Mörderisches Bayreuth - Werner Rosenzweig - E-Book

Mörderisches Bayreuth E-Book

Werner Rosenzweig

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Beschreibung

Benno Behringer, Hauptkommissar mit Leidenschaft für die Nibelungensage und für deftiges fränkisches Essen, hat noch zwei Jahre bis zum wohlverdienten Ruhestand. Da kommt der Mord an einem jungen Investmentberater, der im Park der örtlichen Eremitage niedergestochen wurde, mehr als ungelegen. Als sich herausstellt, dass das Mordopfer zuletzt in höchst zweifelhafte Aktiengeschäfte verwickelt war, wittern Behringer und sein Team einen schnellen Ermittlungserfolg. Aber plötzlich stehen sage und schreibe neun Verdächtige auf der Rechnung, alle mit eindeutigem Motiv – und alle ohne Alibi. Behringer sticht in ein Nest aus Intrigen, Eifersüchteleien, Halbwahrheiten, Neid und der ewigen Gier nach Geld, mitten darin die umtriebigen Manager des Hotels „Richard Wagner“. Die Fäden scheinen heillos verworren, da gibt es einen zweiten Mordanschlag …

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Werner Rosenzweig

MÖRDERISCHES BAYREUTH

EIN FRANKEN-KRIMI

Volk Verlag München

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.

© 2020 by Volk Verlag München

Neumarkter Straße 23; 81673 München

Tel. 089 / 420 79 69 80; Fax: 089 / 420 79 69 86

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt

Alle Rechte, einschließlich derjenigen des auszugsweisen Abdrucks sowie der photomechanischen Wiedergabe, vorbehalten.

ISBN 978-3-86222-369-5

www.volkverlag.de

Inhalt

Mord

Wie alles begann: Die Kolbs

Springer und Sturm

Finanzielle Schieflage

Spaziergang zum Festspielhaus

Annäherungen

Was sonst noch passierte

Es geht los

Siegfried

Kriminalkommissariat K1

Die sonderbare Anna Schmidt

Annalena und Manfred

Das Arbeitsessen

Das dreckige Geschäftsmodell

Trennung

Frankfurt am Main, Mendelssohnstraße 87

London, Hotel Andaz

Erfreuliche Entwicklung

Streit und neue Partnerschaften

Der Deal

Fränkische Schweiz

Kriminalinspektion Bayreuth

Wiedererkennen

Vernehmung

Die Aussage der Annalena Sturm

Lailas Dilemma

Auswertungsergebnisse

Lügen und fehlende Ordner

Durchsuchung

Eppeleins Fluch

Zwei Tage nach der Siemens-Hauptversammlung

Shut Down

Owens Plan

Verräterische SMS

Aischas Erwartungen

Wut und Enttäuschung

Gerti Wagner

Owens Aussage

Halbwahrheiten

Heikos Testament

Besprechung

Blamage

Vorläufige Festnahme

Behringers Alptraum

Vertane Zeit

Gammahydroxybuttersäure

Konspiratives Gespräch

Das Messer

Konspiratives Telefonat

Verräterischer Anruf

Professor Stichs Aussage

Günther und Karl

Selbstüberschätzung

Überraschung

Warum?

Behringer

Nachwort

Mord

26. Februar

Auf einem Hügel östlich der Stadt Bayreuth, im Norden und Osten durch den Flusslauf des Roten Main begrenzt, zieht sich das waldige Gelände der Eremitage dahin.

Es war im Jahr 1616, als der damalige Markgraf Christian von Brandenburg-Bayreuth in den Besitz der ausgedehnten Waldflächen kam und diese als Jagdgebiet nutzte. Unter der Herrschaft seines Urenkels Georg Wilhelm, der bis 1726 das fränkische Fürstentum führte, regte sich dort emsige Bautätigkeit, die von 1715 an über die nächsten Jahrhunderte anhalten sollte. Einer der ersten auf dem Gelände errichteten Bauten war das Alte Schloss, das der Adelsfamilie als Sommersitz diente. 1720 entstand das heutige Monplaisir, einst Wohnhaus des Parkverwalters mit schlossartigem Charakter. Da Georg Wilhelm keinen männlichen Nachfolger zeugte, übernahm Markgraf Georg Friedrich Karl, aus einer Nebenlinie der fränkischen Hohenzollern stammend, ab 1726 die Amtsgeschäfte. Ihm folgte schon 1735 sein Sohn Friedrich, der acht Jahre an der calvinistisch geprägten Universität Genf studiert hatte.

Vier Jahre zuvor war Friedrich über Hof und Leipzig nach Potsdam gereist, wo der preußische König Friedrich Wilhelm I. einen Hochzeitskandidaten für seine älteste Tochter Wilhelmine suchte. Eigentlich sollte sie, nach den Plänen ihrer Mutter, Königin von England werden. Doch es kam anders: Friedrich und Wilhelmine wurden im November 1731 getraut. Ein Jahr darauf schenkte Friedrich seiner Frau Monplaisir und als Wilhelmine 1735 dann ihren 24. Geburtstag feierte, vermachte er ihr die gesamte Eremitage. Bald schon begann Wilhelmine, das Gelände umzugestalten, und schuf jene Parklandschaft von rund 50 Hektar, die heute noch zu den schönsten Sehenswürdigkeiten Bayreuths gehört.

Von 1749 bis 1753 entstand das Neue Schloss, bestehend aus einem Mittelbau, dem sogenannten Sonnentempel, mit vergoldeter Quadriga, die vom fackeltragenden griechischen Gott Apoll als Sinnbild der Sonne gelenkt wird. Links und rechts des kuppelgekrönten Sonnentempels schließen sich zwei halbkreisförmige Arkadengänge an, die Wilhelmine einst als Orangerie dienten. Darunter, durch Treppen abgestuft, liegt das obere Wasserbecken, auch Obere Grotte genannt, das mit mehreren Figurengruppen besetzt ist. Doch das sind längst nicht alle Gebäude und Gartenelemente, die im Laufe der Jahre das abwechslungsreiche Gelände schmückten: Heute stehen da das Ruinentheater und die Kaskade, die sich weg vom Alten Schloss den Hang hinabzieht. Ein alter Turm diente früher als Speicher, um die vielen Wasserspiele in Gang zu setzen. Auf dem Schneckenberg thront der Chinesische Pavillon. Hinzu kommen die Statue des Sokrates wie auch die Untere Grotte und die Drachenhöhle, die Allee nach Monplaisir, der Kanalgarten, eine Reihe von Brunnen und unzählbare versteckte Winkel zum Verweilen und um in der Stille der Natur Kraft zu tanken oder von der Muse geküsst zu werden.

Heutzutage ist die Eremitage für jedermann frei zugänglich. Nicht nur die Einwohner Bayreuths nutzen den herrlichen Park für ausgedehnte Spaziergänge. Viele Reisebusse karren täglich Scharen von Touristen herbei, die sich erst in der weitläufigen Anlage verlieren, um sich dann doch an den markanten Punkten, spätestens aber im Parkrestaurant, wiederzutreffen. Auch Jogger schätzen die gepflegten Wege, die durch den Park führen.

Ein junger, groß gewachsener und athletischer Mann, der erst kürzlich vom Niederrhein nach Bayreuth gezogen war und in der Stadt eine noble Dachterrassenwohnung sein Eigen nannte, nutzte das Gelände regelmäßig für seine sportlichen Aktivitäten. Jeden Mittwoch und Freitag kam er hierher, um seine zehn Kilometer abzuspulen – meist erst am Spätnachmittag, wenn der Hauptpulk der Touristen wieder verschwunden war. Auch heute fuhr er an der Königsallee seinen Mercedes die Auffahrt zu den öffentlichen Parkplätzen hinauf. Nur wenige Fahrzeuge leisteten dem 350 SL-Oldtimer in silbergrau-metallic Gesellschaft. Es war kurz vor 17:00 Uhr. In einer Dreiviertelstunde würde, dem Kalender nach, die Sonne bereits hinter dem Horizont verschwunden sein. Theoretisch. Heute hatte sie sich eh den ganzen Tag nicht blicken lassen. Das lag an dem atlantischen Tiefausläufer Doris: Dicke, schwere Wolken segelten von einem heftigen, unangenehmen Wind getrieben, von Westen heran, entließen ihr gespeichertes Wasser in einem ständigen, alles durchdringenden Schnürlregen über ganz Oberfranken und setzten ihren Weg in Richtung Osten fort. Ein Scheißwetter. Wer konnte, blieb zuhause. Nicht so der attraktive Hobbysportler vom Niederrhein. Für ihn gab es kein schlechtes Wetter. Man brauchte nur die richtige Kleidung – in seinem Fall eine regelrechte Luxusausstattung: Seine Nike Air Laufschuhe waren hundertprozentig auf seinen Tritt und das Abrollverhalten seiner Füße abgestimmt. Seine orangefarbenen Laufshorts waren wasserabweisend. Unter seiner leichten, selbstverständlich atmungsaktiven Regenjacke trug er ein Vertical Funktionsshirt. Die Regencap lag auf dem Beifahrersitz.

