entwicklung bei Säuglingen ist, kann man es nur Empfehlen.
00



Montessori von Anfang an

Herausgegeben im Auftrag

der Deutschen Montessori-Gesellschaft e. V.

Paula Polk Lillard / Lynn Lillard Jessen

Montessori von Anfang an

Ein Praxishandbuchfür die ersten drei Jahre des Kindes

Aus dem amerikanischen Englischvon Ela Eckert

Impressum

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2012

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlagkonzeption und -gestaltung: Berres & Stenzel, Freiburg

Umschlagfoto: © Sönke Held, Hamburg

Fotos im Innenteil: © Margaret Jessen Kelley / Lynn Lillard Jessen

Illustrationen auf den Seiten 18–27: Elisabeth Lottermoser

ISBN (E-Book) 978-3-451-34559-3

ISBN (Buch) 978-3-451-32623-3

Für John Lillard und Ned Jessen,die besten aller »Montessori-Ehemänner«,für ihren weisen Rat, ihre unermüdlicheUnterstützung und Geduld und ihren Humor

Inhalt

Geleitwort

Vorwort der Autorinnen

Einführung

1 Der Selbstaufbau des Menschen

2 Das Neugeborene willkommen heißen

3 Die Welt erobern

4 Die Hand und das Gehirn

5 Zur Koordination krabbeln

6 Praktisches Leben

7 Sorge für die eigene Person

8 Sprache und Intelligenz

9 Die Entwicklung des Willens

10 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Sachregister

Personenverzeichnis

Geleitwort

Die Frühpädagogik für das Alter von 0 bis 3 Jahren ist in Deutschland ein hochaktuelles Thema. Dabei spielt auch die Montessori-Pädagogik in der Diskussion um eine heute angemessene Pädagogik eine große Rolle. Von daher stieß das 2003 in den USA erschienene Buch »Montessori from the Start« in der Deutschen Montessori-Gesellschaft (DMG) auf großes Interesse, weil es sich hier um ein hilfreiches Praxis-Handbuch auf genuiner Montessori-Basis handelt. Der Vorstand der DMG beschloss deshalb, dieses Buch in fachkundiger Übersetzung deutschen Leserinnen und Lesern zugänglich zu machen, zumal die Montessori-Pädagogik für den Bereich der Kleinkinder von 0 bis 3 Jahren international auf eine lange Erfahrung zurückblickt, die in Deutschland wenig bekannt ist.

In Deutschland findet derzeit eine breite Diskussion darüber statt, dass es zu wenig Kindertagesstättenplätze für kleine Kinder gibt. Und dort, wo die Zahl der Plätze vielleicht ausreicht, mangelt es nicht selten an adäquaten Konzepten und/oder an pädagogischem Personal, das für die Arbeit mit diesen jüngsten Kindern speziell qualifiziert ist. Hier kann dieses Buch natürlich nicht direkt Abhilfe schaffen. Es kann aber für die pädagogische Diskussion im Hinblick auf die Erziehung von Kindern dieser Altersstufe vielfältige Anregungen geben. Das Buch wendet sich in erster Linie an die Eltern junger Kinder; viele Informationen und Vorschläge für die Praxis betreffen aber ebenso die Arbeit der pädagogischen Fachkräfte. Es behandelt systematisch die verschiedenen Bereiche der Erziehung von Kleinkindern: Vorbereitung und Ausstattung des Kinderzimmers, Ernährung, Schlaf, Kleidung, die Interaktion des Kindes mit seiner Umgebung, Spracherwerb – alles mit dem Fokus darauf, das Kind schrittweise verantwortungsbewusst und mit Empathie auf seinem Weg zu eigener Unabhängigkeit zu begleiten und dabei unnötige Hindernisse zu vermeiden. Selbst als erfahrener Montessori-Leser staunt man an vielen Stellen über Hinweise und Erfahrungsdarstellungen, die man in dieser Weise bislang noch nicht betrachtet hat. Dabei werden auch oft kontrovers diskutierte Themen wie etwa die Verwendung eines Schnullers oder die Sauberkeitserziehung ausführlich angesprochen.

Die amerikanischen Autorinnen Paula Polk Lillard und Lynn Lillard Jessen (Mutter und Tochter) sind beide in Theorie und Praxis der Montessori-Pädagogik außerordentlich versiert. Sie gründeten vor langen Jahren die Forest-Bluff-School, eine Montessori-Schule in Lake Bluff/Illinois, in der in einer sogenannten Young Children’s Community auch Kinder unter drei Jahren erzogen werden. Dort machten sie die Erfahrung, dass sich viele junge Eltern heute bei der Erziehung ihrer Kinder verunsichert fühlen. Daher entwickelten die Lillards einen Eltern-Kind-Kurs nach dem Konzept Maria Montessoris, den Eltern schon während der Schwangerschaft und dann während ihrer Jahre als Kleinkindeltern besuchen können, um auf praktische und pädagogische Fragen Antworten zu erhalten und sich mit anderen in ähnlicher Situation austauschen zu können. Aus diesem Kurs berichten die Autorinnen häufig im Verlauf des Buches und die Fragen und Reaktionen dieser Eltern waren für sie der Anlass, dieses Buch zu schreiben.

