Mündungsfeuer über dem Oregon-Trail - G.F. Barner - E-Book

Mündungsfeuer über dem Oregon-Trail E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Begleiten Sie die Helden bei ihrem rauen Kampf gegen Outlaws und Revolverhelden oder auf staubigen Rindertrails. G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. Yank Mason hebt etwas den Kopf, damit er unter dem Hutrand hindurch die beiden Männer genauer sehen kann. In diesem Augenblick erinnert er sich an Bateshoe. Bateshoe hat einmal von sich behauptet, daß ihm das sprichwörtliche Glück angeboren sei. Das hat er so lange behauptet, bis er eines Tages vom Gegenteil überzeugt wurde. Es geschah in einem simplen Nest einige Meilen von Laramie entfernt und an einem Tag, an dem das Glück Bateshoe nun wirklich hold gewesen war. Am Morgen dieses schönen Tages trat Bateshoes widerspenstiges Maultier aus. Hätte es eine Viertelminute eher ausgetreten, dann würde Bateshoes Kopf sicher nicht nur eine Beule besessen haben. Doch Bateshoe drehte sich gerade um. Darum trat ihm das Maultier nicht vor den Kopf, sondern nur vor einen weniger wertvollen Körperteil. So kam es zum ersten Glückszufall dieses Tages. Drei Cheyennes wollten den Wagen Bateshoes plündern. Sie hätten das sicherlich auch geschafft, wenn dem schlafenden Bateshoe nicht rechtzeitig eine dicke Bremse in die Nase gestochen hätte. Diese machte Bateshoe munter. Und das mit dem Erfolg, daß Bateshoe die drei wackeren Cheyennes zu sehen bekam, ehe sie ganz am Wagen waren. Daraufhin griff Bateshoe zu seinem Gewehr. Er hatte Glück, daß es keinen Versager gab, daß ein Kriegsbeil ihm lediglich die Jacke oben anschnitt, ein Pfeil ihn nur zwischen Achsel und Jacke traf, ohne ihn auch nur zu ritzen und das Gewehr so gut schoß. Bateshoe kam an diesem Abend singend und schon halbbetrunken im Camp an. Er zeigte stolz die Jacke vor, den Pfeil wies er überall herum, und dann zeigte er auch noch den Kolbenhals seines Gewehres vor. Nun sagte zwar einer, daß ein Mensch unmöglich so viele Kerben am Kolben haben könnte, aber Bateshoe behauptete steif und fest, daß jede Kerbe einen Indianer… Er war wirklich schlimm, der gute Bateshoe. Nun hatte er eine Menge Zufälle überlebt und schien vom Glück gesegnet zu sein.

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G.F. Barner – 326 –

Mündungsfeuer über dem Oregon-Trail

G.F. Barner

Yank Mason hebt etwas den Kopf, damit er unter dem Hutrand hindurch die beiden Männer genauer sehen kann. In diesem Augenblick erinnert er sich an Bateshoe. Bateshoe hat einmal von sich behauptet, daß ihm das sprichwörtliche Glück angeboren sei. Das hat er so lange behauptet, bis er eines Tages vom Gegenteil überzeugt wurde.

Es geschah in einem simplen Nest einige Meilen von Laramie entfernt und an einem Tag, an dem das Glück Bateshoe nun wirklich hold gewesen war. Am Morgen dieses schönen Tages trat Bateshoes widerspenstiges Maultier aus. Hätte es eine Viertelminute eher ausgetreten, dann würde Bateshoes Kopf sicher nicht nur eine Beule besessen haben. Doch Bateshoe drehte sich gerade um. Darum trat ihm das Maultier nicht vor den Kopf, sondern nur vor einen weniger wertvollen Körperteil. So kam es zum ersten Glückszufall dieses Tages. Der zweite Zufall war schlimmerer Art, jedenfalls begann er so:

Drei Cheyennes wollten den Wagen Bateshoes plündern. Sie hätten das sicherlich auch geschafft, wenn dem schlafenden Bateshoe nicht rechtzeitig eine dicke Bremse in die Nase gestochen hätte.

Diese machte Bateshoe munter. Und das mit dem Erfolg, daß Bateshoe die drei wackeren Cheyennes zu sehen bekam, ehe sie ganz am Wagen waren.

Daraufhin griff Bateshoe zu seinem Gewehr.

