Perry Rhodan Neo 27: Das Gespinst - Michelle Stern - E-Book + Hörbuch

Perry Rhodan Neo 27: Das Gespinst E-Book und Hörbuch

Michelle Stern

4,4

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Beschreibung

Januar 2037: Mit einem altersschwachen Raumschiff, der TOSOMA, sind Perry Rhodan und seine Gefährten zu einem riskanten Flug aufgebrochen. Sie wollen nach Arkon vorstoßen und das Zentrum des riesigen Sternenreiches erreichen. Doch ein fürchterliches Unglück stoppt ihren Flug. Mit letzter Kraft erreichen die Menschen an Bord eine gigantische Station im Weltraum. Sie wird von den menschenähnlichen Mehandor bewohnt, die dort ihre Dienste anbieten. Sie reparieren Raumschiffe, sie rüsten sie aus, und sie treiben Handel - das "Gespinst", wie sie die Station nennen, ist für sie ein Lebensraum im All. Doch wem diese Wesen helfen sollen, von dem verlangen sie einen entsetzlich hohen Preis. Als Perry Rhodan ihn hört, ist er schockiert. Um seine Mannschaft zu unterstützen, müsste er sich eigentlich weigern. Doch haben die Menschen eine Chance, sich gegen die Macht der Mehandor durchzusetzen?

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Zeit:6 Std. 19 min

Sprecher:Hanno Dinger
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Band 27

Das Gespinst

von Michelle Stern

Januar 2037: Mit einem altersschwachen Raumschiff, der TOSOMA, sind Perry Rhodan und seine Gefährten zu einem riskanten Flug aufgebrochen. Sie wollen nach Arkon vorstoßen und das Zentrum des riesigen Sternenreiches erreichen. Doch ein fürchterliches Unglück stoppt ihren Flug.

Mit letzter Kraft erreichen die Menschen an Bord eine gigantische Station im Weltraum. Sie wird von den menschenähnlichen Mehandor bewohnt, die dort ihre Dienste anbieten. Sie reparieren Raumschiffe, sie rüsten sie aus, und sie treiben Handel – das »Gespinst«, wie sie die Station nennen, ist für sie ein Lebensraum im All.

»Ixik, sa tuslon, saigez haldor.«

»Hör, mein Bruder, uns rufen die Sterne.«

Mehandor

1.

Perry Rhodan

2. Januar 2037, weit fort von daheim

Die Sterne flackerten im Holo auf, als könnten sie sich nicht entscheiden, ob sie bleiben oder für immer erlöschen wollten. Licht und Dunkelheit stritten miteinander. Perry Rhodan klammerte sich an den Lehnen seines Kontursessels fest. Ein Messer schien nach seinen Halswirbeln zu stechen, der Nacken brannte wie unter Rohrstockschlägen. So plötzlich, wie er aufgeflammt war, verschwand der Schmerz wieder.

»Neue Schäden am Transitionstriebwerk!«, rief Thora neben ihm. Die Arkonidin hatte sich schneller von der Transition erholt als er; für die erprobte Raumschiffskommandantin musste der Entzerrungsschmerz vertraut sein.

Zitternd wischte sich Rhodan Schweiß vom Hals und straffte die Schultern. Kann man sich je daran gewöhnen, wenn einem eine unsichtbare Klinge mit Wucht in den Nacken getrieben wird?

Rhodan lehnte sich zurück, sah die zahlreichen Holografien, die hufeisenförmig um Thora lagen und sie wie eine Mauer aus Licht einschlossen. Weitere Bilder und Statusmeldungen leuchteten am Kommandostand auf. Die Einfärbungen zeigten gut zwei Dutzend Systemausfälle. Die Positronik war überlastet und musste manuell unterstützt werden. Akustische Informationen blieben aus, lediglich das schrille Heulen einer Sirene war zu hören, als käme es von überall zugleich.

Rhodan brauchte keinen zweiten Blick, um zu erkennen, dass die TOSOMA sich in ein besseres Wrack verwandelt hatte. Durch die erneute Transition gab es zahlreiche zusätzliche Schadensanzeigen, die sich mit rhythmischem Blinken in den Vordergrund drängten. Offensichtlich war dieses Mal besonders die äußere Kugelschale in Mitleidenschaft gezogen worden. Die noch vorhandenen Teile der gepanzerten Außenhülle aus Arkonstahl waren zerlöchert wie nach einer Raumschlacht, der Ringwulst des Kugelraumers wies mehrere Dellen und Einkerbungen auf. Ein Segment war aus dem Schiff herausgefetzt worden, als hätten sich die Zähne eines mondgroßen Raumriesen hineingegraben. Diesen Teil hatten sie absprengen müssen.

Bilder der letzten Minuten vor dem Sprung rasten in Sekundenbruchteilen durch Rhodans Gedächtnis. Er, Thora und Reg hatten fünfhundert Menschen mit Traktorstrahlen aus dem All herausgefischt, nachdem die Besatzungsmitglieder durch eine Öffnung in den Raum gesogen worden waren. Innerhalb weniger Sekunden konnten sie alle zurück an Bord bringen, die keine Raumanzüge trugen.