In mehreren Praxiskapiteln stellen die Lillards detailreich die verschiedenen Bereiche der Kleinkinderziehung nach Montessori dar, fordern aber zum Schluss dazu auf, mit Kreativität einen individuellen Weg zu gehen, sich vor allem nach dem Kind zu richten und die von Maria Montessori entwickelten Prinzipien als Leitlinien zu betrachten. Ihnen ist das Wichtigste, das Kind zu verstehen, es genau und mit empathischem Verständnis zu beobachten, seine jeweiligen Bedürfnisse aufzuspüren und mit ihm zusammen an seinem Selbstaufbau zu arbeiten. Die Montessori-Pädagogik ist für die Autorinnen keine »Kuschel- oder Verwöhnpädagogik«, sondern eine Erziehung, die sich stringent an den Entwicklungsbedürfnissen des individuellen Kindes orientiert.

Bei der Übersetzung kam es mir darauf an, dieses Buch in die deutsche Diskussion einzuführen und für Montessori-interessierte Eltern wie auch Pädagoginnen und Pädagogen zugänglich zu machen. Für sachkundige Unterstützung bei dieser Aufgabe sowie für die kritische Durchsicht des Manuskripts danke ich Dr. Jörg Boysen, Annika Raapke und Prof. Dr. Hans-Dietrich Raapke.

Für den Vorstand der Deutschen Montessori-Gesellschaft e.V.

Ela Eckert

Vorwort der Autorinnen

Jeden Morgen begrüßen wir die ankommenden Kinder und ihre Eltern im Korridor. Eines Tages im Frühling verabschiedete eine junge Mutter ihre beiden älteren Kinder an der Tür zum Klassenraum. Dann hielt sie an, um uns zu erzählen, wie viel Freude sie an ihrem dritten Kind hatte, das einige Wochen zuvor zur Welt gekommen war. »Ich möchte Ihnen danken für all das, was Sie uns vermittelt haben. Wenn man sein erstes Baby hat, ist man so ängstlich. Ihnen habe ich zu verdanken, dass ich jetzt mit Freude Mutter sein kann anstatt mit Angst.« Sie machte eine Pause, dachte kurz nach und fuhr dann fort: »Nicht nur mit Freude; es ist auch interessanter und befriedigender. Sie haben mir das Selbstvertrauen gegeben, um dieser Aufgabe gerecht werden zu können. Mir kommen die Tränen, wenn ich darüber spreche.« Während sie sich zum Gehen wandte, fügte sie noch hinzu: »Sie haben mir gezeigt, was ich tun muss.« Augenblicke wie dieser und ähnliche mit anderen Eltern, die unseren Eltern-Kind-Kurs besucht haben, haben uns zu diesem Buch angeregt.

Wir sind zwei Frauen aus verschiedenen Generationen: Mutter, Paula Lillard, und Tochter, Lynn Jessen. Aber wir teilen eine gemeinsame Aufgabe im Leben: Wir möchten die Kindheit und ihren Sinn verstehen und unser Wissen darüber mit Eltern teilen, damit sie ihre Kinder unterstützen können, die Ziele der Kindheit zu erreichen. Wir sind beide Montessori-Kinderhaus-Pädagoginnen und besitzen ein Ausbildungszertifikat der »Association Montessori Internationale« (AMI) in Amsterdam, das uns berechtigt, Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren zu erziehen. Lynn hat zusätzlich ein Assistants-to-Infancy-Diplom1 der AMI erworben, ist also dafür qualifiziert, Kinder in ihrer Entwicklung von der Geburt bis zum Alter von drei Jahren zu unterstützen. Paula verfügt über einen Master-Abschluss in Montessori-Pädagogik der Xavier University in Cincinnati/Ohio und hat bereits drei Bücher zur Erziehung nach Maria Montessori geschrieben: Montessori: A Modern Approach (erschienen 1972 im Schocken Verlag; es geht darin um die Erziehung der Kinder von drei bis sechs Jahren), Montessori in the Classroom (erschienen 1980 bei Schocken mit dem Ziel, die Umsetzung der Montessori-Prinzipien im Kinderhaus vorzustellen) und Montessori Today (erschienen 1996, ebenfalls bei Schocken. Dieses Buch beschreibt Montessoris Konzept für die Sechs- bis Zwölfjährigen2).

Gemeinsam mit Jane Linari, einer früheren Kollegin von Paula an der Lake-Forest-Country-Day-School, gründeten wir 1982 die Forest-Bluff-School, in der heute Kinder von achtzehn Monaten bis zu vierzehn Jahren nach dem Montessori-Konzept unterrichtet werden. Zusätzlich haben wir in den letzten sechs Jahren in Forest-Bluff Eltern-Kind-Kurse gehalten, deren Schwerpunkt auf den Entwicklungsbedürfnissen der Kinder von der Geburt bis zum Alter von drei Jahren liegt. Auf einen solchen Kurs bezog sich die Mutter, die uns an jenem Frühlingstag im Korridor ansprach.

