Perry Rhodan 2503: Die Falle von Dhogar - Andreas Eschbach - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan 2503: Die Falle von Dhogar E-Book und Hörbuch

Andreas Eschbach

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Beschreibung

Reginald Bull und der Frequenzfolger - in einem strategischen Spiel auf Leben und Tod Auf der Erde und den zahlreichen Planeten in der Milchstraße, auf denen Menschen leben, schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung - das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit über hundert Jahren herrscht in der Galaxis weitestgehend Frieden: Die Sternenreiche arbeiten zusammen daran, eine gemeinsame Zukunft zu schaffen. Die Konflikte der Vergangenheit scheinen verschwunden zu sein. Vor allem die Liga Freier Terraner, in der Perry Rhodan das Amt eines Terranischen Residenten trägt, hat sich auf Forschung und Wissenschaft konzentriert. Der aufgefundene Polyport-Hof ITHAFOR stellt eine neue, geheimnisvolle Transport-Technologie zur Verfügung. Gerade als man diese zu entschlüsseln beginnt, dringt eine Macht, die sich Frequenz-Monarchie nennt, in diesen Polyport-Hof vor, kann aber zumindest zeitweilig zurückgeschlagen werden. Während Perry Rhodan Kontakt zu den Herren der Polyport-Höfe aufnimmt, bleibt sein ältester Wegbegleiter, Reginald Bull, in der Milchstraße zurück. Ihm anvertraut ist die Verteidigung des Polyport-Hofes gegen die Truppen der Frequenz-Monarchie, von deren Möglichkeiten man sich noch kein umfassendes Bild machen kann. Und so entsteht DIE FALLE VON DHOGAR...

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Zeit:3 Std. 23 min

Sprecher:Michael-Che Koch
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Nr. 2503

Die Falle von Dhogar

Reginald Bull und der Frequenzfolger – in einem strategischen Spiel auf Leben und Tod

Andreas Eschbach

Auf der Erde und den zahlreichen Planeten in der Milchstraße, auf denen Menschen leben, schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit über hundert Jahren herrscht in der Galaxis weitestgehend Frieden: Die Sternenreiche arbeiten zusammen daran, eine gemeinsame Zukunft zu schaffen. Die Konflikte der Vergangenheit scheinen verschwunden zu sein.

Vor allem die Liga Freier Terraner, in der Perry Rhodan das Amt eines Terranischen Residenten trägt, hat sich auf Forschung und Wissenschaft konzentriert. Der aufgefundene Polyport-Hof ITHAFOR stellt eine neue, geheimnisvolle Transport-Technologie zur Verfügung. Gerade als man diese zu entschlüsseln beginnt, dringt eine Macht, die sich Frequenz-Monarchie nennt, in diesen Polyport-Hof vor, kann aber zumindest zeitweilig zurückgeschlagen werden.

Die Hauptpersonen des Romans

Reginald Bull – Der Verteidigungsminister der Liga Freier Terraner hat ein Ass im Ärmel.

Sinnafoch – Der Frequenzfolger will eine Schmach sühnen, die ihm die Terraner bereiteten.

Lech Hallon

1.

ITHAFOR, 13. Januar 1463 NGZ

Liebe Katarissa,

ich kann förmlich hören, was Du sagen würdest zu dem, was mir heute passiert ist: »Glückliche Fügung ist, wenn Zufall auf gründliche Vorbereitung trifft.« Dein Lieblingsspruch. Okay, einer von Deinen Lieblingssprüchen. Aber diesen werde ich in Zukunft jedenfalls unterschreiben!

Also: Hier auf ITHAFOR führt im Moment der Verteidigungsminister selbst das Oberkommando. Nun ist vorgestern sein Adjutant erkrankt, musste zur Station GALILEO zurückkehren – und anschließend stellte sich heraus, dass ich der einzige Offizier der gesamten Division bin – 14.000 Köpfe stark –, der den Ordonnanzkurs absolviert hat!

