Das Quartett & Das Tor des Todes - Carma Conrad - E-Book

Das Quartett & Das Tor des Todes E-Book

Carma Conrad

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Beschreibung

Ein Forschungsunternehmen verspricht viel, vielleicht zu viel? Was ist das Quartett? Eine junge Journalistin namens Hanna versucht Licht ins Dunkel zu bringen. Wenn sie geahnt hätte, was sich hinter dem Quartett verbirgt, wäre sie nie dorthin gegangen. Hinter das Geheimnis zu kommen ist die eine Sache. Aber was dort auf sie zukam, damit hätte keiner, und am aller wenigsten sie gerechnet. Bei dem Versuch, viele Menschen vor dem sicheren Tod zu bewahren, gerät ihr eigenes Leben in Gefahr. Ist es wirklich möglich, dass ein einzelner Mensch in der Lage ist, andere so zu manipulieren, dass sie für ihn funktionieren und in großem Stil Menschen um das Wichtigste berauben? Ihrer Organe?

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Hanna

Das Quartett

Lasse

Der G.- Scheck

Familie Grundes

Lee & Zoey

Nord Tor

Viktor

Viktoria van der Hofen

Lasse & Co

Familie Grundes

4 Wochen später

Der schwule Martin

Tod

Lust

Floyd

Osttor

Westtor

Bruno

Hanna & Lasse

Zoey & lee

Nachbarn

Maren

Ryan

Finn

Entzug

Security

Zoey

Südtor

Ohne Rad

Roter Sand

Krankenhaus

Kribbeln im Bauch

Meeting

Der Spion

Einstellungsgespräch

Der Spion

Tom

Jin

Der erste Arbeitstag

Viktoria van der Hofen

Fracht

Privat

Torsten

Samira

Die Erkenntnis

Liebe

Krematorium

Eifersucht

Der blanke Hass

Notruf

Erste Etage

Das Muttermal

Gewissensbisse

Kanal neun

Zweite Etage

Frequenz 27,065

Ohne Vicky

Die Eiche

Torsten oder Viktor

Schweiz

Verliebt

Rudi, der Fernfahrer

Das Abendessen

Glaube

Spreewald

Cottbus

Paris

Verzweiflung

KO

Hass

Der Exmann

Gefahr

Freunde

Macht

Flucht

Das wahre Gesicht

Wo ist Samira

Der Maulwurf

Treffen

Wut

China

Professor, Dr. Torben Antorf

Lee

Urlaub

Gesund

Sehnsucht

Hektor dreht durch

Planen

Viktor ist sauer

Rudi

Schmerz

Zurück

Wo sind die Kinder

Besitz

Wettlauf

Zeit

Überraschung

Rock ‚n Roll

Zeitungsartikel

Prolog

Ein Forschungsunternehmen

verspricht viel,

vielleicht zu viel?

Was ist „Das Quartett?“

Eine junge Journalistin namens

Hanna versucht

Licht ins Dunkel zu bringen.

Wenn sie geahnt hätte, hinter was

sich das Quartett verbirgt,

wäre sie nie dorthin gegangen.

*

Hinter das Geheimnis zu kommen

ist eine Sache.

Aber was dort auf sie zukommt,

damit hätte keiner, und am

allerwenigsten sie gerechnet.

„Oh mein Gott?“

---------------

Hanna

„Du elende Schlampe, du Miststück. Das wars mit uns, es ist aus und vorbei!“

Hanna versuchte wach zu werden.

‚Was ist los‘, dachte sie.

Als sie die Augen öffnete,

flog ihr ein Lampenschirm entgegen.

Genau gegen das Auge.

„Aua, sag mal spinnst du? Hast du sie noch alle?“

Hanna wurde schlagartig wach.

Dann hörte sie eine Haustür ins Schloss fallen, rums. Ruhe.

Hanna hielt sich das Auge.

„Was ist denn los, gääähhnnn?“

Hanna fuhr herum. Neben ihr lag

Martin, der ausgiebig gähnte.

„Was machst du hier, Martin?“

„Ich habe geschlafen, genau wie du, liebste Hanna.“

Während er das sagte, reckte er sich.

Hanna überlegte:

‚Was war denn überhaupt los?‘

Als sie gestern in der Mittagszeit nach Hause kam, um ihr Aufladekabel für das Handy zu holen, dass sie mal wieder vergessen hatte, stürzte sie ohne Vorahnung ins Schlafzimmer. Sie wusste, dass es dort lag.

Was sie da allerdings vorfand, verschlug ihr den Atem. Da lag ihr Freund im Bett und irgendeine blonde Schönheit hopste auf ihrem Jens herum, völlig nackt. Die gewellten langen blonden Haare wippten auf und nieder, während sie stöhnte und schrie:

„Ja, komm mein wilder Hengst, gib es mir!“

Wiederum Jens stöhnte: „Ja, meine wilde Stute, ich besorge es dir.“

Oder so ähnlich. Grauenvoll. Hanna stand wie angewurzelt im Zimmer und flüsterte:

„Ich will euch ja nicht stören, aber habt ihr mein Aufladekabel gesehen?“

Die Blonde ritt weiter. Jens hingegen erkannte die Situation und meinte erschrocken:

„Hanna, was machst du denn hier?“

„Schon vergessen, ich wohne hier.

Sag mal, hast du mein Aufladekabel für mein Handy gesehen?“ Hanna blieb ruhig, obwohl sie vor Wut zitterte.

Wieder Jens: „Hör mal Hanna, das ist jetzt nicht so wie du denkst. Ich kann es dir erklären.“

„Ah, da ist es ja, super.“ Sie steckte das Kabel ein und sagte auf dem Weg nach draußen:

„Lasst euch Zeit, es kann heute später werden. Gehe noch mit meinen Mädels einen trinken.“

Dann ging sie nach draußen. Erst im Auto realisierte sie, was sie gerade gesehen hatte.

Sie fuhr los. Ihre Tränen flossen über ihre Wangen. Im Verlag angekommen, sagte die Sekretärin des Chefs: „Du sollst sofort zum Chef kommen, aber zügig.“

Sie schniefte nochmal ins Taschentuch, wischte mit dem selbigen unter ihren Augen, um den verschmierten Lidstrich zu korrigieren und klopfte an die Tür.

Ein scharfes: „Herein,“ ließ sie zusammenzucken.

Ihr Chef stand mit dem Rücken zu ihr und starrte aus dem Fenster.

„Sie wollten mich sprechen?“ Hanna zitterte in ihrer Stimme.

„Ja bitte, nehmen sie doch Platz. Frau König, wie lange schreiben sie schon für unser Blatt?“

„Äh, ich verstehe die Frage nicht.“

„Frau Hanna König, sie sind seit sieben Jahren hier, stimmt?“ Hanna nickte.

„Haben sie eigentlich einmal darüber nachgedacht, etwas anderes zu machen?“

Der Ton war Hanna eine Spur zu freundlich.

Sie schüttelte den Kopf, und verneinte damit.

„Sie sehen durchschnittlich aus, eher gut. Angemessene Figur.“ Sie zog sofort ihren kleinen Bauchansatz ein.

„Sie rauchen und trinken nicht, sind immer da, nie krank.“

Worauf will er hinaus?

„Ich habe einen Sonderauftrag für sie.“

Mit diesen Worten warf er ihr eine Zeitung vor die Nase.

Dann fuhr er fort: „Seite drei unten.“

Hanna las:

Ein neues und einzigartiges Forschungsprojekt steht an.

Was würdest du tun, wenn du keine

Geldsorgen oder andere Probleme hättest.

Frei von jeglicher schweren Last.

Wir bieten:

Freies Wohnen in Chalets mit kleinem

Garten, für ein Jahr!

Verpflegung frei!

Arzt oder Krankenhaus selbstverständlich

frei!

Alter von null bis 90 Jahren

250.000 Euro

Absolute Ruhe und saubere Luft!

