Nanotechnologie für Einsteiger - Wilhelm Kulisch - E-Book

Nanotechnologie für Einsteiger E-Book

Wilhelm Kulisch

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Beschreibung

Das Buch beginnt mit einer Einführung in die Physik der Nanotechnologie und der Nanostrukturen sowie deren Herstellung und Charakterisierung. Der zweite Teil befasst sich mit dem faszinierenden Element Kohlenstoff, das den Ausgangspunkt für alle weiteren Betrachtungen darstellt: Dank der besonderen Eigenschaften des Kohlenstoffs kann dieser in verschiedenen Formen auftreten, etwa in Form von transparentem Diamant oder opakem Graphit. Der dritte Teil des Buches widmet sich ungewöhnlicheren Kohlenstoffnanostrukturen wie den Kohlenstoffnanoröhrchen, Fullerenen, Kohlenstoff-"Zwiebeln" und dem Super-Material Graphen, einem heißen Kandidaten für bessere, schnellere und zuverlässigere Elektronik. Das Buch schließt mit einem Ausblick auf strukturell den Kohlenstoffnanostrukturen verwandte Materialien.

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Inhaltsverzeichnis

Cover

Serie

Titel

Autor

Impressum

Vorwort

1 Einführung

1.1 Nanowissenschaften und Nanotechnologie

1.2 Nanowissenschaften sind interdisziplinär

1.3 Nanotechnologie – Heilsbringer oder Risiko?

1.4 Kohlenstoffnanostrukturen

1.5 Der Aufbau dieses Buchs

Literatur

Teil I: Nanotechnologie und Nanostrukturen

2 Nanostrukturen

2.1 Definition

2.2 Physik und Chemie im Nanometerbereich

2.3 Arten von Nanostrukturen

2.4 Vorbilder in der Natur

2.5 Wissen testen

Literatur

3 Herstellung von Nanostrukturen

3.1 Grundlegende Ansätze zur Herstellung von Nanostrukturen

3.2 Top-down-Verfahren

3.3 Irgendwo dazwischen: die weiche Lithografie

3.4 Bottom-up-Verfahren

3.5 Funktionalisierung

3.6 Wissen testen

Literatur

4 Charakterisierung von Nanostrukturen

4.1 Kann man Atome sehen?

4.2 Elektronenstrahlverfahren

4.3 Charakterisierung mittels Nanosystemen: Rastersondenmikroskopie

4.4 Makroskopische Verfahren

4.5 Wissen testen

Literatur

Teil II: Das Element Kohlenstoff

5 Das Element Kohlenstoff

5.1 Vorkommen

5.2 Die besondere Chemie des Kohlenstoffs

5.3 Wissen testen

Literatur

6 Kohlenstofffestkörpermodifikationen

6.1 Diamant

6.2 Graphit

6.3 Weitere Modifikationen

6.4 Wissen testen

Literatur

Teil III: Kohlenstoff-Nanostrukturen

7 Punktförmige Kohlenstoffnanostrukturen: Fullerene

7.1 Entdeckung

7.2 Struktur

7.3 Fullerite

7.4 Fullerene mit Fremdatomen

7.5 Herstellung

7.6 Weiterverarbeitung

7.7 Eigenschaften von Fullerenen

7.8 Anwendungen

7.9 Wissen testen

Literatur

8 Eindimensionale Kohlenstoffnanostrukturen: Nanoröhrchen

8.1 Entdeckung

8.2 Beschreibung, Klassifizierung und Nomenklatur

8.3 Herstellung

8.4 Eigenschaften

8.5 Anwendungen

8.6 Wissen testen

Literatur

9 Zweidimensionale Kohlenstoffnanostrukturen: Graphen

9.1 Entdeckung

9.2 Struktur

9.3 Herstellung

9.4 Eigenschaften

9.5 Anwendungen

9.6 Wissen testen

Literatur

10 Dreidimensionale Kohlenstoffnanostrukturen

10.1 Kohlenstoffnanozwiebeln

10.2 Kohlenstoffnanohörner

