Nimm die Männer, wie sie sind – es gibt keine anderen - Regine Schneider - E-Book

Nimm die Männer, wie sie sind – es gibt keine anderen E-Book

Regine Schneider

0,0
7,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Sie sind selbstbewusst, attraktiv, haben einen interessanten Beruf und einen großen Bekanntenkreis. Nur mit der Liebe klappt es nicht. Sie suchen zu Ihrem (fast) perfekten Leben den passenden Mann und stellen fest: Perfekte Männer gibt es nicht. Oder doch? Die Autorinnen zeigen, wie sich Anspruch und Realität vereinbaren lassen und Frauen das ersehnte Glück zu zweit finden können. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 313

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Regine Schneider | Bärbel Raulf

Nimm die Männer, wie sie sind – es gibt keine anderen

FISCHER E-Books

Inhalt

VorwortEine kurze BestandsaufnahmeFrauen über Vierzig und die MedienVon Frauen, die mit zweierlei Maß messenLilli (39): »Endlich stimmen Innen und Außen überein«Aufgaben der ersten LebenshälfteWas passiert in der Lebensmitte?Alte Muster über Bord werfenWas bringt eine Therapie?Cornelia (38): »Mein Mann hat mich verlassen«Wenn der alte Partner gegangen istJutta (41): »Ich habe die ganz große Liebe gesucht«Aufbau der eigenen IdentitätEs könnte ja noch ein Besserer kommenAndrea (47): »Ich glaube, den Mann, den ich brauche, gibt es nicht«Die guten Männer stehen oft in der zweiten ReiheGlück im zweiten oder dritten AnlaufNora (45): »Langsam gebe ich die Hoffnung auf«Überstürzte AnfängeVersorgungsaspektReife und das eigene SelbstbildLadehemmung beim ersten KontaktSexualitätSabrina (43): »Ich habe mich von meinem Kinderwunsch verabschiedet«Späte MütterLena (44): »Die meisten Männer werden nie richtig erwachsen«Auch Männer haben sich geändertMänneransichtenThilo (45): »Ich will keine Frau, die klammert«KommunikationKirsten (43): »Ich wünsche mir einen Mann, mit dem ich ehrlich über alles sprechen kann«Was ist eine partnerschaftliche Bindung, und welche Fähigkeiten gehören dazu, sie zu erreichen?Bea (47): »Ich habe die Liebe meines Lebens gefunden«Wer paßt zu wem?Aus Verliebtheit muß nicht Liebe werdenWerden Sie aktivKontaktanzeigenTraumprinzlisteVergessen Sie nicht, sich zu schützenAnregungen und Fragen, die Sie sich stellen solltenHilfreiche Tips für die PartnersucheWichtige Sätze im ÜberblickDie Zukunft der ZweisamkeitFrei sein und trotzdem reif für eine Partnerschaft

Vorwort

Partnersuche in der Lebensmitte – etwas Frustrierenderes gibt es kaum. Heerscharen von Frauen, die haufenweise Versuche gestartet haben über Annoncen, Institute, Singlepartys, können ein Lied davon singen. Ist Männersuche im Alter von Vierzig ein sinnloses Unterfangen? Man könnte es glauben, lauscht man Gesprächsrunden von Frauen. Das Fazit: »Männer? Vergiß es! Männer kommen vom Mars.«

Und doch treffen wir immer mal wieder eine, die beglückt erzählt, es habe endlich gefunkt. Sie habe die Liebe ihres Lebens gefunden.

Und wir stellen verwundert und ein bißchen neidisch fest, da haben sich zwei entdeckt, die tatsächlich erstaunlich gut zusammenpassen. Fragen uns, warum passiert das nur den anderen? Wir, die wir tapfer auf Anzeigen antworten, uns verkuppeln lassen oder selbst die Initiative ergreifen, ziehen immer wieder die Nieten.

Die Zeitungen sind voll von Anzeigen in denen »starke« Frauen in der Mitte des Lebens, also zwischen 35 und 55, die alles erreicht haben, und »nur noch« händeringend den »warmherzigen, emotional offenen, gleichzeitig aber starken, erfolgsbewußten Mann« fürs Leben suchen. Allein in der »Zeit« werden drei Viertel aller Heiratsanzeigen von »beruflich selbständigen Frauen« aufgegeben, die »attraktiv, beweglich, erfolgreich, selbstbewußt« sind und denen scheinbar nichts in ihrem Leben fehlt außer einem »Prinzen.« Sehr häufig werden dabei Männer mit Eigenschaften gesucht, die es in der geforderten Kombination im wirklichen Leben gar nicht gibt oder die sich sogar gegenseitig ausschließen.

Einerseits haben Frauen, die heute zwischen 35 und 55 sind, soviel erreicht wie keine Frauengeneration vor ihnen. Frauenbewegung und gesellschaftliche Entwicklung haben dafür gesorgt, daß Frauen in der Lebensmitte präsent sind wie nie. Sie sind Politikerinnen, Managerinnen, Ärztinnen, Staatsanwältinnen. Sie leiten Konzerne oder bauen Firmen auf. Sie stehen im Leben ihren Mann und ziehen nicht selten nebenher noch Kinder groß. Dabei sehen sie biologisch zehn Jahre jünger aus als früher.

In der Lebensmitte stellen heute viele Frauen ihr Leben noch einmal auf ganz neue Füße. Sie steigen ein und steigen aus. Sie stellen fest, daß sie eigentlich keinen Mann brauchen, um ihr Leben zu meistern. »Ein Mann muß eine Frau glücklich machen, sonst braucht sie keinen«, ist der Wahlspruch vieler sich selbst verwirklichender Frauen.

Andererseits – und das ist paradox – wird verzweifelt wie nie der Partner fürs Leben gesucht. Und zwar auf eine unrealistische und von überholten Ansprüchen geleitete Weise, die in seltsamem Widerspruch zum neuen Selbstbewußtsein dieser Frauengeneration steht.

