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Mord im Gewächshaus Eine Leiche in Mrs Bronkers verschlossenem Gewächshaus. Eine erdrosselte Schönheit in einem frivolen Abendkleid erschüttert die Ruhe im beschaulichen Dorf St George. Einem Ort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Hat etwa Mr Bronkers etwas mit der Sache zu tun? Misses Bronkers vertraut diesen Fall der Kriminalautorin und besten Freundin Mrs Eddowes an, bevor die bösen Gerüchte ihr Leben untragbar machen. Ein verbranntes Automobil angeblich in London gestohlen mit der verkohlten Leiche einer jungen Lehrerin wird zur selben Zeit in einem Weizenfeld nahe beim Dorf entdeckt. Ms Eddowes begleitet von der resoluten Mrs Bronkers verschlägt die Spurensuche ins mondäne Ritz Hotel doch alle Spuren weisen auf St George. Für Inspektor Donovan und Chief Constable Hamerling von der Brightoner Polizei ist der Schuldige schnell ausgemacht, zu schnell wie Mrs Eddowes Schnüffelei zeigt. Ein bösartiges Komplott oder doch ein wahnsinniger Würger?
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Seitenzahl: 220
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Ann Bexhill
Mord im Gewächshaus
Mord im Paradies
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Inhaltsverzeichnis
Titel
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Impressum neobooks
Mrs Bronkers schlief tief und mit sich im reinen. So zufrieden eine anständige Frau mittleren Alters nur schlafen konnte. Ihr Kopf ruhte auf dem zerdrückten Seidenkissen und aus ihrem geöffneten Mund mit der breiten Nase drang ein rhythmisches und eindringliches Schnarchen. Graues Haar umwallte ihr rundes Gesicht in einer Kaskade von Wellen. Ihre Unterlippe zitterte bei jedem Schnarcher, der ihrem Leib entwich. Mrs Bronkers träumte lebhaft. Ihre roten Radstoke Kürbisse hatten bei der diesjährigen Gartenpreisschau den ersten Preis gewonnen. Der anglikanische Pfarrer Mister Jasper Yates, in seinem schicken schwarzen und feminin wirkenden Umhang, der mehr als nur etwas weibisch an ihm wirkte, und der Bürgermeister in Frack und Zylinder verteilten den Preis. Sie war die diesjährige Siegerin für die Züchtung und Kultivierung des herausragendsten Zierkürbisses, der vom englischen Gemüse Gartenzucht Verband verliehen wurde. Aus irgendeinem unersichtlichen Grund schob sich plötzlich Mister Luther Blackwell der Gärtner und anerkannter Experte für Kürbisse des Ortes mit freiem Oberkörper dicht an ihr vorbei. Seine angeschwollenen Muskeln glänzten von Schweiß und sein markantes sonnenverbranntes männliches Gesicht drehte sich zu ihr. Prächtige Kürbisse Misses sie haben zwei wirklich prächtige Kürbisse, sagte er aus irgendeinem Grund zu ihr. Was ein Mann seiner niedrigen Klasse im wirklichen Leben natürlich und zweifellos nie getan hätte … Dazu mit diesem sardonischen Grinsen auf seinen Lippen. Misses Bronkers genoss den Traum, der etwas schwülstiger und erotischer wurde zu dieser frühen Stunde des Morgens und als dem Sujet dem edlen Zierkürbis angemessen gewesen wäre. Zum Glück verdrängte ihr schlafender Geist diese nicht wirklich unangenehme Episode beim Erwachen sofort. Sie hätte sich oder ihren Gatten oder den anständigen Leuten nie wieder aufrecht in die Augen sehen können. Ihre Augenlider flatterten heftig, entweder es war der Nachhall der lüsternen Worte des Gärtners, prächtige Kürbisse Misses Bronkers ha ha ha, oder es war das Anzeichen dafür, dass Misses Brokers erwachte. Ihre Lider flatterten heftig, wie bei jedem Menschen kurz bevor er erwacht. Die Geräusche des morgendlichen Hauses drangen noch verschwommen und leise in ihr Bewusstsein nahmen aber an Intensität zu. Es war für Misses Bronkers ziemlich schwierig von einem jungen athletisch gebauten und umwerfend gutaussehenden Gärtner zu träumen, wenn auf den Treppenstufen verstohlene Schritte knirschten. Wenn im Landhaus der Bronkers im beschaulichen St Marys East Sussex drei Dienstmädchen und die Köchin ein Butler sich verschworen zu haben schienen möglichst noch vor 6 Uhr viel Krach zu, erzeugen. Ein neuer Tag begann wieder einmal, wie seit Anfang aller Tage. Und dann wummerte es wuchtig an der Tür und dieses explodierende alarmierende Geräusch riss den letzten Nebelfetzen des Traums beiseite. Mit einem Ruck saßen Mister und Misses Bronkers aufrecht im Ehebett und blinzelten sich erstaunt an. Der Blick des Hausherrn glitt automatisch zum Kamin, wo eine kleine hässliche und verspielte französische Kaminuhr verloren auf dem Sims stand und tickte, als sei nicht das geringste vorgefallen. Eine Kaminuhr von der Misses Bronkers behauptete es sein französischer chic und von der Mister Bronkers steif und fest behauptete nur ein geistig zurückgebliebener und über alle Maßen verkitschter Geist würde so etwas schrecklich Geschmackloses erwerben. Es war ein Geschenk seiner Schwiegermutter.