Mit anderen Worten: Künftig arbeite ich direkt mit dem legendären Reginald Bull zusammen!

Und das in einer hochbrisanten Situation. Kein Manöver diesmal, sondern echter Einsatz mit Feindberührung. Wir befinden uns hier irrsinnige 38.480 Lichtjahre von Sol entfernt, im Sternhaufen Dhogar, für den sich in Jahrtausenden terranischer Raumfahrt nie ein Schwein interessiert hat, selbst in der legendären Zeit vor dem Hyperimpedanz-Schock nicht, von der Dein Großvater immer so schwärmt. Ja, und was tun wir hier? Wir halten einen sogenannten Polyport-Hof besetzt, gegen den Widerstand einer feindlichen Macht, über die wir noch verdammt wenig wissen – außer, dass sie sich als »Frequenz-Monarchie« bezeichnet (was immer das konkret bedeuten soll) – ach ja, und ohne dass wir einen Schimmer davon hätten, wie die Technologie funktioniert, mit der wir es hier zu tun haben.

Und als wäre das alles noch nicht genug, sind seit fast einer Woche der Resident selbst (Rhodan also), Staatssekretärin Mondra Diamond (die ja seit über hundert Jahren was mit Rhodan hat) und der Haluter Icho Tolot verschwunden. Sie sind durch einen der sogenannten Transferkamine gegangen, der angeblich zur Heimatwelt der Halbspur-Changeure führen soll – doch ob das stimmt, wissen wir nicht, denn wir haben seit sechs Tagen nichts mehr von ihnen gehört.

Und Dein Dich liebender Lech steckt in alldem mittendrin!

Also, im Prinzip warten wir gerade einfach nur. Aber das zehrt an den Nerven, kann ich Dir sagen! Jede Sekunde müssen wir mit einem neuen Überfall rechnen, es herrscht ständige Alarmbereitschaft – aber solange alles ruhig bleibt, beschäftigt sich jeder, so gut er kann. Sehr beliebt ist hier ein Spiel, das von Lepso stammen soll. Es heißt »Nur die Ruhe«, und es geht darum, mit einer Spielfigur ein bestimmtes Ziel auf dem Brett zu erreichen. Meistens wird man kurz vorher herausgeworfen und muss wieder von vorne starten, trotzdem spielen das alle gerade wie blöde.

Ich schreibe lieber Briefe an Dich. Auch wenn die anderen mich dafür komisch angucken. Sollen sie denken, was sie wollen!

Weißt Du noch, wie ich damals auf der Raumakademie gejammert habe, als ich die Zulassungsprüfung für »Extremwelten II« nicht geschafft hatte? Ausgerechnet, denn das war der Kurs, den man unbedingt belegen musste, wenn man dazugehören wollte. Und zu allem Überfluss war »Grundlagen Hyperenergietechnik« zu dem Zeitpunkt auch schon voll, sodass mir nur der Ordonnanzkurs blieb. Der »L&S-Kurs«, wie er damals hieß, »Langweiler & Speichellecker«. Mann, das war der gesellschaftliche Tod! Man konnte auf keine Party gehen, ohne dass jemand auftauchte, der über einen rumerzählte: »Ach, sieh an, Lech Hallon! Wisst Ihr übrigens, dass der nicht Extremwelten II macht, sondern lieber ...« (an dieser Stelle kam dann ein höhnisches Grinsen, und aus der Stimme troff der Hohn derart, dass man hinterher den Boden aufwischen musste) »... den Ordonnanzkurs!«

Tja, wenn die mich jetzt sehen könnten! Ordonnanz, das ist nämlich alles andere als bloß Kaffee kochen und brav aufschreiben, was der Vorgesetzte so von sich gibt! Klar, Kaffee kocht man auch. Aber hauptsächlich bin ich jetzt Bulls rechte Hand. Der erste Job, den er für mich hatte, war, für die Besprechung des Führungsstabes morgen einen Konferenzraum herzurichten. »Ich hab es satt, bei diesen Besprechungen in irgendeiner Ecke auf Waffenkisten rumzusitzen«, hat er mir erklärt. »Das ist mehr als eine Formsache. Man darf sich vom Gegner so wenig wie möglich diktieren lassen, und den äußeren Rahmen zu wahren, den wir uns selber gegeben haben, ist auch eine Art von Gegenwehr, verstehst du?«

Ich fand das einleuchtend, muss ich sagen. Von dem Mann kann man was lernen.