Wir erwarten:

Keinen Fernseher,

kein Radio,

kein Telefon,

kein Internet,

kein Auto,

nicht rauchen,

keine schwerwiegende Krankheiten

keinen Alkohol,

(Gegen ein Gläschen Rotwein ist nichts einzuwenden)

Es ist wie in einer Fernsehshow, die es

schon einmal gab, großer Bruder!

Wir testen, wie der Körper reagiert,

wenn er frei von Problemen und Sorgen

ist.

Kommen sie zu uns.

Wir bezahlen sie, weil sie uns am Herzen

liegen.

Forschungsunternehmen: „Das Quartett“

Chiffre Nr. 6677

Telefon: 030 - 123456

Als Hanna das las, verstand sie nur Bahnhof.

Der Chef setzte sich mit einer Pobacke auf den Schreibtisch.

„Das ist ihre Chance, daraus eine Riesenstory zu machen. Schnüffeln sie rum und versuchen rauszubekommen, was sich dahinter versteckt.

Kein Mensch hat Geld zu verschenken, soviel ist klar. Das Ganze müsste aber top-secret bleiben.

Keiner darf etwas davon wissen. Ihre Kollegen werden denken, dass sie entlassen worden sind. Sie packen ihre Sachen und verschwinden wortlos.“

„Warum rufen sie nicht dort an und fragen nach einem Interview?“ Hanna fand das etwas einfacher, als ein Jahr abzutauchen.

„Habe ich schon alles probiert. Die halten sich bedeckt und Auskunft gibt es schon gar nicht. Deshalb sind jetzt ihre Künste gefragt. Machen sie daraus die Story ihres Lebens und sie werden befördert!“

Hanna überlegte nicht lange. Was solls, mich hält hier nichts mehr. Mein Freund vögelt eine andere und meine Eltern leben in Kanada. Meine Freundinnen sind die einzigen, die ich vermissen werde.

Sie hob den Kopf und sagte stolz: „Sie können sich auf mich verlassen, Chef.

Sie bekommen die Story ihres Lebens.“

Sie streckte ihm die Hand entgegen, um das Ganze zu besiedeln.

Er drückte sie zurück.

„Kein Mensch darf wissen, dass sie Undercover da sind, OK?“

„OK.“ Dann drehte sie sich um und verließ mit einer Trauermine das Büro.

Alle schauten ihr bedauernd hinterher, als sie das Großraumbüro verließ.

Als sie draußen war, rief sie ihre Freundinnen an und fragte:

„Wollen wir uns heute nochmal treffen?

Ich fliege zu meinen Eltern nach Kanada.“

Spontan trafen sie sich bei Luigi, ihrem Lieblingsitaliener.

Nach dem Essen wurde getrunken und getrunken und getrunken.

Später gingen die vier noch in eine angesagte Kneipe, in der sie Martin trafen, der heulend an der Bar saß.

Sein Freund hatte ihn rausgeschmissen, weil er kein Kostgeld abgibt und nur auf der faulen Haut liegt. Es wisse nicht wohin, in der Nacht.

Schwupp hat Hanna ihn mitgenommen und als sie nach Hause torkelten, war der Vogel Jens ausgeflogen. Also legte sich Martin in das Bett von Jens und schlief selig ein.

Jens konnte nicht ahnen, dass Martin schwul ist.

Nach dem Frühstück ging es beiden etwas besser. Hanna holte die Zeitung, als wenn sie sie zum ersten Mal liest, dabei war sie von gestern.

Sie ließ den besagten Artikel offen liegen und meinte: „Ich muss mal aufs Klo, komme gleich wieder.“

Martin las in der Zeit genau den Artikel.

„Du hör mal Hanna, ich habe meinen perfekten Job gefunden. Hier lies mal.“

Hanna las den Artikel nochmal.

Sie klatschte mit der Hand auf den Tisch und stand auf, um ihr Handy zu holen.

Sie rief an und eine super sympathische Stimme gab ihr bereitwillig Auskunft.

Beide bekamen direkt für zwölf Uhr mittags einen Termin im Hotel Savoy.

Sie schmissen sich in Schale und waren pünktlich da.

*

Das Quartett

Eine nette junge Frau circa Anfang dreißig begrüßte beide herzlich.

Sie stellte sich mit dem Namen Maren vor.

„Hier duzen wir uns alle, ist etwas einfacher,“ meinte sie.

Das fanden Hanna und Martin auch und freuten sich.

Sie wurden einzeln aufgerufen. Hanna war die erste.

Ein freundlicher Herr, Mitte vierzig, begrüßte Hanna.

„Hallo Hanna, ich bin Thorsten, freut mich dich zu sehen.

Bitte nimm doch Platz. Was möchtest du trinken, Kaffee, Wasser, Saft?

Vielleicht etwas anderes?“

„Ein Wasser wäre nicht schlecht.“ Sie konnte schlecht sagen, dass sie noch einen Brand von gestern Abend hatte.

„Bevor du mich fragst Hanna, hätte ich ein paar Fragen an dich.“

Hanna dachte: ‚Der Mann sieht vertrauenerweckend aus.

Er strahlt so eine Ruhe aus.“

„Nach dem Fragebogen, den du draußen ausgefüllt hast, wärst du die richtige Kandidatin.

Allerdings würde noch ein Gesundheitscheck bei uns durchgeführt.

Danach würde dir ein Mini Chip unter die Haut am Oberarm gesetzt. Keine Angst, das tut nicht weh. Aber so können wir deine körperliche Verfassung jederzeit sehen.

Einmal am Tag, zwischen 18:00 – 19:00

Uhr wird ein Update gemacht, um zu sehen, ob bei dir alles OK ist. Dazu hältst du deinen Oberarm an ein Gerät. Das ist schon alles.“

Hanna überlegte: „Besteht die Möglichkeit, Kontakt nach draußen aufzunehmen?“

„Nein, auf gar keinen Fall. Wenn du zum Beispiel nach einem halben Jahr sagst, ich möchte nicht mehr, hast du die Möglichkeit zu gehen. Dann fallen aber auch die 250.000 Euro weg.“

„Was ist, wenn ich krank werde?“

„Kein Problem, wir haben die besten Ärzte mit an Bord, das beste Krankenhaus. Da lassen wir dich nicht hängen. Wir sind eine Familie. Wir passen auf dich auf.“

Ein beruhigendes Gefühl überkam Hanna.

Eine wohlige Wärme stieg in ihr auf.

„Warum zahlt ihr so viel Geld? Habt ihr so viel Geld?“

Thorsten lachte auf. Er hatte ein beruhigendes Lachen.

„Viel ist relativ, wenn man viel hat.

Unser Institut ist eines der Weltbesten.

Wir bekommen etwas dafür.“

„Ja, und was?“

„Dein sorgenfreies Leben wird dich glücklich machen, und dass liebe Hanna, ist unbezahlbar.“

Damit schloss er das Gespräch.

*

Als Hanna und Martin später zusammensaßen, gab es nur ein Thema.

„Das Quartett.“

„In einer Woche soll es losgehen,“ sagte Martin aufgeregt. „Ich kann es kaum erwarten.“

*

Lasse

Lasse hasste es nichts zu tun, aber was sollte er machen? Seit er von seinem Chef beurlaubt worden ist, saß er nur zu Hause rum. Seine Freundin hatte ihn sitzenlassen, weil er nur noch rumnörgelte und alles besser wusste.

Manchmal konnte er aber auch ein Hitzkopf sein:

Lasse fuhr mit seinem Partner auf Streife. Eigentlich ein ruhiger Vormittag dachte er. In den Vorgärten wurde Rasen gemäht. Unkraut gejätet, oder neue Blumen gepflanzt. Auf der anderen Seite schrie sich ein Baby die Kehle aus dem Leib.

