Patricia Peacock und der verbotene Tempel - Tiffany Crockham - E-Book

Patricia Peacock und der verbotene Tempel E-Book

Tiffany Crockham

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Beschreibung

Eine verrückte Französin und eine Nackttänzerin drohen Patricias und Johns Hochzeitsreise zu ruinieren. Patricias drittes Abenteuer zwischen Burlesque-Tanz und Katzenhaaren.

Es hätte so schön sein können! Doch nachdem Abdul sich erfolgreich gedrückt hat, müssen Patricia und John sich ohne Hausdiener und Hundesitter auf Hochzeitsreise begeben. Neben Sir Tiny, der jede romantische Zweisamkeit vereitelt, hängt sich die Französin Alexine Pattes du Monde an ihre Fersen. Zu Patricias Unmut funkt obendrein Tänzerin Delilah mit ihren Reizen in die traute Zweisamkeit. Als dann auch noch Gracie, eine ägyptische Mau Katze, gestohlen wird, ist das Chaos komplett - und John mit Patricia mitten in einem neuen Fall.

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Tiffany Crockham

Patricia Peacock und der verbotene Tempel

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Über dieses Ebook

 

 

Es hätte so schön sein können! Doch nachdem Abdul sich erfolgreich gedrückt hat, müssen Patricia und John sich ohne Hausdiener und Hundesitter auf Hochzeitsreise begeben. Neben Sir Tiny, der jede romantische Zweisamkeit vereitelt, hängt sich die Französin Alexine Pattes du Monde an ihre Fersen. Zu Patricias Unmut funkt obendrein Tänzerin Delilah mit ihren Reizen in die traute Zweisamkeit. Als dann auch noch Gracie, eine ägyptische Mau Katze, gestohlen wird, ist das Chaos komplett - und John mit Patricia mitten in einem neuen Fall.

 

 

Impressum

 

Erstausgabe Mai 2021

Copyright © 2021 Tiffany Crockham

[email protected]

Birgit Schneider

Zanderstraße 2a

47058 Duisburg

 

Covergestaltung: A&K Buchcover

unter Verwendung von Motiven von

shutterstock.com: © ebonyeg © zevana © vivienstock

depositphotos.com: © mcgphoto © Givaga

© PNGTree

Lektorat: „Taltexte“ Manuela Sanne

www.taltexte.de

 

Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung der Autorin wiedergegen werden.

 

Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden.

Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.

 

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T I F F A N Y

C R O C K H A M

 

 

 

 

 

1. Honeymoon

 

 

„Geht es Ihnen gut, Liebes? Sie sind ein wenig blass um die Nase.“

Patricia zwang sich zu einem Lächeln, um ihren wahren Gemütszustand vor Walli zu verbergen. Am Ringfinger ihrer linken Hand fühlte sich der schlichte goldene Ring, den John ihr erst vor zwei Stunden angesteckt hatte, beengend und ungewohnt an.

Auf die schlichte Zeremonie in ihrem Garten am Seerosenteich hatte Patricia bestanden, genau wie auf eine fünfmonatige Verlobungszeit vor der Hochzeit. Das hatte den Vorteil mit sich gebracht, dass die Zeugen des Heiratsantrags auf Wallis Hochzeit nach und nach vergaßen, sie zu fragen, wann denn die Hochzeit stattfinden würde, sobald Patricia ihnen über den Weg lief. Nach Johns überwältigendem Antrag war eine einfache Trauung sehr angenehm und angemessen gewesen. Neben dem Priester waren nur ein Standesbeamter sowie Fatima, Abdul, Sir Tiny und natürlich Walli und Huddi anwesend. Sehr gerne hätte Patricia auch Salima dabei gehabt, aber sie verbrachte ihre erste Saison in England an der Seite von Lady Blanford. Nachdenklich betrachtete Patricia den Ring. In manchen Augenblicken überfiel sie eine gewisse Panik. War eine Ehe mit John die richtige Entscheidung? Wie auch immer – jetzt war es zu spät, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Augen zu und durch … wie Walli ihr vor der Zeremonie in ihrer unerschütterlichen Art geraten hatte.

„Sind die Reisekoffer schon auf das Schiff gebracht worden?“, verdrängte Patricia ihre nagenden Zweifel. Pragmatismus hatte sie stets verlässlich durch das Leben gebracht, und auch jetzt würde er nicht schaden.

