Pleasure and Pain - Fessle mein Herz - Liz Rosen - E-Book

Pleasure and Pain - Fessle mein Herz E-Book

Liz Rosen

0,0
4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ich werde dafür sorgen, dass dein Körper in Flammen steht

Als Violet Santos eine Enthüllungsstory über den berühmten BDSM-Club Pleasure and Pain schreiben soll, erwartet sie nicht, plötzlich vor ihrer Jugendliebe zu stehen. Elijah Marshall ist inzwischen Miteigentümer des Clubs. Trotz des dramatischen Endes ihrer Beziehung flammen die alten Gefühle schnell wieder auf. Doch Elijah ist auf der Suche nach einem Verräter in den eigenen Reihen und setzt alles daran, seinen Club zu beschützen ... Kann Violet dem Sog der Vergangenheit entkommen und Elijahs Anziehungskraft widerstehen?​

Der Auftakt der heißen und düsteren Dark-Romance-Reihe um einen exklusiven Club, in dem die geheimsten Fantasien wahr werden.​

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 340

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Zitat

Triggerwarnung

Playlist

Prolog:

Kapitel 1: Violet

Kapitel 2: Elijah

Kapitel 3: Violet

Kapitel 4: Elijah

Kapitel 5: Violet

Kapitel 6: Violet

Kapitel 7: Elijah

Kapitel 8: Violet

Kapitel 9: Elijah

Kapitel 10: Violet

Kapitel 11: Violet

Kapitel 12: Elijah

Kapitel 13: Violet

Kapitel 14: Elijah

Kapitel 15: Violet

Kapitel 16: Violet

Kapitel 17: Elijah

Epilog: Violet

Triggerwarnung 2

Danksagung

Über die Autorin

Impressum

Liebe Leserin, lieber Leser,

herzlichen Dank, dass du dich für ein Buch von beHEARTBEAT entschieden hast. Die Bücher in unserem Programm haben wir mit viel Liebe ausgewählt und mit Leidenschaft lektoriert. Denn wir möchten, dass du bei jedem beHEARTBEAT-Buch dieses unbeschreibliche Herzklopfen verspürst.

Wir freuen uns, wenn du Teil der beHEARTBEAT-Community werden möchtest und deine Liebe fürs Lesen mit uns und anderen Leserinnen und Lesern teilst. Du findest uns unter be-‍heartbeat.de oder auf Instagram und Facebook.

Du möchtest nie wieder neue Bücher aus unserem Programm, Gewinnspiele und Preis-Aktionen verpassen? Dann melde dich für unseren kostenlosen Newsletter an:be-heartbeat.de/newsletter

Viel Freude beim Lesen und Verlieben!

Dein beHEARTBEAT-Team

Melde dich hier für unseren Newsletter an:

Über dieses Buch

Ich werde dafür sorgen, dass dein Körper in Flammen steht

Als Violet Santos eine Enthüllungsstory über den berühmten BDSM-Club Pleasure and Pain schreiben soll, erwartet sie nicht, plötzlich vor ihrer Jugendliebe zu stehen. Elijah Marshall ist inzwischen Miteigentümer des Clubs. Trotz des dramatischen Endes ihrer Beziehung flammen die alten Gefühle zwischen ihnen schnell wieder auf. Doch Elijah ist auf der Suche nach einem Verräter in den eigenen Reihen und setzt alles daran, seinen Club zu beschützen ... Kann Violet dem Sog der Vergangenheit entkommen und Elijahs Anziehungskraft widerstehen?

Der Auftakt der heißen und düsteren Dark-Romance-Reihe um einen exklusiven Club, in dem die geheimsten Fantasien wahr werden.

Liz Rosen

Fessle mein Herz

Für alle, die sich wünschen, ihre Beziehung würde vor dem Traualtar enden. Vergesst nicht, dass auf Altären früher Menschen geopfert wurden. Seid euch deshalb vor der Zeremonie hundertprozentig sicher, ob ihr mit eurem zukünftigen Ehemann oder eurem Henker auf das Podest tretet.

Triggerwarnung:

Willkommen im Pleasure and Pain! Bist du bereit für die erste Runde Schmerz, Liebe und Lust? Wie im BDSM üblich, müssen wir uns aber zuerst versichern, dass die Teilnahme für alle ungefährlich ist und keine bleibenden Schäden verursacht. Sieh deshalb bitte auf der letzten Seite bei den Triggerwarnungen vorbei, ehe du dich ins Buch stürzt.

Playlist:

Forever is a lie – Bea Miller

Black Rose – Volbeat

Feel it – Michele Monroe

Haunted – Beyoncé

Tainted Love – Marilyn Manson

Be your Love – Bishop Briggs

Babydoll – Ari Abdul

In the End – Linkin Park

My strange addiction – Billie Eilish

Brutal – Olivia Rodrigo

Girls – Marina and the Diamonds

No Limits – Royal Deluxe

Demon Fire – AC/DC

Honey – Maneskin

Poison – Alice Cooper

Yes girl – Bea Miller

How you remind me – Nickelback

Second Chance – Shinedown

All I want – Olivia Rodrigo

Prolog:

Wusstest du, dass das Schmerzempfinden jedes Menschen subjektiv und einzigartig ist, Doll? Es dient in erster Linie als Warnsignal für unseren Körper und lenkt unsere Aufmerksamkeit an die Stelle, an der unser Organismus gerade Schaden nimmt, um das Leid nicht nur von uns abzuwenden, sondern auch zu verhindern, wieder in die gleiche Lage zu geraten. Egal, woraus genau die Gefahr besteht. Ein Rohrstock, der auf gerötete Haut zielt. Eine kühle Stange, die deinen Körper zwanghaft in eine unangenehme Position drückt. Ein strenges Seil, das sich tief in das Fleisch frisst und das Blut daran hindert zu zirkulieren.

Der Umgang mit den schmerzhaften Reizen ist jedoch immer ein anderer. Die meisten werden alles dafür tun, der Pein schnell wieder zu entfliehen, doch ein Bruchteil wird den Schmerz willkommen heißen, sich danach sehnen und ihn tief in sich aufnehmen wollen.

Zu welcher Sorte gehörst du, Doll? Wie viel bist du bereit zu ertragen? Für dich? Für mich? Für uns? Wirst du stöhnen vor Leid oder vor Erfüllung? Wir werden es gemeinsam herausfinden, wenn du mich lässt. Ich werde dafür sorgen, dass dein Körper in Flammen steht, du an dem Schmerz vergehst und an der Lust verbrennst.