»Herein!«
Die Tür ging auf. Aber anstatt das adrette fröhliche Mariechen das hübsche Dienstmädchen zu sehen. War nur das unangenehme Gesicht des Butlers zu sehen, der in seine behandschuhte Faust hüstelte und mit seinen Blicken das Ehepaar wegen ihrer Angewohnheit bis in die Puppen zu schlafen tadelte. Er sagte es nicht laut, aber sein Gesicht sprach Bände – immerhin war es nach fünf Uhr morgens.
»Sir ich muss ihnen Melden im Gewächshaus genauer im Gemüsebeet liegt eine Tote!«
»Etwa in meinen Kürbissen!«, kreischte Misses Bronkers.
»Etwa ein Mensch aber was sucht der denn dort?«
Mister Bronkers sah seine Gattin von der Seite an, war sie nicht gestern ziemlich lange im verdammten Gewächshaus geblieben? Der Butler war leider, zum Entsetzen des Ehepaares noch nicht fertig mit seinem Rapport.
»Meiner bescheidenen Meinung nach wurde das bedauerliche Wesen das Opfer eines Mörders!«
Das Ehepaar starrte mit aufgerissenen Augen und Mündern zur Tür.
»Aber wer tut so etwas zu dieser Zeit?«, rief Mister Bronkers.
»In meinen ... meinen Earl Radstock Kürbissen!«, vervollständigte Misses Bronkers den Satz.
Die Bedeutung der einfachen Worte Tote und Mord schien beiden noch nicht richtig aufgegangen zu sein. Entweder hatten alle beide Bronkers denselben Traum. Misses Bronkers Traum hatte gerade eben eine dramatische Wendung genommen oder aber – was wahrscheinlicher erschien sie hatte einen Traum in dem sowohl Butler Frederick sowie ihr Gatte eine Rolle spielten. Sie kniff sich in den Arm und sagte, autsch und kniff zur Strafe ihren Gatten in den Bauch.
»Ist dein Butler Fredericks gerade eben hier in unser Schlafzimmer herein geplatzt und hat gesagt ...«
Mister Bronkers schüttelte wie benebelt immerfort den Kopf und seine schwabbligen Wangen bebten. Unfassbar murmelte er. Misses Bronkers wiederholte.
»Ist dein Butler gerade hier ...«
Er ließ sie nicht ausreden und murmelte in einem fort, während er wie erschlagen an der Kopfstütze gelehnt saß, als hätte ihn ein Riese dorthin geklatscht.
»Grotesk eine Tote wie sonderbar.«
»Unmöglich«, befahl Misses Bronkers, »das müssen wir geträumt haben.«
Noch, während sie sprach, wurde ihr klar, dass es keineswegs geträumt sein konnte. Denn seit wann, hatten zwei Personen, seit 20 Jahren verheiratet oder nicht, den exakt selben Traum. Es war tatsächlich so, dass Frederick, der hochnäsige Butler der, weil er für den Erzbischof von Canterbury gearbeitet hatte, sie wie Dreck behandelte, diese absurden und wahnsinnigen Worte wirklich ausgesprochen hatte. Misses Bronkers überlegte eine Weile und versetzte dann ihrem Gatten einen weiteren Rippenstoß.
