Oh, du Heimat, du! - Walter F. Bosch - E-Book

Oh, du Heimat, du! E-Book

Walter F. Bosch

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Beschreibung

Was, Sie haben noch nie etwas vom Killertal gehört? Unglaublich! Nein, nein, hinter diesem Namen verbirgt sich nicht das, was Sie jetzt denken! Hier treiben keine nach Blut lechzenden Mörder ihr Unwesen - dagegen warten Bedrohungen anderer Art auf die im Allgemeinen friedlichen Bewohner dieses Tales! Ab und zu erhebt sich die Starzel, ein an und für sich harmloser Bach, neugierig aus ihrem Bett und stattet den Anliegern einen Besuch ab. Auch leben die Bewohner in einer aktiven Erdbebenzone, aber auf diese ernsten Themen wird in diesem Buch nicht eingegangen. In dieser seriösen pseudowissenschaftlichen Abhandlung werden dagegen einige Bewohner diese Tales geschildert, die so ziemlich alle dem Vergessen anheimgefallen sind, was nicht zuletzt auch daran liegen könnte, dass sie, bis auf einen, möglicherweise nie existiert haben, genau so wenig wie der von Zugezogenen oft fälschlich als Namensgeber des Tales angenommene Fluss Killer, den es ebenfalls nie gegeben hat. Schade eigentlich..

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Inhaltsverzeichnis

Erklärungen zum Titel und Widmung

Ganz wichtige Vorbemerkung für den skeptischen und unentschlossenen Leser

Vorwort

DAS KILLERTAL ALLGEMEIN

SCHLATT

Aloys Rädle – Lebenslauf und einige Werke

Prof. Dr. Adalbert Hurlebaus - Lebenslauf und einige Werke -

JUNGINGEN

Sven Nägele – Lebenslauf und einige Werke

Elisabeth Gödörmör

Konrad Zink

Franz-Anton Buochmiller

KILLER

Friedrich Schiller

GAUSELFINGEN

Joseph von Eichendorff/Emil Straubinger

BOLL

Johann Wolfgang Goethe

Nachwort an die Leserschaft

Ergänzende Materialien

(Die Fotos auf S.→, S.→ und S.→ dürften aus der Sammlung Sigmar Schuler stammen, alle anderen Fotos S.→, S.→, S.→, S.→, S.→ aus dem privaten Besitz des Autors)

Ein Sammelsurium

Erklärung und Widmung

Dieses Buch stellt eine Abhandlung über bedeutende Persönlichkeiten aus dem Gebiet des alten Hohenzollern unter besonderer Berücksichtigung des Killertals nebst den dazugehörigen Erläuterungen dar. Einige dieser Namen sind noch aktuell, die Träger anderer Namen dagegen sind bereits verstorben. Ihnen allen ist eines gemeinsam: Sie sind so gut wie vergessen!

Dieses Buch ist allen gewidmet, denen bisher noch nichts gewidmet wurde; ganz besonders dem großen, zu Unrecht verkannten Denker

Arnold Hau

und nicht zuletzt

meiner Frau

und meinen Freunden aus “Gustavs“ Zeiten

Jungingen, im Juni 2024

W. F. Bosch

Ganz wichtige Vorbemerkung für den skeptischen und unentschlossenen Leser

Sie haben soeben einen Blick auf dieses Buch geworfen und denken: „Nichts für mich; das Killertal kenne ich nicht!“ – ein mir durchaus verständlicher Gedanke, aber ich bitte Sie: Geben Sie mir und auch Ihnen eine Chance! Das wunderschöne Killertal ist lediglich ein Vehikel, mit Hilfe dessen ich Sie mit meinem Texten vertraut machen möchte. Ich lebe im Killertal und das sehr gerne, aber bei diesem Buch handelt es sich nicht um Heimatdichtung im engeren Sinne!

Ich bin also in diesem Tal am Fuße des Aufstiegs zur Schwäbischen Alb aufgewachsen und hier gedenke ich auch meinen Lebensabend zu verbringen. Das Abendrot hat bereits eingesetzt und ich weiß natürlich nicht, wie lange es noch andauern wird…..Nutzen wir daher das noch verbleibende Licht….

Notwendiger Hinweis: Dieses Buch kann auch in anderen deutschsprachigen Gebieten gelesen werden, da es in weiser Voraussicht (und nicht nur aus kommerziellen Gründen!) nicht im Dialekt verfasst worden ist!