Bist du dafür bereit? Dann blättere um und wir erfahren, welches Schlagwerkzeug das passende für deinen geröteten Hintern ist. Ein Flogger, eine Gerte oder lieber eine Peitsche? Anfangs hast du die Wahl, Doll. Du triffst die Entscheidung, dich in meine Fänge zu begeben. Sei jedoch gewarnt: Ab einem gewissen Zeitpunkt entreiße ich dir die Kontrolle. Und dann gehörst du mir. Genau wie dein Verlangen.

Kapitel 1: Violet

»Das ist ein schlechter Scherz, richtig?« Fassungslos starrte ich Dorothy an, oder besser gesagt die Dokumente, die sie energisch vor mir auf den Tisch geschmissen hatte.

Ohne die Zettel genauer zu betrachten, wusste ich, was ich finden würde. Zahlen in einem dunklen, mahnenden Rot, die uns sagten, dass wir alle nicht mehr waren als ein Haufen Versager. Wir wussten das auch ohne dass Dorothy es uns auf die Nase band, dennoch wurde sie nicht müde, es immer und immer zu wiederholen. In den letzten Wochen hatte sie nichts anderes getan. Ich kannte all ihre Phrasen inzwischen auswendig und hatte irgendwann aufgehört hinzuhören. Vielleicht traf es mich deshalb wie ein Schlag, dass es nun nicht mehr darum ging, uns zu maßregeln. Nein, es war schlimmer. Viel schlimmer. Es war das Ende. Oder zumindest hörte es sich so an.

»Bedauerlicherweise nicht. Die Verkaufszahlen des Magazins sind in den letzten zwei Jahren rapide gesunken. Heutzutage kauft niemand mehr irgendwelche Klatschblätter. Alle sind nur noch online unterwegs. Twitter, Instagram, Facebook, jetzt auch noch TikTok. Selbst die Nachrichten werden über YouTube verfolgt statt in der Zeitung gelesen. Das Medium Papier verliert immer mehr an Bedeutung. Erst mussten wir die Abteilung verkleinern und nun ...«

Dorothy ließ die Schultern sinken, die dank ihres gepolsterten Jacketts viel breiter aussahen, als sie eigentlich waren. Dadurch wirkte Dorothys zierliche Gestalt seltsam unförmig, auch wenn das dreiteilige karierte Kostüm ihr einen professionellen Eindruck hätte verleihen sollen. »Uns fehlen einfach die richtigen Inhalte, um die Leser zu ködern, die teuren Hefte zu kaufen, statt sich nur kostenlose Beiträge im Internet anzusehen.« Dorothy seufzte tief. Sie strich sich eine ihrer roten Strähnen hinters Ohr. Lange blieb das Haar jedoch nicht an Ort und Stelle. Schon bei der nächsten Bewegung fiel die Locke wieder in Dorothys Gesicht zurück und verdeckte damit eines ihrer grünen Augen, in dem ein feuchter Schimmer zu erkennen war.

Sie liebte das Magazin – so wie jeder von uns. Sie hatte es aufgebaut, hatte jahrelang die ersten Ausgaben allein auf die Beine gestellt, bis sie sich einen Namen erarbeitet hatte und endlich Personal einstellen konnte. Seitdem waren knapp zwanzig Jahre vergangen. Aus ihrem kleinen Traum war ein Imperium geworden, und genau das drohte nun in sich zusammenzustürzen. Mitleid stieg in mir auf. Mein Magen zog sich bei Dorothys Anblick schmerzhaft zusammen. Seit sechs Jahren arbeitete ich nun schon an ihrer Seite und auch wenn ich ursprünglich lieber ernsthaften Journalismus betrieben hätte, statt für ein Klatschblatt zu schreiben, gab es schlechtere Arbeitsstellen. Bei dieser Wirtschaftslage musste ich allerdings froh sein, überhaupt einen Job zu haben. Ich hatte doch noch einen, oder?

»Wenn die Social-Media-Abteilung ausgebaut wird, heißt das, dass alle Stellen einfach in den digitalen Bereich verschoben werden?«, fragte ich und versuchte, nicht zu offensichtlich auf die Dokumente vor mir zu starren. Irgendwo in diesen Bergen an Papierkram hatte Dorothy bestimmt schon spekuliert, welches Personal sie wegreduzieren konnte, um überschüssige Kosten einzusparen und damit dem Magazin Zeit zu geben, sich vielleicht noch einmal zu erholen.

Sie war eine gute Chefin. Gerecht und freundlich, aber sie wäre nicht so weit gekommen, wenn sie immer Rücksicht auf ihre Mitmenschen genommen hätte. Sie hatte Opfer für das Magazin gebracht, Freunde verloren, Personal vor den Kopf gestoßen. Dafür hatte ich sie immer bewundert. Bis jetzt. Es war etwas anderes, wenn es einen plötzlich selbst betraf und man drohte alles zu verlieren. Ich hatte mir in den vergangenen Jahren den Arsch aufgerissen. Schlaflose Nächte, arbeitsreiche Tage, keine Urlaube, kaum Freizeit, eine Reihe von gescheiterten Beziehungen, weil die Arbeit immer an erster Stelle gestanden hatte. War das alles umsonst gewesen? Nur, weil ich das Programm der Printausgabe leitete statt den des digitalen Bereichs? Verdammt, ich hatte damals sogar die Wahl, weil beide Posten unbesetzt gewesen waren. Hatte ich mit dieser einen Entscheidung meine Zukunft zerstört?

Der Zug um Dorothys kantigem Kinn wurde weicher. Ihre Mundwinkel zuckten, aber sie brachte kein Lächeln zustande. Kummer spiegelte sich in ihren Augen, und ich brauchte kein Hellseher zu sein, um zu wissen, dass wir die gleichen Gedanken hatten. »Ich weiß, was Sie denken, Miss Santos. Sie sind nicht dumm.«

»Es braucht keine zwei Abteilungsleiter mehr, wenn es nur noch eine Abteilung gibt.« Eine Abteilung. Den digitalen Bereich, den der Mann leitete, der über die Jahre zu meinem besten Freund geworden war. Ich schluckte. Automatisch wanderte mein Blick zu David, der nicht weit von mir entfernt ebenfalls auf einem der Stühle um den riesigen Redaktionstisch im Besprechungsraum saß. Er hatte die Hände gefaltet und vor sich auf die Tischplatte gelegt. Wie gebannt starrte er auf seine Finger hinab. Sein Gesicht war kreidebleich und von seinem optimistischen Grinsen, mit dem er mich immer aufheiterte, war nichts zu sehen. Auch er wusste, worauf es hinauslaufen würde, wenn die Printausgabe geschlossen wurde. Einer von uns musste gehen. Wir könnten nicht mehr zusammenarbeiten. Dabei hatten wir in den letzten Jahren jeden Tag miteinander verbracht. Wie es wohl ohne ihn sein würde?