Der Jogger machte sich gar nicht erst die Mühe, seinen Mercedes auf einem der zahlreichen markierten Plätze abzustellen. Er steuerte den Wagen auf kürzestem Weg direkt an eine mit Bäumen und Büschen bewachsene Verkehrsinsel und stellte ihn dort, wo normalerweise die Touristikbusse parkten, auf dem Kopfsteinpflaster ab. Das einzige feste Gebäude schräg gegenüber, das wie ein quadratischer Pavillon aussah und eine Besuchertoilette beherbergte, wirkte trist und grau, doch es erlaubte den unmittelbaren Zugang zum Kanalgarten. Bevor der Mann aus seinem Wagen stieg, schaltete er seinen alten i-Pod ein, wählte „Wiedergabelisten“ und dann „Shuffle“ und ließ das kleine Gerät im Innern seines Regenschutzes verschwinden. Daraufhin stöpselte er die Kopfhörer in seine Ohrmuscheln, bedeckte den Kopf mit seiner Regencap und stieg aus. So ausgestattet machte er sich auf den Weg, den er immer nahm.

Wir ziehen durch die Straßen und die Clubs dieser Stadt. Das ist unsre Nacht, wie für uns beide gemacht, oh oh, oh oh … stöhnte ihm Helene Fischer in die Gehörgänge. Er betrat den Park und hielt sich rechts des ovalen Wasserbeckens. Dann lief er hinüber zum langgestreckten Laubengang. Auf dieser kurzen Strecke ließ er es noch langsam angehen, nutzte sie, um seinen Körper aufzuwärmen, stoppte immer wieder und legte die ein oder andere Stabilisations- und Laufkraftübung ein. Atemlos durch die Nacht, bis ein neuer Tag erwacht … Er wusste, dass Laufen Muskeln, Sehnen und Gelenke herausforderte, den Herzschlag beanspruchte und den Wasserhaushalt des Körpers aus dem Gleichgewicht brachte. Schon vor Jahren hatte er herausgefunden, wie er schonend den Maximalwert seiner Herzfrequenz erreichte.

Nun bog er scharf links ab und sprintete in vollem Tempo rund 200 Meter kerzengerade auf den Sonnentempel zu, den die Wassermassen von oben nahezu verschluckten. Die letzten Minuten war der Regen stärker geworden. Er prasselte heftig auf die Bäume und kahlen Hecken der barock angelegten Gartenflächen ein, die wie ein riesiges Labyrinth wirkten. Auf den Wegen bildeten sich die ersten Wasserlachen. Es spritzte nach allen Seiten, wenn der Jogger mit schnellen, kräftigen Schritten in sie hineinstapfte. Er folgte einem schnurgeraden Pfad bis zu seinem Ende, überquerte die geteerte Hauptallee, schlüpfte zwischen Sonnentempel und Orangerie hindurch, vorbei am großen Wasserbecken, und legte noch ein paar Übungen ein. Dann rannte er durch die Allee zum kleinen Schlösschen Monplaisir hinab. Die dicken Stämme der Bäume waren grau und schmucklos, wie überhaupt der gesamte Park zu dieser Jahreszeit. Überall auf dem Gelände waren die witterungsanfälligen Steinstatuen und Skulpturen mit Stahlrahmen überbaut, zwischen denen als Kälteschutz graue Plastikplanen gespannt waren.

Kurz vor Monplaisir grüßte zwischen blattlosen Ästen der Chinesische Pavillon vom Schneckenberg herunter. Der Läufer wählte den Weg nach rechts in Richtung der Unteren Grotte, vorbei am Eremitenhaus, um dann über einen kleinen Anstieg auf das Alte Schloss zuzulaufen. Jetzt war er im Rhythmus, hatte seine Idealgeschwindigkeit gefunden. Vom Alten Schloss kommend, an dem langgezogenen Wirtschaftsgebäude vorbei, in dem die Schlossgaststätte untergebracht war, den alten Wasserturm hinter sich lassend, ging es rechterhand hinein in den Wald und in diversen Links-rechts-links-rechts-Bögen, immer dem Roten Main folgend, schließlich zum Parnass, dem künstlichen Felsen, der nur mit viel Fantasie an seinen Namensvetter, den 2.455 Meter hohen Gebirgsstock in Zentralgriechenland, erinnerte. Ein Symbol des mythischen Bergs des Gottes Apoll, zugleich Heimat der neun Musen, der Göttinnen der Künste. Der Bayreuther Parnass wirkte eher wie ein grauer, von Wind und Wetter zerklüfteter Steintunnel, den man von vier Seiten begehen konnte. Kaum jemand würde sich wundern, wenn hier plötzlich heulend und pfeifend eine alte, überdimensionale Dampflokomotive durchfauchen würde. Durch eine der vier Öffnungen führte ein kurzer Weg hin zum Alten Schloss. Der Jogger erinnerte sich an seinen ersten Besuch der Eremitage im Juli letzten Jahres, als der Park im satten Grün stand und er und Annalena diesen Weg gegangen waren. Die Buchenhecken links und rechts waren über ihren Köpfen zusammengewachsen und hatten angenehmen Schatten gespendet. Nun standen ihre Holzgerippe traurig ineinander verwachsen herum und boten in ihrem Herbstschnitt ein Bild kahler Tristesse. Wenigstens lag von hier aus der Sonnentempel nur noch einen Katzensprung entfernt. Schon etwas schwerer atmend huschte der Jogger erneut an der Orangerie durch, um seine zweite Runde einzuläuten. Dreimal wollte er die Strecke laufen, wie immer. Das war nach seinem Umzug nach Bayreuth schnell zu einem Ritual geworden.

Weine nicht, wenn der Regen fällt. Tam tam, tam tam. Es gibt einen, der zu dir hält. Tam tam, tam tam … Drafi Deutscher besang die Geschichte von Marmor, Stein, Eisen und dem Regen. Wie treffend für diesen trüben Tag. Normalerweise waren um diese Uhrzeit immer noch Leute unterwegs, bei aller Kahlheit hatte der Park schließlich auch im Winter seinen Reiz. Heute war dem Läufer noch keine einzige Menschenseele begegnet. Das heißt, bis auf die kleine Gruppe Raucher vor dem Eingang der Schlossgaststätte, die jetzt vor ihm auftauchte. Frierend drängten sie sich unter einem Sonnenschirm eng aneinander und zogen gierig an ihren Glimmstängeln. Er beachtete sie nicht weiter, konzentrierte sich auf seinen Weg, seine Laufschritte und seine Atmung.

Ein Augenpaar aus der Gruppe der Raucher hatte ihn allerdings sofort erkannt. Es folgte ihm, als er vorbeihastete, um auf Höhe des alten Wasserturms wieder rechts in den Wald abzubiegen. Ein Blick voller Groll – aber noch war Zeit. Zweimal würde der Jogger hier noch vorbeikommen, es gab keinen Grund, jetzt schon zu handeln.

Schritt für Schritt, immer im gleichmäßigen Tempo, wie ein Präzisionsuhrwerk, hatte der Läufer rund eine Stunde später seine zehn Kilometer nahezu geschafft. Er bog gerade wieder in den Kanalgarten ab und weiter in Richtung Parkplatz. Erst 1977 war dieses Stück der Eremitage nach alten Plänen renoviert worden und entsprach nun wieder seinem ursprünglichen Aussehen. Für die aparte Anlage mit ihrem langen, engen Wasserkanal samt drei Bassins, den unzähligen Heckenquartieren und Laubengängen, in denen in der warmen Jahreszeit vor allem Kinder gerne Versteck spielten, hatte der Jogger auf seinen letzten Metern aber kein Auge. Zwischenzeitlich war er, trotz seiner hochprofessionellen Kleidung, ordentlich durchnässt und wollte nichts anderes als schnell nach Hause und ein heißes Bad nehmen.

Als er den Parkplatz erreichte, schüttete es immer noch wie aus Kübeln und eine unangenehme Kälte kroch ihm in die Glieder, während er sich nach der Anstrengung des Laufs abdehnte. Da sah er die Bescherung. Sein Mercedes stand nicht mehr so, wie er ihn verlassen hatte, die Haube war seltsam abgesackt. Im Dunkel der aufkommenden Nacht trat er näher heran, fluchte wie ein Kesselflicker und warf voller Wut seine Regencap auf den nassen Asphalt. Die beiden vorderen Reifen waren platt. Schöne Scheiße. Das konnte nur einer dieser oberfränkischen Vollpfosten gewesen sein, der sich einen Spaß daraus machte, Reifen an ortsfremden Autos zu zerstechen. Ein unbekanntes Kfz-Kennzeichen konnte bei diesen Typen schon Grund genug sein.

Was für eine Woche! Dieser Tage war schon alles zusammengekommen: Los ging es, als er am Mittwoch sein Handy verlegte. Er wusste bis heute nicht, wo es abgeblieben war. Gott sei Dank hatte er eine Sicherungskopie all seiner Kontakte auf dem Computer gespeichert. Ohne Handy – das ging gar nicht, also besorgte er sich am nächsten Tag gleich ein neues Modell, übergangsweise mit Prepaid-Karte; für seine Herzallerliebste wollte er erreichbar sein, die war am Mittwochmorgen zu einer Tagung ihrer grünen Partei nach Hof abgereist. Hätte er sich auch sparen können, seit ihrem Aufbruch hatte sie sich nicht bei ihm gemeldet. Sehr ungewöhnlich für sie. Noch schlimmer: Seine Anrufe hatte sie weggedrückt, seine SMS unbeantwortet gelassen. Lag’s an der neuen, unbekannten Nummer? Er machte sich Sorgen. Sie schwebten doch beide noch auf Wolke Sieben. Oder etwa nicht mehr? War irgendetwas passiert, von dem er keine Ahnung hatte? Morgen erst würde sie zurückkommen. Wenn er sich nicht ablenkte, machte ihn die Situation halb wahnsinnig.