10.3 Weitere graphitische dreidimensionale Kohlenstoffnanostrukturen

10.4 Zusammenfassung: graphitähnliche dreidimensionale Kohlenstoffnanostrukturen

10.5 Diamantnanopartikel

10.6 Nano- und ultrananokristalline Diamantschichten

10.7 Diamantnanosäulen und Nanostäbe

10.8 Wissen testen

Literatur

11 Verwandte Nanostrukturen aus anderen Elementen

11.1 Bornitrid

11.2 Silizium

11.3 Wissen testen

Literatur

Richtig gelöst

Stichwortverzeichnis

Endbenutzer-Lizenzvereinbarung

List of Tables

2 Nanostrukturen

Tab. 2.1

Überblick über Größenparameter und die entsprechenden kritischen Längen, die die Eigenschaften von nanostrukturierten Matrialien bestimmen.

Tab. 2.2

Der Bohr’sche Exzitonenradius einiger Halbleitermaterialien.

4 Charakterisierung von Nanostrukturen

Tab. 4.1

Die in diesem Abschnitt vorgestellten Elektronenstrahlverfahren sowie deren englische Bezeichnungen und Abkürzungen.

Tab. 4.2

Verfahren der Rastersondenmikroskopie, deren englische Bezeichnung sowie deren Abkürzungen.

Tab. 4.3

Verfahren der Rastersondenmikroskopie.

Tab. 4.4

Zu Aufgabe 4.1.

5 Das Element Kohlenstoff

Tab. 5.1

Häufigkeit des Elements Kohlenstoff im Universum, in der Erdkruste und im Menschen.

Tab. 5.2

Die Isotope des Kohlenstoffs.

6 Kohlenstofffestkörpermodifikationen

Tab. 6.1

Vergleich einiger Eigenschaften von Diamant und Graphit. Graphit ist anisotrop. Die erste Spalte gibt die Werte innerhalb der Ebenen an, die zweite die Werte senkrecht zu ihnen (falls sie abweichen).

7 Punktförmige Kohlenstoffnanostrukturen: Fullerene

Tab. 7.1

Einige Eigenschaften von C

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-Molekülen.

Tab. 7.2

Einige Eigenschaften des C

60

-Fullerits.

Tab. 7.3

Die wichtigsten Verfahren zur Herstellung von Fullerenen. Die Ausbeute bezeichnet den Anteil an Fullerenen am Gesamtprodukt. Die folgenden Prozentangaben beziehen sich auf diesen Wert. Die Zahlen sollen nur als grobe Anhaltswerte dienen.

8 Eindimensionale Kohlenstoffnanostrukturen: Nanoröhrchen

Tab. 8.1

Zusammenfassung der strukturellen Eigenschaften der drei CNT-Klassen.

Tab. 8.2

Zusammenfassung der wichtigsten Verfahren zur Herstellung von CNTs.

Tab. 8.3

Vergleich der Eigenschaften von Kohlenstoffnanoröhrchen mit denen anderer Kohlenstoffmodifikationen. Wenn beim Graphit zwei Werte angegeben sind, gilt der erste innerhalb der Ebenen (in plane). Die für CNTs angegeben Werte gelten in Richtung der Längsachse.

9 Zweidimensionale Kohlenstoffnanostrukturen: Graphen

Tab. 9. 1

Einige Eigenschaften von Graphen. Die angegebenen Werte sind die bislang berichteten Spitzenwerte.

11 Verwandte Nanostrukturen aus anderen Elementen

Tab. 11.1

Eigenschaften von Diamant, Graphit, c-BN und h-BN bei Raumtemperatur. Bei den schichtartigen Materialien gilt der erste angegebene Wert innerhalb der Ebenen, der zweite senkrecht dazu.

Tab. 11.2

Vergleich von BN- und Kohlenstoffnanoröhrchen. Auffällig ist vor allem, dass im Fall von BN die Größe der Ringe nur geradzahlig sein kann, da ansonsten B–B- oder N–N-Bindungen auftreten müssten.

Richtig gelöst

Tab. 1

Die Lösung von Aufgabe 4.1.

