OPD-2 - Modul Abhängigkeitserkrankungen -  - E-Book

OPD-2 - Modul Abhängigkeitserkrankungen E-Book

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Beschreibung

Psychodynamische Diagnostik der Abhängigkeitsentwicklung mithilfe der OPD-2 Eine Abhängigkeit entwickelt sich vor dem Hintergrund der Persönlichkeit, und deshalb ist eine hinreichende Diagnostik der Abhängigkeitsentwicklung ohne eine Diagnostik der Persönlichkeit für die psychodynamische Psychotherapie nicht denkbar. Dabei wird die Abhängigkeit ebenso durch diese Persönlichkeit mit ihren Beziehungsinteraktionen, ihren inneren Konflikten und ihren strukturellen Fähigkeiten bestimmt wie durch das Konsumverhalten selbst. Auch für die Abhängigkeitserkrankungen gilt deshalb, dass die psychodynamische Diagnostik einer Person mit der OPD-2 die Grundlage zur Diagnostik und Therapieplanung darstellt. Das vorliegende Modul «Abhängigkeitserkrankungen» ergänzt und vertieft die Operationalisierte Psychodynamische Diagnostik (OPD-2) in Bezug auf stoffbezogenen Missbrauch oder Abhängigkeit. Die Foki aus der Grundpersönlichkeit werden dabei mit der Dynamik der abhängigkeitsbedingten Persönlichkeitsveränderungen zu einem Abbild der «Suchtspirale» verknüpft. Die 2. Auflage wurde sorgfältig durchgesehen und neu gestaltet.

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OPD-2 – Modul Abhängigkeitserkrankungen

Arbeitskreis OPD – Abhängigkeitserkrankungen und Arbeitskreis OPD

Programmbereich Psychiatrie

Arbeitskreis OPD – Abhängigkeitserkrankungen und Arbeitskreis OPD

OPD-2 – Modul Abhängigkeitserkrankungen

Das Diagnostik-Manual

Anwendungen der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik 1

2., korrigierte Auflage

unter Mitarbeit von V. Albertini, A. Dieckmann, L. Forschner, Th. Jakobsen, D. Nitzgen, J.-H. Obendiek, H. Sporn, D. Tabatabai und K. von Ploetz

Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.dnb.de abrufbar.

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Kopien und Vervielfältigungen zu Lehr- und Unterrichtszwecken, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Anregungen und Zuschriften bitte an:

Hogrefe AG

Lektorat Medizin/Psychiatrie

Länggass-Strasse 76

3000 Bern 9

Schweiz

Tel: +41 31 300 45 00

E-Mail: [email protected]

Internet: http://www.hogrefe.ch

Lektorat: Susanne Ristea

Bearbeitung: Ulrike Boos, Freiburg

Herstellung: Daniel Berger

Umschlag: Claude Borer, Riehen

Satz: Claudia Wild, Konstanz

Druck und buchbinderische Verarbeitung: Finidr s.r.o., Český Těšín

Printed in Czech Republic

2., korrigierte Auflage 2017

© 2013 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern

© 2017 Hogrefe Verlag, Bern

(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-95805-7)

(E-Book-ISBN_EPUB 978-3-456-75805-3)

ISBN 978-3-456-85805-0

http://doi.org/10.1024/85805-000

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Diese Bestimmungen gelten gegebenenfalls auch für zum E-Book gehörende Audio­dateien.

Anmerkung

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Inhaltsverzeichnis
Arbeitskreis OPD – Abhängigkeitserkrankungen
Arbeitskreis OPD
Danksagung
Vorwort: Diagnostik und Therapieplanung der Abhängigkeitserkrankungen mit der OPD-2
Teil 1: Das Modul Abhängigkeitserkrankungen
1. Einführung und Gegenstandsbereich
2. Darstellung des Moduls Abhängigkeitserkrankungen
Grundlagen und Aufbau
Suchtspezifische Items zu Krankheitserleben und Behandlungsvoraussetzungen
Die Suchtspirale
Die Aneignung
Teil 2: Manualisierung des Moduls Abhängigkeitserkrankungen
3. Suchtspezifische Items zu Krankheitserleben und Behandlungsvoraussetzungen
Gegenwärtige Schwere der Störung/des Problems
Dauer der Störung/des Problems
Veränderungskonzepte des Patienten
Veränderungsressourcen
Veränderungshemmnisse
4. Die Suchtspirale
Formulierung der Suchtspirale
Items zur Verselbständigung der Abhängigkeitsentwicklung
5. Aneignung der Abhängigkeitserkrankung
6. Durchführung des Interviews
Literatur
Anhang
Empirische Studien zur OPD bei Abhängigkeitserkrankungen
Interviewleitfaden für das Abhängigkeitsinterview
Einschätzung der subjektiven Aneignung der Abhängigkeit
Erhebungsbogen Abhängigkeitserkrankungen