»Karl, Karl, tue endlich etwas du Schlafmütze!«
Mister Bronkers ächzte, murmelte etwas das nach einem Fluch klang und wuchtete seine Beine aus dem Bett.
»Steh endlich auf, Karl! Hast du gehört, was Frederick gesagt hat?«
»Das ist nicht möglich«, nuschelte Mister Bronkers.
»Wo ist mein verfluchter linker Hausschuh Polly?«
»Du musst doch wissen, wo du ihn gelassen hast und nun höre auf, mit offenen Augen zu träumen! In meinem Preis Gemüsebeet liegt eine Tote!«
Poliene sagte es so unterschwellig vorwurfsvoll als hätte ihr Gatte ein City Mann Blut an seinen Händen zu kleben.
»Und was soll ich da tun Schatz? Die Leiche zum Nachbarn schaffen?«
Das Geheimnis wer jedes Mal seine Hausschuhe vor ihm versteckte machte ihn noch wahnsinnig. Er hatte Frederick in Verdacht, traute sich aber nicht mit ihm darüber zu reden. Frederick machte ihn jedes Mal unsicher. In seiner Gegenwart fühlte Mister Bronkers sich wie kurz vor einer Ohrfeige seines Vaters. Frederick war ein ausgezeichneter Butler, um den man ihn im Klub beneidete.
»Eine Ermordete in meinen Kürbissen ich bin ruiniert!«, stöhnte Poliene.
Mister Bronkers raffte seine fünf Sinne zusammen und begann strategisch die Lage zu analysieren, während er auf allen Händen und Füssen den verflixten linken Pantoffel unter dem Bett suchte.
»Hier ist er auch nicht«, erklärte er.
»Stimmt, Frederick leidet unter Halluzinationen ich befürchte dein Butler trinkt. Wer weiß, was er gesehen hat.«
Sie straffte sich und fuhr ihren Mann an: »Lass, dass du wackelst mit deinem Hintern wie ein Hund, das ist unanständig.«
Sie stand nun auf und fand ihre Hausschuhe auf Anhieb da, wo sie immer waren. Sie schlüpfte mit ihren dicken Füßen in die Pantoffeln und dachte laut nach.
»Aber warum sieht er bloß so etwas? Er trinkt soviel steht fest!«
»Wie kommst du denn darauf? Er ist Mitglied im Abstinenzler Verein im Ort!«
»Er ist Schotte oder, Schlimmeres ein Ire. Iren und Schotten das weiß nun jedes Kind werden im Bierrausch gezeugt mit Bier gefüttert sie sind durchsetzt von geistigen Getränken.«
»Das bildest du dir ein«, sagte er.
»Nein ganz und gar nicht. Margarethe ist mit einem Iren verheiratet und er trinkt Whisky. Immer wenn er aus der Bank kommt, hockt er da und besäuft sich, weil er Ire ist. Dir muss man auch alles erklären Karl.«
Cousine Margaretes Gatte war ein Vizepräsident des Arthur & Schney Bankhauses und er besoff sich nicht wie ein Londoner Fuhrkutscher, sondern trank ein Glas ausgezeichneten 50 Jahre alten schottischen Whisky. Ein Glas nach harter Gedankenarbeit vor dem Kamin.
»Auf jeden Fall musst du jetzt nachsehen, Karl. Halluzinationen bei deinem Butler, was als Nächstes erschlägt er uns alle im Branntwein Rausch mit seiner Axt im Bett?«
Seit wann hatte Frederick eine eigene Axt, überlegte sich Karl. Poliene Bronkers stutzte und fühlte sich der Ohnmacht nahe, sie blinzelte in Richtung ihres immer noch unter dem Bett liegenden Gatten. Hoffnungslos er würde ihre Unpässlichkeit erst nach Minuten bemerken der Mann, mit dem sie so lange verheiratet war, besaß die Feinfühligkeit eines Affenmenschen.
»Mach hin und gehe hinunter und sieh nach, was mit meinen Kürbissen ist.«
»Ich habe meinen Schuh nicht gefunden? Soll ich barfuß hinuntergehen? Ich mach mich zum Gespött bei der Dienerschaft. Ich mach mich nicht lächerlich!«
Murrend hüllte sich Mister Bronkers in seinen chinesischen Morgenrock und verließ nur mit einem Pantoffel am Fuß das Zimmer. Er schritt den langen Flur entlang und die gewundene Haustreppe hinab. Unten standen die Dienstboten; und der Milchmann und ein Mann, den er nicht kannte, er trug Handwerkerkleidung und in seiner Hand hielt er eine Zange. Das Licht war defekt, fiel ihm wieder ein. Der Mann der Gaswerke sollte schon vor Tagen kommen. Wozu hatte er sich einen teuren Springbrunnen mit japanischen Zierkarpfen in den Garten bauen lassen, wenn die Gaslaternen nicht brannten und niemand ihn von der Straße aus sehen konnte. Frederick trat vor.