Guide

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Wilhelm Kulisch

Nanotechnologie für Einsteiger

Herstellung und Eigenschaften von Kohlenstoff-Nanostrukturen

Autor

Wilhelm KulischFriedenstraße 834121 KasselDeutschland

Unter Mitarbeit von Regine Freudenstein

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Print ISBN 978-3-527-33956-3

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ePub ISBN 978-3-527-69533-1

Mobi ISBN 978-3-527-69534-8

Vorwort

Zwei Themen haben die wissenschaftlichen Arbeiten der Autoren von Beginn an stets begleitet: Die Nanotechnologie (ausgehend von der Mikrostrukturtechnologie) sowie das Material Kohlenstoff und seine Verwandten. Beide Themenbereiche sind sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus technologischer Sicht äußerst faszinierend. Kohlenstoffnanostrukturen verfügen nicht nur eine hochinteressante Chemie, sondern bieten auch eine Technologie mit beinahe unbegrenzten Möglichkeiten.

In diesem Buch versuchen wir, diese außergewöhnliche Kombination zu nutzen, um in die heute immer wichtiger werdende Nanotechnologie einzuführen, wobei die wissenschaftlich/physikalischen Grundlagen, die technologischen Möglichkeiten und Herausforderungen sowie bereits realisierte oder angedachte Anwendungen gleichermaßen berücksichtigt werden. Kohlenstoff und die auf ihm beruhenden Nanostrukturen wie etwa Fullerene, Nanoröhrchen, Graphen und Nanozwiebeln bieten eine ausgezeichnete Möglichkeit, die Nanotechnologie und ihre Prinzipien, Herausforderungen und Grenzen darzustellen.

Die Autoren danken ihrem Freund und Kollegen Dr. Cyril Popov vom Institut für Nanostrukturtechnologie und Analytik (INA) der Universität Kassel für seine Hilfe bei der Literatursuche.

Juli 2016, Kassel

Wilhelm Kulisch

1Einführung

1.1 Nanowissenschaften und Nanotechnologie

Das Wort „Nano“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet Zwerg. In den Naturwissenschaften wird „nano“ seit langer Zeit als Vorsilbe für Einheiten benutzt und bedeutet 10−9, genauso wie „mikro“ 10−6 bedeutet oder „kilo“ 103. Im Zusammenhang mit der Nanotechnologie bezieht sich die Vorsilbe zunächst ausschließlich auf die Längeneinheit Meter, das Wort „Nano“ ist also als Nanometer zu lesen.

Die Nanowissenschaften und die Nanotechnologie beschäftigen sich also mit Objekten, deren Abmessungen im Nanometerbereich liegen [5]. Diese sind infolgedessen auch die Themen dieses Buchs. Daher stellt sich die Frage, warum dieser Größenbereich einer gesonderten Darstellung bedarf und warum die Nanotechnologie in Wissenschaft, Forschung und vor allem auch in der Industrie eine immer gewichtigere Rolle spielt. Die Antwort ist, dass in diesem Größenbereich sich viele Aspekte der Physik und der Chemie gegenüber den von der makroskopischen Welt her bekannten ändern. Dies gilt gleichermaßen für physikalisch/chemische Effekte wie für die Eigenschaften von Materialien mit Nanometerabmessungen. Dies ist eines der Hauptthemen dieses Buchs, das insbesondere in Kapitel 2 diskutiert wird.

Die Beschäftigung mit diesen Themen ist keineswegs neu, sie begann spätestens Ende des 19. Jahrhunderts mit der Etablierung der atomaren Struktur der Materie und führte zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Entwicklung der Quantenmechanik und weiterer quantenphysikalischer Theorien.

