Mythor 2: Die Flotte der Caer - Horst Hoffmann - E-Book

Mythor 2: Die Flotte der Caer E-Book

Horst Hoffmann

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Beschreibung

Die Mächte der Finsternis, die dereinst die Welt beherrschten, bis sie vom Lichtboten zurückgedrängt wurden, sind wieder auf dem Vormarsch. Nachdem der Lichtbote zu anderen Orten des Kosmos gezogen war und die Welt wieder sich selbst überlassen hatte, begannen die Kräfte des Bösen, die sich nach ihrer entscheidenden Niederlage in die Dunkelzone geflüchtet hatten, wieder zu erstarken. Inzwischen greifen sie aus der Dunkelzone, einem Ring kosmischer Trümmer, der die Welt umgibt und in eine Nord- und eine Südhälfte teilt, wieder an und beeinflussen bereits weite Teile der nördlichen Länder und deren Bewohner. Besonders die kriegerischen Caer, unter dem Kommando ihrer dämonischen Priester stehend, handeln im Auftrag der dunklen Mächte. Mit einer gewaltigen Streitmacht brechen sie zu einem Eroberungsfeldzug auf und bedrohen die kontinentalen Herzogtümer von Tainnia. Erstes Ziel der Invasoren ist die befestigte Stadt Elvinon, der gleiche Ort, den auch der junge Mythor auf der Suche nach seiner Bestimmung erreicht. Während der junge Krieger in einer geheimnisvollen Gruft Dinge erfährt, die sein zukünftiges Handeln bestimmen werden, entbrennt die Schlacht um Elvinon. Auf der einen Seite stehen Herzog Krudes Krieger, auf der anderen steht DIE FLOTTE DER CAER ...

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Nr. 2

Die Flotte der Caer

von Horst Hoffmann

Die Mächte der Finsternis, die dereinst die Welt beherrschten, bis sie vom Lichtboten zurückgedrängt wurden, sind wieder auf dem Vormarsch.

Nachdem der Lichtbote zu anderen Orten des Kosmos gezogen war und die Welt wieder sich selbst überlassen hatte, begannen die Kräfte des Bösen, die sich nach ihrer entscheidenden Niederlage in die Dunkelzone geflüchtet hatten, wieder zu erstarken. Inzwischen greifen sie aus der Dunkelzone, einem Ring kosmischer Trümmer, der die Welt umgibt und in eine Nord- und eine Südhälfte teilt, wieder an und beeinflussen bereits weite Teile der nördlichen Länder und deren Bewohner.

Besonders die kriegerischen Caer, unter dem Kommando ihrer dämonischen Priester stehend, handeln im Auftrag der dunklen Mächte. Mit einer gewaltigen Streitmacht brechen sie zu einem Eroberungsfeldzug auf und bedrohen die kontinentalen Herzogtümer von Tainnia.

Erstes Ziel der Invasoren ist die befestigte Stadt Elvinon, der gleiche Ort, den auch der junge Mythor auf der Suche nach seiner Bestimmung erreicht. Während der junge Krieger in einer geheimnisvollen Gruft Dinge erfährt, die sein zukünftiges Handeln bestimmen werden, entbrennt die Schlacht um Elvinon. Auf der einen Seite stehen Herzog Krudes Krieger, auf der anderen steht DIE FLOTTE DER CAER ...

Die Hauptpersonen des Romans

Mythor – Der junge Krieger erfährt von seiner Bestimmung.

Krude – Herzog von Elvinon.

Nyala – Tochter des Herzogs.

Samor Yorgst – Kapitän der Ranua.

Drundyr – Ein Priester der Caer.

Zohmer Felzt

1.

Sie kamen mit dem ersten Morgenlicht und schienen die Strahlen der aufgehenden Sonne zu schlucken.

Schwarze Schiffe bildeten eine dunkle Linie auf der Straße der Nebel zwischen dem Land- und dem Inselteil Tainnias. Caer-Schiffe, eine Flotte mächtiger als in den düstersten Visionen des Mannes, der einsam auf einem der Wachtürme der Hafenanlage von Elvinon stand, nur von ein paar Kriegern umgeben, die er nicht einmal mehr wahrnahm.

Herzog Krude von Elvinon hatte sie erwartet. Er hatte gewusst, dass Caer sich nicht mit den Herzogtümern auf der Insel beschränken würde – Ambor und Akinborg waren fest in der Hand der blutrünstigen Krieger und ihrer besessenen Priester, die sie mit den Kräften der Dunklen Magie vorantrieben. Caer griff nun nach dem Kontinent, nach Elvinon, Akinlay, Nugamor und Darain. Nach ganz Tainnia, nach den angrenzenden Reichen, nach dem Rest der Lichtwelt. Hungrige Wölfe, die über die untereinander zerstrittenen Schafe herfielen.