Jede von uns kam auf einem anderen Weg und zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt im Leben zu Montessori. Um Ihnen einen genaueren Einblick in die Erfahrungen zu geben, die uns zu Montessori führten, möchten wir kurz auf unsere Biografien eingehen. Paula, Mutter von fünf Töchtern und Großmutter von acht Enkelkindern, damals vom Neugeborenen bis hin zu einem 21-Jährigen, erzählt ihre Geschichte:

Ich habe bald nach meiner Graduierung vom Smith College geheiratet und in den 1950er und 1960er Jahren meine Kinder großgezogen. In jener Zeit, bevor Betty Friedans Buch The Feminine Mystique erschien, wollten die Frauen am liebsten als Ehefrauen und Mütter zu Hause bleiben. Allerdings übernahm man in meiner Generation in beträchtlichem Maß ehrenamtliche Aufgaben, und in dieser Rolle kam ich erstmals in Kontakt mit der Montessori-Pädagogik. Die Montessori-Schule, die meine damals sechsjährige Tochter Lynn und ihre ältere Schwester Lisa besuchten, begann mit der Einrichtung einer Kinderhaus-Gruppe. Ich war gegenüber diesem »alt-neuen« pädagogischen Konzept mit seinem Schwerpunkt auf »Freiheit« für Kinder skeptisch. Als die Schulleitung meinen Mann und mich fragte, ob wir unsere Tochter Pamela, die damals drei Jahre alt war, nicht dafür anmelden wollten, meldete ich mich freiwillig als Assistentin der Klassenlehrerin. Ich war unsicher, wie meine Tochter auf diese ganz andere Art der Erziehung reagieren würde und meine Anwesenheit in der Klasse sollte mir Gelegenheit geben, aus erster Hand zu erfahren, wie es ihr damit erging. Auch wollte ich sehen, inwieweit Kinder von nur drei Jahren in der Lage sein würden, mit der »Freiheit« in einer Montessori-Klasse umzugehen. Ich war ehemalige Lehrerin an einer öffentlichen Schule und keine meiner früheren Erfahrungen deutete darauf hin, dass man junge Kinder »frei« lassen sollte, um ihre eigene Erziehung mitzubestimmen.

In den darauffolgenden Monaten entdeckte ich, dass Montessori-Pädagogik von viel mehr handelt als von der Freiheit für Kinder: Sie setzt eine vorbereitete Erzieherin voraus, die die Entwicklung des Kindes kennt und versteht und die Erfahrung mit der Einrichtung einer strukturierten, vorbereiteten Umgebung hat, die den Entwicklungsbedürfnissen jeder der aufeinanderfolgenden Altersstufen entspricht. Die Kinder sind nicht in dem Sinne frei, dass sie tun, »was sie wollen«, wie ich angenommen hatte. Sie sind stattdessen frei, um zu »arbeiten«: Das heißt, frei, um sich für nachhaltige, konstruktive Aktivitäten zu engagieren, während sie gleichzeitig lernen, wie man sich in einer Gemeinschaft mit anderen verhält.3

Mit der Zeit begann ich etwas zu erkennen, das ich nur erahnt hatte, als ich mit zweiundzwanzig Jahren mein erstes Kind bekam: dass Muttersein nämlich mehr ist als nur Babys oder Kleinkinder zu stillen, zu baden, zu kleiden, mit ihnen zu spielen und sie zu lieben. Diese Kleinen unter sechs Jahren sind keine Miniaturwesen, die einfach wachsen, wie ein Same zu einer voll erblühten Pflanze heranwächst. Sie befinden sich in einem Prozess, in dessen Verlauf sie sich durch eine Reihe vorhersagbarer Entwicklungsstufen selbst zu neuen Wesen aufbauen. Mutter zu sein verwandelte sich für mich von einer vorwiegend bewachenden, wenn auch liebenden Fürsorge hin zu der stimulierenden, konstruktiven Entdeckung eines neuen Wesens in seinem Aufbau und seiner Unterstützung dabei. Ich fand mich inmitten einer intellektuellen und wissenschaftlichen Aufgabe von immensen Ausmaßen und großer Bedeutung.

In den darauffolgenden Jahren bestätigte die moderne Wissenschaft, dass das kindliche Gehirn tatsächlich eine außerordentliche Meisterleistung des Aufbaus vollbringt und dass die äußere Umgebung zu einem großen Teil bestimmt, wie dieser Aufbau vonstatten geht. Das sind ermutigende Nachrichten. Eltern wissen jetzt, dass ihre Aufgabe nicht nur wichtig, sondern sogar der entscheidende Faktor für die Zukunft ihres Kindes ist. Allerdings hat diese Erkenntnis eine Schattenseite – und damit kommen wir zu dem Grund, weshalb mir so sehr daran gelegen ist, die Informationen dieses Buches anderen zugänglich zu machen. Während unsere Generation nur über ein einziges Buch verfügte, nämlich die erste Ausgabe von The Common Sense Book of Baby and Child Care von Dr. Benjamin Spock, das uns sagte, was zu tun sei (und ehrlich gesagt nahmen wir uns die Freiheit, vieles davon zu ignorieren, da wir die Weisheit und die Erfahrungen unserer eigenen Mütter und Großmütter mit auf den Weg bekommen hatten) –, werden heutige Mütter mit tausenden von Büchern zur Erziehung von Kindern überschüttet, geschrieben von Psychologen und anderen Autoren. Diese Fülle an Büchern, die die Meinung so vieler Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Erfahrungen widerspiegelt, führt mit ihren einander widersprechenden Ratschlägen allzu oft dazu, dass Mütter in Rollenkonflikte geraten. Fügt man zu dieser Verwirrung darüber, welchem Rat zu folgen sei, noch das Schuldgefühl hinzu, das erwerbstätige Mütter so häufig empfinden, so ändert sich die Aufgabe der Erziehung von Kindern von einer freudvollen, wenn auch herausfordernden Entdeckungsreise hin zu einer ermüdenden und schwierigen Erfahrung.