Er hatte Glück, daß es keinen Versager gab, daß ein Kriegsbeil ihm lediglich die Jacke oben anschnitt, ein Pfeil ihn nur zwischen Achsel und Jacke traf, ohne ihn auch nur zu ritzen und das Gewehr so gut schoß.

Bateshoe kam an diesem Abend singend und schon halbbetrunken im Camp an. Er zeigte stolz die Jacke vor, den Pfeil wies er überall herum, und dann zeigte er auch noch den Kolbenhals seines Gewehres vor. Nun sagte zwar einer, daß ein Mensch unmöglich so viele Kerben am Kolben haben könnte, aber Bateshoe behauptete steif und fest, daß jede Kerbe einen Indianer… Er war wirklich schlimm, der gute Bateshoe.

Nun hatte er eine Menge Zufälle überlebt und schien vom Glück gesegnet zu sein. Um sein Glück vollkommen zu machen – so sagte Bateshoe zog er in die nächste Kneipe. Und dort verließ ihn sein Glück.

Es verließ ihn in Gestalt von drei weißen Würfeln mit kleinen schwarzen Augen. Bateshoe verlor nicht nur sein ganzes Geld, das eigentlich seine Frau zur Hälfte haben sollte, denn der Dollar war seit seiner Heirat leider nur noch fünfzig Cents wert, er verlor auch seinen Revolver, seine Jacke, eine silberne Tabaksdose, und was der Dinge mehr waren. Am Ende war er froh, noch ein Hemd zu besitzen. Aufgewacht aus seinem Rausch, schwor er, daß er hereingelegt worden sei. Er sagte, niemand auf der Welt könne mehr Glück haben als er. Also mußte dieser Gauner, dieser Strolch und gemeine Kerl, angebohrte Würfel benutzt haben. Ja, Bateshoe gab sogar eine recht deutliche Beschreibung des Würfelspezialisten.

Und eben an diese Beschreibung…

»Es könnte stimmen«, sagt sich Yank Mason nachdenklich. »Bei allen Teufeln, es könnte stimmen, wie? Rotes Haar, lustige Augenfalten – aber falsche Augen. Ein schlechtes Gebiß, zwei Zähne fehlen. Ist der das etwa?«

Es ist ziemlich dunkel in der Ecke von Bertrams Saloon, in dem Yank nun schon seit zwei Stunden sitzt und auf seine Wagen wartet. Bei diesen Wagen wird auch Bateshoe sein, ganz sicher. Schade, daß Bateshoe nicht hier ist, sehr schade, mächtig schade sogar. Aber für Bateshoe sitzt ein anderer an dem Tisch drüben.

Es ist ein alter Mann mit einem grauen Bart, der etwas verwildert und ungestutzt aussieht. Der Alte ist, das hat Yank vor genau zwei Stunden gesehen, auf einem uralten Gaul angekommen. Dann hat er nach einem gewissen Willie gefragt, aber Willie ist nie hiergewesen.

Zuerst hat der Alte richtig traurig ausgesehen, denkt Yank. Dann hat er angefangen, sich für drei Dollar zu betrinken. Und endlich ist er mit den beiden Burschen dort am Tisch ins Gespräch gekommen, um mit ihnen zu würfeln. Zuerst hat er etwa sechzehn Dollar gewonnen, nun aber schon siebenundzwanzig verloren. Ganz schön, die ziehen ihn aus, die Gauner!

Er blickt hoch, als John Bertram sich seinem Tisch nähert und unaufgefordert die Flasche mitbringt.

»Nimm noch einen, sie müssen bald kommen«, sagt Bertram und setzt sich ihm gegenüber hin. »Yank, du bist jetzt fast ein Jahr nicht mehr in dieser Ecke gewesen. Ich dachte nicht, daß du noch einmal für Chalers arbeiten würdest…«

»Ich habe ihm sechzehn Pferde verkauft«, brummt Yank. »Und er hat mich gebeten, wenigstens acht Wochen seine Wagen zu übernehmen. Er ist nicht mehr so gesund, John. Hör mal, kennst du – dreh dich nicht um – die drei Männer hinten?«

Bertrams Kopf nickt zwar etwas, dann aber blickt er Yank wieder an und sagt kurz: »Die drei am großen Tisch? Nein, ich kenne den Alten nicht, ich habe auch die beiden anderen noch nie bei mir gesehen. Warum fragst du?«

