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Oma Thiel ist in einem Alter von zarten 76 Jahren. Sie ist eine unternehmungslustige Frau und sagt. "Mein Leben ist für Fortgeschrittene. Ich finde generell Frauen über 60 können stolz auf sich sein. Wir alle haben gelebt, gelacht, gekämpft, gerockt und uns durch alle Stürme des Lebens gewuselt. Heute sind wir aktiver, als jede Generation vor uns. Höchste Zeit, dass man vor uns den Hut zieht. Außerdem, wenn mein Leben zu Ende geht, kann ich wenigstens sagen: "Ich war dabei."
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Seitenzahl: 152
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Prolog
Oma Thiel soll ins Altenheim
Oma Thiel ist verliebt.
Keine Bewegung
Spinner
Herr Ballermann
Schwul hier, was?
wie werde ich den nur wieder los?
Ad acta gelegt
Glückseligkeit
Verna
Oma Thiel dreht durch
Männer
Traumschiff
Oma Thiel dreht durch
Else und Heinz
Gut oder Schlecht
Ende gut, alles gut. Nix ist gut.
Oma Thiel ist in einem Alter von zarten
76 Jahren.
Sie ist eine unternehmungslustige Frau
Und sagt:
„Mein Leben ist für Fortgeschrittene.
Ich finde generell Frauen über 60 können stolz auf sich sein.
Wir alle haben gelebt, gelacht, gekämpft, gerockt und uns durch alle Stürme des Lebens gewuselt.
Heute sind wir aktiver als jede Generation vor uns.
Höchste Zeit, dass man vor uns den
Hut zieht.
Außerdem, wenn mein Leben zu Ende geht, kann ich wenigstens sagen:
Ich war dabei!“
Meine Nachbarin, Oma Thiel ist in eine Seniorenresidenz gezogen.
Na ja, so ganz freiwillig war das ja nicht, sie wurde mehr gegangen, oder geschubst, eigentlich getreten.
Ihr Sohn Manfred wollte das eigentlich nicht, weil ihm das zu teuer war. Er wollte, dass seine Mutter zu Hause in Ruhe sterben würde, damit er nicht an ihr Sparbuch mit den 150.000 Euro musste.
Das hatte er unter dem Siegel der Verschwiegenheit von ihr zur Aufbewahrung bekommen und bei sich im Safe versteckt. Er hatte seiner Mutter versprochen, es keinem zu erzählen, nicht einmal seiner Schwester Betty.
Auf die Frage hin, ob er seine Mutter denn mal besuchen käme, hört sich das so an:
Ja so viel Zeit hätte er auch nicht, so als IT- Manager. Außerdem lohnt es sich nicht seinen alten Mercedes für so eine kurze Fahrt anzuschmeißen. Das kann das Auto nicht so gut vertragen wegen den Zündkerzen. Aber wenn seine Mutter Geburtstag hat, oder wenn Weihnachten ist, ist es eine absolute Ehrensache, dass er kommt.
Oma Thiel war mittlerweile zarte 76 Jahre. Sie kriecht nicht mehr so frisch aus der Tupperdose. Sie sagt über sich selbst:
Recht hat sie damit. Manchmal ist sie ein bisschen tüttelig, aber das sind wir doch alle.
Ihr Mann war schon vor ein paar Jahren gestorben, seitdem lebt sie allein, mit dem Graupapagei Jako. Manfred ist Ihr ältester Sohn.
Er hat eine Frau, die nur auf Geld aus ist. Sie trägt Gucci und Prada, und hat einen Handtaschentick.
Er trägt Lacoste Poloshirts oder Boss Hemden. Eigentlich können sie sich das gar nicht leisten, aber sie sagen immer: ‚Wer hat, der hat.‘
Ihre kleine Tochter, Nele ist vier Jahre alt und hat auch schon eine Handtasche von Gucci. Manchmal schaufelt sie Sand auf dem Spielplatz in die Tasche, dann gibt es Ärger. Haustiere hatte sie keine, weil die immer so stinken. Aussage von Manfreds Frau Kirsten.
Der drei Jahre jüngere Kai ist ausgewandert und lebt mit seinem Mann Ulli auf Mallorca. Er rief seine Mutter immer über Skype an. Kai hatte es ihr eingerichtet.
Einmal im Jahr kamen sie zu Weihnachten zu Besuch, da sie im Sommer auf Mallorca Hochsaison hatten.
Sie führten eine Kneipe, da waren sie an die Saison gebunden. Die beiden hatten einen kleinen Hund mit dem Namen: Bellevue und die Rasse heißt: Havaneser. Das soll sich einer merken, aber der Hund gibt Abwechslung in ihrem Leben, sagen sie.