Und stell Dir vor, er hat mir ansonsten völlig freie Hand gelassen! Also bin ich los, habe einen Raum requiriert, von einem Trupp Techniker auf Abhörbarkeit prüfen lassen (das ist Vorschrift, aber in diesem Fall weiß niemand, ob es was bringt: Die ganze Station ist rätselhafteste Technik, und theoretisch können alle Wände Ohren und Augen haben, die wir nicht bemerken) und dann ein paar Roboter losgeschickt, Tische und Stühle anzuschleppen ... Hat was, wenn man sagen kann: »Ich komme im Auftrag von Minister Bull!«

Bull hat mich auch noch mit ein paar Spezialaufgaben betraut, aber über die will ich lieber nichts schreiben, aus Sicherheitsgründen.

Alles in allem kann man sagen, dass das jetzt meine große Chance ist; eine Chance, wie man sie nur einmal im Leben kriegt. Wenn ich mich jetzt bewähre, dann ...

Ich muss schließen, gerade kommt eine Nachricht von Milton DeBeer, dem Chefwissenschaftler. Irgendwas Sensationelles ist passiert; ich muss sofort los. Das nächste Mal mehr!

Dein Lech

*

»Ich nehme an, wir werden trotzdem strengstes Stillschweigen bewahren?«, fragte Leutnant Lech Hallon.

»Wie kommst du auf die Idee?«, fragte Bull zurück.

Sie waren unterwegs zu Milton DeBeer und seinen Leuten, die sie mit der wahrhaft aufsehenerregenden Neuigkeit aufgeschreckt hatten, sie hätten den Polyport-Funk der Station unter Kontrolle gebracht. Unter Kontrolle, das hieß, dass sie nicht länger nur passiv empfangen konnten – das konnten sie schon seit einer ganzen Weile –, sondern auch senden. Hatte DeBeer zumindest behauptet, und der Chefwissenschaftler der Liga Freier Terraner war nicht bekannt dafür, Behauptungen übertrieben leichtsinnig aufzustellen. Trotzdem – die Erfahrungen eines langen Lebens hatten Bull gelehrt, sich derartige Dinge erst anzuschauen, ehe er ein Urteil fällte.

»Wenn wir aktiv Funksprüche absetzen«, erklärte sein junger Ordonnanzoffizier, »würden wir die Aufmerksamkeit eventueller Feinde erregen.«

»Natürlich.« Bull nickte.

Sie trugen SERUNS. Zwar nur die Standardausführung, aber schon die war hinreichend schwer und unbequem, um die Erschwerniszulage in der späteren Soldabrechnung für diesen Einsatz hier zu rechtfertigen. Aber Bull hatte aus Sicherheitsgründen die Anweisung gegeben, jeder Mann und jede Frau – und natürlich auch die paar naturalisierten Fremdweltler, die der Elitedivision angehörten – habe durchgehend den SERUN zu tragen. Wobei »durchgehend« so viel hieß wie: voll einsatzbereit in jeder wachen Minute. Wer Freiwache hatte und schlafen wollte, durfte den Rückentornister ausklinken, vorausgesetzt, dieser blieb griffbereit. Und wer duschen zu müssen meinte, war gehalten, das möglichst schnell zu erledigen.

Dummerweise, dachte Bull, konnte man so eine Anweisung nicht geben, ohne sich selbst auch daran halten zu müssen.