»Der Rothaarige«, murmelt Yank leise. »Ich wette, er spielt seit einer halben Stunde mit falschen Würfeln, ohne daß der Alte es merkt. Der Alte hat zuerst gewonnen, das machen diese Gauner immer so, wenn sie jemanden ködern wollen. Jetzt verliert er laufend, es gibt kaum noch ein Spiel, das er gewinnt. Hast du eine Ahnung, wer dieser Willie ist?«

»Willie – wie viele heißen Willie«, brummelt Bertram. »Er sagt, Willie soll ein junger Mann sein, dreiundzwanzig Jahre alt. Er hat ihn mir genau beschrieben, aber einen Mann wie diesen Willie habe ich noch nicht bei mir gehabt. Außerdem kann ich mir nicht alle Leute merken, die hier durchkommen. Was reitet und fährt alles auf dem Oregon Trail, Yank?«

»Natürlich, John! Verflixte Geschichte, der rothaarige Hundesohn hat schon wieder gewonnen!«

Bertram sieht sich nun doch um, zuckt dann aber die Achseln und sagt gähnend: »Na, wenn schon, was geht es dich an? Soll er gewinnen, die Hauptsache, er hat bezahlt. Das hat er, er will eine Nacht mit dem anderen bleiben.«

»Hat er seinen Namen genannt?«

»Miller, Joe Miller!«

»Schöner Name«, meint Yank langsam. »Zu schön, um wahr zu sein. Bateshoe ist vor einem Jahr von einem rothaarigen Würfelspieler ausgezogen worden.«

»Bateshoe?« fragt Bertram mit offenem Mund. »Ist nicht wahr, Bateshoe hat doch immer Glück! Rothaarig? He, du meinst doch nicht etwa, daß – du meinst?«

»Ich meine gar nichts, aber, wenn der Kerl noch weiter den alten Mann auszieht, dann werde ich mir die Würfel ansehen!«

»Allmächtiger«, sagt Bertram schluckend und wird etwas blaß. »Yank, ich habe vor einer Woche erst drei neue Stühle, siebenundzwanzig Gläser, neunzehn Schauflaschen und einen Tisch anschaffen müssen, weil – Yank, es gibt viele Leute mit roten Haaren, wie?«

»Sehr viele«, stimmt Yank Mason zu. »Und wie unter Blonden und Schwarzhaarigen auch unter den Rot­haarigen Gauner. Das schlägt doch einen nackten Neger um, der Kerl gewinnt schon wieder!«

»Yank«, murmelt Bertram, »regt es dich auf, wenn sie ihn ausnehmen?«

»Wenn es ein junger Narr wäre, dann würde ich zusehen und es geschehen lassen«, antwortet Yank Mason finster. »Das ist aber kein junger Mann. Ich glaube, der Alte hat Kummer gehabt und ist aus dem Grund bereit gewesen, etwas mehr zu trinken als sonst. Und nun ist er nicht mehr in der Lage, zwischen Würfel und Würfel zu unterscheiden. John, sie ziehen ihm das Fell über die Ohren, die gemeinen Kerle.«

Bertram wirft einen Blick über die Schulter und seufzt dann leise.

»Manchmal ist es ein Elend, eine Kneipe zu besitzen«, sagt er dann klagend. »Du kannst dir deine Gäste nicht aussuchen, du mußt an den schlimmsten Strolch ausschenken, wenn der nur bezahlen kann. He, der Alte scheint am Ende zu sein.«

Yank sieht knapp unter dem Hut­rand hinweg auf den Alten, der in die Tasche greift und die Hand leer herauszieht. Der Alte kichert, er hat eindeutig zuviel getrunken und schwankt leicht, als er alle Taschen durchsucht und noch einige Münzen findet.