Denn die tief verwurzelte natürliche Sehnsucht nach Zweisamkeit bleibt. Einsamkeit ist bei aller Selbstverwirklichung eines der größten Probleme unserer Zeit. Und so machen Frauen sich in der zweiten Lebenshälfte mehr denn je auf die Suche nach dem Märchenprinzen. Mit viel höheren Ansprüchen als früher. Schließlich weiß man endlich, was man will. Die Meßlatte wird hochgehängt wie nie. Der Mann muß perfekt sein. Ein Supermann, an dem alles, was frühere Partner vermissen ließen, dran ist. Schließlich sind wir inzwischen unabhängig und selbstbewußt, wissen was wir wollen und akzeptieren nicht jeden. Der eine »Blindgänger«, den wir verlassen haben, hat uns gereicht.

Bei vielen Frauen mittleren Alters ist das Männerbild verrutscht. Es ist unrealistischer denn je. Einerseits hält man den Mann für das hinterherhinkende unterentwickelte Geschlecht. In mehr oder weniger literarischen Ergüssen mit Millionenauflagen nimmt man die Männer aufs Korn, macht sie zu lächerlichen Hanswürsten, läßt kein gutes Haar an ihnen. Andererseits nährt die Sehnsucht nach Glück und Zweisamkeit tief drin die Hoffnung, es gebe da doch den einen einzigen, der ganz anders ist als die anderen. Die große Ausnahme. Und die muß mit Vierzig ganz schnell gefunden werden. Entwickeln doch viele der aufgeklärten, unabhängigen und sich selbst verwirklichenden Frauen die fixe Idee: »Jetzt bin ich 42, bald muß ich wieder einen Mann an mich gebunden haben, sonst ist der Zug für mich endgültig abgefahren.« Insgeheim fürchten sie: »Mit Fünfzig bin ich eine alte Frau mit Runzeln und Falten. Mir verbleibt also nur wenig Zeit, den einzig Wahren zu finden.« Hier kommt zum Tragen, daß wir in einer Gesellschaft leben, die dem Jugendwahn verfallen ist. Davon kann sich selbst die emanzipierteste Frau nicht immer freimachen. Jede leidet darunter, daß die makellose äußere Hülle hinfällig wird. Um so verzweifelter bieten sie sich an. Enttäuschungen lassen sich dabei nicht vermeiden. Es gibt auch die Frauen, die ihren Kinderwunsch bis Ende Dreißig, Anfang Vierzig vor sich her geschoben haben. Nun tickt die biologische Uhr. Der Erzeuger, der bitte auch treusorgender Vater sein soll, wird hektisch gesucht.

Und was ist mit den Männern? Nie sind die Interessengegensetze größer als bei Männern und Frauen in dieser Lebensphase. Während Frauen händeringend nach dem Partner zum sofortigen Wiederverheiraten fahnden, ehe die Chancen vermeintlich vorüber sind, haben Männer, die aus einer gescheiterten Beziehung katapultiert werden, erst mal alles andere im Kopf, als sich gleich wieder fest zu binden. Sie haben erst mal »die Schnauze voll«. Klar, eine junge unkomplizierte und wenig fordernde Freundin ist genehm. Aber eine gestandene Frau, womöglich noch mit Therapieerfahrung, die weiß was sie will, ihr Leben im Griff hat und Forderungen stellt, die hat ihm gerade noch gefehlt. Da geht er laufen. Der Paartherapeut Jürg Willi hat festgestellt: »Männer suchen nach einer – oft schmerzlichen – Trennung erst mal ihre Freiheit. Dabei fallen sie in der Regel noch mal in pubertäres Verhalten zurück, wollen keine Verantwortung und Verbindlichkeit, sondern nur Spaß und Genuß.«[1] Sie wollen Sehnsüchte ausleben, die während der Partnerschaft nicht erfüllt wurden. Solange sie verheiratet waren, Kinder hatten, für ein Einkommen sorgen mußten, das es erlaubte, bei angenehmem Lebensstandard ein Haus abzubezahlen, sind ihre persönlichen Bedürfnisse hoffnungslos zu kurz gekommen. Sie haben sich abgestrampelt, und doch ist die Partnerin gegangen. Nun wollen sie leben. Alles nachholen. Und sind verunsichert, ja abgeschreckt. Viele fühlen sich abgezockt. Verständlich.

Es stehen sich in dieser Lebensphase also Männer und Frauen gegenüber, deren Erwartungen an eine Beziehung nicht unterschiedlicher sein könnten. Trotzdem geht man aufeinander zu. Frauen sehen dann oft ihr Vorurteil bestätigt: »Die Männer kann man abhaken.«

An dieser Stelle die schlechte Nachricht zuerst: Auch wir können die Männer nicht ändern. Aber die gute Nachricht wird von vielen Geschlechtsgenossinnen noch geflissentlich übersehen. Nicht alle Männer sind besetzt oder unbrauchbar. Nach einer angemessenen Zeit des »Freiseins« kehren sie gerne zu den Bequemlichkeiten der Zweierbeziehung zurück und starten einen weiteren Versuch. Auch Männer haben sich geändert, und es gibt inzwischen durchaus akzeptable und nette. Rein statistisch gesehen gibt es auch genug Männer in der Lebensmitte, die eine altersmäßig passende Frau suchen – entgegen der Meinung vieler Frauen im vorgerückten Alter, die glauben, ihre Chance, einen Mann zu finden, sei schon deswegen gering, weil es zuwenig freie Männer gebe. Die Statistik besagt etwas anderes: Es gibt 7,8 Millionen Frauen in Deutschland zwischen 40 und 55 Jahren. Fast eine Million von ihnen sind Singles. 76,5 Prozent (5,96 Millionen) sind berufstätig. Eine knappe Million davon selbständig. Entgegen der landläufigen Meinung können wir diesen eigenständigen und beruflich erfolgreichen Frauen sagen: Die Zahl der beziehungstauglichen Männer ist groß genug. Torschlußpanik ist durchaus nicht angesagt.

Bei Männern ist die Zahl so aufgeschlüsselt: Zwischen dem 45. und 64. Lebensjahr gibt es 762000 Singles. Nimmt man die Männer um die Vierzig hinzu, kann man sagen, statistisch gesehen gibt es für jede Singlefrau einen altersmäßig passenden Mann.

Ende 1997 hat das Statistische Bundesamt die neuesten Scheidungszahlen veröffentlicht: 1995 wurden danach 175600 Ehen geschieden. 3,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Damit ist die Scheidungsquote auf dem bislang höchsten Stand seit 1950. Durchschnittlich sehen die meisten Paare ihre Ehe nach sechs bis sieben Jahren als gescheitert an. 60 Prozent der Männer und 55 Prozent der Frauen heiraten innerhalb der nächsten fünf Jahre wieder.