„Ich weiß nicht, Liebes. Ich habe Abdul seit der Trauung nicht mehr gesehen, und Fatima grollt schon den ganzen Morgen vor sich hin. Sie hat es immer noch nicht verkraftet, dass John jetzt ein fester Bestandteil Ihres Hausstandes ist.“ Walli hob eine Braue. „Ich weiß, Sie schätzen Fatima, aber Sie sollten ihr ab und an klarmachen, dass dies nicht ihr Haus ist.“

„Fatima wird sich an die neue Situation gewöhnen. Sie hat sich ja auch an Miss Kitty gewöhnt.“

„Miss Kitty ist eine Katze!“ Walli blieb skeptisch, aber Patricia war im Augenblick zu überfordert, um sich über Fatimas Launen Gedanken zu machen. Sie musste immerhin eine dreiwöchige Hochzeitsreise mit John überstehen – auf einem Nildampfer, in einer vergleichsweise beengten Honeymoonsuite … als Ehepaar! Fatima blieben im Gegenzug drei Wochen Zeit, sich mit der neuen Situation, die ja eigentlich überhaupt nicht neu war, zu gewöhnen. Immerhin lebte John schon seit Monaten im Haus, wenn auch unter Fatimas ständigem Protest, an dem auch ihre Hochzeit nichts geändert hatte. Noch während Patricia sich für die Trauung herrichtete, hatte Fatima gebrummt, dass Patricia für sie immer Miss Peacock bleiben würde und sie sich weigerte, sie mit Mrs. Maddock anzusprechen – verheiratet oder nicht.

„Wo ist nur Abdul?“ Patricia wurde immer nervöser, während sie den Reisehut aus Stroh mit ein paar Haarnadeln befestigte. In diesem Augenblick vermisste sie Salima schmerzlich. Patricia hatte das Gefühl, als wären ihre Finger klamm und steif, obwohl es draußen brütend heiß war. Der ägyptische Sommer hatte mit voller Kraft in Kairo Einzug gehalten. Man konnte nur hoffen, dass auf dem Nil ein kühleres Lüftchen wehte. Allerdings ging die Reise bis in den Süden Ägyptens, wo es bekanntlich noch heißer wurde als in Kairo. John war zudem fest entschlossen, jedes verfallene Tempelheiligtum zu erkunden, das ihren Weg kreuzte. Patricia tröstete sich mit dem Gedanken, dass Abdul und Sir Tiny ja auch noch da waren. Wenn ihr Johns Abenteuerlust zu viel würde, konnte er mit den beiden losziehen und sie selbst einen ruhigen Tag auf dem Schiff verbringen. Wobei sich noch immer die Frage stellte, wo Abdul denn nun eigentlich blieb. Der Nildampfer legte in zwei Stunden ab, und sie mussten sich langsam auf den Weg zum Hafen machen.

„Walli, bitte schauen Sie doch nach, ob Abdul im Schuppen ist. Vielleicht möchte er ein letztes Mal den Maybach polieren, bevor wir uns auf den Weg machen. Ich suche im Haus. Es könnte auch sein, dass er auf einem letzten Räuchergang ist. Immerhin wird das Haus aus Abduls Sicht nun für drei Wochen vollkommen ungeschützt sein.“

Walli und sie warfen sich einen kapitulierenden Blick zu. Abduls Angst vor Geistern war seit dem Vorfall mit Wallis Blumengrüßen noch größer geworden. „Keine Sorge, Liebes. Wir finden ihn. Er kann ja nicht weit sein.“

Sie verließen Patricias Schlafzimmer, das von nun an auch Johns Schlafzimmer war, wie Patricia sich entsann. Während Walli den Weg zum Garten einschlug, suchte Patricia im Haus nach ihrem indischen Hausdiener. Doch bis auf Miss Kitty, die zwischen Sir Tinys Pfoten döste, schien das Haus leer. Wo waren denn alle, wenn man sie brauchte? Und wo waren John und Fatima?