Ulla, seine Freundin wollte so gerne Kinder, aber irgendwie funktionierte es nicht. Ulla meinte, es läge an ihm, typisch Frau.

Lasse träumte davon, ein eigenes Haus und vor allem einen Garten zu haben. Er liebte es, in der Natur zu sein.

Handwerklich war er begabt.

Lasse träumte von seiner Welt und saß verträumt auf dem Beifahrersitz, als sein Kollege abrupt abbremste.

Beide Köpfe gingen nach vorne.“ Da, auf dem Spielplatz, siehst du das nicht?“

Lasse sah noch einen Mann mit schwarzer Kapuze, der ein kleines Mädchen in ein Gebüsch zerrte. Sofort hechtete er aus dem Streifenwagen, sprang mit einem eleganten Satz über den Zaun und rannte ihnen ins Gebüsch hinterher. Er schnappte sich den Kapuzenmann, drehte ihn um und im nächsten Moment versank seine Faust in seiner Magengrube, anschließend mit einem Aufwärtshaken ins Gesicht. Mit einem Stöhnen ging der Mann zu Boden. Er krümmte sich vor Schmerzen. Lasse trat mit seinen Stiefeln nochmal in die Magengegend. Sein Kollege kam angerannt und hielt ihn zurück.

„Ist gut Lasse, beruhige dich,“ hatte er gesagt und ihn zurückgehalten. Wenn sein Kollege nicht gekommen wäre, hätte er ihn kaputt gemacht.

Lasse sah das kleine Mädchen zu dem Mann stürzen, und sie schrie:

„Papa, Papa!“ Woher sollte er denn wissen, dass es ihr Vater war, der mit seiner Tochter ins Gebüsch wollte, weil die Kleine mal Pipi musste.

Lasse wurde beurlaubt und sofort vom Dienst freigestellt.

Als er das seiner Freundin erzählte, war sie so wütend, dass sie einfach Schluss gemacht hatte. Sie meinte, er wäre zu aggressiv, er solle sich behandeln lassen.

Müde und erschöpft holte er sich die Tageszeitung rein und las das, was er jetzt genau brauchte:

„Ein neues und einzigartiges Forschungsprojekt…“

*

Der G.- Scheck

Hanna war aufgeregter als Martin.

Heute sollten sie zu einem Gesundheitsscheck kommen, um die letzten Vorbereitungen zu treffen.

Hanna hatte extra keinen Alkohol mehr getrunken, damit ihre Leberwerte einigermaßen aussahen. Martin ging es genauso. Er haderte aber schon, ob er das überhaupt machen soll. Hanna wollte aber nicht ganz allein dort hin.

Als die zwei den Raum betraten, staunten sie nicht schlecht. Martin sagte nur lapidar:

„Ich glaube, allein wirst du da nicht sein, soviel ist klar.“

Maren kam uns freundlich wie eh und je entgegen und übergab uns einen letzten Fragebogen mit den Worten: „Hallo ihr Lieben, bitte den noch kurz ausfüllen, nur Routine, und dann geht’s auch schon los.“

Während Martin mit seinem Handy spielte und auf Instagram seinen Ex mit einem neuen Mann sah, zog er Hanna den Zettel aus der Hand und unterschrieb ganz einfach mit den Worten:

„Nur noch weit weg von hier.“

Dabei schossen ihm Tränen in die Augen.

Beide wurden nach der Blutabnahme und Urinabgabe gebeten, sich einen Augenblick zu gedulden. Nach dem G- Scheck kommt das Go für die Teilnahme.

Hanna war ganz in Gedanken versunken und dachte an Jens:

‚Wie lange das wohl schon so lief, wer war sie überhaupt. Hat er deshalb immer länger arbeiten müssen?‘

Die Tür öffnete sich und eine ganze Familie, sprich: Mann, Frau, zwei Kinder, Junge und Mädchen, und zwei ältere Herrschaften betraten den Raum. Platz war keiner mehr. Also standen Hanna und Martin auf, um ihren Platz den beiden älteren Herrschaften anzubieten, die dankbar wirkten. Maren kam mit ihrer ganzen Freundlichkeit wieder und übergab dem Oberhaupt einen Packen Zettel zum Unterschreiben. Wieder mit den Worten: „Es geht sofort weiter, wenn sie das ausgefüllt haben.

Der ältere Mann sagte daraufhin: „Ich darf aber schon noch wissen, welches Todesurteil ich hier unterschreiben soll?“ Er versuchte damit einen Gag zu machen, um die anderen damit zum Lachen zu bringen. Das tat aber keiner.

Also verstummte er wieder und las es sich durch.

*

Familie Grundes

Der Mann, namens Bruno dachte darüber nach, warum er jetzt hier mit seiner ganzen Familie sitzt:

‚Seine Frau Anja ist eine lebensfrohe Frau. Immer ein Lächeln auf den Lippen.

Sie hatte sich auf ihn verlassen, ja genau, auf ihn. Auf ihren Mann.

Genauso, wie seine Schwiegereltern, die in der Einliegerwohnung lebten. Seine Eltern waren schon vor langem bei einem Autounfall ums Leben gekommen.

Nun sollte das seine neue Familie werden. Die Zwillinge, Nico und Nicole waren jetzt fünf Jahre. Zwei gut erzogene Kinder. Die Schwiegereltern passten immer auf die Kinder auf, wenn es nötig war. Zum Beispiel, wenn Anja putzen ging. Erst fing es bei Bruno mit Kurzarbeit an, dann folgten Entlassungen. Sie sind nicht mehr tragbar, sorry, tut uns leid, haben sie gesagt. Jetzt standen sie mit ihrer Existenz vor einem Scherbenhaufen. Das Haus soll versteigert werden, an den Höchstbietenden.

Da kam diese Nachricht wie gerufen. Pro Person 250.000 Euro. 1,5 Millionen in einem Jahr.

Dann wären alle aus dem Schneider.

Bis dahin keine Kosten, dafür hätte man so einiges gemacht. Sie bekommen ein großes Chalet und ein kleineres auf demselben Grundstück für seine Schwiegereltern, das passt doch.

Maren kam und rief die ganze Familie auf: „Familie Grundes bitte.“

*

Lee & Zoey

„Hanna? Hallo?“ Jemand tippte Hanna auf die Schulter. Sie wurde aus ihren Gedanken gerissen. Verträumt schaute sie nach oben: „Zoey?“

„Hey Hanna, ich werde verrückt, was machst du denn hier?“

„Hey Zoey, ich fasse es nicht. Wie lange haben wir uns nicht mehr gesehen?“

„Es müssen mindestens 14-15 Jahre sein.“

Beide nahmen sich in den Arm.

Hanna war ganz aufgeregt: „Was machst du hier, erzähle mal.“

„Moment, erst möchte ich dir meinen Ehemann Lee vorstellen (ausgesprochen Lie).

Wir sind erst vor knapp einem Monat aus Japan hierhergezogen.

Lee hatte gedacht, das er hier schnell einen Job findet. Wir wohnen bei meiner Schwester und ihren drei kleinen Kindern. Du kannst dir ja vorstellen, dass das nicht lange gut geht.

Da kam diese Zeitungsanzeige wie gerufen. Lee ist Elektronik- Informatiker und findet im Moment nichts.

Das in der Zeitung hörte sich gut an und naja, deshalb sind wir hier. Ist das dein Mann?“

Zoey zeigte auf Martin. „Nein, Martin ist schwul und ein sehr guter Freund. Wir wollen zusammen ein Chalet nehmen.