Vorwort

Heimat! Wie oft gebrauchen wir diesen Begriff, in Reden und Liedern, voller Gefühl oder auch gedankenlos, leichtsinnig oder unüberlegt. Wie viele Diskussionen in Funk und Fernsehen zu dieser Problematik haben wir schon verfolgt, oft mit sehr unbefriedigenden und widersprüchlichen Ergebnissen. Ist Heimat dort, wo man geboren wurde oder dort wo man lebt, ein Ort, den man sich quasi erarbeitet hat, geschaffen mit eigener Hand? Oder ist Heimat dort, wo man glaubt, Freunde gefunden zu haben? Ich halte es für überflüssig, hier die ganzen Streitpunkte zu wiederholen, denn meine Heimat Jungingen, die Perle des Killertals, der „Stapelplatz der Intelligenz“, ist der einzige Ort auf der Erde, wo ich leben möchte und sonst nirgendwo! Gut, vielleicht auch zur Not am Vierwaldstätter See oder in Darjeeling; auch in Frankreich gibt es nette Plätzchen, ganz zu schweigen von Kanada oder Reit im Winkl. Ehrlich gesagt, Italien wäre auch nicht schlecht! Aber nur hier in Jungingen nenne ich mein über alles geliebtes Haus und meinen Garten mein Eigen, gibt es die Vereine, in die ich eintreten sollte, wenigstens in einen; hier leben nette Mitmenschen, von denen ich einige sogar noch mit Namen kenne, wenn mir auch allmählich viele, vor allem die jungen, ziemlich fremd sind. Mitleidig betrachte ich manche meiner Freunde, die, weil sie jetzt gerade einmal 30 Jahre hier leben, schon glauben, sich einen echten Junginger nennen zu dürfen! So einfach geht das nicht! Ihre Enkel haben vielleicht eine leichte Chance….

Aus dieser meiner engeren Heimat möchte ich dem interessierten Leser Persönlichkeiten vorstellen, über die die Zeit mit wenigen Ausnahmen den Mantel des Vergessens ausgebreitet hat. In der Hauptsache waren es Literaten, aber es finden sich durchaus auch andere Berufszweige darunter. Manchmal könnte man heute doch tatsächlich meinen, diese Menschen hätten nie wirklich existiert! Und doch haben sie in der Epoche, in der sie lebten und wirkten, ihre Spuren hinterlassen, wenn es ihnen auch kaum gelang, dieser einen prägenden Stempel aufzudrücken. Aber ich bin sicher, dass nach der Lektüre dieses kleinen Buches einigen von ihnen wieder dem Dunkel entrissen werden und sie den Platz in den Herzen der Leser erhalten werden, den sie wirklich verdient haben!

Die Idee zu diesem Buch entstand eines Donnerstagmorgens so gegen 8.15 Uhr, als ich gerade aus mir bis heute unbekannten Gründen mit leicht schmerzendem Genick in meinem Bett lag. Ich beschloss, diese Eingebung sofort dankbar beim Schopf zu packen und machte mich noch am selben Tag unverzüglich ans Werk. Ursprünglich sollte es lediglich eine Gedichtsammlung mit den entsprechenden Erläuterungen zu den jeweiligen Autoren werden, aber bei der Durchführung meiner Recherchen stieß ich auf weitere verkannte Persönlichkeiten des Killertals und ich beschloss daher, meine Forschungen auch auf diese auszudehnen. Jetzt, nach Abschluss meines Werkes bin ich erstaunt, welche Vielfalt an Genialität, Ideenreichtum, nicht nur auf dem Gebiet der Poesie, in diesem ehemaligen politischen Gebilde Hohenzollern und besonders in diesem engen Tal, dem Killertal, im Laufe der Jahrhunderte entstanden ist. Gut, wir wollen nicht übertreiben: So viele Namen sind es jetzt ja auch wieder nicht! Eigentlich sind es nur zwei oder drei, vielleicht fünf, aber auf gar keinen Fall mehr als sieben. Aber alle, alle aus unerklärlichen Gründen vergessen! „Zu Recht!“ werden jetzt manche Zyniker und der Materie Unkundige sagen! Genialität? Ideenreichtum? Na, ja….