Die jüngste im Bunde ist ihre Tochter Elisabeth, Betty genannt.
Betty wohnte nur eine Straße weiter als ihre Mutter. Betty ist mit Jürgen verheiratet. Sie haben einen Jungen, der alles anschleppte, was er finden konnte.
Raupen, Frösche, Schuster- Spinnen (die mit den langen Beinen) usw. Er untersuchte die Tierchen dann ausgiebig zu Hause, was Betty auf die Palme brachte. Der Junge war acht Jahre alt und hieß Nils. Zusätzlich zu all den kleinen Tierchen, die Nils anschleppte, hatten sie einen Hund, einen Golden Retriever, namens Molly.
Betty wollte, dass ihre Mutter endlich in ein Heim geht. Sie konnte das alles nicht mehr. Sie ging einkaufen, half ihr in der Wohnung und brachte ihr regelmäßig Essen vorbei.
Betty kümmerte sich um alles, aber nun ging es nicht einfach nicht mehr. Sie wollte ihre Mutter gut unterbringen, so ihre Worte. Das Telefon klingelte bei Oma Thiel:
„Thiel“, kam es ein bisschen müde über ihre Lippen.
„Hallo Mama, hier ist Betty, wie geht’s dir?“
„Ja, geht ganz gut Kindchen, obwohl meine Beine doch ein bisschen schwerer werden.“ „Mama, da kann ich dir helfen. Es ist ein Platz in einer großartigen Seniorenresidenz frei geworden. Wir können dein Zimmer übermorgen schon besichtigen“, sagte sie mit voller Vorfreude.
„Du meinst wohl, es ist jemand gestorben, und jetzt wird kurz feucht durchgewischt, um die nächste Fracht heranzukarren“, antwortete Oma Thiel sarkastisch. Sie wollte in ihrem Haus bleiben, den Tratsch mit ihren Nachbarn, ihr kleiner Garten, der ihr sehr viel Freude bereitete, diese Ruhe genießen. Sie wollte nicht in ein Heim, wo die Pfleger immer in Wir- Form sprachen: „Na, wie geht es uns denn heute?“ Auf keinen Fall. „Aber Mama! Du kannst dir das wenigstens mal anschauen. Wenn es dir nicht gefällt, suchen wir etwas anderes. Außerdem ist das nicht so teuer wie sonst.“
„Kind, ich will in gar kein Altenheim. Es ist doch alles schön so, wie es ist.“ „Nein, Mama, ich habe auch mein eigenes Leben und kann nicht immer nur für dich da sein. Jürgen meckert auch schon, weil ich jeden zweiten Tag nach dir schaue. Das geht so nicht. Wir gucken uns das an und ich sage Manfred und Kai Bescheid. Ach, noch eine kleine Überraschung, ich hätte da auch jemanden, der dir den Jako abnimmt; das Federvieh macht ja so viel Dreck.“
Sie bestimmte einfach über das Leben ihrer Mutter, die mich sofort anrief und weinte. Da ich kaum etwas verstand, sagte ich nur: „Ich komme vorbei. Wir reden. Bleib ruhig!“
Wer bin denn ich eigentlich: Ich bin Conny, ich lebe allein und bin die gute Seele für so manche ältere Menschen. Aber auch Kinder lieben mich, weil ich manchmal mit meinem kleinen Stoffhasen etwas vorspiele, was einem Puppentheater ähnelte.
Auch ich bin nicht mehr die Jüngste und gehe so ganz langsam auf die siebzig zu, aber erst in drei Jahren.
Da ich selbst nie eine Omi hatte, sagte ich immer zu ihr ‚Oma Thiel.‘ Sie hieß eigentlich Elfriede, hatte aber kein Problem, das viele sie ‚Oma Thiel‘ nannten.
Als ich bei ihr ankam, war sie so aufgelöst, dass sie ihr Pippi nicht halten konnte und die Hose nass hatte. Es war ihr so peinlich, aber ich sagte sofort: „Das ist doch kein Problem, das mache ich eben alles sauber und ziehe dir frische Sachen an.“
Als sie wieder in frischer Kleidung war, hörte ich mir die ganze Geschichte an. Ich habe kein Problem damit, dass man irgendwann nicht mehr kann und dann in eine Residenz geht. Aber über einen Menschen bestimmen? Geht für mich überhaupt nicht. Mitten in der Unterhaltung klingelte das Telefon. Manfred, ihr ältester Sohn war am Apparat. Oma Thiel stellte auf laut. Sie legte sogleich einen Finger auf ihre Lippen, damit ich schwieg.
