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Brillante Kurzgeschichten vom Booker-Preisträger
Ost und West, West und Ost – Salman Rushdie kennt beide Sphären, weiß, wie es ist, wenn man zwischen den Stühlen lebt. Er weiß um das Vertraute, aber auch um das Fremde beider Welten. Diese neun Geschichten zeigen, was passiert, wenn der Osten auf den Westen trifft; wenn ein Rikscha-Fahrer davon träumt, Filmstar zu werden, oder wenn aus einem kleinen Fehler bei der Aussprache eine ungewöhnliche Liebesgeschichte wird …
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Seitenzahl: 198
»Der wichtigste Bestandteil des Buchtitels Osten, Westen«, sagt Rushdie, »ist das Komma. Mir scheint nämlich, dieses Komma bin ich.«
Ost und West, West und Ost – Salman Rushdie kennt beide Sphären, weiß, wie es ist, wenn man zwischen den Stühlen lebt. Er weiß um das Vertraute, aber auch um das Fremde beider Welten. Diese neun Geschichten zeigen, was passiert, wenn der Osten auf den Westen trifft; wenn ein Rikscha-Fahrer davon träumt, Filmstar zu werden, oder wenn aus einem kleinen Fehler bei der Aussprache eine ungewöhnliche Liebesgeschichte wird ...
SALMAN RUSHDIE, 1947 in Bombay geboren, studierte in Cambridge Geschichte. Mit seinem Roman »Mitternachtskinder« wurde er weltberühmt. Seine Bücher erhielten renommierte internationale Auszeichnungen, u.a. den Booker Prize, und sind in zahlreiche Sprachen übersetzt. 1996 wurde ihm der Aristeion-Literaturpreis der EU für sein Gesamtwerk zuerkannt. 2008 schlug ihn die Queen zum Ritter.
Für Andrew und Gillon
Am letzten Dienstag des Monats brachte der Frühbus, die Scheinwerfer noch aufgeblendet, Miss Rehana vor das Tor des Britischen Konsulats. Er bremste in einer Staubwolke, die ihre Schönheit vor den Augen der Fremden verhüllte, bis sie ausstieg. Der Bus war grell mit bunten Arabesken bemalt. Auf der Stirnseite stand in grünen und goldenen Lettern PLATZ DA, SCHÄTZCHEN! Auf dem Heck stand TATA-BATA und außerdem O. K. ALLES GUTE! Miss Rehana sagte dem Fahrer, es sei ein wunderschöner Bus, woraufhin er hinaussprang, ihr die Tür aufhielt und sich, als sie ausstieg, übertrieben tief vor ihr verbeugte.
Miss Rehanas Augen waren groß und schwarz und so glänzend, dass sie der Hilfe von Antimon nicht bedurften, und als der Beratungsexperte Muhammad Ali diese Augen sah, hatte er das Gefühl, selbst wieder jung zu werden. Er beobachtete, wie sie sich, während das Tageslicht zunahm, dem Konsulatstor näherte und sich an den bärtigen lala in seiner Khaki-Uniform mit den Goldknöpfen und der Kokarde am Turban wandte, um ihn zu fragen, wann das Tor geöffnet werde. Der lala, sonst immer so schroff zu den Dienstagsfrauen des Konsulats, antwortete Miss Rehana so, dass es schon fast an Höflichkeit grenzte.
«In einer halben Stunde», erklärte er mürrisch, «vielleicht in zwei Stunden. Wer weiß? Die Sahibs sitzen beim Frühstück. »
Der staubige Platz zwischen der Bushaltestelle und dem Konsulat wimmelte bereits von Dienstagsfrauen, manche von ihnen tief verschleiert, nur wenige mit völlig unverhülltem Gesicht wie Miss Rehana. Sie alle wirkten ängstlich und stützten sich schwer auf den Arm eines Onkels oder Bruders, der sich jeweils große Mühe gab, selbstsicher dreinzublicken. Miss Rehana dagegen war allein gekommen und schien überhaupt keine Angst zu haben. Muhammad Ali, der sich darauf spezialisiert hatte, die am unsichersten wirkenden der allwöchentlich erscheinenden Ratsuchenden anzusprechen, merkte plötzlich, dass seine Füße ihn unwillkürlich zu dieser seltsamen, großäugigen und selbstbewussten jungen Frau hinübertrugen.
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