Und dann dieser triste Tag heute; am Vormittag hatte er seine Zugehfrau gefeuert. Die meinte offenbar, dass sie sich alles erlauben konnte. Nicht nur, dass sie immer unzuverlässiger geworden war, auch Diebstahl stand zuletzt auf ihrem Programm. Klar lag eine gehörige Mitschuld bei ihm selbst. Man ließ eben Geld nicht offen in Schubladen herumliegen. Gelegenheit macht Diebe. Trotzdem, da waren einige Fünfziger verschwunden, das konnte er nicht mehr durchgehen lassen.

Der Zoff mit Manfred hatte dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Wegen einer Lappalie! Schuld war nur seine Ex, das stand außer Frage. Von Neid zerfressen, voller Vorwürfe und eine Meisterin im Stiften von Zwietracht.

Dass gestern Abend auch noch dieses Sexmonster Aischa Bint Malika Al-Bagdadi vor seiner Haustür stand, Sturm klingelte und Einlass verlangte, versuchte er immer noch zu verdrängen. Die hatte ihm gerade noch gefehlt. Als ob er wegen diesem kleinen Wertpapiergeschäft nach ihrer Pfeife tanzen würde, lächerlich. Und gefährlich für seine aktuelle Beziehung. Da zeigte sich einmal wieder: Geschäft und Privates gehört sauber getrennt!

Das hatte er sich auch gedacht, als am Dienstag die seltsame SMS eingetrudelt war – unbekannte Nummer, unterzeichnet mit „Bill“. Der einzige Bill, den er kannte, hatte gerade die deutsche Steuerfahndung an der Backe, atmete vermutlich sogar schon gesiebte Luft und saß in U-Haft. Der SMS konnte man nicht trauen. Eventuell ein plumper Trick der Steuerfahnder, auf diese Leimrute würde er sicherlich nicht kriechen. Er hatte einfach nicht geantwortet.

Momentan schien wirklich alles aus dem Ruder zu laufen. Und nun die platten Reifen mitten im Scheißregen.

Mit der Lampe seines neuen Handys beleuchtete er die beiden Vorderreifen notdürftig. Eindeutig zerstochen. Damit kam er hier nicht weg. Er sah sich um. Der Parkplatz war fast vollkommen leer. Nur ein japanisches SUV-Modell stand, einsam geparkt, rund fünf Meter hinter seinem Mercedes. Vom Fahrer des Wagens war weit und breit nichts zu sehen.

Resigniert nahm der Hobbysportler vom Niederrhein sein Mobiltelefon zur Hand, drückte auf „Kontakte“ und scrollte durch die neu abgespeicherten Nummern. Dann wählte er, nachdem er die Kopfhörer aus seinen Gehörgängen genommen hatte, die 22333.

„Taxi Union Bayreuth“, meldete sich eine weibliche Stimme.

„Bitte schicken Sie einen Wagen zum öffentlichen Parkplatz an der Eremitage. Königsallee. Der Fahrer soll dorthin kommen, wo normalerweise die Reisebusse parken.“

„Gerne“, hörte er die angenehm weiche Stimme der Frau, „kann aber rund sieben bis zehn Minuten dauern. Unsere Fahrzeuge sind momentan alle mit Kunden im Einsatz. Der Dauerregen …“, versuchte sie sich zu entschuldigen. Dann war sie weg.

„Schöne Scheiße!“ Er stöpselte seine Kopfhörer wieder ein und wandte sich dem Kofferraum seines Wagens zu. Völlig durchnässt würde er sich nicht in seinen Mercedes setzen. Er hatte schließlich vorgesorgt, im Laderaum lagen ein frisches Shirt und eine warme Jacke, einen Schirm hatte er sowieso immer dabei. Ob er lieber unter dem Vordach des Pavillons warten sollte? Oder doch beim Wagen? Am Ende übersah ihn der Taxifahrer noch und fuhr unverrichteter Dinge wieder davon. Das hätte ihm gerade noch gefehlt.

My makeup is dry and it clags on my chin. I’m drowning my sorrows in whisky and gin … fetzten die Kinks an die Trommelfelle des Joggers, der sich tief in den Kofferraum beugte, um nach seinem Knirps zu suchen. Der Parkplatz lag nun in fast vollkommener Dunkelheit. Die wenigen Laternen, die hier standen, hatten mit ihrem diffusen Licht kaum eine Chance gegen den dicht fallenden Regen.

Dass sich hinter dem japanischen SUV eine geduckte Gestalt aus dem Schatten des Fahrzeugs löste und auf leisen Sohlen näherte, bekam er nicht mit. Dave Davis, der Leadgitarrist der englischen Musikgruppe, schmetterte ungebrochen die Rockballade vom sterbenden Clown. Als der Stahl der Klinge zwischen seine Rippen fuhr, war es bereits zu spät. Dem ersten Stich folgte schnell ein zweiter, der sein Herz traf.

Feuer – er spürte die schweren Verletzungen als heiße Schmerzwellen. Der Schirm entglitt seinen Fingern und er hielt sich krampfhaft am Wagenrahmen fest. Mit letzter Kraft wandte er den Kopf nach hinten. Eine Hand, ein blutiges Messer darin.

„Du?“, kam es ihm flüsternd über die Lippen, dann verloren seine Hände den Halt.

Sein Oberkörper fiel in den geöffneten Kofferraum hinein, seine Beine knickten ein, hingen nur noch schlaff zu Boden. So let’s all drink to the death of a clown. Won’t someone help me to break up this crown? Let’s all drink to the death of a clown … sang Dave Davies weiter.

Der Jogger hörte die Botschaft der Kinks nicht mehr. Er war tot. Blut quoll aus seinem Rücken und wurde sofort vom Regen weggespült. Die größere Menge des roten Lebenssafts sammelte sich im Innern seines Körpers.

Kurz sah die Gestalt mit der Klinge in der Hand auf ihr Opfer herab. Dann zog sie die Kapuze ihrer schwarzen, wasserdichten Hardshell-Jacke zurecht, umrundete den Mercedes, öffnete die Beifahrertür und wandte sich dem Handschuhfach zu. Schnell schien sie fündig geworden zu sein. Hastige Schritte führten sie zurück zum Kofferraum, wo sie dem Ermordeten auch noch sein Mobiltelefon abnahm und in dieselbe Tasche steckte, wo bereits Wohnungsschlüssel, Personalausweis und Führerschein des Opfers untergebracht waren. Der Geldbeutel des Getöteten interessierte die Gestalt nicht.

Eine halbe Minute später sprang der Motor des Japaners an. Im Wagen wurde der Rückwärtsgang eingelegt, er stieß zurück. Dann schlich sich der SUV im zweiten Gang und mit ausgeblendeten Scheinwerfern davon.

Lange hatte der prasselnde Regen die Szene für sich allein. Dann löste sich eine schmale, bis auf die Haut durchnässte Figur aus dem Schutz des quadratischen Pavillons. Sie sah sich gehetzt um, als sie aus dem Schatten des Gebäudes trat. Schnell lief sie zum offenstehenden Kofferraum des Mercedes. Sekunden später umrundete sie den Wagen, wie es der Mörder vorher getan hatte, und widmete sich ebenfalls dem Handschuhfach. Im Portemonnaie des Ermordeten steckten einige Geldscheine. Schnell nahm sie alles an sich und legte den Geldbeutel in das Handschuhfach zurück. Angespannt strich sie sich mit den Fingern durch das patschnasse Haar. Dass sich dabei eine schwarze Haarspange löste und herabfiel, bemerkte die Gestalt nicht. Sie schmiss den Wagenschlag der Beifahrertür zu und machte sich davon.

Kaum war sie verschwunden, fuhr das vom Mordopfer bestellte Taxi auf den Parkplatz. Die Lichtkegel der Scheinwerfer fielen auf den einsamen Wagen, der mit offenem Kofferraumdeckel unweit des Parkzugangs stand. Erst als er näher heranfuhr, erkannte der Taxler auch den menschlichen Körper, der leblos halb im Kofferraum lag, halb daraus herabhing. Es dauerte ein paar Sekunden, bis sein Gehirn begriff, was ihm seine Augen verrieten. Dann stieg er aus, stülpte sich provisorisch seine Jacke zum Schutz gegen den Regen über den Kopf und rannte die wenigen Meter zu dem Mercedes hin.

Der Mann im Kofferraum reagierte nicht, auch nicht auf ein heftiges Schütteln. Als der Taxifahrer seine Hand vom Rücken des Manns nahm und im Schein einer Laterne das Blut daran sah, fackelte er nicht lange, rannte zu seinem Wagen zurück und wählte fluchend die 110. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Seine Kollegen und Kolleginnen verdienten sich bei dem Scheißwetter eine goldene Nase, aber er musste hier auf einen Toten stoßen und nun auch noch auf die Ankunft der Kripo warten. Verdammte Kacke!