„Hallo Mama“, eröffnete Manfred, „Betty hat mich gerade über die „Immobilien – Besichtigung informiert.“ Er sagte das sehr bewusst, und vermied es, Begriffe wie Senioren, alt oder gar Heim auszusprechen.
„So schlecht ist die Idee gar nicht, weil die monatlichen Kosten nicht so hoch sind. Wir haben uns das mal ausgerechnet.
Mit deiner Rente und wenn wir drei jeder 500 Euro dazu- geben, wäre das Okay. Ich muss nur noch Kai informieren. Dein Haus wirft auch noch einiges ab………Hallo Mama, bist du noch dran?“
Ich schrieb ihr auf einen Zettel, sie solle sagen, sie rufe gleich zurück, da sie dringend zur Toilette müsse. Wir hörten noch ein genervtes Stöhnen, bevor er auflegte. Jetzt besprachen wir kurz die Strategie, danach rief sie zurück.
„Ja, hallo, mein Junge, also wenn du auch der Meinung bist, dass es für mich das Beste ist, dann kann ich das ja erst einmal von den 150.000 Euro bezahlen, die du noch von mir hast. Denn wenn es mir nicht gefällt, kann ich immer noch in mein Haus zurück,“ erklärte Oma Thiel sehr überzeugend. Jetzt hörte man Manfred regelrecht schwitzen.
„Na ja, mit dem Geld, also…..wie kann ich dir, äh, dass erklären, dass du das auch verstehst……hm……..also, ich wusste ja nicht, dass du schon so zeitig ins Altersheim gehen möchtest…..“
, Von möchten kann gar keine Rede sein‘ dachte ich. Außerdem kennt er wohl nicht den Unterschied zwischen Altenheim und Altersheim. Im Altersheim bist du auf die Pflege angewiesen, im Altenheim nicht.‘
„Deshalb habe ich das Geld gewinnbringend angelegt und komme da in den nächsten fünf Jahre nicht dran. Das habe ich nur für dich gemacht, Mama,“ argumentierte er weiter. Ich dachte, ich müsse mich übergeben, und schrieb ihr auf einen Zettel, dass sie sehen wolle, wo und wie er das Geld angelegt hatte.
Sie hätte ihm keine Vollmacht geben sollen. Er hätte nur im Notfall darüber verfügen dürfen. Ich sage nur Gutmütigkeit.
Oma Thiel und ich wussten, dass es eine Lüge war.
Doch er hatte die Rechnung ohne seine Mutter gemacht. Sie drängte ihn immer weiter. Irgendwann musste er ihr beichten, dass er das Geld tatsächlich angelegt hatte, und zwar in einen nagelneuen Mercedes, mit allen Extras, die man sich vorstellen kann. Den wollte er schon immer haben. Das müsse sie doch verstehen.
Es blieb ihre keine andere Wahl. Betty und Manfred holten sie mit dem neuen Mercedes ab, um sie ins Heim zu fahren. Seinen Kommentar, er hätte extra eine Plastikdecke ausgelegt für den Fall, dass etwas Unangenehmes passieren würde, nahm sie gar nicht mehr wahr. Oma Thiel hatte resigniert, hörte gar nicht mehr zu und starrte nur aus dem Fenster.
Während sie dorthin fuhren, versuchte ich Kai anzurufen, um ihn zu informieren. Er wusste noch von nichts und war stinksauer. Wir beratschlagten, was wir tun könnten. Kai erzählte mir, dass das Haus, in dem Betty wohnte, von seiner Mutter war: ‚ein Geschenk zur Hochzeit.‘ Das Manfred jetzt 150.000 Euro für ein Auto auf den Kopf haute, sprengte den Rahmen. Kai sollte das Haus erben, indem sie bisher wohnte, wollte es aber nicht. Er wollte kein Geld von seiner Mutter. Da hatte ich eine Idee: „Bitte Kai, lass dir das Haus überschreiben, damit die beiden anderen sich das nicht auch noch unter den Nagel reißen. Damit Oma Thiel, beziehungsweise deine Mutter noch ein zu Hause hat, wenn es ihr nicht gefällt.“ Diese Idee überzeugte Kai.
Als sie ankamen, steuerte der Mercedes auf einem Kiesweg direkt auf das Haus zu.
Bemerkung von Oma Thiel: „Wieso ein Kiesweg für Leute mit Rollator?“ Aber es war nur der Hintereingang.