Es hört sich gemein an, aber haben Sie schon einmal folgendes in Betracht gezogen? Daß gerade Sie noch keinen von denen erwischt haben, die wieder frei sind, liegt eventuell auch an Ihnen. Obwohl Sie eine gutaussehende, persönlich gereifte, beruflich unabhängige Powerfrau sind. An dieser Stelle kommen wir nicht umhin, mit unseren Schwestern einmal ordentlich ins Gericht zu gehen. Die sogenannten Powerfrauen müssen nämlich bisweilen noch mächtig an sich arbeiten, was ihre Beziehungsreife und ihre Beziehungsfähigkeit angeht. Das lange vorherrschende Feindbild Mann sollte langsam überholt sein. Natürlich gibt es unerwachsene, unreife oder neurotisch gestörte Männer. Aber wir Frauen sind auch nicht nur super, toll, unfehlbar und überlegen. Selbst in der Lebensmitte gibt es noch so manche, die ihren Blick besser zunächst auf sich richten sollte, statt über die bösen entwicklungsbedürftigen Männer zu lamentieren. Früher quälten wir uns mit unbefriedigenden Beziehungen herum, in denen unsere Bedürfnisse vernachlässigt wurden. Heute lebt eine große Zahl von Frauen unzufrieden allein. Wir sind der Meinung, viele Frauen haben im Zuge der Emanzipation das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Das eine Extrem mit dem anderen Extrem getauscht. Es geht wieder darum, vor der eigenen Haustür zu kehren und die goldene Mitte zu finden. Je mehr man an das Ende des einen Pols rückt, um so weiter entfernt man sich vom anderen. Das Gleichgewicht liegt aber in der Mitte.

Selbstverständlich wollen wir keine Frau wieder zum fremdbestimmten unmündigen Anhängsel des Mannes degradieren. Aber immer unter uns zu bleiben ist auf Dauer auch nicht besonders erstrebenswert – oder? Es geht also nicht darum, Frauen wieder klein zu machen. Aber bei allem gewonnenen Selbstbewußtsein haben wir es doch auch nicht mehr nötig, die Männer zu beschimpfen. Vielleicht können wir ein bißchen unserer neugewonnenen Stärke in eine Beziehung investieren. Es ist an der Zeit, daß sich die Geschlechter auf einer neuen Ebene wieder treffen. Anders als gemeinsam werden wir das Beziehungsdilemma nicht auflösen. Wir sollten das Kriegsbeil begraben, um mit neuem Selbstbewußtsein aufeinander zuzugehen. Wir wollen Ihnen einen Weg aus diesem Dilemma aufzeigen und Ihnen helfen, die Partnersuche in der Lebensmitte realistisch anzugehen. Unsere These ist: »Frauen, kommt von eurem hohen Roß herunter!«

Wenn ich mir in den Kopf gesetzt habe, eine schwarze Blume zu kaufen, und feststelle, daß es sie nicht gibt, muß ich entweder eine rote oder gelbe nehmen oder verzichten. So ist das auch bei der Partnerwahl. Wo ein falscher Ansatz da ist, gibt es keinen Erfolg. Es ist also wichtig, Ansprüche und Realität in Einklang zu bringen. Sie können nicht die Männer ändern, sondern nur bei sich selbst anfangen.

Wir bemühen uns, Denkfallen aufzudecken, Widersprüche aufzuzeigen. Einen Leitfaden zu erarbeiten, worauf frau achten muß, um eine realistische Chance für eine Beziehung in der zweiten Lebenshälfte zu haben.

Die Frauen, die meinen, daß Männer heutzutage allesamt Schrott seien, haben etwas erlebt, was zu diesem Männerbild geführt hat. Oft basiert es auf einem nicht gelösten Vater-Tochter-Konflikt oder einer unglücklich verlaufenen und nicht richtig verarbeiteten ersten Beziehung. Außerdem existiert ein von unserer Leistungs- und Erfolgsgesellschaft geprägtes Männerbild, was überhöhte Ansprüche in der Partnerschaft zur Folge hat. Doch auch Männer sind ganz normale Menschen. Es lohnt sich zu fragen, warum ausgerechnet ich immer so unbefriedigende Erfahrungen mit Männern mache. Ich kann die Antwort nur in mir selbst finden!

Ehe ich einen neuen Mann suche, muß ich mir erst mal klarmachen, wie das Männerbild aussieht, das ich seit Jahrzehnten mit mir herumschleppe. Entspricht dieses Männerbild dem, was ich wirklich brauche? Wie kommt es, daß ich immer einen bestimmten Typ Mann anziehe? Sind meine Ansprüche realistisch? Traue ich meinen Antennen, meiner inneren Stimme? Oder lasse ich mich von Äußerlichkeiten blenden? Eine alte Beziehung muß in jedem Fall verarbeitet sein, ehe man innerlich bereit für eine neue ist. Das braucht Zeit. Auf beiden Seiten.

Wichtig ist der Mut zu einem neuen Selbstbild und weg vom konventionellen Denken. Ebenso die Frage, welcher Partner mir guttut. Weniger wichtig ist, ob er braungebrannt ist, teuer gekleidet und Porsche fährt. Und: Hände weg von Partnern aus gerade zerbrochenen Beziehungen.

Die Frauenbewegung hat zudem mit sich gebracht, daß Frauen sich gleichberechtigt verhalten. Dazu gehört, daß viele Frauen es für »emanzipiert« halten, in ihrem Alter One-Night-Stands zu haben oder schnell mit einem Mann im Bett zu landen. Sie halten sich für frei, wenn sie den Mann auffordern, einladen, ansprechen. Die Erfahrung zeigt, daß dieses Verhalten dazu beiträgt, ein schales Gefühl zu behalten, das Gefühl, letztendlich benutzt oder sogar mißbraucht und weggeworfen worden zu sein, wenn der Mann nach einer gemeinsam verbrachten Nacht doch »nein danke« sagt. Zu einem guten Beziehungsauftakt gehört es, mit sich selbst achtsam umzugehen. Frauen müssen wieder lernen, sich zu schützen. Angemessen auf einen neuen Partner zuzugehen. Sich Zeit zu nehmen. Sich nicht selbst zu vergewaltigen.