Kommt ihr doch noch zu uns. Dann haben wir keine Fremden im Haus.“

„Super Idee.“

*

Hanna wurde aufgerufen. Sie zwinkerte ihren Freunden zu und meinte: „Drückt mir die Daumen.“ Dann betrat sie das Zimmer. Ein sehr freundlicher Mann kam beeindruckend auf sie zu und stellte sich vor:

„Einen wunderschönen guten Tag, ich bin Prof. Dr. Torben Antorf, kurz Torben genannt. Mir sind Titel nicht so wichtig.“

Hanna schaute den sehr gepflegten jungen Mann an. Er muss so Anfang 40 sein, auch wenn seine weißen Klamotten ihn ein bisschen älter aussehen lassen. Sein volles schwarzes ungebändigtes Haar, das Wellen schlug, machte aus ihm einen Lausbuben. Seine dunklen Augen strahlten sein Gegenüber an. Hanna gefiel, was sie sah. Er meinte, dass ihr Blutbild nicht ganz so gut aussehe und auch im Urin wären Spuren von Bakterien. Aber kein Grund zur Sorge. Es wird eh bei allen ein weiterer Test in vier Wochen durchgeführt. Dann würden sich die Werte sicherlich verbessern.

Wenn sie dann so weit wäre, würde sie heute, hier und jetzt diesen Mikrochip unter die Haut bekommen und wäre somit im Team.

Als er ihren Arm nahm und ihn zärtlich desinfizierte, bekam Hanna eine Gänsehaut. Ein Schuss, der lauter war als der kleine Schmerz, ließ sie aufschrecken. Wenn man genau hinsah, sah der Chip aus wie eine kleine Batterie auf der Trizeps Seite.

Das wars schon und Torben verabschiedete sich von Hanna, bis in vier Wochen, in seinem Krankenhaus.

Hanna freute sich schon sehr, diesen großartigen Mann wiederzusehen. Sie dachte noch: ‚Was für eine Ausstrahlung.‘

Den anderen ist es ähnlich gegangen, wobei Martin sich schockverliebt hatte.

Er nannte Torben jetzt Tobi.

Er glaube, dass Tobi nicht ganz abgeneigt sei auf Männer zu stehen.

*

Nord Tor

Hanna war glücklich und dachte:

‚Endlich ist es so weit. Der Tag ist gekommen, an dem ich mich für ein ganzes Jahr in einem anderen Leben befinden werde.

Ich habe nur ein paar persönliche Sachen mitgenommen. Wir durften auch nicht so viel mitnehmen. Jens habe ich einen Brief geschrieben, dass ich nichts mehr mit ihm zu tun haben will. Er wird mich nicht erreichen, da ich in Kanada bin. Zum Beweis lasse ich mein Handy zu Hause liegen, damit du mir nicht auf die Nerven gehen kannst.

Ach ja, und Martin, der neben mir im Bett lag, ist schwul.

Ich habe ihm nur eine Schlafmöglichkeit angeboten. Und ich glaube nicht, dass deine blonde Wilde evtl. lesbisch ist. Sah zumindest nicht danach aus.

Du kannst die Möbel behalten.

Wohnung war eh deine. Persönliche Sachen hole ich später. Das wars.‘

Jetzt sitze ich mit Martin, Zoey und Lee im Zug ins Ungewisse. Die Scheiben sind dunkel. Es sieht aus, als wenn man durch einen Tunnel fährt, der allerdings nie endet.

Uns werden Getränke und Essen gereicht. Für die Kinder Spielzeug und Malsachen.

Von der Bahn aus, wurden wir in Shuttlebusse verpflanzt. Diese fuhren nur durch Wälder. Wir hatten keine Ahnung, wo wir waren, als wir plötzlich vor einem riesigen Tor standen. Darüber stand:

„NORDTOR“ in Großbuchstaben.

Schwerfällig und langsam wurde nach ca.

10 min. das Tor geöffnet. Wir fuhren über eine Brücke, die sich vor uns zusammenschloss. Ein breiter Graben mit Wasser war unter uns zu sehen.

Nach ca. weiteren 10 min. wurden die ersten Chalets sichtbar. Leute stiegen aus, nach Anweisungen. Jetzt waren wir dran.

Der Bus hielt und vierzehn Leute stiegen aus.

Hanna erkannte die Familie Grundes, die mit sechs Leuten auf ein riesengroßes Grundstück zuliefen.

Schräg gegenüber wurde vier Männer zum Haus geleitet. Da sie alle groß und breit waren, sahen sie fast gleich aus.

Einer trug einen Kapuzenpulli.

Dann kam unser Chalet. Es sah großartig aus. Nun gut, am Garten müssten wir einiges tun, aber sonst sah das Haus super aus. Am Tor stand ein Schild mit der Nummer:

6677 // Martin / Hanna / Zoey / Lee /

Als wir es betraten, waren wir überrascht, wie geräumig es drinnen war.

Alles voll eingerichtet. Es gab vier Einzelzimmer, eine große Wohnstube mit Fernseher, was sie noch nicht ganz verstand. Die Wohnküche war eine Hightech Küche mit allem, was man sich vorstellen kann. Ein sehr großer Holztisch und vier Stühle standen im Raum.

Hanna suchte sich gleich für sie das schönste Zimmer aus. So konnte sie, wenn sie aus dem Fenster sah, das Haus sehen, das die vier Männer gerade inspizierten.

Im Flur stand so eine Art Stechuhr, an der sie sich alle zwischen 18:00 – 19:00

Uhr einmal einchecken mussten. Als Martin den Fernseher einschaltete, waren auf dem Bildschirm nur die freundlichen Worte zu lesen:

Herzlich Willkommen in eurer neuen Welt, liebe Hanna, liebe Zoey, lieber Lee und lieber Martin. Neuigkeiten werden über Lautsprecher angekündigt, um dann den Fernseher einzuschalten. Ansonsten gibt es kein Fernsehen.

Zur Not kann man sich Videofilme ausleihen und diese dann schauen.

Zoey fand im Flur, neben der Stechuhr, eine Infobroschüre. Da stand drin, dass man Lebensmittel einkaufen kann:

Kauft das ein, was euch schmeckt. Stellt immer einen Einkaufswagen zusammen und holt euch eine Nummer. Diese Ware wird in den nächsten zwei Stunden geliefert.

Kosten gibt es keine. Das Ganze funktioniert auch mit Reinigung, Baumarkt, Apotheke, etc.

Frisör kann man kommen lassen, selbstverständlich auch kostenlos.

Im kleinen Garagenraum im Nebengebäude befinden sich vier E-

Bikes. Alle unterschiedlich. Für Frauen mit tiefem Einstieg und Mountainbikes für die Herren.

Vier Scooter gab es auch.

Bei Kindern gibt es zusätzlich: Buggy, Dreiräder, Traktor, Bagger und viele andere Spielsachen zum Fahren.

Einen Stadtplan, wo was ist, hing an der Wand. Da waren Waldgebiete mit eingezeichnet. Größere Seen, Abenteuerspielplätze, Streichelzoo, Schwimmbad, Kletterpark und vieles mehr an Freizeitangeboten. Alles ist immer kostenlos.

Hanna meinte zu Zoey: „Man kann sich das gar nicht vorstellen, das alles kostenlos ist.

Ich fühle mich wie im Paradies.“

Martin saß in einer Ecke und schmollte.

Lee: „Martin, was ist los? Hier ist es doch großartig, oder etwa nicht?“

„Mir fehlt mein Handy. Ich kann nicht mehr gucken, ob mein Ex jetzt etwas Neues am Start hat oder noch mit diesem Schönling zusammen ist.“ Lee machte dann den Vorschlag, erst einmal einzukaufen, damit sie den Kühlschrank füllen können. Alle Vier machten sich mit dem Scooter auf den Weg in eine Art Einkaufscentrum.

Dort warf jeder etwas in den großen Einkaufswagen und sie bekamen eine Nummer.

Dann fuhren sie wieder nach Hause.

Zwei Stunden später kam ein Auto, das aussah wie ein Wohnwagenanhänger, nur an den Seiten platter und in Braun.

Die Beifahrertür ging auf und zwei starke Männer mit einem freundlichen Gesicht brachten die Kisten rein. Kein Trinkgeld, nichts.