Ebenso von Bedeutung erscheint mir persönlich die Tatsache, dass auch wirkliche Größen der deutschen Literatur ihren Fuß in diese Gegend gesetzt haben; ich denke dabei vor allen Dingen an Johann Wolfgang von Goethe und auch an Joseph von Eichendorff. Sie haben dadurch dieser Gegend möglicherweise ihren sprachlichen Stempel aufgedrückt. Auch ist es keinesfalls ganz von der Hand zu weisen, dass im 20. Jahrhundert der deutsche Dichter Arnold Hau auf seinen von innerer Unruhe getriebenen Wanderungen bei uns seine Spuren hinterlassen hat, die größer sind als bisher angenommen…... Und natürlich hat hier Wolfgang Hildesheimer geforscht, als er sich für seine schlichtweg geniale Geschichte „Eine größere Anschaffung“ („Lieblose Legenden“ Suhrkamp Verlag) zum Studium der Lokomotive Nr. 15 der HzL („Hohenzollerische Landesbahn“) in den Güterschuppen in Schlatt einquartierte, um sich dort drei Wochen lang intensiv mit den Einzelteilen einer Maschine dieser Art auseinanderzusetzen!

Zur Vorgehensweise: Ich habe die Namen der beschriebenen Personen den einzelnen Orten des Killertals zugeordnet, beginnend in Schlatt, weil dieser Ort sozusagen die Tür zum Killertal darstellt. Dann führt der Weg durch das Tal hindurch und endet in Gauselfingen. So soll der Eindruck verhindert werden, dass eines dieser Dörfer einem anderen vorgezogen wird. Sollte dies trotzdem beim Leser der Fall sein, liegt es allein an der wahrscheinlich voreingenommenen Haltung des Letzteren!

DAS KILLERTAL ALLGEMEIN

Mein Killertal

„Umkränzt von Berg und bunter Waldespracht,

Birgt sich ein Tal, noch kaum erschlossen;

Im Wiesengrund manch schönes Dörflein lacht,

Vom klaren Starzelbach durchflossen.

Es ist so reich, so golden rein,

Im Zollerland ein Edelstein.

Dies schöne Tal, das Gott uns gab einmal,

Das ist mein Heimatort, mein Killertal.“

(Casimir Bumiller)

Dieses Gedicht über das Killertal muss natürlich am Anfang dieses Sammelsuriums stehen. Sein Verfasser, Casimir Bumiller (Vater) ist ein auch noch heute bekannter Dichter aus Jungingen. Es wird hier des Öfteren aus seinen Werken zitiert werden! Da aber das meiste über sein Leben und Wirken bereits bekannt ist, soll hier nicht weiter auf ihn eingegangen werden.

SCHLATT

Aloys Rädle(Dichter und Heimatforscher)

Unsere Bildungsreise beginnt natürlich in Schlatt, dem Eingangstor zum Killertal. Hier, in diesem idyllischen Dörfchen mit seiner sehenswerten neugotischen Kirche, lebte und wirkte Aloys Rädle von 1839 – 1914 als Lehrer und Heimatforscher. Einem größeren Kreis zugänglich geworden ist er als Erforscher der Starzelschifffahrt, eine Tätigkeit, für die er bekanntlich wenig Anerkennung, sondern nur Spott und Häme erntete, worauf er sich dann im Alter tief enttäuscht nach Greetsiel in Norddeutschland zurückzog.

Was für zermürbende Schicksalsschläge hatte er auch hinnehmen müssen! Wie war er verlacht worden, als er seine Forschungen zur Starzelschifffahrt begann! Niemand hatte ihn ernst genommen; ja, er hatte zweimal unfreiwillig Bekanntschaft mit diesem Flüsschen machen müssen! In Starzeln wurde er auf Grund seiner von den dortigen Einwohnern verlachten Forschungen in den Bach geworfen, in Schlatt auf Grund seiner Frau Dionysia, geb. Schuler. Die Gründe für diesen letzteren, für ihn sehr unerquicklich verlaufenden Vorfall, sollen hier nicht weiter erläutert werden; ich möchte nur kurz andeuten, dass auch eine reine Liebesheirat in ihrem späteren Verlauf zu diversen Problemen führen kann. Aber die letzten Spötter verstummten, als man dann in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts am Weiler Schrofen zwischen Jungingen und Schlatt die Überreste eines Bootes fand, an dem noch die inzwischen fast verrotteten Teile eines Fischernetzes sowie eine rundliche Ausbuchtung, offensichtlich für den Transport eines Mostfasses vorgesehen, erkenntlich waren. Die „AG Heimat“ aus Jungingen, die sich näher mit diesem Fund befasste, kam eindeutig zum Ergebnis, „dass vielleicht an Rädles Behauptungen doch etwas dran sein könnte, vielleicht aber auch nicht!“ so jedenfalls der damalige Vorsitzende.