»Es tut mir leid.« Dorothy seufzte erneut. Sie schnappte sich ihren Stuhl, zog ihn zurück und ließ sich auf der Sitzfläche nieder. Schwerfällig stützte sie ihre Ellbogen auf der Tischplatte ab und sah bekümmert in die Runde, wobei sie es vermied in meine Richtung zu sehen. Kein Wunder, ich hatte jeden Bericht, jedes Foto besorgt, um das Dorothy mich in meiner Laufzeit beim Magazin gebeten hatte. Egal, was sie brauchte, ich war ihre erste Ansprechpartnerin gewesen. Selbst als ihre Assistentin gekündigt hatte und wir eine halbe Ewigkeit gebraucht hatten, um eine neue Teilzeitkraft zu finden, hatte ich mich nicht davor gescheut, zu meiner eigenen Arbeit auch noch Mittagessen und Kaffee für Dorothy zu holen.

»Soll das heißen, ich bin gefeuert?« Ich versuchte, ruhig weiterzuatmen, aber es war verdammt schwer. Mein ganzes Leben drohte zusammenzubrechen. Ohne das Magazin hatte ich überhaupt nichts. Schön, bis auf ein kleines Apartment, das ich mir dann allerdings auch nicht mehr leisten konnte. Hatten Simon, Alaric, Trevor und all meine anderen Ex-Freunde recht gehabt? Hätte ich mich besser auf die Beziehungen zu ihnen konzentrieren sollen als auf meine Karriere?

Dorothy schüttelte den Kopf. Noch mehr ihrer Strähnen fielen ihr ins Gesicht. »Nein, Miss Santos. Fürs Erste versuchen wir, das Magazin noch zu retten, und selbst wenn Ihre Abteilung wirklich eingestampft werden sollte, werden wir uns bemühen, eine gerechte Entscheidung zu treffen und die besten Kandidaten für die Posten zu behalten. Ein Teil des Personals wird For You Now jedoch verlassen müssen.«

David zuckte unter Dorothys Worten zusammen. Sein Knie hämmerte dabei von unten gegen die Tischplatte. Ein Knall ertönte. Entschuldigend blickte er die Anwesenden an. Der Rest des Teams bekam es allerdings kaum mit. Alicia starrte auf die verstreuten Dokumente, Alexander saß mit verschränkten Armen unbeteiligt da, als würde ihn die Unterhaltung gar nichts angehen, und Saphiras Lippen zitterten verräterisch, sodass nicht schwer zu erkennen war, dass sie schon bald den Kampf gegen die Tränen verlieren würde. Nur Yvonne legte David beruhigend eine Hand auf den Rücken, zog sie jedoch gleich wieder weg. Vermutlich, weil ihr klar wurde, dass wir ab jetzt keine Freunde mehr waren. Nein, wir waren alle Rivalen.

Ich schnappte nach Luft. Sauerstoff füllte meine Lunge, dennoch wurde die Panik zu ersticken in meinem Inneren immer stärker. Der Druck auf meiner Brust nahm zu. Es fühlte sich an, als hätte mir jemand einen Amboss auf den Oberkörper geschnallt, der bei jedem Atemzug ein wenig schwerer wurde.

»Wie wäre es, die starke Internetpräsenz des Magazins zu nutzen, um auf die physische Ausgabe aufmerksam zu machen?« Ich wusste, dass ich mich an den letzten Strohhalm klammerte, aber wir mussten doch irgendwas tun können. Mehr und vor allem besseres Marketing, brisantere Themen, schönere Bilder. Irgendwas, damit die Verkaufszahlen wieder stiegen. Schön, das versuchten wir nun schon seit Monaten, doch noch hatten wir nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Wir konnten noch ... keine Ahnung ... hoffen. Solange wir für das Magazin kämpften, jeder von uns, war der Krieg noch nicht verloren. Und ich würde immer weiterkämpfen. Ich brauchte eine Aufgabe. Diese. Ansonsten würde ich mich wieder genauso ziellos und unnütz fühlen wie ... damals. Nein, daran würde ich nun nicht denken. Ich hatte bereits genug Probleme, auch ohne meine Vergangenheit wieder aufzuwärmen.

»Die Menschen wollen nichts doppelt lesen. Schon gar nicht, wenn sie dafür extra in die Tasche greifen müssen. An allen Ecken und Enden fehlt das Geld. Nicht nur beim Magazin, sondern überall.« Dorothy stützte ihren Kopf in die Hände und schloss für einen Moment die Augen. Erst jetzt fiel mir auf, wie müde sie aussah. Genau wie ich hatte sie in letzter Zeit tiefe, sorgenvolle Augenringe bekommen. Ihr Teint war fahl, weil sie sich in ihrem Büro einsperrte statt nach draußen zu gehen, und in ihrem roten Haar befanden sich einzelne weiße Strähnen. Sie war nicht einmal doppelt so alt wie ich, aber auch ich ging bereits auf die dreißig zu. Vielleicht sollte es mich also nicht wundern, dass sie erschöpft war, wenn auch ich dringend Schlaf und Ruhe brauchte.

»Sie sollen auch keine Informationen zweimal bekommen«, widersprach ich und biss überlegend auf meiner Unterlippe herum. Etwas, das er gehasst hatte, weil nur er mich verletzen durfte. Verdammt, da war der Gedanke an die Vergangenheit schon wieder. Schnell verbannte ich die Erinnerungen und konzentrierte mich auf das Hier und Jetzt. »Wir könnten doch den Anfang einer mitreißenden Story im Netz verbreiten und mitten in dem Bericht stoppen, um dann auf die Printauflage, die das Ende der Geschichte beinhaltet zu verweisen.«

»Wie ein Teaser?« Interessiert hob Dorothy ihren Kopf von ihren Händen. Sie wandte ihren Blick mir zu und der Ansatz eines Lächelns schlich sich zum ersten Mal, seit wir das Besprechungszimmer betreten hatten, auf ihre Miene. Der Kummer wurde von Hoffnung überschattet. Offensichtlich betete auch sie für den Fortbestand der Printauflage. Natürlich, immerhin wäre die Außenwirkung verheerend. Sobald herauskam, dass wir die Produktion einstampften, wüssten alle anderen Magazine um unsere schlechten Zahlen, und dann würden sie versuchen, uns gnadenlos auszustechen.