»Also gut«, sagt er mit schwerer Zunge. »Dieses Spiel noch, dann höre ich auf, Freunde. Nur noch dieses Spiel.«

»Du wirst schon wieder Glück haben«, sagt der Rothaarige grinsend. »Zehn Dollar, wenn du verlierst, mein Freund. Du sollst sehen, du gewinnst!«

»Meinst du?«

Der Alte wiegt den Kopf, stützt ihn dann auf die linke Handfläche und sagt unvermittelt: »Ich muß Willie aber finden, ich hab’s versprochen. Ich muß Willie finden. Hast du Willie gesehen, mein Freund?«

»Willie… Du wirst ihn schon finden. Da hast du den Becher, nun würfel mal, Alter!«

»Nimm noch einen Drink, ich gebe ihn aus. Darauf, daß du Willie findest«, sagt der zweite Mann, ein untersetzter schwarzhaariger Mensch, heiser. »Willst du nicht, Alter? Verträgst wohl nichts, wie?«

»Ich? Ich vertrage einen ganzen Stiefel voll, jawohl! Einen ganzen Stiefel!«

Er trinkt, stiert dann auf den Becher, hebt ihn an und würfelt. Die Würfel klappern im Becher, dann schlägt der alte Mann den Becher hart auf und hebt ihn zaudernd hoch.

»Er hat gewonnen«, sagt der schwarzhaarige Bursche und blickt den Alten überrascht an. »Sieh dir das an, er hat gewonnen. Der zieht dir noch das Hemd aus, Joe, paß auf. Da hast du dein Geld, Alter – zusammen vier Dollar und sechzehn Cent – von uns beiden. Paß auf, du gewinnst wieder.«

»Jawohl«, sagt der alte Mann mit schwerer Zunge. »Jetzt setze ich alles, verstanden? Ich werde gewinnen, ihr werdet sehen!«

»Du hast nun sechs Dollar und vierundzwanzig Cent«, sagt der Rothaarige. »Jetzt machen wir einen ›Toten Mann‹, einverstanden? Du bist doch einverstanden, was?«

»Bin ich – toter Mann, das ist gut! Alles ist tot, jawohl. Morgen sind wir alle tot. Bin ich dran?«

»Natürlich!«

Sie haben laut genug gesprochen. Jedoch – und Yank Mason ist vollkommen sicher – wird der Alte kaum verstanden haben, was sie mit jenem »Toten Mann« gemeint haben. Vielleicht ist der alte Mann zu betrunken, vielleicht hängt er mit seinen Gedanken zu sehr an jenem Willie, den er sucht. Er schüttelt jetzt den Becher und knallt ihn dann unbeholfen auf den Tisch.

»Diese Halunken«, sagt Yank leise zu Bertram. »Der Alte kann ja kaum noch den Becher halten, er weiß sicher nicht, was es bedeutet, wenn sie vom ›Toten Mann‹ reden. Paß auf, jetzt würfelt der Rothaarige!«

Der Rothaarige grinst den Alten freundlich an, nimmt die Würfel und sagt langgezogen: »Dreizehn Augen – eine gute Zahl, Alter. Na, dann wollen wir mal sehen, was wir haben!«

Die Würfel klappern, der Becher sitzt auf, der Rothaarige hebt ihn hoch und sagt halb enttäuscht: »Elf Augen, mein alter Freund, nur elf! Habe ich nicht gesagt, daß du gewinnst?«

»Ich gewinne«, lallt der Alte. »Jawohl, ich gewinne immer!«

Danach nimmt der dritte Mann den Würfel. Und obwohl Yank scharf aufpaßt, er kann nicht erkennen, ob der Schwarzhaarige etwa die Würfel austauscht. Für Yank ist es sicher, daß der Schwarzhaarige nun gewinnen muß, denn wenn sie um den »Toten Mann« spielen, dann heißt das nichts anderes, als daß es um den ganzen Einsatz geht, der auf dem Tisch liegt. Der Alte muß verlieren, und dann wird er über sechzig Dollar auf den Tisch legen müssen. Aber er hat das Geld nicht mehr, deshalb wird man ihm wahrscheinlich seine Waffen, sein Pferd und einige seiner Sachen abnehmen, bis die sechzig Dollar zusammengekommen sind.

Im selben Augenblick würfelt der Schwarzhaarige. Es ist für Mason klar, daß der Schwarzhaarige und der Rot­haarige unter einer Decke stecken.

»Der Donner«, sagt der Schwarzhaarige heiser, als er den Becher anhebt und auf die Würfel sehen kann. »Das habe ich nicht gedacht, Alter. Sieh mal her, da liegen sie – achtzehn Augen, mein alter Freund, wer hätte das angenommen? Nun bist du tot, so ein Pech! Bezahlen mußt du… Gib mal alles her, was du noch an Geld hast! Hier liegen zweiunddreißig Dollar. Und da du nun verloren hast, da mußt du uns jedem zweiunddreißig Dollar geben. Vierundsechzig Dollar, mein Freund, gib sie mal her!«

Der Alte verzieht sein Gesicht zu einem Grinsen und lächelt albern.