*

Als Hauptkommissar Benno Behringer vom Bayreuther Kriminalkommissariat K1 mit dem Team der Spurensicherung eintraf, waren seit der Notfallmeldung knapp 20 Minuten vergangen. Behringer fluchte, als er aus dem Einsatzfahrzeug stieg und die Kapuze seines Anoraks über seinen mächtigen Schädel stülpte. In der Rechten hielt er eine kräftige Stablampe und richtete sie auf das Taxi, das mit eingeschalteten Scheinwerfern hinter dem Mercedes mit dem vermutlichen Mordopfer stand. Scheißwetter. Er hatte sich im Büro gerade auf den Weg nach Hause machen wollen, als ihn die Meldung erreichte. Wieder mal kurz vor Feierabend, ausgerechnet an einem Freitag und dann auch noch bei diesem Dauerregen. Was sollte die SpuSi da noch finden?

Der Taxifahrer hatte die Ankunft der Polizei bemerkt. Er öffnete den Wagenschlag und stieg aus. Schimpfend spannte er einen Stockschirm auf und zog den Reißverschluss seiner Lederjacke bis zum Anschlag nach oben.

„Sie haben ihn gefunden?“, rief ihm der kleine Dicke im Daunen-Anorak entgegen, der mit trippelnden Schritten schnell näherkam und dessen Gesicht ihn aus einer Kapuze heraus neugierig fixierte. Seine Äuglein – auffällig klein, wie bei einer Feldmaus – musterten den Taxler neugierig. Ihr Braun verschmolz mit der Nacht. „Hauptkommissar Benno Behringer von der Kripo Bayreuth“, stellte er sich vor.

„Leider!“, bemerkte der Taxifahrer. „Der scheint komplett hinüber zu sein“, klärte er dann den Polizeibeamten auf und deutete auf den leblosen Körper des Joggers.

„Haben Sie ihn berührt?“, wollte der Dicke von ihm wissen, als er vor ihm zu stehen kam.

„Nur kurz geschüttelt, als er auf meine Ansprache nicht reagiert hat. Wann kann ich mich hier vom Acker machen? Sie sind ja jetzt da. Die Zeit läuft und: Time is money. Der Regen … wenn Sie verstehen, was ich meine.“

„Wir müssen noch Ihre Personalien aufnehmen, dann können Sie meinetwegen verschwinden“, erhielt er zur Antwort. „Haben Sie irgendetwas beobachtet?“

„Nicht die Bohne. Als ich hier ankam, war der ganze Parkplatz leer – bis auf den Mercedes. Keine Menschenseele zu sehen, nicht mal ein einsamer Köter.“

„KKL!“, schrie Behringer über seine Schulter hinweg. „Kommen Sie mal und kümmern Sie sich um den Herrn hier. Personalien und das Übliche, dann kann er gehen.“

„Kommen Sie bitte mit mir zum Wagen?“, forderte Kommissar Klaus-Karl Lang, Behringers rechte Hand und sein designierter Nachfolger, den Taxler auf. „Das können wir auch im Trockenen erledigen.“

Das Team der SpuSi schleppte die Einzelteile eines Zelts herbei und begann mit dem Aufbau rund um das Heck des Mercedes. Andere platzierten starke Scheinwerfer um den mutmaßlichen Tatort herum. Benno Behringer nutzte die Gelegenheit, beugte sich in den offenstehenden Kofferraum und leuchtete dem leblosen Mann darin ins Gesicht.

Er erkannte ihn auf Anhieb.

27. Juli des letzten Jahres im Bayreuther Festspielhaus: Das war der „Popelschnalzer“. Außerdem hatte er ihn ein zweites Mal an der Behringersmühle in der Fränkischen Schweiz gesehen. Leider hatte der Kommissar keinen Namen zu dem ihm bekannten Gesicht – aber einen interessanten Fakt: Nahe der Mühle war der Mann in einem Zweierkanu auf der Wiesent unterwegs gewesen. In dem Boot hatte auch eine junge, äußerst attraktive blonde Frau gesessen. Nicht diese Kräftige, besser gesagt Stattliche, die ihn im Festspielhaus begleitet hatte.

„Wenn ihr mit eurer Arbeit fertig seid“, wandte sich Behringer an das Team der SpuSi, „dann lasst den Leichnam in die Rechtsmedizin nach Erlangen bringen.“

Wie alles begann: Die Kolbs

Juni, ein Jahr zuvor

Dort, wo sich die Tristanstraße den „Grünen Hügel“ hochzog, etwa auf halber Höhe, stand rechter Hand das frisch renovierte Hotel „Richard Wagner“. Ein Bau aus den Zeiten der Postmoderne, Anfang der 1960er Jahre: ein dreistöckiges Gebäude in L-Form, dem man heute den verbauten Beton nicht mehr ansah. Dafür sorgten die glatten Außenfassaden in harmonisch abgestimmten Farbtönen Marke „frischer Frühling“ sowie die beiden tragenden Säulen im Bereich der überdachten Auffahrt – edel und luxuriös sollte der Eindruck des Hauses sein. Die ganze Eingangsfront war durchgängig verglast und in der großzügigen Lobby protzten dicke Ledersessel um die Wette. Oben auf der Terrasse des Flachdachs thronte eine mächtige halbrunde Glaskuppel: der neue Frühstückssaal, wo die Übernachtungsgäste ihren Morgenkaffee trinken und einen wunderbaren Blick auf das Richard Wagner Festspielhaus genießen konnten.

Stolze Herren und Eigentümer der Anlage waren die drei Brüder Manfred, Günther und Karl Kolb. Ihre verstorbene Mutter hatte ihnen und ihrer Schwester Laila vor über zwei Jahren das damals mehr als angestaubte Anwesen vererbt. Kurzfristig dachten die vier über einen Verkauf nach, doch dann beschlossen die Brüder, den Sprung zu wagen und das elterliche Erbe in neuem Stil und mit neuem Konzept fortzuführen. Die hohen Schulden, die sie dabei auf sich luden, brachten Laila, die jüngste der Geschwister, dazu, sich vollends aus dem Projekt zu verabschieden. Außerdem passte ein berufliches Engagement in der Hotellerie gar nicht zu ihrem Studiengang.

Manfred, der älteste, wurde General Manager und Kundenakquisiteur. Unterstützt von Karl, der sich zukünftig ums Personal und den reibungslosen Ablauf des Tagesgeschäfts kümmern sollte, ging er an die Planung und Umsetzung des Umbaus: Vor einem Jahr, rechtzeitig zu Beginn der Festspielsaison, konnten die umfangreichen Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten abgeschlossen werden; auch das rund 4.000 Quadratmeter große Außengelände des Viersternehotels war auf Vordermann gebracht und völlig neu gestaltet worden. Nun offerierte das Haus 126 unterschiedlich große Zimmer und drei Suiten – geradezu klassisch benannt: Brünhilde-, Kriemhild- und Siegfried-Suite –, alle ausgestattet mit modernem Bad/WC, selbstverständlich inklusive freiem WLAN, mit Minibar und in der Wand integriertem TV. Auch die Hotelküche und das Restaurant glänzten in neuem Outfit. Auf das Design des Gastraums war Manfred besonders stolz. Seine Gäste speisten in der modernen Imitation einer schmucken fränkischen Landscheune mit viel Holz, offenen Balken und Buntsandsteinwänden.

Günther, Karls Zwilling und gelernter Koch, war nun Chef in seinem eigenen Reich und für die Speisekarte verantwortlich. Äußerlich glich er seinem Zwillingsbruder fast wie ein Ei dem anderen, nur ein Muttermal an seinem Hals gab ihn zu erkennen. Während Karl eher von zurückhaltender Natur war, mochte es Günther extrovertierter und fand sich auch in unvorhersehbaren Situationen schneller zurecht. Seine tiefe Liebe zur fränkischen Heimat zeigte sich in den hauptsächlich regionalen Gerichten, die er aus seinen Töpfen und Pfannen zauberte – vom Schäufele bis zur Nürnberger Rostbratwurst, vom zarten Lammfilet von der Frankenhöhe bis zum Aischgründer Spiegelkarpfen oder den Regenbogenforellen aus eigenen Gewässern der Fränkischen Schweiz. Je nach Saison standen Spargelgerichte, Wildbret oder ausgewählte Gemüse- und Salatprodukte aus dem Nürnberger Knoblauchsland zur Auswahl. Die Weinkarte offerierte, unter der eifrigen Mithilfe von Manfred, ein breites Spektrum an Weiß-und Rotweinen aus den Weinhängen um Ipsheim, Würzburg und Klingenberg. Die Biere kamen ausschließlich aus den kleinen Privatbrauereien Oberfrankens.

Nach der Renovierung versprach selbst der Keller des Hotels neue Glanzpunkte: Alle drei Brüder hatten hier ihre Ideen eingebracht und nun konnten sich die Gäste auf zwei Bowlingbahnen austoben oder in der Zirbensauna bei herrlichen Aufgüssen schwitzen. Auf dem Außengelände ließen die neuen Hoteleigentümer zuerst einen kleinen, schattigen Biergarten anlegen. Allein die fünf Meter hohen Kastanienbäume, die dafür eingesetzt wurden, kosteten ein Vermögen. Blumengesäumte Kieswege führten zu dem lauschigen Platz, vorbei an einem mit Kois, den teuren japanischen Karpfen, besetzten Gartenteich. Keine 50 Meter davon entfernt lockte in den heißen Sommermonaten ein neues Schwimmbecken, 25 auf 20 Meter groß und beheizbar, umgeben von einer gepflegten Wiese mit Duschen und Sonnenliegen. Überall im Garten luden elegante Ruhebänke zum Verweilen ein, kurzum: eine einzige Wohlfühloase, umstanden von einer halbhohen, immergrünen Kirschlorbeerhecke. Und weil es an diesem Punkt auch nicht mehr auf den letzten Cent ankam, hatten Manfred, Karl und Günther hinter der Hecke gleich noch zwei Tennisplätze anlegen und den hoteleigenen Parkplatz erweitern lassen.