Arbeitskreis OPD – Abhängigkeitserkrankungen

Valentina Albertini, Dipl.-Psych., Psychologische Psychotherapeutin, Tiefenpsychologie, Psychoanalyse, Gruppenanalyse, Lehrbeauftragte der IPU (International Psychoanalytic University),

in eigener Praxis Bayerische Str. 2, 10707 Berlin

[email protected]

Andreas Dieckmann, Dr. med., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie/Psychoanalyse/Sozialmedizin

Chefarzt der Vivantes Entwöhnungstherapie Hartmut-Spittler-Fachklinik am AVK, Paarener Str. 22, 13589 Berlin

www.psychotherapiedieckmann.de

Lukas Forschner, Dr. med. Ärztlicher Psychotherapeut, Praktischer Arzt, Suchtmedizin, Sozialmedizin, Chefarzt Medinet GmbH Fachklinik Alte Ölmühle, Berliner Chaussee 66, 39114 Magdeburg

[email protected]

Thorsten Jakobsen, Dipl.-Psych. Psychologischer Psychotherapeut, Fachpsychologe FSP, Tiefenpsychologie, Psychoanalytiker IPA, Sprecher der OPD Abhängigkeit, OPD Koordinationsrat, Supervisor Ausbildungsanalytiker AZPP. In eigener Praxis Gerbergasse 43, CH 4001 Basel

[email protected]

Dieter Nitzgen, M.A. Abteilungsleiter Psychotherapie, Rehabilitationsklinik Birkenbuck, Gruppenanalytiker, Supervisor (D3G, IGA/H, GAS).

Im Kalchen 20, 79379 Müllheim

[email protected]

Jan-Hinrich Obendiek, Diplom-Pädagoge, Studium der Erziehungswissenschaften, Psychologie, Soziologie, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, Suchttherapeut, Lehrtherapeut für systemische Therapie, therapeutischer Leiter der Medinet GmbH Fachklinik Alte Ölmühle, Berliner Chaussee 66, 39114 Magdeburg

[email protected]

Harald Sporn, Dr. phil., Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut, leitender Psychologe der Fachklinik Langenberg, Krankenhausstr. 17, 42555 Velbert, [email protected]

Darius Chahmoradi Tabatabai, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Ltd. Oberarzt der Vivantes Entwöhnungstherapie Hartmut-Spittler-Fachklinik am AVK

Rubensstr. 125, 12157 Berlin

[email protected]

Klaus von Ploetz, Dr. med., Dr. phil., Facharzt für Neurologie

Arbeitskreis OPD

Sprecher der OPD:

Manfred Cierpka, Heidelberg

Koordinationsausschuss:

Cord Benecke, Kassel

Peter Buchheim, München

Reiner W. Dahlbender, Bad Saulgau

Harald Freyberger, Greifswald

Tilman Grande, Heidelberg

Gereon Heuft, Münster

Thorsten Jakobsen, Basel

Paul L. Jansen, Dortmund

Franz Resch, Heidelberg

Gerd Rudolf, Heidelberg

Henning Schauenburg, Heidelberg

Wolfgang Schneider, Rostock

Gerhard Schüßler, Innsbruck

Michael Stasch, Heidelberg

Mathias von der Tann, London

Achsensprecher:

Achse I: Wolfgang Schneider, Rostock

Achse II: Manfred Cierpka, Heidelberg

Achse III: Gerhard Schüßler, Innsbruck

Achse IV: Gerd Rudolf, Heidelberg

Achse V: Harald J. Freyberger, Greifswald

Alle nationalen und internationalen Mitglieder:

Danksagung

Die Arbeitsgruppe «Abhängigkeitserkrankungen» hat in den letzten Jahren um das vorliegende Manuskript gerungen und hätte dies niemals geschafft ohne die große Unterstützung, welche sie von vielen Seiten erfahren hat.

Vor allem und in besonderer Weise sind dabei die Mitautoren, der OPD-Arbeitskreis, zu nennen, der neben der praktischen Hilfe uns vor allem mit Ideen und konstruktiver Kritik begleitete und dessen Vorarbeiten für uns die wichtigste Grundlage für die gesamte weitere Arbeit war. Darüber hinaus ist es sehr hilfreich gewesen, die Vorstufen der Arbeit immer wieder in der großen internationalen «Familie» der OPD vorstellen und diskutieren zu können.

Zudem wurden wir von den Kliniken der Arbeitsgruppenmitglieder unterstützt und gefördert, wofür wir sehr dankbar sind, da die Entwicklung mit regelmäßigen Treffen und praktischen Erprobungen verbunden war. Darüber hinaus danken wir dem buss für die Nutzung seiner Räumlichkeiten und die Einladungen zu den Tagungen, auf welchen wir mit Fachkollegen diskutieren konnten.