»Genau.« Ich nickte, beugte mich über den Tisch und schob die Dokumente zu einem Stapel zusammen. Das Papier fühlte sich kalt in meinen zitternden Fingern an, dennoch stoppte ich erst, als ich den Stoß aus Dokumenten nehmen und an meine Brust drücken konnte. »Damit zwingen wir diejenigen, die an dem Bericht interessiert sind, die physische Ausgabe zu kaufen.« Ich schenkte Dorothy ebenfalls ein Lächeln, drehte mich anschließend um und warf die Dokumente hinter mir in den Müll. Wir konnten nicht effektiv arbeiten, wenn diese Zahlen uns verhöhnten und über uns hingen wie ein Damoklesschwert.

»Die Idee können wir auf jeden Fall umsetzen, aber es müsste ein Thema sein, das eine große Leserschaft anzieht.« Mit neuem Elan erhob Dorothy sich. Ihr Stuhl gab ein leises Quietschen von sich, als er zurückgeschoben wurde. Sie ignorierte das Geräusch jedoch, genauso wie das leichte Beben des Stuhls, der einen Moment lang umzufallen drohte. Er blieb allerdings stehen. Dorothy sprach einfach weiter. »Welche Stoffe haben wir?«

»NoGos der Kleidungssaison – gelb bis schwarz und alles, was dazwischen liegt«, meldete sich Yvonne sofort und setzte ein Lächeln auf, das ihre Augen aber nicht erreichte. Noch immer lag uns die derzeitige Situation schwer im Magen, aber wir mussten weiterarbeiten, wenn wir nicht jetzt schon aufgeben wollten. Ich richtete mich also in meinem Stuhl auf und überlegte fieberhaft, welches Thema aufregend genug war, um neue Leser zu gewinnen.

»Nein, das ist zu mainstreamig und jedes zweite Magazin hat schon eine Auflistung darüber gebracht. Außerdem neigt sich der Frühling langsam dem Ende zu und die Herbstkollektionen sind noch nicht veröffentlicht worden.« Dorothy begann vor der Stirnseite des Tisches auf und ab zu gehen. Schritt für Schritt. Hin und her. Ruhelos bewegte sie sich und ich hätte es ihr gern gleichgetan. Wir saßen zwar noch nicht lange hier, doch schon jetzt schmerzte mein Rücken von dem Druck, der immer noch auf mir lastete.

»Bekommen wir irgendwie einen Einblick in die Kollektionen, bevor sie bekanntgegeben werden?« Yvonne fuhr sich durchs Haar und legte den Kopf leicht schief, als würde sie bereits an der nächsten Idee feilen. Dafür war sie auch zuständig. Sie trug alle Neuheiten, Erneuerungen und Trends für das Magazin zusammen. Die Modeabteilung würde uns jedoch nicht vor dem Ruin bewahren. Wir brauchten etwas, das Männer und Frauen interessierte. Etwas Reißerisches.

»Keine Chance«, antwortete ich, ehe Dorothy es konnte. Wir hatten bereits im vergangenen Jahr versucht, die Entwürfe der Designer zu bekommen und sie vor allen anderen drucken zu können. Ohne Erfolg.

»Skandal im Königshaus – ist das Hausmädchen wirklich die Geliebte des Kronprinzen?« Alicia grinste breit, als wäre ihr Pitch die Lösung, doch noch während sie ihn aussprach, wusste ich, dass ich diese Schlagzeile nicht kaufen würde. Dabei war genau ich die Zielgruppe. Frauen im Alter zwischen zwanzig und vierzig, die nicht nur modebewusst, sondern auch gesellschaftlich engagiert waren. Es interessierte mich herzlich wenig, ob der Sunnyboy des Königshauses nun tatsächlich mit dem Hausmädchen geschlafen hatte oder nicht. Die ersten zwei oder drei Skandale des Prinzen zu verfolgen, war noch lustig gewesen, aber inzwischen hatte er mit jeder ledigen Frau in seiner Umgebung das Bett geteilt. Ob nun eine mehr oder weniger, machte keinen Unterschied mehr.

Dorothy schüttelte erneut den Kopf. Wieder umspielten ihre Locken dabei ihr Gesicht. »Ebenfalls schon Hunderte Male gelesen. Wir brauchen etwas Neues, etwas, das die Leser und Leserinnen nur bei uns bekommen können. Irgendwelche Neuheiten, Tabuthemen oder exklusive Einblicke. Niemand wird das Magazin erwerben, wenn sie einfach auf die nächste Website gehen und einen ähnlichen Bericht lesen können.«

»Was ist mit dem Pleasure and Pain?«, fragte David und lehnte sich in seinem Stuhl ein wenig zurück, als er sich endlich aus seiner Schockstarre gelöst hatte. Er hatte wohl ein wenig länger gebraucht als alle anderen, um die neue Bedrohung zu verarbeiten, doch nun kam er ausgerechnet mit dem Bericht um die Ecke, den ich schon mehrfach abgelehnt hatte. BDSM war noch immer nicht massentauglich, auch wenn jeder einmal diese Art von Befriedigung ausprobieren sollte, um sicherzugehen, ob man nicht doch eine Vorliebe dafür hatte. Ich wusste immerhin auch erst, dass ich es mochte, seit ...

Augenblicklich versteifte ich mich. Konnte das sein? Schon zum dritten Mal heute musste ich an damals denken. Nicht, dass das P&P bereits so alt war wie meine ersten Erfahrungen in dem Bereich. Nein, den Club gab es erst seit ein paar Jahren und er hatte sich in kürzester Zeit einen Namen gemacht. Darum ging es mir allerdings nicht. Mein Problem waren die Praktiken, für die das Pleasure and Pain stand. Praktiken, denen ich vor langer Zeit den Rücken gekehrt hatte.

»Bitte?« Dorothy blieb abrupt stehen. Ihr Kopf drehte sich in Davids Richtung. Sie verengte überlegend die Augen. Das Lächeln auf ihren Lippen wurde breiter.

