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Viele tun sich schwer mit Rudolf Steiners Schriften. Tatsächlich sind sie voller faszinierender, aber auch anspruchsvoller Gedanken. Hinzu kommen Vorwürfe, manches an Steiners Weltbild sei fragwürdig, ja sogar rassistisch. Der Publizist Wolfgang Müller nähert sich diesen Themen über „Häufig gestellte Fragen“. Mit kurzen, prägnanten Antworten geht er sozusagen einmal durchs anthroposophische Gelände: Steiners zentrale Ideen kommen dabei ebenso zur Sprache wie ihre praktische Umsetzung in Waldorfpädagogik oder biodynamischer Landwirtschaft; Steiners Lebensgeschichte wird ebenso thematisiert wie sein politischer Ansatz und seine Ausblicke auf die Zukunft. Aus dem Vorwort Der Gründer der Anthroposophie, Rudolf Steiner (1861–1925), hat ein immenses schriftliches Werk hinterlassen, an die vierhundert Bände, wenn man seine Bücher und die Nachschriften seiner Vorträge zusammennimmt. Wo soll man da anfangen, wie jemals an ein Ende kommen? Selbst diejenigen, die sich Jahre und Jahrzehnte in diesem geistigen Gelände bewegen, finden es oft nicht leicht, die zentralen Inhalte auszudrücken oder wenigstens anzudeuten. Dieses kleine Buch bietet kurze Antworten auf häufig gestellte Fragen, teilweise auch auf Angriffe, denen die Anthroposophie immer wieder ausgesetzt ist. Es sind durchaus persönliche Antworten von einem, der sich selbst, mit viel Skepsis im Gepäck, der Anthroposophie genähert hat. Aber gerade diese persönliche Dimension führt in die Mitte der Anthroposophie.
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Seitenzahl: 62
Wolfgang Müller Nachgefragt: Anthroposophie
ISBN E-Book 978-3-95779-194-8
ISBN gedruckte Version 978-3-95779-193-1
Diesem E-Book liegt die erste Auflage 2023 der gedruckten Ausgabe zugrunde.
E-Book-Erstellung: CPI books GmbH, Leck
Erste Auflage 2023
© 2023 Info3 Verlagsgesellschaft Brüll & Heisterkamp KG Frankfurt am Main
Lektorat: Dr. Jens Heisterkamp, Frankfurt am Main Umschlag: Frank Schubert, Frankfurt am Main Foto Titelseite: Goetheanum, Dornach (Detail), © Alamy Satz: Ulrich Schmid, de·te·pe, Aalen
Viele tun sich schwer mit Rudolf Steiners Schriften. Tatsächlich sind sie voller faszinierender, aber auch anspruchsvoller Gedanken. Hinzu kommen Vorwürfe, manches an Steiners Weltbild sei fragwürdig, ja sogar rassistisch.
Der Publizist Wolfgang Müller nähert sich diesen Themen über „Häufig gestellte Fragen“. Mit kurzen, prägnanten Antworten geht er sozusagen einmal durchs anthroposophische Gelände: Steiners zentrale Ideen kommen dabei ebenso zur Sprache wie ihre praktische Umsetzung in Waldorfpädagogik oder biodynamischer Landwirtschaft; Steiners Lebensgeschichte wird ebenso thematisiert wie sein politischer Ansatz und seine Ausblicke auf die Zukunft.
Wolfgang Müller 1957 in Heidelberg geboren, war viele Jahre Redakteur beim Norddeutschen Rundfunk in Hamburg. 2021 erschien sein Buch Zumutung Anthroposophie. Rudolf Steiners Bedeutung für die Gegenwart. Es erreichte innerhalb kurzer Zeit mehrere Auflagen und wurde auch ins Französische übersetzt.
Vorwort
Was glauben Anthroposophen?
Wo wurde Rudolf Steiner geboren?
Was war Steiner eigentlich von Beruf?
Steiner nennt die Anthroposophie eine Geisteswissenschaft. Was heißt das?
War Steiner der Erfinder der Waldorfschulen?