Thorsten Jakobsen

im Namen der OPD-Arbeitsgruppe «Abhängigkeitserkrankungen»

Vorwort: Diagnostik und Therapieplanung der Abhängigkeitserkrankungen mit der OPD-2

M. Cierpka, G. Rudolf, D. Nitzgen und Th. Jakobsen

Das vorliegende Modul Abhängigkeitserkrankungen stellt eine Ergänzung zur Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik («OPD-2») bei stoffbezogenem Missbrauch oder Abhängigkeit dar. Einerseits waren die theoretischen Arbeiten der OPD-2 der Ausgangspunkt zu weiteren Überlegungen, andererseits orientiert sich das vorliegende Modul auch konkret an der Manualisierung und Operationalisierung der OPD-2.

Die Entwicklung einer Abhängigkeit spielt sich vor dem Hintergrund der Persönlichkeit ab, dabei wird die Abhängigkeit ebenso durch diese Persönlichkeit mit ihren Beziehungsinteraktionen, ihren inneren Konflikten und ihren strukturellen Fähigkeiten bestimmt wie durch das Konsumverhalten selbst. Auch für die Abhängigkeitserkrankungen gilt deshalb, dass die OPD-2 als Grundlage zur psychodynamischen Diagnostik der Abhängigkeit und für die Therapieplanung genutzt werden kann. Eine hinreichende Diagnostik der Abhängigkeitsentwicklung ohne eine Diagnostik der Persönlichkeit ist für die psychodynamische Psychotherapie nicht denkbar. Dies gilt sowohl für das Verständnis der Entstehung der Abhängigkeit und der Auseinandersetzung mit den Folgen als auch bei der Therapie für den ambulanten und stationären Versorgungsbereich. Durch den praktischen Einsatz ist zu hoffen, dass ein genaueres Verständnis darüber entsteht, wie die Persönlichkeit mit der Abhängigkeit interagiert. Grundsätzlich zu berücksichtigen ist dabei aber, dass sich die Persönlichkeit mit zunehmendem Konsum psychotroper Substanzen deutlich verändern kann. Die psychischen Voraussetzungen und die psychischen Folgen des Konsumverhaltens sind wechselseitig aufeinander bezogen, was als «zirkuläre» Kausalität verstanden werden kann (siehe Fuchs, 2008). Dies erweitert den bisherigen diagnostischen und therapeutischen Ansatz der OPD-2.

Auf der Basis der in der OPD-2 erfolgten Fokusauswahl, der Suchtdynamik und der Stellungnahme des Patienten kann dann das weitere ambulante wie stationäre therapeutische Vorgehen konzeptualisiert werden. Die Verknüpfung der Foki aus der Grundpersönlichkeit mit der entstandenen Suchtdynamik in der Suchtspirale bildet die Grundlage für die Entscheidung, welche Aspekte behandlungstechnisch im Vordergrund stehen.

Bisherige psychodynamische Ansätze zum Verständnis der Abhängigkeitserkrankungen

Abhängigkeit und Sucht waren im Anschluss an Freuds frühe Experimente mit Kokain (vgl. Nitschke, 2008) immer wieder Gegenstand vielfältiger psychoanalytischer Überlegungen. Es gibt bis heute allerdings weder ein einheitliches psychodynamisches Modell der Abhängigkeitserkrankungen noch empirische Belege für die Annahme einer suchtspezifischen Persönlichkeitsstruktur (Driessen u. Hill, 1998). Für die Genese der Abhängigkeitserkrankung ist davon auszugehen, dass «die so uniform erscheinende manifeste Abhängigkeit die gemeinsame Endstrecke sehr heterogener ätiopathogenetischer Prozesse darstellt» (Kunzke, Strauß u. Burscheidt, 2002, S. 233).

Ausgangspunkt für ein spezifisch psychodynamisches Verständnis von Abhängigkeit und Sucht ist gleichwohl die klinisch begründete Beobachtung, dass «die psychische Wirkung von Alkohol und Drogen im Einzelfall verschieden [ist], je nachdem welche intrapsychische Struktur dem Abusus jeweils zugrunde liegt» (Kernberg, 1975, S. 255). In diesem Sinne hat auch Krause mit Verweis auf Hoppers Arbeit zur Drogensucht (Hopper, 1995) betont, «dass die spezifische pharmakologische Wirkung und die mit ihr verbundenen Rituale der Anwendung der Drogen selektiv benutzt werden, um ebenso spezifische Phantasien zu induzieren, aufrechtzuerhalten und gleichzeitig zu kontrollieren» (Krause, 1997, S. 17). Insofern ist es ihm zufolge «naiv anzunehmen, die pharmakologische Wirkung sei von den Phantasien, zu deren Handhabung sie eingesetzt wird, unabhängig». Sie ist vielmehr immer ein «kompliziertes Mischungsverhältnis der Wirkung der Phantasien und des mit ihnen verbundenen Affekts und des Gifts» (Krause, 1997, S. 17).