Verbitterung zeichnete sich auf dem Gesicht des Herzogs ab und ließ ihn um Jahre gealtert erscheinen. Vergeblich hatte er auf Hilfe von den anderen Herzogtümern gewartet. Seine Kuriere waren mit Absagen oder Vertröstungen zurückgekehrt – plumpen Ausreden. Alles, was Elvinon den Invasoren entgegenwerfen konnte, war die eigene Flotte, die diesem gigantischen Aufgebot der Caer hoffnungslos unterlegen war.

Krude hatte sich damit abzufinden, dass er diesen Kampf allein durchfechten musste. Und was er sah, zerstörte seine letzten Hoffnungen.

Der Herzog konnte die schwarzen Schiffe nicht zählen, aber es mussten Tausende sein – vier- oder gar fünftausend.

Schreie hallten über das Hafengelände. Herzog Krude senkte den Blick und beobachtete, wie seine eigene Flotte auslief, um den Gegner noch auf offener See zu stellen und zu verhindern, dass er erst seinen Fuß auf das Land setzen konnte. Krieger gingen an Bord, besetzten die Ruderbänke, setzten die Segel. Kommandos wurden gebrüllt. Krude begegnete den Blicken von Männern, die wussten, dass sie in den Tod gingen. Sie alle hatten von der Schwarzen Magie der Caer-Priester gehört, und für viele war Caer gleichbedeutend mit dem dunklen Rand der Welt, dem Sitz alles Bösen und Finsteren, von Dämonen und Kreaturen, die sich auszumalen nicht einmal die kühnste Phantasie in der Lage war.

Herzog Krude versuchte vergeblich, seine düsteren Visionen zu verscheuchen. Mut war alles, was er seinen Kriegern geben konnte. Sie sollten ihn sehen, aufrecht und voller scheinbarer Zuversicht. Kein Muskel zuckte im Gesicht des Mannes, der in voller Rüstung auf dem Wachturm stand, dann und wann die Hände hob und die Krieger zur Eile trieb.

Die Alarmfanfaren waren verstummt. Nicht einmal sie hatten Nyala, des Herzogs Tochter, herbeibringen können, die in dieser Stunde größter Gefahr nicht an der Seite ihres Vaters war. Krude bebte innerlich, als er daran dachte, dass seine Männer, die die auf völlig ungeklärte Weise in den Zentrumspalast, die mächtige Burg auf dem Hügel hinter Elvinon, eingedrungenen Caer nicht hatten stellen können, keine Spur von Nyala gefunden hatten. Alles in Krude drängte darauf, von den Zinnen zu steigen und selbst die Suche aufzunehmen.

Sein einziger schwacher Trost war es, dass auch Mythor verschwunden war. Die tot in den Korridoren und der Halle des Schlosses liegenden Feinde waren durch seine Hand gestorben. Mythor war hinter den Entführern her, und wenn es jemanden gab, der Nyala retten konnte, dann war er es.

Es war ungeheuerlich, dass ein Caer-Trupp unbemerkt in die Stadt und gar ins Schloss hatte eindringen können, obwohl man in Elvinon wusste, dass einige ihrer Schiffe im Schutz des Nebels bereits an versteckten Stellen der Küste gelandet waren.

Die letzten Schiffe verließen den Hafen. Die dunkle Mauer rückte heran. Schon waren einzelne Caer-Schiffe zu erkennen. Selbst die Segel waren schwarz – schwarz wie die Seelen der Besatzungen.

Stille senkte sich über die See und Elvinon. Krude blickte sich unter seinen Kriegern auf dem Wachturm um und sah blanke Furcht in ihren Augen. Sie waren nicht feige. Sie würden bis zum letzten Blutstropfen kämpfen, für ihn und für Elvinon, aber jeder von ihnen wünschte sich, mit einem Schwert im Leib zu sterben, im Kampf gegen Gegner aus Fleisch und Blut.

Die Priester der Caer waren für sie keine Menschen aus Fleisch und Blut.

Völlige Stille. Selbst die Möwen waren verschwunden, und die Luft schien stillzustehen. Alles ringsum schien vor dem Aufeinanderprall der mächtigen Flotten zu erstarren und den Atem anzuhalten.