Grund für das Manöver und die anschließende Sprengung war der verheerende Atombrand gewesen, ausgelöst durch eine Arkonbombe, von der niemand gewusst hatte, dass sie überhaupt an Bord war. Rhodan glaubte, den Gestank noch wahrzunehmen, der von den verbrennenden Wänden ausgegangen war. Hätte Thora die betroffene Region nicht abgesprengt, wäre die gesamte Besatzung bereits tot.

Er zwang sich, die Erinnerungen hinter sich zu lassen. Die Gegenwart wartete mit neuen Herausforderungen auf. Auch wenn sich die Schwerkraftverhältnisse der inneren Kugel stabilisierten, war es höchste Zeit, sich um die neuesten Schäden zu kümmern. Mit raschen Bewegungen berührte Rhodan die Schaltflächen des Steuerpults auf seiner Konsole, um weitere Holoelemente zu erzeugen. Innerhalb eines Augenblicks umgaben ihn Thoras Darstellungen. Jede Schadensmeldung schien laut der Farbgebung aufgrund der fehlerhaft arbeitenden Positronik die wichtigste zu sein.

Rhodan griff mit ruhigen Händen nach den Daten der Lebenserhaltung und zoomte sie mit Daumen und Zeigefinger heran. In wenigen Sekunden würden gleich zehn Aggregate versagen, die Systeme endgültig zusammenbrechen. Die Zentrale würde also nicht mehr durch Energie und Sauerstoff versorgt werden. Dann käme er sich wieder wie in der Hölle vor, in der er erst vor Kurzem gewesen war, beim zweiten und verheerenden Fehlsprung der TOSOMA.

»Positronik, Energie in Lebenserhaltungssysteme umleiten! Restliche Impulstriebwerke dafür desaktivieren!« Solange wir wie Raumschrott im All treiben, brauchen wir sie nicht. Atemluft und Druck gehen vor.

»Neue Brände durch Aggregatversagen in vier Außensektionen!«, sagte Thora. »Löscharbeiten sind eingeleitet!«

Neben ihnen erklang ein Fluchen. »Verdammt, wer hat mich denn niedergeboxt? Mein Nacken fühlt sich an, als hätte jemand die Finger nicht vom Elektroschocker lassen können!«

Rhodan ignorierte Reginald Bulls Kommentar, seine Augen weiteten sich, aufsteigendes Entsetzen machte ihn sprachlos. Mit angehaltenem Atem starrte er auf eine gelb schillernde Anzeige. Die Fusionsreaktoren standen kurz vor der Überlastung. Würde das Schiff sich in einen Glutball verwandeln? Zehntausend Jahre auf dem Grund des Atlantiks gingen an einem arkonidischen Raumschiff nicht spurlos vorüber. Im Neuzustand wären die Schäden sicher schnell behoben und die richtigen Schritte eingeleitet worden. So jedoch reagierte die Positronik quälend langsam. Zum Glück sanken die bedrohlichen Werte.

Rhodan presste die Luft aus den Lungen und widmete sich einem anderen Problem. »Wie viele Verletzte?«, fragte er Thora.

»Weitere hundert, mindestens. Die Synchronisation der Transition ist nicht exakt gelungen. Kreislaufprobleme und Krämpfe sind die Folge. Medizinische Erstversorgung ist auf dem Weg.«

In den Daten sah Rhodan die Anzahl der Besatzungsmitglieder. Die Rettung der im Hangar Eingeschlossenen war ein voller Erfolg gewesen. Sie hatten niemanden im Weltraum zurücklassen müssen, und die Verletzungen hielten sich in Grenzen. Vermutlich würde es keine bleibenden Schäden geben. Zumindest das war ein Lichtblick. An die zwölf Menschen, die direkt oder an den Folgen der ersten missglückten Transition gestorben waren, durfte er nicht denken, sonst würden ihn Trauer und Entsetzen überwältigen. Er kannte ihre Namen und hatte jedem von ihnen die Hand geschüttelt, als sie an Bord kamen.

»Die Lebenserhaltungssysteme stehen!«, stieß Thora hervor. Sie blinzelte Tränen der Erregung fort.

Um sie herum erstarb das enervierende Heulen der Sirene. Stille trat ein.

Rhodan merkte erst in diesem Augenblick, wie sein Herz raste. Es hämmerte in seiner Brust, als wollte es die mangelnde Aktivität der Positronik ausgleichen. Schweißtropfen lagen auf seiner Stirn. Trotzdem fühlte er sich körperlich um Längen besser als nach der ersten Transition.

»Basismodus stabilisiert sich«, sagte er zu Thora, aber auch zu Reg und den anderen Besatzungsmitgliedern in der Zentrale der TOSOMA.