Aloys Rädle mochte seinen Geburtsort Hausen nicht besonders. Das Tal war ihm zu eng; zu wenig Sonnenlicht fand den Weg in die bäuerliche Siedlung, deren Kennzeichen seiner Ansicht nach hauptsächlich aus „Kleingeisterei und vielem Schimpfen“ bestand.

Rädle sehnte sich also nach Weite, also nach „Schlatt, wo sich die Starzel malerisch durch das Dorf windet, wo die Menschen „Weltoffenheit zeigen, eine gesunde, freundliche Neugier an den Tag legen und auch leiblichen Genüssen nicht abgeneigt sind, wie ihre Kopf- und Körperform deutlich beweist.“ 1

Auch beeindruckte ihn als Naturfreund das dortige ziemlich häufige Vorkommen der größten deutschen Eulenart, nämlich die des Uhu („bubo bubo“). 2

Hausener Impressionen

„Nur mit dem allergrößten Grausen

denk' ich an dich, du kaltes Hausen!

Du warst nicht Heimat, nicht Quartier,

Und immer zog’s mich fort von dir!“

Man weiß es wirklich nicht genau; lag es tatsächlich nur an der Hausener Bevölkerung oder auch etwas an der nicht so ganz ins dörfliche Gefüge passenden Persönlichkeit Rädles. Kenner fürchten, dass eher das letztere zutreffen dürfte, denn Rädle konnte sich als sehr widerborstig und renitent erweisen, wenn ihm etwas nicht passte.

Anmerkung: Dieser negative Eindruck deckt sich überhaupt nicht mit den Erfahrungen des Verfassers, der im Laufe seines Lebens viele nette und umgängliche Menschen aus Hausen kennengelernt hat! Wie Rädle zu dieser Ansicht gelangte, muss dem heutigen Betrachter natürlich verborgen bleiben!

Rädle, der wie gesagt, nicht nur Heimatforscher, sondern ebensolcher –dichter war, verfasste einen Gedichtzyklus über sein von ihm ausgewähltes Heimatdorf Schlatt, aus dem hier zwei Werke zitiert werden sollen:

Mein Schlatt

„O Dörflein, zierlich allzumal,

du Eingangspfort' zum Killertal!

Die Starzel durch die Bäume schillert,

der Uhu in den Wäldern trillert!“

Dieses Gedicht drückt noch den ursprünglichen Optimismus des jungen Rädle aus. Aber schauen wir uns doch einmal das zweite Gedicht an, kaum 5 Jahre später entstanden: Es widerspiegelt bereits den gebrochenen, gescheiterten Aloys Rädle nach seinem unfreiwilligen oben erwähnten Bad im Fluss!

Mein? Schlatt!

„Schau ich auf dich herab, mein Schlatt,

verschlägt es mir den Atem glatt!

Du warst mein ird'sches Paradies

doch heute nimmer, sell isch' g'wis!

Einst sang ich froh durch grüne Föhren,

gar schaurig dröhnt des Uhus Röhren!“

„Die Starzel verlässt fluchtartig das obere Killertal, nachdem sie Starzeln erblickt hat; sie versucht Schlatt zu umgehen, was ihr aber nicht gelingt. Um ihre Verzweiflung zu beenden, ertränkt sie sich dann im Neckar bei Eyach!“ Dieser kurz vor seinem Weggang nach Greetsiel niedergeschriebene Satz zeigt die ganze Bitterkeit, die sich in Rädle im Lauf einiger Jahrzehnte angesammelt haben muss. Auch seine Frau hatte ihn zwei Jahre zuvor verlassen, als sie einen zufällig durch Schlatt reisenden Hausierer aus Jungingen kennenlernte, mit dem sie dann samt Kindern nach Gengenbach in Baden zog, um dort einen florierenden Gemischtwarenladen zu betreiben.

Aloys Rädle war eigentlich schon seit frühester Kindheit an ein Revolutionär. Er widersetzte sich häufig den Anordnungen seiner Eltern, was ihm, für die damalige Zeit nur allzu üblich, viele Schläge von Seiten seines Vaters, eines wirklichen Ekels und völlig ungenießbaren Menschen, eintrug. Die Mutter hatte keinen großen Einfluss auf die Bildung des Charakters ihres Sohnes, da sie die ganze Zeit hart in der kärglichen und kaum irgendeinen Ertrag abwerfenden Landwirtschaft arbeiten musste. Als Aloys sein 16. Lebensjahr erreicht hatte, begann er damit, seine Leiden in Versform umzusetzen. Als ihn sein stark alkoholisierter Vater wieder einmal als „unnützen Regenwurm“ beschimpfte, entstand sein erstes Gedicht „Der Aufstand der Regenwürmer“, mit dessen Protagonisten Ottokar er sich Zeit seines Lebens stark identifizierte.