»Das Pleasure and Pain. Der BDSM-Club der Familie Marshall. Es gibt Menschen, die würden töten, um dort Mitglied zu werden.« David lachte, auch wenn es lange nicht so unbekümmert und herzlich klang wie sonst. Dabei umspielte er gut, dass er mit Menschen in erster Linie sich selbst meinte. Nicht, dass er viel mit dem Spiel um Dominanz anfangen konnte, aber wie alle anderen auch wollte er wissen, was hinter den Mauern des P&Ps geschah.

Auch ich hatte mich das an manchen Tagen gefragt und mich gesorgt, ob Konsens in dem Club über allem stand, so wie es beim BDSM sein sollte. Dennoch hatte ich es mir nicht einmal erlaubt, in die Nähe des Gebäudes zu gehen, das von außen nicht anders aussah als eine protzige Villa. Ich hatte mir einmal an einem viel zu dominanten Mann die Finger verbrannt. Eine Erfahrung, die ich nie wieder machen wollte. Ich hatte aus meinen damaligen Fehlern gelernt. BDSM konnte einem nicht nur körperliche Schmerzen zufügen, sondern auch seelische, und noch heute hatte ich manchmal Albträume von ... Nein! Verflucht! Ich hatte diesen Teil meines Lebens jahrelang weggesperrt. Wieso waren die Erinnerungen gerade heute so präsent? Vielleicht, weil damals mein Leben in die Brüche gegangen war und auch jetzt alles den Bach runterzugehen drohte.

»Weshalb?« Dorothy strich sich endlich ihre Strähnen aus dem Gesicht und stützte sich mit den Armen auf ihrer Stuhllehne ab. Dabei sah sie nicht nur David an, sondern auch den Rest von uns. Sie wollte jede Information, jedes Detail, um aus der Idee einen richtigen Pitch zu machen. Und David lieferte ihr alles, was sie dazu brauchte.

»Der Club ist exklusiv. Einer der drei Marshall-Brüder sieht sich jeden Anwärter genau an und keiner von ihnen ist zimperlich damit, Absagen zu erteilen. Insgesamt gibt es nur ein paar Hundert handverlesene Mitglieder, und jedes Magazin des Landes reißt sich um ein exklusives Interview mit einem der Brüder«, erklärte David und verschränkte stolz die Arme vor der Brust.

Selbst mir war klar, dass seine Idee gut war. Ein Artikel über den Club würde jede Menge Leser dazu bringen, das Magazin zu kaufen. Selbst Kinder wollten ihre Umgebung kennenlernen und alles genau wissen, das war bei Erwachsenen nicht anders. Allein, dass so wenig über den Club bekannt war, steigerte das Interesse der Bevölkerung. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass die Marshall-Brüder, die sich peinlichst aus der Öffentlichkeit fernhielten, mit Argusaugen ihre Mitglieder beobachteten. Es gab eine dreimonatige Probezeit, die jeder Anwärter absolvieren musste, und angeblich stichfeste Verschwiegenheitserklärungen, damit kein Wort über den Club an die Bevölkerung drang.

»Wieso hat dann noch niemand eine Stellungnahme der Brüder gedruckt?« Dorothy zog die Augenbrauen zusammen. Tiefe Furchen bildeten sich an ihrer Stirn, die sie gleich um zehn Jahre altern ließen.

»Weil sie sich niemals zu irgendeiner Frage äußern. Sie verlassen den Club nur sehr selten. Angeblich wohnen sie sogar in den Wohnungen über den öffentlichen Bereichen für die Mitglieder. Wenn irgendjemand sie doch einmal außerhalb in der Zivilisation antrifft, verstehen sie es, denjenigen abzuwürgen«, antwortete diesmal Alicia und ein verträumter Ausdruck trat in ihren Blick. Wahrscheinlich hatte auch sie davon gehört, wie gut die Marshall-Brüder angeblich aussehen sollen. Einer von ihnen – der älteste – war einmal in der Zeitung abgelichtet gewesen, als der Club seine Eröffnung gefeiert hatte. Seitdem lief das Marketing des P&Ps nur durch Mundpropaganda, und jeder, der aus dem Club kam, war glücklich – zumindest erzählte man sich das. Das P&P konnte jeden noch so abgedrehten Wunsch erfüllen und jede legale und auf Konsens basierende sexuelle Fantasie befriedigen.

»Wie?«, hinterfragte Dorothy und brütete vermutlich bereits an einem Plan, um einen oder im besten Fall alle drei Brüder vor ein Tonband zu bekommen. Wenn es jemand schaffte, dann Dorothy. Niemand war so zielstrebig wie sie. In diesem Fall würde aber auch sie kein Glück haben. Schon gar nicht, bis die nächste Ausgabe fällig war. Bis dahin waren es nur noch drei Wochen. Einen weiteren Flop konnten wir uns nicht erlauben. Unsere Zukunft stand und fiel also mit den Berichten und Artikeln, die wir in den nächsten Wochen fabrizieren würden.

Sollte ich meine Vergangenheit einsetzen, um meine Stelle zu retten? Wie würde der Pitch dazu lauten? Scheue Unterwürfige mit Vorliebe für Schläge – die Perversen leben mitten unter uns. Klingt grundsätzlich nicht schlecht, aber danach könnte ich wohl keinem meiner Kollegen mehr in die Augen sehen, und jeder meiner Ex-Freunde würde sich ins Fäustchen lachen, weil sie es immer schon geahnt haben, dass mit mir etwas nicht stimmt. Dass mir eine normale Beziehung nicht reichte.

»Sie sind – entschuldigen Sie den Ausdruck, Dorothy – eingebildete Arschlöcher und schrecken auch nicht vor Beleidigungen oder roher Gewalt zurück. Erst vor Kurzem gab es in dem Club sogar eine Messerstecherei.« Wieder ließ David aus, dass er sich schon mehrfach für den Club beworben hatte, aber nie auch nur zum Gespräch eingeladen worden war. Vielleicht hatten die Brüder wirklich einen Riecher dafür, Gaffer von wirklichen Interessierten an BDSM zu unterscheiden. Würden sie sich dann vielleicht mit mir unterhalten, auch wenn ich seit Jahren kein BDSM mehr praktiziert hatte?