Das psychodynamische Paradigma eröffnet unterschiedliche und zum Teil komplementäre klinische Perspektiven für das Verständnis und die Behandlung von Patienten mit Abhängigkeitserkrankungen. Bei diesen handelt es sich zumeist um ein komplexes «Ineinander von Konflikt- und Strukturpathologie» (Lindner, 1998, S. 133). In der Literatur werden bei solchen Patienten folgende klinische Merkmale beschrieben:

ein System der Verleugnung der negativen Konsequenzen der körperlichen und/oder psychischen Abhängigkeit und ihrer Folgen im Sinne einer komplexen unbewussten Abwehrorganisation (Johnson, 2003)ein erhöhtes Ausmaß von «Impulsivität» im Sinne von Fenichels Klassifikation der Süchte als Untergruppe der «Impulsneurosen» (Fenichel, 1945, 1977, Bd. II, S. 276ff.). «Impulsive Triebregungen werden nicht wie Zwänge erfahren. Sie werden jedoch nicht so erlebt, wie Normale ihre Triebregungen erleben. Sie verraten eine charakteristische Unwiderstehlichkeit […]. Die Unwiderstehlichkeit drückt sich darin aus, dass die betreffenden Patienten keine Spannungen ertragen können. Was immer sie brauchen, müssen sie sofort haben.» (Fenichel, 1945, 1977, Bd. II, S. 246)die Neigung, Substanzkonsum als Beziehungsersatz zu verwenden im Sinne der von Winnicott (1958) beschriebenen «Unfähigkeit, allein zu sein» bzw. der von Voigtel (1996) thematisierten «Überlassung an das unbelebte Objekt»eine eingeschränkte Fähigkeit zur Affekttoleranz, -regulierung und -symbolisierung, wie sie von Krystal und Raskin (1970) und Krystal (1988) in Form der Schwierigkeit beschrieben worden ist, Gefühle wie Angst, Scham, Schuld und Wut wahrnehmen, tolerieren und verbalisieren zu können. Das Konsumverhalten erscheint danach auch als «Selbstbehandlung» (Khantzian, 1995) solcher Affektzustände oder auch als Versuch ihrer «pharmakogenen Abwehr» (Wurmser, 2000)eine eingeschränkte Fähigkeit zur Selbstfürsorge einschließlich der Regulierungsschwierigkeit von Beziehungen und Selbstwertgefühl, wie sie vor allem von Khantzian (1995) und Krystal (1995) beschrieben worden sind.

Zur psychodynamischen Funktion der Suchtmittel

Die Motive eines Substanzkonsums sind vielfältig. Sie können hedonistischer Natur sein und der Steigerung von Lust dienen oder aber der Abwehr von Unlust in Form körperlicher und/oder seelischer Schmerzen bzw. der Bewältigung sozialer und beruflicher Spannungen. Manchen Menschen dient der Konsum von Alkohol, Medikamenten und Drogen auch zur Befriedigung (selbst-)zerstörerischer Impulse. Allen genannten Motiven gemeinsam ist jedoch die psychodynamisch relevante Tatsache, dass sie jeweils persönlichkeitsspezifisch moderiert, d.h. durch die Persönlichkeit des Konsumenten beeinflusst werden, und zwar nicht nur bewusst, sondern auch vorbewusst und unbewusst. Die Gesamtheit dieser intrapsychischen Moderation kann man als die «psychodynamische Funktion» des Suchtmittels im Rahmen einer gegebenen Persönlichkeitsorganisation bezeichnen. Da diese Funktion immer auch unbewusste Aspekte beinhaltet, ist sie nicht unmittelbar zugänglich, sondern muss diagnostisch erst erschlossen werden.

Eine zentrale Annahme des Moduls Abhängigkeitserkrankungen ist die, dass das Konsumverhalten spezifische psychische Funktion(en) erfüllt, die sich an der individuellen Persönlichkeitsorganisation orientieren. Analog zu Wälders «Prinzip der mehrfachen Funktion des Ichs» (Wälder, 1930) kann man diesbezüglich auch vom Prinzip einer mehrfachen psychischen Funktion des Konsumverhaltens sprechen. Die Funktion des Suchtmittels für das psychische Funktionieren einer Person ist auch ein zentraler Aspekt der von Khantzian vertretenen Selbstmedikationshypothese (Khantzian, 1985, 1997, 2003).