Als ihren Finanzdirektor hatten die drei Brüder Dieter Kowalski eingestellt. Ihr Verhältnis zu Dieter war ein besonderes – er war nicht nur der langjährige Freund und Vertraute von allen dreien, sondern auch ihr Halbbruder. Ein fruchtbarer Fehltritt ihres längst verstorbenen Vaters. Jetzt sollte er sich darum kümmern, dass im neu eröffneten „Richard Wagner“ stets genügend Cash Flow vorhanden war. Er erstellte die Bilanz, übernahm Gewinn- und Verlustrechnung, überwachte und bediente sämtliche Finanzierungsangelegenheiten. Auch die Steuer gehörte zu Dieters Aufgabenbereich. Bisher hatte er Manfred, Karl und Günther nicht im Stich gelassen, sie gut durch die schwierige Phase des Umbaus gelotst und danach die Weichen für eine wirtschaftlich erfolgreiche Zukunft gestellt. Bei einer Sache konnte er allerdings nicht helfen.

Was den drei Kolb-Brüdern schwer im Magen lag, war die Abfindung von 250.000 Euro, auf die sie sich mit ihrer Schwester Laila geeinigt hatten. Diese Summe sollte ihr Erbanteil am Hotel sein, den sie ihr zur Erreichung ihres 28. Lebensjahres würden ausbezahlen müssen. So lautete die Vereinbarung. Noch war es nicht so weit, doch Kowalski erinnerte die drei ständig daran, dass der Tag der Fälligkeit unaufhaltsam näher rückte. Nächstes Jahr im Mai mussten sie zahlungsfähig sein. Wie sie das bewerkstelligen sollten, wussten die drei heute noch nicht. Das Hotel lief zwar gut – seit der Wiedereröffnung waren sie fast durchgehend ausgebucht –, doch die Kosten des Umbaus hatten sich längst nicht amortisiert. Die Schuldenlast der Kredite drückte.

Sie würden Laila wohl bitten müssen, nicht auf eine termingerechte Auszahlung ihres Erbanteils zu bestehen. Doch wie lange Laila noch darauf warten würde, das konnten weder Manfred noch Günther oder Karl abschätzen. Auch der Finanzdirektor traute sich nicht, die Reaktion seiner Halbschwester vorauszusagen, zumal er ihr aktuell keinen alternativen Auszahlungstermin nach ihrem 28. Geburtstag in Aussicht stellen konnte. Zu lebendig waren die Zeiten. Erst kürzlich hatte im Norden der Stadt ein neues Sporthotel eröffnet und versprach harten Wettbewerb. Die Konkurrenz schlief nicht. Jeder wollte am süßen Kuchen der Bayreuther Festspiele partizipieren, wollte seinen Teil an den gutbetuchten Promis und Wagnerfans, die in die Stadt kamen und mit ihrem Geld nur so um sich schmissen.

*

Laila studierte an der Universität Bayreuth Geoökologie und Umweltnaturwissenschaften, stand kurz vor dem Ende des achten Semesters und damit auch ihres Studienganges. Mit 27 Jahren war sie nicht gerade eine der jüngsten Studentinnen. Das störte Laila aber nicht, betrachtete sie sich selbst doch als „Spätzünder“: Mit dem Abi frisch in der Tasche hatte sie keine große Lust auf ein Studium verspürt. Wie viele andere in ihrem Alter wollte sie damals schnell Geld verdienen und hatte bei der örtlichen Sparkasse eine zweieinhalbjährige Ausbildung zur Bankkauffrau gestartet. Als sie damit fertig war, wusste sie, was es bedeutete, den ganzen Tag am Schalter zu stehen und unfreundliche Kunden zu bedienen. Das war nicht ihr Ding. Zwischenzeitlich hatte sie außerdem eine neue Leidenschaft entdeckt – die Natur. Sie war dem Bündnis 90 / Die Grünen beigetreten und hatte sich zu einer energischen Verfechterin des Umweltschutzes entwickelt. Auf kommunalpolitischer Ebene setzte sie sich für die Einhaltung der Klimaziele ein, sie organisierte gewaltfreie Demonstrationen gegen die Jagd auf Wale, lud gemeinsam mit Parteifreunden zu Diskussionsabenden ein, bei denen es um die Klimaerwärmung und eine saubere Umwelt ging, und verfasste Flyer, wenn mal wieder die eine oder andere Kommunalwahl vor der Tür stand. Ein entsprechendes Studium schien mit einem Mal der perfekte Weg für sie. Laila sprühte vor Ehrgeiz.

Nun, kurz vor dem Abschluss, überlegte sie, ob sie noch zwei Jahre für den Master dranhängen sollte, vielleicht in Biodiversität und Ökologie? Oder Global Change Ecology? Ja, sie spielte mit dem Gedanken, hatte sich aber noch nicht endgültig entschieden. Zuerst wollte sie ihre Bachelorarbeit mit bestmöglichem Ergebnis hinkriegen. Ihre Ansprüche waren hoch, wofür aber mehr ihre Leidenschaft als der Drang nach einer Karriere verantwortlich war. Finanziell ging es ihr jetzt schon gut.

Ihre verstorbene Mutter hatte ihr und ihren Brüdern neben der Hotelanlage auch ein kleines Erbe an Barmitteln hinterlassen. Aus dem Verkauf des alten Wohnhauses, auf den sie sich mit ihren Brüdern geeinigt hatte, war dazu eine ordentliche Summe für sie abgefallen. Ein Vermögen hatten sie dafür nicht bekommen, das Haus war wirklich uralt, reparaturbedürftig und im Grunde genommen abbruchreif gewesen. Den eigentlichen Wert hatten die rund 800 Quadratmeter Grund am Rand der Stadt ausgemacht – ihre Brüder verwendeten die kompletten Einnahmen für die Renovierung des Hotels. Obendrein war da auch noch dieses nicht unbeträchtliche Aktienpaket, das ihre Mutter vor langen Jahren angelegt hatte.

Von ihrem Erbanteil konnte Laila easy ihr Studium und ihren derzeitigen Lebensunterhalt finanzieren. Anders als ihre Brüder ließ sie den ihr zustehenden Anteil der Aktien unangetastet in ihrem Bankdepot. Für eine profitable Anlage musste man Zeit und Geduld mitbringen, hatte sie einmal gelesen. Und was brauchte sie schon in der kleinen Studenten-WG am Eichendorffring? 280 Euro Miete zahlte sie monatlich für ein 20-Quadratmeter-Zimmer. Die Uni lag so nah, da kam sie mit dem Fahrrad hin. Bei schlechtem Wetter packte sie den Regenschirm aus und lief. Essen konnte sie kostenlos im Hotelrestaurant ihrer Brüder und einen sicheren Nebenjob hatte sie dort auch. Wann immer sie eine größere Anschaffung oder eine Reise plante, ließ Manfred sie als Zimmermädchen, Bedienung oder Aushilfe in der Küche einspringen und bezahlte einen brüderlichfürstlichen Stundenlohn. Das Geld selbst zu verdienen, anstatt ihr Bankkonto dafür anzuzapfen, gab Laila ein gutes Gefühl. Und es tat von Zeit zu Zeit auch gut, das Hotel der Eltern wiederzusehen, selbst wenn sie es sich nie hatte vorstellen können, in den Betrieb einzusteigen – eine Entscheidung, die sich mit jedem vergangenen Jahr ihres Studiums mehr bestätigte.

Sie ging ihren eigenen Weg. Sich finanziell derzeit wirklich keine Sorgen machen zu müssen, gab ihr zusätzlichen Rückenwind. Auch ein Auto besaß Laila nicht. Wenn sie unbedingt mobil sein musste, nahm sie die Bahn oder den alten Nissan Qashqai, den ihr der Kommilitone und Parteifreund Lorenz Kutscher meist problemlos überließ, sofern er das Fahrzeug nicht selbst brauchte. Nächstes Jahr, wenn sie 28 wurde, warteten 250.000 Euro auf sie. Eine Menge Geld, das sie auch schon früher hätte beanspruchen können, aber dann wäre es Manfred und den Zwillingen wohl unmöglich gewesen, die Modernisierung des Hotels anzugehen.

Laila war absolut dafür, dass ihre Brüder das Erbe erfolgreich fortführten. Deshalb stundete sie ihnen die Auszahlung der Viertelmillion um knapp drei Jahre. Wenn sie sich das heute so überlegte … wer verfügte schon mit 28 über so ein großzügiges finanzielles Polster? Aus dieser Sicht sprach auch nichts dagegen, mit dem Master weiterzumachen. Absolut gar nichts!