Viele von ihnen kamen in diesem Moment stöhnend und fluchend wieder zu sich. Der Entzerrungsschmerz hatte sie außer Gefecht gesetzt. Ein medizinischer Roboter nahm sich John Marshalls an, der noch immer bewusstlos war, und verabreichte ihm eine Injektion. Ein Mechaniker übergab sich röchelnd. Reg war aufgestanden und kümmerte sich um den wimmernden und sich windenden Tako Kakuta, der vor der Transition auf einer behelfsmäßigen Liege fixiert worden war. Die Anstrengungen der vielen Teleportersprünge zur Rettung der Eingeschlossenen hatten ihn gezeichnet. Seine bleiche Haut spannte über den Knochen. Zwei Schritte weiter lag Gucky auf einer ähnlichen Trage. Der Mausbiber regte sich nicht, er schien bewusstlos zu sein.

Rhodan sah von ihm zu Anne Sloane, die sich über Gucky beugte, um nach ihm zu sehen. Trotz der Mutanten haben wir einen Koch gebraucht, um den Großteil der Eingeschlossenen zu retten. Er hatte die Idee, die Leute mit dem Traktorstrahl zurück ins Schiff zu ziehen. Wenn dieser Rhino mein Appartement im Stardust Tower haben will, sei es ihm mit Kusshand geschenkt.

Im großen Holo unter der Decke der Zentrale veränderte sich das Bild der Sterne. Sie erloschen endgültig, um der Schwärze Raum zu geben.

»Wiederherstellung der Optik voraussichtlich in drei Minuten«, informierte Thora. Ihre Bewegungen waren atemberaubend schnell, doch Rhodan hatte keine Zeit, ihr länger zuzusehen. Er war damit beschäftigt, zusätzliche Löschroboter manuell zu aktivieren, um sie in die Hauptbrandregion zu schicken. Danach kanalisierte er die medizinische Hilfe für die Besatzung und überschlug mithilfe der Positronik die Möglichkeiten an Unterstützung sowie einer Erstversorgung. Die Bordmittel reichten aus, wenn auch knapp.

»Ortung in vier Minuten möglich!«, mischt sich Crest ein. Der alte Arkonide sprang auf und half Reg, eine bewusstlose Ingenieurin in die stabile Seitenlage zu bringen.

Mehrere Augenblicke vergingen in angespanntem Schweigen. Um sich hörte Rhodan, wie die Zentralebesatzung die Arbeit wieder aufnahm. Nach und nach gelang es den Männern und Frauen, Herr über das Chaos zu werden.

Wir schaffen es, machte sich Rhodan Mut. Wir haben den Atombrand aufgehalten und sind entkommen. Wir meistern auch diese Situation.

Die Notbeleuchtung wich dem Licht mehrerer kranzförmig angeordneter Strahler, deren heller Schein Rhodan blendete. Er blinzelte, griff zu den Schaltelementen und stellte eine akustische Verbindung zur Besatzung her. »Hier spricht Perry Rhodan. Der Atombrand ist aufgehalten, die Besatzung geborgen. Wir mussten niemanden zurücklassen.«

Zittriges Lachen und begeisterte Rufe kamen aus der Zentrale. Rhodan vermutete, dass seine Worte im ganzen Schiff Erleichterung auslösten. »Wir haben vor allem einem Mann zu danken: dem Sternekoch Rinat Ugoljew, der vielen von Ihnen unter dem Namen Rhino bekannt ist. Danke, Rhino! Ich denke, ich spreche nicht nur für mich, wenn ich sage: Sie haben mehr als einen Orden verdient.« Er machte eine kurze Pause. »Weitere Hilfe ist unterwegs. Bitte bleiben Sie ruhig und folgen Sie den Anweisungen der Besatzung. Ich melde mich wieder.«

Thora drehte sich zu ihm um, ihr Gesicht wirkte ausgezehrt von der überstandenen Anstrengung. Die roten Augen verengten sich, die Anspannung in ihren Zügen verriet neue Sorgen. »Wir haben eine Ortung. Die Positronik hat aufgrund der missglückten Transition eigenständig diese Koordinaten angesteuert.«

Ehe Rhodan fragen konnte, warum Thora die Eigenmächtigkeit der Positronik offensichtlich missfiel, entstand neben dem Kommandostand ein Hologramm. Es zeigte in Übergröße ein gestochen scharfes, dreidimensionales Bild. Er drehte seinen Sessel zu der Erscheinung. Die Aufmerksamkeit aller Anwesenden richtete sich darauf.

Mitten in der Einsamkeit des Weltraums lag ein silbriges Gebilde mit zahlreichen ausgestreckten Armen, die wie Tentakel um sich griffen. Das Holo zeigte parallel mehrere Daten an.

War das ein Raumschiff?

