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Wer sagt, dass jedes Federvieh zwei Beine hat? Worin besteht der tiefere Sinn des Schlangestehens? Welche Bedeutung haben Mimosen am Weltfrauentag? Und wozu sind eigentlich Fotohandys gut?
Fragen über Fragen, auf die Andrea Camilleri überraschende Antworten bereithält. So entsteht ein Kaleidoskop an geistreichen Miniaturen zu ganz unterschiedlichen Aspekten des Lebens, die dem Leser einmal mehr mediterranes Flair nahe bringen, ihn teils zum Schmunzeln, teils zum Nachdenken anregen. Darüber hinaus sorgt Camilleris großes Talent im raffinierten Spiel mit unerwarteten Pointen für allerbeste Unterhaltung.
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Seitenzahl: 78
Andrea Camilleri, 1925 in dem sizilianischen Küstenstädtchen Porto Empedocle (Provinz Agrigento) geboren, arbeitete lange Jahre als Essayist, Drehbuchautor und Regisseur sowie als Dozent an der Accademia d’arte drammatica Silvio D’Amico in Rom. Dort lebt er mit seiner Frau Rosetta in dem Stadtteil Trastevere im Obergeschoss eines schmucken Palazzo, wobei er seinen Zweitwohnsitz in Porto Empedocle in Sizilien nie aufgegeben hat. Sein literarisches Werk, in dem er sich vornehmlich mit seiner Heimat Sizilien auseinandersetzt, umfasst mehrere historische Romane, darunter »La stagione della caccia«, 1992, »Il birraio di Preston«, 1995, und »La concessione del telefono«, 1998, sowie Kriminalromane. In seinem Heimatland Italien bricht er seit Jahren alle Verkaufsrekorde und hat auch bei uns ein begeistertes Publikum gefunden. Mit den Romanen um den Commissario Salvo Montalbano eroberte er auch die deutschen Leser im Sturm, und seine Hauptfigur gilt inzwischen weltweit als Inbegriff für sizilianische Lebensart, einfallsreiche Kriminalistik und südländischen Charme und Humor.
Andrea Camilleri
Neuigkeiten aus dem Paradies
Ansichten eines Sizilianers
Aus dem Italienischen von Christiane v. Bechtolsheim
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
Copyright © 2001 by Tipografia G.F. Press
Originalverlag: Tipografia G.F. Press
Titel der Originalausgabe: RACCONTI QUOTIDIANI
Copyright © 2005 für die deutschsprachige Ausgabe:
Bastei Lübbe AG, Köln
Aus dem Italienischen von Christiane v. Bechtolsheim
Textredaktion: Christiane Landgrebe
Copyright Cover: © corbis/A. Belov
Umschlaggestaltung: Gisela Kullowatz
Alle Rechte, auch die der fotomechanischen und elektronischen Wiedergabe, vorbehalten
E-Book-Produktion: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN 978-3-8387-0881-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Sechs Beine hat das Huhn
Die schnelle Warteschlange
Genüsslich eidechseln
Lasst uns armen Alten wenigstens die Laster
Die Jahreszeiten haben keine Manieren mehr
Wenn Krieg eine Frage der Manneskraft ist
Umschwung unter der Bettdecke
8. März oder Der falsche Liebreiz der Mimosen
Die Zigeunerjungen in Agnellis Schrank
Der 1. Mai und die Mafia
Glanz und Elend des Pistolero-Barons
Je heißer, je lieber
Ein sizilianisches Doppelleben
Was ich Simenon zu verdanken habe
Montalbano und die Realität: Wie meine Krimis entstehen
In Italien haben auch Detektive eine Seele
Scalfaro, der Leinwandheld im Nudelkrieg
Als die Toten nicht mehr nach Hause fanden
Ein Loblied auf alte Schmugglerzeiten
Der Spion im Handy
Und das Rentier nahm den Weihnachtsmann auf die Hörner
Nachwort
Bibliographische Hinweise
Anmerkungen zu den Texten
Vor vielen Jahren musste der kleine Neffe eines Freundes als Hausaufgabe einen Aufsatz schreiben, dessen Thema in etwa lautete: »Erzählt von eurer Katze«. Was tun? Trotz allen Bettelns und Jammerns hatte der Junge keine Haustiere haben dürfen (zu dieser Spezies gehörten anscheinend auch seine Klassenkameraden, denn er durfte nie draußen spielen). Mit Papier und Stift ausgerüstet, von der Mutter vom Balkon aus überwacht, ging der Kleine auf die Straße und machte sich Notizen über eine streunende Katze, die gerade des Weges kam. Am Ende stand in dem Aufsatz, seine Katze habe drei Beine, ein Ohr, einen angenagten Schwanz und sei stark räudig. Das hatte er gesehen, und das hatte er geschrieben.