Oma Thiel wurde herzlich von der Klinikleitung begrüßt. Sie hatte ein Schildchen am Revers mit dem Namen: Margret. Dann wurde ihr das Zimmer(chen) gezeigt. Es war so klein, wie allein das Badezimmer in ihrem Haus.
Man erklärte ihr, dass sie persönliche Gegenstände, gerne auch zwei oder drei Bilder, mitbringen dürfte. Das riesige Kreuz über ihrem Bett, das wie ein Krankenhausbett aussah, und wohl auch eines war, müsse aber bleiben. Oma Thiel hatte das Gefühl, gerade eine Immobilie auf dem Friedhof zu besichtigen. Sie sagte nichts, sie nickte nur ab und ließ alles gedankenverloren über sich ergehen.
Nur eine Frage stellte sie sich immerzu: WARUM HABE ICH ÜBERHAUPT KINDER IN DIE WELT GESETZT.
Ich hatte Oma Thiel Bescheid gegeben, dass sie ihr Haus auf Kai überschreiben soll, damit ihr wenigstens das erhalten bliebe.
Das gab ihr Hoffnung. Mit der Klinikleitung wurde abgemacht, es für ein halbes Jahr zu probieren. Ich besuchte sie regelmäßig und sorgte dafür, dass sie sich nicht aufgab. Mit Kai skypte sie dreimal die Woche. Die anderen hatten sich nicht einmal blicken lassen, nicht ein einziges Mal!
Kai kam mit seinem Mann vor drei Monaten nach Deutschland. Das wusste aber keiner, nur ich. Er besuchte auch seine Mutter nicht, weil sie nicht wissen sollte, dass er ihr Haus umbauen ließ. Den anderen beiden erzählte er, dass er das Haus sofort veräußert hätte. Jetzt, da nichts mehr zu holen war, hatten sie das Interesse völlig verloren.
Ich hatte seit zwei Monaten wenig Kontakt zu Oma Thiel. Ich wusste nicht mehr, wo mir der Kopf stand, weil ich den Umbau des Hauses mit bewachte und Anweisungen gab.
Nun wollte ich ihr die neuen Nachrichten überbringen, erreichte sie aber telefonisch nicht.
Wegen meines schlechten Gewissens kaufte ich ein paar Tulpen und fuhr kurzerhand ins Heim. Als ich in den Aufenthaltsraum kam, blieb ich wie versteinert stehen. Es waren zwei Stuhlreihen aufgebaut mit dem Rücken zueinander, sechs Stühle. Es ertönte sehr laute Musik. Ich vermute, dass das die „Oberkrainer“ oder „Egerländer“ waren, keine Ahnung. Um die Stuhlreihen marschierten, na ja, krochen eher:
Oma Thiel: Sie streckte die Faust immer nach oben und wieder zurück. Dabei sang sie: Rumtata, rumtata.
Nebenbei maulte sie ihren Vordermann an, er solle mal zügiger gehen, man wäre hier doch nicht im Altersheim.
Heinz: Er blieb mit seinem Gehstock immer an den Stuhlreihen hängen. Das war aber auch keine Kunst, weil er seinen Gehstock verkehrtherum hielt, um sich möglichst schnell einen Stuhl zu ergattern. Die spielten hier „die Reise nach Jerusalem“, ich glaube es ja nicht, entfuhr es mir und setzte mich erst einmal.
Die dritte in der Runde, die vor Heinz schlich, fuhr mit ihrem Rollator Ernst ständig in die Hacken. Das musste Else sein, Oma Thiels beste Freundin. Der Vierte war Ernst. Die Musik brach ab.
Alle schmissen sich auf die Stühle. Ernst saß und fragte:
Er dachte, an einer Bushaltestelle zu sitzen.
Der Fünfte im Bunde war Rudolph, mit ph, darauf legte er Wert. Er knallte heftig auf den Boden, weil `Ernst‘ ihm einfach den Stuhl wegzog, um sich selbst zu setzen, bevor der ‚Bus‘ kam.
„Das ist eine große Sauerei, du hast geschummelt,“ schrie er aufgebracht, und zog maulend mit der Bemerkung ab: „Blödes Spiel.“
Die Musik setzte wieder ein, nachdem Marius, der Pfleger noch einmal alle beschwor, doch etwas anderes zu spielen: etwas, das nicht so gefährlich wäre. Er bekäme sonst Ärger mit der Klinikleitung.
„Topfschlagen im Minenfeld ist genauso gefährlich“, wehrte sich Oma Thiel. „Also rede nicht, mach weiter mit der Musik! „
„Rumtata, rumtata“.