In der zweiten Lebenshälfte geht es auch in der Partnerschaft um innere Werte. Diese inneren Werte kann ich aber nur langsam entdecken und schätzen lernen. Dazu muß ich den Mann richtig kennenlernen. Darf mich nicht von Äußerlichkeiten blenden lassen. Den Menschen im Mann entdecken kann ich nur, wenn ich meine und seine Grenzen nicht überschreite, indem ich mich ihm an den Hals schmeiße und gleich Nägel mit Köpfen machen will.

Wer sich mit 45 wie eine 25jährige gibt und kleidet, wird immer unterliegen. Nur wer zu sich steht, wirkt überzeugend. Jedes Lebensalter hat seine speziellen Entwicklungsaufgaben. Eine erwachsene Frau ist etwas anderes als ein junges Mädchen. Ziel in der zweiten Lebenshälfte ist im Gegensatz zur ersten, in der es darum ging, sich zu erproben, zu beweisen und nun Bestätigung zu finden, ein authentisches, stimmiges und zufriedenes Leben zu erreichen, Innen und Außen in Einklang zu bringen.

Dazu gehört neben der beruflichen Entwicklung, der Pflege von erfüllenden Hobbys, dem Aufbau eines gesunden Selbstwertgefühls auch innere Unabhängigkeit. Das Gefühl innerer Freiheit ist einer erwachsenen Frau angemessen. Und es ist unerläßlich für den Aufbau einer Beziehung in der zweiten Lebenshälfte. Es kommt nicht mehr auf die äußere Hülle, sondern auf die innere Entwicklung an. Entsprechend ist die eigene Ausstrahlung.

Dem Partner fürs Leben begegnet man vielleicht ein- oder zweimal. Mit viel Glück dreimal. Es ist keineswegs so, daß passende Partner wie Sand am Meer herumlaufen und nur eingesammelt werden müssen. Deshalb muß, wer den richtigen Mann sucht, auch Geduld mitbringen. Manche Frauen leben Jahre allein, ehe sie endlich einen Mann treffen, der zu ihnen paßt. Oft aber sind unrealistische Sehnsüchte im Spiel. Das ist gefährlich. Zurück bleiben frustrierte, entmutigte und sehr verletzte Frauen.

Am besten ist, sich sein Leben so einzurichten, daß man gelassen sagen kann: Wenn ein Partner hinzukommt, ist das schön und bereichernd, aber wir sind nicht abhängig davon. Das ist die innere Haltung, die am ehesten zum Ziel führt, weil sie uns eine entsprechend souveräne Ausstrahlung verleiht. Also weg mit der Meinung: Ohne einen Mann an meiner Seite bin ich nichts.

Eine kurze Bestandsaufnahme

Wir leben in einem neuen Zeitalter. Es ist gekennzeichnet von High-Tech. Technologie ersetzt Muskelkraft. Die Welt der Arbeit hat sich grundlegend verändert und wird sich weiter verändern. Trotz qualifizierter Ausbildungen können wir nicht mehr einen einmal erlernten Beruf bis an unser Lebensende ausüben. Wir müssen Eigeninitiative zeigen, müssen flexibel und mobil sein. Alles ist möglich, nichts ist sicher.

Auch die Welt der Beziehungen hat sich verändert. Partnerschaften halten nicht mehr lebenslang. Es gibt keine festen Regeln. Menschen müssen ihr Leben individuell und allein gestalten. In allen Lebensbereichen suchen wir nach neuen Modellen, Mythen, Helden und Heldinnen.

Die Gesellschaft entwickelt sich in Richtung narzißtischer (auf sich bezogen, um sich selbst kreisend) Wertvorstellung. Die Partnerbeziehung hat der Selbstverwirklichung zu dienen, was in übersteigerter Form bedeutet, daß sie funktionalen Charakter hat und nur so lange und so weit als verbindlich erachtet wird, wie sie die eigene Entwicklung fördert oder zumindest nicht behindert. Die Einstellung auf einen anderen Menschen, das Austragen von Konflikten, das gegenseitige Sich-Tragen und die Akzeptanz des anderen mit seinen Problemen fällt dabei völlig heraus.

Das gilt in starkem Maße für die 68er und frauenbewegte Generation, die heute in den mittleren Jahren ist. Sie hat eine Geschichte, die die ganze Generation geprägt hat und sich bis heute auf ihre Ansichten und Lebensstile auswirkt. Ein wesentliches Merkmal: Die jetzige Generation in der Lebensmitte hat keine Vorbilder.

Die 68er Generation ist die zwischen 1946 und 1955 geborene Nachkriegsgeneration, auch Vietnamgeneration genannt. Sie ist heute zwischen 43 und 52 Jahre alt und von der starken Jugendbewegung, die sie nach dem Zweiten Weltkrieg initiiert hat, beeinflußt. Die Nachkriegszeit war im Westen die Wirtschaftswunderzeit, gekennzeichnet durch Wiederaufbau, Demokratie und Wohlstandswachstum. Die Jugend konnte es sich erlauben, ohne einen Arbeitsplatz zu riskieren, sich extrem aufzulehnen, massiv gegen das Establishment zu protestieren und alle gesellschaftlichen Werte über Bord zu werfen. Niemand verbaute sich damit sein zukünftiges Berufsleben. Es war eine Revolution ohne Risiko. Eine Bewegung, ohne daß dafür ein persönlich hoher Preis bezahlt werden mußte. Alles schien bergauf zu gehen und nie ein Ende zu haben.

Die Jugendlichen fühlten sich innerlich frei zu tun, was sie wollten, lösten sich früh aus dem Elternhaus und zogen in Wohngemeinschaften und Kommunen. Dort wurde ein alternativer Lebensstil und Befreiung von bürgerlichen Zwängen praktiziert. Es entstand ein regelrechter Jugendkult wie später nie wieder. Die Jugend wurde genossen. Sie stand unter dem Stern der Ideologie der Befreiung vom Imperialismus. Die Schüler- und Studentenrevolte richtete sich gegen das Spießbürgertum und gegen verkrustete gesellschaftliche Strukturen. Sie suchte Glückseligkeit statt Geld. Sie war gegen jede etablierte Autorität, gegen Lehrer, Eltern, die Polizei, den Staatsapparat, gegen Uni-Dozenten und gewählte Volksvertreter. Es wurde demonstriert, Sit-ins und Love-ins abgehalten, protestiert. Die Jugend praktizierte absolute sexuelle Freizügigkeit. Parallel dazu fand eine musikalische Revolution statt mit dem Aufkommen der Beatles und Rolling Stones. Der Geist der Sechziger war geprägt von einem utopischen Weltverbessererbewußtsein. Die männliche Jugend verweigerte den Wehrdienst. Und frühestens mit Dreißig fingen die langhaarigen Idealisten an, einem Beruf nachzugehen. Diese in der Jugend genossene Freiheit prägte die ganze Generation und wirkt sich bis heute auf ihre Ansichten und Lebensstile aus.