»Wow!«, entfuhr es Reg. »Ein Oktopus aus Stahl!«

Rhodan hörte, wie mehrere Menschen scharf einatmeten. Auch ihm drohte die Luft wegzubleiben. Anne Sloane trat näher heran und streckte die Hand nach dem Holo aus. Ihr Finger berührte strahlendes Licht. »Das ist ... atemberaubend. So unwirklich. Wie aus einem verrückten Traum.«

Fasziniert starrte Rhodan auf das Konstrukt. Eben schob sich unter ihm ein kreisrundes Objekt mit hoher Albedo hervor. Ein Planet. Weiße Krater durchzogen eine helle Oberfläche.

Was Rhodan im ersten Augenblick für ein Raumschiff gehalten hatte, entpuppte sich anhand der eingeblendeten Daten als Raumstation von gigantischem Ausmaß. Die zentrale Einheit bestand aus einem Walzenschiff, das gut siebenmal so lang war wie das größte menschliche Objekt im All. Auf der Walze lag auf mehreren turmartigen Säulen eine mindestens doppelt so lange Plattform mit transparentem Dach, die sich wie ein Spielbrett mit winzigen Gebäuden und gläsern wirkenden Skulpturen vor ihnen ausbreitete. Auf ihr wucherten fremd wirkende Pflanzen, eingebettet in ein kompliziertes System von Wasserläufen. Einige schienen von innen heraus zu leuchten. Gleichzeitig sonderte das durchsichtige Dach ein Glitzern und Funkeln ab, als würde ein geschliffener Diamant von der Größe einer Kleinstadt im Raum treiben. An den Kanten reizte das bunte Irisieren die Augen und ließ das gesamte Gebilde wie ein Trugbild flirren.

Die Station befand sich im geostationären Orbit einer Eiswelt. Eine ferne Doppelsonne lieferte wie ein Scheinwerfer orangegoldenes Licht. Der blassere blaue Schein des kleineren Sterns konnte sich gegen die Strahlkraft des Überriesen an seiner Seite nicht durchsetzen. Die Helligkeit war derart extrem, dass die Positronik sie automatisch dimmte. Laut den Anzeigen besaß die Sonne die hundertfache Leuchtkraft von Sol.

Beta Albireo, erkannte Rhodan. Sein Hals fühlte sich zugeschnürt an. Im Sternbild Schwan. Über 320 Lichtjahre von der Erde entfernt. Er wusste nicht, was ihn mehr beeindruckte: der unvorstellbare Abstand zu seiner Heimat oder die glitzernde Raumstation vor ihm, die wie eine Oase in der Wüste des Weltraums lag und sich im Nichts zwischen den Sternen behaupten musste.

»Ein Diamantgarten im Weltall«, sagte Reg in die andächtige Stille. »Auf dem Rücken eines Stahlkraken. Ich werd verrückt.«

Neugierig glitten Rhodans Blicke über die Konstruktion. Von der zentralen Einheit gingen zahlreiche Aus- und Zubauten ab. Es war ein Konglomerat an zylindrischen Schiffen, die jeweils im rechten Winkel abstanden. Manche blinkten wie von Feuerfunken übersät, andere erschienen dunkel und schwammig, als läge ein Feld aus aschgrauem Licht um sie. Kilometerlange Tunnel und Versorgungsleitungen streckten sich ins All hinaus. Sie hoben sich hell leuchtend von der Schwärze des Hintergrunds ab. An einigen von ihnen dockten Raumschiffe verschiedenster Größen, Formen und Farben an. Neben zwei bunten Kugelraumern ruhten drei einfarbige Walzen und ein schwarz gemusterter Diskus; auf der ihnen entgegengesetzten Seite löste sich ein ellipsoides Schiff neben einem klein erscheinenden Würfel in glänzendem Gold aus seiner Parkposition. Zahlreiche weitere Schiffe gaben dem Gesamtgebilde seine wechselhafte Form. Die meisten von ihnen waren offensichtlich unbewaffnete Frachter.

Es war das erste Mal, dass Rhodan auf einen Blick erfassen konnte, wie viele Zivilisationen sich in der Galaxis vor seinen Augen verbargen. Eine Offenbarung. Die Schiffe waren so unterschiedlich wie ihre Erbauer, und jedes einzelne schien zu sagen: »Sieh hin, Perry Rhodan, das Weltall ist groß und die Menschheit nur ein winziges Sandkorn am Strand des Sternenozeans.«

»Was ist das?«, flüsterte Tako Kakuta, der sich so weit erholt hatte, dass er, wenn auch zittrig, ohne Hilfe auf den Beinen blieb.

»KE-MATLON«, antwortete Crest. »Eine Etappenstation für Transitionsraumschiffe. Einen Moment, wir erhalten per Kennungsausstrahlung ein Datenpaket. Ich stelle auf visuelle Annahme.«

Rhodan sah fasziniert zu, wie unter dem Gebilde Daten in einer fremden Sprache auftauchten und innerhalb von Sekunden auf Arkonidisch und Englisch übersetzt wurden. Mehrere Infosätze flammten auf. Einer davon verriet, dass die Bewohner das Gebilde »Gespinst« nannten. Die Eiswelt trug den Namen Gedt-Kemar.