»Gut, dass Sie auch schon kommen, Sir«, Frederick klang vorwurfsvoll, »Wäre es Ihnen nun recht, wenn ich die Polizei rufe, Sir?«
»Die Po... Polizei? Aber ... aber dann ist tatsächlich?«
Der Butler warf seinen tadelnden Blick auf die Füße Karls und dann drehte er den Kopf nach hinten, und befahl der Köchin mit ihrem hemmungslosen Weinen aufzuhören. »Madame Mathilde ihre Darbietung von Trauer könnte uns zu dem Trugschluss gelangen lassen sie hätten etwas mit dem Mord zu tun.«
Schlagartig endete das Weinen. Frederick wandte sich mit seiner unergründlichen Miene an Mister Bronkers.
»Verzeihen sie ihr Sir. Mathilde ist durcheinander, Sir«, erklärte der Butler, »schließlich war sie es, die diese bedauerliche Affäre entdeckt hat. Sie ist wie immer in die Gemüsebeete gegangen, um Petersilie zu pflücken. Ein Spiegelei ohne Petersilie ist einfach nicht das richtige. Nur kulturlose Neureiche essen ihre Spiegeleier ohne Petersilie nicht wahr?«
»Wollen Sie etwa sagen«, fragte Mister Bronkers heftig schluckend, »dass eine richtige Leiche in den verdammten Kürbissen liegt?«
»Wenn Sie sich vielleicht selbst überzeugen, würden bevor die nötigen Schritte veranlasst werden müssen.«
»Oh Gott ogottogott das verzeiht sie mir nie!«, stöhnte Karl.
Seit dem Pollys beste Freundin Miss Eddowes jedes Mal den ersten Platz bei den Kürbissen bekam und sie nur zweite wurde, war es ihr Traum einmal zu triumphieren und diesmal hatte sie mit ihren Eccelstone Radstock Kürbissamen echte Chancen. Karl sah hemmungslose Menschen, schlimmer noch Polizisten, die mit schweren Stiefeln durch das Eccelstone Kürbisbeet stampften. Nein das würde seine bessere Hälfte ihm nie verzeihen können. Frederick trat zur Seite.
»Hier entlang Sir!«
Karl Bronkers, dem man nicht ohne jeden Grund Ähnlichkeit mit einem Walross nachsagte, folgte seinem Butler mit gesenktem Haupte. Warum hatte er sich überreden lassen London zu verlassen. Der Londoner Stadtteil Chelsea war doch gar nicht so übel. Polly war schuld Polly und ihre Vorliebe für das englische Country Haus, leben auf dem Land, gärtnern und er sollte sich gefälligst auch ein Hobby zulegen. Das hatte man nun davon. Leichen im Gewächshaus oder einen wahnsinnigen Butler mit einer eigenen Axt. Was davon war schlimmer? Diese Frage stellte sich ihm nicht mehr, nachdem ihm Frederick auf seinen Armen vom Gewächshaus in den Salon trug und das Dienstmädchen ihm Riechsalz unter die Nase hielt. Er schlug die Augenlider auf. Frederick stand mit dem Rücken zu ihm und erklärte sich gerade Mrs Bronkers.
»Zu zartbesaitet der Mann. Hat die Leiche gesehen und ist in Ohnmacht gegangen wie ein Schulmädchen beim Anblick eines Männerknies.«
Karl sah mit gerunzelten Augenbrauen immer noch im Morgenrock zu seinem Butler, der bestätigend nickte. Karl hielt die Sprechvorrichtung dieses verfluchten Telefons, das an der Wand, hing dichter an seinen Mund. Sein Ohr presste er fest gegen den Empfänger.
»Hallo hier Sir Bronkers 4555 Westgroove Park ... hallo ... hallo sind sie noch dran?«
»Polizeiwache Saint George. Ja, wer ist am Apparat?«
Einen Kilometer entfernt im schmucken winzigen Polizeicottage der Ortschaft St Marys hielt Constable Park den Telefonhörer, in der linken Hand und in der anderen eine Tasse mit dampfend heißem Tee, die ihm gerade die Hand verbrannte.
