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Die Andachten waren ursprünglich im Rahmen einer Aktion "Ein gutes Wort für jeden Tag" zu hören. Kurze Andachten, die Mut machen, andere Perspektiven öffnen. Das Thema der Andacht, eine entsprechende Bibelstelle und das Datum, wann die Andacht zu hören war, ist jeweils angegeben. Zu den Andachten gehören Gedanken und ein Gebet oder Gedicht. Die einzelnen Andachten sind in sich abgeschlossen, so dass nach Belieben "gestöbert" werden kann.
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Seitenzahl: 69
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Vorwort
1. Ruth – Stoff für Hoffnungen und Träume
2. Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
3. Mutmach-Gedanken
4. Gib mir die richtigen Worte
5. Mut zum Leben
6. Was ist Glaube
7. Zweifel und Leid
8. Abraham und ein ärgerlicher Auftrag
9. Ein stiller Tag
10. Hagar in der Wüste
11. Eine kleine Weile
12. Singen gegen die Angst
13. Am Ende werden wir lachen
14. Gesegnetes Leben
15. Sprache leuchtet aus
„Ein gutes Wort am Telefon“ war eine Aktion des Kirchenkreises Kirchhain (Evangelische Landeskirche Kurhessen-Waldeck). Der Handzettel, mit dem für die Aktion geworben wurde, ist rechts zu sehen. Die Telefonnummer ist überdeckt, weil die Aktion beendet ist.
Durch Corona und die Regeln, die Begegnungen einschränkten, gab es nur wenige „normale“ Gottesdienste. Die Telefonandachten waren in erster Linie für diejenigen gedacht, die aus Vorsicht oder aus Grund von Alter und Gebrechlichkeit an keinen analogen Gottesdiensten teilnehmen und die auch nicht die technischen Möglichkeiten hatten, die zahlreichen Online-Angebote über das Internet wahrzunehmen.
Tatsächliche wurde das Angebot, das über eine Telefonnummer abgerufen werden konnte, von allen Altersgruppen gut angenommen wurde. 100 bis 150 Anrufer gab es jeden Tag. Es riefen auch Menschen an, die sonst keinen Gottesdienst besuchen. Ihnen gefiel auch die Möglichkeit, zu jeder Zeit eine Andacht abrufen zu können.
Ich heiße Thomas Wöhl und bin Prädikant, das heißt, ich darf ehrenamtlich alle Aufgaben übernehmen, die sonst ein Pfarrer oder eine Pfarrerin wahrnimmt. An der Aktion „Ein gutes Wort für jeden Tag“ hatte ich mich beteiligt.
Zuerst hatte ich mit dieser Form der Andacht gefremdelt, die Beschränkung auf 5 Minuten ist, für eine Telefonandacht, sinnvoll, aber ich habe es nie geschafft, dieses Zeitlimit zu erfüllen. Außerdem fehlten mir die direkte Reaktion der Zuhörer. Die kam dann zeitversetzt, nach einer Weile äußerten sich Hörer der Andachten über Telefon, Mail oder bei zufälligen Begegnungen. Das hat mich ermutigt, weiterzumachen.
Mittlerweile ist die Aktion eingestellt, aber meine Beiträge habe ich hier gesammelt, so es die Möglichkeit gibt, hier nachzulesen. – Die einzelnen Andachten sind in sich abgeschlossen, so dass nach Belieben „gestöbert“ werden kann.
Einige Anregungen habe ich aus den Predigtmeditationen im christlich-jüdischen Kontext, andere sind durch Gespräche oder Lektüre zu mir gekommen und fließen mit ein, ganz im Sinne von Fulbert Steffensky „Geschichten gehören nicht denen, die sie schreiben, noch denen sie erzählen, … Geschichten gehören denen, die sie brauchen können.“ Wenn ich ein Gebet von anderen direkt übernommen oder mich habe bewusst inspirieren lassen, ist es entsprechend in einem Verweis angegeben.
Das Thema der Andacht, eine entsprechende Bibelstelle und das Datum, wann die Andacht zu hören war, ist jeweils angegeben. Zu den Andachten gehören Gedanken und ein Gebet oder Gedicht.
Viel Freude beim Entdecken.
Thomas Wöhl
24. Januar 2021 – Ruth 1,16
Es ist eine Einladung zu einer Gedankenreise. Wir begleiten zwei Frauen: Noomi und Ruth.
Die Verse, die uns zu dieser Gedankenreise anregen, stehen im Buch Ruth. Hier wird, wie auch sonst, in der Bibel keine Idylle erzählt. In den insgesamt 85 Versen geht es um das Leben in den Spannungsfeldern zwischen Arm und Reich, Frau und Mann, Jung und Alt, Leben und Tod ... auch zwischen der eigenen und der fremden Religion ... um ein Leben vor vielleicht dreitausend Jahren.
Auch wenn das Buch alt ist, auch wenn Sprache und auch viele Bräuche nicht mehr unsere sind: Die Probleme der Zeit Ruths kennen wir gut, sehr gut.
Eine Familie muss wegen einer Hungersnot das Land verlassen und in der Fremde das Nötige zum Überleben suchen. Das hat nichts mit Urlaubmachen zu tun, so als wenn wir nach Schweden, Italien oder Spanien verreisen.