Laila hatte sich zum Ziel gesetzt, ihren persönlichen Beitrag für eine saubere Umwelt zu leisten. Ein anspruchsvoller Job in der Abfallwirtschaft, der Recycling- und Entsorgungsindustrie oder auch etwas Naturnahes, das könnte sie sich gut vorstellen. Laila konnte sehr wütend werden, wenn sie über den weltweiten Plastikmüll nachdachte, der die Weltmeere verseuchte und für den Tod so vieler kleiner und großer Meereslebewesen verantwortlich war. Auch der Wald litt. Das merkte sie, wenn sie im nahen Fichtelgebirge unterwegs war; immer mehr Fichten waren geschädigt, starben einfach ab. Laila liebte eine intakte Natur, kämpfte dafür, dass mehr Laubbäume wie Buchen und Eichen in den einheimischen Gefilden ihren erneuten Platz fanden. Sie waren einfach strapazierfähiger als Fichten, die in zu trockenen Sommern hohen Schaden nahmen. Und es wurde immer wärmer. Wer das nicht begriffen hatte, dem war nicht zu helfen. Die verlogene und betrügerische Autoindustrie hätte sie dazu so gerne an den Pranger gestellt. Sie verstand die machthabenden Politiker nicht. Dass die nicht härter gegen die ganzen Lobbyisten und Vorstände der betroffenen DAXUnternehmen vorgingen! Eine einzige Mauschelei. Beschämend. Wenn sie Bundeskanzlerin wäre … Verkehrsministerin täte es für den Anfang auch …

Aber erst kam die Bachelorarbeit. Hervorragend müsste sie werden. Wie immer hatte Laila alles perfekt geplant und rechtzeitig vorbereitet. Als erstes hatte sie sich die Zusage ihrer Lieblingsprofessorin eingeholt, ihre Arbeit zu betreuen, dann hatten sie zusammen das Thema besprochen und festgelegt: „Der Einfluss der Klimaerwärmung auf den deutschen Wald“. Als Laila das Inhaltsverzeichnis ihrer Abschlussarbeit zu Papier gebracht hatte, stimmte sie sich erneut mit ihrer Betreuerin ab. Die gab ihr noch den ein oder anderen wertvollen Hinweis, mit welcher Literatur sie sich auf jeden Fall befassen sollte. Mit „Mischwälder in Deutschland“ war sie längst durch. Auch „The fossil history of Fagus“ hatte sie wie einen Thriller von Hitchcock verschlungen. 30 Seiten ihres Manuskripts standen bereits und sie hatte noch zwei Monate Zeit, alles fertigzustellen und abzugeben. Mit ihren bisherigen Studienleistungen war sie recht zufrieden. Im Moment lag sie bei einer Durchschnittsnote von 1,3 und Laila hatte nicht vor, diesen Wert durch das Ergebnis ihrer Bachelorarbeit zu verschlechtern.

Wer Laila nicht kannte, hätte sie nun vielleicht für eine Streberin halten können, die nur ihr Studium im Kopf hatte. Dabei war sie nur sehr gut darin, Prioritäten zu setzen. Nie hatte man sie in den letzten Jahren mit jungen Männern angetroffen, obwohl die meisten von ihnen sich öfter als einmal nach ihr umdrehten, wenn sie in Bayreuth unterwegs war. Sie war eine außerordentlich hübsche junge Frau mit einer langen, glatten blonden Mähne, die ihr bis weit in den Rücken fiel. Ihre intelligenten grünen Augen versprühten Lebenslust und wenn sie lachte, bildeten sich links und rechts auf ihren Wangen kleine Grübchen, die sie auf Anhieb sympathisch wirken ließen. Mit schlanken ein Meter 75 besaß Laila eine Topfigur, an der kein einziges Gramm Fett störte.

Im Grunde waren ihre drei Brüder der Auslöser, weshalb ihr so selten der Sinn nach männlicher Bekanntschaft stand – beziehungsweise die Art, wie sie mit ihr in der Kindheit umgesprungen waren. Nicht, dass Manfred, Günther oder Karl sie je misshandelt hätten, niemals! Es war schlicht das überhebliche, chauvinistische Gehabe der älteren Brüder, das sich bei Laila übel eingeprägt hatte. Immer war sie die Kleine. Nie nahmen sie sie mit auf ihre abenteuerlichen Eskapaden. Sie störte nur. Sobald sie alt genug war, um im Haushalt mitzuhelfen, blieb alle Drecksarbeit an ihr hängen. Abspülen, Putzen, Einkaufen gehen und so weiter und so fort. Die Herren drückten sich, wo es nur ging. Nie hatten sie ein Lob für sie übrig, nie ein gutes Wort der Anerkennung. Wenn sie für jede herablassende Bemerkung, jede gemeine Stichelei und jeden schlechten Witz auf ihre Kosten einen Cent bekommen hätte, müssten Manfred und die Zwillinge ihr nächstes Jahr keine 250.000 Euro mehr zahlen, das wäre längst erledigt.

Auf solche Typen konnte sie verzichten. Leider liefen von dieser Sorte überall genug herum. Außerdem – sie hatte neben dem Studium und ihrer politischen Arbeit gar keine Zeit für das andere Geschlecht. Und dann war da ja noch ihre Aushilfsstelle im Hotel. Zum Glück hatte sich der Ton ihrer Brüder ihr gegenüber in den letzten Jahren deutlich verändert. Mochte sein, dass das früher wenig geschwisterliche Verhältnis einfach an der traditionellen Rollenverteilung der Geschlechter gelegen hatte? In der Welt herumstreifende Jungs gegen die braven Mädchen zuhause? Seit sie zur Frau gereift war, für sich selbst einstand und ihr Schicksal in neue Bahnen lenkte, war es deutlich herzlicher geworden. Manfred war gerade mal sieben Jahre älter als sie, die Zwillingsbrüder Günther und Karl fünf. Kein allzu großer Unterschied. Mittlerweile hatten sie alle eine Art Waffenstillstand geschlossen und Laila kam mit ihnen gut zurecht, vor allem mit Karl, dem ruhigsten der drei Rabauken.

Springer und Sturm

Vorletzte Juliwoche

Das Paar stammte aus der Gegend vom Niederrhein, er aus Xanten, sie aus Wesel. Es war das erste Mal, dass sie nach Franken reisten, der Bayreuther Festspiele wegen. Sie wussten, dass es so manchen Promi in der letzten Juliwoche auf den „Grünen Hügel“ trieb, so auch dieses Jahr wieder. Kanzlerin Angela Merkel hatte sich genauso angesagt wie die Showgröße Thomas Gottschalk und Fürstin Gloria von Thurn und Taxis. Knapp 75.000 Einwohner zählte die Stadt, sagte ihnen das Internet. Wie es mit den Hotelkapazitäten stand, wussten sie nicht genau, also hatten sie bereits im Januar im Hotel „Richard Wagner“ gebucht, die Siegfried-Suite sollte es sein. Die Homepage hatte einen guten Eindruck gemacht und beide waren einen gehobenen Hotelstandard gewohnt. Geld spielte keine besonders große Rolle, sie mussten nicht auf den letzten Pfennig achten.

Die Festspiele würden am 25. Juli mit „Tristan und Isolde“ beginnen. Das Stück war nichts für Heiko Springer und seine Begleiterin. Nicht, dass das Liebesdrama um den Königssohn und seine große Liebe Isolde ihn und Annalena Sturm nicht interessiert hätte, aber sie hatten sich dieses erste Mal in Bayreuth Größeres vorgenommen: die komplette vierteilige Inszenierung des „Ring des Nibelungen“.

Vor allem Heiko liebte das mittelalterliche Heldenepos, das Wagner als Vorlage für seinen Opernzyklus gedient hatte. Auf dem Schwarzmarkt hatte er Unsummen für die Eintrittskarten ausgegeben. Sie freuten sich.

Am Montag, den 27. Juli sollte der Vierteiler mit „Rheingold“ starten. Zwei Tage zuvor kamen Heiko und Annalena in Bayreuth an. Sie wollten die Gelegenheit nicht versäumen, sich neben dem Festspielhaus auch die anderen Sehenswürdigkeiten der oberfränkischen Metropole anzusehen. Ganz oben auf ihrer Liste stand die Parkanlage der Bayreuther Eremitage mit ihren vielen Wasserspielen, der schwungvollen Orangerie und dem Sonnentempel, auf dessen Kuppel Apoll, Gott des Lichts und der Musik, seine Rösser zum schnellen Lauf anspornte. Leider war das Markgräfliche Opernhaus – weitaus älter als das Festspielhaus und 2012 als UNESCO-Weltkulturerbe ausgezeichnet – nicht zugänglich, die Renovierungsarbeiten sollten sich noch über die nächsten drei Jahre hinziehen, hieß es. Wie die Eremitage war der barocke Bau ein Vermächtnis der Markgräfin Wilhelmine, Gattin des einstigen Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Bayreuth und Lieblingsschwester von Friedrich dem Großen; jene Frau, die so viel für die Stadt getan hatte. Das Neue Schloss im Stadtzentrum mit dem Hofgarten wollten Heiko und Annalena sich aber auf jeden Fall ansehen. Das hatten sie sich fest vorgenommen.

Die beiden 30-Jährigen waren auf den ersten Blick ein etwas seltsames, auf jeden Fall aber auffallendes Paar. Er schlank und einen Meter 89 groß, mit breiten Schultern, muskulösen Armen und schmalen Hüften, einem kantigen Gesicht und blonden Locken, die ihm bis in den Nacken fielen. Seinen aufmerksamen himmelblauen Augen entging nichts und die dunklen, langgebogenen Brauen gaben seinen Zügen eine gewisse Eleganz.