Hanna meinte: „So lässt es sich aushalten.“ Die anderen stimmten ihr zu.

Lee hatte sich das Handbuch vorgenommen und blätterte es durch.

Wie schon in dem Fragebogen, stand auch hier drin, dass außer im Badezimmer, Toilette und den Schlafräumen, je eine Kamera installiert ist.

Die aber nach 21 Tagen überhaupt nicht mehr stört und man sich dran gewöhnt hätte.

Um 18:30 Uhr checkte sich jeder mit seinem Chip an der Stechuhr ein, das wars.

„So halte ich das für Jahre aus,“ lachte Zoey.

Die anderen gaben ihr Recht.

*

Viktor

„Mein Gott, hast du wieder eine schlechte Laune.“ Torben begrüßte Viktor.

Der Macher der ganzen Organisation.

Viktor ist schon von Geburt an steinreich. In das Quartett fließt das meiste Geld von Ihm.

Als Kind war er nur böse.

Frösche hatte er gefangen und skalpiert.

Ameisenhügel hatte er, genau wie Bienen, grundsätzlich angezündet und erfreute sich dabei, wenn Panik ausbrach.

Er war schon in der Schule der geborene Anführer. Sein schwarzes Haar hatte er immer zurückgegelt und sie glänzten in der Sonne.

Seine Lippen waren so gut wie nicht zu sehen. Dadurch hatte er ein strenges Gesicht.

Er war schlank und trug nur Maßanzüge.

Seine weißen Hemden waren alle signiert und am Hemdsärmel glänzten Manschettenknöpfe. Viktor besaß einen Lamborghini, einen Jaguar, einen Rolls Royce und einen Jeep.

Eine Harley Davidson durfte in seinem Fuhrpark nicht fehlen.

Er zeigte gerne, was er hatte. Was machte so ein Mann denn beruflich? Na, nichts.

Er musste nicht arbeiten. Geld hatte er mehr als genug. Seine Eltern hatten es ihm leicht gemacht. Das Einzige, was ihm fehlte war Macht.

Die Macht über Menschen zu bestimmen, wann und wie er Lust hatte.

Er bestimmte über die Schicksale dieser Menschen, die in das Camp einzogen und tatsächlich glaubten, sie bekommen für ein Jahr alles umsonst.

Viktor fand, dass Menschen einfach nur dumm waren. Freunde, oder besser Bekannte, denn Freunde besaß Viktor nicht, nannten ihn einen Narzissten. Er war eben nur von sich überzeugt.

Viktor setzte sich in seinen Chefstuhl.

„Wie sieht es aus? Wann können wir die ersten Tests machen?“

„Moment, immer mit der Ruhe,“ beruhigte ihn Torben. „Lass die Leute doch mal ankommen und sich wohlfühlen. Schließlich haben sie einen Testlauf von vier Wochen.

Die Leute müssen Vertrauen aufbauen.“

„Papperlapapp. Die Leute haben schon Vertrauen aufgebaut, sonst wären sie nicht hier.“

„Trotzdem, sicher ist sicher.“

Viktor nickte. Damit wusste Torben, dass er ihn beruhigen konnte.

Eine Stunde später machte sich Viktor auf den Weg zu seiner Namensvetterin, der Maklerin Viktoria.

*

Viktoria van der Hofen

Viktoria hasste ihren Vornamen, im Gegensatz zu Viktor. Deshalb bat sie auch immer um die Abkürzung Vicky.

Vicky kommt aus Holland und trägt gerne etwas in Orange. Das passt zwar nicht zu ihren roten Haaren, aber das war ihr egal.

„Hallo Vicky, meine Schöne, wie geht’s dir?“

Viktor kam mit einer kurzen Umarmung und Küsschen hier und Küsschen da auf sie zu.

„Sensationell. Die Geschäfte laufen und wir haben schon eine Menge Leute, die auf der Warteliste stehen. Jeden Tag kommen mehr dazu. Wenn du willst, können wir sofort starten.“

„Würde ich ja gern, aber Torben meinte, wir brauchen noch vier Wochen Eingewöhnungszeit.“

„Wozu, ist doch eh egal.“

„Sehe ich auch so, aber ich will das Projekt nicht durch meine Ungeduld in Gefahr bringen.“

Die beiden gingen noch schön zusammen essen. Dann nahm Viktor die Liste der neuen potenziellen Kunden mit auf seinen Nachhauseweg. Im Bett las er es durch:

H x 6 // N x 14 // L x 8 // B x 11 // D x 9

Zufrieden knipste er das Licht aus und schlief selig ein.

*

Lasse & Co

Lasse war misstrauisch, blieb aber erst einmal gelassen. Seine Mitbewohner waren:

Floyd, der älteste, 55 Jahre. Grau melierte Haare, sportliche Figur, sehr gepflegt.

Malte ist 25 Jahre und viel zu dick.

Wenn er in den vier Wochen nicht mindesten 3-4 Kilo abnimmt, muss er das Camp wieder verlassen. Seine Haare waren meistens fettig.

Finn war 28 Jahre, hatte sehr kurz geschorene Haare. Er war drei Jahre zuvor im Kloster und hat Kampsport gelernt, wie die Shaolin Mönche.

Eigentlich wollte er wieder dorthin zurück. Dann las er die Anzeige.

Hanna stand am nächsten Morgen schon zeitig auf und schob ihre Vorhänge zur Seite. Sie hatte wunderbar geschlafen. Als sie aus dem Fenster blickte, sah sie einen Mann. Er muss so in ihrem Alter sein.

Lange Haare zu einem Zopf zusammengebunden. Oberkörper frei und reichlich tätowiert. Er trug eine Latzhose, an der ein Träger nach unten hing, der andere war oben.

Er hatte so eine Art Springerstiefel an.

Seine Harke benutzte er wie ein Wilder, im Garten. Zwischendurch beugte er sich nach unten, um das Unkraut zu entfernen.

‚Einen schönen knackigen Po hat er,‘ dachte Hanna. In dem Moment drehte er sich um. Schnell versteckte sie sich hinter dem Vorhang.

Er hat sie nicht gesehen, Gottseidank.

*

Floyd und Finn setzten sich aufs Fahrrad und radelten geschwind los. Beide waren sehr sportlich. Sie wollten die Gegend auskundschaften.

Malte kam im Pyjama raus und reckte sich ausgiebig. Dann fragte er Lasse durch das geöffnete Fenster laut rufend:

„Gähn, wann gibt es Frühstück?“

*

Familie Grundes

Anja war sauer auf ihren Mann. Der tat gerade mal so, als wenn er das alles finanziert hätte.

Dabei hat er gar nichts getan, was wir anderen nicht auch getan hatten.

Nämlich sich zu registrieren.

Ihre Eltern fanden die Idee gut. Sie brauchten eh kein Handy oder Internet.

Gab es früher auch nicht. Das Radio und der Fernseher fehlten aber schon. Also meistens, um sich zu berieseln zu lassen.

Anja hatte mit ihren Eltern eine kleine Besichtigung unternommen und sind dabei auf eine Bücherei gestoßen.

Ihr Vater hat sich sämtliche Westernromane bestellt und ihre Mutter Arztromane.

Jetzt waren sie glücklich. Die Kinder spielten mit dem neuen Spielzeug und fanden das alles spannend.

Nach der Probezeit dürfen die Kleinen dann in eine Betreuungsgruppe und andere Kinder kennenlernen.

Anja ließ ihren Frust über Bruno im Garten raus. Sie hatte sich Samen geholt und wollte selbst Kräuter und Gemüse anpflanzen.

Bruno lag in der Sonne und machte nichts. Er genoss es, einmal keine Sorgen zu haben.

Bruno seufzte und meinte:

„Das Leben ist so schön!“ Dabei schaute er gegen die Sonne und sah eine Drohne über sich fliegen. Er winkte ihr zu.