Was will die Waldorfpädagogik anders machen?
Welches Steiner-Buch eignet sich als Einstieg?
Universaler Geist oder Dilettant: Wollte Rudolf Steiner zu allem etwas sagen?
War Steiner Rassist?
War Rudolf Steiner für seine Anhänger eine Art spiritueller Meister?
Wie konnte Rudolf Steiner das alles wissen?
Was ist dran an den Nationalismus-Vorwürfen gegen Steiner?
War Steiner Antisemit?
Wie verhielten sich die Anthroposophen in der Hitlerzeit?
Wie steht die Anthroposophie zu behinderten Menschen?
Was ist der Sinn der Eurythmie?
Was unterscheidet Theosophie und Anthroposophie?
Warum haben die Anthroposophen ihren Hauptsitz in der Schweiz?
Was hatte Steiner gegen rechte Winkel?
Welche Rolle spielt der Gedanke von Wiedergeburt und Karma in der Anthroposophie?
Betrachten die Anthroposophen Krankheit als Schicksal?
War Rudolf Steiner ein Impfgegner?
War Steiner verheiratet?
War Rudolf Steiner Jude?
Warum gab und gibt es so viele jüdische Anthroposophen?
Wo stand Steiner politisch?
War Steiner feindlich gegenüber der Technik eingestellt?
Ist die biodynamische Landwirtschaft eine anthroposophische Erfindung?
Was unterscheidet die biodynamische Landwirtschaft von anderen Öko-Ansätzen?
Wie stand Steiner zum Christentum?
Was ist die der Anthroposophie nahestehende Christengemeinschaft?
Was dachte Steiner über die Zukunft der Menschheit?
Bildnachweise
Die Begegnung mit der Anthroposophie kann der Beginn einer ungewöhnlichen Reise sein. Man kommt durch Landschaften, die man noch nicht kannte, es geht hinaus aufs Meer, an ferne Inseln und Gestade, Stürme und Flauten inklusive, und selbst die Heimat kann einem auf einmal ziemlich neu und interessant erscheinen.
Andererseits kann die Anthroposophie auch etwas Einschüchterndes haben. Ihr Gründer Rudolf Steiner (1861–1925) hat ein immenses schriftliches Werk hinterlassen, an die vierhundert Bände, wenn man seine Bücher und die Nachschriften seiner Vorträge zusammennimmt. Wo soll man da anfangen, wie jemals an ein Ende kommen? Selbst diejenigen, die sich Jahre und Jahrzehnte in diesem geistigen Gelände bewegen, finden es oft nicht leicht, die zentralen Inhalte auszudrücken oder wenigstens anzudeuten. Und viele Jüngere, die die Bedeutung der Anthroposophie spüren und oft auch – etwa in der Schule oder im ökologischen Bereich – erlebt haben, sind oft ratlos, wenn sie benennen sollten, worum es eigentlich in dieser Weltanschauung geht.
Dieses kleine Buch möchte in dieser Hinsicht einige Vorschläge machen. Es bietet kurze Antworten auf häufig gestellte Fragen, teilweise auch auf Angriffe, denen die Anthroposophie immer wieder ausgesetzt ist. Es sind durchaus persönliche Antworten von einem, der sich selbst, mit viel Skepsis im Gepäck, der Anthroposophie genähert hat. Aber gerade diese persönliche Dimension – dass alles Entscheidende selbst zu erringen ist und sich keine Weisheit ins eigene Leben rüberkopieren lässt – führt in die Mitte der Anthroposophie. Es gibt keinen Anthro-Automaten, der uns die allgemeingültigen Antworten liefern könnte. Dass sich die Welt so bunt und individualisiert und vielgestaltig entwickelt hat, ist – im Lichte der Anthroposophie gesehen – keine sinnlose Verschwendung. Vielmehr bildet gerade diese Vielfalt und bilden all ihre Blüten, zu denen wir selbst gehören, erst das, was diese Welt ist oder jedenfalls sein könnte.