In der Familie sorgte der Aufsatz lange Zeit für große Heiterkeit. »Das waren noch Zeiten!«, rufe ich jetzt. Denn der Junge hatte eigentlich nichts anderes getan, als ein Porträt »nach der Natur« zu zeichnen, wie man früher sagte, also auf die Natur bezogen, an der Wirklichkeit orientiert. Doch von Tag zu Tag wird deutlicher, dass das Gefälle zwischen dem Leben in der Stadt und dem in der Natur nicht dramatisch, sondern tragisch ist. Es gibt ein Beispiel von heute, das ich erschreckend finde. Eine Agentur wollte mit einer Umfrage unter römischen Kindern herausfinden, ob sie wissen, wie ein Huhn aussieht. Die Mehrheit der Kinder, die, wenn ich mich recht erinnere, zwischen drei und acht Jahre alt waren, antwortete, es gebe keine natürlichen Hühner, sie würden in Spezialfabriken hergestellt, seien also »künstlich«. So künstlich, dass die Fabrik zwei Sorten auf den Markt bringe: rohes Hähnchen (falls jemandem einfiele, es beispielsweise auf Jägerart zuzubereiten) und Grillhähnchen.
Über die Anzahl der Schenkel, die ein Huhn besitzt, waren sich die Kinder ziemlich uneins, manche meinten, es hätte sechs, manche schworen Stein und Bein, es besäße acht. Nur ein Kind erklärte, dass ein Huhn zwei Schenkel habe, aber die anderen fielen über das Kind her und lachten es aus. Noch strittiger war die Anzahl der Flügel: Immerhin kamen die Kinder einvernehmlich zu dem Ergebnis, dass ein Huhn auf jeden Fall viel weniger Flügel als Beine haben müsse, schließlich kämen mehr Beine als Flügel auf den Tisch. Doch die Tragödie (gestatten Sie mir, diesen Zustand ohne jede Ironie so zu nennen) war schon vor ein paar Jahren zum ersten Mal deutlich geworden, als Stadtkinder, die Fischarten aufzählen sollten, auch die »Fischstäbchen« dazurechneten. Glauben Sie mir, der kalte Schweiß bricht mir aus, während ich dies schreibe, denn hier tut sich ein tiefer Abgrund auf. Ich könnte wetten, dass Kinder, sollten sie in nicht allzu ferner Zukunft, sagen wir in zehn Jahren, erneut zu dem Thema befragt werden, antworten werden: »Der Fisch ist ein virtuelles Tier, das in den virtuellen Gewässern des Internet schwimmt. Er ist unter der Adresse www.zyfisch.wzyx zu finden.« Was für ein furchtbarer Gedanke: Wenn ein Kind meint, ein Lebewesen werde maschinell hergestellt, dann ist sein kindliches Gehirn in meinen Augen auf die schlimmste Weise vergiftet und entstellt. Denn auf diese Art gewöhnen wir es langsam, aber sicher an das Schrecklichste. Und was ist das Schrecklichste? Wenn in zwanzig Jahren ein Großvater (nicht ich – bis dahin werde ich mich glücklich verabschiedet haben) sein Enkelkind nach den Namen seiner Klassenkameraden fragt und zu hören bekommt: »Antonio, Antonio, Antonio, Antonio …«, wenn er fragt: »Wie bitte? Heißen die alle gleich?«, und das Kind sich über die Frage wundert: »Aber Großvater, die sind doch geklont!«
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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