*

4Wochen später

Man darf gar nicht darüber nachdenken, dass schon ein Monat von zwölf Monaten um ist. Wie die Zeit vergeht.

Und es ist genauso, wie sie es vorausgesagt haben. Hanna war überrascht, dass ihre Blutwerte so gut geworden sind. Und das nach vier Wochen.

Hanna findet Torben immer noch gut, Martin aber auch. Aber ihr Augenmerk hat sich auf diesen Mann aus dem Nachbarhaus mit dem Pferdeschwanz gerichtet. Das wäre nämlich genau ihr Typ.

Vor Zwei Wochen kam er zur ihr in den Garten und meinte, dass sie den Garten sehr gut machen würde.

Als sie ihm direkt gegenüberstand, leuchteten ihr zwei stahlblaue Augen entgegen. Und da sein Gesicht ziemlich schmutzig war, von der Gartenarbeit, strahlten sie noch mehr. Dann setzte er sein breitestes Lächeln auf und eine tadellose weiße Zahnreihe blitzte ihr entgegen.

Sie war so verwirrt, dass sie nur Bruchstücke an Wörtern herausbekam.

Als er wieder gegangen war, ärgerte sie sich, dass sie so blöd war.

Sie kam sich wie eine Hilfsschülerin vor.

Seitdem beobachtete sie ihn öfter aus ihrem Fenster hinter der Gardine.

Jetzt saßen alle beieinander. Die vier Jungs von nebenan und unsere Clique im Wartezimmer. Sie bemerkte, dass sie immer wieder verstohlen zu ihm hinschaute.

Dann gab sie sich einen Ruck. „Da wir Nachbarn sind, können wir uns doch auch vorstellen. Also ich bin Hanna. Das sind Lee und Zoey. Sie sind verheiratet, und mein Freund Martin.“

Lasse fiel die Kinnlade runter. Martin griff ein: „Hallo, ich bin tatsächlich ihr Freund, aber ihr schwuler Freund.“

Alle lachten, und Lasse gab ihr seine Hand. Sie fand, er behielt ihre Hand einen Augenblick länger in seiner als die anderen.

Die Vier bekamen fast alle grünes Licht und durften bleiben. Ein Angebot haben sie allerdings noch von Torben bekommen. Wenn man nach sechs Monaten raus will, wäre das kein Problem.

Dann würde man allerdings nicht durch das Südtor gehen, sondern muss sich für West – oder Osttor entscheiden.

Bei einem Tor bekommt man noch 100.000 Euro, bei dem anderen keinen Cent. Man darf allerdings dann nicht mehr zurück ins Camp. Für Hanna und ihre Mitbewohner käme das soundso nicht in Frage. Für Hanna, weil sie das Jahr jetzt durchziehen musste, schon allein wegen des Artikels.

Bei den Jungs sah es etwas anders aus.

Lasse hatte hervorragende Werte, genauso Floyd, der Grauhaarige und Finn, unser Mönch. Bei Malte sah das Blutbild nicht so gut aus und er hatte statt abgenommen, zugenommen, und zwar 2,4 Kilo.

Lasse meinte: „Das ist ja auch kein Wunder. Malte hat sich in den vier Wochen nicht einmal bewegt. Weder sportlich noch im Haushalt. Zweimal hatte er vergessen sich in der Stoppuhr zu registrieren.“ Das sieht das Quartett gar nicht gern; somit war Malte draußen. Er musste direkt gehen.

Konnte sich aber noch von seinen Leuten verabschieden.

Traurig war Malte nicht, denn er freute sich auf seine Computerspiele zu Hause.

Das wäre soundso hier nichts für ihn.

Somit ging er in ein anderes Zimmer und wurde nicht mehr gesehen. Alle anderen hatte es geschafft und durften bleiben.

Floyd freute sich und meinte:

„Das muss gefeiert werden. Wir haben noch die Flasche Rotwein von dem Einzug und heute dürfen wir uns noch eine Flasche bestellen. Wären zwei Flaschen. Da Hanna schon die halbe Flasche leergetrunken hatte, konnten sie nur eineinhalb Flaschen dazu steuern.

Zum Essen gab es einen spanischen Abend mit ganz vielen Tapas.

Der Abend war bisher der beste von allen. Jeder erzählte seine Story, warum er im Camp war. Außer Hanna. Die durfte nichts sagen. Sie schwindelte ein bisschen und sagte, sie wurde wegrationalisiert, nicht mehr tragbar.

Darüber regten sich erst einmal alle auf.

Der Abend ging aber feucht fröhlich zu Ende.

*

Der schwule Martin

In den nächsten Tagen war Martin nicht gut drauf.

Er hatte sich in den Arzt Prof. Dr. Torben Antorf verliebt. Als der Doc ihm das letzte Mal Blut abgenommen hatte, funkte es zwischen den Beiden. So die Aussage von Martin.

Die anderen meinten, dass der Doc auch zu ihnen sehr nett und vorsichtig war.

Aber Martin ließ sich da nichts einreden.

Er musste krank werden, um einen Grund zu haben, seinen Tobi wiederzusehen.

Da er sich aber kerngesund fühlte, versuchte er mit dem Mountainbike eine kleine Runde zu drehen, um dann zu stützen. Nicht zu hart, weil Martin ein kleiner Schisser ist, aber so doll, dass er zum Arzt muss.

Vorher pflegte er sich aber noch. Er duschte ausgiebig und machte eine Pflegekur für seine Haare und eine anschließende Gesichtsmaske. Seine Fingernägel sahen akkurat aus und auch seine Füße konnten sich sehen lassen.

Dann sprang er allein auf das Mountainbike und fuhr in das nahegelegene Waldgebiet.

Als er vor einem steilen Pfad stand, bekreuzigte er sich und stürzte sich den Hang herunter.

*

Martin erwachte und bemerkte, dass er in einem weißen Bett lag. In seiner Armbeuge war eine Infusion angeschlossen. Eine Flüssigkeit tropfte langsam in seine Vene.

Er grinste, er hatte es geschafft und überlebt und ist jetzt bei seinem Tobi.

Er drückte den roten Knopf.

Überraschenderweise kam Maren in das Zimmer. Das war die, die damals die Kontaktformulare ausgestellt hatte.

„Hallo Maren, du hier?“

Er begrüßte sie freundlich, aber matt.

„Hallo Martin, was machst du denn für Sachen. Du hast Quetschungen in der Lunge, ansonsten viele Hämatome und eine Gehirnerschütterung. Du brauchst jetzt viel Ruhe, um wieder auf die Beine zu kommen.“

„Ist denn Prof. Dr. Torben Antorf nicht im Haus?“ Martin hatte Hoffnung.

„Ja, der ist auch im Haus, hat aber gerade eine OP.

Er schaut später noch bei dir rein.“

Maren ging, nachdem sie den Tropf schneller gestellt hatte, und ein enttäuschter Martin blieb zurück.

Eine halbe Stunde später wurde er sehr müde. Er wollte aber nicht verpassen, wenn Tobi kommt.

Also stand er auf und rollte mit seinem Infusionsständer auf den Flur. Er öffnete eine Tür, wo er eine Toilette vorfand.

Er ging hinein und lies erst einmal Wasser ab. Statt aus dieser Tür wieder rauszugehen, nahm er eine andere Tür.

Was er da sah, verschlug ihm dem Atem. Alles voller Blut. Der Gestank ging sofort in seine Nase. Übelkeit kam in ihm auf.

Er kotzte im hohen Strahl auf den Bluthaufen. Dann verließ er schnell den Raum.

Er ging zum Flur zurück und öffnete eine andere Tür. Da lagen zwei Patienten auch mit einem Tropf.

Sie schliefen. Im nächsten Raum das gleiche Bild. Im vierten Raum lag nur einer, der aber stöhnte. Martin ging auf den Mann zu. Er schlug wild mit dem Kopf hin und her.