»Und in unserer Situation«, fuhr Lech Hallon fort, »wäre es nicht gut, Aufmerksamkeit zu erregen.«

Sie erreichten einen großen Raum auf dessen umlaufender Galerie. Unten waren Wartungsroboter damit beschäftigt, TARA-VII-UH-Kampfroboter zu warten, und ein halbes Dutzend Techniker damit, die Wartungsroboter mit nicht jugendfreien Bezeichnungen zu belegen. Auf der Galerie herrschte reges Kommen und Gehen höchst beschäftigt wirkender Leute, die ihn, den Verteidigungsminister und Oberkommandierenden, nur mit einem knappen Kopfnicken grüßten und seinen jungen Begleiter überhaupt nicht.

»Denkst du nicht«, meinte Bull, während sie die Rampe nahmen, die zum Transferdeck von ITHAFOR-2 hinaufführte, »dass wir durch die Eroberung dieser Station bereits ausreichend Aufmerksamkeit auf uns gelenkt haben?«

Dieses Argument schien Hallon zu verblüffen.

»Ähm«, machte er. »Ja. Das stimmt natürlich auch wieder.«

Bull warf seinem jungen Ordonnanzoffizier einen raschen, prüfenden Blick zu. Der Leutnant war wirklich jung. Bull hegte keine Vorurteile gegen junge Leute – zumindest bemühte er sich, keine zu hegen. Ohne Zweifel war Leutnant Hallon hervorragend ausgebildet – Raumakademie Terrania, Abschluss mit Bestnoten, alles, was man brauchte, um egal wo Karriere zu machen –, aber man merkte ihm eben an, dass er noch nicht ganz trocken hinter den Ohren war.

Andererseits konnte er »lesen und schreiben«, wie das normale Soldaten nannten: Männer und Frauen, die stolz darauf waren, ihre Strahler mit verbundenen Augen und notfalls mit einer Hand in Sekundenschnelle zerlegen, reinigen und wieder zusammenbauen und anschließend einer Mücke aus fünfhundert Metern Entfernung einen Flügel abschießen zu können. Männer und Frauen, die in Kampfsituationen wahre Wunderdinge vollbrachten – aber wehe, man ließ sie ein Schriftstück formulieren ...!

»Die Frequenz-Monarchie«, erklärte Bull also mit aller Geduld, die er aufzubringen imstande war – was, darüber machte er sich keine Illusionen, nicht viel Geduld war –, »weiß längst, dass wir ITHAFOR in unserer Gewalt haben. Wir haben's ihnen weggenommen, wie du dich erinnern wirst. Das werden die auch nicht vergessen, egal, ob wir funken oder nicht.«

Er legte die Hand auf die Schaltfläche, die die Zugangstür zum Transferdeck auffahren ließ. »Also funken wir.«

*

Die Mitarbeiter Milton DeBeers mussten aufgeatmet haben, als erhöhte Alarmbereitschaft angeordnet worden war: Solange der Chefwissenschaftler in einem SERUN steckte, konnte er die Augen seiner Mitmenschen nicht länger mit seinen grässlich quietschbunten Hemden, seinen geschmacklos geschnittenen Hosen und seinen sonstigen von absolutem Mangel an Geschmack in Kleidungsfragen zeugenden Accessoires belästigen.

Doch wer das geglaubt hatte, hatte nicht mit Milton DeBeers legendärer Kreativität gerechnet: Der groß gewachsene, aus der Distanz stets etwas birnenförmig wirkende Wissenschaftler trug ein Halstuch, dessen Muster nicht nur zweifellos Augenkrebs zu erzeugen imstande war, sondern sich überdies mit der Standardfarbe seines SERUNS, einem dunklen, an sich unverdächtigen Blau, aufs Heftigste biss.

Am besten war, man schaute ihn nicht allzu oft an.

»Also sind keine Notrufe mehr eingegangen«, wiederholte Bull, den Blick unverwandt auf die blaugrau-silberne Konsole gerichtet, über die man den Polyport-Funk bisher empfangen hatte.

Und zwar in Form von Notrufen aus den tiefsten Tiefen des Universums.