Die Entwicklung der Nanotechnologie als eigenständige Wissenschaft, die sich mit der Herstellung, der Charakterisierung und der Anwendung von Nanoobjekten beschäftigt, begann eher im Stillen (der Begriff Nanotechnologie wurde erstmals 1974 von N. Taniguchi [12] verwendet, der auch eines der ersten wichtigen Bücher über das Thema schrieb [13]). Dies änderte sich durch zwei Nobelpreise in den 1980er- und 1990er-Jahren, durch die die Nanotechnologie in das Rampenlicht einer breiteren Öffentlichkeit gelangte:

Den Physiknobelpreis für 1986 erhielten G. Binnig und H. Rohrer für die Entwicklung des Rastertunnelmikroskops (STM), das es zum ersten Mal ermöglichte, Strukturen mit atomarer und sogar subatomarer Auflösung abzubilden [1]. Das STM wird ausführlich in

Kapitel 4

vorgestellt.

Im Jahr 1996 erhielten H. Kroto, F. Curl und R. Smalley den Nobelpreis für Chemie für die Entdeckung der Fullerene, einer speziellen Form von Kohlenstoffnanostrukturen (

Kapitel 7

), die sie im Jahr 1985 veröffentlicht haben.

Die Begriffe „Nanowissenschaften“ und „Nanotechnologie“ sind also eher neueren Ursprungs. Allerdings wurde die Nanophysik im eigentlichen Sinn zu Beginn des 20. Jahrhunderts ins Leben gerufen, jedoch wurde diese Entwicklung als Quantenmechanik oder Quantenphysik bezeichnet. Die daran beteiligten Wissenschaftler dachten zudem – historisch bedingt – eher in Ångström (10−10 m), der damals in diesem Bereich verwendeten Längeneinheit, als in Nanometern.1)

Vielfach wird ein Vortrag des amerikanischen Physikers Richard Feynman als Geburtsstunde der Nanotechnologie gewertet, den er 1959 am California Institute of Technology hielt. Feynman sagte in diesem Vortrag „There is plenty of room at the bottom“ (Ganz unten ist eine Menge Platz) [4]. (Für meine Begriffe ist dieser Satz viel zu unklar, um eine solche Einschätzung zu rechtfertigen. Den heutigen Stellenwert als Startpunkt der Nanotechnologie erhielt dieser Satz erst in den 80er-Jahren, als sich die Nanotechnologie unter ihrem heutigen Namen zu entwickeln begann.) In der wissenschaftlichen Literatur taucht der Begriff Nanotechnologie zum ersten Mal 1974 in dem bereits erwähnten Artikel von Taniguchi auf [12].

Nanoinformationen von der Bundesregierung

Bis Mitte 2015 bediente sich die Bundesregierung des sogenannten Nanotrucks, um über die Nanotechnologie zu informieren. Dabei handelte es sich zum einen um einen 16,5 m langen Truck, der durch Deutschland tourte, Themen der Nanotechnologie ausstellte und auf informative Weise präsentierte. Darüber hinaus war die dazugehörige Seite http://www.nanotruck.de/ die Webseite der Bundesregierung, auf der sie über die Nanotechnologie, deren Aufgaben, Ziele, Chancen und mögliche Risiken informierte. Darüber hinaus wurde ständig über die neuesten Entwicklungen berichtet. Diese Seite gehört zu den besten, die ich im Internet zum Thema Nanotechnologie gefunden habe. Die Seite existiert immer noch, allerdings wird sie nicht mehr erweitert. Dennoch lohnt sich ein Besuch immer noch.

Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Webseiten, die zum Teil auf die Initiative der Bundesregung zurückgehen und häufig sehr informiert über die Nanotechnologie berichten. Dazu gehören:

der Deutsche Verband Nanotechnologie:

http://www.dv-nano.de/infoportal/nanodialog.html

die Nationale Kontaktstelle Nanotechnologie:

http://www.nks-nano.de/

Aktionsplan Nanotechnologie 2015:

http://www.nanopartikel.info/files/downloads/Broschüre-BMBF-aktionsplan-nanotechnologie-2015.pdf

1.2 Nanowissenschaften sind interdisziplinär

Das Thema dieses Buchs ist die Beschäftigung mit Objekten im Nanometermaßstab, also die Nanowissenschaften bzw. die Nanotechnologie. Einer der interessantesten Aspekte dabei ist, dass sie nur interdisziplinär betrieben werden können. Schon die Herstellung von Kohlenstoffnanostrukturen erfordert eine enge Zusammenarbeit von Chemikern und Physikern (und teilweise auch von Prozessingenieuren). Die Anwendung von Kohlenstoffnanostrukturen bedingt in vielen Fällen auch die Mitarbeit von Biologen und/oder Medizinern. An dieser Stelle sei meine Heimatuniversität Kassel angeführt:

Dort existiert ein „Center for Interdisciplinary Nanostructure Science and Technology“ (CINSaT), an dem unter anderem die Physik, die Chemie, die Biologie, der Maschinenbau, die Elektrotechnik, das Ingenieurwesen, die Architektur und die Philosophie beteiligt sind.

Die Universität bietet einen Bachelor- und einen Master-Studiengang „Nanostrukturwissenschaften“ an, der gemeinsam von den Instituten für Physik, Biologie und Chemie durchgeführt wird.

Infolgedessen ist auch dieses Buch interdisziplinär. Bei der Diskussion der Herstellung von Nanostrukturen müssen sowohl physikalische als auch chemische Aspekte betrachtet werden. Ähnliches gilt auch für die Diskussion ihrer Eigenschaften. Die zahlreichen in diesem Buch vorgestellten Anwendungsbeispiele stammen unter anderem aus den Bereichen Physik, Chemie, Elektronik, Sensorik, Materialwissenschaften, Biologie und Medizin.

1.3 Nanotechnologie – Heilsbringer oder Risiko?

Wenn man heute im Internet das Wort Nanotechnologie eingibt, hängt das Ergebnis auf erschreckende Weise von der Schreibweise ab. Gibt man „Nanotechnology“ ein, erhält man Hinweise auf englischsprachige Seiten, die die Nanotechnologie in höchsten Tönen loben und von ihr die Lösung aller derzeitigen Probleme unserer Welt erwarten (Energieversorgung, Umweltschutz, Wasser- und Nahrungsversorgung, Gesundheit usw.).

Gibt man den Begriff hingegen deutsch als „Nanotechnologie“ ein, so befassen sich die meisten der ersten Seiten, die man erhält, fast ausschließlich mit der Gefährlichkeit der Nanotechnologie, wobei insbesondere die Themen Gesundheit und Umweltschutz im Vordergrund stehen.

Es ist nicht Aufgabe dieses Buchs, zwischen diesen beiden extrem konträren Einschätzungen abzuwägen, zumal ich der Meinung bin, dass beide reine Schwarz-Weiß-Malerei sind und keine von ihnen der Realität entspricht. Wie bei jeder anderen neuen Technologie und jedem anderen neuen Produkt muss man im Einzelfall entscheiden, inwieweit eine Gesundheits- oder Umweltgefährdung vorliegt, und dann die entsprechende Technik/das entsprechende Produkt entweder zulassen oder verbieten (siehe zu diesem Thema auch [7]).

Man kann heute mit Sicherheit sagen, dass man die Nanotechnologie nicht als Ganzes als gefährlich einordnen kann (siehe auch unten), aber ebenso klar ist, dass eine Reihe von Produkten erhebliche Risiken aufweisen (ein Beispiel dafür ist das Nanosilber [11]).

Darüber hinaus muss man sich stets vor Augen halten, dass die Nanotechnologie in manchen Bereichen längst Wirklichkeit geworden ist (was gleichzeitig gegen eine generelle Gefährlichkeit der Nanotechnologie spricht):

In der modernen Halbleiterindustrie, d. h. in den Computern, die Sie heute oder in der nächsten Zeit kaufen können, ist die kleinste Strukturweite 22 nm. Ihr Computer ist also ein nanotechnologisches Produkt.

Ähnliches gilt für die modernen Datenspeicher, etwa die Festplatte in ihrem Computer oder auch den USB-Stick, den Sie gerade benutzen. Auch hier liegt der für die Speicherung eines Bits benötigte Platz im Bereich von einigen 100 nm

2

.

Wenn Sie heute eine Flasche Sonnenmilch kaufen, werden Sie auf der Packung eventuell Hinweise darauf finden, dass das Produkt Nanopartikel enthält.