»Richtig, das habe ich mitbekommen. Der jüngste Bruder soll ein Aggressionsproblem haben. Er war sogar schon vor Gericht.« Yvonne beugte sich vor und streckte sich nach der Wasserkaraffe, die umzingelt von vielen Gläsern in der Mitte des Tisches stand. Leider waren ihre Bemühungen vergebens. Sie war zu weit weg, als dass Yvonne das Wasser ohne Hilfe erreichen konnte. David bemerkte ihre Bemühungen und schob die Karaffe weiter in ihre Richtung. Ein leises Klirren erklang, als der Krug gegen eines der Gläser stieß. Dankbar lächelte Yvonne, wandte den Blick aber schleunigst ab, bevor David die Röte sehen konnte, die sich auf ihren Wangen breitmachte.

»Die Idee ist nicht perfekt, aber ausbaufähig. Wenn die Brüder nicht für ein Interview zur Verfügung stehen, müssen wir eine andere Möglichkeit finden, an Informationen zu kommen. Wie können wir sie noch erreichen?« Auffordernd sah Dorothy in die Runde und zog meine Aufmerksamkeit wieder auf sich. Nur das Plätschern, das ich vernahm, verriet, dass Yvonne sich ein Glas Wasser einschenkte.

»Dating-Apps? Alle drei Brüder sind Single, oder nicht?«, meldete Yvonne sich kleinlaut und trank einen großen Schluck. Auch mein Mund fühlte sich ausgetrocknet an, doch ich traute mich nicht, ebenfalls nach dem Wasser zu greifen. Schon jetzt schmerzte mein Magen und ich wollte nicht riskieren, die Besprechung wegen Bauchschmerzen verlassen zu müssen. Stattdessen lächelte ich tapfer und versuchte weiterhin, mich auf das Gespräch zu konzentrieren und kreative Einfälle beizusteuern. Leider herrschte in meinem Kopf gähnende Leere.

»Einer von ihnen ist, glaube ich, vergeben, aber die zwei Jüngeren sind noch zu haben, falls du Interesse hast.« David grinste in Yvonnes Richtung, die sich daraufhin an ihrem Wasser verschluckte und prompt zu husten begann. Tränen schossen ihr in die Augen. Die Röte auf ihren Wangen vertiefte sich. Sie rang nach Atem. Zum Glück hatte David ein Einsehen und klopfte Yvonne irgendwann auf den Rücken, bis sie wieder Luft holen konnte. Sie brauchte eine Weile, um sich zu fangen, und das war nur das, was ich sehen konnte. Das ganze Büro wusste, dass Yvonne in David verliebt war. Dass er ihr schamlos die Brüder schmackhaft machen wollte, musste sie hart treffen. Sie überspielte es jedoch gut.

»Danke, aber ich stehe nicht auf Perverslinge.« Yvonne schmunzelte gespielt und zwinkerte David zu, der über ihren Witz lachte. Nur ich blieb stumm. So würden wir es wahrscheinlich auch ins Magazin schreiben, wenn wir von den Mitgliedern sprachen. Perverse. Abartige. Abnormale. Dabei waren es Menschen wie sie und ich. Vor allem wie ich.

Dorothy verdrehte die Augen und drückte mit ihren Fingern gegen ihre Schläfen, als hätte sie langsam Kopfschmerzen von unseren Stimmen. Wahrscheinlich war es auch so. »Sie besitzen einen BDSM-Club, somit gehe ich nicht davon aus, dass einer der Brüder es nötig hat, auf irgendwelchen Apps nach ihrer Traumfrau zu suchen. Weitere Ideen?«

»Sie suchen eine neue Stripperin.« David warf den Satz in den Raum, als wäre es nichts Besonderes, doch das war es. Nicht jeder Club hatte Tänzerinnen, die sich halb nackt auszogen und den Anwesenden schöne Augen machten. Vermutlich hätte es mich beim P&P nicht überraschen sollen. Der Club stand doch genau dafür. Schöne Frauen, nackte Haut und jede Menge Sex. Automatisch musste ich daran denken, wie lange ich schon keinen Sex mehr gehabt hatte, geschweige denn einen Orgasmus – und nein, das eine schloss das andere nicht mit ein. Leider. Das letzte Mal, das mich jemand dazu gebracht hatte, wirklich alles um mich herum zu vergessen – meine Karriere, mein Leben, meinen Namen – war damals am College und ... Nein, nein, nein, nein, nein! Schön, er mochte es, wenn ich für ihn getanzt hatte, aber musste er sich heute wiederholt in meine Gedanken schleichen? Das war nicht auszuhalten.

»Stripperin?« Ich räusperte mich und bemühte mich damit, meine Verlegenheit bei dem Thema zu überspielen. Es klappte nicht wirklich, aber wenigstens ahnte niemand, wieso mein Gesicht vor Verlegenheit kribbelte. Sie alle gingen einfach davon aus, dass ich prüde und verklemmt war. Das war besser als die Wahrheit, die daraus bestand, dass ich für Elijah so gut wie jeden Abend getanzt hatte, als wir noch ein Paar gewesen waren. Elijah. Da war er schon wieder. Wieso konnte ich dieses Kapitel nicht endlich abschließen?

»Ja, jemanden, der sich lasziv zur Musik bewegt, mit dem Hintern wackelt und damit die Gäste anheizt, sodass sie mehr trinken und länger Spaß haben.« David leckte sich über die Lippen und bewies damit erneut, dass er einem Besuch in dem Club nicht abgeneigt war.

»Und?« Dorothy blickte auffordernd zu David und massierte weiter ihre Schläfen in kreisrunden Bewegungen.

»Jemand könnte sich für die Stelle bewerben und Informationen sammeln«, schlug David vor und brachte mich damit erneut dazu, mich zu versteifen. Mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. Es gefiel mir nicht, in welche Richtung sich die Besprechung entwickelte. Ich wollte mich nicht mit BDSM beschäftigen. Nicht wirklich. Dafür gingen mir die Geschehnisse von damals noch viel zu nah.

»Das ist ...« Dorothy stoppte. Ob sie es aus dramaturgischen Gründen tat, um David ein wenig zappeln zu lassen, oder weil sie wirklich darüber nachdenken musste, konnte ich allerdings nicht sagen. »... großartig!« Erfreut zog sie ihre Finger von ihren Schläfen und klatschte in die Hände. »Wir schreiben einen Enthüllungsbericht. Mitglieder, sexuelle Vorlieben, der Alltag im Club. Das wird genug Leser anziehen, um die Printauflage noch einmal zu retten.«

David grinste mit stolzgeschwellter Brust. Mit dem Vorschlag hatte er sich gerade zu Dorothys Liebling gemausert. Schade für ihn, dass er keine Frau war und somit nicht selbst als Stripperin in den Club marschieren konnte. Dann hätte ich neben ihm wohl überhaupt keine Chance mehr gehabt, meinen Job zu sichern. Allerdings fiel mir auch keine Möglichkeit ein, wieder Gleichstand zwischen uns zu schaffen. Doch, eine, aber das kam nicht infrage. Absolut nicht.