Inzwischen waren diese Notrufe allesamt verstummt. Niemand wusste, wieso, aber man ging wohl nicht fehl mit der Vermutung, dass die ominöse Macht, die sich als Frequenz-Monarchie bezeichnete, etwas damit zu tun hatte.

Was umso schlimmer war, als einer dieser Notrufe von Terranern gesendet worden war: Terranern, die vor nunmehr 116 Jahren das Stardust-System besiedelt hatten, irgendwo da draußen, womöglich weiter von der Milchstraße entfernt als jeder andere Ort, zu dem Menschen jemals gelangt waren.

»Nichts mehr«, bestätigte DeBeer. »Nicht ein Wort.«

»Auch nicht von diesem Mann aus dem Stardust-System?«

»Stuart Lexa? Nein.«

»Also«, sagte Bull, »wenn er uns nicht anruft, dann rufen wir eben ihn an.«

*

Der Funkspruch lief in Endlosschleife. Ab und zu konnte Bull nicht anders; er musste den Lautstärkeregler des Gerätes, das man an die Konsole gekoppelt hatte, hochdrehen, um sich zu vergewissern.

»... an Polyport-Hof NEO-OLYMP. Hier spricht Reginald Bull von der Liga Freier Terraner. Ich rufe Stuart Lexa von Stardust. Bitte melden! ITHAFOR an Polyport-Hof NEO-OLYMP. Hier spricht ...«

Inzwischen hatten sie die Bestätigung von GALILEO, dass man diesen Spruch dort empfing. Er wurde also nicht nur immer wieder abgespielt, er wurde auch tatsächlich gesendet.

Wenngleich niemand wusste, über welches Medium.

»Was das anbelangt, tappen wir noch vollständig im Dunkeln«, sagte DeBeer mit sonorer, in Hörsälen und Trivid-Auftritten geschulter Stimme. »Die naheliegendste Vermutung ist, dass die Funksprüche dasselbe Medium benutzen wie die Transferkamine selbst – was uns aber nicht viel weiterhilft, weil wir ja auch nicht wissen, wie die eigentlich funktionieren. In Anbetracht der gigantischen Entfernungen, die offenbar damit zurückgelegt werden können, müssen wir davon ausgehen, dass sich alles im sechsdimensionalen Raum oder in der Librationszone darunter, im Dakkarraum also, abspielt. Leider ein Bereich, der uns heutzutage so gut wie unzugänglich ist; wir wissen noch nicht einmal mit Sicherheit, inwieweit die Hyperimpedanz die sechste Dimension überhaupt betrifft.«

»Das interessiert mich im Moment ehrlich gesagt auch nicht die Bohne«, erwiderte Bull. »Was ich gern wüsste, ist, warum der gesamte Polyport-Funk auf einmal verstummt ist.«

»Weil die Frequenz-Monarchie alle Polyport-Höfe erobert und diejenigen, die Notrufe gesendet haben, zum Schweigen gebracht hat«, platzte Leutnant Hallon heraus, glühend vor Eifer.

Geduld, sagte sich Reginald Bull.

»Das erklärt, warum wir keine Notrufe mehr auffangen«, beharrte er. »Aber es erklärt nicht, warum wir überhaupt nichts mehr empfangen. Warum benutzt die Frequenz-Monarchie den Polyport-Funk nicht für ihre eigenen Zwecke? Das läge doch nahe. Ich meine«, fügte er mit einem Seitenblick auf Milton DeBeers sinnverwirrend gemustertes Halstuch hinzu, »wir würden das jedenfalls so handhaben.«

Der Chefwissenschaftler nestelte an seiner Multikom-Brille. »Es ist nicht gesagt, dass sie das nicht tun. Vielleicht verfügen sie über eine Möglichkeit, ihre Kommunikation vor uns zu verbergen.«

»Ist das denkbar?«

»Denkbar ist alles. Zumindest bemühe ich mich, alles zu denken«, erwiderte DeBeer.