Mit dem Entstehen der Frauenbewegung in den frühen 70er Jahren taten sich auch für Frauen ganz neue Möglichkeiten auf. Im Gegensatz zu ihren Müttern fingen Frauen an, sich als eigenständige Wesen zu behaupten. Sie fingen an, männliche Strukturen in allen Lebensbereichen zu kritisieren und zu unterwandern. Dank der Anti-Baby-Pille konnten sie »frei« lieben. Frauen weigerten sich, mit 25 ohne vernünftige Berufsausbildung zu heiraten, Kinder in die Welt zu setzen und für den Haushalt dazusein. Sie wollten Karriere machen, und viele taten das auch. Die Ehe wurde aufgeschoben zugunsten einer qualifizierten Berufsausbildung und des Versuchs, sich selbst zu verwirklichen. Sie kämpften für Gleichberechtigung, sagten, »mein Bauch gehört mir«, lasen Alice Schwarzer und Verena Stefan, inszenierten die Walpurgisnacht, gaben Pamphlete heraus für die Gleichstellung von Mann und Frau in allen Lebensbereichen und hielten Frauenversammlungen ab, zu denen Männer keinen Zutritt hatten, feierten Frauenfeten und entdeckten, wie gut Frauen miteinander auskommen. Sie entdeckten die Frauensolidarität und hoben sie über alles andere.

In den 70er Jahren war die wirtschaftliche Situation in den Industrienationen so, daß Frauen die Möglichkeit hatten, in fast alle Berufe vorzustoßen, die bis dahin Männern vorbehalten waren. Allerdings schafften es nur wenige bis an die Spitze und in die Führungspositionen der obersten Etagen. Frauen lernten, ihre Ellenbogen zu gebrauchen. Dabei streiften viele ihren traditionell »weiblichen Kern« ab und taten es den Männern gleich. Sie machten Selbsterfahrung und suchten ihren Platz in der Gesellschaft neu zu bestimmen. Sie verweigerten ihr altes Rollenverhalten, stellten ihr bisheriges Selbstverständnis in Frage. Hieß es bis dahin, Frauen brauchen keine qualifizierte Berufsausbildung, sie heiraten ja sowieso, strömten Frauen nun in die Universitäten. Gail Sheehy, eine amerikanische Publizistin, die sich in ihren Büchern mit der Lebensmitte und den verschiedenen Lebensabschnitten befaßt, schreibt: »Als die Frauen der 60er Generation volljährig wurden, befanden sie sich im Krieg mit den traditionellen Werten. Sie waren soweit, die Ketten, die sie gefangen hielten, zu sprengen.«[2]

Die Gesellschaft verhielt sich modernen Frauen gegenüber feindselig, Feministin oder Emanze wurde als Schimpfwort gebraucht und eingesetzt, wenn man eine Frau als »unweiblich« klassifiziert hatte, weil sie versuchte, sich gegen einen Mann durchzusetzen. Dieser Kampf und das wachsende Selbstbewußtsein führten dazu, daß viele Frauen sich mit männlichen Werten in die Schlacht stürzten. Zwischen den Geschlechtern herrschten nicht selten kriegsähnliche Zustände, die sich in dieser Generation bis heute fortsetzten.

Der 68er Generation folgte die zwischen 1956 und 1965 geborene »ichbezogene Generation«, die heute zwischen 35 und 43 Jahre alt ist. Sie wurde in den Siebzigern volljährig, und Studentenrevolte und Frauenbewegung waren für sie alte Hüte. Sie versuchte statt dessen, sich mit dem eigenen Ich zu beschäftigen. Statt Demonstration und Kampf für die Veränderung der Gesellschaft war die Beobachtung und Ergründung des eigenen Ichs angesagt. Es fehlte der Idealismus und das Engagement der Vorgänger, dafür trat das Anspruchsdenken in den Vordergrund. Sanyasin und Bhagwan waren gefragt. Aus dieser Generation rekrutierten sich die Yuppies. Karriere und Geldverdienen wurden nicht mehr verachtet, sondern angestrebt.

Beide Generationen kannten Existenzkampf und Hungersnot nur aus den Erzählungen ihrer Eltern. Ebenso schienen Armut und Massenarbeitslosigkeit der Vergangenheit anzugehören. Die ersten Jahrzehnte beider Generationen verliefen ohne größere materielle Probleme. Es war Platz und Raum, sich um sich selbst und idealistische Ideen zu kümmern. Die Frauen der Yuppie-Generation profitierten von dem, was Frauenbewegung und Vietnamgeneration sich an Freiheiten und Normveränderungen erkämpft hatte. Vieles war inzwischen selbstverständlich, was die 68er Generation noch einfordern mußte. Es begann das Zeitalter der ledigen Karrierefrauen.

»Was die jungen Frauen angeht, so haben sie ihre Geschlechtsgenossinnen der sechziger Jahre an akademischem Fleiß in den Schatten gestellt … Hunderttausende von Frauen strömten Mitte der siebziger Jahre aus den Universitäten. Sie waren die Rennpferde des Feminismus und machten sich im Galopp daran, die bis dahin exklusiven männlichen Jobs zu ergattern. In ihren strengen Kostümen wollten viele sich und anderen beweisen, daß eine Heirat nicht wesentlich ist für Glücklichsein und wirtschaftliches Überleben und daß Frauen sich Männern keineswegs unterordnen müssen.«[3]

Frauen waren stolz auf das, was sie erreicht hatten, froh über ihre Unabhängigkeit, Selbständigkeit und darüber, daß sie ihr Leben autonom im Griff hatten. Sex wurde auch von den Frauen als etwas angesehen, das man genießen kann, das aber keine Verpflichtung zur Bindung nach sich zieht.