Patricia bückte sich, um Miss Kitty zum Abschied hinter den Ohren zu kraulen. „Jetzt hast du das Haus ganze drei Wochen für dich allein.“

Die rot getigerte Katze blinzelte und rieb ihren Kopf an Sir Tinys Kinn, der ihr diese Zuneigung dankte, indem er ihr mit der Zunge den Kopf abschleckte. Die beiden waren unzertrennlich, auch wenn Miss Kitty die Flucht ergriff, sobald Wallis Hund Rupert sie besuchte. Rupert war ein ungehaltener Jungspund und das Ergebnis von Sir Tinys Tête-à-Tête mit Princess, der Königspudeldame ihrer alten Arbeitgeberin Lady Blanford. Diese hatte Ägypten nach dem Silvesterball vor fünf Monaten fluchtartig verlassen und sowohl Princess als auch Salima mit nach London genommen. Doch Patricia hatte keinen Zweifel, dass Lady Blanford nur eine Zeit lang ihre Wunden lecken und dann ohne Vorwarnung wieder in Kairo auftauchen würde. Immerhin – eine Weile würde sie Ruhe vor ihr haben. Allerdings vermisste Fatima ihre Tochter sehr, und auch Patricia hätte es gerne gesehen, wenn Salima in Ägypten geblieben wäre. Aber Salima war jung und abenteuerlustig. Außerdem kam sie bewundernswerterweise gut mit Lady Blanford und ihren Allüren zurecht.

Nun – Lady Blanford war gerade nicht ihr vorherrschendes Problem, ermahnte Patricia sich selbst. „Hilfst du mir, Abdul zu finden, Sir Tiny?“

Die Dogge leckte ein letztes Mal über Miss Kittys Kopf und stand auf. Miss Kitty musterte Patricia vorwurfsvoll. Anscheinend war sie nicht davon begeistert, ihren gemütlichen Platz zwischen Sir Tinys Pfoten zu räumen.

„Tut mir leid, Miss Kitty“, rief Patricia der Katze hinterher, die ihr demonstrativ das Hinterteil präsentiere und hoch erhobenen Schwanzes davon stolzierte.

„Hast du vielleicht Abdul gesehen, Sir Tiny? Wir verpassen noch unser Schiff.“

Als hätte Sir Tiny ihre Worte verstanden – was natürlich vollkommen unmöglich war – trabte er vor ihr her und blieb dann vor Abduls Zimmer sitzen.

Patricia klopfte. „Abdul?“

„Memsahib ...“, erklang seine Stimme jammervoll von der anderen Seite der Tür.

Patricia öffnete die Tür und spähte ins Zimmer. Abdul lag auf seinem Bett, umgeben von einer Menge Räucherwerk, das Patricia unvermittelt husten ließ. Auf seiner Stirn lag ein flacher schwarzer Stein.

„Abdul, was tun Sie hier? Wir müssen uns beeilen, wenn wir das Schiff nicht verpassen wollen.“

„Oh, Memsahib … ich fürchte, ich bin krank“, jammerte Abdul, während Sir Tiny zu ihm trabte, um ihm tröstend die Hand zu lecken. „Mein Kopf dreht sich und schmerzt.“

„Kein Wunder bei dem penetranten Geruch der Räucherstäbchen. Und was soll der Stein auf Ihrer Stirn?“

„Das ist ein Heilstein, Memsahib“, wimmerte Abdul gequält. „Aber er hilft nicht.“

Patricia argwöhnte, dass Abduls Krankheit vor allem der Aussicht darauf geschuldet war, die nächsten drei Wochen auf einem Schiff zu verbringen – umgeben von Wassergeistern und den vielen bedrohlichen Dingen, die es nach Abduls Vorstellung um ihn herum gab.

„Sie können sich auf dem Schiff auskurieren. Wir müssen jetzt aufbrechen.“

Abdul setzte sich gequält auf und wimmerte: „Ja, Memsahib.“

Sie durchquerten den Garten. Sir Tiny lief aufgeregt mit der Rute wedelnd voraus, während Patricia immer wieder stehen bleiben musste und Abdul, der die Geschwindigkeit einer Schnecke an den Tag legte, daran erinnern, dass sie in Eile waren.

Vor dem Haus warteten bereits die bestellte Motordroschke sowie Walli, Fatima und John, der sie überschwänglich an sich zog und küsste, was Patricia noch immer ein wenig aus der Fassung brachte. Aber – so erinnerte sie sich – sie waren verheiratet. Es war also nicht mehr nötig, sich in der Gartenlaube zu verstecken.