Nicht so seine Begleiterin. Sah man sie durch die Straßen Bayreuths flanieren, kam einem nicht unbedingt das Wort „Eleganz“ in den Sinn. Nicht, dass sie grobschlächtig oder gar korpulent gewesen wäre, auch sie hatte kein Gramm Fett zu viel am Körper. Dennoch stolperte so manch männlicher Blick über ihre breiten Schultern und die stahlharten Muskeln ihrer Oberarme und Waden, die ihr Sommerkleid frei ließ. Annalena war durchtrainiert. Kein Wunder, sie hatte sich seit frühen Teenagertagen der Leichtathletik verschrieben. Diskuswerferin. Beinahe hätte ihr Talent für die Aufnahme in den Kader des Nationalteams ausgereicht, doch mittlerweile war sie froh, einem Beruf mit gesichertem Verdienst nachzugehen und dem Sport nur in der Freizeit treu geblieben zu sein. Trotzdem fehlte ihrem Äußeren einfach die weibliche Leichtigkeit. Dazu kam ihr Blick: selten heiter, meistens hart und unnahbar, ein bisschen streng, man könnte auch sagen misstrauisch. Überhaupt wirkten ihre Gesichtszüge eher männlich. Annalenas herausragendstes weibliches Merkmal war ohne Frage ihr Busen. Sie trug ihn mit Stolz. Als Sportlerin war eine aufrechte Körperhaltung für sie selbstverständlich, sie lief fast schon mit einem Hohlkreuz herum und reckte ihre beiden Attribute unübersehbar von sich. Zu allem Überfluss trug sie meistens auch noch einen Push-up-BH, der ihre einzigen Rundungen aus jedem noch so züchtigen Ausschnitt quellen ließ.

Wie Heiko und Annalena genau zueinander standen, wussten nicht einmal ihre wenigen gemeinsamen Freunde und Bekannten. Waren die zwei ein festes Liebespaar oder schliefen sie nur miteinander, wenn es ihnen gerade gut in den Terminplan passte? Eine Art Zweckgemeinschaft, in der sich beide nicht unsympathisch fanden und sowohl Nähe als auch Flexibilität genossen? Niemand wurde aus ihnen so richtig schlau. Sei’s drum, es war ihr Leben. Solange sie miteinander auskamen und es ihnen gefiel … zumindest waren beide begeisterte Sportler und glühende Opernfans.

*

Als sich Heiko bei ihrer Ankunft in Bayreuth in das Anmeldeformular des Hotels „Richard Wagner“ eintrug, zögerte er für einen kurzen Moment.

Das Formular fragte ihn nach seiner Berufsbezeichnung … hmm, Börsenhändler, Finanzberater, Investor? Wenn sich seine steile Karriere weiter so hervorragend entwickelte, vielleicht bald schon Privatier?

„Ist doch egal, was ich reinschreibe“, sagte er sich und kritzelte schnell den „Finanzberater“ ins entsprechende Kästchen.

Da sollte er sich gewaltig täuschen. Die drei Kolb-Brüder interessierte es außerordentlich, wie ein Investor, Börsenhändler und Finanzberater sein Einkommen bestritt, und vor allem, wie er das seiner Kunden vermehrte.

Finanzielle Schieflage

26. Juli

Manfred, Günther und Karl waren ein eingeschworenes Team. Die einzige Person, die sie mit uneingeschränktem Vertrauen in ihre kleine Gruppe aufnahmen, war Dieter Kowalski. Ihr Halbbruder stand ihnen sehr nahe und wurde trotz seines jüngeren Alters von Anbeginn in alle wichtigen unternehmerischen Entscheidungen rund um das „Richard Wagner“ miteinbezogen.

Dieter war das Produkt eines Seitensprungs ihres längst verstorbenen Vaters Friedrich mit einer recht bekannten Opernsängerin am Festspielhaus. Die beiden waren sich nach einer erfolgreichen Inszenierung von „Rheingold“ vor knapp 30 Jahren zum ersten Mal nähergekommen. Das Ergebnis dieser Liaison – und der Grund, warum sich Ute und Friedrich Kolb schließlich trennten – war Dieter, der im selben Jahr wie Laila geboren wurde. Rein äußerlich geriet er ganz nach seiner Mutter, einer grazilen Person mit einer kräftigen Sopranstimme. Leider hatte diese bei aller Ähnlichkeit nicht das geringste Interesse an ihrem Kind, ebenso wie der Vater.

Während Friedrich Kolb seine Frau verließ, mit seiner Liebschaft um die Welt tingelte und das Leben genoss, bis ihn der Lungenkrebs ereilte, überließ er, herzlos wie er nun einmal war, seinen unehelichen Sohn den allgemeinen sozialen Diensten der Stadt Bayreuth. So verbrachte der Halbbruder von Manfred, Günther, Karl und Laila einen kläglichen Teil seiner Kindheit in den dafür vorgesehenen städtischen Einrichtungen. Dieter litt von Anbeginn unter der Einsamkeit, dem Ausgestoßensein. Oft kränkelte er.

Irgendwann konnte Ute Kolb nicht mehr mitansehen, wie der Junge litt. Die Jahre hatten den Schmerz über Friedrichs Betrug gemildert, Gras über die tiefe Kränkung wachsen lassen, also holte sie den außerehelichen Sohn ihres Mannes aus Mitleid aus dem Heim und plötzlich waren es fünf Kinder, die im Wohnhaus Kolb herumtobten.

Dieter blühte auf und dennoch hatte Ute das Gefühl, dass ihm etwas in seiner Entwicklung fehlte. Körperlich war er deutlich kleiner und schmächtiger als seine Halbbrüder, aber das war es nicht: Er war allzu sehr in sich gekehrt, strotzte nicht gerade vor Selbstwertgefühl. Um seine neu gefundene Familie baute er eine regelrechte Mauer, sprach von Dritten außerhalb dieses Kreises oft negativ und eine gehörige Portion Neid spielte in vielem, was Dieter tat, eine Rolle. Trotzdem war Ute beseelt davon, Dieter zu helfen und ihm den Weg in eine erfolgreiche Zukunft zu ebnen. Nach seinem Schulabschluss ermunterte sie ihn, eine solide Ausbildung zum Bankkaufmann anzugehen, während der er selbstverständlich sein Zimmer im ersten Stock behalten konnte und weiter am Familientisch willkommen war. Eine tolle Frau. Noch heute war Dieter seiner Ziehmutter und auch seinen Halbgeschwistern unendlich dankbar, dass sie ihn so unproblematisch aufgenommen hatten. Mit zunehmendem Alter hatte er sich geschworen, ihnen die große Unterstützung zurückzuzahlen. Loyalität seiner Familie gegenüber war für ihn deshalb kein Fremdwort, sondern eine Selbstverständlichkeit, ja geradezu ein Mantra – vor allem nachdem ihm Manfred, Günther und Karl auch noch den Posten als Finanzdirektor ihres Hotels anvertraut hatten.

Als er sich mit ihnen das erste Mal über die Finanzierung der anstehenden Renovierungskosten beriet, schlug er vor, die Auszahlungsverpflichtung, die sie ihrer Schwester gegenüber hatten, in die Bilanz der Kommanditgesellschaft einzustellen. „Wir könnten die Schuldverhältnisse aktivieren. Das wäre nach den Prinzipien der kaufmännischen Vorsicht korrekt“, waren seine Worte.

„Was bedeutet das genau?“, wollte Manfred wissen.

„Nun, nach den Paragrafen 268, Absatz 5, Satz 1, und 285, Nummer 1, des Handelsgesetzbuches müsstet ihr eine Verbindlichkeit einstellen. Die schmälert natürlich eure Vermögensposition.“

„Ich versteh nur Bahnhof“, meinte Günther und Karl nickte dazu energisch.

„Könnte das negative Auswirkungen auf die Beschaffung des Kredits haben, den wir für die Renovierung brauchen?“ Es war Manfred, der den Braten roch.

Dieter zog die Stirn in Falten. „Könnte durchaus sein“, antwortete er. „Es wird jedenfalls nicht einfacher. Aber im Rahmen einer Kommanditgesellschaft seid ihr neben eurer Kapitaleinlage sowieso auch mit eurem gesamten Privatvermögen gesamtschuldnerisch haftbar.“

Dann erklärte er ihnen, was es bedeutete, Komplementär und Kommanditist zu sein, und dass die Haftung von Gesellschaftsverbindlichkeiten im Außenverhältnis durch den Gesellschaftsvertrag sowieso nicht begrenzt werden konnte.

„Dann ist es doch Wurst, ob wir mit der Verbindlichkeit an Laila die Bilanz belasten und damit – wenn ich es richtig verstanden habe – auch die Finanz-, Vermögens- und Ertragssituation unserer Kommanditgesellschaft oder ob wir die 250.000 Euro als private Schuld außerhalb der Geschäftsbücher betrachten. Das heißt“, korrigierte sich Manfred selbst und hob einen Zeigefinger, „es ist doch nicht Wurst. Wenn ich so drüber nachdenke, wäre es mir doch lieber, wenn unsere Bilanz nicht damit belastet wird, auch wenn die Zahlung an Laila der Höhe und dem Grund nach feststeht.“

Manfred war schon immer der Zampano der Familie, vor allem seit ihrer aller Mutter verstorben war. Immer gab er den Ton an und seine Geschwister kuschten, weil sie wussten, dass Diskussionen keine Aussicht auf Erfolg hatten.