Die Stellung der Frau hat sich mit den Nachkriegsgenerationen in diesem Jahrhundert völlig verändert. Nachdem die »alten Gesetze von Sitte und Moral, Religion und Einfluß der Eltern«[4] gefallen sind, sind Frauen und Männer gleichermaßen darauf angewiesen, eine persönliche Beziehung zum anderen Geschlecht herzustellen. »Keine Frau ist verpflichtet, sich zu unterwerfen, und kein Mann kann sich noch länger nur auf seine männliche Überlegenheit berufen.«[5] So ergibt sich innerhalb einer Beziehung eine ganz individuelle Machtverteilung. Je nach Naturell und Ansicht, nach persönlicher Durchsetzungsfähigkeit und Stärke von Mann und Frau. Ein Gleichgewicht ist nicht immer leicht zu realisieren, und vielfach ist es heute so, daß die Frau den autoritären Part übernimmt und ansagt, wo es langgeht. Das ist für die Zufriedenheit beider Partner in der Beziehung schwierig.

Die neue weibliche Haltung hatte für Männer, die nicht wußten wie ihnen geschah, weitreichende Folgen und löste eine große Verunsicherung aus. Mit Frauen, die ihren Mund aufmachten und sagten, was sie meinten, hatten sie nicht gelernt umzugehen. Männer trafen plötzlich Frauen, die sich zu behaupten wußten, ihre eigenen Interessen mit Nachdruck vertraten. Dabei mußten Frauen soviel Kraft investieren, »daß sie nicht nur selbstbewußte, sondern auch erschreckend autonome Charakterzüge entwickelt haben. Derweil schritten die Männer ihrer Generation im normalen Trott voran, aber sie fühlten sich sexuell angezogen von diesen Frauen, die zornig alle patriarchalischen Privilegien zu zerschlagen suchten. Kein Wunder, daß irgendwann die Gegensätze zum Ausbruch kamen und die Zahl der Ehen zugenommen hat, die bei Annäherung an das mittlere Alter geschieden wurden.«[6]

In den neuen Bundesländern vollzog sich eine Veränderung der traditionellen Frauenrolle per staatlicher Verordnung. Im Sozialismus galt die Emanzipation der Frau als Selbstverständlichkeit. Es war keine Frage, daß Frauen einen qualifizierten Beruf erlernten und auch ausübten, daß Männer sich gleichberechtigt an Haushalt und Kindererziehung beteiligten. Dazu gehörte – im Gegensatz zum Westen – eine flächendeckende staatlich organisierte Kinderbetreuung. Man kann heute sagen, daß Ost- und Westfrauen alte Rollenbilder gleichermaßen abgestreift haben.

Nicht nur die Frauen in Europa und Amerika haben sich auf ihre Rechte besonnen. Die Weltfrauenkonferenz 1995 in China zeigte, daß Frauen auf der ganzen Welt »Erweckungserlebnisse« hatten. 30000 Frauen aus allen Teilen der Welt nahmen an diesem Treffen in Peking teil, von Haiti bis Kuba, von Schweden bis Papua Neuguinea, von Ecuador bis Indien, von England bis Australien, von Kanada bis Tunesien. Sei es die Bäuerin aus Bangladesch, die sagt: »Ich gleiche meinem Ehemann stärker als meinem Vieh« oder die Afrikanerin: »Ich habe ein Recht auf dieses Land, das ich bestelle, und mit weniger will und werde ich mich nicht abfinden« oder die verschleierte Frau aus Saudi-Arabien, die selbstbewußt sagt: »Ich bin der Sohn, den mein Vater sich gewünscht hat.« Frauen sind weltweit bereit, ihre Zukunft in die eigene Hand zu nehmen. Gläubige moslemische Frauen sind nicht weiter bereit, gehorsam und ohne zu murren die männliche Vorherrschaft zu akzeptieren. In Peking beriefen sie sich auf die allgemeine Menschenrechtserklärung der UNO, die vor fast 50 Jahren von allen Mitgliedstaaten unterzeichnet wurde: Frauenrechte sind Menschenrechte. Sie proklamierten ihr Recht auf Gewaltfreiheit, auf gleiche Bildungsschancen, auf gleichen Zugang zu Ernährung und Gesundheit sowie auf sexuelle Autonomie.

Während Frauen in der Lebensmitte immer selbstbewußter werden, immer besser wissen, was sie wollen, und vor allem, was sie nicht wollen, kapseln Männer sich ab, werden nicht selten depressiv. Ihr Selbstwertgefühl leidet. Unabhängig von ihrem beruflichen Erfolg stellen sie sich selbst in Frage. Das soziale Netzwerk der Männer ist unterentwickelt. Für heutige Männer in der Lebensmitte ist es schwer zu akzeptieren, daß gleichaltrige Frauen Persönlichkeiten sind.

Die Vertreterinnen der Nachkriegsgeneration sind zudem stolz auf ihren exklusiven Werdegang, ihr kritisches Bewußtsein, ihr unangepaßtes Benehmen. Es ist eine Generation, die alles anders macht und gemacht hat als die vorherigen Generationen und auch als die folgenden Generationen. Jetzt, da die 68er in die Jahre kommen, scheint vieles nicht mehr gültig zu sein, und man fühlt sich ewig jung. Die Kriegsgeneration fühlte sich mit Vierzig älter als die Nachkriegsgeneration mit Fünfzig. Haben unsere Mütter mit Vierzig resigniert und akzeptiert, daß sie von nun an zum alten Eisen gehören – zum »unsichtbaren Geschlecht«, wie Simone de Beauvoir schrieb –, so wollen die heutigen Frauen vom Älterwerden nichts wissen. Sie schreiben Bücher mit dem Titel »Endlich Vierzig« oder »Fünfzig, na und« und »Laß dir graue Haare wachsen«. Sie erklären das Alter, in dem sie gerade sind, als das beste im Leben. Sie erklären die Lebensmitte zum einzigartigen Erlebnis, sie achten auf ihre Figur, treiben Sport, ernähren sich bewußt, hungern sich Pfunde von den Hüften, und nicht wenige vertrauen sich dem Messer eines Schönheitschirurgen an. Sie sind gut drauf, erfolgreich, vital, sehen 10 bis 15 Jahre jünger aus, als sie sind, und siedeln sich vom Gefühl her zwischen 30 und 35 an. Sheehy stellt fest, es handele sich um eine Generation, die kollektiv bestreite, in der Lebensmitte zu sein. Sie fühlt sich geistig und seelisch jung und ärgert sich, wenn der Körper sichtbar signalisiert, daß der Alterungsprozeß sich nicht aufhalten läßt. Viele turnen und strampeln dagegen an.