John ließ sie los, und entdeckte den heranschneckenden Hausdiener. „Was ist denn mit Abdul los?“

Patricia folgte seinem Blick, während Abdul in gebückter Haltung und sehr langsam zu ihnen aufschloss. Schließlich blieb er stehen, hielt sich den Kopf und taumelte. Walli und Fatima liefen zu ihm und stützten ihn. „Oh, vielen Dank“, jammerte Abdul. „Es wird schon gehen … ich hoffe, dass das Schiff nicht so schwankt, weil mir doch so schlecht ist … und dass es nicht so heiß ist, und falls ich Fieber bekomme, ein Arzt vor Ort ist. Ich meine, es wird schon nicht so schlimm sein, oder? Nicht so, wie bei meiner Familie, die bestimmt noch leben würde, wenn sie ärztliche Versorgung gehabt hätte.“

Fatima und Walli warfen Patricia einen besorgten Blick zu. Patricia öffnete den Mund, um Abduls Einwände herunterzuspielen, da sie sich zu fünfundneunzig Prozent sicher war, dass er simulierte. Sie schloss den Mund. Was, wenn Abdul wirklich krank war? Konnte sie ihm dann zumuten, Kairo zu verlassen und auf das Schiff zu gehen? Hilflos sah Patricia zu John, der jedoch nur die Schultern zuckte. Wunderbar! Ihre Ehe fing gut an: John drückte sich mal wieder vor einer Entscheidung.

„Nun gut, Abdul. Vielleicht ist es unter diesen Umständen besser, wenn Sie in Kairo bleiben“, gab Patricia nach.

Auf Abduls Gesicht zeigte sich Erleichterung. „Meinen Sie wirklich, Memsahib? Aber ich kann Sie doch nicht alleine lassen. Was wäre ich denn für ein Diener?“

„Wenn Sie krank sind, kann ich es nicht verantworten, Sie mitzunehmen“, antwortete Patricia, insgeheim mit den Zähnen knirschend.

„Was wird aus Sir Tiny ... Miss Peacock?“ Fatima warf John einen herausfordernden Blick zu, der jedoch so tat, als wäre ihm nicht aufgefallen, dass Fatima sich weigerte, Patricias neuen Namen zu akzeptieren.

Patricia argwöhnte, dass sie vielleicht doch noch einmal mit Fatima reden musste. Allerdings hatte das Zeit bis nach den Flitterwochen. Ratlos sah sie Sir Tiny an. Ohne Abdul war für ihn die Reise gestrichen. Immerhin war es ihre Hochzeitsreise und Sir Tiny bedurfte ständiger Aufmerksamkeit – vor allem auf einem Schiff, da er sich mit Vorliebe in krokodilverseuchte Gewässer stürzte, um Enten zu jagen, die unerreichbar für ihn blieben. „Du musst leider hierbleiben. Sei ein guter Hund, ja?“

Sir Tiny sah sie fragend an, weil er nicht zu verstehen schien, was gerade vor sich ging. Patricia nutzte die Gelegenheit, John ein Zeichen zu geben, in die Motordroschke zu steigen. Alles ging gut. Erst als sie und John die Tür hinter sich schlossen, und Sir Tiny klar wurde, dass sie ohne ihn losfahren wollten, begann er zu jaulen und am Automobil hochzuspringen. Er drückte sein Gesicht gegen die Scheibe und begann, mit den Pfoten am Glas zu scharren.

Patricia versuchte, seinen traurigen Hundeblick und sein Winseln zu ignorieren. Es war besser so. Sir Tiny würde sich ohnehin furchtbar langweilen. Hier in Kairo hatte er Abdul und Fatima und Miss Kitty.

„Lass uns schnell fahren, Darling“, schlug John vor, während auch er darum bemüht war, Sir Tinys Blicken auszuweichen.

„Können wir das wirklich tun, John? Er ist so unglücklich.“

„Können Sie sich vielleicht entscheiden? Der Hund sabbert die ganze Scheibe voll“, beschwerte sich der Fahrer.