Der Aufstand der Regenwürmer

„Oh graue Nacht! Oh fahler Glanz des Mondes!

Die Stille schläft.

Der Mond erklimmt den schwarzen Ast des

Zwetschgenbaums

und leuchtet wie ein Irrlicht dort im Moor.

Sein Schein zerläuft wie alter, faulig-morscher Käse!

Hab‘ Acht, oh Nacht!

Wo Zwetschgenblätter wie Pakete,

im tausend kraftlos hingestreckt

am Boden traute Zwiegespräche führen

liegt Seit‘ an Seite, Wurm an Wurm,

der Regenwürmer ungeheure Meute!

Das ist der Regenwürmer Drang und Sturm!

Sie ringeln sich aus Erde, Loch und Graben,

erfüllen leis‘ die Stille mit Geschrei,

sie wollen sich am Regenwürmermachtrausch laben,

heut‘ gilt es ganz! Sie sind dabei!

Auf einer jüngst verfaulten Maulwurfsgrille

steht Ottokar, der Herr der Regenwürmerei,

und schaurig dröhnt der Kampfruf durch die Stille:

„Wir Regenwürmer, wir sind frei!“

Anmerkung: Zur vollständigen Interpretation dieses Gedichtes mögen dem interessierten Leser folgende Schriften nahe gelegt werden:

Brehms Tierleben s. „Regenwurm“

J. W. von Goethe: “Über die Bedeutung des Regenwurms in der deutschen Literatur" (Schriften zur Naturkunde 1818)

„FAZ“ Ausgabe vom 03.08.1974 S. 12 ff

„Der Regenwurm als Symbol der Freiheit“ - Eine Denkschrift von Prof. Dr. Adalbert Hurlebaus (Stuttgart)

Eine Gedichtauswahl

Der Philosoph in der Badewanne

„Stört‘s dich, wenn ich quietsche?“

frug‘s Entchen Friedrich Nietzsche.

Doch Nietzsche nickte heiter:

„Nein, nein, quietsche nur weiter!“

Neujahrsglückwünsche

„Das neue Jahr steht vor der Tür -

ich lass’ es nicht herein!

Verwundert spricht es da zu mir:

„He du, was fällt dir ein?

Das neue Jahr steht vor der Tür –

ich lass’ es doch herein!

Gerührt spricht es da schnell zu mir:

„So soll, so muss es sein!“

„Was willst du denn, du neues Jahr?

Das alte war doch wundervoll!“

(Von Aloys Rädle – „Reimschule“ - leicht misslungenes Beispiel!)

„Dann neues Jahr, beginn den Lauf!

Und hör beizeiten wieder auf!“

(Akzeptables Beispiel)

Geburtstagsgedichte

„Kaum zu glauben, aber wahr:

Ich bin kürzlich 56 Jahre alt geworden….“

(Krass misslungener Versuch)

„Kaum zu glauben, aber wahr:

Ich bin 56 Jahr!

Darum, liebe Gäste,

Wünscht mir nur das Beste!

Doch woran ich denke:

Wo sind die Geschenke?“

(Ehrlicher Versuch)

Rückzug in die Stille

Bei dem folgenden Gedicht dürfte es sich um eines der letzten Werke des allmählich immer nachdenklicher und melancholisch werdenden Rädle handeln. Er nannte es schlicht

Depression

„Und in Ewigkeit liegen die Toten hinter den Bäumen

Und der Weise hängt im Gestrüpp

Hätte mein Verstand doch Kraft genug, Zitronen

auszudrücken

So wäre er wenigstens nützlich!

Mag auch die Sonne über Vorstädten scheinen

So bleibt doch das Feuer unnahbar

Wie die Vergangenheit:

Liebe ist nur

Eine milde Form des Wahnsinns!“

Wie bereits öfters erwähnt, verließ Rädle voller Enttäuschung „sein Schlatt“ und verbrachte seinen Lebensabend in Greetsiel in Ostfriesland. Das Epitaph auf seinem Grabstein stammt von ihm selbst und lautet folgendermaßen:

„Wenn ich einst gestorben bin,

trägt man mich zum Friedhof hin.