Was ist zu tun? In diesem Buch kehren wir zurück zu den Entdeckungen, die die junge Ärztin und Erziehungspionierin Maria Montessori um die Wende zum zwanzigsten Jahrhundert machte. Ihre Beobachtungen und ihre »Entdeckung des Kindes« gründen sich auf der Weisheit der Vergangenheit, tragen uns aber ebenso vorwärts in das einundzwanzigste Jahrhundert. Die heutige Forschung bekräftigt jede einzelne ihrer Empfehlungen zur Erziehung von Kindern, angefangen mit dem Neugeborenen.4

Bevor wir einen Überblick über die Kapitel geben, die die Entdeckungen von Maria Montessori behandeln, wollen wir noch Lynn, 2003 Mutter von drei Kindern im Alter von zehn, fünfzehn und neunzehn Jahren, ihren Weg zu Montessori schildern lassen:

Das erste, was mir im Zusammenhang mit Montessori in Erinnerung ist, sind die Sandpapierbuchstaben. Ich ging in die erste Klasse und meine kleine Schwester in ein Montessori-Kinderhaus. Ich erinnere mich, dass mir diese Buchstaben magisch zu sein schienen. »Durch das bloße Nachfahren ihrer Linien«, so dachte ich, »konnten sie in meinen Kopf gelangen.« Von Anfang an hatte Montessori für mich etwas Einzigartiges und Geheimnisvolles. Dennoch beruhte es auf einer praktischen, realen Erfahrung: Es war etwas, das man sah und fühlte.

Meine nächste Erinnerung ist, dass ich mit meiner Mutter einkaufte, die dabei half, drei Montessori-»Headstart«-Klassenräume innerhalb kommunaler Wohnprojekte und eine Grundschulklasse in einer öffentlichen Schule im Stadtzentrum einzurichten. Ich war elf Jahre alt und erinnere mich, dass ich dachte, dies wäre ein guter Weg für die betroffenen Kinder, um sich aus der Armut zu befreien und in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Die Montessori-Klassenzimmer waren schöne, strukturierte Orte und mit außerordentlicher Sorgfalt eingerichtet. Jeder Eimer, jede Bürste, jeder Besen war mit Bedacht ausgewählt und nach reiflicher Überlegung im Raum platziert worden. Die Mütter in diesen Wohnprojekten bereiteten ihre Kinder sorgfältig und mit Respekt vor. Die Kinder waren perfekt gekleidet mit kleinen Zöpfen und Bändern im Haar oder mit in den Hosenbund gesteckten Oberhemden und gebügelten Hosen. Die Liebe dieser Mütter zu ihren Kindern und der Glaube, der sich mit ihrer Erziehung verband, machten einen großen Eindruck auf mich. Eines Tages begleitete ich als »Hilfskraft« einige dieser Kinder auf einem Ausflug zu einer Farm. All diese kleinen Fünfjährigen saßen auf dem Rücksitz und sangen »Mr. Mixed up, Who Do You Think You Are?« (ein beliebtes Lied aus den 1960er Jahren). Ihre Offenheit, ihre Energie und ihre offenkundige Begeisterung beeindruckten mich dauerhaft.

Als Teenager brachte ich meine jüngste Schwester täglich in die Montessori-Schule und holte sie am Ende des Schultags wieder in ihrem Klassenzimmer ab. Ich war beeindruckt von der friedvollen Atmosphäre dort. Sogar mir als Sechzehnjähriger war klar, dass es für junge Kinder in einer großen Gemeinschaft ungewöhnlich war, sich so ruhig und entspannt zu verhalten. Die Lehrerin, Schwester Anna (eine junge katholische Nonne, in jenen Tagen noch mit ihrer schwarzen Haube und in Tracht), zeigte gegenüber ihren achtundzwanzig Kindern den größten Respekt; aber es war die positive Haltung der Kinder ihr gegenüber, die mich am meisten faszinierte.