„Aber Darling, es sind unsere Flitterwochen.“

Natürlich hatte John recht, aber Sir Tinys Jaulen und Betteln brach Patricia das Herz. Immerhin hatte er die Ringe überbracht bei Johns Heiratsantrag auf Wallis und Huddis Goldener Hochzeit im Mena Hotel. Und auch sonst hatten sie ihm viel zu verdanken, denn ohne seine Unterstützung hätte John nicht annähernd so viele Fälle um verschwundene Haustiere gelöst. Sir Tiny gehörte zu ihnen, egal, wie sehr Patricia sich auch einredete, dass es besser war, wenn er in Kairo blieb.

„John, wir können ihn nicht einfach zurücklassen.“

Er sah sie erschrocken an. „Aber wenn Abdul nicht mitkommt … wo wird er schlafen?“

„Schlafen wird er selbstverständlich in unserer Suite.“

„Darling, also ich glaube nicht, dass ...“

Patricia öffnete die Tür der Motordroschke. „Komm, Sir Tiny. Wir lassen dich nicht zurück.“

Sir Tiny hörte auf zu jaulen und sprang in die Motordroschke. Dort pflanzte er sich zwischen Patricia und John. Ihnen blieb nicht viel Platz auf der Rückbank, sie mussten sich jeweils an die Automobiltür quetschen, während Sir Tiny zwischen ihnen thronte.

„Können wir dann endlich? Ich verlange übrigens Zuschlag für die vollgesabberte Scheibe und die Hundehaare“, rief der Fahrer der Motordroschke. Eigentlich, so dachte Patricia verstimmt, hätte Abdul sie nun wenigstens zum Hafen fahren können, nachdem er sich schon vor der Reise gedrückt hatte.

Seufzend zog John er eine Pfundnote aus der Hemdtasche und reichte sie dem Fahrer. „Fahren Sie los. Zum Hafen.“

Patricia wagte einen Blick aus dem Rückfenster und winkte Walli, Fatima und Abdul zu. Die beiden winkten zurück, und Patricia konnte gerade noch sehen, wie Abdul flink wie eine Gazelle zurück ins Haus huschte. Von Krankheit keine Spur.

 

John konnte es nicht fassen. Er hatte sich auf eine romantische Hochzeitsreise mit Patricia gefreut, mit Tagen voller Müßiggang und aufregenden Nächten. Stattdessen hechelte ihn Sir Tiny von der Seite an. Natürlich würde sein ausladender Hundekorb in ihrer Kabine stehen – direkt vor ihrem Bett, denn woanders war kein Platz. Und das bedeutete den Tod aller amourösen Freuden. Zwar hatte Patricia in den letzten fünf Monaten bis zu ihrer Hochzeit nicht auf Keuschheit bestanden, aber das hier waren ihre Flitterwochen. Anstatt von Patricias Küssen würde er nun täglich von Sir Tinys feuchter Zunge geweckt werden.

Innerlich seufzend ließ John seinen Blick umherschweifen. Die anderen Gäste der Nilkreuzfahrt warteten darauf, dass das Schiff endlich ablegte. Natürlich waren sie dank Sir Tiny und Abdul zu spät gekommen, allerdings schienen Patricia und er nicht die einzigen Gäste mit Verspätung zu sein. Gerade ging eine auffällig gekleidete Dame über den Landgang. Matrosen trugen ihr Gepäck an Bord, bestehend aus zwei Schrankkoffern, einer langen rechteckigen und einer kleineren quadratischen Truhe. Letztere war mit einem grünen Gazestoff abgedeckt.

„Oh mon dieu, seien Sie vorsichtig. Der Inhalt ist empfindlich“, wies sie die beiden Träger der gazebedeckten Kiste an.

John musterte die Dame ausgiebig. Offenbar war sie Französin, was ihr Akzent und ihre ebenso auffällige wie kostspielige Garderobe vermuten ließ. Sie hatte eine gerade Haltung, was wiederum auf eine gehobene Erziehung hinwies. Patricia besaß die gleiche Haltung, was dem jahrelangen Tragen eines Korsetts geschuldet war. Obwohl John im Grunde froh darüber war, dass Patricia sich von diesem ungesunden Kleidungsstück getrennt hatte, hätte er nichts dagegen gehabt, wenn sie es ab und an für gewisse Stunden wieder angelegt hätte. Scheinbar war die Französin eine ebenso überzeugte Korsettträgerin, wie Patricia es einmal gewesen war.