»Ja, ja, Sir Bronkers. Ja? Oh, guten Morgen, Chef was kann ich für sie tun? Brauchen sie jemanden der ihre Katze vom Baum, holt?«, fragte Constable Park.
Er fragte immer, denn sehr viel anderes gab es nie in St. George zu tun. Manchmal ein verirrtes Kind aber meistens waren es Katzen, die von irgendwo herunter geholt werden mussten.
In Bronkers Haus sah Karl fragend zu Frederick und flüsterte.
»Der Mann dieser Constable Park ist betrunken. Er faselt die ganze Zeit irgendetwas von Katzen und Bäumen!«
Frederick machte ein boshaftes und gleichzeitig erfreutes Gesicht, seine Handbewegung war eindeutig er führte ein unsichtbares Trinkgefäß an seinen Mund.
»Der Mann trinkt! Er hat ein Glas Bier lieber als eine Tasse Tee, sagen die Leute!«, meinte Frederick.
Der Constable am anderen Ende des Dorfes hatte ein starkes Rauschen und Knacken im Telefon. Es war als rede er mit jemand auf einem anderen Kontinent, nein noch bemitleidenswerter in von Revolution und Zarenmord geplagtem Russland. Park stellte sich ein verschneites russisches Dorf vor und eine lange sehr lange Schlange vor dem einzigen Telefonapparat der Post. Constable Park änderte seinen Ton zu einem dienstbeflissenen militärischen Sprechstil, den er sich von seinem Vorgesetzten abgeschaut hatte. Sir Bronkers war ein einflussreicher das heißt reicher Mann, der in den besten Klubs verkehrte, der mit dem Bürgermeister Karten spielte.
»Ja, Mister Bronkers also keine Katze, schade ich mag Katzen sehr gern. Ich rette Katzen sehr gerne aus einer Gefahr das können und werden die Leute ihnen bestätigen.«
Es war nie verkehrt seine Taten ins rechte Licht zu setzen, sagte seine Frau immer. Plötzlich wurde er misstrauisch, denn alle Menschen, die ihn anriefen, liebten schließlich Katzen und freuten sich, wenn er ihnen erzählte, dass er wieder eine von einem Baum gerettet hatte.
»Können sie, Katzen etwa nicht leiden?«
Der Anrufer, der sich als Mister Bronkers ausgab, versicherte er möge Katzen. Constable Park nickte zufrieden.
»Ah sehr gut man kann Menschen die Katzen nicht leiden können, einfach nicht über den Weg trauen, wissen Sie.«
Im Haus Bronkers redete nun zu, Fredericks tiefem Erstaunen der Hausherr über die ganz ungewöhnlich schöne Katze vom Vikar. Darüber das Whisky, so hieß die Katze des Vikars, die ungewöhnliche Eigenheit besaß von, allem möglichen schwer zu erkletternden Gegenständen gerettet werden zu wollen. Einen Baum, ein Dach, die Telegraphenmasten.
»Sehr löblich von ihnen, dass Sie Katzen mögen Mister Bronkers. Man kann Menschen, die Katzen nicht leiden können einfach nicht über den Weg trauen. Meine Rede Katzen und Hunde, wie es sich gehört auf dem Land, das werden die Leute Ihnen bestätigen.«
Der Constable grinste in den Telefonhörer, bis ihm einfiel, das ihn niemand sehen konnte.
»Was kann die Polizei für Sie tun, Sir?«
Park hielt den Hörer plötzlich von sich weg als hätte er sich verbrannt und hüpfte nach hinten. Er schluckte und sein rundes gutmütiges Gesicht war nun alles andere als freundlich. Abscheu vor dem Scherzbold lag in seinen braunen Rehaugen.
»Sie wissen, dass ein falsches Verbrechen zu Melden eine schwere Straftat ist? Ja Entschuldigen Sie, aber ich wollte dessen nur sicher sein, ich verstehe sie haben also eine Tote, mit was ... hallo ... hallo? Ja eine Leiche mit Kürbissen?«
Constable Park schüttelte den Kopf voller Abscheu, ein Sittenstrolch dieser Mann und da mochte er dreimal der Vetter des Bürgermeisters sein.