Als ich im ersten Jahr als Anfängerin am Smith College eingeschrieben war, begann meine Mutter, in einem Kinderhaus zu unterrichten, das auf Montessoris Prinzipien aufgebaut und in einer Vorstadt-Grundschule untergebracht war. Wieder war ich von der sorgfältigen Vorbereitung des Klassenzimmers beeindruckt. Ich konnte sehen, dass jeder Gegenstand für einen speziellen Zweck ausgewählt war und an einer besonderen Stelle des Raumes seinen Platz hatte. Nichts war nur zur Unterhaltung oder aus Gedankenlosigkeit heraus da. Eines Tages, als ich während der Semesterferien im Frühjahr zu Hause war, ging ich in diese Klasse, um Fotos für das zweite Buch meiner Mutter zu machen. Die friedvolle Atmosphäre in diesem Montessori-Klassenzimmer faszinierte mich so, wie es die Montessori-Klasse meiner kleinen Schwester getan hatte, als ich ein Teenager war. Meine Mutter behandelte die Kinder mit Respekt und sie antworteten darauf mit einem selbstsicheren Zusammengehörigkeitsgefühl und mit Selbstrespekt. Das hatte ich von fünf- bis sechsjährigen Kindern in ihrer Kinderhausumgebung nicht erwartet.

Etwa um diese Zeit bemerkte ich auch, dass meine jüngste Schwester, die mit insgesamt fünf Jahren die längste Zeit nach Montessoris Konzept erzogen worden war, ständig auf produktive Weise beschäftigt war. Sie konnte stundenlang am Küchentisch sitzen und Geschichten schreiben und diese illustrieren. Sie besaß die Fähigkeit, sich selbst Aktivitäten auszuwählen, aber am meisten beeindruckte mich ihre Fähigkeit, an einer Sache ausdauernd und konzentriert zu arbeiten – mit der für eine derartige Ausdauer notwendigen Disziplin.

In dieser Zeit arbeitete ich mehrere Sommer hintereinander in einem Tagescamp. Diese Erfahrung bestätigte meinen Eindruck davon, wie anders Kinder sich in einer Umgebung verhalten, die ihren Bedürfnissen nicht angemessen ist. Diese Kinder stürmten nach dreißig bis vierzig Minuten von einer Aktivität zur nächsten. Zeitplan und Tempo hielten die Kinder den ganzen langen Tag auf Trab. Wir Betreuer mussten sie von einem Ende des Camps zum anderen jagen: vom Kunst- und Handwerksbereich zum Schwimmen, dann zum Tennis, danach zum Bogenschießen usw. Erforderte eine Aktivität ein Umkleiden, verpassten sie diese häufig, da die vorgesehenen dreißig Minuten nicht ausreichten, um zehn Minuten dorthin zu gehen, sich zehn Minuten lang umzukleiden, zehn Minuten zurückzulaufen und außerdem noch Zeit für die eigentliche Aktivität übrig zu haben. Es war grotesk.

Niemals in dieser ganzen Zeit zog ich in Erwägung, Montessori-Lehrerin zu werden. Mein Schwerpunkt am Smith College war Kunst und ich wollte das auch zu meinem Beruf machen. Nach dem Examen begann ich mich nach Beschäftigungsmöglichkeiten umzusehen und mir kamen bald Zweifel, was meine Aussichten betraf. Mir wurde klar, dass nichts, was ich als Künstlerin tun würde, eine positive Auswirkung auf das Leben anderer haben würde. Ich wollte die Welt zu einem besseren Ort machen, aber mit meinem Abschluss konnte man eigentlich nur in der Werbung Geld verdienen. Und ich wollte mein Leben bestimmt nicht damit verbringen, andere zum Kauf von Dingen zu überreden, die sie nicht brauchten.

In dieser Situation schlug meine Mutter mir vor, nach Washington D. C. zu wechseln, um ein Jahr lang einen AMI Montessori Primary Course5 zu belegen. Ich dachte mir: »Ganz gleich, ob ich Erzieherin werde oder nicht, ich werde hoffentlich eines Tages Kinder haben und dafür wird diese Ausbildung sinnvoll sein«. Deshalb war ich von Anfang an mit Interesse dabei. Nach den Vorlesungen des ersten Tages, die Margaret Stephenson hielt, die Direktorin des Zentrums, die von Mario Montessori, dem Enkel Maria Montessoris, dazu ausgewählt worden war, in den Vereinigten Staaten ab 1968 die Montessori-Pädagogik nach langer Pause erneut einzuführen, »hing ich am Haken«. Ich erinnere mich, dass ich jeden Tag voller Eifer nach Hause kam. Ich dachte bei mir: »Das hier könnte die Welt verändern. Jedes einzelne Kind bedeutet eine neue Chance, eine neue Generation.« An der Hochschule war Soziologie mein einziges Fach gewesen, von dem ein positiver Einfluss auf die Welt hätte ausgehen können, aber mir kam das dennoch entmutigend vor: Bei den Erwachsenen sind die Probleme bereits vorhanden. Aber wenn man die Kinder zu Beginn ihres Lebens erreichen würde, wäre es vielleicht möglich, sie auf eine Reise hin zu konstruktiv denkenden Bürgern zu schicken, die in der Lage sein würden, einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.