Die Jugendzeit hat das Bewußtsein der 68er Generation nachhaltig geprägt. Wir haben die Macht und die Wahl. Das mittlere Alter wird als zweite Jugend betrachtet. Musikgruppen wie die Rolling Stones oder die Beach Boys machen es vor. Betrachtet man den Werdegang, die Entwicklung und die Einstellung dieser Generation, so wird klar, daß wir es in der Lebensmitte mit höchst eigenwilligen Persönlichkeiten zu tun haben. Frauen, die es beruflich weit gebracht haben, die ihre Persönlichkeit entwickelt haben, stellen hohe Ansprüche an Männer, die für sie in Frage kommen. Typische Ansichten und Sätze von Frauen zwischen 40 und 50 sind: »Männer kannst du vergessen«, »Es kommen nur noch ganz wenige Männer für mich in Frage«, »Ich kann nein sagen«, »Ich tue nicht mehr alles, um von anderen geliebt zu werden«, »Ich bin ich«, »Mir kommt kein Mann mehr ins Haus.«

Einerseits sind die Frauen in der Lebensmitte höchst wählerisch. Schließlich haben sie sich bemüht, alte Rollenbilder hinter sich zu lassen, andererseits sind sie noch nicht ganz frei von alten Klischees. Sie senden durchaus ambivalente Botschaften aus. Trotz Emanzipation stecken alte Traditionen tief verwurzelt in ihnen. So wollen Frauen sich zwar nicht unterwerfen, aber der Partner soll trotzdem der Beschützer, der Macher, der mit der starken Schulter zum Anlehnen sein. Sie möchten versorgt sein und sich geborgen fühlen. Forderungen, die nicht unter einen Hut zu bringen sind. Einem Märchenprinzen muß ich mich anvertrauen, dem kann ich nicht befehlen, wo es langgeht.

Besonders selbstbewußte und engagiert kämpfende Frauen kommen in Konflikte, wenn sie sich im Grunde einen überlegenen Mann wünschen, zu dem sie aufschauen und den sie bewundern können. Dabei ist der Konflikt vorprogrammiert. Denn wenn die Frau die männliche Überlegenheit spürt, stößt sie sich daran, revoltiert, versucht ihn klein zu machen und beklagt sich dann über seine Arroganz, wenn er sich wehrt. Wehrt er sich nicht, verliert sie den Respekt, denn sie will doch einen starken Mann. Frauen zeigen oft eine gewisse Scham, wenn sie das Gefühl haben, der Partner sei ihnen nicht überlegen, also kein »echter Mann, ein Softie«. Eine schwierige Situation, denn den Mann, der gleichzeitig Macho ist, Stärke und Überlegenheit zeigt, aber im richtigen Moment schwach und weich ist, gibt es nicht.

Hohe Erwartungen beider Partner mögen vielleicht noch gewisse Schwierigkeiten ausgleichen, doch äußere Probleme wie beispielsweise Streß durch gestiegene Anforderungen am Arbeitsplatz, sich wandelnde Werte im sozialen Umfeld, finanzielle Sorgen oder der Verlust des Arbeitsplatzes überfordern ein Paar oft völlig. Man steht nicht mehr bedingungslos zueinander und geht gemeinsam durch Höhen und Tiefen. Im Gegenteil, bei geringen Schwierigkeiten läßt man den Partner fallen. Andererseits finden die meisten das Singledasein längst nicht so prickelnd. Frauen vermissen Sex, wollen aber andererseits keine One-Night-Stands.

Die Vorstellung davon, wie der richtige Mann beschaffen sein und welche Eigenschaften er haben müßte, nähern sich oft stärker als in jungen Jahren dem Ideal des unerreichbaren Märchenprinzen an. Die Verwirrung über die jeweiligen Geschlechterrollen ist offensichtlich. Unsere Gesellschaft ist einerseits geprägt vom Machoideal, andererseits von übertrieben feministischen Ansprüchen. Es wird deutlich, daß das gestiegene Selbstbewußtsein von Frauen nicht die Schwierigkeiten in der Beziehung von Mann und Frau verringert. Im Gegenteil, dadurch, daß die Frau sich nicht mehr anpaßt, werden die Probleme eher größer. So können Mann und Frau oft nicht miteinander leben, aber auch nicht ohne einander.

Es gibt unterschiedliche Erwartungsmuster:

Wenn in der Lebensmitte eine bestimmte Karrierestufe erreicht ist, wenn die biologische Uhr tickt, melden sich bei den Karrierefrauen ambivalente Gefühle. Soll das jetzt alles gewesen sein? Oder fehlt doch ein Partner, vielleicht sogar ein Kind? Viele bemerken mit Unbehagen, daß es doch nicht so schön ist, nie Kinder zu haben. Sie begeben sich panikartig auf die Suche nach einem geeigneten Vater. Sehnsüchtig blättern sie in Katalogen mit Brautkleidern und malen sich aus, wie die Hochzeitsglocken läuten. Plötzlich suchen sie nicht nur einen Vater für ihr ersehntes Kind, sondern dazu noch einen, der sie ernährt. Die Ansprüche sind hoch, hat man doch selbst gut verdient. Heute ist es schon fast normal, daß Frauen erst spät den Wunsch nach Kindern haben. Die Entwicklung der reproduktionstechnischen Möglichkeiten in der Medizin nährt die Hoffnung, daß man der Natur notfalls auf die Sprünge helfen kann. Diese Möglichkeit führt vielfach dazu, daß Frauen glauben, bis in ihre Vierziger hinein alle Wahlmöglichkeiten offen zu haben. Gibt es doch genügend prominente Vorbilder, bei denen es mit Anfang oder sogar Mitte Vierzig noch geklappt hat. Und selbst 50- und 60jährige können inzwischen dank medizinischer Fortschritte Kinder gebären.