Selbstverständlich bieten die kleinen Texte nur Schlaglichter auf bestimmte Themen. Sie sind kein Ersatz für eine vertiefende Beschäftigung, sondern verstehen sich als Ermunterung dazu.
Wolfgang Müller
Das ist eine der am häufigsten eingegebenen Suchanfragen zur Anthroposophie im Internet. Aber sie führt auf eine falsche Spur. Jedenfalls versteht sich die Anthroposophie nicht als Glaube im Sinne von Religionen. Rudolf Steiner nannte sie vielmehr eine „Erkenntnisbewegung“. Er war überzeugt, dass die Menschheit in eine Phase eingetreten ist, in der die Menschen nicht mehr nur gegebenen Offenbarungen folgen sollten, sondern zu eigenem Erkennen aufgerufen sind. Man könnte sagen: Im Bereich der Naturwissenschaften befolgt die Menschheit genau dies schon seit einigen hundert Jahren, jetzt sollte die Forschung weitergehen und tiefere, „geistige“ Dimensionen der Wirklichkeit erreichen.
Natürlich stecken darin schwierigste Fragen. Zunächst die, ob der Mensch das überhaupt kann. Immanuel Kant meinte Nein, Steiner sagt Ja. Jedenfalls grundsätzlich, in weiteren, sehr langen Zeiträumen.
Und was ist mit den von Steiner selbst mitgeteilten Erkenntnissen, die bis in tiefste Dimensionen reichen? Ist das nicht im Grunde auch wieder eine Offenbarung, die von seiner Anhängerschaft seit hundert Jahren brav umkreist und rekapituliert wird?
Steiner sah das Problem. Daher sein ständiger Hinweis, in der Anthroposophie gehe es nicht um etwas Fertiges, einen festen Bestand an Einsichten, sondern um das Eintreten in eine eigene Erkenntnisbewegung. Manche, sagt er einmal, eigneten sich beim Lesen seiner Bücher zwar neue Begriffe an, aber der geistige Prozess sei der gleiche, wie wenn sie ein Kochbuch läsen. Insofern: Ein Verständnis von Anthroposophie zeigt sich wohl weniger in einem routinierten Sprechen über höhere geistige Sphären als im Bemühen, Mensch und Welt in einer behutsamen, erkennenden Haltung zu begegnen.
Rudolf Steiner war Österreicher, genauer gesagt war er ein Kind des alten Habsburger-Reiches, das viele Länder umfasste, die heute selbstständig sind. So gehört der kleine Ort Donji Kraljevec, in dem Steiner 1861 geboren wurde, heute zu Kroatien.
Die Familie – er hatte noch eine Schwester und einen Bruder – zog einige Male um, weil Vater Johann als Bahnangestellter mehrfach versetzt wurde. Im Wesentlichen wuchs Steiner in kleinen Ortschaften südlich von Wien auf, schon mit Blick auf die Berge, die östlichen Ausläufer der Alpen.
Gelegentlich sprach er davon, er sei „aus dem Proletariat hervorgegangen“. Das kann man ein wenig übertrieben finden, aber tatsächlich lebte die Familie überaus bescheiden, zeitweise zu fünft in zwei Zimmern. – Prägend war zweifellos, dass er schon als Kind auf den Bahnstationen die damals modernste Technik kennenlernte. „Auch das Telegraphieren lernte ich schon als Knabe.“ Die Eltern hatten den naheliegenden Aufstiegswunsch, „ich sollte Eisenbahn-Ingenieur werden“. Das hat sich bekanntlich nicht erfüllt.
1 Die Bahnstation im österreichisch-ungarischen Neudörfl, wo Rudolf Steiners Vater seit 1869 stationiert war. Hier verbrachte Steiner einige Kindheits- und Jugendjahre.
In seinem Ausweis stand: Schriftsteller. Was auch ungefähr hinkommt. Als junger Mann war er viele Jahre Herausgeber von Goethes naturwissenschaftlichen Werken. Parallel promovierte er in Philosophie und verfasste unter anderem eine Philosophie der Freiheit und ein Buch über Nietzsche.