‚Das ist doch Malte. Ich dachte, der ist schon längst zu Hause.‘

Er rüttelte ihn an der Schulter, und rief:

„Malte, wach auf, ich bin es Martin.“

Aber er war in einer anderen Welt. Er wollte später nochmal bei ihm vorbeischauen.

Martin dachte: ‚Die können doch nicht alle schlafen. Ich versuche mal eine Etage höher zu gehen. Vielleicht sind die Leute da wach.‘

Im ersten Zimmer im Obergeschoss staunte Martin nicht schlecht. Es sah aus wie in einer Businessclass. Alles in Luxus gehalten. Das könnte sich ein Normalverbraucher nicht leisten. Er öffnete ein Zimmer, und drei Männer spielten Poker. Das war wie eine Vision.

„Hallo,“ sagte Martin. „Sie sind wach?“

Die drei schauten ihn verblüfft an.

„Ja, geschlafen wird, wenn wir tot sind:“

Die Männer lachten alle.

Ein anderer fragte: „Was kriegst du?“

Martin verstand die Frage nicht.

„Wieso, bekommt man hier was?“

Wieder lachten die Männer.

Einer stand jetzt auf und stellte sich vor:

„Gestanden, Lungenflügel!“ Der nächste:

„Ich bilde den Abschluss mit Darm.“

Und der letzte: „Ich bekomme das Beste, Herz!“

Martin verstand kein Wort.

Alle drei erwarteten nun eine Antwort von Martin.

Er lachte verlegen und druckste herum.

Dann meinte er: „Ich habe mich noch nicht entschieden!“

Die drei Männer fühlten sich nun reichlich verarscht.

Martin sah zu, dass er aus dem Zimmer kam.

Sein Kopf ratterte.

Er stürzte in ein anderes Zimmer und fragte:

„Herz oder Niere?“ Weder noch.

„Netzhaut,“ antwortete eine Person. Die andere meinte: „Herz ist zwei Türen weiter.“

„Danke,“ Martin schluckte und verließ abrupt die Etage.

Er ging über die Treppe zurück in die unterste Etage. Kurz bevor er aus dem Treppenhaus auf die Station kam, hörte er Stimmen. Eine Unterhaltung von seinem Tobi und einem Hektor.

„Du sollst nicht immer Scherze machen.

Du hast mich schön erschreckt,“ meinte Torben.

„Hat der Herr ein schlechtes Gewissen?“

Torben verdrehte die Augen.

„Welche Leute sind, heute noch zur OP

vorbereitet?“

Torben fragte noch mal nach.

„Heute kommt noch Malte, der muss dringend weg, sonst kollabiert der hier noch. Und ein Neuzugang, der schwule Martin.“

Torben staunte nicht schlecht. „Martin?

Der ist schwul? Habe ich gar nicht gewusst.

Ein netter Kerl.“

„Für Sentimentalitäten haben wir keine Zeit,“ argumentierte Hektor.

Er ist mit dem Mountainbike gestürzt und ist Hirntod. Nichts mehr zu machen.

„Was hat er zu bieten?“

„Er hat ein gesundes Herz, Lungen und noch so andere Kleinigkeiten.“

Torben machte ein nachdenkliches Gesicht.

„Der Arme,“ sagte er im Flüsterton.

Martin war weiß wie eine Wand. Jetzt wusste er, warum hier alle so nett sind, und alles bezahlt wird. ‚Die verschachern Organe von gesunden Menschen an steinreiche, die sich das leisten können.

Ich muss die anderen warnen.‘

Gerade, als er wieder zurückwollte, stand ein Bär von Mann hinter ihm.

Groß, stark und breitschultrig.

„Na, wo wollen wir denn hin?“

Das bekam Hektor mit, weil Torben schon wieder auf dem Weg in den OP

war.

Der Mann hatte Martin fest im Griff.

Hektor klopfte Martin gegen die Stirn und setzte ihn augenblicklich in Trance.

Martin sackte zusammen.

Hektor dachte:

‚wir müssen vorsichtiger sein.‘

Dann legten sie Martin wieder in sein Bett und die Schwester setze ihm eine Spritze, die ihn sofort in einen tiefen Schlaf fallen ließ.

*

Tod

Am Abend, nachdem Hanna, Zoey und Lee nicht länger auf Martin warten wollten und sich eingecheckt hatten, wollten sie zu Abend essen. Da klopfte es an der Haustür.

Lee öffnete und wunderte sich, dass Maren vor der Tür stand. Höflich bat er sie rein. Als sie sich setzte und einen traurigen Anblick versprühte, fragte Hanna: „Ist was passiert?“

„Das kann man wohl sagen. Eurer Mitbewohner Martin ist tot. Er ist mit dem Mountainbike verunglückt.

Torben hatte noch alles versucht, aber er hatte innere Blutungen und erlag seinen Verletzungen.“

Lee schüttelte den Kopf.

„Das verstehe ich nicht. Martin ist nie mit dem Rad gefahren, sondern immer nur Scooter. Hatte er denn einen Helm auf?“

Maren schüttelte den Kopf und verneinte.

Hanna: „Oh mein Gott, wie schrecklich.

Was passiert jetzt mit dem Leichnam?“

Wie aus der Pistole geschossen kam:

„Der Leichnam wird unverzüglich an seine Familie übergeben.

Für die Kosten der Beerdigung kommen wir natürlich auf, um die Familie zu unterstützen.“

Hanna strich Maren zärtlich über den Arm.

„Können wir uns denn noch verabschieden?“

Maren: „Sorry, aber er ist schon auf dem Weg zu seiner Familie.“

Dann verabschiedete sich Maren und ließ die drei Trauernden allein zurück.

Appetit hatte keiner mehr. Wie gern hätte Hanna jetzt ein Schlückchen Wein getrunken, aber sie hatte nichts mehr.

Traurig zog sich jeder in seinem Zimmer zurück. Hanna kullerten die Tränen über die Wangen, als sie im Bett lag.

Die Nacht war unruhig und sie hatte Alpträume. Martin war ein sehr guter Freund geworden und jetzt ist er tot.

Sie träumte von Fahrrädern und Monstern und Martin.

Gegen Morgen wurde sie wach, weil ein Rasenmäher sie aus dem Schlaf riss. Als sie aufstand und die Gardinen zur Seite schob, sah sie Lasse. Er mähte den Rasen. Zwischendurch blickte er nach oben zu Hanna und als er sie erblickte, winkte er freundlich.

Kraftlos hob Hanna die Hand und verschwand vom Fenster.

Sie ging ins Bad und machte sich frisch, als es erneut an der Haustür klingelte. Es war wieder Maren.

Hanna hob abwehrend die Hände und meinte: „Nicht schon wieder bitte.“

Aber hinter Maren standen zwei Männer mittleren Alters. Sie stellte beide vor:

Tom sollte in das freie Zimmer von Martin ziehen und Spencer zieht bei Lasse und den Jungs ein. So werden die Lücken wieder gefüllt. Malte und Martin gab es einfach nicht mehr. So ist der Fortschritt.

Tom entpuppte sich als Spaßkanone.

Er war gut drauf und war immer gut gelaunt und lustig. Er brachte sich im Haushalt gut ein und auch beim Kochen.

Wir bekamen schnell mit, dass Tom Koch von Beruf war und sich deshalb der Küche auch gerne annahm.

Die anderen waren begeistert von seinen Kochkünsten. Er wollte sich von dem Geld ein kleines Restaurant kaufen.

Zumindest anzahlen.

Anders als Tom, war der Neue von nebenan, Spencer, ein Model. Da aber im Moment keine Aufträge reinkamen und er auch 2-3 Kilo zu viel für die Modelkariere hatte, kam die Anzeige wie gerufen. Beide standen auf der Warteliste und sprangen ein, wenn einer abbricht.

In den ersten Einzug hatten sie es leider nicht geschafft, weil es schon voll war.