Die Minuten vergingen, zogen sich quälend in die Länge und wurden zu Stunden. Der Herzog musste gegen den Drang ankämpfen, hinunter zum Hafen zu gehen und sein Schiff, die Tannahier auslaufen zu lassen. Noch war es zu früh dazu. Er musste in Elvinon sein, wo die letzten Vorbereitungen für die Verteidigung der Stadt getroffen wurden.

Wieder überwältigte den alten Mann die Angst um seine Tochter. Wegen der Caer hatte er die Wachen an den Stadttoren erheblich verstärken müssen. Zusätzliche Sorgen bereitete es ihm, dass Hauptmann Felzt, der Mythor hatte vergiften lassen wollen, geflohen war und sich irgendwo außerhalb Elvinons frei herumtrieb. Ihm traute er jetzt alle Teufeleien zu.

Ein Aufschrei brachte ihn in die Realität zurück.

Es war soweit.

Die Flotten von Caer und Elvinon prallten aufeinander, und in der Straße der Nebel entbrannte eine der schrecklichsten Seeschlachten der jüngeren Geschichte.

*

Es war sinnlos. Der Kampf gegen diese Übermacht war von vorneherein entschieden. Die Horden von der Insel konnten nicht besiegt werden – aber aufgehalten. Das wussten die Krieger und Seefahrer von Elvinon. Nur wenige gaben sich falschen Hoffnungen hin. Dagegen schürten die Kapitäne die vagen Hoffnungen auf Hilfe aus den Nachbarherzogtümern. Die Caer aufhalten! Das war die Parole. Sie aufhalten und in Einzelkämpfe verstricken, bis sich Elvinon gegen den Überfall genügend gewappnet oder Hilfe bekommen hatte. Wieder, so hatte der Herzog verkünden lassen, waren Kuriere unterwegs, und die Nachricht von der gewaltigen Caer-Flotte musste auch die starrsinnigsten Nachbarn einsichtig werden lassen, denen es nach König Arwyns Tod nur noch darum zu gehen schien, die eigene Macht zu festigen und sich auf Kosten der anderen Herzogtümer auszudehnen.

Wer an ihrer Hilfe zweifelte, zeigte das nicht. Kampf bis zum letzten Blutstropfen! Die Caer nicht an Land gelangen lassen, wo sich die Familien der Krieger befanden! Kein einziges Schiff sollte die Küste erreichen und landen können!

Samor Yorgst war der Kapitän der Ranua, eines der ersten Schiffe, die den Hafen von Elvinon verlassen hatten. Und als einer der ersten sah er die gegnerische Flotte in ihrer ganzen schrecklichen Imposanz.

Die Ranua war, in einer langen Reihe mit anderen Schiffen, nun auf hundert Meter an die Caer heran. Wo sich Lücken zwischen den auf breiter Front angreifenden Caer befanden, wurden diese von nachrückenden Schiffen gefüllt. Eine einzige schwarze Mauer aus schwarzen Rümpfen, schwarzen Segeln und schwarzen Rudern.

Die Caer-Schiffe waren Dreimaster mit doppelten Ruderbänken. Auf jedem von ihnen befanden sich gut und gerne 150 Mann, sich wild gebärdende Krieger in Fellwams und Waffenrock. An jeder Seite hingen zwanzig Ruder ins Wasser. Yorgst erkannte, auf dem Bugaufbau der Ranua mit einigen Bogenschützen stehend, hohe Deckaufbauten mit düsterem Zierrat und jeweils einem Altar. Auf einigen Schiffen waren hagere Gestalten in langen schwarzen Mänteln und mit spitzen hohen Helmen, verziert mit Knochen und Hörnern, zu sehen – die gefürchteten Priester der Caer.

Und fast jedes zweite Caer-Schiff verfügte über eine Galionsfigur, doch diese waren nicht aus Holz.

»Das sind Männer von uns«, flüsterte einer der Bogenschützen, unfähig, laut zu reden. Das Entsetzen schnürte ihm die Kehle zu. »Rakorn!« Er deutete auf ein Schiff weiter links. »Er gehörte zu denen, die seit Wochen auf der Straße der Nebel kreuzten, um Elvinon vor einem Überraschungsangriff zu warnen.«

»Und die niemals zurückkehrten«, sagte Yorgst finster, vom Grauen geschüttelt.

Die Krieger des Herzogs, deren Verbleib für so viele Spekulationen gesorgt hatte, hingen tot und mit weit aufgerissenen Augen in dicken schwarzen Seilen von den Bugspitzen der Caer-Schiffe.