»Lange Zeit ist es ihnen nicht in den Sinn gekommen, daß ein Kind für sie wichtig sein könnte. Jetzt fehlt ihnen diese Erfahrung, und sie sind wie besessen darauf aus, doch noch schwanger zu werden. Sie machen sich plötzlich Sorgen, daß sie im Alter niemanden haben, der sich um sie kümmern kann. Sie waren 43, als sie mit dem Gedanken zu liebäugeln begannen … Und mit 46 sind sie dann bereit, zu akzeptieren, daß nichts daraus wird. Doch nicht einmal dann sind alle Frauen bereit, es hinzunehmen.«[7]

Es gibt nämlich auch eine Kehrseite: Viele Frauen verschätzen sich, wenn sie meinen, das Kinderkriegen habe Zeit bis zur Menopause. Bei vielen klappt selbst eine Sterilitätsbehandlung oder gar In-vitro-Fertilisation nicht, und es gibt nicht wenig Frauen, die dann irgendwann nach Sex unter dem Druck der fruchtbaren Tage oder nach Hormonbehandlungen und teurer High-Tech-Medizin-Methoden enttäuscht merken, daß es zu spät ist. »Für die Frauen, die sich jahrelang hartnäckig, aber erfolglos bemüht haben, kann das Aufgeben des Kinderwunsches eine der herzzerreißendsten Erfahrungen ihres Lebens sein.«[8] Nicht selten stellen sich dann schwere Depressionen und tiefe Verzweiflung ein.

Andere Frauen haben mit Vierzig erwachsene Kinder. Oft wird damit der alte Partner uninteressant, hat man es mit ihm doch nur der Kinder wegen ausgehalten. Die jugend- und frauenbewegte Generation ist es, die die mittleren Jahre als höchst lebenswert entdeckt und erklärt hat. Sie klammert nicht länger an unglücklichen Beziehungen fest, sondern beschließt häufig, ihr Leben allein zu verbringen. Nach dem Motto, lieber ein glücklicher Single als eine schlechte Ehe. Entweder genießen sie es, endlich allein zu leben, oder es soll nun einer her, mit dem man harmoniert, der hundertprozentig zu einem paßt. Zwei Drittel der Scheidungen werden heute auf Betreiben der Frau vollzogen. Gail Sheehy: »Sowohl für Männer als auch für Frauen ist eine gute engagierte Ehe eine der besten Garantien fürs Wohlbefinden. Aber in mittelmäßigen oder schlechten Ehen sind Frauen die hauptsächlichen Verlierer.«[9] Deshalb sind viele Frauen nicht bereit, mit dem Mann, mit dem sie die erste Lebenshälfte verbracht haben, auch die zweite zu verbringen. Viele dieser Frauen fühlen sich, nachdem sie den alten Eheballast über Bord geworfen und neue Möglichkeiten für sich gefunden haben, jünger als während ihrer Ehe. Vielen erscheint das mittlere Alter als beste Zeit ihres Lebens. Die meisten schwören sich, daß eine traditionelle Ehe für sie nie wieder in Frage kommt.

Ein weiteres Phänomen dieser Generation ist, daß sie meint, Älterwerden betrifft nur die anderen. Viele weigern sich einfach, die Tatsache, daß sie die Jugend hinter sich gelassen haben, zu akzeptieren. Viele Frauen behalten eine tadellose Figur, kleiden sich modisch, tragen freche Frisuren. Bei vielen ist das »Petra-Pan-Syndrom« festzustellen. Frauen, die nicht akzeptieren wollen, daß sie in die Jahre gekommen sind und sich allzu jugendlich kleiden. Viele stürmen auch die Fitneßstudios, trainieren wie die Wilden oder legen sich unters Messer von Schönheitschirurgen. Gail Sheehy: »Sie sind aggressiv, sie haben die Macht, sie verdienen selbst ihr Geld, und sie können genau solche sexuellen Raubtiere sein wie Männer.«[10]

Generell kann man sagen: Frauen sind in ihrem Kampf um Gleichberechtigung hart geworden. Gerade die Generation der Pionierinnen der Frauenbewegung. Sie haben gelernt, Forderungen zu stellen, setzen ihre Ellenbogen ein. Sie haben sich angewöhnt, zu kämpfen wie ein Mann.

In der Beziehung ist aber das Gegenteil gefordert. Da ist auch Weichheit, Verletzlichkeit, Verständnis, Vergeben und Verzeihen, Geduld und Entgegenkommen angesagt. Eigenschaften, die man von Frauen immer erwartet hat und die Frauen gerade abgelegt haben.

Eine Untersuchung der Universität Oldenburg von Psychologie-Professor Ulrich Mees hat in einer wissenschaftlichen Untersuchung an 300 Studentinnen und Studenten ergeben, daß Frauen in der Liebe längst nicht alles geben wollen. Die starke Frau von heute liebt vor allem sich selbst, sie hat hohe bis unerfüllbare Ansprüche an einen Partner. Da kein Mann diese Ansprüche erfüllen kann, wundert es nicht, daß wir eine »Versinglelung« der Gesellschaft feststellen können. Weit mehr als 13 Millionen Single-Haushalte gibt es in Deutschland. Und es werden immer mehr. Das heißt, Legionen von weiblichen Singles stehen Legionen von männlichen gegenüber. Und die meisten sind Single wider Willen. Insgeheim hoffen sie doch wieder auf eine erfüllende befriedigende Partnerschaft, wünschen sich nichts sehnlicher als Zweisamkeit.

Frauen über Vierzig und die Medien

In den Medien werden die Frauen um Vierzig und Fünfzig regelmäßig begeistert vorgestellt. Ob Hannelore Elsner, Iris Berben, Senta Berger, Ornella Muti, Corinna Harfouch, Dagmar Wöhrl, Kim Basinger, Sharon Stone oder Jacqueline Bisset: Bewunderung ist ihnen sicher. Für ihr Aussehen und ihre einzigartige Ausstrahlung, dafür, wie sie sind und was sie nach außen darstellen. Sie alle werden immer wieder erwähnt, wenn es um Erotik, Schönheit, Sex und Klugheit geht. Es wird den Frauen über Vierzig bestätigt, daß sie eine ganz besondere Generation sind. Powerfrauen werden sie genannt.