»Vielleicht«, meldete sich der junge Ordonnanzleutnant wieder, »hat es ja einen Grund, warum die sich ausgerechnet Frequenz-Monarchie nennen?«

Er zog den Kopf ein, als ihn sowohl Bull als auch DeBeer daraufhin wie auf Kommando ansahen.

»Na ja«, meinte er und vollführte wilde Bewegungen mit den Händen, »das ist nur so ein Gedanke ... eine Assoziation ... Funk ... das hat ja mit Frequenzen zu tun ... und so weiter ...« Er verstummte.

Bull hob die Augenbrauen. Sieh an. Ein blindes Huhn trinkt auch mal Korn. »Gar nicht so dumm gedacht«, meinte er.

Was vielleicht ein Fehler gewesen war, denn so motiviert, wie der junge Leutnant daraufhin über das ganze Gesicht strahlte, war von nun an wohl permanent mit Kommentaren aller Art zu rechnen.

Aber dumm war der Gedanke wirklich nicht.

»Probieren wir etwas anderes«, sagte Bull. »Versuchen wir, Perry zu erreichen.«

*

»An Perry Rhodan«, sprach Bull in das Mikrofonfeld, dann stoppte er die Aufnahme.

Die anderen sahen ihn verdutzt an, warteten, dass er weitersprach.

»Den Rest der Nachricht«, erklärte Bull, »senden wir im Morsekode.«

»Im ... was?«, fragte der junge Hallon verdattert.

»Morse«, wiederholte Bull. »Lernt man das an der Raumakademie etwa nicht mehr?«

Der Leutnant legte sein jugendlich glattes Gesicht in grüblerische Falten. »Doch, doch, der Begriff sagt mir was. Es liegt mir sozusagen auf der Zunge.«

»Großartig«, meinte Bull grimmig. »Wenn das sogar frischen Absolventen unserer besten Akademie Rätsel aufgibt, dann der Frequenz-Monarchie hoffentlich erst recht.«

»Das ist dieser uralte Signalkode, nicht wahr?«, fragte Milton DeBeer. »Benannt nach Samuel Morse, der im Jahre 1833 alter Zeitrechnung den ersten funktionsfähigen elektromagnetischen Schreibtelegrafen entwickelt hat.«

»Genau!«, rief Hallon aus. »Jetzt fällt's mir wieder ein. Das geht irgendwie mit kurzen und langen Signaltönen ...«

Reginald Bull musterte seinen Ordonnanzoffizier missbilligend. »Ich glaube, wenn ich wieder zurück auf der Erde bin, muss ich dringend ein ernstes Wort mit dem Rektor der Raumakademie reden. Das kann ja wohl nicht sein, dass wir Raumfahrer ausbilden, die im Notfall nicht auf diese Verständigungsmöglichkeit zurückgreifen können.«

»Der Morsekode«, ergänzte DeBeer oberlehrerhaft, »benötigt als Basis lediglich ein stetiges, unmoduliertes Signal und stellt daher minimale kommunikationstechnische Anforderungen, was Bandbreite, Sendeleistung oder Signal-Rausch-Abstand anbelangt. Das prädestiniert ihn als Rückfallposition für Situationen ohne Zugriff auf höherentwickelte Verständigungsmittel.«

Bull nickte streng. »Notfalls kann man Nachrichten übermitteln, indem man auf Rohrleitungen oder gegen Türen hämmert. Es gibt Situationen, in denen diese Fähigkeit Leben rettet.«

Lech Hallon war auf einmal ganz klein. »Es kann sein«, meinte er äußerst zurückhaltend, »dass ich die eine oder andere Hypnoschulung geschwänzt oder zumindest nicht so ganz richtig nachbereitet habe ...«

»Okay«, knurrte Bull. »Aber der Rektor kriegt trotzdem einen Anschiss.« Er nickte DeBeer zu. »Also, Milton, gib mir mal so ein stetiges, unmoduliertes Signal, dann mach ich das.«

*