»Lasst euch davon nicht blenden!«, schrie Yorgst seinen Männern zu. Seine Worte stießen auf taube Ohren. Voller Entsetzen starrten die Krieger die Toten an. Yorgst fluchte, entriss einem von ihnen den Bogen und legte einen Pfeil ein.

»Sie leben nicht mehr!«, brüllte er und schoss. Der Pfeil schwirrte über die See und traf eine der Galionsfiguren in die Seite. »Seht!«

Die Männer zuckten zusammen, doch kein Schrei löste sich aus dem Mund des Getroffenen. Yorgst sah nach links und rechts. Die Schiffe warteten auf den Angriff, und je länger die Caer zögerten, desto mehr griffen Aberglaube und Furcht nach den Seelen der Krieger. Vielleicht war das ihr Plan.

Yorgst spürte die schreckliche Stille, die über der Szenerie lag, wie körperlichen Schmerz. Einen Augenblick dachte er daran, mit einem Brandpfeil selbst das Signal für den Angriff zu geben. Dann hörte er die Schreie.

Er drehte den Kopf und sah, dass die Caer ein Stück weiter links vorzurücken begannen. Kommandos sprangen von einem Schiff zum anderen. Yorgst sah Pfeile fliegen und die Bogenschützen auf dem Caer-Schiff direkt gegenüber der Ranua ihre Geschosse einlegen. Er gab dem Mann neben sich den Bogen zurück und das Signal zum Angriff.

Sie glitten aufeinander zu, die schwarzen Dreimaster und die Schiffe von Elvinon. Schreie und das Sirren von Pfeilen zerrissen die Stille. Ruder klatschten ins Wasser. Yorgst verließ den Bugaufbau und überquerte das Schiff, bis er neben dem Steuermann stand. Ein Pfeilhagel ging auf die Ranua nieder. Schwere Speere bohrten sich in die Planken. Die Krieger schossen zurück, während die Ruderer sich so eng wie möglich an die Reling pressten und duckten. Wie ein riesiger Schatten schob sich der Caer auf die Ranua zu. Noch stand jedem Angreifer der ersten Linie ein Verteidiger gegenüber, aber ein Blick nach achtern zeigte Yorgst, dass sich der riesigen Armada von schwarzen Schiffen nur wenige Reihen von eigenen Schiffen entgegenstellten. Die Absicht der Caer war klar. Sie würden sich durch sie hindurchschieben und nichts als Wracks zurücklassen, wenn die Verteidiger nicht auf der Hut waren.

»Brandpfeile!«, brüllte Yorgst, die Hände trichterförmig an den Mund gelegt. Jedes Schiff war jetzt auf sich allein gestellt, und jeder Kapitän musste soviel aus der Situation machen, wie es ihm seine Mittel erlaubten. »Versucht, so viele Schiffe wie möglich zu treffen und in Brand zu setzen. Hunork!« Er packte den Arm des Steuermanns. »Wir müssen zwischen ihnen hindurch. Pass höllisch auf!«

Yorgst trieb die Ruderer zu größter Anstrengung an. Er schrie Befehle, dirigierte die Krieger, sah immer wieder hinüber zu den Nachbarschiffen. Eines war jetzt ganz dicht an einen Caer heran, wo bereits die Enterhaken geschwungen wurden. Wieder flogen Pfeile aufs Deck. Männer schrien getroffen auf. Yorgst suchte sich Deckung, arbeitete sich wieder zum Bug vor und nahm sich selbst einen Bogen, zündete die Pfeile an den mit Pech getränkten, umwickelten Spitzen an und schoss sie ab. Schwarze Segel brannten. Überall schrien Krieger. Ruderer kippten mit Pfeilen im Rücken von ihren Bänken. Plötzlich war die schwarze Mauer heran. Die Ranua schien direkt in sie hineinzutreiben. Hunork schwitzte am Steuer. Yorgst schoss sämtliche Pfeile aus seinem Köcher ab. Flammen schlugen aus dem Bug eines Caer-Schiffs. Auf der Ranua waren Männer dabei, die ersten kleinen Brände zu löschen. Die Krieger lagen hinter der Reling, warteten den Pfeilhagel ab und schleuderten ihre Speere. Von Steuerbord kam ein Schatten heran. Yorgst drehte sich um, um Hunork einen Befehl zuzurufen, doch der Steuermann lag mit einem Pfeil in der Brust neben dem Steuer. Die Ruderer sprangen von den Bänken, als Holz barst und sich etwas krachend in die Reling schob. Enterhaken flogen heran und fanden ihr Ziel.