»Wer von uns soll sich bewerben? Wenn der Club so exklusiv ist, werden sie keine Amateurin einstellen.« Yvonnes Einwand war nicht unberechtigt. Wir mussten jemanden finden, der vertrauenswürdig war und gleichzeitig eine wirkliche Chance auf die Position hatte. Yvonne selbst fiel wegen ihrer Urtikaria – einer seltenen Hautkrankheit mit nesselndem Ausschlag, der sich über viele Teile ihres Körpers zog, raus. Alicia war seit Jahren verheiratet und ihr Ehemann würde es bestimmt nicht tolerieren, wenn sie halb nackt in einem BDSM-Club arbeitet, und Saphira konnte nicht nächtelang wachbleiben, solange sie neben ihrer Arbeit bei For you Now auch noch studierte.

»Violet könnte das doch machen. Du hast am College getanzt, oder nicht?« David hob eine Augenbraue, sodass seine rechte Gesichtshälfte ein Stück nach oben gezogen wurde und sein Lächeln ein wenig schief wirkte. Fast schon niedlich. Bei dem Ausdruck auf seiner Miene hätte ich sonst gelächelt, doch nun stockte das Blut in meinen Adern. War ihm klar, was er da gerade tat? Er lieferte mich ans Messer. Dorothy war wie ein Hund. Sie hatte Blut geleckt, und nun wollte sie auch den Rest der Beute. Außerdem sorgte er mit seinem Vorschlag dafür, dass Dorothys Aufmerksamkeit sich auf mich richtete und damit war sein genialer Einfall schnell vergessen.

»Ein wenig, aber ...« Ich wollte protestieren, schreien und mich mit Armen und Beinen wehren, doch ich sah an dem Ausdruck in Dorothys Gesicht, dass kein Wort aus meinem Mund mir helfen würde. Sie hatte bereits entschieden, dass ich mich in den Club einschleusen würde. Sosehr ich David auch als Freund liebte, sosehr hasste ich ihn gerade. Ich hatte ihm davon erzählt, weil ich ihm vertraute und er mich besser kannte als jeder sonst in meinem Leben, und nicht, damit er Dorothy mein Privatleben zum Fraß vorwarf. Vielleicht hätte er es nicht getan, wenn er die ganze Geschichte gekannt hätte. Das änderte jetzt allerdings auch nichts mehr.

»Schön, dann ist es beschlossen. Miss Santos, Sie werden von ihren Pflichten in der Redaktion bis auf Weiteres freigestellt, damit Sie sich auf Ihre neue Aufgabe konzentrieren können.« Noch einmal klatschte Dorothy in die Hände und entließ mich damit ohne weitere Verabschiedung aus der Besprechung. Nur ein gutmütiges Nicken Richtung Tür zeigte, dass ich gehen sollte. Schnell erhob ich mich von meinem Platz und lief wie ferngesteuert Richtung Ausgang. Ich wollte hier weg, bevor ich mich übergeben musste.

»Ach, und Miss Santos?«, rief Dorothy und hielt mich damit auf.

»Ja?« Ich blieb stehen, auch wenn ich am liebsten weggelaufen wäre. Schon jetzt herrschte Chaos in meinem Kopf. Meine Gedanken liefen Amok. Ich sollte mich als Stripperin ausgeben, mich in den Club begeben und dort nicht nur tanzen, sondern auch Informationen sammeln. Professionell bleiben, obwohl meine Vergangenheit mir jetzt schon schwer im Magen lag. Wie würde es dann erst sein, wenn ich im Club stand – von Peitschen, Seilen und dominanten Menschen umgeben. Schaffte ich das? Oder würde ich erstarren wie damals? Unfähig, mich zu wehren?

Das Lächeln auf Dorothys Gesicht gefror, obwohl der Ausdruck in ihren Augen immer noch freundlich war. »Sie sollten als Abteilungsleiterin alles geben. Dieser Bericht ist entscheidend für die Zukunft des Magazins.«

David grinste. Keine Ahnung, ob er sich freute, weil seine Idee gut angekommen war, oder weil er gerade unserer beider Jobs fürs Erste gesichert hatte. Mir war jedenfalls nicht zum Lächeln zumute.

Das flaue Gefühl in meiner Brust wurde stärker. Mir drehte es den Magen um. Übelkeit stieg in mir hoch. Plötzlich legte sich ein bitterer Geschmack auf meine Zunge und es dauerte eine Weile, bis mir klar wurde, dass ich meine eigene Galle schmecken konnte, die sich an die Oberfläche kämpfte. Ich würde in den Club gehen müssen. In einen BDSM-Club. Oder ich könnte gleich meinen Job an den Nagel hängen. Verdammt!

Langsam nickte ich. »Ich verstehe.« Das tat ich wirklich. So diplomatisch ihre Worte auch gewählt waren, ich wusste genau, was sie sagen wollte. Sollte ich den Job im Club nicht bekommen und damit die Chance auf die gewünschten Informationen torpedieren, brauchte ich nicht zurückzukommen. Nie wieder. Ich würde meinen Job, für den ich jahrelang hart gearbeitet hatte, verlieren. Mein Schicksal lag nun in den Händen der Marshall-Brüder und ich konnte nur hoffen, sie würden meiner Seele gnädig sein.

Kapitel 2: Elijah

»Verlange ich zu viel?«, fragte ich und riss meinen Blick vom Rücken einer Bewerberin los, die gerade mit erhobenem Kopf auf den Ausgang zu stolzierte und vermutlich annahm, den Job bereits in der Tasche zu haben. Spoiler: Hatte sie nicht. Sie war nicht fürchterlich gewesen. Zumindest besaß sie Taktgefühl und hatte schon einmal von Körperspannung gehört, doch ihr fehlte die Leidenschaft, das Feuer in ihrem Blick, wenn sie sich bewegte. Sie liebte es nicht zu tanzen, und das sah man leider auch. Dadurch hatte sie nichts Besonderes.