Lasse fand Spencer gut und meinte: „Du passt hervorragend in unsere Gruppe.

Herzlich willkommen.“ Auch die anderen vermissten Malte nun nicht mehr.

*

Lust

Victor war von Natur aus ein böser Mensch. Er benutzte die Frauen nur, um mit ihnen zu schlafen. Dann schmiss er sie kurzerhand wieder vor die Tür. Er meinte, dass die Frauen nur sein Geld sehen, aber nicht den lieben Menschen, der er glaubt zu sein. Obwohl, so richtig lieb war er eigentlich nie.

Wenn er die Frau um den kleinen Finger gewickelt hatte, nahm er sie mit nach Hause, quälte und benutze sie.

Nur dann, wenn die Frau vor Schmerzen schrie, kam er. Er unterdrückte sie und nahm sich das, was er brauchte. Er schaffte es immer wieder. Es war wie eine Herausforderung, die nächste Frau zu erobern.

*

Diesmal war er mit der Maklerin Vicky auf dem Weg nach Dubai. Da wartete ein Großauftrag auf die Beiden. Es sollten mehrere Transplantationen stattfinden, wo eine Menge Geld bezahlt wurde.

Und wenn er schon mal in Dubai ist, wird er sich hier auch austoben, was seine sexuellen Wünsche angeht. Das Gute für ihn, da kann ihn keine Anzeige erwarten. Das ist ein Land ganz nach seinen Wünschen.

*

Sie saßen bei einem gemeinsamen Essen mit Scheich Ahmed und Prinz Hamsa, dem jüngsten in der Gruppe, und Omar der auch zugleich der Vermittler ist, wie auf der deutschen Seite Vicky.

Als Omar seinen Laptop öffnete las er den Inhalt vor:

„Wir benötigen H x 3 // Übersetzt 3 x Herz Dann unbedingt: L x 2 // 2 x Lid Weiter geht’s mit: N x 4 // 4 x Niere Und zu guter Letzt: Lu x 4 // 4 x Lunge Bei der Lunge und bei einem Herzen müssen es Kinder sein, wäre das machbar? Ein Herz soll auch ein älterer Mann bekommen, der aus unserer Familie stammt.“

Viktor war ganz in seinem Element:

„Das ist überhaupt kein Problem, haben wir alles da. Wie sieht es mit der finanziellen Seite aus?“

„Preis spiel keine Rolle, wir zahlen alles.“

Das wollte Viktor hören, auch Vicky nickte zufrieden.

Es wurden noch Anfragen ausgesprochen, die für Japan gedacht waren. Da wurde das dreifache benötigt und auch da spielt Geld keine Rolle.

Es wurde noch reichlich gespeist und Gedanken ausgetauscht. Es wurde kein Wort mehr über Organe gesprochen.

Das war in trockenen Tüchern. In vier Wochen sollen alle mit Privatjets eingeflogen werden und dann sollte es auch schon los gehen.

Zwei Tage hielt es Viktor, der seinen Spaß noch ausgiebig auslebte und Vicky, die reichlich shoppen ging, aus. Dann ging es wieder zurück in die Heimat.

*

Floyd

Als Floyd, der Grauhaarige aus der Männervilla eine ausgiebige Tour mit dem Mountainbike machen wollte, stieß er unglücklicherweise mit einer Frau zusammen. Diese ging, ohne zu schauen, einfach über den Weg. Sie hatte das Fahrrad nicht gehört. Rums machte es und Floyd flog über seinen Lenker. Da er sich aber von Finn ein paar Künste hat zeigen lassen, rollte er einfach über die Schulter ab und stand wieder auf.

Die Frau lag aber am Boden. Sofort eilte Floyd zu der Frau.

„Haben sie sich etwas getan?“

Während er kniete, nahm er seinen Helm ab.

Etwas benommen, aber dennoch resolut sagte sie: „Können sie nicht aufpassen?“

Dann schaute sie den Mann an.

„Wir kennen uns doch, wir sind Nachbarn.“

Er war sich nicht sicher, gab dann aber zu: „Stimmt, sie sind die Großfamilie mit zwei Kindern und den Großeltern.

Sie haben einfach den Weg überquert, ohne zu gucken.

Außerdem duzen wir hier uns alle. Ich bin Floyd.“ Er streckte ihr seine Hand ihr entgegen.

Sie nahm sie und meinte entschuldigend: „Stimmt, Sie, äh, Du hast Recht. Ich habe nicht aufgepasst, tut mir leid.“ Sie nahm dankbar die Hand und ließ sich hochziehen.

„Ich war in Gedanken, mein Name ist Anja,“ sagte sie entschuldigend.

Sie wollte nicht sagen, dass sie schon wieder Streit mit Bruno hatte. Der ließ es sich nämlich gut gehen. Er sitzt nur noch zu Hause, unternimmt gar nichts mit den Kindern, und lässt sich nur bedienen. Der hat bestimmt schon fünf Kilo zugenommen. Deshalb musste sie mal raus.

„Oh, du blutest ja,“ meinte Floyd.

„Komm eben mit zu mir. Da werde ich es reinigen und ein Pflaster draufkleben.“ Bereitwillig ging sie mit und hakte sich an seinem linken Arm ein. Mit der anderen Hand schob er sein Fahrrad, an dem sein Helm hing.

Kurze Zeit später kehrten sie ein. Alle waren ausgeflogen. Floyd brachte Anja direkt ins Badezimmer.

Dort reinigte er die Wunde. Es war nur ein wenig Haut abgeschürft, mehr nicht.

Ein kleiner Strip auf die Augenbraue und das war es schon.

Erst jetzt sagte Anja, dass auch ihr Knie schmerzte. Sie zog das Hosenbein hoch und auch da waren Hautabschürfungen.

Floyd reinigte es und klebte ein Pflaster aufs Knie. Dabei streichelte er übers Knie und sang: „Heile, heile Segen, morgen gibt es Regen, übermorgen Schnee und dann tut es nicht mehr weh.“

Beide lachten Tränen. Das tat Anja richtig gut, einfach aus dem Herzen zu lachen.

Er wischte mit einem Taschentuch ihre Lachtränen weg. Dabei kamen sie sich näher, viel zu nah.

Floyd nahm ihren Kopf in seine Hände und gab ihr einen leichten Kuss auf die Wange, um ihre Augen trocken zu küssen, dann auf den Mund, erst vorsichtig, dann wild und leidenschaftlich. Die restliche Leidenschaft spielte sich im Bett von Floyd ab. Es war wunderschön.

Anja konnte an nichts anderes mehr denken. Der Kopf schwirrte nur noch um Floyd. Es hatte sie voll erwischt.

Sie war verliebt, wie mit sechzehn.

Immer wenn es möglich war, trafen sie sich und liebten sich.

Floyd ging es genauso. So ein prickelndes Gefühl wie mit Anja, hatte er noch nie.

Er war derjenige, der die Zwillinge mal zum Fußball spielen abholte oder mit Beiden eine Radtour machte. Bruno lag den ganzen Tag wie ein Brett im Bett, auf der Couch, oder im Garten auf der Liege. Seine Schwiegermutter schuftete im Garten und er sah nur zu.

Anja wusste es, so konnte es nicht weiter gehen. Sie konnte den Anblick von Bruno nicht mehr ertragen. So würde sie das Jahr nie rumkriegen.

Als sie sich mit Floyd darüber unterhalten hatte, meinte er: „Es wurde doch gesagt, dass wenn man die Zeit nicht schafft, man statt aus dem Südtor, auch durch das Osttor oder das Westtor gehen kann. Auf einer Seite bekommt man immerhin 100.000 Euro pro Person.

Wenn deine Eltern, so wie du sagst, hier nicht glücklich sind, wäre das doch kein Problem. Du sagtest, dass ihnen der Fernseher fehlt.

Die Kinder haben kaum Freundschaften geschlossen.