»Snowman«, sagte Reg mit einem Grinsen. »Wenn man auf Gedt-Kemar hinabsieht, erkennt man in den Umrissen des Kontinents einen Schneemann. Wir sollten den Planeten so in der Datenbank abspeichern.«

Crest nickte gutmütig. »Wie Sie wünschen.«

Rhodan lächelte. »Die Station hat eine Werft. Deshalb hat die Positronik uns vom Kurs geschickt. Etwas Besseres hätte uns nicht passieren können.«

Thora verschränkte die Arme vor der Brust. »Glauben Sie. Ich fürchte ...«

»Ein Hyperfunkspruch!«, unterbrach Crest. Er sah Rhodan an. »Im Datenpaket befindet sich ein Update, das mit unseren Translatoren kompatibel ist. Ich überspiele Ihnen die Mehandor-Handelssprache auf den implantierten Chip. Sie heißt Interkosmo.«

»Annehmen!«, befahl Thora. Sie stand auf, wischte sich übers Gesicht, um die letzten Tränen zu trocknen.

Das Bild KE-MATLONS verschwand. Übergangslos stand die Holografie einer Frau im Raum. Die Fremde trug eine weiße Kombination mit lindgrünen Verzierungen. Auf Rhodan wirkte sie wie eine drahtige Endfünfzigerin von zierlicher Statur. Kurze rote Haare ließen sie Reg ähneln. Sie war etwas kleiner als Thora. Das Gesicht hatte sie dezent geschminkt. An der Oberseite eines Ohres saß eine diamanten blitzende Klammer, an der drei dünne Silberfäden baumelten.

»Hier spricht Matriarchin Belinkhar aus der Sippe der Nham. Ihr Schiff hat keine gültige Kennung. Bitte identifizieren Sie sich und nennen Sie Ihr Anliegen.« Für eine so zierliche Frau klang ihre Stimme überraschend tief. Mit wachem Blick fixierte sie Thora. Ihre grünen Augen sahen sich neugierig in der Zentrale um, ehe der Blick zu Thora zurückschweifte. Von der Benommenheit arkonidischer Fiktivspielsüchtiger fehlte bei ihr jede Spur. Sie schien mit beiden Beinen ganz im Leben zu stehen, ihre stolze Haltung stand der Thoras in nichts nach.

Mit gehobenem Kinn machte Thora einen Schritt weiter in das Erfassungsfeld hinein. »Mein Name ist Tiara da Intral. Wir sind durch eine misslungene Transition auf diese Position gesprungen und beabsichtigen nicht, die Neutralität des Gespinsts zu gefährden.«

Die Matriarchin hob eine Augenbraue. »Ihre Worte in den Ohren des Regenten, Arkonidin. Wenn Sie weiterfliegen, dürfen Sie passieren.« Sie musterte Thora von oben bis unten. »Ihr Schiff hat schon bessere Zeiten gesehen. Sollten Sie eine Reparatur oder medizinische Versorgung in Anspruch nehmen wollen, lassen Sie sich von Haklui Sarkatz in Sektor C einweisen. Ich erwarte Ihre Entscheidung innerhalb der nächsten drei Arkonstunden. Danach endet Ihre Aufenthaltsgenehmigung in unserem Sippengebiet.«

Thora und Crest tauschten einen Blick, den Rhodan nicht deuten konnte. Er sah eine steile Falte auf Thoras Stirn, die zuvor nicht da gewesen war.

»Danke, Matriarchin Belinkhar. Das ist sehr großzügig.«

Das Bild der Matriarchin erlosch.

Rhodan lehnte sich in seinem Sessel vor. »Tiara da Intral? Wieso geben Sie einen falschen Namen an?«

Entgegen ihrer sonst sehr forschen Art senkte Thora den Blick. »Aus Sicherheitsgründen. Wir sind nicht unter Freunden.«

Bull verdrehte hinter Thora die Augen. Eine Mimik, die Rhodan zeigte, dass er neuen Nachschub für seine Befürchtungen erhalten hatte. Thora und Crest hielten sich seit Beginn der Planungen zu ihrem Vorstoß nach Arkon bedeckt. Bisher hatte Rhodan es hingenommen, er verdankte den beiden Arkoniden eine Menge, doch langsam kam er an eine Grenze, deren Stacheldrahtzäune aus Misstrauen unübersehbar waren. »Ihre Befürchtungen erscheinen mir unbegründet, Thora. Diese Matriarchin mag eine Tendenz zum Spotten haben, aber sie wirkt auf mich wie ein Mensch, mit dem sich reden lässt.«

»Täuschen Sie sich nicht. Es sind Mehandor.«

»Und?«

»Es gibt seit jeher ein geflügeltes Wort auf Arkon. Übersetzt lautet es: ›Nur ein Tor handelt mit den Mehandor.‹«

»Sie glauben, wir sollten dieses Gebilde nicht ansteuern?«

»Nicht, wenn wir eine Wahl haben. Wir ...«

Eine Explosion erschütterte die TOSOMA. Thora fuhr zu den Holobatterien über ihrer Konsole herum. »Steuerelemente!«, forderte sie.