»Vierundsechzig Dollar«, sagt er dann kichernd. »Schöne Summe, schöne Summe, ist wahr. Bezahlen wer – ich?«

»Natürlich«, sagt der Rothaarige ermunternd. »Die mußt du nun bezahlen, Alterchen. Wir haben doch um den ›Toten Mann‹ gespielt, wie? Hast selber gesagt, daß du einverstanden bist. Du wirst doch bezahlen wollen oder?«

»Bezahlen – natürlich, bezahlen«, erwidert der Alte murmelnd. »Muß alles bezahlen, muß ich, jawohl! Wie viele Dollar muß ich bezahlen?«

»Vierundsechzig!«

»Sicher, vierundsechzig Dollar, höhö«, macht der Schwarzhaarige polternd. »Hast du gespielt, mußt du auch bezahlen. Nun rück mal mit dein Geld raus, Alterchen!«

»Vierundsechzig…«

Der Alte starrt auf den Tisch, sieht den angeblichen Joe Miller, der bestimmt anders heißt, nach dem Becher greifen und die Würfel hineinwerfen. Miller würfelt, die Würfel klappern und fallen dann auf den Tisch.

In diesem Moment glaubt Yank Mason den Trick zu erkennen. Miller hat die linke Hand nicht auf dem Tisch gehabt. Er muß die drei Würfel, die gerade noch auf der Tischplatte gelegen haben, blitzschnell gegen drei andere, die er schon zwischen den Fingern in der Hand verborgen gehalten hatte, ausgetauscht haben. Millers linke Hand verschwindet, während der Becher auf die Tischplatte fällt.

Wenn es so ist, dann müßten die Würfel jetzt in seiner linken Rocktasche stecken.

Der alte Mann bemüht sich heftig, das sieht man, seine Gedanken zu ordnen.

Dann sagt er langsam: »Was soll ich bezahlen? Vierundsechzig Dollar, Leute? Aber ich habe sie nicht, ich habe keine vierundsechzig Dollar mehr, ich bin nicht so reich…«

In diesem Augenblick holt Miller mit der Hand aus und trifft den Alten seitlich an der Schulter.

Der Hieb bringt den alten Mann mit der Brust auf die Platte. Anscheinend ist der Alte nicht nüchtern genug, um die Balance zu halten. Er droht von der Platte zu rutschen, als Gus zugreift und ihn am Bart packt.

»So was«, sagt Gus böse. »So sieht er aus, der alte Betrüger, erst spielen, dann betrügen. Dir werde ich, du Gauner!«

Im nächsten Moment zieht er ihn nach der Seite. Der Alte stößt einen heiseren, scharfen Ton aus, sein Stuhl wankt unter ihm, dann stürzt der Stuhl um und der alte Mann hinterher.

»Warte, Gus«, sagt Joe Miller grimmig, »dem werden wir zeigen, ein ehrliches Spiel nicht bezahlen zu wollen. Halte ihn, ich komme!«

Er kommt hoch und sieht, wie der Alte sich aufrichten will.

In der Hand des Alten aber, die unter dem Rock herauskommt, liegt der Revolver. Die Revolvermündung muß sich jedoch irgendwo verhakt haben, denn der Alte zerrt verzweifelt, um die Waffe, die er im Hosenbund getragen hat, freizubekommen.

Joe Millers Augen werden ganz groß und rund. Dann springt Miller mit einem Wutschrei nach vorn und brüllt heiser: »Gus, er hat einen Revolver, er hat einen Revolver!«

Unwillkürlich duckt sich Gus hinter dem Tisch, er wirft sich zur Seite und landet am Boden. Dann kommt auch er hoch, während Miller mit dem Wutschrei »Gauner, alter, das sollst du mir bezahlen!« vorwärtsstürzt.