Die Nanotechnologie hat also bereits Einzug in unser Leben gehalten. Dabei spielen aber Nanostrukturen auf Kohlenstoffbasis (noch) eine eher untergeordnete Rolle.

1.4 Kohlenstoffnanostrukturen

In diesem Buch wird die Nanotechnologie am Beispiel von Kohlenstoffnanostrukturen vorgestellt. Es ist daher erforderlich, sich eingehend mit dem Element Kohlenstoff und seiner besonderen Chemie zu beschäftigen. Aus der Darstellung im zweiten Teil des Buchs geht hervor, dass der Kohlenstoff eines der interessanten chemischen Elemente ist. Auf ihm basiert eine eigenständige chemische Wissenschaft, die organische Chemie. Zudem beruht die in biologischen Prozessen stattfindende Chemie vorwiegend auf dem Kohlenstoff.

Mit dem Diamant und dem Graphit gibt es zwei äußerst wichtige Festkörpermodifikationen des Kohlenstoffs. Dessen enorme Bedeutung hat sich im Jahr 1985 noch einmal schlagartig erhöht, als Kroto et al. [8] die Existenz einer völlig neuen Kohlenstoff(nano)modifikation nachwiesen, der sogenannten Fullerene, die zusammen mit ihren Verwandten eine eigene, gleichberechtigte Klasse darstellen. In den 30 Jahren seit dieser bahnbrechenden Veröffentlichung wurden in regelmäßigen Abständen neue Kohlenstoffnanostrukturen entdeckt, von denen die wichtigsten die Kohlenstoffnanoröhrchen [6] und das Graphen [10] sind, aber die Spanne ist weitaus umfangreicher. Mittlerweile gibt es unter anderem endohedrale Fullerene, Kohlenstoffnanozwiebeln, Kohlenstoffnanohörner, Kohlenstoffnanoknospen und viele andere mehr. Viele von diesen neuen Strukturen werden in diesem Buch diskutiert, aber bei Weitem nicht alle.

Interessanterweise lassen sich diese Kohlenstoffnanostrukturen [2, 3, 9] sehr einfach anhand ihrer Dimensionalität klassifizieren:

Fullerene sind nahezu punktförmig, also nulldimensional;

Kohlenstoffnanoröhrchen sind eindimensional;

Graphen besteht aus zweidimensionalen Ebenen;

Es gibt auch dreidimensionale Kohlenstoffnanostrukturen. Zu ihnen gehören unter anderem Kohlenstoffnanozwiebeln, aber auch Diamantnanopartikel.

Diese Kohlenstoffnanostrukturen werden im Hauptteil des Buchs ausführlich diskutiert, wobei jeder Dimensionalität ein eigenes Kapitel gewidmet ist.

1.5 Der Aufbau dieses Buchs

Bevor allerdings diese Kohlenstoffnanostrukturen in den Kapitel 7–10 im Einzelnen vorgestellt werden, müssen die Grundlagen gelegt werden. Das heißt, die folgenden beiden Fragen müssen diskutiert werden:

Warum beschäftigt man sich mit Nanoobjekten? Warum ist die Nanotechnologie von so großem Interesse? In

Kapitel 2

wird dargestellt, dass sich die physikalischen und chemischen Eigenschaften eines Materials grundlegend ändern können, wenn seine Abmessungen im Nanometerbereich liegen. Diese neuen Eigenschaften können zu Effekten führen, die mit makroskopischen Verfahren oder Objekten nicht erreichbar sind. Das anschließende

Kapitel 3

beschäftigt sich mit der Herstellung von Nanostrukturen,

Kapitel 4

schließlich mit ihrer Charakterisierung.

Warum spielt Kohlenstoff bei Nanostrukturen eine so große Rolle? In

Kapitel 5

wird erläutert, dass das Element Kohlenstoff eine besondere Chemie aufweist, die es deutlich von allen anderen Elementen abhebt. Aus diesem Grund besitzen Kohlenstoffnanostrukturen eine Vielzahl von interessanten und originären Eigenschaften, die wiederum zu interessanten, zukunftsweisenden Anwendungen führen können, die in diesem Buch vorgestellt werden. Die wichtigsten Kohlenstofffestkörpermodifikationen werden in

Kapitel 6

behandelt.