Die Familie muss sich in einem fremden Land NIEDERLASSEN ... Das bedeutet eine andere Sprache, eine andere Religion, andere Bräuche ... und ob die dortigen Bewohner die Zuwanderer gern aufnehmen? - Ob diese Familie dort überhaupt ein Auskommen findet, ist zunächst völlig offen ... trotzdem gehen sie in die Fremde. Offenbar sehen sie keinen anderen Weg ... Wie so viele vor und nach ihnen.
Die jüdische Flüchtlingsfamilie hat Glück, wird aufgenommen und darf bleiben. Die Kinder lernen wieder spielen und fröhlich sein, sie wachsen heran mit moabitischen Freunden, und als die Zeit reif war, gab es auf keiner Seite große Bedenken, dass Ruth und Orpa, zwei junge Moabiterinnen, Kiljon und Machlon, die beiden Flüchtlingssöhne, heiraten.
Die größten Probleme aber, weit größere als heute, kommen mit dem Tod ... Zuerst stirbt der Ehemann und Vater, dann sterben beide Söhne. Noomi bleibt ganz ohne Verwandte allein zurück, und das in der Fremde. Das ist für eine Frau im alten Orient das wohl schlimmste, was passieren kann ... Ohne Rente, ohne jegliches soziale Netz: Sie bleibt zurück ohne rechtlichen Schutz, ohne Altersversorgung, ohne Zukunft - lebendig am Ort ihres Todes.
Irgendwann drängt Noomi darauf in ihre Heimat zurückzugehen, denn der Ewige, der HERR über alles Leben, hatte Regen gegeben, Gerste und Weizen standen ausreichend zur Verfügung. Die Menschen haben dort, in Bethlehem, genug Brot zu essen.
Noomi bindet das Schicksal ihrer Schwiegertöchter nicht an ihr eigenes, sie gibt sie frei ... Beide sollen ihren eigenen Weg gehen können. Sie stellt das nicht klagend oder seufzend fest, ... sie sagt aus ganzem Herzen JA dazu ... Sie drängt Orpa und Rut geradezu, ihre eigenen Wege zu gehen ... Sie gibt sie von Herzen frei.
Viel sagend ist Noomis Wunsch, Gott möge beiden Schwiegertöchtern die Güte, Barmherzigkeit, die Liebe vergelten, die sie gezeigt haben.
LIEBE – die soll sein, was bleibt zwischen ihnen. So trennen sie sich unter Tränen und gehen verschiedene Wege – Orpa zu ihrer Familie, Rut bleibt bei ihrer Schwiegermutter.
Beide Schwiegertöchter entscheiden sich unterschiedlich. Aber beide, Rut und Orpa, gehen ihren Weg heraus aus der Barmherzigkeit – Liebe ist es, was sie verbunden hat ... und weshalb es weiter gehen wird.
Als Ruth mit Noomi in die Fremde aufbricht, ist es alles andere als klar, dass eine gute Zukunft auf sie wartet ... aber Ruth verliert nicht den Mut... sie schaut nach vorn ... und Gott gibt seinen Segen dazu. – Ruth spricht von einem Gott, der sich in allen Völkern finden lässt, der sich zeigt in der Verbundenheit mit denen auf der Schattenseite des Lebens; der sich zeigt in menschlicher Treue als Verlässlichkeit ohne „Wenn und Aber“ ... da, wo alles ungewiss ist und alle Sicherheit verloren scheint.
„Dein Gott ist mein Gott “ - gegen alle Sicherheit, um des Lebens willen ... Was soll daraus bloß werden? – Ruth hält nichts in Händen, dass ihr Vertrauen erklärt ... mit dem Gott, dem Volk, dem Land, denen sie sich da verspricht, hat sie keine Erfahrungen ... Sie sichert sich nicht ab mit Fragen nach Details ... Die Klarheit und Entschiedenheit ihrer Worte machen deutlich: solche Sicherheiten braucht sie nicht. – Das ist so anders als in vielen Beziehungs- und Zweiergeschichten, die im Laufe der Menschheitsgeschichte geschrieben oder erlebt worden sind ... wo Neues unsicher macht ... wo Angst andere ausgrenzt: Die einen beschreiben, was jemand wissen und tun muss, um dazu zu gehören, ... die anderen bleiben außen vor ... Begegnung findet nicht statt ... keine Solidarität, die sich ereignet ... und auch kein Gott, der erfahrbar würde ...
Ruths Geschichte ist Stoff für unsere Hoffnungen und Träume: da bleibt die eine bei der anderen und sagt: „Dein Gott ist mein Gott “, dein Weg ist mein Weg, ... dein Schicksal ist auch meines, ... dein Schmerz ist mein Schmerz, ... dein Leid ist auch meines, ... dein Hunger ist mein Hunger und ... deine Freude ist meine Freude.
Ruth weiß wenig von dem, was auf sie zukommt, ... aber sie weiß - tief in sich drin - wer sie ist...
Am Ende bekommt sie ein Kind ... Zeichen für eine gesicherte Zukunft, für Neues, das entstehen kann und das noch so offen ist für das, was der weitere Weg dieser Menschen mit sich bringt...
Es ist spannend und bemerkenswert, was Ruth tut: einem Menschen Schutz gewähren; - Weggefährtin für jemanden werden; - Freiheit leben, als Freiheit zum Bleiben; - jemanden begleiten, jemandem nahe sein; - das Leben teilen ... so jemanden annehmen, in dem tiefen Wissen, dass mein Leben von Gott getragen ist. –