Marius wurde das Gefühl nicht los, das hier alles aus dem Ruder lief. Aber er stellte die Musik wieder an. Alle nahmen langsam wieder Tempo auf. Wieder wurde die Musik unterbrochen, allerdings jetzt nicht von Marius, sondern von der Klinikleitung mit dem Stecker in der Hand und den Worten:
„Was ist denn hier los?“
Leider waren die älteren Herrschaften zu dem Zeitpunkt noch gar nicht so weit. Das war viel zu schnell für sie. Das erkannte Marius und versuchte noch zu retten, was nicht mehr zu retten war.
Er hechtete zu Oma Thiel, die sonst eine gebrochene Hüfte gehabt hätte und fing sie ab.
Sie fiel mit ihrem ganzen Gewicht auf seinen Oberkörper und bohrte ihren Ellenbogen in seinen Hals. Marius schrie auf. Else konnte ihr Gleichgewicht nicht halten und hielt sich am Rollator fest. Leider kippte er mit ihr. Else hatte sich nichts getan, Gott sei Dank.
Der Rollator allerdings raste genau in Marius Weichteile. Schmerzerfüllt krümmte er sich am Boden. Heinz saß auf einem Stuhl und rief: „Gewonnen, gewonnen,“ während Ernst fragte: „Wann kommt der Bus?“
Aufgebracht schrie die Dame von der Klinikleitung Marius an: „Sofort in mein Büro!“ Doch er konnte sich noch nicht richtig bewegen.
Else hatte Geburtstag. Sie wurde 80. Deshalb hatte sie sich etwas wünschen dürfen: dieses Spiel! Den Rollator brauchte sie nur aus Bequemlichkeit.
Rudolph mit ph kam mit schmerzverzerrtem Gesicht zu mir, und setzte sich.
Ich hatte die Blumen für Oma Thiel auf den Tisch gelegt. Rudolph mit ph nahm wie selbstverständlich die Blumen vom Tisch und donnerte sie voller Wucht zweimal auf die Tischkannte. Die Wut wurde noch unterstrichen mit den Worten:
Dann rauschte er ab. Die Blumen ließen die kaputten Blüten hängen und sahen aus, als wenn sie schon drei Wochen vorher an einer Tankstelle standen. Mich ließ er mit meinem blöden Gesichtsausdruck zurück. Oma Thiel hatte tatsächlich Freunde gefunden, Else und Heinz. Als sie hörte, dass sie in ihr Haus zurückkonnte, war sie sich nicht mehr so sicher, ob sie das auch wollte. Aber als sie sah, was ihr Sohn Kai draus gemacht hatte, war sie überwältigt. Hierher konnte sie sogar ihre engsten Freunde mitnehmen.
Fortan lebte sie mit Else zusammen und Heinz hatte einen extra Bereich für sich, eine kleine Einliegerwohnung.
Geld hatten sie genug, da sie jetzt nur noch die Nebenkosten und ihren Lebensunterhalt bestreiten mussten. Kai hatte sie königlich empfangen und Oma Thiel war überglücklich.
Einmal am Tag kam eine Pflegerin, um nach dem Rechten zu sehen. Gekocht wurde gemeinsam.
Manchmal ließen sich wieder ihre Kinder Manfred und Betty sehen, immer höflich, immer zuvorkommend. Warum dauert so eine Einsicht nur immer so lange?
Jako ist auch wieder da und hat etwas Neues gelernt:
Manfred turbodoof…Von wem er das wohl gelernt hat“
Ja, was soll ich sagen, so ganz ohne ihre neuen Freunde, die sie im Altenheim kennengelernt hatte, ging es auch nicht. Sie hatten einmal die Woche einen Spieleabend. Mal spielten sie Karten, dann Rummycup, oder sie haben kniffelten.
Nun war es so, dass die drei ins Heim fuhren, um die Spieleabende einzuhalten.
Als es mal wieder so weit war, kam ein Frischling (Ein Mann) an.
So nannten sie immer die Neuankömmlinge.
Der Neue sah noch passabel aus. Wir saßen gerade beim Rummycup, als er von einer Begleitperson und dem Pfleger Markus vorgestellt wurde: „Ich bitte kurz um ihre Aufmerksamkeit, wir haben einen neuen Mitbewohner, den Herrn „Werner Spinner“.
Der Herr verbeugte sich leicht, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Er trug eine Bundfaltenhose in dunkelblau, dazu schicke schwarze Schuhe. Ein schwarzer Gürtel formte seine gut gefüllte Taille.
Sein Hemd in Hellblau spannte ein bisschen über dem Bauch, was eine Strickjacke ein wenig kaschierte. Seine Haarkranz war dunkel, aber auch schon auf dem Rückzug.