An diesem Punkt fügte sich für mich etwas zusammen. Mir fielen meine Kindheitserfahrungen mit Montessori ein: die schön gestaltete Umgebung der Klassen in der Innenstadt, Schwester Annas respektvolle Art mit den Kindern und die ruhige, entspannte Atmosphäre in den Klassen meiner Mutter. Ich erkannte, dass ich die ganze Zeit lang überzeugt gewesen war, dass nur eine ganz besondere Persönlichkeit auf diese Weise würde unterrichten können. Meine Montessori-Ausbildung zeigte mir, dass jeder diese besondere Art erlernen konnte. Auch ich würde dazu in der Lage sein. Ich hatte meinen Weg gefunden.

Drei Jahre lang unterrichtete ich an zwei verschiedenen Montessori-Schulen, bevor ich die erste Kinderhaus-Gruppe an der Forest-Bluff-School übernahm. Im Jahr darauf kam mein erstes Kind zur Welt und dadurch erweiterte sich mein Interesse an Montessori, zunächst in Richtung Assistants to Infancy und später hin zu den Bereichen Montessori Elementary sowie Montessori für die Sekundarstufe. 1985 fuhr ich nach Houston/Texas, um bei Judi Orion und Dr. med. Silvana Montanaro, einer Montessori-Ausbilderin aus Rom, den AMI Assistants-to-Infancy-Kurs zu absolvieren. Dafür gab es zwei Beweggründe: Erstens lief mit Margaret, meiner damals zweijährigen Tochter, eine ganze Menge falsch. Und zweitens wurde mir klar, dass ich fast nichts über Kinder unter drei Jahren wusste. Ich wusste, wie man einem zweijährigen Kind Freiheit gewährt, hatte aber keine Idee, wie ich es lehren sollte, Grenzen zu akzeptieren. Ich wusste, wie ich meiner Tochter Dinge zum Erforschen und zur Entwicklung ihrer Intelligenz anbieten sollte, aber nichts darüber, wie ich ihr helfen konnte, innere Disziplin zu entwickeln, um den Anforderungen der Gesellschaft gerecht zu werden. Ich hatte einzelne Informationen über die Vorbereitung einer Umgebung für Kleinkinder erhalten, als Judi und Dr. Montanaro mir halfen, eine solche zu Demonstrationszwecken anlässlich einer internationalen Montessori-Konferenz am Lake-Forest-College in der Nähe unseres Hauses einzurichten. Das war unmittelbar nach Margarets Geburt. Daraufhin verlegte ich das Kinderbett zu Hause auf den Fußboden, um Margaret die Freiheit zu geben, selbstständig in ihr Bett und wieder heraus zu gelangen und sich in ihrem Kinderzimmer bewegen zu können. Wenn ich im Haushalt arbeitete, bezog ich sie in meine Tätigkeiten ein. Mir ist jetzt klar, dass ich die Umrisse für das besaß, was zu tun war. Mir fehlten aber die wesentlichen Details, die das Grundkonzept erst vollständig machen. Es war ein klassisches Beispiel dafür, dass geringes Wissen gefährlich sein kann.

Während der zwei Sommer, die ich mit dem Assistants-to-Infancy-Kurs in Houston verbrachte, folgte ich Frau Dr. Montanaro ständig, stellte ihr Fragen und beobachtete sie in ihren Interaktionen mit den Kindern. Anders als jene Studentinnen, die selbst noch keine Kinder hatten, wusste ich, welche Fragen ich stellen wollte. Dennoch setzte sich meine Frustration fort. Trotz meiner engen, von Liebe bestimmten Beziehung zu Margaret wusste ich noch immer nicht, wie ich ihr Verhalten beeinflussen konnte. Schließlich wandte Dr. Montanaro sich eines Tages zu mir um und schaute mich an. »Niemand wird dieses Kind mögen«, sagte sie. Die ganze Zeit lang hatte sie mir gesagt, dass ich Margaret lehren müsse, in einer Welt zu leben, in der sie nicht der Mittelpunkt war und dass sich nicht alles stets nach ihr richten könne. Dennoch trafen mich ihre Worte erst in diesem Augenblick mit voller Wucht, so dass ich endlich die nötige Motivation aufbrachte, um ihre Ratschläge voll und ganz umzusetzen.