Dann waren sie da. Dutzende von Caer-Kriegern sprangen mit ihren Schwertern an Deck. Yorgst warf sich ihnen an der Spitze seiner Männer entgegen. Ruderer und Bogenschützen hatten nun ebenfalls Breitschwerter in den Händen und kämpften um ihr Leben. Stahl schlug hart aufeinander. Der Schlachtenlärm klang von den anderen Schiffen zur Ranua herüber.

Yorgst stand an der Reling und empfing springende Caer mit der Klinge. Einige konnte er zurückstoßen, dann waren mehr Caer auf der Ranua als Männer des Herzogs, und immer noch kamen weitere herüber von ihrem brennenden Schiff.

Flammen schlugen nun auch aus dem Heck der Ranua. Das Hauptsegel brannte, und auch der Mast fing Feuer. Niemand konnte sich jetzt mehr darum kümmern. Yorgst schlug wild um sich, um sich Luft zu verschaffen. Er sah nur noch Grimassen und blitzende Klingen um sich herum. Die Ranua erhielt einen weiteren Stoß, der die Kämpfenden reihenweise von den Beinen riss.

Das Schiff brach auseinander!

Yorgst klammerte sich mit der Linken an die Reling, während der rechte Arm wie von Geisterhand geführt weiter das Schwert schwang. Ein Caer war über ihm. Stahl bohrte sich in seine Schulter. Der Kapitän der Ranua fühlte brennenden Schmerz. Verzweiflung und Zorn trieben ihn zu einem letzten Aufbäumen. Sein Schwert traf den Arm des Gegners und durchtrennte ihm die Sehnen. Der Caer schrie gellend auf.

Einer von Yorgsts Männer sah, in welcher Lage sich sein Kapitän befand, und riss den Gegner zurück. Schützend stellte er sich vor Yorgst, schlug Caer mit dem Schwert zurück und half dem Kapitän mit der freien Hand auf die Beine.

Ein neuer schrecklicher Stoß traf die Ranua. Yorgst sah es brennen. Wasser schoss sprudelnd aus den gesplitterten Planken. Der Bug eines Caer-Dreimasters schob sich über die Reling. Einen Moment lang starrte Yorgst in die toten Augen der Galionsfigur. Weitere Caer sprangen auf die Ranua über. Yorgst wusste in diesem Moment nicht, was er tat. Die Ranua war verloren. Der Krieger, der ihn eben noch gerettet hatte, starb mit einem Pfeil im Hals. Yorgst sah die Bugstange des Caer-Schiffes über sich und zögerte keinen Augenblick. Er sprang in die Höhe, bekam die Seile zu fassen, in denen die Galionsfigur hing. Furchtbarer Schmerz in der linken Schulter drohte ihm die Sinne zu rauben. Er presste die Zähne aufeinander. Seine Finger umklammerten die Seile und angelten sich daran hoch. Mit fast übermenschlicher Kraft brachte der Tainnianer die Arme über die Seile. Sekundenlang zappelten seine Beine in der Luft. Yorgst achtete nicht auf das, was unter ihm vorging. Immer noch wurde gekämpft, aber die noch lebenden eigenen Krieger waren an den Fingern einer Hand abzuzählen. Yorgst schob auch die Beine über die Seile. In einem letzten Kraftakt arbeitete er sich zu dem Toten vor, der in den Seilen wie in einem Netz lag, und packte ihn mit beiden Armen. Dann wälzte er sich, die Leiche fest umklammert, auf den Rücken und stieß sie ins Meer.

Er wusste nicht, ob seine Aktion beobachtet worden war. Er lebte. Keine Pfeile schwirrten heran, nur einige verirrte Geschosse prallten gegen den Bug des Caer-Schiffes, der sich regelrecht in den Leib der Ranua fraß.

Yorgst verlor das Bewusstsein. An des ins Meer geworfenen Toten statt hing er als neue Galionsfigur in den Seilen. Sein letzter Gedanke war der, dass er seine Männer nicht verraten hatte, dass er das, was er getan hatte, tun musste, um eine Chance zu haben, weiterkämpfen zu können, wenn die Ranua in den Fluten versunken war – für Tainnia, für den Herzog – für Elvinon.

Und doch hätte er keinen größeren Fehler begehen können. Yorgst sollte es schon bald erfahren – dann, als es für eine Umkehr zu spät war.

Er hatte nur den Bug des Caer-Schiffes gesehen, nicht das Heck mit den Aufbauten und dem Altar.

Nicht den schwarzgekleideten Priester, der beschwörend seine Hände in die Luft gestreckt hatte – nach Süden.

Unter ihm starb der letzte seiner Krieger. Yorgst hätte das Ende der Ranua

2.