Die Positronik setzte die Anforderung innerhalb von Sekundenbruchteilen um, weitere virtuelle Elemente tauchten vor Thora auf. Thora kniff die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. »Wir haben keine Wahl mehr. Die Explosion hat mindestens drei der Strukturfeldkonverter beschädigt. Wir sind nicht länger überlichtflugfähig.«

Rhodan sah auf das Hologramm, das frei im Raum schwebte wie eine geisterhafte Erscheinung. Das Gespinst kam ihm wie ein Wunder vor, selbst wenn es weitere Schwierigkeiten bedeuten sollte. »Docken wir an.«

»Watlon ulop jantarka kantanlon, sa nanlon, ulop suktorka loklon.«

»Das Leben ist giftige Süße, mein Sohn, ist bittere Schönheit.«

Mehandor

2.

Levtan

Im Rausch des Kan'ors

Levtan lag nackt auf der Außenwand seines Wohnblocks. Seine Finger glitten über Izkats mit Mustern bestochenen Bauch, entlang der Falte unterhalb des Nabels. Mit aufgerissenen Augen starrte er hinaus in die Schwärze zwischen Gedt-Kemar und der fernen Doppelsonne. Wärme durchpulste ihn, machte den Moment erhaben und gab ihm die Gewissheit, mehr zu sein als der vierte Sohn eines unerreichbar erfolgreichen Vaters. Er fühlte sich leicht, nicht nur durch die niedrigere Schwerkraft des Gravofeldes seiner Außengeländeeinheit, sondern auch durch die berauschende Wirkung des Kan'ors, die ihn trotz seiner schwermütigen Gedanken zufrieden mit sich sein ließ. Mit Kan'or war sein Leben auf KE-MATLON schön, selbst die depressivste Stimmung verwandelte sich in gutmütige Dunkelheit, freundlich und vertraut wie die eigene Schlafzuflucht.

»... suktorka loklu-u ...«, tönte die rauchige Stimme Simtans über die Liegeplatte. Das Lied machte Levtan melancholisch; die Ballade eines Vaters, der seine Kinder liebte, ihnen Weisungen auf den Weg mitgab. Auch sein Vater hatte ihn geliebt, ehe Levtan den verhängnisvollen Fehler begangen hatte, einen Arkoniden zu bestehlen und sich dabei von den Haklui-Kräften erwischen zu lassen. Es war der Anfang eines langen Abstiegs geworden. Wäre sein Leben ein anderes, hätte er der Versuchung damals widerstanden? Würde er dann wie ein strahlender Janraklui-Gewinner den Ehrentunnel durchschreiten, anstatt von außen an der Wandung zu kratzen?

Vorbei, wie ein Meteorit, der vorüberzieht, ohne Spuren zu hinterlassen. Er spürte Izkats erhitzte Haut an seiner. Eben noch hatten sie einander geliebt, im goldenen Licht der Sonnen, geschützt vor neugierigen Mitbewohnern durch die Schirmfelder. Es war herrlich gewesen, war Kan'or-Sex gewesen, heftig und ehrlich, laut genug, um die Musik zu übertönen. Als müssten sie hinausschreien, dass sie da waren, erfüllt von unbändiger Lust. Ihr gieriges Atmen beim Akt hatte die Sauerstoffsättigung abnehmen lassen, wie sie es mochten. Je dünner die Luft, desto intensiver der Orgasmus. Noch immer war der Normpegel nicht ganz erreicht, doch Levtan sah keinen Grund, das System zu korrigieren.

Das Kan'or durchpulste ihn. Er genoss die Empfindung, ein vom Körper losgelöstes Bewusstsein zu haben; eine schwebende Kamera über seinem Kopf, versehen mit einer bunten Linse, die für ihn in die Welt sah.

Eine Weile lagen sie schweigend auf dem weichen Untergrund, bis Izkat unruhig wurde und seine Hand von ihrem Körper schob. Sie griff nach einem nagelgroßen Klebeoval, besetzt mit feinen Haarnadeln, und drückte es auf die Innenseite ihres Oberschenkels. Ein Lächeln trat auf ihr Gesicht, sie seufzte wohlig, begann zu hecheln. Ihre Muskulatur entspannte sich und ließ sie wie einen Sack tiefer in den nachgiebigen Untergrund sinken.

»Wie war's auf der ARINA?«, fragte Levtan. Er glaubte, etwas sagen zu müssen, die Stille und die Unbeschwertheit nicht zu lang auskosten zu dürfen, weil er Izkat damit das Gefühl geben könnte, ihre Gesellschaft nach dem Sex nicht wertzuschätzen.