Zwei Geschichten mögen diese Situation beleuchten und dazu beitragen, ein Bild der Probleme aufzuzeigen, denen ich gegenüberstand. Im Alter von zwei Jahren war Margaret daran gewöhnt, überallhin getragen zu werden. Ich war ihr »Pferd in Menschengestalt«. Dr. Montanaro beobachtete Margaret, die während des Weges vom und zum Parkplatz mit gespreizten Beinen auf meiner Hüfte saß und aussah, als besäße sie ihre Mutter und die gesamte Welt. Am dritten Tag war sie fünfmal Augenzeugin dieses Verhaltens geworden. Jetzt sagte sie zu mir: »Setz sie ab und lass sie laufen.« Ich antwortete: »Das funktioniert nicht; sie wird nicht kommen.« Darauf erwiderte Dr. Montanaro: »Setz sie ab. Ich pass auf sie auf. Geh du geradewegs zum Auto und führe ein nettes Gespräch mit deiner Freundin Carol. Du kannst sie ermutigen, dir zu folgen, aber du musst weitergehen.« Wir gingen los. Margaret schaute mit totaler Ungläubigkeit über dieses neue Verhalten auf ihre Mutter. Sie warf sich zu Boden, sah dann hoch und bemerkte, dass ich ohne sie weiterging. Da stand sie auf, rannte ein paar Meter, um sich erneut zu Boden zu werfen und mich trotzdem weitergehen zu sehen. Dieses Verhalten wiederholte sie drei- bis viermal, bevor sie den Rest des Weges rennend zurücklegte und tränenüberströmt am Auto ankam. Dr. Montanaro sagte danach zu mir: »Trag sie niemals wieder. Sie hat selbst zwei Beine zum Laufen.« Ich für meinen Teil war verblüfft darüber, wie schnell Margaret lernte, an meiner Seite zu laufen. Es war klar, dass Margarets Probleme dadurch entstanden waren, dass ich sie nicht nur gelegentlich, sondern mit schöner Regelmäßigkeit vom und zum Parkplatz getragen hatte und dass dies stets ihre Entscheidung gewesen war, nicht die ihrer Mutter.

Die zweite Geschichte betrifft das Abendessen. Margaret wollte nur essen, wenn ich sie auf den Schoß nahm. Dr. Montanaro riet mir: »Lass sie nicht auf deinem Schoß sitzen.« Ich protestierte: »Sie wird die ganze Mahlzeit über schreien; das ist meinen Kurskameraden gegenüber unfair.« Darauf antwortete Dr. Montanaro: »Ihr müsst jetzt alle so tun, als würdet ihr einer Beethoven-Symphonie lauschen, und dabei einfach weiteressen. Bezieht Margaret in eure Gespräche ein. Tut also nicht so, als ob sie nicht da wäre, aber lasst euch nicht von ihrem Geschrei beeinflussen.« Genau wie im ersten Beispiel, bei dem ich ihr keine andere Wahl gelassen hatte, als das zu tun, was ich wollte, gab Margaret nach ein paar Tagen nach. Wieder wurde mir klar, dass sie nicht so entschieden darauf aus war, ihren Willen durchzusetzen, wie ich angenommen hatte. Ich glaube, sie spürte ihrerseits eine neue Aura der Autorität an mir. Es war, als wollte sie sagen: »Aha, das ist also die Person, die hier das Sagen hat.« In der Folge entspannte sie sich und begann, meiner Führung zu folgen.

Während der verbleibenden Assistants-to-Infancy-Ausbildung sammelte ich nach und nach wesentliche Details zusammen. Den stärksten Eindruck machte auf mich, wie sehr und wie schnell Babys sich verändern und wie sehr sich daher die Erwachsenen ändern müssen, um den ganzen Weg über Unterstützung bieten zu können. Die Veränderungen umfassen zahllose Einzelheiten vom Neugeborenen, das das Robben erlernt, über das Krabbelkind bis hin zum laufenden Kind. In jeder dieser Phasen handelt es sich um ein ganz anderes Wesen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen. Daher muss die Umgebung in allen Details angepasst werden, um den aufeinanderfolgenden Bedürfnissen des Kindes zu entsprechen. Diese vielen verschiedenen Möglichkeiten, Babys beim Übergang von einer Phase zur nächsten zu unterstützen, waren für mich in der Rückschau auf den Kurs am beeindruckendsten.

Mein Training im Festsetzen von Grenzen war natürlich nicht eigentlich Teil der Ausbildung. Es war mein »Privatkurs« bei Dr. Montanaro. So wie von den AMI-qualifizierten Erziehern aller Entwicklungsstufen verlangt wird, alle drei Jahre einen Auffrischungskurs zu besuchen, um ihre Zertifizierung zu behalten, stellt meiner Meinung nach auch die fortlaufende Schulung der Eltern während ihrer Arbeit mit den eigenen Kindern die beste Garantie für eine erfolgreiche Montessori-Praxis dar. Die in der AMI-Ausbildung vermittelten Informationen sind ein Erbe von unschätzbarem Wert. Man kann allerdings nur dann wissen, welche Fragen zu stellen sind, wenn dieses Wissen ergänzt wird durch die tagtägliche Erfahrung mit Kindern, entweder im eigenen Zuhause oder in einer Einrichtung. Das ist der Grund, weshalb ich heutzutage als Mit-Ausbilderin im Eltern-Kind-Kurs in Forest-Bluff tätig bin und regelmäßig Hausbesuche mit Elternberatung als Teil dieses Kurses durchführe. Die Kindheit des Menschen zu verstehen und zu begreifen, wie man jedem einzelnen Kind helfen kann, dessen Entwicklungsziele zu erreichen, ist ein lebenslanger Lernprozess, der niemals abgeschlossen ist. Was ich tun kann, ist, immer wieder neue Fragen zu stellen, und das gewonnene Wissen mit anderen zu teilen.