»Sie sagen mir also und somit der Polizei der Grafschaft East Sussex deren Wache Sie angerufen haben das die tote Person in ihrem Garten hat große Kürbisse? Wenn ich bitten darf, Sir das Telefonische ist keine komplizierte Mechanik sie müssen möglichst langsam und deutlich reden. Sie nuscheln!«
Constable Park hörte immer entsetzter zu, er verstand ganz deutlich die Worte, Tote, Mords Kürbisse Blondine das weitere ging im rauschen unter. Mit jedem weiteren Wort graute ihm mehr vor diesem Mann.
»In Ordnung, Sir.«
Ha von wegen Sir, dachte Parks, Bronkers war ein Sittenstrolch findet eine Tote und hat die morbide Angewohnheit auf ihre Brüste hinzuweisen, suspekte Person.
»Tote Frau sagen Sie? Ja, ich kümmere mich darum.«
Constable Park hängte nicht auf, sondern ließ sich vom Fräulein von der Bell Telefonvermittlung Brighton mit seinem Vorgesetzten verbinden. Er meldete den Leichenfund und erzählte dem Verantwortlichen vom verdächtigen Verhalten des Anrufers. Der sich als Sir Bronkers ausgab und das dieser sich die Brüste der Toten sehr genau angesehen zu haben schien und immer wieder, wie ein besessener von ihren Kürbissen erzählte. Mrs Park öffnete die Küchentür und streckte den Kopf in den Wachraum und ein verlockender Duft nach gebratenem Speck und brutzelnden Spiegeleiern zog in die Amtsstube.
»Wer war das?«, fragte sie misstrauisch. Misses Park und besaß die irrige Vorstellung ihr Gatte der Constable würde auch auf andere Lebewesen als Katzen sehr attraktiv wirken.
»Ein Spinner und ein Sittenstrolch. Ich will nicht, dass du an den Apparat gehst, bis man diesen Spinner festgenommen hat. Und meide mir Mister Bronkers.«
»Was wollte denn Mister Bronkers?«
Constable Park schnupperte, Speck.
»In Villa Bronkers hat man die Leiche einer Frau mit Kürbissen gefunden.«
»Ermordet?«
»Wie kommst du denn darauf?«
Er war schockiert es war ihm ein Geheimnis wie seine Frau eine solche grauenhafte Fantasie haben konnte. Er würde ihr verbieten weiter Kriminalromane von Miss Eddowes zu lesen.
»Der Sittenstrolch hat die Polizei angerufen und keinen Arzt! Und wer ist sie?«
»Ich habe sie nicht ermordet ich weiß es nicht.«
Miss Augusta Eddowes kleidete sich gerade passend für den Morgen an. Ein blaues herbstliches Kleid für den November genau das richtige. Unauffällig und doch ein Hauch von Eleganz. Keine Hauben mehr, seitdem ihr Dienstmädchen Beatrice meinte ihre Lieblingshaube sehe aus wie die Diensthaube der Mädchen in vornehmen Londoner Haushalten, als ein Kompliment gedacht, hatten Hauben stark an Anziehungskraft auf Miss Eddowes eingebüßt. Sie wählte gerade sorgsam einen ihrer drei Hüte aus, als das Telefon zu anstößiger Zeit klingelte. Sie war ein wenig irritiert und rechnete fest mit dem Schlimmsten. Telefongespräche wurden niemals vor halb zehn Uhr morgens geführt. Und Tee oder Essenseinladungen wurden selbstverständlich schriftlich ausgesprochen und der Dienstbote ausgeschickt, der die Antwort gleich entgegennahm. Nur Lieferanten riefen hin und wieder vor neun Uhr an, wenn eine wirkliche Ausnahmesituation eingetreten war. Man würde sich unter den anständigen Leuten in St Mary eher die Finger abschneiden, als gegen diese Regeln zu verstoßen. Das Klingeln des verflixten Kastens, den ihr Neffe ihr geschenkt hatte, vermutlich, weil er dachte, so um ein paar Besuche bei seiner Erbtante herumzukommen, konnte nur Vorbote von etwas ganz und gar Außergewöhnlichem sein.