»Wunavoll«, lallte sie. Ein Grinsen spaltete ihr Gesicht. »Sie sin irre, die Arkoni...den, das schon. Aber das Schiff isn Traum. Und großzügig sinsie. Weißt du, dass sie zehntausend Chronnor zahln, wennen besondere Kolonisten geliefert wern?«

»Zehntausend?« Levtan stellte sich die Chronnor-Einheiten auf seinem virtuellen Resort vor. Er griff nach einem Klebe-Pad neben sich. »Damit könnten wir uns bis zur Sonnenbarke Kan'or kaufen.«

Sie lachte leise und drehte sich zu ihm. In ihrem Gesicht lag Spott. Die moosgrünen Augen pinnten ihn mit ihrem Blick an den Untergrund. »Soso, du würdst also mimir teilen, was?«

Levtans Wangen brannten. Nein. Das würde er nicht. Genauso wenig wie sie mit ihm. Sie mochten ihre Körper teilen, aber mit Liebe oder Verpflichtung hatte es nichts zu tun. Eher mit Vertrautheit und dem Gefühl der Leere, so weit wie der Abstand zu Gedt-Kemar, was sie beide gern für ein paar Momente vergaßen.

Das Schweigen wurde drückend. Levtan hörte, wie sich Izkats Atem beruhigte. Die vernebelnde und Zungen lähmende Erstwirkung des Kan'ors ließ schlagartig nach. Es folgte das Gefühl, durch die Tunnel zu schweben, losgelöst von jeglicher Schwerkraft.

»Willst du nicht die nächste Tour mitmachen?«, wechselte Izkat das Thema. »Wir ham noch einen Platz frei auf der ESTATOR. Du könntest Chronnors abgreifen. Sieh dir selbst an, wie verrückt die Weißhaare sind.«

»Nein.« Die Antwort kam schnell. Levtan hatte das Gespinst noch nie verlassen. Nicht, dass es ihn nicht hinauszog in die Weite der Sterne. Insgeheim sehnte er sich nach dem Reisen im All, wie es die Fremdgeher zelebrierten. Ein Sog schien nach ihm zu tasten wie unsichtbare Finger, die ihn greifen und mit sich nehmen wollten, irgendwohin, wo Verheißungen warteten. Aber die Furcht vor dem Neuen war größer. Und die Sorge, auf einem ihm fremden Schiff nicht rechtzeitig genug an die nächste Dosis Kan'or zu kommen oder ertappt zu werden. Obwohl die Arkoniden selbst Süchtige waren, die ohne ihre Fiktivspiele im Gepäck keine Zugangsplattform betraten, gingen sie hart gegen Drogenmissbrauch vor.

»Feigling.« Izkat wandte sich ab.

Das Wort war wie ein Schlag. Scham stieg in Levtan auf, gleichzeitig ärgerte er sich. Er war es leid, von anderen verurteilt zu werden, weil er nicht dem entsprach, was sie in ihm sahen, oder er ihren Wünschen nicht nachkam. »Als ob du selbstlos wärst. Dir geht's nicht um mich, Kata. Du hast Angst, allein auf ein neues Schiff zu gehen.«

Halb senkte sie die Lider, sie stritt seine Anschuldigung nicht ab. »Ich brauche vorher noch Kan'or ...« Izkat hielt inne und setzte sich auf. Von einem Augenblick zum nächsten wirkte sie hellwach. »Was ist das?«

Levtan folgte ihrem Blick. Ein Raumschiff flog Sektor C an und manövrierte auf Position Fünf zu. »Ein Kugelraumer. Arkon-Bauweise. Nichts Besonderes.«

»Sieh genauer hin.« Sie klang streng, verärgert wie die Mutter, wenn er nach den Lerneinheiten wiedergekommen war und sein magerer Tagespunktestand im Sippen-Holo eingeblendet wurde. Sein Bruder Darun hatte traurig zu Boden geblickt, mit einer Geste der Hilflosigkeit, weil Levtans Wertungen so miserabel gewesen waren, dass selbst Daruns Glanzleistungen die Gesamtwertung der sechs Geschwister nicht aus ihrem Loch herausreißen konnten.

Schieb die Vergangenheit endlich weg. Du bist alt geworden, Lev, hältst dich am Ewiggestrigen fest wie ein Wegdriftender an einer Strebe.

»Der Raumer ist betagter als unsere Zentraleinheit«, behauptete Izkat.

»Quatsch. Leg dich wieder hin, ich will Simtan hören.« Gleich kam sein Lieblingslied.

Izkat ließ sich in die weiche Verkleidung zurücksinken. »Ich weiß, was ich sehe, Levtan. So ein Schiff kam noch nie an. Eine unbekannte Besatzung. Vielleicht ist das gut für uns.«

»Da ikonnos li simamlon, haka ulop jai bulka.«

»Wenn du deine Sippe nicht kennst, was kann dir noch heilig sein?«

Mehandor

3.

Belinkhar

Der Schatten

Belinkhar sah von der Zentrale in Ausbauturm Acht zu, wie die malade TOSOMA in Richtung ihres Andockplatzes flog. Mehrere Kilometer vor dem Stahlglasfenster, scheinbar zum Greifen nah, schwebte das arkonidische Schiff vorbei, hin und wieder driftete es vom Kurs ab. Es machte auf die Matriarchin den Eindruck eines weidwunden Tieres.