In den folgenden Kapiteln werden wir den intellektuell anregenden und herausfordernden Ansatz darstellen, der für Eltern in der Montessori-Erziehung liegt. Die Einführung beginnt mit einer kurzen Beschreibung der Art und Weise, wie Montessori Kinder sah, und weshalb wir glauben, dass sie mit der »Entdeckung des Kindes« Erfolg hatte, während andere scheiterten. Ihr Konzept vom Kleinkind als einem unvollständigen Wesen, das im Prozess seines Selbstaufbaus besondere Phasen der Entwicklung durchläuft, und ihre revolutionäre Definition davon, was Erziehung ist, werden erklärt.

Kapitel 1 – DER SELBSTAUFBAU DES MENSCHEN – beleuchtet die Theorie hinter den praktischen Einzelheiten in den Kapiteln, die das Gerüst des Buches bilden. Der Prozess der Vervollkommnung des kindlichen Selbst und wie wir diesen Selbstaufbau zu koordinierter Bewegung, Unabhängigkeit, Sprache und Willen unterstützen können, indem wir zu den für den Menschen typischen universalen Verhaltensweisen ermutigen, werden beschrieben. Kapitel 2 – DAS NEUGEBORENE WILLKOMMEN HEISSEN – stellt einen ins Detail gehenden Plan für Pflege und Betreuung des Säuglings vor und zeigt die Vorteile dieses Plans sowohl für die Eltern als auch für das Baby. In Kapitel 3 – DIE WELT EROBERN – geht es um das Kleinkind als Forscher, um die Mittel, die ihm zur Aufnahme seiner Umwelt zur Verfügung stehen und um die »Arbeit« des Kindes in Beziehung zu seinem Selbstaufbau. Kapitel 4 – DIE HAND UND DAS GEHIRN – und Kapitel 5 – ZUR KOORDINATION KRABBELN – sind parallel verlaufende Kapitel, die die Entwicklung der Koordination der Hände und des Körpergleichgewichts zum Thema haben. Eine bebilderte Zeitleiste, auf der die optimale Umgebung gezeigt wird, um diese entscheidende Entwicklung zu unterstützen, schließt sich an dieses Vorwort an (vgl. S. 18–27). In Kapitel 6 – PRAKTISCHES LEBEN – werden Aktivitäten vorgeschlagen, um das Kind, das soeben das Laufen erlernt hat und nun beide Hände gebraucht, um eifrig jedes Ding und jeden Ort zu erkunden, zu einem ausdauernden und konzentrierten »Aktivitätszyklus« anzuregen. Kapitel 7 – SORGE FÜR DIE EIGENE PERSON – erklärt, wie man das Kleinkind in der Entwicklung seiner Unabhängigkeit unterstützen und ihm zugleich helfen kann, Selbstvertrauen in seine entstehenden Fähigkeiten aufzubauen. Kapitel 8 – SPRACHE UND INTELLIGENZ – zeigt die Entwicklung von Struktur und Intelligenz beim Kleinkind und deren Beziehung zu der einzigartigen Gabe des Menschen, der Sprache. Kapitel 9 – DIE ENTWICKLUNG DES WILLENS – beschreibt, wie man die am schwersten zu fassende menschliche Fähigkeit – den Willen – unterstützen kann. Montessoris Einsichten im Hinblick auf die Entwicklung des kindlichen Willens geben Eltern dringend benötigte Orientierungshilfen an die Hand in ihrem Versuch, Freiheit und Verantwortung miteinander auszubalancieren und ihrem Kind zu helfen, die notwendige Disziplin für ein erfülltes und glückliches Leben zu erwerben. Mit Kapitel 10 – ZUSAMMENFASSUNG – beenden wir das Buch, indem wir die erwünschten Ergebnisse der Erziehung nach Montessori beschreiben: junge Erwachsene, die sich selbst – einschließlich ihrer Stärken und Schwächen – gut kennen und daher mit sich im Reinen sind und die Bereitschaft haben, immer weiter zu lernen und ihr Leben lang auf eine bessere Welt hinzuarbeiten.

In den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts präsentierte Maria Montessori, praktizierende Ärztin und Professorin für Anthropologie an der Universität Rom, der akademischen Welt eine aufsehenerregende Idee. Sie behauptete, das menschliche Kind werde als ein unvollständiges Wesen geboren, dessen einzigartige Aufgabe es sei, seinen eigenen Aufbau zu vollenden. Die Formung des eigenen Selbst erstrecke sich über die gesamte Kindheit bis zum jungen Erwachsenenalter: von der Geburt bis zum Alter von vierundzwanzig Jahren. Das war ein revolutionäres Konzept, das unweigerlich zu einer zweiten überraschenden Konsequenz führte: Erziehung müsse bei der Geburt des Kindes beginnen. Mehr als das, die Erziehung selbst müsse erneuert werden. Sie dürfe nicht mehr auf das Ausgießen von Kenntnissen über ein Kind mit einem »gebrauchsfertigen« Gehirn konzentriert sein. Gehirn, Geist und Bewusstsein seien nämlich noch nicht fertig. Die Erziehung müsse den Kindern helfen, ihre Gehirne selbst aufzubauen und diesen Prozess bis zur Erreichung der Reife im Alter von etwa vierundzwanzig Jahren in Gang zu halten.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!