»Wer kann das nur sein?«
Sie fragte niemand bestimmten und trat dicht vor den klingelnden Apparat. Da musste jemand Entsetzliches, ohne die geringsten Manieren falsch verbunden worden sein, entschied Miss Eddowes. Sie trat zu dem Apparat und bestaunte ihn und dann nahm sie den Hörer ab und richtete nach einigen Versuchen das richtige Ende gegen ihr Ohr. In dem vielseitigen Handbuch, das die Bell-Telefongesellschaft Brighton ihr mit der Post gesandt hatte, stand man musste sich unbedingt mit seiner Anschlussnummer Melden. Nur wie war die noch einmal? Und was passierte, wenn man das nicht tat? Schickte die Bell Company dann Männer vorbei die einem das Telefon wieder wegnahmen?
»Saint George Anschluss 34 hier«, sang sie erleichtert, dass ihr die Nummer eingefallen war in den Hörer.
»Bist du es, Augusta?«
Mrs Bronkers sprach nicht sondern keuchte in den Apparat das sich Augusta entsetzt dachte sie werde Ohrenzeugin eines Mordes, der gerade in der Halle von Bronkers Haus begangen wurde. Miss Eddowes war mehr als schockiert, dieses vertraute Stöhnen und Schluchzen zu hören.
»Du rufst ungewöhnlich früh an, Polly«, tadelte sie.
»Etwas Entsetzliches ist hier passiert!«
»Mein Herz, meine Liebe ... oder willst du mit deinem Auftritt erreichen, dass ich mit den Füßen voran aus meinem Haus getragen werde und du so in den Besitz meines Dünger Rezeptes kommst?«
»Bei uns liegt eine Tote in meinen Kürbissen!«
Einen Moment lang glaubte Augusta Eddowes, ihre beste Freundin habe schon wieder den Verstand verloren. So wie damals als sie einen Skandal produzierte und die vier Preisrichter des Kürbis Wettbewerbs bezichtigte die Waagen manipuliert zu haben. Ein Mann vom Eichamt musste herangeschafft werden der nachwies das Augustas roter Mohn Kürbis um ganze 150 Gramm schwerer war.
»Eine was? Bist du wieder betrunken meine Beste?«
»Ich war in meinem ganzen Leben noch nie betrunken Augusta«, protestierte Polly.
»Eine Tote bei uns. Ich dachte immer, so etwas passiert nur schlimmen Leuten, dass Sie Leichen in London finden und jetzt ist es bei uns passiert hier in meinem Gewächshaus.«
»Und wer ist sie kenne ich sie?«, fragte Augusta aufgeregt.
»Nein sicher nicht. Eine Blonde junge Dame in guter Kleidung, ich dachte zuerst eine Bettlerin aber nein ihre Kleidung sieht nach teurer französischer haute de Cotüre aus. Das Kleid hat sehr feine Nähte und sie hat keinen Hut oder Haube auf.«
»Eine Dame also?«, Augusta war schockiert.
»Eine blonde Dame ein halbes Kind noch. Keine von uns das steht fest, ich habe sie bei uns noch nie gesehen.«
Polly schluchzte in den Telefonapparat, vermutlich wegen der Kürbisse, die sie nun als polizeilich belastet unmöglich zum Wettbewerb am 10. Februar anmelden konnte.
»Sie liegt einfach so im Gemüsebeet, mausetot, mit aufgerissenen Augen. Du musst sofort kommen Patrick unser Chauffeur ist unterwegs. Ich weiß du kannst dir keinen eigenen Wagen leisten.«
»Ich? Warum ich?«
»Ja, du wer sonst, etwa die Polizei, die nicht mal ihre eigene Nase bei Dunkelheit finden würde?«
»Natürlich, Liebste«, sagte Miss Eddowes.
Der Mord kam ihr gar nicht ganz ungelegen so konnte sie schnell einen Blick auf das geheimnisumwitterte Eccelstone Kürbisbeet werfen, mit dem Poliene so angab. Eine neue Zucht von Lord Redstocke, der auch der Präsident vom Zierkürbiszüchter Verbandes war. In der Fachzeitschrift Cucurbita warb der Lord für seine neue Gattung mit Worten wie Riesenwuchs und außerordentlich. Eine Papiertüte Samen kostete 30 Guinees im Harrods Kaufhaus.