Innerlich zählte sie rückwärts. Drei, zwei, eins ...

»Was denken Sie sich eigentlich dabei!«, schimpfte Etztak neben ihr los. Er stand vornübergebeugt, als würde die künstliche Schwerkraft seinen wuchtigen Leib nicht nur nach unten, sondern auch nach vorne ziehen. Sein Gesicht war eine Maske der Empörung, der Fuß im teuren Sar-Schuh zuckte. Gleich würde er aufstampfen, um seinen Protest zu verstärken.

Und null. Zuverlässig wie die Sauerstoffregulation, dachte die Matriarchin sarkastisch und drehte sich zu ihrem »Schatten« um. »Was denke ich mir wobei?«, fragte sie, obwohl sie genau wusste, was Etztak meinte.

»Revidieren Sie Ihre Entscheidung, Belinkhar!« Er zeigte mit seinem Zeigefinger anklagend auf die TOSOMA. »Dieser Raumer wird uns nur Ärger machen. Er wird unsere Neutralität verletzen. Denken Sie an die Sippe!«

»Ich denke immer an die Sippe, Etztak.« Belinkhar sah zu dem Schiff hin, das seine Parkposition erreichte und innerhalb des Fangfelds von riesigen Klammern umgeben wurde, die es in seine vorerst endgültige Lage brachten. »Und ich sehe da unten kein Kriegsschiff, sondern ein Wrack. Die TOSOMA ist schwer beschädigt, es liegt Raumnot vor. Sollen wir die Besatzung sich selbst überlassen? Das bedeutet, sie dem Tod preiszugeben. Die Orterergebnisse lassen keine Zweifel zu. Der Überlichtantrieb ist ausgefallen, die Mannschaft kommt zu keinem Planeten mehr. Was würde wohl mit unserem Ruf geschehen, wenn es hieße, die Sippe der Nham ließe Hilflose im Weltraum ersticken? Wir haben eine moralische Verpflichtung, Etztak, und der gedenke ich nachzukommen. Alles andere ist inakzeptabel.«

Etztak ging aufgeregt neben ihr auf und ab, sein Unterkiefer bewegte sich mahlend. Je nervöser und hektischer er wurde, desto ruhiger fühlte sich Belinkhar. Mit einer fahrigen Geste berührte Etztak seinen gestutzten Bart. »Das Schiff hat keine gültige Kennung. Irgendetwas ist da faul. Dieser Typ wird seit mehreren tausend Jahren nicht mehr gebaut. Vielleicht ist die Kugel von einem Raumfriedhof gestohlen worden. Wenn der Regent erfährt ...« Etztak blieb unvermittelt stehen, sein Blick ging ins Leere, die Stimme wurde zum Flüstern. »Der Regent verzeiht niemals.«

Belinkhar drehte sich zu ihm um. »Beruhigen Sie sich. Das Weltall ist weit. Der Regent muss es nicht mitbekommen. In einem Punkt haben Sie recht: Dieses Schiff umgibt ein Geheimnis. Für mich ist die ungültige Kennung gerade ein Grund zu helfen. Ich möchte wissen, was dahintersteckt. Was verbirgt sich hinter dem Auftauchen dieser Tiara da Intral und ihrer Besatzung? Sie haben die Bilder der Optik und die übersendeten Crew-Daten gesehen. Für Arkoniden sind diese Besatzungsmitglieder ungewöhnlich. Bis auf die Kommandantin und den Derengar, den alten Wissenschaftler, erscheinen sie fremd. Ich wüsste nicht, von welcher Kolonie sie stammen sollten. Vielleicht können wir Profit aus der Situation schlagen, oder das Wissen wird sich anderweitig als von hohem Wert erweisen.«

»Das ist ein gefährliches Spiel, Belinkhar. Wenn jemand redet ...«

Belinkhars Augen verengten sich. Sie spürte ein Kratzen im Rachen, als würden feine Nadeln darüberschaben. Nicht zum ersten Mal wünschte sie sich, Etztak den Mund verbieten zu dürfen. Leider war er ihr Schatten: Er hatte nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, ihre Entscheidungen infrage zu stellen. »Wer soll uns verraten, Etztak? Vertrauen Sie der eigenen Sippe nicht mehr? Ihre Loyalität ist über alle Zweifel erhaben, oder?«

Etztak schwieg. Endlich. Aber Belinkhar wusste, dass es die Ruhe vor einer Strukturerschütterung war. Sie sah es an der nur zu vertrauten Art, wie Etztak seinen Rücken rund machte und die Arme an den Rumpf presste. Ihr Schatten versank in sich, sammelte Kraft, um erneut aus sich herauszubrechen. Er drehte sich mit einem Trippelschritt im Halbkreis, die Blicke huschten nach rechts und links, als suchte er Unterstützung. Es gab keine. Sie standen allein im Kontrollraum der Zentrale.