*

Am Tag nach der Festspielpremiere saßen die Brüder mit Dieter einmal wieder in Manfreds Büro zusammen. Routinemäßige Besprechung der Hotelleitung. Durch die offenen Fenster kam laue Sommermorgenluft herein, aber die vier waren mittlerweile bei einem schweren Thema angelangt: die Sache mit Lailas Erbteil.

„Als euer Finanzchef muss ich euch darauf hinweisen – ja, Manfred, ständig darauf hinweisen –, dass hier noch eine enorme Verpflichtung ansteht, die einer Lösung zugeführt werden muss. Ansonsten schaut es mau aus mit unserer Finanzlage.“

„Ja, ja … wissen wir“, nahm Manfred das Thema auf, „an der Zahlungsverpflichtung gegenüber unserer Schwester gibt es nichts zu rütteln und zu deuten. Eine unschöne Sache, der Termin rückt immer näher. Momentan hätten wir die 250.000 Euro jedenfalls nicht zur Verfügung – und unter uns gesagt, fällt mir auch nichts ein, wie wir das im nächsten Jahr hinkriegen sollen. Wir haben uns seinerzeit bei der Kalkulation unserer Fixkosten ganz schön vertan und müssen froh sein, dass wir die fälligen Tilgungsraten aus der Finanzierung bedienen können.“

„Aber auch nur, weil wir die Aktien von Mama zu Geld gemacht und die Erlöse in die Gesellschaft eingebracht haben“, merkte Karl an.

„Ja, ja, ich weiß. Das musst du mir nicht auch noch sagen, Karl!“, reagierte Manfred laut und schroff. „Wir müssen uns etwas einfallen lassen!“

Karl zuckte zurück, als er von Manfred halb gescholten wurde; er und Günther standen immer in zweiter Reihe, auch wenn sie gleichberechtigte Gesellschafter waren.

Wieder hatte sich Manfred in den Vordergrund geschoben. Allmählich ging den Zwillingen sein Verhalten aber gehörig gegen den Strich. Es brodelte unter der Decke der brüderlichen Harmonie. Was bildete Manfred sich eigentlich ein? Er hatte auch keine bessere Ausbildung genossen als sie. Großhandelskaufmann – das machte aus ihm nicht automatisch den perfekten Hotelmanager, genauso wenig wie sein beruflicher Einstieg als Sachbearbeiter im Vertrieb und Innendienst der Brauerei Gebrüder Maisel. Na und? Das einzige, was für seinen Job als Direktor des „Richard Wagner“ sprach, war die Tatsache, dass er von Küchen- und Hotelbetriebsabläufen keinen Schimmer hatte, da blieb nur noch der Posten des Chefs, der Verantwortung trägt, aber sonst nichts. Die wahren Gründe, warum man ihm den Job anvertraut hatte, waren seine imposante Erscheinung und sein weltmännisches Auftreten. Kamen die Gäste mit Beschwerden zu Punkten, die nicht so liefen, wie sie sollten, vermittelten schon seine an den Seiten leicht ergrauten Haare diesen gewissen Hauch von Seriosität. Seine Art zu sprechen und die positive Aura eines in sich ruhenden Menschen sorgten für den Rest: Manfred stand für Verlässlichkeit, für gewissenhaftes Handeln, für das Einleiten von Verbesserungen. Er war ganz groß in der Theorie.

Gott sei Dank hatte Günther souverän die Gastronomie des Hotels übernommen. Mehrere Jahre lang war er stellvertretender Chefkoch in Laudensacks Parkhotel, dem Sternerestaurant in Bad Kissingen, gewesen; noch heute schwärmten seine ehemaligen Gäste von seiner Rinderroulade „Oma Herta“. Vom Empfang bis zu den Zimmern, vom Personal und der Verwaltung bis zum Einkauf oblagen Karl die vielen Aufgaben des Alltagsgeschäfts. Er war der eigentliche Experte in der Familie, der sich dafür im „Bayerischen Hof“ in München zum Hotelkaufmann hatte ausbilden lassen. Karl und Günther waren sich einig, dass ihr älterer Bruder die überflüssigste der Leitungspositionen übernommen hatte. Hier ein bisschen repräsentieren, dort ein wenig den Gästen um den Bart gehen. Also brauchte er sich nicht immer wie ein Tyrann aufzuführen. Außerdem: Das Geld zusammenzuhalten, schien ihm nicht so zu liegen. Manfred gab es viel zu leichtsinnig aus.

Sie erinnerten sich nur zu gut an die Gespräche, die sie mit Laila nach der Beerdigung ihrer Mutter geführt hatten. 250.000 Euro hatte Manfred ihr auf Anhieb für ihren Anteil am Hotel angeboten. Völlig überflüssig. 150.000 bis 200.000 hätten es sicher auch getan. Andererseits – die Erbmasse mit Hotelgebäude und Grund war mehr als eine Million wert, auch unrenoviert. Das besagte jedenfalls das Gutachten, das sie wenig später hatten anfertigen lassen. Ein Hotel in bester Lage. Laila hatte sich sehr konziliant gezeigt. Allen war klar gewesen, was es bedeuten würde, den alten Kasten modernisieren zu lassen, und auch die Zwillinge waren ihrer Schwester durchaus dankbar, dass sie ihnen nicht durch übertriebene Geldforderungen noch mehr Steine in den Weg gelegt hatte. Aber jetzt? Jetzt ragte Lailas Erbteil als schlimmster und größter Brocken vor ihnen auf.

Schon klar, dass sie nicht mehr davon abging, nachdem die Zahl einmal auf dem Tisch lag – aber noch lange kein Grund für Manfred, seine Brüder ständig zusammenzustauchen. Den Zwillingen schwoll der Kamm. Dieser selbstgerechte Sack stellte sich hin und sprach davon, dass man sich „etwas einfallen lassen müsse“, ohne selbst eine Idee zu haben.

Karl hingegen hatte sehr wohl einen Vorschlag. „Gestern hat ein gewisser Heiko Springer mit seiner Freundin eingecheckt“, wusste er zu berichten. „Ich war gerade am Empfang. Finanzberater hat er ins Anmeldeformular eingetragen. Der stinkt nach Geld. Goldene Rolex, Anzug von Armani, einen 350er Mercedes SL auf dem Parkplatz. Seine Freundin trägt Goldgeklimper vom Hals bis zum Knöchel, Klamotten von Edelmarken und irgendeine sauteure Ledertasche hatte sie auch noch über der Schulter hängen.“

„Was willst du uns damit sagen?“, fragte Dieter über seine verschränkten Arme hinweg. „Sollen wir ihn um finanzielle Unterstützung angehen, vielleicht nach einem Privatkredit fragen?“

„Wie – Privatkredit?“, wurde Manfred hellhörig.

„Davon würde ich abraten“, sagte Dieter streng. „Finanzberater … solche Leute sind doch die reinsten Halsabschneider.“

„Nein, nein, das meine ich nicht“, fuhr Karl schnell fort, „aber so ein Finanzberater spekuliert doch an der Börse, legt das Geld seiner Kunden möglichst gewinnbringend an. Offenbar hat der Springer ein Händchen dafür, wenn er sich von der Provision so einen Lebensstil leisten kann.“ Karl sah seine Brüder einen nach dem anderen an. „Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir auch auf die Dienste eines Finanzdienstleisters zurückgreifen.“

„Du willst diesen Springer engagieren?“, fragte Günther skeptisch. „Nur weil dem eine Rolex am Handgelenk baumelt?“

„Nein, ich weiß nicht, vielleicht. Ich hab das noch nicht zu Ende gedacht“, entgegnete Karl mit bemühtem Lächeln. „Wir können uns auch schlau machen, wer hier in Bayreuth so eine Finanzberatung betreibt?“

„Pfft“, machte Günther.

„Bin ich der einzige, der sich fragt, mit welchem Geld unser potenzieller Finanzberater denn an der Börse für uns spekulieren soll?“, warf Dieter ein. „Ihr kennt unsere Lage. Da ist für solche Spielchen nichts übrig …“

„Hhm.“ Manfred wog den Kopf hin und her. „Vielleicht sollten wir den Burschen mal kennenlernen … Heiko Springer … Am besten laden wir ihn und seine Freundin mal zum Abendessen ein. Quasi als Aufmerksamkeit des Hauses gegenüber seinen VIP-Gästen. Je nachdem, wann es bei denen geht“, fügte er hinzu, „sie bleiben ja ein paar Tage, wenn ich es richtig verstanden habe. Vielleicht kann der Mann uns wirklich helfen.“

*

Der Bursche, der nach Geld stank und dessen Dienste möglicherweise gefragt waren, war an diesem Morgen schon allein zum Frühstück vorausgegangen. Ein Streit mit Annalena. Es ging um Nichtigkeiten. Nur weil er, wie immer, früher wach war als sie und dieses eine Mal – im Urlaub, im Hotel – nicht auf sie warten wollte.

Mit einem „Ich bin noch soooo müde“ hatte sie sich einfach auf die andere Seite gedreht und weitergeschlafen. Dabei war es schon halb neun! Gestern Abend hatten sie extra noch vereinbart, dass sie um diese Zeit ihren ersten Kaffee gemeinsam genießen wollten. Langsam ging sie ihm auf die Nerven mit ihrer Unzuverlässigkeit.