»Wenn du meinst, ich kann dir warmen Trost in diesen unangenehmen Stunden spenden, komme ich natürlich sofort meine Liebe.«
»Trost, warum Trost?«, fragte Polly verständnislos, »Karl, wurde, doch nicht erdrosselt, ich brauche dich, weil du dich mit dem Menschen der kriminellen Klasse so gut auskennst.«
»Aber ich woher denn«, protestierte Augusta, »meine bescheidenen Erfolge sind rein literarischer und der Erfolg von der Blausäuremörder und hier macht Scotland Yard einen Fehler sind reine Fiktion meine Beste.«
»Ha Fiktion«, sagte Polly höhnisch, »wo es um Mord und Totschlag geht, bist du die Richtige. Sie ist nämlich ermordet worden, das steht zweifelsfrei fest. Sie wurde erdrosselt das sah ich ihrem Hals an. Und ich finde, wenn Morde passieren, muss man seine Verantwortung als Besitzerin eines Gewächshauses wahrnehmen und den Täter zur Strecke bringen, der diesen heiligen Ort entweiht hat. Mord im Gewächshaus wie barbarisch, warum hat der Mörder sie nicht gleich im Beichtstuhl unserer Kirche erdrosselt?«
»Da hast du wohl recht. Wenn in meinen gelben Mormonentulpen einer ermordet werden würde, hätte ich keine Ruhe, bis ich den Täter dingfest hinter Gittern wüsste, es ist moralische Verantwortung meine Liebe.«
»Karl findet es auch es ein starkes Stück an Unverschämtheit, das man ausgerechnet bei uns die Leute ermordet. Er sagt er würde nie so herzlos sein und mit seinen Morden harmlose Leute belästigen. Sondern er würde um niemanden zur Last zu fallen die Leichen in Stücke hacken und zu feiner Asche brennen oder im Wald vergraben, aber auf keinen Fall in die Eccelstone Kürbisse einer ehrenwerten Dame werfen.«
»Das ist sehr rücksichtsvoll von Karl.«
»Ja und er meint das beweist, zu einhundert Prozent, dass, der Mörder einer dieser Sozialisten ist, von den so viel in seiner Times steht?«
»Vielleicht ein Sozialist, aber vielleicht ist es auch ein wahnsinniger Konservativer, der es sich zu Aufgabe gemacht hat, anständige Leute in Verruf zu bringen. Du weißt ja, bedauerlicherweise bleibt immer etwas am Ruf kleben. Zumal in einem Dorf wie unserem, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Bestimmt verbreiten die Leute schon Gerüchte dein Mann sei dir mit der hübschen Toten untreu gewesen und hätte sie erwürgt.«
»Aber das würden sie doch nie tun«, stotterte Polly unsicher.
Sie kannte natürlich die Antwort, natürlich würden sie. Poliene Bronkers musste nur an diese grauenhafte Mrs Browning denken. Eine Frau, die mit unverständlicher und hartnäckiger Boshaftigkeit versuchte, dem Vikar von St. George eine Reihe höchst kompromittierender Dinge anzudichten. Ihre Feindschaft hatte er sich zugezogen, weil er in einer Sonntagspredigt mehrmals erwähnte, Schweigen sei Gold und das üble Gerüchte verbreiten Gott verurteile. Miss Eddowes hängte etwas schadenfroh auf. Egal was Polly ihr erzählt hatte bestimmt war es längst nicht so dramatisch, wie sie es geschildert hatte. Ihre Freundin neigte dazu, die Dinge zu übertreiben. Augusta zog sich fertig an und setzte sich ans Fenster mit Blick auf die Dorfstraße und wartete auf den Morris, der nach einer halben Stunde kam.
Patrick klopfte und unterhielt sich etwas mit Augustas Mädchen am Türrahmen lehnend. Seine Mütze saß schräg auf seinem Kopf, und sein ganzes Gesicht war der Inbegriff der sommersprossigen Dummheit, was dem Dienstmädchen nichts auszumachen schien. Augusta ließ sich Zeit, man sollte das Personal ruhig hin und wieder warten lassen. Leicht amüsiert belauschte sie das Gespräch.
»Ja Miss Beatrice, wenn ich es doch sage, beim heiligen Saint Patrick maustot.«
»Mein Gott wie entsetzlich und die Herrschaften?«
Patrick stieß einen vielsagenden Pfiff aus.
»Ich will es nicht Beschreiben Miss Beatrice. Man soll ja den Teufel nicht an die Wand malen aber der alte Bronkers kann ganz schön jähzornig werden.«
Bevor noch mehr Blödsinn zusammenkam, erhob sich Augusta und rief gebieterisch: »Ist der Wagen bereit Patrick?«
»Jawohl Miss Eddowes!«