„Hast du etwas Interessantes entdeckt?“

John beeilte sich, seinen Blick von der Französin abzuwenden. Patricia neigte dazu, falsche Schlussfolgerungen zu ziehen, vor allem, was ihn betraf.

„Was mag wohl in der Kiste sein?“, bemühte er sich, Patricias aufmerksames Auge in eine andere Richtung zu lenken.

„Interessiert dich wirklich die Kiste oder ihre Besitzerin?“ Patricia kniff die Augen zusammen, und auch Sir Tiny sah ihn fragend an.

„Darling, wie immer tust du mir Unrecht“, verteidigte sich John, obwohl zumindest die Taille der Dame vielleicht einen winzigen Augenblick seine Aufmerksamkeit erregt hatte.

Patricia zog einen Fächer aus ihrem Handbeutel und wedelte sich Luft zu. Das war ein unverkennbares Zeichen für ihre sich verschlechternde Stimmung, wie John wusste. „Es ist viel zu heiß für so eine Kleiderstaffage. Aber so sind Französinnen. Viel Chichi und immer nur auf ihr Aussehen bedacht.“

„Oh, Monsieur, bitte passen Sie doch auf“, wies die Französin den Träger der gazebedeckten Kiste erneut an und legte wie zur Beruhigung ihre Hand auf das Holz. „Ein wenig mehr doceur … bitte seien Sie sanft.“

Der Matrose brummte etwas, ohne sich um mehr doceur mit dem Reisegepäck zu bemühen, bis schließlich der Kapitän des Schiffes dazukam und ihn zurechtwies. „Sie haben die Princesse Pattes du Monde gehört. Seien Sie gefälligst vorsichtig!“

Der Matrose strengte sich ohne große Begeisterung mehr an.

„Eine echte Prinzessin.“ John war beeindruckt, aber Patricia hob nur eine Braue. „Der Titel Princesse wird im Französischen für eine Fürstin verwendet, nicht für eine Prinzessin.“

„Auch eine Fürstin ist beeindruckend. Was sie wohl auf einer Nilkreuzfahrt sucht?“

„Ihr Name ist albern“, hielt Patricia dagegen. „Pattes du Monde bedeutet Pfoten der Welt. Ich habe noch nie von einem Adelsgeschlecht gehört, das einen solchen Namen trägt.“

John wurde das Gefühl nicht los, dass Patricia vollkommen unbegründet der Stachel der Eifersucht piekste. Der Kapitän, offenbar wie fast alle Anwesenden verzaubert von der französischen Schönheit, hauchte einen Kuss auf das behandschuhte Pfötchen der Princesse. „Willkommen an Bord. Ich werde alles dafür tun, dass Sie eine wundervolle Zeit auf meinem Schiff haben, Madame.“

„Merci beaucoup, Capitaine“, bedankte sich Madame Pattes du Monde und folgte dann ihrem Gepäck und der Kiste, die sie weiterhin nicht aus den Augen ließ.

John fing eine Wolke ihres blumigen Parfums auf, und die Gäste der Nilkreuzfahrt tuschelten untereinander.

Einzig Patricia fand keine Gnade für die Französin. „Wahrscheinlich führt sie ihr Porzellan in dieser Kiste mit, damit sie nicht wie das Proletariat vom Schiffsgeschirr essen muss.“

„Darling, du musst zugeben, sie ist eine beeindruckende Erscheinung.“

„Also, ich finde sie nicht beeindruckend. Allein dieses Kleid … so viel Stoff und eine Schleppe! Und das am helllichten Tag. Als wäre sie zu Gast in Versailles.“

Dem war nichts hinzuzufügen. In gewissen Situationen war es einfach besser und gesünder, Patricia das letzte Wort zu lassen. Wie um dem zuzustimmen, bellte Sir Tiny.

„Wir sollten unsere Kabine einrichten und uns dann für das Dinner zurechtmachen. Ich fürchte, Sir Tiny stürzt sich sonst in den Nil und versucht, Enten zu jagen.“

Patricias Blick sagte John, dass er mal wieder ins Fettnäpfchen getreten war, aber wenigstens war Madame Pattes du Monde erst einmal vergessen.