Aus der obigen Diskussion ergibt sich eine Dreiteilung dieses Buchs:

Im ersten Teil wird der Aspekt „Nano“ betrachtet. Der Begriff Nanotechnologie wird definiert. Zudem wird erläutert, warum sich die Eigenschaften von Nanomaterialien zum Teil erheblich von denen makroskopischer Körper unterscheiden. Weitere Themen dieses Teils sind die Herstellung und die Charakterisierung von Nanomaterialien.

Das Thema des zweiten Teils des Buchs ist das Element Kohlenstoff, das eine zentrale Rolle für unser aller Leben spielt. Der Grund ist die spezielle Kohlenstoffchemie, die ausführlich erläutert wird. Zudem werden in diesem Teil die wichtigsten (makroskopischen) Kohlenstoffmodifikationen vorgestellt.

Nachdem die Grundlagen gelegt sind, ist der dritte Teil des Buchs den Kohlenstoffnanostrukturen gewidmet. Dabei werden diese Strukturen in der Reihenfolge aufsteigender Dimensionalität betrachtet, die Vorstellung beginnt mit den nulldimensionalen Fullerenen und endet mit dreidimensionalen Nanozwiebeln und ähnlichen Strukturen. Das letzte Kapitel behandelt die Frage, ob sich die zuvor vorgestellten Nanostrukturen auch mit anderen Elementen realisieren lassen.

Die in den einzelnen Kapiteln aufgeführten Literaturstellen betreffen zum einen die wichtigsten Originalarbeiten, in denen eine Nanostruktur oder ein bestimmtes Verfahren zum ersten Mal eingeführt wurde. Darüber hinaus werden Bücher und Artikel angeführt, die einen guten, möglichst aktuellen Überblick über das jeweilige Thema geben. Mein Ziel ist es keineswegs, ein Thema Schritt für Schritt durch Zitate zu belegen; vielmehr sollen die angeführten Arbeiten es Ihnen ermöglichen, sich mit einem Thema näher zu beschäftigen, das Sie besonders interessiert.

Am Ende eines jeden Kapitels finden Sie einige Übungsaufgaben, mit deren Hilfe Sie überprüfen können, ob Sie den Inhalt des jeweiligen Kapitels verinnerlicht haben. Die Lösungen dieser Aufgaben finden Sie im Anhang des Buchs. Bei den Aufgaben bin ich davon ausgegangen, dass Sie in der Lage sind zu recherchieren (in einer Bibliothek oder im Internet). Wenn Sie also irgendwelche Angaben vermissen, ist es Ihre Aufgabe, die entsprechenden Werte zu ermitteln. Die Aufgaben dienen auch nicht dazu, Ihnen wilde Rechnungen abzuverlangen. Vielmehr möchte ich Sie mit den Aufgaben dazu bringen, noch einmal über den Inhalt des Kapitels nachzudenken.

Beim Lesen dieses Buchs werden Sie feststellen, dass viele der zurzeit untersuchten oder auch nur angedachten Anwendungen von Kohlenstoffnanostrukturen nicht nur auf eine spezielle Struktur beschränkt sind, sondern bei mehreren oder sogar bei allen von Bedeutung sind. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, finden Sie in den Kapitel 7–10 jeweils einen Kasten, in dem die grundsätzlichen Fragestellungen einer bestimmten Anwendung dargelegt werden, sodass sich die Darstellung in den Kapiteln zu den einzelnen Strukturen auf spezielle Aspekte beschränken kann. Die Kästen behandeln im Einzelnen Solarzellen (Kapitel 7), Superkondensatoren (Kapitel 8), Lithiumbatterien (Kapitel 9) und die Wasserstoffspeicherung (Kapitel 10).

Literatur

1 Binnig, G. und Rohrer, H. (1986) Scanning tunneling microscopy. IBM J. Res. Dev.,