Der Zauber, der Männer wie mich in den Bann zog und dazu führte, ihr stundenlang zusehen zu wollen, war nicht vorhanden. Jeder Schritt, jeder Hüftschwung wirkte einstudiert, leblos, sodass sich mein Schwanz bei ihrem Anblick nicht ein einziges Mal geregt hatte. Dabei gab es keine bessere Möglichkeit, um meine Erregung anzuheizen als mit einem guten Tanz. Suchte ich tatsächlich nach einer Perfektion, die es nicht gab? War ich zu wählerisch? Wir hatten bestimmt schon fünfzig Frauen in den vergangenen Stunden begutachtet, und jede von ihnen war auf ihre Weise schön gewesen. Doch keine Einzige davon sorgte dafür, dass ich bei ihren Bewegungen vergaß zu atmen.

»Nein, du hast deine Standards und Vorlieben wie jeder von uns.« Miles lehnte sich tiefer in die Lehne der Couch, auf der wir beide saßen, und verschränkte die Arme vor der Brust. Sein Shirt spannte deshalb um seine Muskeln und sein Bizeps kam unter dem Stoff zum Vorschein. Schwarze Tätowierungen, die den Totenköpfen aus Tinte auf meinen Armen ähnelten, schlängelten sich um seine Haut und verschmolzen mit dem Muster auf seinem Shirt, als gehöre der Stoff zu seinem Körper.

»Wieso kommt es mir dann wie eine Unmöglichkeit vor, die richtige Tänzerin für die vordere Bar zu finden?« Ich seufzte, erhob mich von der Couch und lief ein paar Schritte, weil ich es kaum noch aushielt zu sitzen. Genau aus diesem Grund war ich nicht dafür geschaffen, einen Bürojob auszuüben. Ich hasste es, stundenlang dasselbe zu tun. Ich brauchte Abwechslung, aber die Wahl einer neuen Tänzerin hatte Priorität.

In den letzten Tagen hatten unsere Mitarbeiterinnen bereits Probleme damit gehabt, den Dienstplan aufrechtzuerhalten, und einige von ihnen hatten inzwischen so viele Überstunden, dass es uns am Jahresende bei der Auszahlung eine Menge kosten würde, wenn sie nicht langsam begannen kürzerzutreten. Nicht, dass wir finanzielle Probleme hätten. Der Club lief noch nie so gut wie jetzt. Dennoch mussten wir es nicht zum Fenster hinauswerfen.

»Du hast noch nicht alle Bewerberinnen gesehen.« Miles hob achselzuckend die Schultern an und ignorierte einfach die Tatsache, dass ich dank seiner engen Hose sehen konnte, wie gut er die letzte Tänzerin gefunden hatte. Er schien nicht abgeneigt zu sein, sie einzustellen. Andererseits war mein jüngerer Bruder dafür bekannt, mehr mit seinem Schwanz als mit seinem Kopf zu denken, ansonsten wäre er gar nicht hier und würde mit mir gemeinsam die Bewerberinnen beurteilen. Ich konnte jedoch nicht zulassen, dass er erneut etwas Unüberlegtes tat und irgendwann doch noch wegen einer seiner Schlägereien im Knast landete.

»Wie viele sind es denn noch?« Ich schüttelte meine Beine ein wenig aus und streckte den Rücken durch. Meine Wirbelsäule gab ein widerliches Knacken von sich, doch ich spürte augenblicklich eine Erleichterung, als sich die Verspannungen lösten.

»Ungefähr zwanzig.« Miles schnaubte, lockerte seine Arme und griff nach dem Klemmbrett, auf dem alle Bewerbungsunterlagen in alphabetischer Reihenfolge zu finden waren. Etwas, das garantiert nicht er selbst zu verantworten hatte. Wahrscheinlich hatte unser Bruder seine Finger im Spiel, der seinen Urlaub lieber in der Karibik verbrachte, statt mit uns gegen den Personalmangel zu kämpfen. Es sei ihm vergönnt, allerdings wünschte ein Teil von mir, er würde sich mit diesen Formalitäten und dem organisatorischen Kram herumschlagen.

»Das wird den ganzen Tag dauern.« Oder noch länger. Ich liebte den Club, aber an manchen Tagen hasste ich es, einer der Gründer zu sein. Dabei war unsere Arbeit essenziell für die Community. Menschen mit unseren Vorlieben brauchten einen Ort, an dem sie sicher waren und ihre Leidenschaft vorurteilsfrei ausleben konnten. Unsere strengen Regeln schützten alle Mitglieder, damit niemals jemandem passierte, was mir geschehen war. Niemand sollte einen geliebten Menschen verletzen, weil man sich selbst nicht unter Kontrolle hatte.

»Hast du etwas Besseres vor? Ein Date, von dem ich nichts weiß?« Miles lachte schallend. Sein Ton triefte vor Hohn, wofür ich ihm am liebsten eine gescheuert hätte. Ich unterließ es jedoch. Meine Aufgabe war es, ihn von Prügeleien fernzuhalten und nicht eine zu verursachen.

Ein Teil von mir verstand sogar, wieso er so amüsiert war, auch wenn ich es selbst nicht belustigend fand. Seit meiner letzten Trennung war noch kein Monat vergangen, dennoch roch ich immer noch die faulen Eier, die Camille mir auf den Wagen geschmissen hatte. Einen ganzen Tag hatte das Auto in der Sonne gestanden und keine Reinigung der Welt hatte den Gestank wieder herausbekommen, oder die mit einem Schlüssel in den Lack eingeritzten Wörter.

Sie hatte mir vorgeworfen ein Betrüger zu sein, ein Lügner und sie nicht zu lieben. Tat ich auch nicht, aber wir waren keine sechs Wochen zusammen gewesen, also kannte ich sie meiner Meinung nach zu wenig, um überhaupt irgendwas an ihr zu hassen oder zu lieben. Diese Argumentation hatte sie nicht gelten lassen.

Schön, die Tatsache, dass ich im Schlaf immer noch den Namen einer anderen Frau rief, war wahrscheinlich ein weiteres Indiz dafür gewesen, dass unsere Beziehung nicht halten würde. Dabei war es nicht meine Absicht gewesen, sie zu vergraulen.

Früher war es ganz lustig gewesen, Single zu sein und von einem Bett ins nächste zu hüpfen, doch das hatte inzwischen seinen Charme verloren. Ich wollte etwas Festes, etwas Langfristiges. Eine Frau, die mir nicht vorwarf, sie zu betrügen, nur weil ich in diesem Club arbeitete. BDSM beruhte auf Vertrauen, und wenn mir ständig unterstellt wurde untreu zu sein, funktionierte eine Beziehung, wie ich sie mir wünschte, nicht.