Im nächsten Augenblick hat Miller den Alten erreicht, packt grob dessen Arm und reißt ihn mit einem Ruck in die Höhe. Der Revolver fliegt davon und landet an der Tresenwandung. Miller – der alte Mann schreit jetzt heiser – reißt den Alten weiter herum und brüllt dabei: »Pack ihn, Gus, diesen alten Schurken. Schießen will er, nachdem er verloren hat und nicht bezahlen kann. Pack ihn, der will uns umbringen. Schnell, der Alte ist ein hinterlistiger, gemeiner…«

Eine Sekunde darauf ist auch Gus da und packt den Alten an den Beinen. Der Alte versucht zu strampeln, doch glückt ihm das nicht. Miller und Gus sind zu kräftig für ihn. Sie reißen ihn beide hoch, so daß seine Bemühungen, freizukommen, ergebnislos verlaufen.

»Raus mit ihm«, sagt Miller wutgeladen. »Der soll was erleben, will uns erschießen, der Gauner, der Alte. Dem werden wir es zeigen. Erst spielen und dann schießen wollen… Das bezahlst du noch, du alter Bursche!«

Yank Mason hat die beiden Männer vor sich. Zu ihrem Unglück haben sie den Alten so gepackt, daß Mason in ihrem Rücken ist.

»Yank«, sagt Bertram mit überkippender Stimme. »Yank, sie werden ihn draußen…«

»Ja«, sagt Yank Mason finster und steht geräuschlos auf. »Sie wollen ihn… Aber sie werden gar nichts, diese beiden ausgekochten Falschspieler!«

Er kommt so schnell hoch, daß Bertram, der noch etwas sagen will, die Worte im Halse steckenbleiben. Yanks große hagere Gestalt bewegt sich danach sehr schnell. Praktisch sind es vier lange, ausgreifende Schritte, mit denen Mason von rückwärts an Miller herangeht. Miller hat den Alten an den Armen gepackt und will gerade losmarschieren, um ihm mit der Hilfe von Gus vor die Tür zu schaffen.

In diesem Moment taucht Yank Mason auf. Mason bleibt stehen. Weil er niemals, wenn er es vermeiden kann, einen Mann von rückwärts angeht, bleibt er stehen. Dann streckt Yank seine Hand aus, die deutlich die Spuren von Lassonarben trägt, und stößt Miller an die rechte Schulter.

»Langsam«, sagt Mason dann ganz ruhig. »Mein Freund, ich glaube, du läßt ihn jetzt besser los. Das ist weit genug, glaube ich, wie?«

Miller, der zwar einige Male zu dem ruhig in der Ecke sitzenden Mason hingesehen, ihn aber im Zwielicht dort nicht richtig erkannt hat, bleibt überrascht stehen.

»He, was soll das?« fragt er dann scharf. »Willst du dich einmischen, Mister? Der Alte hat uns betrogen und auf uns schießen wollen. Halte dich heraus, das ist ein Rat!«

»Und mein Rat ist«, sagt Mason freundlich und sieht ihn dabei knapp an, »daß ihr ihn beide loslaßt, sein Geld auf den Tisch packt und dann verschwindet, aber schnell. Hast du verstanden, Mister?«

Miller erkennt in dieser Minute, daß der große Bursche, der eine abgeschabte Lederjacke offen trägt und einen Revolver an der linken Seite hat, bereit ist, sich hier einzumischen. Er wechselt einen kurzen Blick mit Gus, dann läßt er den Alten los. Der Alte prallt heftig auf den Boden, liegt einen Moment still und sieht dann Gus an seiner linken Seite vorbeikommen.

»Will der was?« fragt Gus zu Miller gewandt. »Hör mal, Freundchen, du willst doch wohl keinen Krach anfangen, wie? Laß dir raten und…«

»Friedlich, Spieler«, sagt Mason hart und blickt Gus durchbohrend an. »Ihr habt beide mit beschwerten Würfeln gespielt, ich habe es gesehen. Miller, deine linke Tasche, zeig doch mal, was du in der Tasche hast, mein Freund!«

Er hört hinter sich Bertram gehen. Bertram geht zum Tresen, schiebt sich an ihm entlang und steht schließlich hinter ihm in Deckung.

Millers Gesicht verzieht sich in der Sekunde, in der Mason auf seine linke Tasche zu sprechen kommt, zu einer Grimasse. Kurz darauf zuckt seine Hand, als wolle sie wirklich in die Tasche greifen. Dann ist Joe Millers Gesicht wieder glatt.