 

Es war genauso schlimm, wie John befürchtet hatte. Ihre Kabine war recht beengt und wurde dem Namen Hochzeitssuite nicht gerecht. Normalerweise hätte John das überhaupt nicht gestört. Je weniger Platz zwischen ihm und Patricia war, desto besser. Nur leider mussten sie ihr Domizil mit Sir Tiny teilen. Sein Korb stand vor dem Fußende ihres Bettes. So hatte Sir Tiny einen wunderbaren Blick auf alles, was in diesem Bett geschehen würde – wenn denn überhaupt etwas geschehen würde. John hatte da so seine Zweifel.

Immerhin freute er sich auf ein romantisches Candlelight Dinner mit Patricia. Er hatte für den ersten Abend einen Tisch für Hochzeitspaare in einem Separé des Speisesaals gebucht. Patricia wusste nichts davon. John war fest entschlossen, ihr auf der Hochzeitsreise seine romantische Seite zu zeigen – auch wenn Sir Tiny mit seiner Hundenase dabei war und um Roastbeef und Schinken bettelte.

Mit einem letzten bedauernden Blick auf Sir Tinys Hundekorb schloss John die Tür der Kabine hinter ihnen und bot Patricia ganz gentlemanlike seinen Arm. Er trug den Smoking, den er auf Wallis und Huddis Goldener Hochzeit getragen hatte, während Patricia sich für ein fliederfarbenes Chiffonkleid entschieden hatte. Mittlerweile fand sie Gefallen an der neuen Mode, obwohl sie alltags weiterhin gerne ihre etwas altmodischen langen Kleider auftrug. John war es egal. Er liebte jeden Zentimeter Stoff an Patricia – auch den weniger modernen. Schließlich hatte er sich genau so in sie verliebt.

Sir Tiny konnte es nicht erwarten, in den Speiseraum zu kommen und lief mit der Rute wedelnd voraus.

Ein greller Aufschrei riss John aus seinen Gedanken.

„Eddiiiiiieeee! Mach, dass der Hund weggeht.“

Eine sehr junge Frau in Salimas Alter krallte sich an den Arm eines Mannes. Er musste mindestens dreißig Jahre älter sein als sie, denn seine verbliebenen Haare, von denen nur ein Kranz um eine blank polierte Glatze übrig war, ließen keinen Zweifel an dem immensen Altersunterschied des ungleichen Paares.

„Rufen Sie Ihren Hund zurück, Sir!“, rief der ältere Herr, der auf den Namen Eddie hörte, John erbost zu.

„Sir Tiny ist harmlos. Er ist nur neugierig“, versuchte Patricia die Situation zu entspannen, aber die junge Frau ließ sich nicht beruhigen. „Die Töle soll weggehen“, forderte sie und trat nach Sir Tiny, was diesen sichtlich irritierte, da er gerade versuchte, sich schwanzwedelnd vorzustellen.

„Schon gut, Sie müssen nicht gleich hysterisch werden und nach ihm treten“, rief John nun seinerseits erbost und zog Sir Tiny fort, um ihn vor den Tritten der Furie in Sicherheit zu bringen.

„Meine Frau ist nicht hysterisch, wie reden Sie mit uns?“, empörte sich der ältere Herr und lief rot im Gesicht an.

John beschloss, dass es den Ärger nicht wert war. Offenbar war der alte Knabe so verliebt in das junge Hühnchen an seiner Seite, dass jegliche Argumentation an ihm abprallte.

„Keine Sorge, Delilah Liebling, ich bin ja da“, versuchte er seine Frau zu beruhigen.

John zog Sir Tiny fort und verdrehte die Augen, was aber nur Patricia sehen konnte. Der ältere Herr schob seinen dicklichen Bauch sowie seine schlanke Frau im knappen Flapper Kleidchen vor sich her Richtung Speisesaal.

„Liebe macht wohl in manchen Fällen blind“, stellte Patricia kopfschüttelnd fest.

John zeigte sein berühmt-berüchtigtes John-Maddock-Grinsen. Patricia war noch immer in vielen Dingen recht arglos. „Ich würde sagen, hier hat das Geld die junge Dame mit Blindheit geschlagen. Der Trottel hat sich auf seine alten Jahre von der Kleinen an die Kette legen lassen.“

„John … ich finde nicht, dass wir derartige Unterstellungen aussprechen dürfen“, gab Patricia ihm leise zu verstehen.